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Südtirol ist seit Jahrhunderten die Heimat der bodenständigen deutschen und ladinischen Bevölkerung. Für viele Landsleute nördlich des Brenner ist Südtirol zur zweiten Heimat geworden. Auch für Georg Dattenböck, den Herausgeber des SID. In nachstehendem Beitrag mit von ihm beigestellten Bildern berichtet er darüber.
Von Georg Dattenböck
In 1.430 m Höhe im Ultental stehen Urlärchen am Rand eines Bannwaldes zum Schutz der Außerlahnhöfe. Mit „Lahn“ sind Lawinen gemeint. Diese Lärchen, Symbol des unbesiegbaren Lebens, sind an die 70 Generationen alt, erlebten bereits das Römische Imperium und das erste Deutsche Kaiserreich und könnten uns sehr viel erzählen. Lärchen, die ältesten Nadelbäume Europas, sind äußerst widerstandsfähig und prägen das Erscheinungsbild der Bauernhöfe. Sie sind Zeugen der ersten Besiedelung, als das hintere Ultental noch das Gebiet von Bären, Wölfen und Luchsen war. Bei einer 1930 umgestürzten Lärche wurden über 2000 Jahresringe gezählt. (Fotos Verfasser).
Bereits der berühmte schwedische Prähistoriker Gustav Montelius (*9.9.1843) vertrat die Ansicht, dass der Handel mit dem kostbaren Bernstein der Ostsee über Tirol und die Saumpfade des Brenners nach dem Süden gegangen ist.
Der Faktor Zeit war zu prähistorischen Zeiten kein Thema und sollte für den heute Reisenden ebenfalls keine Rolle spielen, wenn er zur Erholung nach Südtirol reist. Eine Autobahn lässt dem Reisenden jedoch keine Zeit, den endlosen Zauber, die Schönheit und Geschichte Südtirols in sich aufzunehmen. Deshalb sei geraten, ohne Hast und sehr gelassen der uralten, sich schlängelnden Heerstraße an der Eisack zu folgen, die Geschichte erzählen kann.
Die Wissenschaft sagt, dass bereits vor 5000 Jahren in den Alpentälern mit dem Anbau von Getreide begonnen wurde: Einkorn, Emmer und Gerste wurden zur Selbstversorgung angebaut. Nur zu festlichen Anlässen wurde Weizenbrot gegessen. Bereits im Mittelalter werden Obstanger in Südtirol urkundlich erwähnt: Beinahe jeder Tiroler Hof im Etschtal besaß im 17. Jahrhundert eine Streuobstwiese mit vielen verschiedenen Apfel- und Birnensorten.
Im westlichen Südtirol musste stets für eine Bewässerung der Gemüse- und Obstkulturen gesorgt werden. Ab dem 13. Jhdt. wurden, hoch oben auf den Berghängen, die technisch genial konstruierten Waale, Bewässerungskanäle, in die Felsen oder Waldböden gegraben, die das dringend benötigte Wasser auch heute noch aus Bergbächen, viele Kilometer weit, zu den Höfen leiten. Zur Instandhaltung wurden kundige Männer: Waaler genannt, eingesetzt.
Europaweit bekannt sind die stark begangenen Waal-Wanderwege im Etschtal und oberhalb von Schenna bei Meran. In einer Waaler-Hütte am Waalweg erhält man heimische Köstlichkeiten vorgesetzt.
Wenn man von Südtirol erzählt, muss man ebenfalls auf die über das Land verstreuten vorchristlichen Kultplätze, auf mystische Orte, auf Weihe- und Opferstätten hinweisen.
Bei unseren Besuchen führt uns der erste Weg immer nach St. Hippolit in Tissens, einer uralten, vorchristlichen Kultstätte, einsam auf einem weithin sichtbaren Hügel hoch über dem Tal der Etsch gelegen. Es ist ein Ort der Beruhigung und Ruhe, ein wahrer Kraftplatz.
