Neues Buch erschüttert mit aktuellen Enthüllungen zur Preisgabe Südtirols
Buchpräsentation durch den Autor in Linz
mit Lichtbildern
Mittwoch, 20. September 2017
Beginn: 19:00 Uhr
Volkshaus Kleinmünchen, Dauphinestraße 19, 4030 Linz
Medienpartner: Magazin Info-DIREKT
Buchpräsentation durch den Autor in Innsbruck
mit Lichtbildern und Podiumsdiskussion von Zeitzeugen
Einführung und Moderation Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Olt
Samstag, 23. September 2017
Gasthof Sailer, Saal Tirol, Adamgasse 8, 6020 Innsbruck
Beginn: 19:30 Uhr
Veranstalter: Andreas Hofer Bund Tirol (AHBT)
Nachstehend eine Buchbeschreibung von Gerald Danner
Ein wenig Glück hatte dem Autor Dr. Helmut Golowitsch zur Seite gestanden, als er auf brisantes, bislang unbekanntes Aktenmaterial eines Kärntner Fabrikanten stieß. Der bislang nur am Rande erscheinende, aus Wien stammende und nun im kärntnerischen Sachsenburg tätige Pappefabrikant Rudolf Moser stellt sich nach den neuesten Recherchen als geheimer politischer Unterhändler Österreichs heraus. Genauer gesagt, als Unterhändler der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) mit der italienischen Democrazia Cristiana (DC).
Wie zu Beginn des Buches dargestellt wird, kommt es unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg 1947 zur Herausbildung der „Nouvelles Équipes Internationales“ einer „christdemokratischen Internationalen“, der allgemeine antikommunistische Strömungen in Westeuropa, gefördert durch den Vatikan und die amerikanische CIA, vorausgingen. Eine herausragende Stellung hierbei hatte der DC-Politiker und italienische Ministerpräsident Alcide Degasperi, der sich bei der Durchsetzung der antikommunistischen Strategie durchaus auch altfaschistischer Kräfte bediente.
In ebendieses politische Nachkriegsklima fällt erneut die Südtirolfrage, welche seit der gewaltsamen Annektierung Südtirols durch Italien 1918 ungeklärt ist. Nach dem Zweiten Weltkrieg hoffen die Tiroler südlich des Brenners bei der Neuordnung Europas durch die alliierten Siegermächte berücksichtigt und an ihr Vaterland Österreich zurückgegliedert zu werden. Die großen Südtirol-Kundgebungen des Jahres 1946 in Innsbruck, Salzburg, Linz, Bozen, Brixen, Meran und Wien werden in diesem Buch bildreich festgehalten und ausführlich dokumentiert. Als Bundeskanzler Leopold Figl bei der Großkundgebung in Innsbruck am 22. April 1946 155.000 Südtiroler Unterschriften für eine Rückkehr zu Österreich überreicht werden, ruft dieser der jubelnden Menge zu
„Jawohl Mander, es isch Zeit, wir wollen unser Südtirol wieder!“
Zu diesem Zeitpunkt ist aber der Unterhändler Rudolf Moser bereits tätig gewesen. Kurze Zeit vorher, am 03. April 1946, hatte sich Moser mit dem italienischen Ministerpräsidenten Alcide Degasperi in Rom getroffen. Es war ein auf hoher Ebene bereits gut vorbereitetes Treffen gewesen.
