Bild Mussolini: Deutsches Historisches Museum, Berlin, Fotograf: Scherl, bearbeitet durch SID
Im Jahre 1919 hatte der ehemalige Sozialist Benito Mussolini die faschistische Bewegung gegründet, die ihre Bezeichnung von dem „fascio“ ableitete, dem italienischen Namen für das Rutenbündel mit der Doppelaxt, welches von den Amtsdienern getragen wurden, die Liktoren hießen. In der Regierungszeit des Faschismus ab 1922 hatten sodann zahlreiche Gemeinden in Italien den faschistischen Diktator Mussolini zu ihrem Ehrenbürger ernannt. Nach 1945 entzogen viele Gemeinden dem mittlerweile von kommunistischen Partisanen Getöteten gefahrlos die Ehrenbürgerschaft, eine beträchtliche Anzahl von Gemeinden hielt dieselbe aber weiterhin bis heute aufrecht.
Heute noch führen dutzende italienische Gemeinden offen die Ehrenbürgerschaft des „Duce“ an, darunter befindet sich die bedeutende Stadt Bologna, deren Gemeinderat erst im Juni vergangenen Jahres den Entzug der Ehrenbürgerschaft abgelehnt hatte.
Am 30. September 2021 bekräftigte nun auch der Gemeinderat von Pezzana in der oberitalienischen Region Piemont mit einem Beschluss die Aufrechterhaltung der Ehrenbürgerschaft Mussolinis, wie das Internetportal „Unser Tirol 24“ am 1. Oktober 2021 zu berichten wusste.
Ein passendes Jubiläum: Vor 100 Jahren begann der faschistische Terror
Die Gemeinde Pezzana hat sich für ihren Beschluss ein passenden Jubiläumsjahr ausgesucht. Das Jahr 1921 war gekennzeichnet von den ausufernden Gewalttaten der Faschisten gegen Andersdenkende in ganz Italien.
In Südtirol richteten sich ihre Übergriffe gegen alle Heimattreuen. Am 24. April 1921 überfiel eine aus dem Süden herangekarrte Faschistenhorde einen Trachtenumzug in Bozen und ermordeten den Lehrer Franz Innerhofer, der ein Kind hatte in Sicherheit bringen wollen. Italienisches Militär beschützte die Täter und sorgte für deren unbehelligten Abzug.
Es kam zu weiteren faschistischen Gewalttaten in zahlreichen Südtiroler Ortschaften, wo Faschisten, die vor allem aus dem Trentino kamen, öffentliche Versammlungen von Südtirolern überfielen oder in Gaststätten eindrangen und dort die Gäste bedrohten oder misshandelten. Es kam auch zu tätlichen Angriffen auf die Südtiroler Parlamentsabgeordneten Dr. Eduard Reut-Nicolussi und Dr. Wilhelm von Walther.
Die italienischen Behörden duldeten gewaltsame Übergriffe und setzten bereits eine Entnationalisierungspolitik in Gang, welche viele spätere faschistische Maßnahmen vorwegnahm. (Siehe: Josef Fontana: „Unbehagen. Südtirol unter der Zivilverwaltung 1. August 1919 – 28. Oktober 1922“, Innsbruck 2010, S. 159ff)
Der Faschismus lebt in Italien
Die Haltung der italienischen Gemeinden, welche die Ehrenbürgerschaft ihres offenbar geliebten „Duce“ aufrecht erhalten, fügt sich ein in eine auch sonst laufende Verherrlichung des Faschismus.
In Bozen steht ein faschistisches „Siegesdenkmal“, dessen Säulen aus faschistischen Liktorenbündeln bestehen, dem damaligen Parteisymbol des „Partito Fascista“. Man stelle sich vor, in Österreich oder Deutschland würden heute noch mit Hakenkreuzen geschmückte Denkmäler stehen!
Von dem Finanzamt in Bozen grüßt bis heute der „Duce“ mit dem „saluto romano“ – dem faschistischen Gruß – die Alpini, welche vor dieser Kulisse gerne Gedenkveranstaltungen abhalten.
Man kann bis heute in ganz Italien CD’s mit faschistischen Kampfgesängen – „inni fascisti“ – und „Mussolini-Kalender“ kaufen.
Der öffentlich gezeigte Faschistengruß gehört zur Normalität in Italien, wie es singt und lacht.
Einschlägige Strafgesetze werden mit südländischer Heiterkeit und Leichtigkeit nicht angewendet.
Da verwundert es auch nicht, dass im Dezember 2017 die italienische Tageszeitung „Il Tempo“ Mussolini zum „Mann des Jahres“ – „L’uomo dell‘anno“ – wählen konnte, ohne dass die Behörden einschritten. Er sei viel lebendiger gegenwärtig als die derzeitigen italienischen Politiker, hieß es dazu in dem Leitartikel.
Selbstverständlich wird auch das architektonische Erbe des Faschismus im heutigen Italien – und nicht nur in Südtirol – hoch in Ehren gehalten. Hierbei wird sein Name nicht verschwiegen, sondern weiterhin verehrend präsentiert.
Auf dem heutigen „Foro Romano“ – dem früheren „Foro Mussolini“ – in Rom grüßt sein Name von einem Obelisken und auf dem steinernen Boden den Besucher.
Da verwundert es auch nicht, dass in besagtem „Foro“ in einem „Ehrensalon“ am Sitz des heutigen Olympischen Komitees ein riesiges Fresko nach wie vor den „Duce“ und seine faschistische Gefolgschaft verherrlicht.
Angesichts solch pfleglichen Umganges mit der Vergangenheit muss man es schon respektieren, dass auch aus Italien hin und wieder eine ernste Ermahnung an die Deutschen kommt, die Vergangenheit endlich sorgsam aufzuarbeiten und dass Verfechter des Selbstbestimmungsrechts für Südtirol gerne als Friedensstörer und „nazisti“ bezeichnet werden.