Landtagswahlen 2023 – Eine Analyse des Ergebnisses von Cristian Kollmann

Bild Cristian Kollmann: Süd-Tiroler Freiheit; Bildkomposition: SID

Am 28.11.1948 hatte die Südtiroler Volkspartei (SVP) mit 67,6% der Stimmen einen überragenden Erfolg errungen. Mit Recht wurde sie als Sammelpartei der Südtiroler angesehen.

Die Südtiroler Landtagswahlen brachten am 22. Oktober 2023 ein dramatisches Ergebnis. Nach 75 Jahren, am 22.9.2023, endete mit nur mehr 34,5% der Stimmen der bisherige Siegeslauf der SVP innerhalb der Volksgruppe, sie wurde im Vergleich zu 1948 halbiert. Viele Wähler hatten offenbar nicht mehr erkennen können, ob die SVP unter der Führung des Landeshauptmannes Arno Kompatscher (SVP) noch für andere Ziele als die Sicherung gut dotierter Mandate und Posten eintrete.

Landeshauptmann Arno Kompatscher hat stets seine Verbundenheit mit Rom und den Italienern betont. Hier sieht man ihn auf einem Alpini-Treffen in Bozen. Seinen deutschen und ladinischen Landsleute hat dies vielfach nicht so gut gefallen.
Landeshauptmann Arno Kompatscher hat stets seine Verbundenheit mit Rom und den Italienern betont. Hier sieht man ihn auf einem Alpini-Treffen in Bozen. Seinen deutschen und ladinischen Landsleute hat dies vielfach nicht so gut gefallen.

Der bekannte Südtiroler Toponomastik-Experte und Sprachhistoriker Cristian Kollmann hat über die derzeitige Situation in Südtirol nachstehende Analyse zur Verfügung gestellt. Er zeigt die Varianten der noch möglichen Koalitionen auf, die dem geschlagenen LH Arno Kompatscher (SVP) verbleiben.

Neuer Landtag in Südtirol – Kommt die Wende?

von Cristian Kollmann

Am 22. Oktober 2023 fanden in Südtirol Landtagswahlen statt. 16 Parteien waren angetreten und zwölf haben es in den Landtag geschafft. Nachstehend das Ergebnis für sie im Detail:

Die Sitzverteilung im Landtag grafisch dargestellt:

Das Ergebnis dieser Landtagswahl brachte ein Novum in der Geschichte Südtirols: Die regierende Südtiroler Volkspartei hat zum ersten Mal so viele Stimmen verloren, dass sie zum Regieren einen deutschen Koalitionspartner benötigt.

Dieses Novum war wohl der Hauptgrund dafür, dass über den Ausgang einer Südtiroler Landtagswahl, anders als in der Vergangenheit, in ganz Italien, aber auch in Österreich und Deutschland ausführlich berichtet wurde.

Ganz richtig ist überall davon die Rede, dass schwierige Koalitionsgespräche anstehen. Die potentiellen interethnischen Koalitionspartner (Team K, Grüne) haben nämlich keinen Italiener zu bieten.

Mindestens ein italienisches Regierungsmitglied ist aber erforderlich, weil laut Südtiroler Autonomiestatut die Sprachgruppen in der Landesregierung im selben Verhältnis wie im Landtag vertreten sein müssen.

Die Zahl der italienischen Kandidaten, die es bei dieser Wahl in den Landtag geschafft haben, beläuft sich auf fünf und ist damit vergleichsweise niedrig. Bei der letzten Landtagswahl waren es acht. Fünf Abgeordnete von insgesamt 35 machen in Prozent 14,29 aus. Wenn man davon ausgeht, dass die künftige Südtiroler Landesregierung so wie bisher aus neun Mitgliedern besteht, geht sich bei 14,29 Prozent ein italienischer Abgeordneter aus (mathematisch exakt wären dies 1,29).

Portal des Südtiroler Landtages in Bozen
Portal des Südtiroler Landtages in Bozen

Welche Koalitionen sind möglich?

Umgehend nach dem Wahlergebnis wurden medial alle möglichen Koalitionsszenarien durchgespielt. Da der Südtiroler Landtag 35 Abgeordnete stellt, braucht es für eine Regierungsmehrheit mindestens 18 Simmen. Für die Südtiroler Volkspartei hat es nur für 13 Mandate gereicht, zwei weniger als bisher.

Eine einzige italienische Partei als Partner für eine mehrheitsfähige Regierung reicht aber nicht, weil die stärkste italienische Partei, die Fratelli d’Italia, nur zwei Stimmen beisteuern kann.

Mit nationalistischen Aktionen gegen Südtirol hat sich die Fratelli-Vorsitzende und jetzige Ministerpräsidentin Giorgia Meloni in Südtirol allerdings nicht besonders beliebt gemacht
Mit nationalistischen Aktionen gegen Südtirol hat sich die Fratelli-Vorsitzende und jetzige Ministerpräsidentin Giorgia Meloni in Südtirol allerdings nicht besonders beliebt gemacht

Mögliche, jedoch wenig realistische Dreierkoalitionen

Zum ersten Mal in der Geschichte Südtirols ist eine Zweierkoalition nicht mehr möglich. Rein technisch möglich wären dagegen folgende Dreierkoalitionen:

  • Südtiroler Volkspartei (13), Team K (4), Fratelli d’Italia (2): 19 Simmen;
  • Südtiroler Volkspartei (13), Süd-Tiroler Freiheit (4), Fratelli d’Italia (2): 19 Stimmen.

Allerdings sind beide Koalitionsvarianten wenig realistisch. Zu groß sind nämlich die ideologischen Differenzen zwischen den faschistischen Fratelli d’Italia und dem Team K bzw. der Süd-Tiroler Freiheit. Andererseits stünde diese Koalition zahlenmäßig auf einigermaßen stabilen Beinen, denn die Regierungsparteien hätten immerhin um zwei Stimmen die Mehrheit.

Mit solchen Plakaten hat sich die Süd-Tiroler Freiheit bei den neofaschistischen Fratelli d’Italia nicht sonderlich beliebt gemacht
Mit solchen Plakaten hat sich die Süd-Tiroler Freiheit bei den neofaschistischen Fratelli d’Italia nicht sonderlich beliebt gemacht

Viererkoalition unumgänglich

Um eine stabile Mehrheit zu bekommen, ist eine Viererkoalition unumgänglich. Die Konstellationen, aus denen sich eine Viererkoalition ergeben könnte, sind, rein technisch betrachtet, vielfältig und folglich politisch komplizierter. Jedem der Koalitionspartner müsste die Südtiroler Volkspartei mindestens einen Landesregierungssitz zugestehen, was letztlich für die Volkspartei selbst weniger Sitze bedeuten würde. Nachstehend werden vier Szenarien einer Viererkoalition durchgespielt.

Viererkoalition, Szenario 1: Südtiroler Volkspartei, Grüne, Partito Democratico, La Civica

Grundsätzlich muss sich die Südtiroler Volkspartei entscheiden, ob sie eine Koalition nach links oder nach rechts will. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Landeshauptmann Arno Kompatscher immer schon mit den Grünen sympathisierte. Doch um mit den Grünen zumindest hauchdünn regieren zu können, werden zwei weitere Sitze benötigt, die nur die beiden linken Parteien Partito Democratico und La Civica beisteuern können, demnach: Südtiroler Volkspartei (13), Grüne (3), Partito Democratico (1), La Civica (1).

Viererkoalition, Szenario 1: Südtiroler Volkspartei, Grüne, Partito Democratico, La Civica
Viererkoalition, Szenario 1: Südtiroler Volkspartei, Grüne, Partito Democratico, La Civica

Gemeinsam hätte man dann eine hauchdünne Regierungsmehrheit von 18 Stimmen. Von den neun Sitzen in der Landesregierung würden dann aller Wahrscheinlichkeit zwei die Grünen und je einen die beiden italienischen Parteien für sich reklamieren. Für die Südtiroler Volkspartei blieben dann nur noch fünf Regierungssitze übrig, während es in der bisherigen Koalition mit der Lega, die zwei Landesräte stellte, noch sieben waren.

Viererkoalition, Szenario 2: Südtiroler Volkspartei, Team K, Partito Democratico, La Civica

Eine stabilere Mitte-links-Regierung ergäbe sich, wenn die Südtiroler Volkspartei statt den Grünen das um einen Sitz stärkere Team K ins Boot holen würde, weil sich dann mit 19 Stimmen eine Regierungsmehrheit ergäbe.

Demnach: Südtiroler Volkspartei (13), Team K (4), Partito Democratico (1), La Civica (1)

Viererkoalition, Szenario 2: Südtiroler Volkspartei, Team K, Partito Democratico, La Civica
Viererkoalition, Szenario 2: Südtiroler Volkspartei, Team K, Partito Democratico, La Civica

Viererkoalition, Szenario 3: Südtiroler Volkspartei, Fratelli d’Italia, die Freiheitlichen, Lega

So sehr sich Arno Kompatscher eine Mitte-links-gerichtete Landesregierung wünschen würde, so sehr beschäftigt ihn gewiss auch der Gedanke, dass eine solche Regierung mit jener in Rom nicht kompatibel wäre.

Wenn Arno Kompatscher eines ist, dann romgefällig – egal, wer gerade dort am Ruder ist.

Und das ist aktuell nun einmal ganz klar eine Rechtsregierung. Gerade die in Rom regierenden und nach wie vor faschismusaffinen Fratelli d’Italia haben sich im Landtagswahl besonders interessiert an einer Koalition mit der Südtiroler Volkspartei gezeigt.

Auch die Südtiroler Tageszeitung „Dolomiten“ publizierte noch am Tag vor der Landtagswahl ein Propagandainterview mit der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Kritische Fragen – etwa warum sie im Jahr 2014 den Südtirolern nahelegte, sie mögen doch nach Österreich auswandern, wenn sie sich mit der italienischen Trikolore nicht identifizieren wollen – bekam die Ministerpräsidentin freilich nicht gestellt.

Im August 2022 war ein Video im Internet aufgetaucht, in welchem Giorgia Meloni erklärte, dass Mussolini ein guter Politiker gewesen sei.
Im August 2022 war ein Video im Internet aufgetaucht, in welchem Giorgia Meloni erklärte, dass Mussolini ein guter Politiker gewesen sei.

Mittlerweile ist Frau Meloni ja angeblich staatstragend und gemäßigt. Dieses Bild wollen zumindest die etablierten Medien vermitteln. Ob dies das Südtiroler Volk und vor allem die Wähler der Südtiroler Volkspartei tatsächlich auch so sehen, ist fraglich. Und genau das bringt Arno Kompatscher in die Zwickmühle. Um seine neuen römischen „Freunde“ in Rom nicht vor den Kopf zu stoßen, täte er aus seiner Sicht gut daran, die Fratelli d’Italia in die Südtiroler Landesregierung zu holen.

Doch um eine Regierungsmehrheit zu erreichen, benötigt er weitere rechte Partner, von denen auf deutscher Seite die Freiheitlichen (die mit zwei Sitzen konstant geblieben sind) und auf italienischer Seite sowohl die Fratelli d’Italia (die von einem Sitz auf zwei Sitze zugelegt haben) als auch die Lega (die von vier Sitzen auf einen Sitz geschrumpft ist) die meisten Synergien hätten.

Eine derartige Mitte-rechts-gerichtete Regierung hätte dann die denkbar knappste Mehrheit von 18 Stimmen, demnach:

Südtiroler Volkspartei (13), Fratelli d’Italia (2), Freiheitliche (2), Lega (1).

Viererkoalition, Szenario 3: Südtiroler Volkspartei, Fratelli d’Italia, die Freiheitlichen, Lega
Viererkoalition, Szenario 3: Südtiroler Volkspartei, Fratelli d’Italia, die Freiheitlichen, Lega

Wie eine Regierung mit den Grünen wäre auch diese Regierung auf Grund der Mehrheit von lediglich einer Stimme höchst instabil.

Daher ist es fraglich, ob Arno Kompatscher dieses Risiko eingehen möchte. Und zudem: Wie groß wäre der Rückhalt in der Bevölkerung für eine Südtiroler Landesregierung, in der, genau nach 100 Jahren seit der Machtergreifung der Faschisten, ausgerechnet deren ideologische Enkel sitzen?

Viererkoalition, Szenario 4: Südtiroler Volkspartei, Süd-Tiroler Freiheit, die Freiheitlichen, Lega

Man kann es drehen und wenden, wie man will: eine tragfähige Regierung in Südtirol scheint außer Reichweite – so zumindest für Arno Kompatscher. Doch bei genauerem Hinschauen stellt man fest, dass das eigentliche Problem nicht beim Wahlergebnis liegt, sondern woanders: bei Kompatscher selbst. Wenn er weniger romgefällig wäre und dafür aber mehr Patriotismus für (Süd-)Tirol empfinden würde, sähe Kompatscher auch die naheliegendste Lösung: eine Koalition seiner Partei mit der Süd-Tiroler Freiheit, den Freiheitlichen und der Lega, demnach:

Südtiroler Volkspartei (13), Süd-Tiroler Freiheit (4), Freiheitliche (2), Lega (1).

Viererkoalition, Szenario 4: Südtiroler Volkspartei, Süd-Tiroler Freiheit, die Freiheitlichen, Lega
Viererkoalition, Szenario 4: Südtiroler Volkspartei, Süd-Tiroler Freiheit, die Freiheitlichen, Lega

Mit insgesamt 20 Stimmen hätte diese Regierung eine Mehrheit um sogar 2 Stimmen, wobei allein schon die deutschen Parteien, da mit 19 Stimmen ausgestattet, bereits von sich aus eine Mehrheit ausmachen würden und de facto auf die Stimme des laut Autonomiestatut zwingend vorgesehenen italienischen Landesrats gar nicht angewiesen wären.

Kompatscher könnte argumentieren: Mit der Lega als italienischen Partner bliebe sein direkter Draht zur italienischen Regierung aufrecht. Vor seinen Wählern würde er glaubwürdig erscheinen, weil er die nach wie vor faschistischen Fratelli d’Italia außen vor lässt. Zentrale Anliegen der Regierung könnten dann sein:

  • die Rückholung und der Ausbau der Autonomie;
  • die Forderung an Rom nach der Zuständigkeit für die Einwanderung;
  • umfassende Maßnahmen zum Heimatschutz, d.h. der deutschen und ladinischen Sprache, der muttersprachlichen Schulen, der historisch fundierten Ortsnamen;
  • die Forderung an Wien nach der doppelten Staatsbürgerschaft für die Südtiroler;
  • Maßnahmen für den Umweltschutz auf der Grundlage des gesunden Menschenverstandes.

Auf der Agenda des Regierungsprogramms mit dem unpatriotischen Team K und den antipatriotischen Grünen als Regierungspartner wären die genannten Programmpunkte wohl nicht zu finden, stattdessen regelrecht die gegenteiligen, die da wären:

  • weitere Aushöhlung der Autonomie durch Abschaffung des ethnischen Proporzes;
  • die Fortsetzung einer unkontrollierten Einwanderung und der Nicht-Abschiebung von kriminellen Ausländern;
  • die Ausweitung von gemischtsprachigen Schulen und damit langfristig die Abschaffung der muttersprachlichen Schulen;
  • die schnelle Vergabe der italienischen Staatsbürgerschaft an Ausländer (wofür allerdings der Staat zuständig wäre), aber die Verweigerung der doppelten Staatsbürgerschaft für die Südtiroler;
  • Maßnahmen gegen den Klimawandel, die zwar nicht effizient sind, dafür aber zu einer noch drastischeren Bevormundung, Verarmung und Überwachung der Bürger führen – siehe Beispiel Deutschland.

Bei einer Viererkoalition mit der Süd-Tiroler Freiheit als größter Juniorpartner läge der Fokus eindeutig auf den patriotischen Themen und somit auf der Stärkung der Identität der Südtiroler.

Doch kann dies im Sinne der Lega sein? Zustimmung wäre sicher zu erwarten, wenn es darum geht, das Migrationsproblem und die damit einhergehende hohe Kriminalitätsrate in den Griff zu kriegen.

Die Leidtragenden dieses Problems sind ja nicht ausschließlich die Südtiroler, sondern alle redlichen Bürger, unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit. Und was ist mit der Rückholung der verloren gegangenen autonomen Kompetenzen bzw. dem Ausbau der Autonomie? Wäre dafür die Lega zu gewinnen? Es sei daran erinnert, dass die Lega ursprünglich den Föderalismus hochhielt und sich sogar für die Selbstbestimmung der Völker aussprach. Das ist lange her, und die Lega ist zu einer gewöhnlichen zentralistischen und mitunter auch nationalistischen Partei geworden.

Andererseits behaupten, wenn es um Südtirol geht, nicht nur die Lega, sondern auch die Fratelli d’Italia autonomiefreundlich zu sein. Was konkret damit gemeint ist, könnte die Lega in einer Regierung, wo sie von den deutschen Parteien jederzeit überstimmt werden könnte, unter Beweis stellen. Dasselbe gilt für die patriotischen Kernthemen der Süd-Tiroler Freiheit. Als zweitstärkster Koalitionspartner könnte sie klare Forderungen stellen, und es wäre interessant zu sehen, wie weit die Lega, damit sie mitregieren kann, zu einem Entgegenkommen bereit wäre.