Mystische Heiligtümer und Kultplätze dieser Art sind für den Wanderer zu finden in:
- St. Hippolit in Glaiten im Passeiertal. Archäologische Funde erzählen, daß hier vor Jahrtausenden ein Feuer- und Opferplatz mit einem Sonnentempel lag.
- Der höchstgelegene Wallfahrtsort: Latzfons in Klausen, auf 2.300 m Höhe steht wohl an der Stelle eines älteren Bergheiligtums. Hier findet man ein unter Leitung von Ex-Schützenhauptmann Sepp Kaser (†) errichtetes großartiges Denkmal, welches den ausgemessenen, geographischen Mittelpunkt der uralten Grafschaft Tirol anzeigt.
- Ein Heiligtum und Kraftplatz ist die kleine Kirche St. Andreas in Antlas am Ritten.
- Ein eingegrenzter Kultplatz liegt am Pfitscher Jöchl auf 2.130 m in der Texelgruppe.
- Bergspitzen dienten als prähistorische Sonnenuhren: z.B. zwischen dem Santner und Euringer in Kastelruth und Seis, dort der Kultplatz „Roarer Windspiel“ in Wolfsgruben am Ritten.
- Im Moor bei der Schöllberg-Göge-Alm in Weißenbach wurden schon vor 3.000 Jahren ca. 150 geheimnisvolle Holzkellen rituell abgelegt.
- Das Schwarzhorn im Südtiroler Unterland ist ein eisenzeitlicher Brandopferplatz.
- Der Pinatzbühel bei Elvas nordöstlich von Brixen im Eisacktal wird als mystischer, alter Kultplatz beschrieben.
(Siehe.: Astrid Amico und Martin Ruepp: „Von der Mystik alter Kultorte“. In: „In Memento. Bleibende Kulturphänomene.“ Herausgeber Tiroler und Südtiroler Kulturabteilungen, Abteilung Deutsche Kultur 2022).
Jedes Mal, wenn wir den Brennerpass überqueren, steht der bis zur Jetztzeit wirkende und unglaubliches Verderben bringende Verrat von Hitler an Südtirol stets vor unseren Augen.
Als Hitlers treuer Gefolgsmann Kurt Lüdecke in dessen Auftrag im September 1922 bei Mussolini vorsprach und dabei sehr vorsichtig Südtirol ansprach, schnitt ihm Mussolini mit heftigen Gesten die Rede ab:
„Darüber kann es keine Diskussion geben – niemals! Südtirol gehört zu Italien und muss es bleiben.“
Als Hitler vom Gespräch und Mussolinis Haltung zu Südtirol erfuhr, stimmte Hitler dem Opfer Südtirol zu, wenn man damit Mussolinis Freundschaft gewinnen könne. Mitte Oktober 1923 schlug dann Hitler in einer Erklärung in der römischen Zeitung „Corriere Italiano“ noch schärfere Töne an, ohne dass dies allerdings die Anhänger im eigenen Lande erfuhren.
Tatsächlich schrieb er damals Südtirol ab. „Warum sollen wir uns um jene 180.000 Deutsche kümmern“, fragte er, „die derzeit unter italienischer Herrschaft stehen?“ Hitler gab selbst die Antwort: „Wenn ich mich (…) in die italienischen Anschauungen versetze, so finde ich den italienischen Anspruch auf strategische Grenzen vollauf berechtigt.“ (Walter Werner Pese: „Hitler und Italien 1920-1926.“ In. „Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte“, 3. Jg. 1955, 2. Heft/April, S. 118, u. S. 121/22).
Hitlers tieferen Grund zum Verrat an einer Viertelmillion Tiroler, die gedemütigt, verfolgt und verzweifelt um ihre Identität, Sprache und Kultur kämpften, schildert Günther Rauch in einem historischen Werk.
