Sensationelle Filmdokumentation über den Auftragsmord an Luis Amplatz

300 begeisterte Gäste bei der Filmpremiere „Luis Amplatz-Im Labyrinth von Leben und Tod“ in Gries.

Am 7. September 2024 lud die Schützenkompanie „Major Josef Eisenstecken“ Gries in das Kulturheim Gries, um anlässlich des 60. Todestages eines Mannes zu gedenken, der einerseits die Kompanie mitbegründete, andererseits auch Gründungsmitglied des Befreiungsausschusses Südtirol (BAS) und als Aktivist für das Selbstbestimmungsrecht Südtirols eintrat.

Am 7. September 2024 fand eine außerordentliche Filmvorführung vor 300 Zusehern statt. Der Saal des Kulturheimes Gries in Bozen konnte die Besucher kaum fassen. (Bild UT24)
Am 7. September 2024 fand eine außerordentliche Filmvorführung vor 300 Zusehern statt. Der Saal des Kulturheimes Gries in Bozen konnte die Besucher kaum fassen. (Bild UT24)

Für diesen Einsatz um seine geliebte Heimat und deren Menschen musste Luis Amplatz mit seinem Leben büßen. Er wurde am 7. September 1964 auf der Brunner Mahder oberhalb von Saltaus im Auftrag Italiens ermordet.

Als die Grieser Kommandantschaft die Idee vor 18 Monaten aufgriff, einen kleinen Film über den Freiheitskämpfer Luis Amplatz zum 60. Todestag zu gestalten, mussten die Akteure  rasch erkennen, dass sie über sein kurzes Leben eigentlich nur ganz wenig wussten.Viele ungeklärte Fragen tauchten auf.  Fragen, denen sie nachgehen mussten.

Wer nämlich heute in Südtirol oft mit verständnislosem Kopfschütteln die Vehemenz der Minderheitenkonflikte in weiten Teilen Europas verfolgt, der vergisst allzu leicht, wie gespannt die Atmosphäre noch vor wenigen Jahrzehnten auch in Südtirol war: 25.000 Soldaten beherrschten Mitte der 1960er Jahre das Bild. Anschläge, Verhaftungen, Hausdurchsuchungen und menschenrechtswidrige Folterungen waren an der Tagesordnung.

Dargestellt wurden die Attentate jener Jahre oft als Verzweiflungstat einer kleinen Gruppe deutschtümelnder Patrioten und Rechtsextremisten, die versuchten, das Rad der Geschichte zurückzudrehen. Kaum jemand bemühte sich um eine differenziertere Sichtweise.

Werner Neubauer, Mitglied der Schützenkompanie Gries, bei seiner Ansprache. (Bild UT24)
Werner Neubauer, Mitglied der Schützenkompanie Gries, bei seiner Ansprache. (Bild UT24)

Es war dem Regisseur und Drehbuchautor Werner Neubauer deshalb ein besonderes Anliegen – mit einem Abstand von rund 60 Jahren seit dem gewaltsamen Tod des Luis Amplatz – der heutigen Jugend zu vermitteln, welchen nachhaltigen Eindruck die damaligen Ereignisse in Südtirol auf die europäische Öffentlichkeit damals machten und welche Beunruhigung sie zur Zeit des ‘Kalten Krieges‘ in der Nato auslösten.

Die Schützenkompanie Gries will mit der präsentierten Film-Dokumentation Diskussionen auszulösen und bietet deshalb allen Schützenbezirken die Präsentation des Filmbeitrages mit anschließender Diskussion an.

Die Dokumentation über das Leben des Luis Amplatz, welche in Zusammenarbeit mit dem „Filmwerk Kaltern“ gestaltet wurde, soll deutlich die Ursachen und die Entstehung gewaltsamer Minderheitenkonflikte und den Zündstoff, den diese Probleme in sich bergen, aufzeigen. Damit greift sie ein Thema auf, dessen Aktualität gerade heute wieder weit über die Grenzen Südtirols hinausreicht.

