Nachruf für den ehemaligen Südtiroler Freiheitskämpfer Luis Larch
Bild: Südtiroler Schützenbund.
Am 9. Juli verstarb in Graz der ehemalige Südtiroler Freiheitskämpfer Alois Larch.
Der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB), eine von ehemaligen Südtiroler politischen Häftlingen gegründete Vereinigung, welche für die Selbstbestimmung eintritt, widmete ihm nachstehenden ehrenden Nachruf:
Todesanzeige in den „Dolomiten“ vom 13. Juli 2024.
Ein treuer Sohn seiner Heimat hat uns verlassen
Der aus Dorf Tirol stammende und in Lana aufgewachsene ehemalige Freiheitskämpfer Luis Larch ist nun im Alter von 91 Jahren in Graz verstorben. Er war im Südtiroler Freiheitskampf der 1960er Jahre ein persönlicher Freund und Mitkämpfer des Landeskommandant-Stellvertreters des Südtiroler Schützenbundes, Jörg Pircher, gewesen. Wie Luis Larch später in einem Interview erklärte, hatten ihn die schrecklichen Folterungen Südtiroler Häftlinge in den Carabinieri-Kasernen nach der Herz-Jesu-Nacht des Jahres 1961 dazu bewogen, sich aktiv dem Widerstand anzuschließen.
Er hatte 1964 unter abenteuerlichen Umständen aus Südtirol nach Österreich flüchten müssen, um der drohenden Verhaftung zu entgehen. Luis Larch wurde auch in Österreich gerichtlich verfolgt. Er wurde 1965 zusammen mit seinen Südtiroler Mitstreitern Adolf Obexer und Karl Ausserer festgenommen, Medienberichten zufolge von der Polizei misshandelt und Monate lang ohne Anklageerhebung in Haft gehalten.
Links: Bericht über die Misshandlung von Luis Larch in den „Oberösterreichischen Nachrichten“ vom 21. März 1966. Rechts: Der Rechtsanwalt Dr. Eberhard Molling aus Innsbruck protestierte gegen die Misshandlung.
1967 kam es dann wegen vorgeworfenen geheimen Waffentransportes nach Südtirol zu einer Verurteilung zu mehreren Monaten Haft, die durch die Untersuchungshaft bereits verbüßt waren. Die Angeklagten hatten sich offen zum aktiven Widerstand gegen die italienische Unterdrückung Südtirols bekannt. Nach dem Urteil sangen die Zuhörer des Prozesses demonstrativ das Andreas-Hofer-Lied.
Von links nach rechts: Ausserer, Obexer und Larch im November 1967 vor dem österreichischen Schöffengericht in Graz.
1982 ernannte die Südtiroler Schützenkompanie Lana Luis Larch zu ihrem Ehrenmitglied, der bei gegebenen Anlässen stolz in der Tracht der Lanaer Schützen auftrat. So auch bei der jährlichen Tiroler Schützenwallfahrt in Absam und bei dem Landesfestumzug des Jahres 1984 in Innsbruck. Dort trug er zusammen mit seinen Schützenkameraden die große metallene Dornenkrone, welche das Leid Südtirols symbolisierte.
Luis Larch war 1984 bei dem großen Landesfestumzug in Innsbruck einer der Träger der metallenen Dornenkrone.
Als im Jahre 2009 die nunmehr mit Rosen geschmückte Dornenkrone wieder durch Innsbruck getragen wurde, begleitete sie wieder Luis Larch (rechts vorne im Bild).
Der bis zu seinem Tode im Exil in Graz lebende Luis Larch war 1969 in Abwesenheit von dem Mailänder Schwurgericht zu 24 Jahren Kerker verurteilt worden. Im Jahre 2008 begnadigte ihn der italienische Staatspräsident Giorgio Napolitano kurz vor der ohnehin bevorstehenden Verjährung seiner Strafe, so dass Larch seine alte Heimat wieder besuchen konnte.
Der Landeskommandant des Südtiroler Schützenbundes, Roland Seppi, würdigte nun den Verstorbenen mit folgenden Worten: „Der Herr vergelte ihm seinen unermüdlichen Einsatz und seine Opferbereitschaft für unsere Heimat Tirol und das Schützenwesen. Möge er ruhen in Frieden.“
Wir schließen uns diesen Worten an und werden Luis Larch stets in ehrendem Andenken behalten.
Roland Lang Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB)
Bis zu seinem Tod hielt Luis Larch engen Kontakt zu ehemaligen Mitstreitern. Hier im Bild ist er zu sehen mit Univ.-Prof. Dr. Erhard Hartung, dem Obmann der Kameradschaft ehemaliger Südtiroler Freiheitskämpfer.
Letzter Abschied von Adolf Pomella
Der am 27. März 1935 geborene und am 29. Juni 2024 verstorbene Adolf Pomella aus Kurtatsch.