Rauch dokumentierte penibel: „Das mit italienischen Banknoten bezahlte Terrornetzwerk lief in München zusammen … 18 Millionen Mark aus Italien für Hitlers Südtirol-Verrat … Südtirol verrecke: für viele Millionen Lire … Werner Abel enthüllt Hitlers italienische Geldquellen … OVRA-Agenten: Duce finanzierte Hitlers Aufstieg … Italiens Diplomaten gaben unverblümt die NSDAP-Finanzierungen zu.“ (Günther Rauch: „Der Marsch auf Bozen. Wie der Fall Südtirol Mussolini und Hitler Lust auf mehr machte“, Neumarkt/Südtirol)
Hitler bezeichnete, massiv ideologisch verblendet, bereits im 2. Buch seines Werkes „Mein Kampf“ den „Duce“ Mussolini als „einen Großen dieser Erde“. Bedingt durch Mussolinis geheimer Finanzierung der NSDAP erklärte Hitler 1934 bei seinem Erstbesuch dem „Duce“ in Venedig untertänig: „Beim Flug über den Brenner ist mir so recht klar geworden, dass die Brenner-Grenze die richtige Grenze zu Italien ist.“ (Vortrag BH-Oberst Adam, zitiert in „Tiroler Anzeiger“ v. 22.5.1935, S. 3)
Wie Mussolini real dachte, enthüllt ein Zitat aus seiner Kammerrede in Rom vom 6.2.1926: „Die Deutschen im ‚Alto Adige‘ sind keine nationale Minderheit, sondern eine ethnische Reliquie [!!!]. Es sind ihrer 180.000; von diesen behaupte ich, dass 80.000 verdeutschte Italiener seien, die wir wieder einen wollen, indem wir ihnen ihre alten italienischen Familiennamen wiedergeben. Die anderen sind Überbleibsel barbarischer Invasionen …“ (Felix Ermacora: „Südtirol und das Vaterland Österreich“. Wien 1984).
In Matrei, vor dem Brenner, stand die Burg Vogelbühel (auch: vordere Veste Matrei), sie war die älteste von drei Burgen, die anderen zwei Burgen waren Raspenbühl und Trautson. Conrad v. Trautson ehelichte eine Tochter des Burgherrn von Reifenstein bei Sterzing. Auffällig ist, daß in den Urkunden neben den Herren v. Reifenstein und v. Trautson auch die Herren v. Wangen (oberhalb Bozens) auftauchen: diese waren die Erbauer der Burg Runkelstein, hoch über der wild rauschenden Talfer, nördlich Bozens gelegen.
Die weltweit berühmten Fresken in der Burg Runkelstein zeigen Parzival, Gawein, Iwein, Tristan, Isolde, die Nibelungen, Dietrich von Bern, Siegfried und Dietleib u. a. mehr sind zu bewundern.
Das Ministerialengeschlecht der Herren v. Rodeneck hatte die Burg bis 1300 im Besitz, dann war sie annähernd 200 Jahre im landesfürstlichen Besitz und ging 1491 an die Grafen v. Wolkenstein über. Im 16. Jhdt. wurde die Burg von der Sippe des Minnesängers Oswald v. Wolkenstein zu einem prächtigen Ansitz umgebaut.
„Es ist kein Zufall, dass die Entstehung einer eigenständigen deutschen Literatur aufs Engste mit dem Südtiroler Raum verbunden ist“, schrieb Eugen Thurnher über die enorme Bedeutung Südtirols für die deutsche Literatur und Kultur. („Südtirols deutsche Dichtung“, S. 68. In: „Südtirol – Eine Frage des europäischen Gewissens.“ München 1965. Siehe ebenfalls: Luis Thomas Prader: „Die deutschen Sprachinseln. Die zimbrischen Gemeinschaften in den Dreizehn Gemeinden in der Provinz Verona.“ In: „Südtirol in Wort und Bild“ 3/2014)
Nibelungenhandschrift „I“, jetzt in der Berliner Staatsbibliothek. Sie wurde durch den Benediktinerpriester Johann Chrysanth Weber, (*1798 in Lienz; †1859 Frankfurt/M.) in der Burg Obermontani im Vinschgau gefunden, im Frühjahr 2024 wurde die Handschrift in einer Ausstellung in Meran den Südtirolern präsentiert. 1828 wurde Weber Lehrer im Meraner Gymnasium, 1848 wurde er Abgeordneter in der Fraktion des Freiherrn Heinrich v. Gagern in der Frankfurter Nationalversammlung und bis 1849 war er Pfarrer von Frankfurt/M., er ist dort begraben. Weber schrieb u.v.a.: „Die Gedichte Oswalds v. Wolkenstein“ (Innsbruck 1847).