Bereits vor 10 Jahren hatte die Schützenkompanie Gries eine Gedenkschrift für Luis Amplatz herausgegeben, deren Verfasser ihr Mitglied Werner Neubauer war, der ehemalige österreichische Nationalratsabgeordnete und FPÖ-Südtirolsprecher.
Bereits vor 10 Jahren hatte die Schützenkompanie Gries eine Gedenkschrift für Luis Amplatz herausgegeben, deren Verfasser ihr Mitglied Werner Neubauer war, der ehemalige österreichische Nationalratsabgeordnete und FPÖ-Südtirolsprecher.

 Die filmische Dokumentation wurde vom Publikum begeistert aufgenommen. Besonders bislang unveröffentlichte Filmaufnahmen, die erstmals gezeigt wurden, boten einen seltenen Einblick in die private Seite von Luis Amplatz. Aber genauso spannend waren die vielen Zeitzeugenberichte, die den Menschen Luis Amplatz nachzeichneten.

Landeshauptmann a.D. Luis Durnwalder brachte es in seiner Ansprache in Gries auf den Punkt, wenn er sagte:

„Die Autonomie ist für die Menschen wichtig, sie wurde aber nicht geschaffen, damit es uns gut geht, sondern, damit wir als Minderheit in einem fremden Staat überleben.“

Eine Autonomie ist keine Selbstverständlichkeit, vielmehr muss dieses Recht immer wieder aufs Neue verteidigt werden, damit dereinst wie Luis auch wir sagen können:

„Freund, grüß‘ mir die Heimat, die ich mehr als mein Leben geliebt!“

Dokumentation: Lebenslauf von Luis Amplatz

1926 wurde Luis Amplatz als Sohn eines armen Wein- und Obstbauern in Gries bei Bozen geboren. In der faschistisch ausgerichteten Schule weigerte sich der junge Bub, die Uniform der faschistischen Jugendorganisation Balilla anzuziehen. Er wurde deshalb mehrfach verprügelt.

Luis Amplatz im Alter von 15 Jahren. (Bild: Archiv Neubauer)
Luis Amplatz im Alter von 15 Jahren. (Bild: Archiv Neubauer)

In der Faschistenzeit hisste der junge Amplatz mehrfach Tiroler Fahnen an den waghalsigsten Orten wie Hochstromleitungen und Felsen.

Nach dem Krieg machte er sich verdient um den Wiederaufbau des Südtiroler Schützenwesens und wurde 1959 Gründungsmitglied der Schützenkompanie Gries und bekleidet die Charge eines Fahnenleutnants.

Luis Amplatz mit Marketenderinnen bei der neu gegründeten Schützenkompanie Gries im Jahre 1959. (Bild: Archiv Neubauer)
Luis Amplatz mit Marketenderinnen bei der neu gegründeten Schützenkompanie Gries im Jahre 1959. (Bild: Archiv Neubauer)

1952 heiratete er Anna Valtingoier und wurde Vater von drei Kindern. Als Kleinbauer bearbeitete er in der Kaiserau sein kleines Obstgut.

1957 nahm er an der Großkundgebung in Sigmundskron teil, auf der Silvius Magnago die Autonomie für Südtirol forderte und zahlreiche Teilnehmer auf Transparenten und Tafeln für die Selbstbestimmung eintraten.

Luis Amplatz hisste unter dem Jubel der 35 000 Teilnehmer die verbotene weiß rote Tiroler Landesfahne. Diese wurde damals von den Carabinieri als Zeichen des „Aufruhrs“ verfolgt und nach Möglichkeit beschlagnahmt.

Bild links: Luis Amplatz entrollt die Tiroler Fahne Bild rechts: Selbstbestimmungsförderung.
Bild links: Luis Amplatz entrollt die Tiroler Fahne Bild rechts: Selbstbestimmungsförderung.

1959 hängte er an seinem Haus in Moritzing bei Gries eine große rot-weiße Fahne an dem Dachgiebel auf und darunter ein Bild mit einem roten Tiroler Adler und der Aufschrift „Hoch Tirol!“ Er wurde angezeigt und zu 2 Monaten Gefängnis verurteilt,

1961 wurde Luis Amplatz in der Schützenkompanie Gries zum Oberjäger gewählt.