Wie die im Buch veröffentlichten Dokumente, vor allem die handschriftlichen Notizen des Rudolf Moser, offenbaren, hat die ÖVP-Bundesspitze in Wien den Verbleib Südtirols bei Italien bereits akzeptiert. Moser berichtet:
„Italien und Österreich haben beide christlich-demokratische Führung und die Wirtschaft ist zueinander komplementär. Auch haben wir ideologisch den gleichen Gegner. Sollen wir streiten, ob in Salurn ob am Brenner oder sonstwo die Grenze gezogen wird? Mir kommt vor nach diesem schrecklichen Krieg sollte man hierfür nicht Zeit verlieren wegen trennender Grenzen zu streiten vielmehr gemeinsam überlegen in welcher Weise zum Vorteil beider Partner die Grenzen abgebaut und überwunden werden. De Gasperi wird lebhaft und zeigt sich sehr interessiert von dieser Idee.“
In einem späteren parteiinternen Rundschreiben aus dem Jahre 1975 erinnert sich Moser
„Die Ursache der Zwistigkeit? SÜDTIROL. Spontan war die Lösung gefunden worden ‚DIESES GEBIET SOLL DIE BRÜCKE WERDEN!‘ in Worten interpretiert: Kein Streit, kein Gegensatz um Verschiebung der Nordgrenze Italiens, aber eine gemeinsame und einvernehmliche Überwindung derselben.“
Beim Lesen dieser Zeilen wird man an das Hitler-Mussolini-Abkommen aus dem Jahre 1939 erinnert. Auch für Hitler durfte Südtirol kein Stolperstein in der Beziehung zwischen den beiden Achsenmächten sein. Nun aber sollten die politischen Kontakte und Verhandlungen aber auf Parteiebene ÖVP-DC stattfinden. Der Unterhändler Moser erklärt Degasperi gegenüber daher auch,
„daß ich lediglich als Privatperson mit ihm gesprochen habe, weiters daß Österreich keine wie immer geartete außenpolitische Aktivität entfalten könne, die Fühlungsnahme sich daher vorläufig nur von Partei zu Partei erstrecken könne.“
„In der Folge sollte Moser so gut wie alle einflussreichen Persönlichkeiten der DC kennenlernen und durch Jahrzehnte beste Kontakte mit dieser Führungsebene pflegen“, schreibt der Autor Golowitsch.
„Die persönlichen Beziehungen zu den einzelnen Parteifunktionären gestalten sich immer herzlicher und umfangreicher, weshalb ich mich seit Sommer 1946 bemühte, daß führende Funktionäre unserer Partei nach Italien kommen mögen, um den Kontakt aufzunehmen“
notiert Moser in einer Denkschrift. Tatsächlich organisiert Moser dann 1952 ein geheimes Treffen zwischen Bundeskanzler Figl und Ministerpräsident Degasperi in seinem eigenen Haus in Sachsenburg in Kärnten. Fotos von der Herzlichkeit dieses Geheimtreffens werden in diesem Buch der Öffentlichkeit vorgelegt.
Wie Golowitsch in dieser Dokumentation darstellt, zieht sich die Tätigkeit des geheimen Unterhändlers Moser nahezu durch die ganze Entstehungsgeschichte der Autonomie Südtirols wie ein roter Faden. 1966 erhält Moser als Vertrauensmann der Democrazia Cristiana sogar Einblick in parteiinterne italienische Verhandlungspositionen, welche er zuhause in Wien Bundeskanzler Klaus „schmackhaft“ machen sollte. In einem Brief an den italienischen Ministerpräsidenten Aldo Moro schreibt Moser gar:
„Der persönliche Kontakt zwischen den Verhandlungspartnern darf sich nicht auf Kommissionen beschränken, welche zur Lösung begrenzter Aufgaben nominiert werden. Hingegen ist ein kontinuierlicher und ständiger Kontakt zwischen Vertrauensleuten aller Vertragspartner notwendig; das heißt, Delegierte, welche es verstehen, die freundschaftliche Einigung eher zu treffen, bevor daß ein Mißverständnis oder eine übelwollende Aktion irgend einer gegnerischen Strömung, nationaler oder internationaler Art, die guten Beziehungen schädigen oder stören könnte.“
Gemeint waren damit die geheimen Verhandlungen unter Umgehung der Außenministerien beider Staaten.
Der von der Wiener ÖVP-Bundesspitze nicht geliebte österreichische Außenminister Bruno Kreisky (SPÖ) schlägt damals nämlich einen konsequenteren Kurs in der Südtirolpolitik ein, als dies von den christdemokratischen Regierungsmitgliedern Österreichs erwünscht ist. 1960 bringt er zu deren Missfallen das Südtirol-Problem vor die UNO.
In einem ÖVP-internen Rundbrief an Parteifunktionäre bekundet Moser 1967 bezüglich der Folterungen von Südtiroler Häftlingen „daß die Folterungen von Südtiroler Seite maßlos aufgebauscht und übertrieben worden sind“. Und: „Hand aufs Herz! Wer wüßte einen Staat, einen einzigen Kulturstaat der Welt zu nennen, wo von Seiten der Polizei noch niemals Übergriffe oder Mißhandlungen vorgekommen seien.“
Auf erschütternde Art und Weise deckt Helmut Golowitsch in seinem neuesten Werk auf, welche Auffassungen von bestimmten ÖVP-Bundespolitikern vertreten wurden und wie sich diese hinter den Kulissen auf die Südtirol-Verhandlungen auswirkten, während der Öffentlichkeit harte Verhandlungspositionen gegenüber Italien vorgegaukelt wurden.