Sven Knoll, Landtagsabgeordneter und Mitglied der Landesparteileitung der Süd-Tiroler Freiheit
Sven Knoll, Landtagsabgeordneter und Mitglied der Landesparteileitung der Süd-Tiroler Freiheit

Sven Knoll, die Gallionsfigur der Süd-Tiroler Freiheit, der als Landeshauptmann-Kandidat angetreten war, hat von allen Kandidaten südtirolweit am drittmeisten Vorzugsstimmen erhalten (25.290, zum Vergleich zu 2018: 9.118) – nach Arno Kompatscher (58.771; zum Vergleich 2018: 68.210) und dem neuen Kandidaten der Südtiroler Volkspartei, Hubert Messner (30.605).

Auf Grund nicht nur des sehr guten Wahlergebnisses für die Süd-Tiroler Freiheit (die von 2 Sitzen auf 4 Sitzen zugelegt hat), sondern auch auf Grund des sehr guten Wahlergebnisses für Sven Knoll persönlich, würde ihm, demokratiepolitisch betrachtet, das Amt eines Landesrates eindeutig zustehen. Doch spielen demokratiepolitische Faktoren gerade bei der Ernennung von Koalitionspartnern und der Zuweisung von Regierungsämtern bekanntlich sehr selten eine Rolle.

Fünferkoalition, nur zum Machterhalt?

So wird auch Arno Kompatscher sich von strategischen Überlegungen leiten lassen. Aus seiner Sicht mag es auch verständlich sein, dass er möglichst wenig von seiner Macht abgeben und sich in Rom bloß keine Feinde schaffen will. Genau genommen kann er dies nur dadurch erreichen, indem er sowohl die Fratelli d’Italia als auch die Lega ins Boot holt.

 

Von deutscher Seite könnte er die Freiheitlichen hinzuziehen, und damit seine Regierung auf eine Mehrheit von 19 Stimmen kommt, zusätzlich von italienischer Seite La Civica, demnach:

Südtiroler Volkspartei (13), Fratelli d’Italia (2), die Freiheitlichen (2), Lega (1), La Civica (1).

Fünferkoalition: Südtiroler Volkspartei, Fratelli d’Italia, die Freiheitlichen, Lega, La Civica.
Fünferkoalition: Südtiroler Volkspartei, Fratelli d’Italia, die Freiheitlichen, Lega, La Civica.

Neben den Freiheitlichen müssten dann natürlich auch alle drei italienischen Partner in der Landesregierung mit einem Posten versorgt werden, obwohl es für die Landesregierung nur einen Italiener benötigen würde. Für die Südtiroler Volkspartei blieben dann um so weniger Posten übrig, und die Italiener wären in der Landesregierung überproportional zum Landtag vertreten. Eine Fünferkoalition ist zudem freilich noch schwerer regierbar als eine Dreierkoalition, und die überproportionale Vertretung der Italiener könnte viele Südtiroler vor den Kopf stoßen.

Alles ist möglich, sicher ist nur eines

Zum jetzigen Zeitpunkt scheint noch alles möglich zu sein. Egal, welche Regierung Südtirol bekommen wird, sicher ist nur eines: Die Südtiroler Volkspartei muss zum ersten Mal in ihrer Geschichte auf die anderen deutschen Parteien zugehen.

Das ist schon einmal ein Anfang der Wende. Wenn Arno Kompatscher stattdessen es vorzieht, die deutschen Parteien hintanzustellen und sich noch mehr als bisher mit seinen italienischen „Freunden“ anzubiedern, dann wird seine Partei noch weiter abstürzen und die Süd-Tiroler Freiheit wird noch weiter zulegen.

Aus dem Anfang vom Ende der Südtiroler Volkspartei würde dann die Fortsetzung. Und aus dem Anfang der Wende für die patriotischen Kräfte würde dann ebenso die Fortsetzung.




Ein neues bedeutendes Tiroler Geschichtswerk

Vor Kurzem stellte der ehemalige Nationalratsabgeordnete und FPÖ-Südtirolsprecher Werner Neubauer BA MA auf einer Pressekonferenz in Bozen und auf einer Veranstaltung in Gries-Bozen sein neues Buch vor. Es ist ein Geschichtswerk, an welchem der Verfasser, der Südtirol zu seiner zweiten Heimat neben Oberösterreich erkoren hat, mehr als zwei Jahre lang gearbeitet hat. Neubauer, welcher selbst Mitglied der Schützenkompanie Gries ist, hat aus Archiven bislang unbekannte Dokumente zu Tage gefördert und prächtige Bilder zur Geschichte der Tiroler Landesverteidigung insgesamt beigestellt.

Auf der Pressekonferenz in Bozen erklärte Werner Neubauer ausführlich sein neues Werk.

Buchvorstellung auf der Pressekonferenz. V. l. n. r.: Verleger Elmar Thaler, Autor Werner Neubauer, Hauptmann Alexander Corradini
Buchvorstellung auf der Pressekonferenz. V. l. n. r.: Verleger Elmar Thaler, Autor Werner Neubauer, Hauptmann Alexander Corradini

Die Tageszeitung „Dolomiten“ berichtete am 23. September 2023 ausführlich über das neue Geschichtswerk.
Die Tageszeitung „Dolomiten“ berichtete am 23. September 2023 ausführlich über das neue Geschichtswerk.

Diese neue Geschichtswerk schildert anhand der Geschichte der Grieser Kompanie die Entstehung und das Werden der Tiroler Wehrhaftigkeit und Landesverteidigung insgesamt. Es ragt in seiner Bedeutung damit weit über den lokalen Rahmen von Gries hinaus und ist eine Fundgrube des Wissens für Jeden, der sich mit der Tiroler Geschichte befasst.

600 Jahre Grieser Wehrhaftigkeit als Teil der Tiroler Landesverteidigung

Autor: Werner Neubauer
Format: 26 x 23,5 cm
Seiten: 530
Effekt-Verlag Neumarkt/Südtirol
30.00 €

Hier gelangt man auf die Bestellseite des Effekt-Verlages:
https://www.effekt.it/produkt/600-jahre-grieser-wehrhaftigkeit-als-teil-der-tiroler-landesverteidigung/

Buchbesprechung von Dr. Franz Pahl

Dr. Franz Arthur Pahl, von Beruf Lehrer, war von 1976 bis 1979 Landesjugendsekretär der Südtiroler Volkspartei (SVP). Von 1983 bis 2008 war er Abgeordneter im Südtiroler Landtag und im Regionalrat Trentino-Südtirol. Er hatte einige Jahre lang die Ämter des Vizepräsidenten der Regionalregierung und des Präsidenten des Regionalrats inne.

Journalistisch war Dr. Franz Pahl als Herausgeber der Wochenzeitung „Der Tiroler“ und des „Südtiroljournals“ sowie als Redakteur bei „Radio Südtirol“ tätig. Er hat auch eine Reihe von politischen Beiträgen in der Tageszeitung „Dolomiten“ veröffentlicht. Er folgt stets einer klaren volkstumspolitischen Linie, die er klar und deutlich vertritt. Er hat über Neubauers neuestes Werk nachstehende Buchbesprechung verfasst.

600 Jahre Grieser Wehrhaftigkeit als Teil der Tiroler Landesverteidigung

Ein Beitrag von Dr. Franz Pahl

Der Kunstwissenschaftler und Autor Werner Neubauer BA MA, Nationalratsabgeordneter a. D., ist der langjährige Südtirolsprecher der FPÖ und ein besonders treuer Freund und Kenner Südtirols.

Mit seinem Werk „600 Jahre Grieser Wehrhaftigkeit als Teil der Tiroler Landesverteidigung“ hat er eine Tirolensie von besonderer Bedeutung geschaffen.

Tirol im Blickpunkt

Im Mittelpunkt steht die Grieser Schützenkompanie mit ihrer großen Tradition. Im Tiroler Gedenkjahr 1984 gab sie sich den Namen Josef Eisenstecken, genannt der „Badlwirt“, der einer der bedeutenden Offiziere Andreas Hofers war. Der Verfasser bettet die Geschichte der Grieser Schützen in die gesamte Tiroler Geschichte und in die Geschichte Südtirols seit 1919 ein, als die Südtirolfrage als politische Frage entstand, die bis heute keine wirkliche Lösung gefunden hat.

Aus „600 Jahre Grieser Wehrhaftigkeit“
Aus „600 Jahre Grieser Wehrhaftigkeit“

Grieser Schützen nahmen an allen Verteidigungskriegen teil

Viele Einzelaussagen verdeutlichen das Selbstverständnis der Grieser Schützen, die stellvertretend für viele andere Schützenkompanien stehen, die in der Freiheits- und Verteidigungsgeschichte Tirols eine bedeutende Rolle spielten.

Aus „600 Jahre Grieser Wehrhaftigkeit“
Aus „600 Jahre Grieser Wehrhaftigkeit“

Der Verfasser geht chronologisch vor. Herausragende historische Ereignisse, bei denen sich die Tiroler Schützen bewährten, sind die großen Bedrohungen der Tiroler Freiheit 1703 durch die Bayern, in den Franzosenkriegen von 1796-97, von 1809, 1848, 1866 und schließlich 1915, als Italien gegen Österreich in den Krieg eintrat.

 Das Landlibell von Kaiser Maximilian von 1511

Die Geschichte der Grieser Schützen beginnt schon vor dem Landlibell von 1511 von Kaiser Maximilian. Dieses Gesetz über die Tiroler Wehrordnung regelte umfassend die Rolle des Landesaufgebotes, das auf Freiwilligkeit beruhte.

Das „Landlibell“ von 1511 und die älteste Fahne der Schützenkompanie Gries etwa aus dem Jahre 1700. (Bilder aus „600 Jahre Grieser Wehrhaftigkeit“)
Das „Landlibell“ von 1511 und die älteste Fahne der Schützenkompanie Gries etwa aus dem Jahre 1700. (Bilder aus „600 Jahre Grieser Wehrhaftigkeit“)

Die Entstehung des Grieser Schützenwesen reicht aber bereits in das Jahr 1420 zurück. Sie stellten sich auf die Seite des Landesherrn, des Herzogs Friedrich IV, der den widerspenstigen Adel bekämpfte und darum auch die Burg Greifenstein oberhalb von Siebeneich belagerte. Die Entstehungsgeschichte ist wenig belegt. Besonders unter dem Faschismus gingen Dokumente verloren. Die Tiroler Gerichte, heute würde man sagen Bezirke, führten die Schützenregister.

In der Schlacht von Calliano und im bairisch-pfälzischen Erbfolgekrieg 1504 waren Grieser Schützen Teil der Tiroler Streitmacht bei der Belagerung von Kufstein, das damals noch zu Bayern gehörte. Dieser Krieg schrieb österreichische Geschichte. Das Habsburgerreich vergrößerte sich um Kufstein, Rattenberg und Kitzbühel. In der Schlacht von Calliano  am 10. August 1487 während des Krieges Kaiser Maximilians gegen die Dogenrepublik Venedig zeichneten sich die Grieser Schützen besonders aus. Der Krieg brachte Tirol eine Gebietserweiterung mit Ala, Avio und Brentonico.

Aus „600 Jahre Grieser Wehrhaftigkeit“
Aus „600 Jahre Grieser Wehrhaftigkeit“

Bereits 1636 wurde das Landesdefensionwerk, die Ordnung der Landesverteidigung, der Zeit angepasst. Die demokratischen Gepflogenheiten blieben aber bestehen. In den Jahren der ersten Abwehr der Franzosen diente Josef Eisenstecken als Soldat und kehrte 1802 in die Heimat zurück. Ab 1802 trafen sich beim „Badlwirt“ die Tiroler Patrioten zu politischen Gesprächen. Sie nahmen langsam konspirative Gestalt an, denn Österreich trat im Pressburger Frieden von 1805 Tirol an Bayern ab.

Josef Eisenstecken – Ein Held in den Freiheitskriegen

Major Josef Eisenstecken wurde im Kreis um Andreas Hofer zu einem bedeutenden Befehlshaber der Tiroler Streitmacht gegen die bayrisch-französischen Bataillone. Der kaiserliche Intendant Hormayr erkannte in Eisenstecken einen begabten Offizier und ernannte ihn zu seinem Adjutanten. In der Berg-Isel-Schlacht vom 25. bis zum 29. Mai 1809 führte Eisenstecken ein starkes Tiroler Kontingent von 5.000 Mann in den Kampf. Seiner Führung war ein guter Teil des Sieges zu verdanken.

Aus „600 Jahre Grieser Wehrhaftigkeit“
Aus „600 Jahre Grieser Wehrhaftigkeit“

Im Oktober 1809 wurde Eisenstecken zum Kommandanten für das südliche Tirol ernannt. Damit unterstanden ihm auch die Grieser Schützen. Bei Lavis gerieten sie in einen Hinterhalt. 40 Grieser Schützen verloren bei diesem heldenhaften Kampf ihr Leben. Dem Verfasser ist es gelungen, die Namen zu einem größeren Teil aufzulisten.

1810 floh Eisenstecken nach Wien. Willkürliche Verhaftungen und zahlreiche Erschießungen von gefangenen Tiroler Offizieren und auch einfachen Kämpfern ließ es mehr als geraten erscheinen, sich der Gefahr durch die Flucht nach Österreich zu entziehen. Eisenstecken blieb aber mit Hormayr in Verbindung und stieß damit auch zum Kreis von Erzherzog Johann, dem Freund der Tiroler von Anfang an, der versuchte, eine österreichische Kriegserklärung gegen Napoleon herbeizuführen.

Nach der Niederlage Napoleons in Russland und noch vor der weiteren Niederlage Napoleons in der Drei-Kaiser-Schlacht von Leipzig vom 16. bis 19. Oktober 1813 begann die Befreiung Tirols. Eisenstecken nahm daran als „Obrist Wachtmeister“ (alte Form von Major) teil und organisierte die Verteidiger von Welschtirol bis Lienz. Von dort aus drang er bis Toblach und Welsberg vor. Am 4. Oktober zog er in Bruneck ein. Am 10. Oktober kam er nach Bozen. Am 31. Oktober 1813 war Tirol von den Franzosen befreit. Napoleon war es nach der verlorenen Völkerschlacht bei Leipzig nicht mehr möglich, frische Truppen nach Tirol zu entsenden.

Grieser Schützen hielten die Wacht an der Südfront

1848, als sich Österreich im Krieg gegen das Königreich Piemont befand, standen die Grieser Schützen erneut im Einsatz zur Verteidigung der Südgrenze. Als jedoch Feldmarschall Radetzky in der Schlacht von Custozza am 25. Juli 1848 siegte, bestand für Tirol keine Gefahr mehr.

Als der 1. Weltkrieg begann, blieb Italien zunächst neutral. Den Seitenwechsel zu den Entente-Mächten in Geheimverhandlungen in London ahnte man schon Wochen vor der formellen italienischen Kriegserklärung im Mai 1915. Die Grieser Schützen trafen schon am 21. Mai 1915 in der deutschen Sprachinsel Vielgereut ein. Bis zum Durchbruch 1917 kämpften sie an der Südfront.

Der berühmte Tiroler Maler Egger-Lienz rückte im Alter von 47 Jahren freiwillig bei den Grieser Standschützen ein, um die Südfront gegen Italien verteidigen zu helfen. (Aus „600 Jahre Grieser Wehrhaftigkeit“)
Der berühmte Tiroler Maler Egger-Lienz rückte im Alter von 47 Jahren freiwillig bei den Grieser Standschützen ein, um die Südfront gegen Italien verteidigen zu helfen. (Aus „600 Jahre Grieser Wehrhaftigkeit“)

Die Grieser Schützen im Faschismus

Die Zeitgeschichte mit dem Beginn des Faschismus in Italien und den Auswirkungen auf Südtirol sind in mehreren Kapiteln geschildert. In den Nachkriegsjahren konnte das Südtiroler Schützenwesen neu entstehen. Die Zeit nach der „Feuernacht“ vom 12. auf den 13. Juni 1961, in der die Attentatswelle gegen faschistische Staatssymbole und Hochspannungsleitungen losbrach, werden besonders unter der Rücksicht auf die staatliche Repression, die blinde Verfolgung, Hetze, Folterungen, Morde und Schauprozesse geschildert.

Wiedergründung der Grieser Schützen

Der Verfasser stellt die Grieser Schützen in den Rahmen der Tiroler Wehrgeschichte. Nach dem Ersten Weltkrieg gab es keine bewaffnete Landesverteidigung mehr. Der Faschismus mit seinem schlechten Gewissen und seiner Angst vor jeder Freiheitsregung verbot jede bewaffnete Einheit. Bald verbot er das Schützenwesen und löste seine Formationen auf. Erst am 3. Jänner 1959 gelang der Grieser Schützenkompanie endgültig die Wiedergründung, gerade noch rechtzeitig wenige Jahre vor der Südtiroler „Feuernacht“, nach der die staatliche Repression unter Innenminister Scelba die Verbote seines Vorgängers Segni noch verstärkte.