Durch den vermutlich ersten welfischen Ministerialen auf Obermontani, Swiker I., werden wir auf seine Gattin: Gertrud aus dem Schwangau aufmerksam. Ihre Ahnen sind ein welfisches Rittergeschlecht, welches auf Burg Hohenschwangau unweit von Füssen, beheimatet war. Hiltebolt von Swanegou (*῀1221; †῀n. 1254, urk. von 1221 bis 1254), war ein Minnesänger Er wird mehrfach im Zusammenhang mit Graf Albrecht III. v. Tirol erwähnt, somit ist eine Stellung an dessen Hofe anzunehmen. Ein sogenanntes Kreuzlied macht seine Teilnahme am 5. Kreuzzug von 1217-1221 an der Seite des Grafen von Tirol wahrscheinlich. (Hans Pörnbacher: „Hiltbold v. Schwangau“. S. 13. 1957).
Der Verfasser teilt die These des Gelehrten und Priester J. Ladurner der bereits 1869 bemerkenswerte Gedanken über einen Südtirol-Aufenthalt des vermutlichen Verfassers des Nibelungenliedes, Heinrich v. Ofterdingen, zu Papier brachte. („Albert III. und letzte der ursprünglichen Grafen v. Tirol“. In: „Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg. 3. Folge. 14. Heft. S. 121. Innsbruck 1869)
Ab April 1226 zog ein starkes Heer Königs Heinrich VII. gegen die Lombarden, auch des Königs Schwiegervater, der Babenberger Herzog Leopold VI. war dabei. Sechs Wochen, bis Anfang Juni 1226, musste das deutsche Heer vor Trient ausharren: die rebellischen Veroneser sperrten die Veroneser-Klause, 20 km nördlich von Verona im Etschtal, und König Heinrich wurde gezwungen „unverrichteter Sache nach Deutschland zurückzukehren.“ Den Herzog Leopold begleitete wahrscheinlich auch Heinrich v. Ofterdingen, der während des unfreiwilligen Aufenthaltes vor Trient die Muße fand, das Land näher kennen zu lernen. Das Ergebnis des Aufenthaltes schlug sich wohl im Epos von König Laurin nieder.
Zingerle dokumentierte das Vorkommen sehr vieler nibelungischer Vor- und Familiennamen in Tirol (Ignaz v. Zingerle: „Die Personennamen Tirols in Beziehung auf deutsche Sage und Litteraturgeschichte.“ S. 290ff. In: „Germania. Vierteljahresschrift für Deutsche Alterthumskunde.“ Stuttgart 1856.)
Allein in Matrei fanden sich: Hagen v. Matrei (ident mit Hagen v. Fragenstein in Zirl), Wittich, Rüdiger und Uta. Der Vorname Dietrich war sehr beliebt ebenso der Name Hildebrand: Hildebrand v. Weineck; Hildebrand de Firmian; Hildebrand de Helbling; Hildebrand de Krakofel; Hildebrand v. Latsch; Hildebrand v. Liechtenberg; Hildebrand de Caldes; Hildebrand v. Fuchs; Hildebrand Rasp; Hildebrand de Greifenstein; Hildebrand de Niderthor; Hildebrand v. Perchtingen.