Weiterhin dokumentiert der Verfasser eine geheime italienisch-österreichische Zusammenarbeit auf hoher sicherheitsdienstlicher Ebene vor dem Hintergrund des freundschaftlichen Zusammenwirkens der christdemokratischen Parteien. Ab 1966 fanden in regelmäßigen Abständen im neutralen Zürich geheime Besprechungen zwischen sicherheitsdienstlichen Funktionären beider Staaten statt. Darüber hat auch der Historiker Hubert Speckner in seinem Buch „Von der „Feuernacht“ zur „Porzescharte“ bereits berichtet.
Der Autor Golowitsch dokumentiert, dass jene Treffen eindeutig rechtswidrig gewesen waren, da sie eine Umgehung offizieller zwischenstaatlicher Rechtshilfeverfahren darstellten. Gemäß einem österreichischen Rechtshilfeerlass von 1959 war nämlich „in politischen Fällen die Rechtshilfe durch Überlassung von Akten nicht nur ausländischen Justizbehörden gegenüber, sondern grundsätzlich an ‚ausländische Behörden‘ ohne jede Ausnahme ohne Bewilligung des Justizministeriums zu verweigern“. Die österreichischen Vertreter betonten auf diesen geheimen „Antiterrorgipfel“ gegenüber den italienischen Delegierten daher immer wieder, dass „diese (über Südtirol-Freiheitskämpfer ausgetauschten) Informationen nicht zum Anlass einer Verhaftung, Verfolgung oder Befragung einer Person, sondern lediglich zu deren Beobachtung genommen werden dürfen.“ Die Rechtswidrigkeit des Verhaltens der österreichischen Seite durfte nicht öffentlich werden. Oberpolizeitrat Dr. Eduard Obrist von der Sicherheitsdirektion Tirol, welcher bei den geheimen Treffen und dem Austausch von Ermittlungsergebnissen anwesend war, flehte die Italiener geradezu an:
„Es muss nur sichergestellt werden, daß die direkten Kontakte nicht offenbar werden. Wir halten das sonst bei der Bevölkerung nicht aus.“
Die Dokumentation beschreibt das Geschehen bis zum 25. Juni 1967. An diesem Tag wurden im italienisch-österreichischen Grenzgebiet der Provinz Belluno auf der Porzescharte laut offizieller italienischer Darstellung vier italienischen Soldaten durch von „Südtirol-Terroristen“ gelegte Tretminen tödlich verletzt. (Diese Darstellung hat der österreichische Militärfachmann und Historiker Oberst Dr. Hubert Speckner in seinem Buch „Von der „Feuernacht“ zur „Porzescharte“ mittlerweile gründlich anhand von Fakten widerlegt.)
Das Geschehen auf der Porzescharte wurde aber von der italienischen Seite zum Anlass genommen, offiziell die Assoziierung Österreichs an die EGW zu blockieren und Wien politisch noch stärker unter Druck zu setzen.
Dieses Geschehen wird jedoch in einem Folgeband der vorliegenden Dokumentation behandelt werden, welcher im Frühjahr 2018 erscheinen soll.
Dr. Helmut Golowitsch, hat sich bereits mit Werken wie „Kapitulation in Paris – Ursachen und Hintergründe des Pariser Vertrags 1946“ (Mitautor Walter Fierlinger), „Ortlerkämpfe 1915-1918“ und der zuletzt in zweiter Auflage erschienenen Dokumentation „Für die Heimat kein Opfer zu schwer – Folter – Tod – Erniedrigung: Südtirol 1961-1969“ als Südtirol-Historiker einen Namen gemacht.
Die hinterlassenen Akten des Geheim-Unterhändlers Rudolf Moser wurden durch den Autor mittlerweile an das österreichische Staatsarchiv zur Übernahme in dessen Bestände übergeben und sind somit der Wissenschaft frei zugänglich.
Das vorliegende Werk von Helmut Golowitsch „Südtirol – Opfer für das westliche Bündnis. Wie sich die österreichische Politik ein unliebsames Problem vom Hals schaffte“ sollte in keinem Bücherregal zur Tiroler Geschichte fehlen. Es ist in gebundener Ausgabe im Leopold Stocker Verlag in Graz erschienen, umfasst mit einem Vorwort von Univ.-Prof. Dr. Reinhard R. Heinisch rund 600 Seiten und ist über den Buchhandel mit der IBSN 978-3-7020-1708-8 für 34,80 € erhältlich.