Luis Amplatz (vorne im Bild) mit seiner Schützenkompanie.
Luis Amplatz (vorne im Bild) mit seiner Schützenkompanie.

Er schloss sich dem Befreiungsausschuss Südtirol (BAS) an und nahm noch vor der „Feuernacht“ an zahlreichen Anschlägen teil, die sich gegen Einrichtungen des italienischen Staates und faschistische Denkmäler richteten. Er war von den Carabinieri mehrmals verdächtigt, verhaftet, vielfach verhört und mangels jeglicher Beweise wieder freigelassen worden. Im Mai 1961 musste er dann doch nach Österreich fliehen.

Luis Amplatz im Exil in Österreich.
Luis Amplatz im Exil in Österreich.

In der Folge ging er immer wieder zusammen mit Kameraden wie Georg Klotz und Peter Kienesberger heimlich über die Grenze, um Anschläge gegen Strommasten und andere Sachwerte des Staates zu verüben.

Luis Amplatz im Einsatz.
Luis Amplatz im Einsatz.

Es gelang dem italienischen Geheimdienst, einen in Österreich angeheuerten Agenten in seinen Kreis einzuschleusen, welcher Luis Amplatz am 7. September 1964 in einer Almhütte auf der Brunner Mahder oberhalb von Saltaus heimtückisch durch mehrere Schüsse im Schlaf ermordete.

In dieser Almhütte wurde Luis Amplatz ermordet.
In dieser Almhütte wurde Luis Amplatz ermordet.

Luis Amplatz wurde am 10. September 1964 auf dem Oberauer Friedhof in Bozen begraben. Mehr als 20 000 Menschen gaben ihm das letzte Geleit. Das war ein öffentliches Bekenntnis.

Letzter Abschied von Luis Amplatz.
Letzter Abschied von Luis Amplatz.

Gedenken auf der Brunner Mahder

Einladung des Südtiroler Heimatbundes (SHB)
Einladung des Südtiroler Heimatbundes (SHB)

Am 8. September 2024 fand auf den Brunner Mahdern oberhalb von Saltaus im Passeiertal eine Gedenkfeier für Luis Amplatz statt.

Bild SHB
Bild SHB

Das Internetportal UT24 berichtete darüber https://www.unsertirol24.com/2024/09/09/gedenkfeier-60-todestag-von-luis-amplatz/:

„Die Gedenkfeier, zu der alle Teilnehmer einen eineinhalb Stunden langen steilen Bergpfad bezwingen mussten, war vom Südtiroler Heimatbund, Bezirk Meran-Burggrafenamt und den Schützenkompanien St. Martin in Passeier und der Schützenkompanie Riffian organisiert worden. Die Veranstaltung fand neben der Almhütte statt, in der der Grieser Schützenleutnant und Freiheitskämpfer Amplatz am 7. September vor 60 Jahren ermordet wurde, berichtet der Obmann des Südtiroler Heimatbundes, Roland Lang, in einer Aussendung.

Gottesdienst und Grußworte

Das Gedenken wurde durch einen Feldgottesdienst, zelebriert von Pater Christoph Waldner, begonnen. Musikalisch wurde die Messfeier von der Musikkapelle Saltaus begleitet. Nach der Begrüßung der Teilnehmer durch den Bezirksobmann des Südtiroler Heimatbundes (SHB) Sepp Mitterhofer folgten die Grußworte von SHB-Landesobmann Roland Lang.“

Die Gedenkrede hielt Gudrun Kofler, Abgeordnete zum Tiroler Landtag und Enkelin des Freiheitskämpfers Jörg Klotz. Die Heldenehrung nahm Elmar Thaler vor, ehemaliger Landeskommandant des Südtiroler Schützenbundes. Die Ehrenformation der Schützenkompanie St. Martin in Passeier und Riffian feuerte eine Ehrensalve ab.

Vor dem Gedenkmarterl (v. l. n. r.): Gudrun Kofler, Sepp Mitterhofer, Elmar Thaler. (Bild SHB)
Vor dem Gedenkmarterl (v. l. n. r.): Gudrun Kofler, Sepp Mitterhofer, Elmar Thaler. (Bild SHB)