Aus „600 Jahre Grieser Wehrhaftigkeit“
Aus „600 Jahre Grieser Wehrhaftigkeit

Dank an den Verfasser

Das Werk ist bestens recherchiert. Der Verfasser forschte in den Archiven in Wien, Innsbruck und Bozen. Er hat Dokumente gefunden und aufgearbeitet, die bis heute kein anderer Forscher für die Tiroler Geschichte in den Blick genommen hat. Das Wiener Staatsarchiv, dessen Bestand alle Zeitläufte überstanden hat, war eine unerschöpfliche Fundgrube. Vier Jahrhunderte sind die Grieser Schützen als Teil des Landesaufgebotes zur Verteidigung Tirols ins Feld gerückt und haben sich als Landesverteidiger verdient gemacht.

Dem Verfasser Neubauer ist zu danken für dieses exemplarische Werk mit seiner klaren historischen Darstellung des Tiroler Verteidigungsverständnisses, das seinesgleichen im europäischen Mittelalter sucht. Das Landlibell ist eine europäische Einzigartigkeit auf demokratischer Grundlage, wie man heute oft sagt. Der Begriff „Demokratie“ war damals sprachlich noch nicht geboren. In der Sache war er aber schon im Tiroler Selbstverständnis vorhanden. Die Schweizer Eidgenossenschaft hatte sich  in der Schlacht von Sempach am 9. Juli 1386 dem habsburgischen Ritterheer entgegengestellt. Das Ende der habsburgischen Herrschaft nahte. Die Schweiz entstand nach und nach als demokratisches Staatswesen. Tirol und die Eidgenossenschaft wurden aber nicht zu Freunden. Sie sind aber europäische Beispiele des wehrhaften Freiheitswillens.

Werner Neubauer, der Südtirol zu seiner zweiten Heimat erwählt hat, ist Mitglied der Schützenkompanie Gries.
Werner Neubauer, der Südtirol zu seiner zweiten Heimat erwählt hat, ist Mitglied der Schützenkompanie Gries.

Dem Verfasser Werner Neubauer BA MA ist ein herausragendes Werk über die Tiroler Landesverteidigung mit besonderer Berücksichtigung der Grieser Schützen zu danken. Der Verfasser ist Kunsthistoriker, doch ebenso fundierter Historiker mit reicher politischer Erfahrung als ehemaliger Abgeordneter zum Nationalrat und Südtirolsprecher seiner Partei, der FPÖ. Es war sein Verdienst, dass das Koalitionsprogramm der ÖVP-FPÖ-Regierung 2017 die Verpflichtung einging, den Südtirolern die Wiederverleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft anzubieten. Es kam nicht mehr dazu, weil  die Koalition wegen der politischen Turbulenzen nach einem illegal aufgenommenen und fingierten Interview von Parteiobmann Strache in Ibiza zerbrach. Eine beispiellose linke Medienhetze, die sich moralisch aufplusterte, sorgte für das Zerbrechen der Regierung. Damit konnte Innenminister Kickl sein Vorhaben eines Gesetzes zur Wiederverleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an Südtiroler nicht mehr in Angriff nehmen.

Werner Neubauer ist ein Beispiel eines engagierten Politikers und Fachmannes mit besonderen Verdiensten für Südtirol als Teil des österreichischen Vaterlandes.




Vor 660 Jahren wurde Tirol mit Österreich vereint

Das Wappen Tirols (Bild vom Altar des Schlosses Tirol um 1370).

Nachstehende Pressemitteilung hat der von ehemaligen politischen Häftlingen gegründete „Südtiroler Heimatbund“ (SHB), der für die Selbstbestimmung Südtirols eintritt, an die Medien versandt. Die Internetplattformen „Unser Tirol 24“  und „Südtirol-News“ haben diese Mitteilung auch veröffentlicht.

Um 1250 hatte Graf Albert von Tirol das Land zu einer Einheit zusammengeschlossen. Seine Stammburg Tirol gab dem Land den Namen und sein Wappen. Der rote Adler in den Farben des Reiches wurde das Wappen Tirols.

Margarethe Maultasch (zeitgenössischer Stich)
Margarethe Maultasch (zeitgenössischer Stich)

Die spätere Erbin Margarethe Maultasch war kaum regierungsfähig und so huldigten die versammelten Stände Tirols am 11. September 1363 dem Herzog Rudolf von Österreich als Landesherrn. Margarethe Maultasch dankte feierlich ab und reiste nach Wien, wo sie bis zu ihrem Tode lebte.

Herzog Rudolf von Österreich (zeitgenössischer Stich)
Herzog Rudolf von Österreich (zeitgenössischer Stich)

Am 29. September 1363 wurde die Übergabeurkunde ausgestellt, an welcher die Siegel von Margarethe Maultasch und von 14 Tiroler Landesherren hängen. Damit ging die Grafschaft Tirol auf das Haus Habsburg über. Diese Urkunde befindet sich heute im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien.

Die Übergabeurkunde vom 29. September 1363 (Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien)
Die Übergabeurkunde vom 29. September 1363 (Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien)

Am 29. September 1963 gedachte das Volk von Tirol in Innsbruck dieses bedeutenden Ereignisses mit der Enthüllung eines Gedenksteines und mit würdigen Feiern. Der Landeshauptmann von Nordtirol, Eduard Wallnöfer, erklärte in seiner Festrede: „Auf diese festliche Stunde fallen schwere Schatten: Nicht dem ganzen Tiroler Volk wurde nach 1918 die freie Entscheidung seiner Zukunft gegönnt. Entgegen der feierlich proklamierten Selbstbestimmung wurde der Süden des Landes durch die Siegermächte wider das Recht und wider die Geschichte gewaltsam abgetrennt und dem Nationalstaat Italien zwangsweise eingegliedert. Wir alle kennen den Leidensweg, den das Südtiroler Volk in den zwanziger und dreißiger Jahren, insbesondere unter der faschistischen Herrschaft, gehen musste.“

An den Feiern und an dem Festzug in Innsbruck nahmen mehr als 30.000 Menschen teil, die wie die ÖVP-Zeitung „Volksblatt” meldete, immer wieder in den Ruf “Freiheit für Südtirol” ausbrachen.

Auch heute bekennen wir, dass wir den Tag herbeisehnen, an dem das ganze Tirol wieder mit Österreich vereint sein wird.

Roland Lang

Roland Lang
Obmann des Südtiroler Heimatbundes SHB




Die nicht abgesicherte Autonomie und das Versagen führender Politiker

Bild Durnwalder: Von Quirinale.it, Attribution, Link; Bild Kompatscher: By Foto: Dragan Tatic, BM für Europa, Integration und Äußeres, CC BY 2.0, Link; Bildcollage: SID 

Ein erhellendes Gutachten

Dass das von Seiten einiger interessierter Parteipolitiker gerne als „weltbeste Autonomie“ gepriesene Südtiroler Autonomiestatut von 1972 in Wahrheit international-rechtlich nicht abgesichert ist, wissen Fachleute seit langem.

Univ. Prof. Dr. Franz Matscher
Univ. Prof. Dr. Franz Matscher

Bereits im Jahre 1992 hatte der international renommierte Salzburger Autonomiefachmann Univ. Prof. DDr. Franz Matscher in einem von der österreichischen Bundesregierung in Auftrag gegebenen Gutachten eine vernichtende Beurteilung der von ÖVP und SVP gepriesenen angeblichen „internationalen Verankerung“ der Südtirol-Autonomie getroffen.

Er hatte in sehr klaren Worten warnend festgestellt, dass mangels rechtlicher Absicherung nur in einigen wenigen Fällen von Autonomieverletzungen eine Klage vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) erfolgreich sein könnte. Diese Warnung wurde von der Bundesregierung schlicht ignoriert.

Österreich scheut bis heute den Gang zu dem IGH

Nach der 1992 abgegebenen österreichischen Streitbeilegungserklärungen setzten umgehend und bis heute fortlaufend die italienischen Autonomieaushöhlungen ein.

Bis heute scheut die österreichische Bundesregierung den Gang zum Internationalen Gerichtshof (IGH). Die Gefahr, eine solche Klage formalrechtlich zu verlieren, ist zu groß. Eine österreichische Niederlage vor dem IGH würde weiteren italienischen Eingriffen erst richtig Tür und Tor öffnen und der Öffentlichkeit zeigen, wie es um die „Schutzmachtrolle“ Österreichs in Bezug auf die Autonomie in Wahrheit bestellt ist.

Damit erklärt sich, weshalb Südtirol bei allen bisherigen Autonomie-Aushöhlungen von Österreich allein gelassen wurde und bis heute darauf angewiesen ist, in endlosem Kuhhandel durch Gegengeschäfte und gefällige Abstimmungen im römischen Parlament zu versuchen, jeweils zu retten, was zu retten ist.

Eine erschütternde Dokumentation

Im Jahre 2020 hatte der Jurist Dr. Matthias Haller in seiner rechtswissenschaftlichen Doktorarbeit dargelegt, dass rund die Hälfte aller Kompetenzbereiche der Südtiroler Autonomie bereits ausgehöhlt ist. (Mattias Haller: „Südtirols Minderheitenschutzsystem Grundlagen, Entwicklungen und aktuelle Herausforderungen aus völker- und verfassungsrechtlicher Sicht“, Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität Innsbruck 2020)

Aus Dolomiten“ vom 15. April 2022.
Aus Dolomiten“ vom 15. April 2022.

Für diese Arbeit erhielt Haller 2022 von der Silvius-Magnago-Akademie in Bozen den ersten Silvius-Magnago-Preis für wissenschaftliche Forschungsarbeiten über die Südtirol-Autonomie.

Kompatschers Jubelveranstaltung in Bozen

Die politischen Jubler in Wien und Bozen beeindruckte diese Dokumentation in keiner Weise und veranlasste sie zu keinen politischen Schritten gegenüber Rom.

Ganz im Gegenteil: Am 11. Juni 2022 fand im Bozner Stadttheater eine offizielle Jubelveranstaltung unter dem Titel „30 Jahre Streitbeilegung vor den Vereinten Nationen – Südtirols Autonomie als gemeinsame Verantwortung“ statt.

Dort schwangen Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP), der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) und der italienische Außenminister Luigi di Maio salbungsvolle Reden.

Aus: „Dolomiten“ vom 13. Juni 2022
Aus: „Dolomiten“ vom 13. Juni 2022

Landeshauptmann Kompatscher erklärte Südtirol-Autonomie zu einem „Vorzeigemodell“ und forderte in seltsamem Widerspruch dazu, dass man die verloren gegangenen Kompetenzen wieder herstellen müsse.

Außenminister Schallenberg erklärte, dass in Südtirol eine „Win-win-Situation“ auf einem einvernehmlichen bilateralen Weg geschaffen worden sei.

Außenminister Di Maio erklärte, dass Österreich und Italien eine tiefe Freundschaft verbinde.

Südtiroler Adler: Wo fliegst du hin?

Der bekannte Südtiroler Toponomastik-Experte und Sprachhistoriker Cristian Kollmann hat uns über die derzeitige Situation in Südtirol nachstehenden aufschlussreichen Bericht zur Verfügung gestellt:

Historische Postkarte aus den 1920er Jahren
Historische Postkarte aus den 1920er Jahren

Am 22. September 2023 stehen in Südtirol Landtagswahlen an. Seit 2013 steht diesem Tiroler Landesteil, der seit 1920 zu Italien gehört, Arno Kompatscher als Landeshauptmann vor. Obwohl er zu Anfang gelobte, dieses Amt nur für zwei Legislaturperioden und somit für insgesamt zehn Jahre bekleiden zu wollen, will Kompatscher es nun dennoch erneut wissen. Wird er auch diesmal Erfolg haben? Wohin soll die Reise gehen?

Eine Analyse von Cristian Kollmann

Arno ist eigentlich ein perfekter Name für Südtirol, denn Arno stammt aus dem Althochdeutschen und bedeutet ‘Adler’. Doch wie war die Flugroute dieses „Arno“ während seiner zehnjährigen Regentschaft? Nun, ihm ist es durchaus gelungen, dem Land seinen persönlichen Anstrich zu verpassen:

  • Südtirol ist ein weiteres Stück italienischer geworden.
  • Der Faschismus ist staatstragender und SVP-tauglicher geworden.
  • Der Ausländeranteil ist weiter angestiegen, ebenso die Ausländerkriminalität.
  •  Die Südtiroler Volkspartei bekämpft nicht nur, so wie bereits in der Vergangenheit, die Selbstbestimmung für Südtirol, sondern trägt mittlerweile auch selbst zur Aushöhlung und zum Abbau der Autonomie bei.

Die genannten Beispiele für die Fehlpolitik der SVP, besonders auf dem wichtigen Gebiet der Volkstumspolitik, sind nur einige von vielen. Weitere folgen unten. Aber was ist eigentlich der Grund für diese romgefällige und Südtirol-feindliche Politik?

Seit dem Ende des 2. Weltkrieges ist die Südtiroler Volkspartei, die 1946 gegründet wurde und zu deren Gründungsziel die Selbstbestimmung für Südtirol gehörte, ununterbrochen an der Macht.

In ihrem Programm vom 12. Mai 1945 hatte sich die „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) eindeutig zu dem Recht auf Selbstbestimmung bekannt. (Aus: „Volksbote“, Bozen 15. November 1945). In ihrem Grundsatzprogramm vom 2. Dezember 1972 hatte die Landesversammlung der SVP noch bekräftig: „Das in der UNO-Charta verankerte Recht auf Selbstbestimmung bleibt unverzichtbar.“ In der Folge sollten jedoch die führenden Politiker der SVP immer mehr von dieser Position abrücken.
In ihrem Programm vom 12. Mai 1945 hatte sich die „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) eindeutig zu dem Recht auf Selbstbestimmung bekannt. (Aus: „Volksbote“, Bozen 15. November 1945). In ihrem Grundsatzprogramm vom 2. Dezember 1972 hatte die Landesversammlung der SVP noch bekräftig: „Das in der UNO-Charta verankerte Recht auf Selbstbestimmung bleibt unverzichtbar.“ In der Folge sollten jedoch die führenden Politiker der SVP immer mehr von dieser Position abrücken.

Bis heute begreift sich die SVP als Sammelpartei, die die Südtiroler Interessen vertritt. Doch in Wahrheit sind es die Interessen der eigenen Partei und der eigenen Personen. Die Selbstbestimmung für Südtirol hat die SVP schon längst durch die Selbstbedienung für sich selbst ausgetauscht. Dies war schon unter Kompatschers Vorgänger, Luis Durnwalder, so.

Jene, die dachten, nach Durnwalder könne es nicht schlimmer kommen, wurden mit Kompatscher eines Besseren belehrt. Wobei sich bereits Durnwalders Verdienste im kultur- und bildungspolitischen Bereich durchaus sehen lassen können:

  • Durnwalder war es, der 2003 den Italienischunterricht in den deutschen Volksschulen von der zweiten auf die erste Klasse vorverlegte, was klar im Widerspruch zum Autonomiestatut stand.
  • Durnwalder war es, der 2008 einen Faschisten zum Landtagspräsidenten wählen ließ.
  • Durnwalder war es, der im Jahr 2012 das Toponomastikgesetz beschließen ließ, das die faschistischen Ortsnamendekrete retten sollte.
  • Ebenso Durnwalder war es, der Ende der 1990er Jahre die Freie Universität Bozen-Brixen und die Eurac (Europäische Akademie) gründete. Nach mittlerweile einem Viertel Jahrhundert sind beide Institutionen zu Italianisierungsvereinen verkommen, in denen die deutsche Sprache sowie jegliche Forschung, die für eine deutsche Minderheit förderlich sind, deutlich zu kurz kommen.

Luis Durnwalder trat als Ehrenmitglied des Schützenbezirkes Brixen gerne in Schützentracht auf Schützenveranstaltungen auf und bekannte sich zu dem „Vaterland Österreich“.
Luis Durnwalder trat als Ehrenmitglied des Schützenbezirkes Brixen gerne in Schützentracht auf Schützenveranstaltungen auf und bekannte sich zu dem „Vaterland Österreich“.

Und dennoch: Von vielen Südtirolern wird Luis Durnwalder, vielleicht mehr als noch während seiner Amtszeit, zu einem Mann, der ein Machtwort sprach, verklärt. Es stimmt: Ab und zu brachte Durnwalder tatsächlich den Mut auf, an die Adresse Roms markante Worte zu richten, doch vieles war auch nur Show.

Nur ein Beispiel: Trotz gegenteiliger Ankündigung hat es Durnwalder nicht einmal erreicht, dass das Mussolini-Relief am Bozner Finanzgebäude entfernt wird – von den faschistischen Ortsnamen ganz zu schweigen, an denen Durnwalder ausdrücklich festhalten wollte.

Nach wie vor reitet der „Duce“ auf der Stirnseite des Finanzamtes in Bozen und grüßt feiernde Alpini mit dem faschistischen „saluto romano“. Eine Inschrift verkündet sein Motto: „glauben, gehorchen, kämpfen“ – natürlich für den Faschismus.
Nach wie vor reitet der „Duce“ auf der Stirnseite des Finanzamtes in Bozen und grüßt feiernde Alpini mit dem faschistischen „saluto romano“. Eine Inschrift verkündet sein Motto: „glauben, gehorchen, kämpfen“ – natürlich für den Faschismus.

Und was hat Durnwalders Nachfolger, Arno Kompatscher, eigentlich erreicht?

