Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher
Bild Kompatscher: Wikimedia.org, Dragan Tatic Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (CC BY 2.0), Collage: SID
Südtirols Landeshauptmann – ein Gegner der Selbstbestimmung
„Eigenständigkeit ist vorstellbar“. Die Schlagzeile in dem österreichischen Nachrichtenmagazin NEWS vom 2. Juli 2016 mit einem Zitat aus einem Interview mit Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher („Südtiroler Volkspartei“ – SVP) erweckt auf den ersten Blick einen falschen Eindruck.
Man könnte meinen, der Südtiroler Landeshauptmann sei über Nacht zu einem Befürworter der Selbstbestimmung seiner Volksgruppe mutiert.
Liest man das Interview genauer durch, so kommt man rasch darauf, dass man sich in Rom wegen der Einstellung Kompatschers keine Sorgen zu machen braucht.
Kompatscher: Ein Recht ohne Rechtsfolgen
Von dem Magazin dazu befragt, was er zu der Forderung des FPÖ-Chefs Strache nach Anwendung des Selbstbestimmungsrechts in Südtirol sage, erklärte Kompatscher wörtlich:
„Die Südtiroler haben dieses Selbstbestimmungsrecht schon. Denn dieses Recht ist ein unveräußerbares Recht aller Völker im Sinne der UN-Charta.“
Und dann Kompatschers Rolle rückwärts: „Das ist aber nicht mit einem unmittelbaren Recht gleichzusetzen, jederzeit einen eigenen Staat zu gründen, Grenzen zu verschieben oder eine Sezession durchzuführen.“
Dazu sei „die Zustimmung Italiens“ notwendig.
Kompatscher: Die Südtiroler wollen die Trennung von Italien – es ist aber völlig unrealistisch
„Die Zustimmung Italiens vorausgesetzt“, sagt Kompatscher, „würde sich wohl eine Mehrheit der deutsch- und ladinischsprachigen Bevölkerung sowohl für die Option eines eigenen Staates als auch für jene eines Zurück zu Österreich aussprechen. Das Szenario ist aber wegen der fehlenden Zustimmung Italiens ohnehin völlig unrealistisch.“
Widerspruch vom Südtiroler Heimatbund: Wille und Mut zur Selbstbestimmung!
Zu diesen Aussagen Kompatschers äußerte sich der Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB), einer von ehemaligen politischen Häftlingen Südtirols gegründeten Organisation, mit klaren Worten und veröffentlichte nachstehende Pressemitteilung:
Als richtig bezeichnet der Südtiroler Heimatbund die Aussagen in verschiedenen Medien von Landeshauptmann Kompatscher, wonach die Südtiroler Bevölkerung mehr Eigenständigkeit verlange und im Rahmen eines möglichen Selbstbestimmungsreferendums für einen Freistaat Südtirol oder die Rückkehr zu Österreich stimmen würde. Jedoch hat die Geschichte einen Haken, so Obmann Roland Lang.
Kompatscher führte aus, dass Italien nie Südtirol das Recht auf Selbstbestimmung zugestehen würde, da es unrealistisch wäre.
Muss Südtirol praktisch mit Italien in der ersten Klasse untergehen?
Steht das Völkerrecht nicht über dem nationalen Recht?
Und warum muss man sich bei Italien entschuldigen, wenn man das Recht ausüben will? Diese Fragen haben alle längst eine Antwort erhalten, so der SHB.
Sind die Südtiroler ein Volk? Der bekannte österreichische Völkerrechtler Felix Ermacora hat einmal gesagt, dass kein Land einem Volk die Selbstbestimmung verwehren kann, auch Italien Südtirol nicht. Doch verlangen und fordern muss man es.
Wurde die SVP nicht zum Zwecke der Erreichung des Selbstbestimmungsrechtes gegründet?
Am 19. Mai 1945 veröffentlichte die „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) in der Tageszeitung „Dolomiten“ ihr Parteiprogramm mit der Forderung nach Selbstbestimmung. Bei den führenden SVP-Politikern von heute scheint das gerne verdrängt zu werden.
Im April 1946 forderten die Südtiroler mit 155.000 Unterschriften die Rückkehr Südtirols zu Österreich. Tatkräftig unterstützt auch vom Südtiroler Klerus.
Wenn man wie Kompatscher das Selbstbestimmungsrecht bei jeder sich bietenden Gelegenheit als unrealistisch hinstellt, so erweist man dem Freiheitsstreben damit einen Bärendienst. Aber den Freunden in Rom wird es sicher gefallen.
Zudem muss man sich ernsthaft die Frage stellen, wieso die Südtiroler Volkspartei das Recht auf Selbstbestimmung im eigenen Statut verankert hat, wenn es sowieso niemals ausgeübt werden darf.
Die SVP soll endlich sagen, ob sie das Selbstbestimmungsrecht überhaupt noch anpeilt oder es nur noch als Altlast in den Statuten hat, schließt der SHB-Obmann Lang.
Österreichs Bundeskanzler Leopold Figl nahm am 22. April 1946 in Innsbruck die nach Österreich geschmuggelten Unterschriften so gut wie aller damals volljährigen Südtiroler entgegen, mit denen diese ihren Willen zur Rückkehr ihres Heimatlandes nach Österreich bekundeten.