Südtirol ist seit Jahrhunderten die Heimat der bodenständigen deutschen und ladinischen Bevölkerung. Für viele Landsleute nördlich des Brenner ist Südtirol zur zweiten Heimat geworden. Auch für Georg Dattenböck, den Herausgeber des SID. In nachstehendem Beitrag mit von ihm beigestellten Bildern berichtet er darüber.
300 begeisterte Gäste bei der Filmpremiere „Luis Amplatz-Im Labyrinth von Leben und Tod“ in Gries.
Am 7. September 2024 lud die Schützenkompanie „Major Josef Eisenstecken“ Gries in das Kulturheim Gries, um anlässlich des 60. Todestages eines Mannes zu gedenken, der einerseits die Kompanie mitbegründete, andererseits auch Gründungsmitglied des Befreiungsausschusses Südtirol (BAS) und als Aktivist für das Selbstbestimmungsrecht Südtirols eintrat.
Für diesen Einsatz um seine geliebte Heimat und deren Menschen musste Luis Amplatz mit seinem Leben büßen. Er wurde am 7. September 1964 auf der Brunner Mahder oberhalb von Saltaus im Auftrag Italiens ermordet.
Als die Grieser Kommandantschaft die Idee vor 18 Monaten aufgriff, einen kleinen Film über den Freiheitskämpfer Luis Amplatz zum 60. Todestag zu gestalten, mussten die Akteure rasch erkennen, dass sie über sein kurzes Leben eigentlich nur ganz wenig wussten.Viele ungeklärte Fragen tauchten auf. Fragen, denen sie nachgehen mussten.
Wer nämlich heute in Südtirol oft mit verständnislosem Kopfschütteln die Vehemenz der Minderheitenkonflikte in weiten Teilen Europas verfolgt, der vergisst allzu leicht, wie gespannt die Atmosphäre noch vor wenigen Jahrzehnten auch in Südtirol war: 25.000 Soldaten beherrschten Mitte der 1960er Jahre das Bild. Anschläge, Verhaftungen, Hausdurchsuchungen und menschenrechtswidrige Folterungen waren an der Tagesordnung.
Dargestellt wurden die Attentate jener Jahre oft als Verzweiflungstat einer kleinen Gruppe deutschtümelnder Patrioten und Rechtsextremisten, die versuchten, das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Kaum jemand bemühte sich um eine differenziertere Sichtweise.
Es war dem Regisseur und Drehbuchautor Werner Neubauer deshalb ein besonderes Anliegen – mit einem Abstand von rund 60 Jahren seit dem gewaltsamen Tod des Luis Amplatz – der heutigen Jugend zu vermitteln, welchen nachhaltigen Eindruck die damaligen Ereignisse in Südtirol auf die europäische Öffentlichkeit damals machten und welche Beunruhigung sie zur Zeit des ‘Kalten Krieges‘ in der Nato auslösten.
Die Schützenkompanie Gries will mit der präsentierten Film-Dokumentation Diskussionen auszulösen und bietet deshalb allen Schützenbezirken die Präsentation des Filmbeitrages mit anschließender Diskussion an.
Die Dokumentation über das Leben des Luis Amplatz, welche in Zusammenarbeit mit dem „Filmwerk Kaltern“ gestaltet wurde, soll deutlich die Ursachen und die Entstehung gewaltsamer Minderheitenkonflikte und den Zündstoff, den diese Probleme in sich bergen, aufzeigen. Damit greift sie ein Thema auf, dessen Aktualität gerade heute wieder weit über die Grenzen Südtirols hinausreicht.
Die filmische Dokumentation wurde vom Publikum begeistert aufgenommen. Besonders bislang unveröffentlichte Filmaufnahmen, die erstmals gezeigt wurden, boten einen seltenen Einblick in die private Seite von Luis Amplatz. Aber genauso spannend waren die vielen Zeitzeugenberichte, die den Menschen Luis Amplatz nachzeichneten.
Landeshauptmann a.D. Luis Durnwalder brachte es in seiner Ansprache in Gries auf den Punkt, wenn er sagte:
„Die Autonomie ist für die Menschen wichtig, sie wurde aber nicht geschaffen, damit es uns gut geht, sondern, damit wir als Minderheit in einem fremden Staat überleben.“
Eine Autonomie ist keine Selbstverständlichkeit, vielmehr muss dieses Recht immer wieder aufs Neue verteidigt werden, damit dereinst wie Luis auch wir sagen können:
„Freund, grüß‘ mir die Heimat, die ich mehr als mein Leben geliebt!“
Dokumentation: Lebenslauf von Luis Amplatz
1926 wurde Luis Amplatz als Sohn eines armen Wein- und Obstbauern in Gries bei Bozen geboren. In der faschistisch ausgerichteten Schule weigerte sich der junge Bub, die Uniform der faschistischen Jugendorganisation Balilla anzuziehen. Er wurde deshalb mehrfach verprügelt.