Arno Kompatscher soll einmal öffentlich verraten haben, dass er als junger Wähler einmal den Grünen seine Stimme gab. Es gibt keinen Grund, an dieser Aussage zu zweifeln, denn Kompatscher hat immer wieder gezeigt, dass sein Herz grün schlägt.

Grün heißt in Südtirol italophil, antitirolerisch, profaschistisch und damit kaum unterscheidbar von den anderen italienischen Parteien in Südtirol – egal, ob sich diese selbst links, in der Mitte oder rechts verorten.

Der einst „grüne“ Arno Kompatscher zeigt gerne seine Verbundenheit mit den Alpini, wenn diese in Bozen den einstigen „Sieg“ über Österreich und die Gewinnung der Brennergrenze feiern. Hier ist er auf einer Alpini-Versammlung des Jahres 2022 zu sehen.
Der einst „grüne“ Arno Kompatscher zeigt gerne seine Verbundenheit mit den Alpini, wenn diese in Bozen den einstigen „Sieg“ über Österreich und die Gewinnung der Brennergrenze feiern. Hier ist er auf einer Alpini-Versammlung des Jahres 2022 zu sehen.

Die grüne volkstumspolitische Einstellung zieht sich wie ein roter Faden durch Kompatschers Politik. Nachfolgend einige Beispiele:

  • Unter Kompatschers Amtszeit, besonders unter der aktuellen, sind gemischtsprachige Schulexperimente, die natürlich auf Kosten des Deutschunterrichts gehen, wie Pilze aus dem Boden geschossen.
  • Die Verletzung der Zweisprachigkeitspflicht auf Kosten des Deutschen insbesondere durch staatliche, aber auch durch Landesbehörden ist unter Kompatscher zur Alltagssituation geworden; und wenn Bürger sich beschweren, wenn sie gezwungen werden, auf Italienisch zu kommunizieren, werden sie nicht selten verhöhnt.
  • Die Anstellung von Ärzten oder sonstigen Beamten in der Landesverwaltung, ohne dass diese über Deutschkenntnisse verfügen müssen, geschieht nun ganz offiziell auf der Grundlage von Beschlüssen der Landesregierung.
  • Der amtlichen Zulassung von „Sudtirolo“ als italienische Bezeichnung für Südtirol hat Kompatscher klar eine Absage erteilt. Selbst von „Sudtirolo“ zumindest als alternative Bezeichnung zum faschistischen Begriff „Alto Adige“ wollte Kompatscher nichts wissen.
  • Unter Durnwalder sprach sich der Südtiroler Landtag mit einem Beschluss gegen die Verwendung der faschistischen Hüttennamen und gegen das Hissen der Trikolore aus. Über diesen Beschluss setzt sich Kompatscher einfach hinweg, denn die faschistischen Hüttennamen und das Hissen der Trikolore vor den Hütten sind für ihn eine Selbstverständlichkeit.
  • Arno Kompatscher hat sämtliche Bemühungen um die österreichische Staatsbürgerschaft für die Südtiroler boykottiert. Parteiintern standen jedoch nicht alle auf seiner Seite. Einer von ihnen ist Thomas Widmann, von dem weiter unten noch die Rede sein wird.
  • Der Südtirol-Konvent bleibt ein Rohrkrepierer, da er nicht jenes Ergebnis erbracht hat, was sich Kompatscher gewünscht hatte. Bei den 2016 stattgefundenen Bürgergesprächen zur Überarbeitung der Autonomie hatten sich nämlich mehrheitlich Patrioten beteiligt, weshalb der Schlussbericht klar die Forderung nach einer Verbesserung (deutliches Bekenntnis zur muttersprachlichen Schule und zum ethnischen Proporz) und nicht Verwässerung (genau das Gegenteil davon) der Autonomie beinhaltete.

Der Autonomiekonvent hatte ein umfangreiches Programm für die Wiederherstellung der Südtirol-Autonomie erarbeitet und dieses dem Südtiroler Landtag überreicht. Die Umsetzung dieses Programmes hätte zur Folge gehabt, dass Landeshauptmann Kompatscher gegenüber Rom hätte energisch auftreten müssen. Das kam nicht in Frage. Das Programm wurde still und leise beerdigt.
Der Autonomiekonvent hatte ein umfangreiches Programm für die Wiederherstellung der Südtirol-Autonomie erarbeitet und dieses dem Südtiroler Landtag überreicht. Die Umsetzung dieses Programmes hätte zur Folge gehabt, dass Landeshauptmann Kompatscher gegenüber Rom hätte energisch auftreten müssen. Das kam nicht in Frage. Das Programm wurde still und leise beerdigt.

Die Erfolgsbilanz Kompatschers in jenen Bereichen, die nicht unmittelbar die Volkstumspolitik betreffen, ist nicht minder miserabel:

  • 2016 fand in ganz Italien ein Referendum über eine Verfassungsreform statt, die den Staat zentralistischer machen sollte. Beschämenderweise fanden die Befürworter dieser Verfassungsreform nur eine Mehrheit in Südtirol, wo die SVP ordentlich dafür geworben hatte, der Toskana, das ist die Heimat des damaligen Regierungschefs und Kompatscherfreundes Matteo Renzi, sowie in der Emilia-Romagna. Ironie der Geschichte: Die Südtiroler mussten sich bei den Italienern für ihr mehrheitliches Nein bei diesem Referendum bedanken, denn wäre es erfolgreich gewesen, hätte Südtirol in Rom noch weniger Mitspracherecht bekommen.
  • Mit dem Finanzabkommen zwischen Südtirol und Italien hat Kompatscher Südtirol dazu verpflichtet, sich am Schuldenabbau Italiens zu beteiligen und auf einen Teil des Geldes, das Südtirol laut Autonomiestatut zustehen würde, zu verzichten.
  • Die italienische Post bleibt, trotz Förderung durch Südtiroler Landesgelder in Millionenhöhe, eine Schneckenpost. Sie benötigt Wochen, um einen Brief innerhalb Südtirols zuzusenden und hat dafür europaweit die höchsten Tarife.
  • Entgegen der Ankündigung vor der letzten Landtagswahl, den Südtiroler Strom heimzuholen, spricht sich Kompatscher gegen eine Südtiroler Regulierungsbehörde für die Strompreise aus. Deshalb muss Südtirol, wie in der Vergangenheit, seinen selbst produzierten Strom nach Italien abgeben um ihn dann für teures Geld zurückzukaufen.

Die aufgelisteten Fehlleistungen Kompatschers, die nur eine Auswahl darstellen, zeigen sehr deutlich, wohin sich die SVP und Südtirol in den letzten zehn Jahren entwickelt haben. Mehr denn je ist der Blick der Partei nach Rom gerichtet, mehr denn je auf sich selbst, weniger denn je auf Österreich, weniger denn je auf Tirol und Südtirol.

Da nun in Rom die faschistische Partei „Fratelli d’Italia“ an der Macht ist, erwägt die Südtiroler Volkspartei nun auch offen eine Koalition mit dieser Partei auf Landesebene.

Im August 2022 tauchte im Internet ein Video auf, in welchem Giorgia Meloni, die jetzige italienische Ministerpräsidentin, einem französischen Fernsehsender gegenüber erklärt hatte: „Ich denke, dass Mussolini ein guter Politiker war. Alles, was er gemacht hat, hat er für Italien gemacht. Es gab keine anderen Politiker wie ihn in den letzten 50 Jahren.“ In einem anderen Video hatte Giorgia Meloni auch gefordert, „dass die Südtiroler nach Österreich auswandern sollen, wenn ihnen die italienische Trikolore nicht passt“.
Im August 2022 tauchte im Internet ein Video auf, in welchem Giorgia Meloni, die jetzige italienische Ministerpräsidentin, einem französischen Fernsehsender gegenüber erklärt hatte: „Ich denke, dass Mussolini ein guter Politiker war. Alles, was er gemacht hat, hat er für Italien gemacht. Es gab keine anderen Politiker wie ihn in den letzten 50 Jahren.“ In einem anderen Video hatte Giorgia Meloni auch gefordert, „dass die Südtiroler nach Österreich auswandern sollen, wenn ihnen die italienische Trikolore nicht passt“.

Im Sommer 2022 lieferte die neofaschistische Partei der Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, „Fratelli d’Italia“ („Brüder Italiens“), in Südtirol ein schönes Beispiel ihrer Gesinnung, indem im ganzen Land die Aufschriften „Südtirol“ mit Tricolore-Fahnen überhängt wurden.
Im Sommer 2022 lieferte die neofaschistische Partei der Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, „Fratelli d’Italia“ („Brüder Italiens“), in Südtirol ein schönes Beispiel ihrer Gesinnung, indem im ganzen Land die Aufschriften „Südtirol“ mit Tricolore-Fahnen überhängt wurden.

Dies würde dann freilich einen weiteren Tabubruch in der Volkstumspolitik der SVP bedeuten, aber er wäre nicht überraschend, denn wenn es um die Macht geht, wird auch die ärgste Faschistin plötzlich zur Freundin Südtirols oder, wohl besser, des „Alto Adige“.

Es ist daher nicht auszuschließen, dass es tatsächlich so kommen wird: Arno Kompatscher wird im Herbst zum 3. Mal zum Landeshauptmann von Südtirol gewählt und sein Kabinett besteht aus „Südtiroler Volkspartei“, „Fratelli d’Italia“ und vielleicht auch „Lega“, die bereits der Koalition angehört.

Doch es kann auch anders kommen. Die kommende Landtagswahl hat nämlich ein Novum zu bieten: Zum ersten Mal in ihrer Geschichte bekommt die Südtiroler Volkspartei Konkurrenz durch einen ranghohen Vertreter aus den eigenen Reihen. Thomas Widmann, einstiger Landesrat für Gesundheit, hat mit Arno Kompatscher gebrochen, weniger aus politischen, sondern wohl mehr aus persönlichen Gründen. Mit seiner Partei „Mit Widmann für Südtirol“ hat sich Thomas Widmann offenbar zum Ziel gesetzt, Arno Kompatscher zu stürzen.

Der ehemalige SVP-Politiker und Landesrat Thomas Widmann kandidiert auf eigener Liste. (Bild: UT24)
Der ehemalige SVP-Politiker und Landesrat Thomas Widmann kandidiert auf eigener Liste. (Bild: UT24)

Ob und vor allem wie ihm das gelingen wird, ist ungewiss. Politisch unterscheidet sich Widmann von Kompatscher dadurch, dass er dem noch einigermaßen patriotisch gebliebenen Lager zuzuschreiben ist und nicht bei jeder Vorgabe, die von Rom kommt, manchmal auch noch vorauseilend, mitmacht.

Daher ist es gut möglich, dass ein Teil der SVP-Wähler in Widmann die bessere Alternative sieht und ihm tatsächlich das Vertrauen schenkt. Weitere Stimmen könnte Widmann von jenen bekommen, die bei der letzten Landtagswahl die damals neu gegründete, doch indes für sie entzauberte Partei Team K wählten. Doch ob sich für Widmann ausreichend Mandate der insgesamt 35 Mandate ausgehen werden und wie viele der derzeit 15 Mandate die SVP verlieren wird, wird sich zeigen.

Hinzukommt, dass bei den kleineren Parteien auf deutscher Seite neben den Südtiroler Freiheitlichen und der Süd-Tiroler Freiheit bei dieser Landtagswahl gleich drei weitere Parteien neu dabei sind. Alle drei sind aus der Protestbewegung gegen die Covid-Politik der Südtiroler Landesregierung hervorgegangen, und entsprechend ist ihr Hauptziel die Einmahnung der Grund- und Freiheitsrechte sowie die Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen (Impfschäden, Suspendierungen).

Die wahlwerbende „Süd-Tiroler Freiheit“ (STF) hat eine klare Linie, welche sie der Öffentlichkeit schon vielfach in unmissverständlicher Weise vermittelt hat.
Die wahlwerbende „Süd-Tiroler Freiheit“ (STF) hat eine klare Linie, welche sie der Öffentlichkeit schon vielfach in unmissverständlicher Weise vermittelt hat.

Die Gruppe der Corona-Maßnahmen-Kritiker ist allerdings eine unbekannte Größe. Widmanns Partei darf sich von dieser sicher keine Stimme erhoffen, denn alle Maßnahmen hat er im Gleichschritt mit Arno Kompatscher und dies in der „Eins-zu-Eins-Umsetzung der römischen Vorgaben beschlossen. Mitgetragen wurden diese Maßnahmen auch von den interethnischen Parteien, d.h. den „Grünen“ und dem „Team K“, während die deutschen Oppositionsparteien, manchmal mehr, manchmal weniger, Kritik übten. Für manche Sympathisanten des deutsch-patriotischen Lagers  waren die Reaktionen ihrer Parteien, zumindest am Anfang, zu zögerlich und wandten sich daher von ihnen ab. Es könnte passieren, dass aus diesem Grund diesen Parteien ein Teil ihrer Wähler abhandenkommt und dass diese aus Enttäuschung, Protest oder Überzeugung eine der drei so genannten „No-Vax“-Parteien wählen. Ob und welche von ihnen es schafft, ein oder sogar mehrere Mandate zu erringen und ob dies ein Gewinn oder ein Schaden für das patriotische Lager sein wird, wird sich zeigen. Aus patriotischer Sicht mag es bedauerlich sein, dass es nicht gelungen ist, gemeinsam zu marschieren, denn der Kampf für die Selbstbestimmung ist selbstverständlich gleichzeitig auch der Kampf für die Freiheits- und Grundrechte.

Thomas Widmann. (Bild: UT24)
Thomas Widmann. (Bild: UT24)

Thomas Widmann hat mit Letzterem jedenfalls nichts am Hut. Das hat er als Gesundheitslandesrat deutlich gezeigt, und diesbezüglich wird er sich wohl auch nicht ändern. Dennoch wäre Widmann für Südtirol der bessere Landeshauptmann. Ihm könnte es vielleicht gelingen, dass auch die SVP ihre romgefällige Politik zumindest in Teilen hinterfragt. Und sollte er tatsächlich das Sagen haben, und sollte es in Österreich zu einer Regierung mit einem Volkskanzler Kickl kommen, wäre zumindest die österreichische Staatsbürgerschaft für die Südtiroler wieder ein Thema.

Ob der Südtiroler Adler dann wieder öfter in Richtung Vaterland fliegen wird?

Tiroler Schützenscheibe
Tiroler Schützenscheibe




100 Jahre Unrecht – Planung der Entnationalisierung Südtirols

Dieser Tage erinnerten der „Südtiroler Schützenbund“ und der „Südtiroler Heimatbund“ mit Aufsehen erregenden Protest-Plakataktionen an ein besonderes Jubiläum in Südtirol: Vor 100 Jahren wurde das faschistische Entnationalisierungsprogramm für Südtirol beschlossen, der Name „Tirol“ wurde verboten und die Einführung erfundener italienischen Orts- und Flurnamen begann. Diese sind bis heute die amtlich gültigen Orts- und Flurnamen in Südtirol.

Am 9. August 2023 berichtete die Tageszeitung „Dolomiten“ über die Protestaktion der Schützen.

Links: Plakat der Schützen mit dem Namen „Tirol – Tirolo“. Rechts: „Plakat des Südtiroler Heimatbundes“ (SHB) – Protest gegen den aufgezwungenen Namen „Alto Adige“ für Südtirol (Aus: „Dolomiten“ vom 9. August 2023).
Links: Plakat der Schützen mit dem Namen „Tirol – Tirolo“. Rechts: „Plakat des Südtiroler Heimatbundes“ (SHB) – Protest gegen den aufgezwungenen Namen „Alto Adige“ für Südtirol (Aus: „Dolomiten“ vom 9. August 2023).

Rückblick in die Geschichte:

Die Entnationalisierungs-Planung hatte bereits vor der Machtergreifung des Faschismus begonnen

Der faschistische Senator Ettore Tolomei.
Der faschistische Senator Ettore Tolomei.

Der italienische Journalist Ettore Tolomei war ab 1890 Herausgeber der italienischen Zeitschrift „La Nazione Italiana“. Er forderte die Einverleibung Südtirols in das Königreich Italien und begann 1901 mit der „Übersetzung“ deutscher und ladinischer Ortsnamen in das Italienische, um so die „Italianität“ Südtirols zu untermauern.

1906 gründete er die Zeitschrift „Archivio per l’Alto Adige“, in der er die Wasserscheide am Brenner als Grenze zwischen Italien und Österreich einforderte.

Nach dem Kriegseintritt Italiens wurde er 1916 von dem italienischen Generalstab offiziell mit der Erstellung eines italienischen Ortsnamensregisters für Südtirol („Prontuario dei nomi locali dell’Alto Adige“) betraut. In Rekordzeit wurden tausende Südtiroler Orts- und Flurbezeichnungen italianisiert. Tolomei hängte vielfach an deutsche Namen einfach ein „a“ oder „o“ an. Zum Großteil erfand er aber einfach italienisch klingende Namen. Er und die faschistische Staatsführung hatten später die Stirn, dies als „wissenschaftliche Leistung“ zu bezeichnen.

Fortführung und Ausfeilung des Programms unter dem Faschismus

Nach der Machtergreifung des Faschismus hielt der mittlerweile von dem „Duce“ Benito Mussolini zum Senator ernannte Ettore Tolomei am 15. Juli 1923 im Stadttheater in Bozen eine Rede und stellte sein 32 Punke umfassendes Programm zur Entnationalisierung Südtirols – „Provvedimenti per l’Alto Adige“ – vor.