Zingerle schrieb: „In der Familie der Grafen v. Brandis allein sind mir sechs Hildebrande be-kannt!“ Ein Hildebrand v. Lana, sowie die nibelungischen Namen: Herbrand, Alebrand, Wolf-hart, Sigfried, Gunther, Eckart, Volker, Horand, Hildeburg, Herwig, Walter, Tristan, Isolde, Ga-wein, Parzival, Artus, Lanzelot, Freidank, Wolfram, Ortwein sind in Südtirol ebenfalls bekannt.
Tausende althochdeutscher Vornamen finden sich ebenfalls im „Urkundenbuch des Hochstiftes Trient“, angelegt vom Trienter Bischof Friedrich v. Wangen (Hg. Rudolf Kink, Wien 1852).
Mussolinis bösartige Behauptung von „verdeutschten Italienern“ ist pure Propaganda.
Die alte Handelsstadt Sterzing im Wipptal lädt zum Verweilen und Entdecken ein. Von Sterzing aus kann man entweder über das Penser Joch das Sarntal oder über den Jaufenpaß das Passeiertal erreichen: die Heimat des Andreas Hofer. Der Name von Sterzing ist seit 1182 erstmals urkundlich nachgewiesen und geht auf einen bairischen Gründer (ing-Name) zurück. 1280 wurde Sterzing durch Graf Meinhard II. zur Stadt erhoben. In prähistorischer Zeit war das Becken von Sterzing von einem großen Moor (Moos) überzogen, welches nur saures Heu für Pferde lieferte und erst 1877 ausgetrocknet wurde.
In dieses Sterzinger Moos verbannte der Tiroler Volkswitz zur Faschingszeit all jene Jungfrauen, welche sich frei- oder unfreiwillig der Ehe entzogen. Dort bereuten sie es bitter, dass sie die Heirat nicht gewagt hatten. Und noch heute, so sagt es das Volk, hört man ihr Jammern: „hätt‘ is gwaggt, hätt‘ is gwaggt…“, und nur ein uninformierter Fremder meint, dies sei ein Ruf von Fröschen, in Wirklichkeit sind es die trauernden Jungfern. (Siehe: Ins Moos fahren: https://www.sagen.at/doku/volksleben/moos_fahren.html )
Burg Reifenstein steht nahe Sterzings in Freienfeld, im Sterzinger Moos, und zählt zu den bestens erhaltenen Burgen Südtirols. Die Burg war ein wichtiger Sitz des Deutschen Ordens.
Der „Deutsche Orden“ steht heute noch immer im starken Bezug zu Südtirol, wo er bereits ab dem Jahr 1202 präsent war. Seine Stützpunkte waren bzw. sind: Lana, St. Leonhard, Völlan, Gargazon, Siebeneich, Sarnthein, Lengmoos, Unterinn, Oberinn und Wangen. Im Jahr 1305 wurde die Deutschordenskommende Schlanders im Vinschgau gegründet. (Quelle: Tumler, Marian: „Der Deutsche Orden im Werden, Wachsen und Wirken bis 1400.“ Montreal 1955).
Am 24.7.1251 urkundete König Konrad IV. für den Deutschorden und für Hugo v. Obermontani im Vinschgau. Zeugen waren u.a.: Herzog Otto II. von Bayern als der Vertreter des Deutschen Ordens. (Quelle: „Regesta Imperii“ 5/1 Nr. 4547b-4549; 5/4 Nr. 55. Am 24.6.1251 gab König Konrad IV. dem Hugo und dessen Söhnen und Töchtern seine zum Amt Augsburg gehörigen Güter in Scharnitz zu rechtem Lehen (Hormayr Beitr. 2,398).