In der Faschistenzeit hisste der junge Amplatz mehrfach Tiroler Fahnen an den waghalsigsten Orten wie Hochstromleitungen und Felsen.
Nach dem Krieg machte er sich verdient um den Wiederaufbau des Südtiroler Schützenwesens und wurde 1959 Gründungsmitglied der Schützenkompanie Gries und bekleidet die Charge eines Fahnenleutnants.
1952 heiratete er Anna Valtingoier und wurde Vater von drei Kindern. Als Kleinbauer bearbeitete er in der Kaiserau sein kleines Obstgut.
1957 nahm er an der Großkundgebung in Sigmundskron teil, auf der Silvius Magnago die Autonomie für Südtirol forderte und zahlreiche Teilnehmer auf Transparenten und Tafeln für die Selbstbestimmung eintraten.
Luis Amplatz hisste unter dem Jubel der 35 000 Teilnehmer die verbotene weiß rote Tiroler Landesfahne. Diese wurde damals von den Carabinieri als Zeichen des „Aufruhrs“ verfolgt und nach Möglichkeit beschlagnahmt.
1959 hängte er an seinem Haus in Moritzing bei Gries eine große rot-weiße Fahne an dem Dachgiebel auf und darunter ein Bild mit einem roten Tiroler Adler und der Aufschrift „Hoch Tirol!“ Er wurde angezeigt und zu 2 Monaten Gefängnis verurteilt,
1961 wurde Luis Amplatz in der Schützenkompanie Gries zum Oberjäger gewählt.
Er schloss sich dem Befreiungsausschuss Südtirol (BAS) an und nahm noch vor der „Feuernacht“ an zahlreichen Anschlägen teil, die sich gegen Einrichtungen des italienischen Staates und faschistische Denkmäler richteten. Er war von den Carabinieri mehrmals verdächtigt, verhaftet, vielfach verhört und mangels jeglicher Beweise wieder freigelassen worden. Im Mai 1961 musste er dann doch nach Österreich fliehen.
In der Folge ging er immer wieder zusammen mit Kameraden wie Georg Klotz und Peter Kienesberger heimlich über die Grenze, um Anschläge gegen Strommasten und andere Sachwerte des Staates zu verüben.
Es gelang dem italienischen Geheimdienst, einen in Österreich angeheuerten Agenten in seinen Kreis einzuschleusen, welcher Luis Amplatz am 7. September 1964 in einer Almhütte auf der Brunner Mahder oberhalb von Saltaus heimtückisch durch mehrere Schüsse im Schlaf ermordete.
Luis Amplatz wurde am 10. September 1964 auf dem Oberauer Friedhof in Bozen begraben. Mehr als 20 000 Menschen gaben ihm das letzte Geleit. Das war ein öffentliches Bekenntnis.
Gedenken auf der Brunner Mahder
Am 8. September 2024 fand auf den Brunner Mahdern oberhalb von Saltaus im Passeiertal eine Gedenkfeier für Luis Amplatz statt.
„Die Gedenkfeier, zu der alle Teilnehmer einen eineinhalb Stunden langen steilen Bergpfad bezwingen mussten, war vom Südtiroler Heimatbund, Bezirk Meran-Burggrafenamt und den Schützenkompanien St. Martin in Passeier und der Schützenkompanie Riffian organisiert worden. Die Veranstaltung fand neben der Almhütte statt, in der der Grieser Schützenleutnant und Freiheitskämpfer Amplatz am 7. September vor 60 Jahren ermordet wurde, berichtet der Obmann des Südtiroler Heimatbundes, Roland Lang, in einer Aussendung.
Gottesdienst und Grußworte
Das Gedenken wurde durch einen Feldgottesdienst, zelebriert von Pater Christoph Waldner, begonnen. Musikalisch wurde die Messfeier von der Musikkapelle Saltaus begleitet. Nach der Begrüßung der Teilnehmer durch den Bezirksobmann des Südtiroler Heimatbundes (SHB) Sepp Mitterhofer folgten die Grußworte von SHB-Landesobmann Roland Lang.“
Die Gedenkrede hielt Gudrun Kofler, Abgeordnete zum Tiroler Landtag und Enkelin des Freiheitskämpfers Jörg Klotz. Die Heldenehrung nahm Elmar Thaler vor, ehemaliger Landeskommandant des Südtiroler Schützenbundes. Die Ehrenformation der Schützenkompanie St. Martin in Passeier und Riffian feuerte eine Ehrensalve ab.