Die volle Bezeichnung des am 12. März 1923 von dem „Großrat des Faschismus“ genehmigten Programmes lautete: „Provvedimenti per l‘Alto Adige, intesi ad una azione ordinata, pronta ed efficace di assimilazione italiana“. Ins Deutsche übersetzt: „Maßnahmen für das Hochetsch zum Zwecke einer geordneten, schnellen und wirksamen italienischen Assimilierung“.

Links: Die Bozner Nachrichten berichteten am 16. Juli 1923 über seine Rede und seine Forderungen. Rechts: Die Rede Tolomeis wurde in der Folge von den Faschisten als Broschüre gedruckt und in hoher Auflage unter die Leute gebracht.
Links: Die Bozner Nachrichten berichteten am 16. Juli 1923 über seine Rede und seine Forderungen. Rechts: Die Rede Tolomeis wurde in der Folge von den Faschisten als Broschüre gedruckt und in hoher Auflage unter die Leute gebracht.

In diesen „provvedimenti“ forderte Tolomei das Verbot des Namens Tirol, die Beseitigung aller deutschen Schulen, das Verbot der deutschen Parteien, die Verpflichtung zur italienischen Amtssprache und die Italianisierung aller Orts- und Flurnamen bis hin zu den Namen der Berge, Täler und Wasserläufe. Letztlich forderte er auch noch die Italianisierung aller deutschen Familiennamen.

Was Tolomei hier forderte, war bereits zum offiziellen Regierungsprogramm geworden.

Verbot des Namens „Tirol“

Nun ging es Schlag auf Schlag. Am 7. August 1923 verbot der in Trient amtierende Präfekt Guadagnini im Auftrag der Regierung alle Bezeichnungen, in denen der Name „Tirol“ enthalten war.

Aus: „Der Burggräfler“ vom 11. August 1923.
Aus: „Der Burggräfler“ vom 11. August 1923.

Die Zeitung „Der Tiroler“ musste ihren Namen umändern in „Der Landsmann“.

Die Zeitung „Der Tiroler“ musste ihren Namen umändern in „Der Landsmann“.

Das Ortsnamens-Fälscherwerk

Mussolini wurde Ende Oktober 1922 Ministerpräsident. Am 23. März 1923 trat das von ihm und dem König unterzeichnete Königliche Dekret Nr. 800 in Kraft, welches 222 Südtiroler Gemeinden und weiteren 66 Orte mit Postamt oder Bahnhof amtliche italienische Namen verpasste, die zum Großteil von dem Scharlatan Ettore Tolomei frei erfundenen worden waren.

Wie eine damalige Postkarte zeigt, war aus Meran „Merano“ geworden und aus Marling „Marlengo“.
Wie eine damalige Postkarte zeigt, war aus Meran „Merano“ geworden und aus Marling „Marlengo“.

Aus Salurn war „Salorno“ geworden, welches sich nun im „Alto Adige“ statt in Südtirol befand.
Aus Salurn war „Salorno“ geworden, welches sich nun im „Alto Adige“ statt in Südtirol befand.

Aus Antholz-Mitterthal im Pustertal war nun ein „Mezzavalle“ im „Val Anterselva“ im „Val Pusteria“ geworden.
Aus Antholz-Mitterthal im Pustertal war nun ein „Mezzavalle“ im „Val Anterselva“ im „Val Pusteria“ geworden.

Am 10. Juli 1940 trat das von dem faschistischen Diktator Benito Mussolini unterzeichnete Königliche Dekret Nr. 174 in Kraft.

Dieses erklärte die von Tolomei in seinem „Prontuario dei Nomi locali dell’Alto Adige“ von 1935 (3. Auflage) veröffentlichten konstruierten italienischen Orts- und Flurnamen zu den offiziellen Ortsbezeichnungen Südtirols. Ihre Zahl war durch die unermüdliche Arbeit des faschistischen Fälschers und seiner Helfer mittlerweile auf eine Zahl von fast 16.800 (basierend auf rund 8.000 Grundformen) angewachsenen.

Dieses faschistische Erbe ist uns bis heute erhalten geblieben. Die faschistischen Ortsnamendekrete sind nach wie vor in Kraft. Amtlich sind nach wie vor die faschistischen Namensfälschungen, die deutschen Bezeichnungen – die eigentlichen Ortsnamen – sind lediglich geduldet.

Das traurige Versagen der heutigen Südtiroler Landesführung

Der bekannte Südtiroler Toponomastik-Experte Cristian Kollmann schrieb in der „Tiroler Schützenzeitung“ vom Juni 2023 eine viel beachtete Abhandlung über die faschistische Entnationalisierungspolitik und Ortsnamensfälschung in Südtirol und wies auf die mehr als berechtigte Protestaktion der Südtiroler Schützen hin.

Zur aktuellen Situation führt Cristian Kollmann in seinem Artikel aus:

„Was viele immer noch nicht wissen: Die faschistischen Ortsnamendekrete sind – trotz Pariser Vertrags und Autonomiestatuts – bis heute in Kraft. Immer wieder gab es Versuche im Südtiroler Landtag, sie abzuschaffen, doch sämtliche Anläufe scheiterten jedes Mal an der fehlenden Zustimmung durch die Südtiroler Volkspartei – von den italienischen Parteien und den Grünen ganz zu schweigen. …

Wohl ist es wahr, dass die vom Großrat des Faschismus beschlossene Assimilierung im ‚Alto Adige‘ nicht so schnell vorangeschritten ist wie ursprünglich gewünscht. Aber: Gut Ding braucht Weile! 100 Jahre, nachdem sie eingeleitet wurde, ist die Assimilierung immer noch nicht vollzogen. Sie wurde aber auch nicht gestoppt. Unaufhaltsam, so scheint es, schreitet sie voran – langsam, aber sicher!

Das beste Beispiel hierfür ist der Südtiroler Landeshauptmann, oder, treffender bezeichnet, der Präsident der Provinz ‚Alto Adige‘, denn ein ‚Land Südtirol‘ gibt es offiziell gar nicht.

Schwere Kritik übt Kollmann an dem Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher, welcher sich gerne auf Alpini-Treffen sehen lässt und auf Wahlplakaten um italienische Stimmen für sich wirbt („Gemeinsam der morgigen Zukunft entgegen. Arno Kompatscher“).
Schwere Kritik übt Kollmann an dem Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher, welcher sich gerne auf Alpini-Treffen sehen lässt und auf Wahlplakaten um italienische Stimmen für sich wirbt („Gemeinsam der morgigen Zukunft entgegen. Arno Kompatscher“).

Dieser ‚Präsident‘ steht sinnbildlich für das mangelnde Verständnis für eine wissenschaftliche und ideologiefreie Herangehensweise, für das mangelnde Gespür für die Wichtigkeit der Authentizität und historischen Fundiertheit unserer Namenlandschaft, für das mangelnde Wissen darüber, was mit der Etikette .Alto Adige“ bis heute bezweckt werden soll. …

Für die Römer ist der Präsident des ‚Alto Adige‘ sicher ein Erfüllungsgehilfe, ein ‚bravo ragazzo‘ (Anm.: „guter Junge“), leistet er doch willfährig einer Assimilierungspolitik Vorschub, die bis heute auf der römischen Agenda steht. Ettore Tolomei, der Erfinder des ‚Alto Adige‘, hätte sicher auch seine Freude an diesem altoatesinischen Gehorcher. Tatsächlich scheint das ‚Alto Adige‘in seinem Kopf bereits einen festen Platz eingenommen und sich wohl auch in seinem Herzen tief eingenistet zu haben. Anders ist es nicht zu erklären, dass dieser ‚Präsident‘ im Jahr 2021 einen Antrag der Süd- Tiroler Freiheit ablehnte, der die offizielle Einführung von ‚Sudtirolo‘ – und sei es zumindest als Bezeichnung alternativ zu ‚Alto Adige‘ – vorsah …

Die Landtagsabgeordneten der Süd-Tiroler Freiheit, Sven Knoll und Myriam Atz-Tammerle, hatten im Südtiroler Landtag den Antrag eingebracht, welcher sodann von der SVP, der Lega und den Grünen abgelehnt wurde.
Die Landtagsabgeordneten der Süd-Tiroler Freiheit, Sven Knoll und Myriam Atz-Tammerle, hatten im Südtiroler Landtag den Antrag eingebracht, welcher sodann von der SVP, der Lega und den Grünen abgelehnt wurde.

Das Nein des Südtiroler Landtages zu ‚Sudtirolo‘, das mit großer Mehrheit beschlossen wurde, zeigt vor allem eines: Die Assimilierungspolitik im ‚Alto Adige‘ wird mittlerweile besonders hierzulande von den eigenen politischen Vertretern eifrig vorangetrieben. …

Doch was für eine Autonomie hat Südtirol eigentlich, wenn diesem Tiroler Landesteil bis heute nicht einmal seine eigenen Namen zugestanden werden? Wer sind die Bremser?

Sie sitzen nicht nur in Rom, sondern auch in Bozen. Die Mehrheit der Südtiroler Vertreter ist im Landtag zu ‚Altoatesinen‘ mutiert, zu einem Kleinrat von Faschismusverstehern und Faschismusversteherinnen, Mitgehorchern und Mitgehorcherinnen, angeführt von einem Ober-Gehorcher, einem ‚altoatesinissimo‘!

Hat der Großrat des Faschismus also sein 1923 gestecktes Ziel erreicht? Noch nicht ganz, aber: Gut Ding braucht Weile.“

In einem Leserbrief an die „Tiroler Schützenzeitung“ vom August 2023 legte Cristian Kollmann noch nach:

„Im Frühjahr 2023 hat sich der Südtiroler Landtag – zum wiederholten Male – gegen die Abschaffung der drei faschistischen Ortsnamensdekrete ausgesprochen. Man wolle kein Öl ins Feuer gießen, hieß es von Seite der SVP, und man arbeite lieber lösungsorientiert. … All dies zeigt nur eines: Kompatschers Herz schlägt noch mehr als das seiner Vorgänger, für Italien und dessen relativierende Politik der faschistischen Kulturverbrechen.

Am 30. Juni 2923 erklärte Roland Seppi, der Landeskommandant des „Südtiroler Schützenbundes“ in einer Presseaussendung:

Es ist eine Schande für die Kulturnation Italien, für ein modernes Südtirol, für die Schutzmacht Österreich und für das demokratische Europa, faschistische Ortsnamenfälschungen weiterhin anzuerkennen.

Die Verbreitung von faschistischem oder nationalsozialistischem Gedankengut nennt man in Österreich und Deutschland ‚Wiederbetätigung‘.

Diese Wiederbetätigung wird strafrechtlich verfolgt. Bei uns grüßt der Faschismus in Form der Ortsnamen fröhlich von jedem Ortsschild.

Wir erwarten uns endlich nachhaltige Lösungen in dieser Frage. Die Wiedergutmachung durch die historische Wahrheit wäre ein Zeichen demokratischer Reife.

Man wird sehen! Wenn die „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) ihre italophile Haltung nicht ändert, wird man es in Rom jedoch wohl kaum für nötig halten, von sich aus in diesem Sinne zu handeln.

 




Abschied von Dr. Bruno Hosp

Am 12. Juli 2023 verstarb der langjährige SVP-Landesrat Dr. Bruno Hosp in Bozen.

Er wurde in zahlreichen Nachrufen auch von ehemaligen politischen Wettbewerbern ehrend gewürdigt. Dr. Hosp war drei Legislaturen lang unter Landeshauptmann Luis Durnwalder Landesrat für deutsche und ladinische Kultur sowie Denkmalpflege gewesen. Auch als Landtags- und Regionalratsabgeordneter und Vizepräsident des Regionalrats hatte sich Dr. Hosp große Verdienste für die Bewahrung und Pflege der deutschen und ladinischen Kultur erworben.

Der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB) weist in einem Nachruf auf eine bislang nur einem kleinen Kreis bekannte Tatsache hin: Dr. Bruno Hosp hatte als Student zu den Freiheitskämpfern des „Befreiungsausschusses Südtirol“ (BAS) gehört.

Während der Zeit seiner politischen Tätigkeit hatte man sinnvollerweise dies nicht öffentlich erörtert. Jetzt kann man offen darüber sprechen.

Nachstehend der berührende Nachruf des SHB:

Dr. Bruno Hosp ist verstorben – Ein treuer Sohn der Heimat, ist von uns gegangen

Ein Nachruf von Roland Lang, Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB)

Am 12. Juli 2023 erreichte uns die traurige Nachricht, dass Dr. Bruno Hosp uns für immer verlassen hat. Er wurde Opfer eines Herzinfarktes.

Am 22. April 2023 hatte noch ich mit Dr. Bruno Hosp die 58. Bundesversammlung des Südtiroler Schützenbundes besucht. Er saß während der Veranstaltung an meiner Seite.

Elmar Thaler (ehemaliger Landeskommandant des Südtiroler Schützenbundes), Luis Pixner (SHB-Obmannstellvertreter), Roland Lang (SHB-Obmann) und Dr. Bruno Hosp.
V. l. n. r.: Elmar Thaler (ehemaliger Landeskommandant des Südtiroler Schützenbundes), Luis Pixner (SHB-Obmannstellvertreter), Roland Lang (SHB-Obmann) und Dr. Bruno Hosp.

Dr. Bruno Hosp wurde am 21.Oktober 1938 in Klobenstein am Ritten, Südtirol, geboren. Er maturierte in Meran und wurde zum 1967 zum Dr. rer. pol. in Wien mit einer Dissertation über „Die Rolle des italienischen Verfassungsgerichtshofes in der Erfüllung des Pariser Südtirol-Abkommens“ promoviert. Sein „Doktorvater“ war der berühmte Univ. Prof. Dr. Felix Ermacora. Er war 1958 Gründungsmitglied der Schützenkompanie Peter-Mayr-Ritten und wurde später mit dem Range eines Ehrenmajors des Südtiroler Schützenbundes ausgezeichnet.

Bereits in seiner Schulzeit war der junge Hosp an handgreiflichen Auseinandersetzungen mit Neofaschisten beteiligt und wurde in der Folge „unsanften Polizeiverhören“ unterzogen, wie er berichtete.

Im August 1957 lernte der Student Bruno Hosp seine Freunde Luis Amplatz und Sepp Kerschbaumer, den Gründer des „Befreiungsausschusses Südtirol“, kennen. So entstand am Ritten eine eigene BAS-Gruppe, der Bruno Hosp angehörte.

Am 27. November 1957 fand die große Südtiroler Volkskundgebung auf Schloss Sigmundskron statt. Darüber hat Bruno Hosp später in einem Interview berichtet: „Damals war ich mit meiner ganzen Meraner Maturaklasse, ohne Ausnahme, mit einem großen Spruchband was wir in der Nacht vorher selber konstruiert hatten, aus zwei Leintuchfetzen die wir aneinander genäht haben, mit der Aufschrift „Tirol den Tirolern – Weniger Worte, mehr Taten“. Mit dem sind wir aufmarschiert. Ich hatte mich natürlich auch mit Luis Amplatz besprochen und mit Sepp Kerschbaumer und verschiedenen Freunden aus Gries und Bozen.“ (Zeitzeugengespräch mit Bruno Hosp von Dr. Franz J. Haller, Meran)

Ganz links im Bild: Der damalige Student Bruno Hosp als Träger der Transparentstange.
Ganz links im Bild: Der damalige Student Bruno Hosp als Träger der Transparentstange.

Der BAS-Gründer Sepp Kerschbaumer brachte Tiroler Fahnen zur BAS-Gruppe rund um den Studenten Bruno Hosp und dieser berichtete darüber später: „Und wir haben dann auch Fahnen gehisst. Wir hatten dann unsere Freude daran, wie man mit diesen Fahnen umgegangen ist. Beispielsweise im Jahr 1960 kann ich mich gut erinnern, am Fronleichnamstag, haben wir eine Fahne am Prozessionsweg zwischen Lengmoos und Klobenstein auf eine hohe Lärche hinauf gebracht und eben dort gehisst. Während des Prozessionszugs waren die Carabinieri dabei, diese Fahne herunterzunehmen. Es ist ihnen fast nicht gelungen. Wir haben dann am Herz-Jesu-Sonntag wieder eine Fahne gehisst. Aber da haben wir eine Lärche genommen und haben dann die ersten zehn Meter hinauf alle Äste beim Heruntergehen eingesägt. Das war dann wirklich ein Schauspiel, denn während der ganzen Nachmittagsprozession am Herz-Jesu-Sonntag waren da drei Carabinieri beschäftigt Ast für Ast hinaufzuklettern und immer wieder ist ein Ast gebrochen. Und erst am nächsten Tag mit Hilfe eines italienischen Burschen vom Dorf und zweier Holzarbeiter, war es ihnen dann gelungen die Fahne einzuholen. Amplatz hat uns dafür sehr gelobt.“

1960 wurde die Gruppe um Bruno Hosp mit Sprengstoff ausgestattet. Darüber berichtete Hosp im Interview jedoch nichts Näheres, sondern erklärte nur sehr allgemein: „Natürlich, es wurden Waffen und Sprengstoff gesammelt, es wurden in Südtirol Lager angelegt, es wurden Zellen gegründet. Es wurde kurzum etwas vorbereitet, das die Weltöffentlichkeit auf das Unrecht das den Südtirolern geschehen ist, aufmerksam machen sollte. Das ist dann auch gelungen in der Herz-Jesu Nacht im Jahre 1961.“ (Zeitzeugengespräch mit Bruno Hosp von Dr. Franz J. Haller, Meran)

Als die Freiheitskämpfer Luis Amplatz und Georg Klotz nach Österreich fliehen mussten, kümmerte sich der in Wien studierende Bruno Hosp in aufopfernder Weise um sie, besorgte Unterkunft, Unterstützung und Arbeit sowie anwaltliche Beratung durch den berühmten Rechtsanwalt Dr. Stern, welcher kein Honorar verlangte.

