Letzter Wunsch blieb unerfüllt: Hermine Orian wurde Staatsbürgerschaft verweigert
Die letzte Katakombenlehrerin Hermine Aloisia Orian, geb Mayr, ist im Alter von 106 Jahren am 15. Mai 2025 in Schenna in Südtirol von uns gegangen. Ihr letzter Wunsch, die österreichische Staatsbürgerschaft zu erhalten, wurde ihr verweigert.
Am 17. Mai wurde Hermine Mayr, verw. Orian, auf dem Friedhof in Schenna zur letzten Ruhe gebettet. Zahlreiche Südtiroler Landsleute, darunter viele Schützen, begleiteten sie auf dem letzten Weg. Aus Österreich waren Vertreter des Andreas-Hofer-Bundes (AHBT) gekommen. Deren Obmann Alois Wechselberger hatte die alte Dame jahrelang besucht und betreut und sich immer wieder an österreichische Politiker und die Bundesregierung gewandt, Frau Orian doch ihren letzten Wunsch zu erfüllen. Vergeblich!.
Der Südtiroler Schützenbund (SSB) würdigte die Verstorbene und berichtete über ihr Begräbnis.
Nachruf auf Hermine Orian
Der ehemalige FPÖ-Nationalratsabgeordnete und Südtirolsprecher Werner Neubauer hatte sich wiederholt für die Möglichkeit einer Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler eingesetzt.
Werner Neubauer widmete der Verstorbenen folgenden Nachruf:
Am 15. Mai 2024 sollte sich doch noch alles zum Guten wenden: Abgeordnete aller im Parlament vertretenen Parteien hatten einen Antrag eingebracht, Frau Hermine Orian aus Schenna ihren sehnlichen Wunsch zu erfüllen, als „Österreicherin“ sterben zu dürfen. Die Österreichische Volkspartei und die Partei der Grünen versagten dem Antrag ihre Zustimmung, weshalb keine Mehrheit erreicht wurde.
Bereits im Jahr 2009 hatte der FPÖ-Südtirol-Sprecher Werner Neubauer auf diesen Herzenswunsch hingewiesen und um Unterstützung in Südtirol und Wien geworben. Nun hat uns Frau Orian, die „dem Herrgott als Österreicherin gegenübertreten wollte“, für immer verlassen. Sie wurde von der Politik diesseits und jenseits des Brenners schmählich im Stich gelassen. Möge ihr die Erde leicht sein.
Wer war Hermine Orian, geb. Mayr?
Am 23. April 1919, wurde in Kurtatsch, Südtirol, die Österreicherin Hermine Mayr geboren. Südtirol gehörte zur Zeit der Geburt von Frau Orian staatsrechtlich noch zu Deutsch-Österreich, und es saßen damals noch drei Abgeordnete aus Südtirol im österreichischen Parlament: Dr. Eduard Reut-Nicolussi, Dr. Aemilian Schöpfer und Dr. Leopold Molinari. Wie alle Südtiroler wurden die Angehörigen der Familie Mayr-Orian gegen ihren erklärten Willen dem Königreich Italien einverleibt.
Schon mit 13 Jahren im unermüdlichen Dienst für die Gemeinschaft
Ein Jahr nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, in den damalige politische „Schlafwandler“ (siehe Historiker Christopher Clark) hineingetorkelt waren, liegt Europa in Trümmern. Die Südtiroler stöhnen unter einem Joch, das ihnen ein himmelschreiend ungerechter Frieden aufgezwungen hatte, und von dem viele meinen, dass es bis heute noch nicht abgeschüttelt werden konnte. In jungen Jahren hatte Hermine Orian trotz strengen Verbotes durch die italienischen Faschisten als sogenannte Katakomben-Lehrerin Südtiroler Kinder in der deutschen Mutter Sprache unterrichtet.
Mutige Frauen wie die Verstorbene und die Organisation von Kanonikus Michael Gamper haben den Erhalt der deutschen Sprache und Kultur in Südtirol sowie das Überleben der Tiroler als Minderheit gesichert.
Sie lebte bis zuletzt in der Hoffnung auf mutige Politiker in Schenna, oberhalb von Meran. Seit etwa fünfzehn Jahren verfolgte die Urgroßmutter ihren Traum, wieder Österreicherin werden zu dürfen.
Doppelte Staatsbürgerschaft für Südtiroler
Bei Hermine Orian lagen berechtigte Gründe für eine rasche und unbürokratische ‘Wieder-Verleihung‘ der österreichischen Staatsbürgerschaft vor. Diese mutige Frau, trug durch ihre Opferbereitschaft dazu bei, dass sehr viele Kinder ihre Identität bewahren konnten.
Für diesen gefährlichen Einsatz in schweren Zeiten wurde sie vom Land Tirol mit dem Verdienstorden des Landes Tirol und zahlreichen anderen Ehrungen ausgezeichnet.
Wir haben vor 15 Jahren gemeinsam mit einer Bürgerinitiative allein in Österreich 22.000 Unterschriften für eine doppelte Staatsbürgerschaft für Südtiroler gesammelt. Bei einer Annahme des Antrages im Parlament wäre auch Frau Orian unter die neue Gesetzesregelung gefallen. Leider konnten dafür keine Mehrheiten gefunden werden, obwohl das Rechtsgutachten des Innsbrucker Uni-Professors Dr. Obwexer zum Schluss kam, dass die Umsetzung einer doppelten Staatsbürgerschaft für Südtiroler nur noch eine Frage des politischen Willens sei.
Das Ansuchen von Hermine Orian um die doppelte Staatsbürgerschaft sollte Bewegung in die parlamentarischen Mühlen bringen und den entscheidenden Impuls geben, dass dieser Herzenswunsch unserer Landsleute südlich des Brenners erfüllt werden kann.
Der damalige FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache appellierte an Landeshauptmann Durnwalder und an Vizekanzler Spindelegger sowie an alle Parteienvertreter, sich auch der menschlichen Bedeutung dieses Anliegens für die Südtiroler bewusst zu werden und nun ehestmöglich die Wege zu ebnen, um diesem Anliegen der Frau Orian – auch aus humanitären Gründen -endlich entsprechen zu können.
Allein, das oftmals viel beschworene christlich-soziale Herz der Österreichischen Volkspartei war erkaltet, die Türen blieben verschlossen.
Während in den vergangenen 10 Jahren in Österreich jährlich durchschnittlich rund 30 Personen per Regierungsbeschluss die Staatsbürgerschaft verliehen wurde, fand man Frau Hermine Orians Leistungen nicht für „herausragend“ genug und auch nicht „menschlich“ genug, um sie – ihrem Wunsch entsprechend – als Österreicherin vor ihren Schöpfer treten zu lassen. Dank gilt allen, die sich für Hermine aus voller Überzeugung in den letzten 15 Jahren eingesetzt haben. Allen voran Alois Wechselberger vom Andreas-Hofer-Bund Tirol.
Wir werden ihr Andenken jedenfalls in Ehren halten.