Am Freitag, den 19. Juli 2024 wurde die Volksschule von Ehrenburg zum Schauplatz einer außergewöhnlichen Buchpräsentation durch die Schützenkompanie Ehrenburg.
Bis zum 17. August 2024 ist in der Engelsburg des Klosters Neustift in Vahrn in Südtirol die vom Schützenbezirk Brixen in Zusammenarbeit mit dem „Südtiroler Schützenbund“ gestaltete einzigartige Sonderausstellung „Katakombenschule – Erinnerung und Vermächtnis“ zu sehen. Wesentliche Beiträge hat der ehemaligen Landeskommandant und heutige Ehrenkommandant der Südtiroler Schützen, Elmar Thaler, dazu geliefert.
Am 9. Juli verstarb in Graz der ehemalige Südtiroler Freiheitskämpfer Alois Larch.
Der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB), eine von ehemaligen Südtiroler politischen Häftlingen gegründete Vereinigung, welche für die Selbstbestimmung eintritt, widmete ihm nachstehenden ehrenden Nachruf:
Der am 27. März 1935 geborene und am 29. Juni 2024 verstorbene Adolf Pomella aus Kurtatsch.
Am 29. Juni 2024 verstarb in seinem Heimatort Kurtatsch ein ehemaliger Südtiroler Freiheitskämpfer und schwer gefolterter politischer Häftling. Der Kurtatscher Bauer Josef Pomella war nach den Anschlägen der „Herz-Jesu-Nacht“ aufgrund einer Denunziation eines Spitzels der Carabinieri zusammen mit anderen Kurtatscher Mitgliedern des „Befreiungsausschusses Südtirol“ (BAS), wie Luis Hauser, Josef Anegg, Hermann Anrather und Josef Orian, verhaftet worden. Sie alle wurden nach der Verhaftung von den Carabinieri schwer gefoltert.
Es gelang den Carabinieri trotz Anwendung unsäglicher Gewalt jedoch nicht, von Pomella und Orian ein Schuldgeständnis zu erpressen.
Die Botschaft von hunderten Fackelträgern auf den Bergen Südtirols fordert: FREIHEIT. Das Landes-Wappen, der Tiroler Adler, symbolisiert diese Freiheit. Foto: Glasfenster im Schloss Tirol. Foto Verfasser.
Trotz widrigen Wetters konnten tausende Südtirol-Urlauber miterleben, wie am Sonntag, 9. Juni 2024, auf vielen Berggipfel und Berghängen an das feierliche Gelöbnis des Landes Tirol vom 1. Juni 1796 erinnert wurde: damals gelobten die Tiroler Landstände, angesichts der schweren Bedrohung durch Napoleon, ihr Land dem „Heiligsten Herz Jesu“ anzuvertrauen, um den göttlichen Beistand gegen den Eroberer zu erhalten.
Verschweigen einer teilweise düsteren Vergangenheit
Am 12. Juni 2024 wurde in Bozen von dem Bürgermeister Renzo Caramaschi (am Beitragsbild mit Tricolore-Schärpe), der SVP-Stadträtin Johanna Ramoser und Vertretern der Carabinieri, ein indoktrinierendes Merkheft für Schüler vorgestellt.
Dazu veröffentlichte der „Südtiroler Heimatbund (SHB)“ folgende Presseerklärung:
Der Südtiroler Landeshauptmann Dr. Arno Kompatscher, sein „Tag der Befreiung“ und die von ihm verehrten Partisanen
Auch in diesem Jahr ließ es sich der Südtiroler Landeshauptmann Dr. Arno Kompatscher nicht nehmen, am 25. April 2024 seine Verbundenheit mit Rom durch seine Teilnahme an der Feier des italienischen „Tages der Befreiung“ in Bozen zu betonen. Zusammen mit dem Bozener Bürgermeister Renzo Caramaschi und Vertretern der „Partisanen“-Organisation ANPI sang er ein die damaligen Partisanen verherrlichendes Lied „ciao! bella, ciao, ciao, ciao!“.
Wir haben schon in der Vergangenheit über die am 23. April 1919 in Kurtatsch geborene letzte noch lebende Katakombenlehrerin Hermine Mayr berichtet. In Kurtatsch leitete die Geheimschullehrerin Marianne Orian mehrere geheime Gruppen, in einer derselben unterrichtete die junge Hermine Mayr die Ortskinder in deutscher Sprache. (Näheres siehe in: Maria Villgrater, Katakombenschule, Bozen, 1984, S. 172 u. S. 402)
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