Der Student Bruno Hosp im Jahre 1965 zusammen mit dem im österreichischen Exil lebenden Freiheitskämpfer Georg Klotz.
Der Student Bruno Hosp im Jahre 1965 zusammen mit dem im österreichischen Exil lebenden Freiheitskämpfer Georg Klotz.

Nach seinem vollendeten Studium betätigte sich Dr. Bruno Hosp als Lehrer; Rundfunk- und Fernsehpublizist. Er machte sich um den Aufbau des Südtiroler Schützenwesens sehr verdient und wurde zum Ehrenmajor ernannt.

Als SVP-Politiker vergaß und verriet er niemals seine Grundsätze. Er trat als Bürgermeister der Gemeinde Ritten, als Generalsekretär der Südtiroler Volkspartei (SVP), als Landtagsabgeordneter und Kulturlandesrat sowie als Vorsitzender des SVP-Clubs der Altmandatare stets und unermüdlich für die volkstumspolitischen Anliegen seiner Heimat ein.

Auf der SVP-Landesversammlung des Jahres 1975 forderte Dr. Bruno Hosp die öffentliche Würdigung der Südtiroler Freiheitskämpfer durch die SVP, „um diesen Männern ihr Ansehen zurückzugeben und sie, die kompromisslose Hingabe an die Heimat gezeigt haben, zu rehabilitieren.“

Auf der SVP-Landesversammlung von 1982 wiederholte Dr. Hosp diese Forderung und betonte, „dass ein Eintreten für die Männer eine Geste der humanitären Gerechtigkeit wäre, deren sich niemand zu schämen hätte.“ Hosp forderte die SVP auf, sich für die Begnadigung der im Exil lebenden Freiheitskämpfer durch den italienischen Staatspräsidenten einzusetzen.

Das Anliegen der Aufhebung dieser menschenrechtswidrigen Abwesenheitsurteile vertrat Dr. Bruno Hosp auch in den kommenden Jahren immer wieder in enger und guter Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Freiheitskämpfer Univ. Prof. Dr. Erhard Hartung. Er setzte sich auch für die in Bozen entstehende BAS-Ausstellung ein.

Es ist Dr. Hosp zu verdanken, dass die von ehemaligen Südtiroler Freiheitskämpfern mitbegründete Ausstellung „BAS – Opfer für die Freiheit“ an zentraler Stelle in Bozen errichtet werden konnte. Von Beginn an war Dr. Bruno Hosp Ausstellungsbeirat und dessen Sprecher. Seit einem Jahr hatte er sich aktiv um eine Vergrößerung der Ausstellung und deren inhaltliche Erweiterung eingesetzt, für einen Zeitraum des Freiheitskampfes von 1809 unter Andreas Hofer bis zum Südtiroler Freiheitskampf der 1960er Jahre.

Es könnten noch viele weiteren Beispiele für die Haltung und den Einsatz von Dr. Bruno Hosp angeführt werden.

Wir trauern um einen großen und treuen Sohn unserer Heimat und hoffen, dass sein Wirken nachfolgenden Generationen als Vorbild dienen möge.

Roland Lang
Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB)




Das angebliche „Gemetzel“ und „Blutbad“ auf der Porze-Scharte

Die Aufrechterhaltung einer staatlichen Lüge

Wie jedes Jahr veranstaltete die „Nationale Alpini-Vereinigung“ („Associazione Nazionale Alpini“ – ANA) auf der Porze-Scharte („Passo di Cima Vallone“) eine Gedenkveranstaltung auf der Porzescharte in der Provinz Belluno nahe der italienischen Staatsgrenze zu Österreich. Wie die staatliche italienische Propaganda seit Jahrzehnten behauptet, hätten dort österreichische „terroristi“ am 25. Juni 1967 mithilfe von Tretminen ein Gemetzel („eccidio“) und Blutbad („strage“) angerichtet, bei dem 4 italienische Soldaten umgekommen seien.

Links: Ankündigung der diesjährigen Alpini-Gedenkveranstaltung auf der Porze-Scharte. Rechts: Eine der vielen italienischen Publikationen, in denen das Geschehen von 1967 als „Blutbad auf der Porze“ („La Strage di Cima Vallona“) dargestellt wird.
Links: Ankündigung der diesjährigen Alpini-Gedenkveranstaltung auf der Porze-Scharte. Rechts: Eine der vielen italienischen Publikationen, in denen das Geschehen von 1967 als „Blutbad auf der Porze“ („La Strage di Cima Vallona“) dargestellt wird.

Es war um eine Erpressung Österreichs gegangen

Italien hatte damals das angebliche durch österreichische „Terroristen“ angerichtete „Gemetzel“ zum Anlass genommen, ein Veto gegen den Beitritt Österreichs zur „Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft“ (EWG) einzulegen. Rom hatte gefordert, dass die österreichische Bundesregierung Italien helfen sollte, die „terroristi“ mit aller Härte zu verfolgen. Die italienische Regierung hatte behauptet, dass auch weitere Vorkommnisse, bei denen Italiener zu Tode gekommen waren, den „terroristi“ zuzuschreiben seien. Wien war willig eingeknickt und hatte sich allen italienischen Forderungen gebeugt.

Ein österreichischer Militärhistoriker deckte ein Lügengebäude auf

Der österreichische Militärhistoriker Oberst Mag. Dr. Hubert Speckner, Lehrer an der Österreichischen Landesverteidigungsakademie, hatte bereits 2013 in der Dokumentation „Zwischen Porze und Roßkarspitz …“ anhand sicherheitsdienstlicher und persönlicher „Tatort“-Begehungen nachgewiesen, dass ein angeblicher Anschlag österreichischer Täter auf der Porzescharte mit vier italienischen Opfern am 25. Juni 1967 so nicht stattgefunden haben konnte, wie es die offiziellen italienischen Darstellungen schilderten. Zudem konnten die von Italien beschuldigten und in der Folge in Abwesenheit verurteilten Österreicher Speckners Untersuchungen zufolge auf keinen Fall die „Täter“ gewesen sein.

Am 28. November 2016 stellte der österreichische Militärhistoriker Oberst Mag. Dr. Hubert Speckner von der Österreichischen Landesverteidigungsakademie einem interessierten Fachpublikum in Wien ein neues Buch brisanten Inhalts vor: „Von der Feuernacht zur Porzescharte“ mit dem Untertitel „Das ‚Südtirolproblem‘ der 1960er Jahre in den österreichischen sicherheitsdienstlichen Akten“.

Speckner hatte Zugang zu allen relevanten und Jahrzehnte lang geheimen sicherheitsdienstlichen Unterlagen der Republik, welche sich mit Anschlägen in Südtirol während der Zeit des Freiheitskampfes befassten.

Das Ergebnis der Aktenauswertung ist sensationell: Bei einer Reihe von Anschlägen, welche gezielt auch Zivilbevölkerung in Gefahr gebracht hatten oder hätten bringen können, hatten offenbar italienische „Dienste“ ihre Hand mit im Spiel gehabt. Hier war es darum gegangen, die „terroristi altoatesini“ als gewissenlose und verruchte Täter darzustellen, welche auf die Vernichtung von Menschenleben abzielten.

In anderen Fällen ließ sich eine provokatorische Steuerung im Hintergrund erkennen. Speckner dokumentiert auch Anschläge, die von italienischen Neofaschisten verübt worden waren und bei denen versucht worden war, sie Österreichern in die Schuhe zu schieben.

Speckners Enthüllungen bewirkten und bewirken kein Eingeständnis Roms

Wie Oberst Mag. Speckner anhand österreichischer und italienischer Akten und örtlicher Begehungen nachwies, spricht alles dafür, dass auf der Porze-Scharte offenbar eine geheimdienstliche Aktion stattgefunden hatte, bei der ein künstlicher „Tatort“ geschaffen worden war.

Es bleibt somit der damals schon von Zeitzeugen geäußerte Verdacht bestehen, dass eine italienische Geheimdienstmanipulation vorlag, wonach Opfer einer italienischen militärischen Verminungsübung der Öffentlichkeit als Opfer blutrünstiger  „Südtirol-Terroristen“ präsentiert wurden. Der damalige, parteiunabhängige österreichische Justizminister Univ.-Prof. Dr. Heinz Klecatzky nannte 2010 als Verursacher des Vorfalls eine „ inneritalienische Manipulation“. Der renommierte Präsident der Belluneser Anwaltskammer, Dott. Peppino Zangrando, kam nach jahrelangen Recherchen ebenfalls zum Ergebnis, dass der Vorfall auf der Porzescharte sich so nicht zugetragen haben kann, wie von Italien offiziell dargestellt wird.

Keine italienische Regierung war bis heute bereit, dies einzugestehen, obwohl mittlerweile Speckners Forschungsergebnisse auch in italienischer Übersetzung als Buch vorliegen.

Die Zerstörung eines Lügengebäudes

Im November 2022 legte der Historiker und Militärsachverständige Oberst Mag. Dr. Hubert Speckner ein neues sensationelles Werk vor:

Hubert Speckner:
„Pfitscherjoch, Steinalm, Porzescharte – Die drei „merkwürdigen Vorfälle“ des Höhepunktes der Südtiroler Bombenjahre in den Jahren 1966 und 1967“

EFFEKT-Verlag in Neumarkt/Südtirol
Umfang: 284 Seiten, Preis ab Verlag: ab EURO 25,00
Hier geht es zur Internet-Seite des EFFEKT-Verlages:
https://effekt-shop.it/shop/buecher/pfitscherjoch-steinalm-porzescharte/

Anhand von wissenschaftlichen Untersuchungen und Durchführung von Sprengversuchen wurde durch gerichtlich beeidete Sachverständige bestätigt, dass einige angebliche „Terrorakte“ des „Befreiungsausschusses Südtirol“ (BAS) der Jahre 1966 und 1967 in Wahrheit getürkt waren. Es dürfte sich bei den italienischen toten Militärpersonen um Opfer tragischer Unfälle gehandelt haben, die nachträglich zu Opfern von „Anschlägen“ erklärt wurden.

Auch in Bezug auf das angebliche Geschehen auf der Porze-Scharte waren die Ergebnisse der Untersuchungen und Sprengversuche eindeutig: Die italienischen Darstellungen stimmen nicht.

Den Forschungsergebnissen zufolge dürften die toten italienischen Soldaten auf der Porze-Scharte vermutlich vielmehr Opfer einer missglückten Verminungsübung auf einem nahe gelegenen militärischen Übungsgelände geworden sein. Nachträglich seien sie dann offenbar zu „Opfern“ der Südtiroler Freiheitskämpfer umfunktioniert worden. Zu diesem Zweck wurde offenbar ein künstlicher „Tatort“ geschaffen.

Die Buchvorstellung in Wien – ein „Lügengebäude“ und „die Stimme der Wahrheit“

Am 9. Mai 2023 wurde das neue Buch im Cafe Landtmann in Wien einem interessierten Publikum vorgestellt. Der ehemalige Südtiroler Landtagsabgeordnete und Regionalratspräsident Dr. Franz Pahl („Südtiroler Volkspartei“ – SVP) führte zu dem neuen Werk unter anderem aus:

„Der Militärhistoriker Dr. Hubert Speckner hat mit seinem Werk drei besonders auffällige Anschläge der Jahre 1966/67 in den Blick genommen, es sind die Anschläge auf dem Pfitscherjoch, der Steinalm und auf der Porzescharte. Sie sind deshalb von Bedeutung, weil  das nationalistische Italien jener Zeit – und unverändert bis heute, wenn auch kaum noch nachdrücklich, – die Anschläge mit italienischen Opfern als Tat der so genannten „Südtiroler Terroristen“ darstellte.

Für Italien konnte und durfte es nicht anders sein, denn es wäre politisch undenkbar gewesen, irgendwelche Zweifel an dieser These zuzulassen. Die Zweifler an der italienischen Version wurden schnell als Terroristenfreunde gebrandmarkt. …

Dr. Franz Pahl bei seiner Ansprache
Dr. Franz Pahl bei seiner Ansprache

 Der Militärhistoriker Dr. Speckner ließ nicht beeindrucken und begann Nachforschungen. Es kam zutage, dass es sich bei den italienischen Darstellungen nicht um Wahrheit, sondern um ein Lügengebäude handelt.

Schließlich wurden an Ort und Stelle von kompetenter Seite Erhebungen angestellt und der Ablauf nachgestellt. Die italienische Propaganda ist als solche entlarvt. Auffallend in diesem Zusammenhang, dass Italien es diesmal vorzog, alles mit Schweigen zu übergehen, um nicht etwa durch Proteste in unangenehme Diskussionen um die Beweislage verwickelt zu werden.

Zwar ist den meisten der gegenwärtigen italienischen Politiker die Zeit der Attentate in Südtirol nur noch sehr ungefähr und nur in der Weise des angeblichen „Südtirolterrorismus“ geläufig. Dennoch gibt es bei der so genannten Carabinieriwaffe, also den Einheiten der Militärpolizei, die in Italien kapillar Ordnungsfunktionen bis ins letzte Dorf innehaben, noch immer eine Erinnerung und ein Bewusstsein dafür, dass man trotz aller äußeren Ruhe achtsam bleiben müsse. Aber auch von dieser Seite gibt es wohlkalkuliertes Schweigen. Wo immer ein Buch mit südtirolpolitischer Brisanz mit Bezug auf die Sechzigerjahre erscheint, landen Nachrichten davon sofort auf den Schreibtischen von Bozen und Rom. Die italienischen Konsulate und die Botschaft wirken mit Eifer mit.

Würde Italien nicht wohlbedacht alles einfach übergehen, würde das eine arge Erschütterung hervorrufen. Wenn es darauf ankommt, sind sich alle italienischen Parteien bei den nationalen Prioritäten einig, zwar unterschiedlich im Ton, aber der Nationalismus tritt schnell wieder hervor.

Der Autor Dr. Speckner hat eine breite Bresche in die italienische Falschdarstellung geschlagen. Die Bücher sind veröffentlicht, die Fakten erläutert und fachkundig belegt.

Diesen Werken und dem Bemühen und der Mitwirkung aller, die in ihrem Handeln und in ihrer Haltung als Österreicher südtirolpolitisches Bewusstsein beweisen, ist es zu verdanken, dass die Stimme für die Wahrheit nicht verstummt. Sie hat Langzeitwirkung.“

Die in Italien in Abwesenheit verurteilten Österreicher sind unschuldig

Die von Italien beschuldigten und in einem menschenrechtswidrigen Abwesenheitsverfahren 1972 in Florenz verurteilten Österreicher Univ.-Prof. Dr. Erhard Hartung, Peter Kienesberger und Egon Kufner können demnach keine „Täter“ in dem tatsächlich manipulierten Geschehen auf der Porze-Scharte sein.

Die Genannten wurden übrigens in Österreich vor Gericht gestellt und in einem ordentlichen Verfahren in Anwesenheit (und nicht menschenrechtswidrig in Abwesenheit wie in Italien), eingehend einvernommen und 1971 freigesprochen.)

Die Angeklagten (v.l.n.r.) Egon Kufner, Univ.-Prof. Dr. Hartung und Peter Kienesberger wurden in Österreich freigesprochen.
Die Angeklagten (v.l.n.r.) Egon Kufner, Univ.-Prof. Dr. Hartung und Peter Kienesberger wurden in Österreich freigesprochen.

Zu der Überzeugung der Sprengsachverständigen war auch Oberst Mag. Dr. Hubert Speckner gelangt, wie er bei der Buchpräsentation in einem Interview mit dem Südtiroler Internetportal UT24 erklärte:

„Ich hatte mich ja schon vor Jahren für mein damaliges Buch „Von der Feuernacht zur Porzescharte“ damit beschäftigt und weiter daran geforscht. Nun gibt es neue Erkenntnisse durch Sachverständige, die ich unter die Leute bringen möchte, weil es einfach wichtig ist, öffentlich zu machen, dass das alles so, wie es dargestellt wird, nicht gewesen sein kann. Die Akten geben etwas völlig anderes her und die neuen Erkenntnisse ein sehr interessantes Bild, vor allem durch jene der Sachverständigen Ruspeckhofer und Hasler.

Oberst Dr. Mag. Hubert Speckner zusammen mit den Sprengsachverständigen Harald Hasler und Max Ruspeckhofer.
Oberst Dr. Mag. Hubert Speckner zusammen mit den Sprengsachverständigen Harald Hasler und Max Ruspeckhofer.Porzescharte, Steinalm und Pfitscher Joch

Ich war selbst mehrmals auf der Porzescharte, am Pfitscherjoch und auf der Steinalm. …

In der offiziellen Darstellung stimmt von vorne bis hinten nichts, sie KANN so gar nicht stimmen, wie die Sachverständigen dargestellt haben. Leichen liegen falsch, Daten über Sprengungen, die so technisch gar nicht passiert sein können, usw.