Ober- und Untermontani im Vinschgau, am Eingang in das Martelltal, war bis 1299 der Burggrafensitz der Herren v. Obermontani, die im 11. Jhdt. in Tirol als Gefolgsmänner der mächtigen Sippe der schwäbischen Welfen hier bekannt sind. Der welfische Besitz an Burgen in Südtirol umfaßte: Obermontani, Kastelbell, Schlandersberg, Galsaun, Schnals und Juval, letztere gehört heute dem weltbekannten Bergsteiger Reinhold Messner und ist dessen Museum.
Die Grafen von Haslach (von Schloß Tirol) wurden nach ihrem Leitnamen Adalbert/Albert, als „Albertiner“ benannt. Der Name „Haslach“ verweist auf frühen Salzhandel. Graf Albert III. (*~1180, †22.7.1253) war Sohn von Heinrich I. v. Tirol (†1190) und der Agnes v. Wangen.
Albert III. war der letzte Graf v. Tirol, er war auch Vogt v. Trient und ab 1210 Vogt von Brixen.
1248 erwarb er den Tiroler Besitz der Andechser und jenen der Grafen v. Hocheppan und setzte die Vereinigung der „Grafschaften im Gebirge“ zum Land Tirol fort: 1254 wurde das Land als „Grafschaft Tyrolis“ bezeichnet. Albert III. starb ohne männlicher Erben, er hatte zwei Töchter: Elisabeth wurde Gattin des Herzog Otto II. v. Andechs und Adelheid war die Gattin von Graf Meinhard v. Görz.
Bereits vor dem 5. Jhdt. war unterhalb des heutigen Schlosses Tirol eine Kirche. Diese und die Burg wurden seit den 1980er Jahren von Bau- und Kunsthistorikern und Archäologen penibel ergraben und erforscht. Es gelang, die Bauzeit, die Herkunft der Baumaterialien und vieles mehr zu enträtseln.
Im 12. Jahrhundert erlebte das Land im Gebirge eine Blütezeit, der Handel und Verkehr nahmen zu und der Bau von Burgen wurde vorangetrieben. Die Brüder Albert und Berthold v. Tirol, erstmals 1141 urkundlich erwähnt, führten den Bau ihrer Väter, der Burg Tirol, von dem das Land seinen Namen hat, weiter fort. Sie wurde zur Stammburg der Grafen v. Tirol und war immer das Sinnbild für die Landeseinheit. Noch heute ist die Bedeutung des Schlosses für das Tirol-Bewusstsein im Lande ungebrochen. Als Albert III. starb, residierten hier fortan die Grafen von Tirol-Görz, die Burg wurde zum Zentrum des Nachfolgers und Enkels von Albert: von Meinhard II.
Unter Meinhard II. erhielt Tirol 1287 zum ersten Mal ein schriftliches Landrecht, davon erhalten ist jedoch nur ein Fragment. Von großer Bedeutung bei der Landesbildung war das Münzwesen. Die unter Meinhard II. in Meran geprägten Münzen waren wegen ihres hohen Gehaltes an Silber sehr beliebt. 1363 ging das Land in die Herrschaft der Habsburger über, 1420 wurde der Regierungssitz nach Innsbruck verlegt.
Die von der Größe her kleine Burg grenzte an die Stadtmauer Merans und war der Aufenthaltsort von Erzherzog Sigmund und Gattin, wenn sie von der Hauptstadt Innsbruck nach Meran kamen. Auch Kaiser Maximilian I. (1459-1519), sowie Kaiser Ferdinand I. mit seiner Familie, die der in Innsbruck ausgebrochenen Pest zu entrinnen versuchten, wohnten hier.