Die Taten wurden ja bekanntlich dem BAS angedichtet, der es aber nach diesen Darstellungen gar nicht gewesen sein kann. Sachverständige vor Ort haben dies nun bestätigt. So zum Beispiel Dr. Hasler, der diese Fälle nachgesprengt und mit Dummys nachgestellt hat.

Nun stellt sich die Frage: Wer war es dann? Das könnten wir erst beantworten, wenn Italien seine Archive öffnet, was es aber meiner Befürchtung nach nicht so schnell tun wird. Italien ist Meister darin, Dinge zu verschleiern und auszusitzen, um sich nicht damit zu beschäftigen.“

Bis heute ist keine offizielle Rehabilitation der damals zu Unrecht Beschuldigten erfolgt

Univ.-Prof. Dr. Erhard Hartung (stehend) bei seiner Wortmeldung im Österreichischen Parlament in Wien
Univ.-Prof. Dr. Erhard Hartung (stehend) bei seiner Wortmeldung im Österreichischen Parlament in Wien

Einen Tag vor der Veranstaltung im Cafe Landtmann in Wien hatte Univ.-Prof. Dr. Erhard Hartung im Österreichischen Parlament in Wien am 8. Mai 2023 den Parlamentsdirektor und die Südtirol-Sprecher der Parlamentsklubs getroffen und ihnen gegenüber erklärt:

„Ich erlaube mir, als auch persönlich davon betroffener Tiroler, den Wunsch all jener Personen vorzutragen, die von Österreich ob ihres politischen Südtirol-Engagements während der 1960er Jahre juristisch verfolgt und bis zu mehreren Jahren in Untersuchungshaft gesperrt worden waren oder die, um einer weiteren Freiheitsberaubung zu entgehen, als Flüchtlinge im Ausland im politischen Asyl leben mussten, ohne jemals in Österreich rechtskräftig verurteilt zu werden. Unser, ohne größere Schwierigkeiten oder Kosten zu erfüllender Wunsch ist einzig und allein eine öffentliche Rehabilitierung durch unser Vaterland Österreich. Innigst ersuche ich Sie, dafür tätig zu werden.“

Univ.-Prof. Dr. Erhard Hartung wies auch noch darauf hin, dass es den Betroffenen hier nicht um finanzielle Wiedergutmachung gehe. Für diese Wortmeldung erhielt er viel Applaus.

Man wird jedoch sehen, ob sich tatsächlich etwas an der bisherigen opportunistischen Haltung der österreichischen Regierung in Wien ändern wird. Bisher hatte man dort immer sorgfältig darauf Wert gelegt, die italienischen „Freunde“ in Rom ja nicht zu verärgern.




Hungerstreik aus Solidarität mit einer Südtirolerin, die als Österreicherin sterben will

Am 11. Juni 2021 stellte die am 23. April 1919 als österreichische Staatsbürgerin in Kurtatsch geborene Hermine Aloisia Orian (geborene Mair) im Alter von 102 Jahren den Antrag an die Republik Österreich, ihr die österreichische Staatsbürgerschaft wieder zu verleihen. Sie wünscht sich, als österreichische Staatsbürgerin zu sterben, da sie 1919 als österreichische Staatsbürgerin geboren wurde.

Die Antragstellerin war in der Zeit des Faschismus als „Katakombenlehrerin“ tätig gewesen und hatte die Gefahr von Verhaftung und Verbannung auf sich genommen.

Der Vorstand des Andreas Hofer-Bundes (v. l.: AHBT-Obmannstellvertreter Hermann Unterkircher, AHBT-Obmann Alois Wechselberger, Hermine Orian und AHBT-Südtirol-Beauftragte Edith Weinreich) besuchten Frau Orian an ihrem 103. Geburtstag in ihrem kleinen Haus in Schenna bei Meran.
Der Vorstand des Andreas Hofer-Bundes (v. l.: AHBT-Obmannstellvertreter Hermann Unterkircher, AHBT-Obmann Alois Wechselberger, Hermine Orian und AHBT-Südtirol-Beauftragte Edith Weinreich) besuchten Frau Orian an ihrem 103. Geburtstag in ihrem kleinen Haus in Schenna bei Meran.

Aus Wien kam keine Antwort. Obwohl die italienische Gesetzeslage eine Doppelstaatsbürgerschaft zulässt und sich auch die Südtiroler Volkspartei (SVP) wiederholter Maßen für die Möglichkeit einer Doppelstaatsbürgerschaft der Südtiroler ausgesprochen hat, stieß dieses Vorhaben auf die strikte Ablehnung der Regierungspartei ÖVP.

Rom wollte und will keine engere Anbindung der Südtiroler an Österreich und die Lakaien in Wien waren und sind gehorsam.

Der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB) und der Nordtiroler „Andreas Hofer-Bund Tirol“ (AHBT) setzten sich in der Folge für das Anliegen der Frau Oria ein und richteten zahlreiche Schreiben an die österreichischen Regierungsstellen.

Insbesondere der AHBT-Obmann Mag. Alois Wechselberger wurde hier unermüdlich tätig. Er wurde von den Behörden – wohl auf Weisung von oben – in die Irre und im Kreis geschickt. Man schickte ihn von Pontius zu Pilatus und letztlich lehnte jede Regierungs- Landes- und Magistratsstelle die Zuständigkeit ab.

Auch eine Demonstration Tiroler Schützen in Wien vor dem Innen- und dem Außenministerium in Wien, darunter Schützen der Kompanie „Major Guiseppe de Betta“ aus Trient, bewirkte nichts.

Der Außenminister Schallenberg reagierte auf schriftliche Eingaben einfach nicht.

Mittlerweile wurde Frau Orian am 23. April 2023 104 Jahre alt und es ist offensichtlich, dass man in Regierungskreisen in Wien hofft, dass sich das lästige Problem bald von selbst erledigt.

In dieser Situation erreicht uns folgender Pressedienst des „Andreas Hofer-Bundes Tirol“ (AHBT):

Österreichische Bundesregierung gefährdet 2 Menschenleben!

104jähriger Südtirolerin wird die Vergabe der österr. Staatsbürgerschaft verwehrt! AHBT-Obmann Wechselberger, der Frau Orian im Wort steht, greift zum Mittel der moralischen Notwehr: zum Hungerstreik!

Sehr geehrte Damen und Herren,

in der seit Jahren strittigen Frage der österreichsichen Staatsbürgerschaft für die im 105. Lebensjahr stehende Südtirolerin, ehemalige Katakomben-Lehrerin, Urgroßmutter Hermine Orian (geb. Mayr) ist nun unser Obmann, Mag. Alois Wechselberger, in den Hungerstreik getreten.

Das Innenministerium hat uns, dem Andreas Hofer-Bund Tirol (AHBT), mehrfach zugesagt, den Fall Orian – noch vor der Sommerpause (!!!) – in den Ministerrat zu bringen. Bis zur parlamentarischen Sommerpause sind es nur noch knapp drei Wochen!

Unsere zahlreichen Anfragen in den letzten Wochen bestätigten jedoch, dass der Fall Orian durch Innenminister Karner (ÖVP) persönlich blockiert wird: Der Ministerratsdienst des Bundeskanzleramts und auch andere mit der Sache befassten Ministerien und Regierungsstellen bestätigten, dass es bis dato keine Vorbereitungen getroffen wurden, um die Staatsbürgerschaftsfrage im Ministerrat endgültig zu behandeln und abzuschließen.

Wir vom AHBT und auch Frau Hermine Orian sind offenbar durch Beamte und Minister über Wochen und Monate hinweggetäuscht worden. Wir lehnen eine von der Regierung angesteuerte „biologische Lösung“ – durch gezielte Verschleppung einer Entscheidung – im Fall Orian kategorisch ab!

Wie bereits in einer Presseaussendung angekündigt, hat unser Obmann als Mittel der äußersten moralischen Notwehr den Hungerstreik gewählt. Seit 10. Juni 2023 ist unser Obmann im Hungerstreik!  Es liegt nun an der Bundesregierung in Wien den Fall Orian rasch abzuschließen, um die (bereits angeschlagene) Gesundheit bzw. das Leben unseres Obmannes sicherzustellen. Für die seelischen Qualen der altersbedingt sehr gebrechlichen Frau Hermine Orian und für die körperliche Unversehrtheit unseres Obmannes machen wir die Regierung Nehammer-Kogler (namentlich Herrn Innenminister Karner)  persönlich verantwortlich!

Während die sogenannte freien und unabhängigen österreichischen Medien zur Causa Orian (noch!!!) schweigen, berichtet bereits die italienische Nachrichtenagentur ANSA.

Übersetzung:

Hungerstreik für die italienisch-österreichische Staatsbürgerschaft

Der Promoter nimmt nur Flüssigkeiten zu sich, „es ist die letzte Form der Selbstverteidigung“

(ANSA) – BOZEN, 13. JUNI – Seit Jahren kämpft Alois Wechselberger vom Andreas-Hofer-Bund für Hermine Orian, einer 104-jährigen Südtirolerin, um die österreichische Staatsbürgerschaft.

Nun ist er in einen Hungerstreik getreten.

„Seit Sonntag nehme ich nur noch Flüssigkeit und etwas Traubenzucker zu mir“, sagte Wechselberger gegenüber ANSA.

Der Österreicher begründet die Entscheidung damit, dass „trotz der Zusage des Wiener Innenministeriums, die Sache Orian bis Ende Juni dem Ministerrat vorzulegen, bislang nichts passiert ist“.

Bis zur Sommerpause werde es nur noch zwei Ministerratssitzungen geben, betont Wechselberger.

„Offensichtlich wird im Fall Orian weiter Obstruktionspolitik betrieben, die mit Unwahrheiten auf eine biologische Lösung abzielt“, sagt der Initiator der Klage, der dem Innenministerium in Wien vorwirft, das Dossier nicht an das Außenministerium weitergeleitet zu haben.

„Der Andreas-Hofer-Bund hat in diesen zwei Jahren weder Zeit noch Kosten gescheut. Angesichts des Umgangs Wiens mit Frau Orian im Besonderen und den Südtirolern im Allgemeinen ist es dringend geboten, mit einem Hungerstreik auf dieses Unrecht aufmerksam zu machen – wie eine letzte Form der Selbstverteidigung“, schlussfolgert Wechselberger.

Mit Gesamttiroler Gruß zeichnen für den AHBT-Vorstand:

Johann Moser e.h.
z.Zt. geschäftsf. Obmann des AHBT
und
Wilfried Nothegger e.h.
Obmann-Stv. des AHBT




„An der Seite des Volkes“: Buchpräsentation in Brixen und Salzburg

Eine bewegende Dokumentation über den Widerstand der Südtiroler Geistlichen gegen die faschistische Entnationalisierung.

Helmut Golowitsch:
AN DER SEITE DES VOLKES
Südtiroler Geistliche unter dem Faschismus 1918 – 1939

EFFEKT! Verlag, Neumarkt
ISBN 978-88-97053-95-8
474 Seiten, reich bebildert
Ab EURO 28,90

Mit Vorworten des Landeskuraten des Südtiroler Schützenbundes, P. Christoph Waldner OT und des Kapitular-Kanonikus DDr. Johann Enichlmayr.

Das Titelbild zeigt den Südtiroler Kanonikus Michael Gamper, der den geheimen „Katakombenunterricht“ in Südtirol ins Leben gerufen hatte.

Hier geht es zur Verlagsseite: https://effekt-shop.it/shop/buecher/an-der-seite-des-volkes/

Dem geplanten Untergang der deutschen und der ladinischen Volksgruppe und ihrer Kultur stellten sich in der Faschistenzeit die Priester in Südtirol mutig entgegen und nahmen dafür manche Verfolgung auf sich. Sie verteidigten und bewahrten den Gebrauch der unterdrückten deutschen Sprache in den Kindergärten, im Schul- und Religionsunterricht und im öffentlichen Leben. An ihnen und dem von ihnen unterstützten geheimen „Katakombenunterricht“ scheiterte der staatlich geplante Ethnozid, der kulturelle Volksmord.

Aus einer Denkschrift deutscher Priester Südtirols vom 11. Mai 1925 an den Trienter Fürstbischof Celestino Endrici:

„Wo es um vom Naturrecht – und damit von Gott – zuerkannte Güter geht, um die Erziehung der Kinder, um das zukünftige Geschlecht, um die Sicherung des religiösen Unterrichtes in Schule und Kirche, da ist für den Priester nur eine Stellung denkbar: die an der Seite des ihm anvertrauten, hartbedrängten Volkes, dem er Helfer und Tröster und, wenn es sein muss, auch Verteidiger der von Natur und Gott demselben zuerkannten Rechte zu sein hat – gegenüber dem mit allen irdischen Machtmitteln ausgestatteten Bedränger.“

Buchvorstellung in Brixen

Ein Bericht von Gerald Danner M.A.

An die 60 interessierte Besucher waren am 5. Mai in der Stadtbibliothek in Brixen erschienen um das neue Werk des Historikers Dr. Helmut Golowitsch „An der Seite des Volkes – Südtiroler Geistliche unter dem Faschismus 1918-1939“, erschienen im Südtiroler Effekt!-Verlag, kennenzulernen.

Eingeladen hatte der Schützenbezirk Brixen des Südtiroler Schützenbundes. In dessen Namen begrüßten Bezirksmajor Florian Lechner sowie Bezirkskulturreferent Helmut Larcher alle Anwesenden.

Der Autor wandte sich mit einer Videobotschaft an das interessierte Publikum.

Der Autor bei seiner Video-Botschaft.
Der Autor bei seiner Video-Botschaft.

Die Initiative für dieses neue Buch gewann Golowitsch durch eine Broschüre „Die Seelennot eines bedrängten Volkes“ aus dem Jahre 1927, welche Kanonikus Michael Gamper seinerzeit nur unter dem Decknamen „Athanasius“ und außerhalb Südtirols in Innsbruck herausgeben konnte. Diese handelte „von der nationalen und religiösen Unterdrückung in Südtirol“.

Gamper hatte in dieser Schrift den in vollem Gang befindlichen Widerstand der Südtiroler Geistlichkeit gegen den faschistischen Versuch der kulturellen Auslöschung des Deutschtums dargestellt. Diese Schrift bewegte den Historiker Dr. Helmut Golowitsch, das Thema näher zu untersuchen.

Bild links: Titelseite der von Kanonikus Michael Gamper im Jahre 1927 unter dem Pseudonym „Athanasius“ veröffentlichten Broschüre. Bild rechts: Aus diesen Kindern sollten begeisterte Italiener geformt werden. Dieser Versuch scheiterte am Widerstand der Familien und der deutschen Priester.
Bild links: Titelseite der von Kanonikus Michael Gamper im Jahre 1927 unter dem Pseudonym „Athanasius“ veröffentlichten Broschüre. Bild rechts: Aus diesen Kindern sollten begeisterte Italiener geformt werden. Dieser Versuch scheiterte am Widerstand der Familien und der deutschen Priester.

Das Ergebnis: So gut wie ausnahmslos hatten alle deutschen und ladinischen Geistlichen Südtirols schwerste Verfolgungen erlitten oder riskiert.

Das Ziel der italienischen und vor allem der faschistischen Politik nach dem Ersten Weltkrieg war die Schaffung einer italienischen Einheitsnation gewesen. In dieser sollten die ethnischen Minderheiten unter Aufgabe ihrer eigenen Identität aufgehen.

Um dieses Ziel zu erreichen, wurde versucht, bereits den Kindern in Kindergarten und Schule den Gebrauch der Muttersprache zu nehmen.

So kam es bereits bald nach dem Einmarsch der italienischen Truppen zu Umwandlungen deutscher Kindergärten und Schulen in italienische Institutionen. Die deutsche Priesterschaft stellte sich mutig dagegen und hielt trotz Verfolgungen, Misshandlungen, Kerkerhaft und Verbannungen in den Pfarrhöfen den verbotenen deutschen Unterricht ab.

Der Verleger Elmar Thaler stellte das Buch vor und verlas einzelne eindrucksvolle Schilderungen über die Gewaltmaßnahmen örtlicher Faschisten du der Staatsmacht gegen die Priester, die entgegen staatlichen Weisungen in den Pfarrhöfen weiterhin den Religionsunterricht in deutscher Sprache hielten.
Der Verleger Elmar Thaler stellte das Buch vor und verlas einzelne eindrucksvolle Schilderungen über die Gewaltmaßnahmen örtlicher Faschisten du der Staatsmacht gegen die Priester, die entgegen staatlichen Weisungen in den Pfarrhöfen weiterhin den Religionsunterricht in deutscher Sprache hielten.

Unzählige Fälle von Schikanen, Beschimpfungen und auch tätlichen Angriffen auf Südtiroler Geistliche durch Faschisten und die italienische Obrigkeit konnte Golowitsch aus den Unterlagen der Diözesanarchive von Trient und Brixen nachweisen, berichtete der Verleger und Ehrenlandeskommandant des Südtiroler Schützenbundes Elmar Thaler. Der Klerus war es, der sich in der Zeit des Faschismus schützend vor die Bevölkerung stellte, als der offizielle Schulunterricht und beinahe der gesamte öffentliche Alltag in deutscher Sprache verboten war. Der von Kanonikus Michael Gamper ins Leben gerufene geheime deutsche Sprachunterricht in den Katakombenschulen wurde vielfach von den Ortspfarrern unterstützt.

Der Landeskurat des Südtiroler Schützenbundes, Pater Christoph Waldner O.T., betonte, dass es sich bei dem Einsatz der deutschen Priesterschaft für die Bewahrung der deutschen Muttersprache für die Kinder um die Wahrung eines göttlichen Naturrechtes gehandelt habe.
Der Landeskurat des Südtiroler Schützenbundes, Pater Christoph Waldner O.T., betonte, dass es sich bei dem Einsatz der deutschen Priesterschaft für die Bewahrung der deutschen Muttersprache für die Kinder um die Wahrung eines göttlichen Naturrechtes gehandelt habe.

Pater Christoph Waldner O.T., Landeskurat des Südtiroler Schützenbundes, der zur Buchvorstellung in Brixen ebenfalls anwesend war, sprach von einem neuerlichen Standardwerk des Historikers Helmut Golowitsch, der eine Unzahl der Vorfälle in diesem Buch zusammentrug und damit eine Dokumentation und ein Nachschlagewerk für Vorkommnisse in den einzelnen Orten und Dörfern Südtirols geschaffen hat. Wie der Autor in seiner Video-Grußbotschaft betonte, wäre dies ohne die Unterstützung der Verlagsleitung unter Elmar Thaler nicht gelungen, der die Erhebungen in den Diözesanarchiven von Trient und Brixen durchführen ließ und dem Verfasser mehr als 800 Seiten Kopien wichtiger Dokumente beschaffte.

Einige der mehr als 800 Seiten von Dokumenten aus den Diözesanarchiven.
Einige der mehr als 800 Seiten von Dokumenten aus den Diözesanarchiven.

Diese Karte zeigt mit Ortsangaben und Datum dokumentierte Übergriffe und Gewalttaten auf.
Diese Karte zeigt mit Ortsangaben und Datum dokumentierte Übergriffe und Gewalttaten auf.

Einen lebhaften Eindruck und einen Einblick ins Buch konnten die Besucher durch ausgewählte Textstellen mit Ereignissen aus dem Raum Brixen gewinnen, die während der Vorstellung vorgetragen wurden.

Das Buch ist reich bebildert und mit zahlreichen Faksimiles von Dokumenten ausgestattet.

Das Buch ist reich bebildert und mit zahlreichen Faksimiles von Dokumenten ausgestattet.
Das Buch ist reich bebildert und mit zahlreichen Faksimiles von Dokumenten ausgestattet.

Die in der Faschistenzeit verfolgten Priester traten 1945 mit einer Unterschriftenaktion für die Rückkehr Südtirols zu Österreich ein und riskierten damit weitere Verfolgung.
Die in der Faschistenzeit verfolgten Priester traten 1945 mit einer Unterschriftenaktion für die Rückkehr Südtirols zu Österreich ein und riskierten damit weitere Verfolgung.

 

Berichterstattung in den „Dolomiten“ vom 10. Mai 2023:

Buchvorstellung in Salzburg

Am 9. Mai 2023 fand die Buchvorstellung in Salzburg statt. Eingeladen hatte der „Neue Klub“ unter seinem Obmann Dr. Wolfgang Caspart.




Letzter Abschied von Florian Weissteiner – dem Vorletzten der „Pfunderer Buam“

Am 10. April 2023 verstarb Florian Weissteiner in Obervintl im Pustertal im Alter von 86 Jahren. Er war der vorletzte noch Lebende der sieben „Pfunderer Buam“, die 1956 verhaftet, schwer misshandelt und 1957 und 1958 einem unglaublichen Justizverfahren unterworfen worden waren.

 

Roland Lang, der Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB), drückte in einem Schreiben der Familie sein Mitgefühl aus und veröffentlichte dann eine Dokumentation, die nachstehend wiedergegeben ist.

Dokumentation:

Politische Justiz im Nachkriegs-Italien – Was Florian Weissteiner und seine Freunde erleiden mussten

In der Nacht des 15. August 1956 waren 7 junge Bauernburschen in Pfunders, einem kleinen Gebirgsort in einem Seitental des Pustertals, vor einer Arbeiterkantine in eine Rauferei mit zwei italienischen Finanzern geraten, die wie sie vorher ausgiebig in der Kantine gezecht hatten. Einer der Finanzer, der schwer alkoholisierte Raimondo Falqui, war davon gerannt und in der Dunkelheit von einer Brücke ohne Geländer 3 Meter tief in den ausgetrockneten und mit Felsbrocken ausgestatteten Roanerbach gestürzt.

Von dieser Brücke ohne Geländer war der schwer alkoholisierte Raimondo Falqui in den ausgetrockneten Roanerbach gestürzt. (Bild aus der Illustrierten „DER STERN“.)
Von dieser Brücke ohne Geländer war der schwer alkoholisierte Raimondo Falqui in den ausgetrockneten Roanerbach gestürzt. (Bild aus der Illustrierten „DER STERN“.)

Bei seinem Sturz hatte sich Falqui offensichtlich an einem Stein die Stirne eingeschlagen. Die spätere Untersuchung ergab, dass Falqui 1,7 Promille Alkohol im Blut gehabt hatte, also schwer betrunken gewesen war.

Die vor der Kantine Zurückgebliebenen hatten Falquis Sturz nicht mitbekommen und gingen ebenso wie dessen Kollege nach Hause und schliefen ihren Rausch aus. Am nächsten Tag wurden die 7 Burschen als „Mörder“ verhaftet. Bereits die Ermittlungen wurden so geführt, dass sie eine Mordanklage stützen sollten.

* Die Voruntersuchung wurde durch keine Mordkommission durchgeführt, sondern nur durch einfache Carabinieri.

* Es wurden keine Spuren am „Tatort“ erhoben und dadurch auch der Stein, an dem sich Falqui bei seinem Sturz mutmaßlich den Schädel eingeschlagen hatte, nicht als Beweismittel gesucht und gesichert.

* Die Leiche wurde ohne jede Spurensicherung abtransportiert und es wurde nicht einmal der Fundort dokumentiert.

* Dadurch konnten später widersprüchliche Angaben über die Fundstelle der Leiche nicht abgeklärt werden.

* Der Gemeindearzt von Rasen-Olang, Dr. Karl Kofler, welcher den eingetretenen Tod des Falqui feststellte und als Erster dessen mutmaßlich durch den Sturz in das Geröll des Bachbetts verursachte Kopfverletzung sah, wurde trotz Antrags der Verteidigung in beiden Instanzen nicht als Zeuge vor Gericht zugelassen und nicht einvernommen. Die Begründung: Das Gericht wisse ohnehin, dass er nichts Sachdienliches auszusagen habe.

* Die Einvernahme einiger anderen wichtigen Zeugen wurde ebenfalls abgelehnt.

* Der Gerichtsmediziner Professor Franchini stellte in seinem Obduktionsbefund fest, dass Falqui bei der vorangegangenen Schlägerei nur geringfügige und oberflächliche Verletzungen wie Hautabschürfungen und Blutergüsse erlitten hatte. Lediglich eine einzige Verletzung am Schädel war die tödliche gewesen und so beschaffen gewesen, dass sie mutmaßlich von einem Sturz mit Aufschlag auf einen Stein herrührte. Professor Franchini kam daher in seiner Untersuchung zu dem Schluss, dass die wissenschaftlich annehmbarste Hypothese diejenige sei, dass Falqui in das Bachbett gestürzt sei und sich dabei an einem Stein die tödliche Schädelverletzung zugezogen habe.

* Professor Franchini stellte im Blut des Toten einen Alkoholgehalt von 1,7 Promillen fest und erklärte in seinem Befund, dass Falqui sich im Zustand einer „akuten alkoholischen Intoxikation“ befunden und zum Zeitpunkt seines Wegrennens in die Dunkelheit mit größter Wahrscheinlichkeit an Gleichgewichtsstörungen gelitten hatte.

Über dieses Untersuchungsergebnis des amtlich bestellten Gerichtsmediziners setzte sich das Gericht einfach hinweg.

Die „Pfunderer Buam“ waren Opfer – nicht Täter!

Die These der Vernehmenden und später des Gerichtes lautete, dass Falqui zu Tode geprügelt und dann in das Bachbett geworfen worden sei. Daher wurden die Burschen, wie sie später vor Gericht aussagten, so lange geschlagen, bis sie die italienischen Protokolle, deren Inhalt sie nicht verstanden, unterschrieben hatten. Diese Protokolle enthielten „Geständnisse“, die zur Grundlage der Verurteilung der Burschen wurden.

Der Prozess gegen die Pfunderer Burschen begann am 8. Juli 1957 und fand vor dem Schwurgericht in Bozen statt.

In Ketten wurden die Pfunderer Burschen in das Gefängnis nach Bozen gebracht.
In Ketten wurden die Pfunderer Burschen in das Gefängnis nach Bozen gebracht.

Den Angeklagten half es nichts, dass sie aussagten, bei den Verhören geschlagen und zur Unterschrift der in italienischer Sprache abgefassten Protokolle erpresst worden zu sein. Das Gericht verwarf ihren Widerruf im Gerichtssaal. Die Verhandlung wurde nur in italienischer Sprache geführt. Die angeklagten Bauerburschen konnten weder den Aussagen der Zeugen noch der Beweisführung der Ankläger folgen.

Der Staatsanwalt Dott. Mario Martin erklärte: „Ich verlange von euch Richtern eine Mutprobe! Euer Schuldspruch stimme überein mit dem Gefühl des Volkes, von dem ihr delegiert worden seid.“ (Zitiert nach dem Bericht in: „Justiz in Südtirol“, Hrsg. Österreichische Liga für Menschenrechte, Sektion Tirol, Innsbruck 1958, S. 19f)

Der Staatsanwalt Dott. Mario Martin war ein Mann mit faschistischer Vergangenheit, der offenbar seine Gesinnung nicht gewechselt hatte. Er sollte 1961 nach der „Feuernacht“ als Untersuchungsrichter die grausamen Folterungen Südtiroler Häftlinge decken, deren Klagen ignorieren und die Gefolterten mit zusätzlichen Verleumdungsklagen bedrohen.
Der Staatsanwalt Dott. Mario Martin war ein Mann mit faschistischer Vergangenheit, der offenbar seine Gesinnung nicht gewechselt hatte. Er sollte 1961 nach der „Feuernacht“ als Untersuchungsrichter die grausamen Folterungen Südtiroler Häftlinge decken, deren Klagen ignorieren und die Gefolterten mit zusätzlichen Verleumdungsklagen bedrohen.

Noch ungeheuerlicher äußerte sich die Vertretung der Privatanklage. Sie nannte die Angeklagten „Hyänen“, „Bestien“ und „hündische Meute“. Alle Bewohner des „finsteren und zurückgebliebenen Südtiroler Tales Pfunders“ hätten, politisch von der einheimischen Presse verhetzt, im sardischen Finanzer Falqui „den Bringer des Fortschritts und der Kultur“ gehasst und mit Mordlust verfolgt.

Der Nebenkläger Dott. Vigilio Dadea aus Mailand beschimpfte unter wohlwollender Duldung des Gerichtsvorsitzenden Dott. Leone Borzaga die Bauernburschen als „Ränkeschmiede mit dem finsteren Blick des Verbrechers, abgefeimte Delinquenten unter der Maske der Naivität, halbe Kannibalen, Wegelagerer und Mörder.“

Die Pfunderer Burschen vor Gericht.
Die Pfunderer Burschen vor Gericht.

Am 16. Juli 1957 wurden die 7 Pfunderer Burschen zu Strafen zwischen 24 und 10 Jahren verurteilt. Florian Weissteiner erhielt 16 Jahre Kerker.

Die „Liga für Menschenrechte“ veröffentlichte im Jahre 1958 eine Broschüre, in welcher der Skandalprozess gegen die Pfunderer Burschen eingehend untersucht und dargestellt wurde. Auf dem Umschlagbild ist der junge Pfunderer Alois Ebner zu sehen. (Österreichische Liga für Menschenrechte, Sektion Tirol (Hrsg.): „Justiz in Südtirol“, Innsbruck 1958)
Die „Liga für Menschenrechte“ veröffentlichte im Jahre 1958 eine Broschüre, in welcher der Skandalprozess gegen die Pfunderer Burschen eingehend untersucht und dargestellt wurde. Auf dem Umschlagbild ist der junge Pfunderer Alois Ebner zu sehen. (Österreichische Liga für Menschenrechte, Sektion Tirol (Hrsg.): „Justiz in Südtirol“, Innsbruck 1958)

Mit rasselnden Ketten wie Vieh aneinandergehängt, wurden die Pfunderer Buam zur zweiten Verhandlung nach Trient gebracht.
Mit rasselnden Ketten wie Vieh aneinandergehängt, wurden die Pfunderer Buam zur zweiten Verhandlung nach Trient gebracht.

Aus der Illustrierten „DER STERN“. Der Zweite von links: Florian Weissteiner.
Aus der Illustrierten „DER STERN“. Der Zweite von links: Florian Weissteiner.

Am 27. März 1958 wurde in der Berufungsverhandlung in Trient nach fünfstündiger Beratung neuerlich das Urteil gesprochen. Die Südtiroler Tagezeitung „Dolomiten“ berichtete, dass im Gerichtssaal Totenstille herrschte. Als das Wort „ergastolo“, „lebenslänglich“, als verkündete Strafe für Alois Ebner fiel, waren im Publikum „halberstickte Laute des Entsetzens“ zu hören.

Die jungen Burschen, die nur ihre Tiroler Mundart und kein Italienisch sprachen, hatten dem Gang der nur in italienischer Sprache geführten Verhandlung kaum folgen können. Fassungslos vernahmen sie nun das Urteil, mit welchem Florian Weissteiner 17 Jahre und 10 Monate Kerker erhielt. Die Angeklagten standen kreidebleich zwischen den Carabinieri. Den Schuldspruch zu übersetzen, hielt man nicht für nötig. Sie waren fassungslos, wie geistesabwesend, als ihnen die Carabinieri die Handschellen anlegten. Keiner sprach ein Wort, dann wurden sie mit Ketten aneinandergefesselt hinausgeführt.

Titelseite der „Dolomiten“ vom 28. März 1958
Titelseite der „Dolomiten“ vom 28. März 1958

Am 1. April 1958 veröffentlichten die „Dolomiten“ eine Entschließung der „Südtiroler Volkspartei“ (SVP), in welcher es hieß, dass „mit diesem Urteil nicht eine gerechte Strafe“ für eine begangene Tat gefunden worden sei, „sondern es wurde Rache geübt, die zur Beschaffenheit der Tat und den offenbaren Absichten der Täter in keinem Verhältnis steht und an die dunkelsten Zeiten unmenschlicher Strafjustiz erinnert.“

Zahlreiche österreichische und bundesdeutsche Zeitungen prangerten die Methoden der  italienischen Justiz an. Links im Bild auf der Titelseite des „Wiener Echo“ der zu lebenslanger Haft verurteilte Alois Ebner.
Zahlreiche österreichische und bundesdeutsche Zeitungen prangerten die Methoden der  italienischen Justiz an. Links im Bild auf der Titelseite des „Wiener Echo“ der zu lebenslanger Haft verurteilte Alois Ebner.

Das Urteil rief in ganz Tirol Entsetzen hervor. Am 1. April 1958 ruhte in ganz Nordtirol von 10 Uhr bis 10.05 Uhr alle Arbeit zu einem Gedenken an die unglücklichen Pfunderer Burschen.

Landeshauptmann Dr. Hans Tschiggfrey.
Landeshauptmann Dr. Hans Tschiggfrey.

Der Nordtiroler Landeshauptmann Dr. Hans Tschiggfrey erklärte während dieser Gedenkminuten über den Rundfunk:

„In diesen Augenblicken ruht die Arbeit in Stadt und Land. In Häusern und Fabrikshallen schweigt  der Lärm. Das Tiroler Volk denkt, von tiefstem Leid erfasst, an jene sechs jungen Bauernsöhne eines entlegenen Südtiroler Bergdorfes, deren Leben durch einen Richterspruch ganz oder teilweise vernichtet wird.“

Am 13. Mai 1960 wurden die Burschen auseinander gerissen und auf verschiedene Kerker im Süden Italiens verteilt. Auch die Brüderpaare Ebner und Unterkircher durften nicht zusammen bleiben.

Das Martyrium der Pfunderer Buam sollte 12 lange Jahre dauern. In Rom war man sich dessen bewusst, dass es sich bei dem Fall der Pfunderer Buam um einen politischen Fall gehandelt hatte. Im Zuge der abschließenden Verhandlungen zum Südtirol-Autonomiepaket kam Rom daher den Südtirolern entgegen. Am 18. Dezember 1968 begnadigte der italienische Staatspräsident Giuseppe Saragat die inhaftierten Burschen mit Ausnahme von Luis Ebner, der erst am 25. November 1969 begnadigt nach Hause zurückkehren konnte.