Der Ausblick in die Zukunft: Manche besuchten Freunde im Land sind über die derzeitige Lage unglücklich und zutiefst besorgt: das Zusammengehen des Landeshauptmannes mit dem Todfeind Tirols, dem Faschismus und das für die politisch Sensiblen und Sehenden erkennbare tägliche Zurückweichen vor einer nach wie vor erkennbaren Strategie des Ethnozids in kleinen Schritten: sei es in der nicht mehr verkraftbaren Wohnungsvergabe an junge Tiroler Ehepaare, sei es im stetigen Abbau der verbrieften Autonomierechte, im Sprech- und Sprachverhalten, das in einem Linienbus mit einer höflichen deutschen Frage und Bitte nach einer Fahrkarte nach Bruneck beginnt und mit der unwirschen Antwort des Busfahrers, man solle gefälligst italienisch sprechen, denn „man sei hier in Italien“ endet, oder in der Behandlung eines im Spital liegenden Tirolers, der seinen ärztlichen Befund in deutscher Sprache erklärt haben will, und endlos weiter und so fort: die italienische Politik will keinerlei Minderheiten tolerieren: „Attenzione: siamo qui in Italia” und „Per favore parla italiano” zeugen nicht von einer Gesinnung des Miteinander und einander Ertragens.
Der international anerkannte, große österreichische Menschen- und Völkerrechtsexperte, Prof. Dr. Felix Ermacora, schrieb folgendes:
„Nur ein unbeugsamer Wille zur Erhaltung der Eigenarten des Südtiroler Volkes mit der Bereitschaft, auch in einer Wohlstandsgesellschaft Opfer auf sich zu nehmen, die selbst Akte des bürgerlichen Ungehorsams miteinschließen, ließe eine Selbstbestimmungsbewegung unabdingbar werden. Nur eine von einer überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung beschlossene Anrufung des Selbstbestimmungsrechtes ließe sie so rechtsstaatlich und demokratisch sein, dass weder Italien noch die Schutzmacht Österreich noch die organisierte Staatenwelt ihr auf Dauer widerstehen könnten.”
(Univ.-Prof. Dr. Felix Ermacora: “Südtirol und das Vaterland Österreich”. S. 389. Wien 1984).
Nachtrag:
Der Laurinsbrunnen auf der Bozner Wassermauerpromenade wurde in der Nacht zum 5. Juli 1933 zerstört. Der faschistische Vordenker Ettore Tolomei jubelte. Im „Archivio per l’Alto Adige“ (XXVI-II/1933, Seite 542) schreibt er von einer Tat „großmütiger Ungeduld von jungen Burschen, die von vornehmer Absicht beseelt waren, weil damit in Bozen ein Objekt fremdartiger Beleidigung ausgelöscht war, das entweder nie gekannt oder schon zu lange geduldet wurde.“ (Quelle: Dolomiten, 5.Juli 2024) Der Laurin-Brunnen zeigt eine Szene aus der Sage König Laurins Rosengarten, in der Dietrich von Bern den Zwergenkönig Laurin niederringt. Der Brunnen ist ein Werk der Bildhauer Andreas Kompatscher und Arthur Winder und wurde im Mai 1907 auf der Bozner Wassermauer, im Sichtfeld des Rosengartens, aufgestellt. Nach der Annexion Südtirols durch Italien wurde der Brunnen in der Nacht vom 4. auf den 5. Juni 1933 von Faschisten demoliert. Anschließend überführte man ihn in das Stadtmuseum Bozen, später in das Kriegsmuseum Rovereto. Erst 60 Jahre später, im Jahr 1993 wurde er – nach langjährigem Bemühen der Südtiroler Kulturlandesräte Anton Zelger und Bruno Hosp – wieder nach Bozen zurückgebracht und 1996 zentral auf dem heutigen Silvius-Magnago-Platz vor dem Landtagsgebäude und dem Palais Widmann aufgestellt. Nach der Neugestaltung des Platzes im Sommer 2018 befindet sich der Laurin-Brunnen nun leicht versetzt vor dem Eingang des Palais Widmann. Durch seine gewalttätige Entfernung durch Faschisten wurde das Kunstwerk zu einem von Faschisten angezettelten Konfliktthema in Südtirol. Man lernt daraus: die Sprache, Überlieferung und Kultur „der Anderen“ wird als „ein Objekt fremdartiger Beleidigung“ empfunden.