Am 29. Juni 2024 verstarb in seinem Heimatort Kurtatsch ein ehemaliger Südtiroler Freiheitskämpfer und schwer gefolterter politischer Häftling. Der Kurtatscher Bauer Josef Pomella war nach den Anschlägen der „Herz-Jesu-Nacht“ aufgrund einer Denunziation eines Spitzels der Carabinieri zusammen mit anderen Kurtatscher Mitgliedern des „Befreiungsausschusses Südtirol“ (BAS), wie Luis Hauser, Josef Anegg, Hermann Anrather und Josef Orian, verhaftet worden. Sie alle wurden nach der Verhaftung von den Carabinieri schwer gefoltert.
Es gelang den Carabinieri trotz Anwendung unsäglicher Gewalt jedoch nicht, von Pomella und Orian ein Schuldgeständnis zu erpressen.
Der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB), eine von ehemaligen Südtiroler politischen Häftlingen gegründete Vereinigung, welche für die Selbstbestimmung eintritt, widmete am 1. Juli 2024 dem Verstorbenen nachstehenden Nachruf:
Nachruf für Adolf Pomella
Es erreicht uns die traurige Nachricht, dass der ehemalige politische Häftling Adolf Pomella aus Kurtatsch verstorben ist.
Der 1935 in Kurtatsch geborene Bauer war nach den Anschlägen der Herz-Jesu-Nacht am 17. Juli 1961 von den Carabinieri verhaftet und anschließend schwer gefoltert worden. In den SVP-Archivalien im Landesarchiv in Bozen liegt ein Brief, in welchem Pomella der „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) die erlittene Folter beschrieb: Er war mit Zündhölzern, einem Feuerzeug und Zigaretten am Geschlechtsteil, an der Nase und am Arm verbrannt worden. Er wurde mit kochend heißem Öl angeschüttet. Er wurde auch mit einer Zange, einem eisernen Schürhaken und einem Besenstil misshandelt. Dazu kamen schwere Schläge, wobei ein Knie und ein Schienbein verletzt und eine Zehe gebrochen wurden.
Die Folterkaserne in Kurtatsch im Jahre 1961 (Aus: BILD-Zeitung).
Ein Ausschnitt aus dem Brief von Adolf Pomella.
Sein ebenfalls schwer gefolterter Mitgefangener Josef Orian berichtete in einem Brief an die SVP, dass die Carabinieri den verhafteten Adolf Pomella eine Nacht lang gefesselt an ein Treppengeländer gehängt hatten. In anderen Berichten seiner Mitgefangenen wurden die sichtbaren schweren Verletzungen des Gefolterten beschrieben.
Über seine Folterung berichtete Pomella am 6. Oktober 1961 auch an die Staatsanwaltschaft in Trient. Eine Abschrift dieses Schreibens wurde auch dem österreichischen Außenministerium übermittelt. Die hohe Politik in Österreich und in Südtirol unternahm jedoch nichts.
Nach beinahe eineinhalb Jahren Untersuchungshaft musste die italienische Justiz Josef Orian und Adolf Pomella „mangels an Beweisen“ wieder frei lassen. Eine Entschädigung für Folter und Haft haben sie nie erhalten.
Seine Angehörigen hätten keinen sinnigeren Spruch für das Leben des Verstorbenen finden können:
„Der ist in tiefster Seele treu Wer die Heimat liebt wie du“.
(Douglas Archibald und Theodor Fontane)
Josef Orian (links) und Adolf Pomella nach ihrer Freilassung am 26. Dezember 1962.
Wir gedenken unseres verstorbenen Landsmannes, der so Schweres hatte erdulden müssen, in Ehrfurcht und Trauer. In Gedanken sind wir bei seinen Angehörigen.
Roland Lang Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB)
Am 1. Juli 2024 wurde der Verstorbene auf dem Friedhof in Kurtatsch zur ewigen Ruhe gebettet.
Dokumentation
Der durch einen Geistlichen aus dem Gefängnis von Trient herausgeschmuggelte Folterbericht von Adolf Pomella:
„Adolf Pomella, geb. 27.3.1935 in Kurtatsch, Bauer in Kurtatsch. Am 17. Juli um 22.30 h wurde ich verhaftet und bis um 12.30 des nächsten Tages von den carab mißhandelt. Die carab von Kurtatsch machten mich Schuhe, Strümpfe, Hose und Unterhose ausziehen, dann hieb man mir mit einem Pistolenmagazin auf den Kopf. Ebenso schlug man mich mit der Faust, mit einem Besenstiel und einer großen Suppenkelle ins Gesicht an Hals und Nase.
Immer und immerwieder schlugen drei oder vier carabinieri mit der Faust, auch einer Pistolentasche und mit anderen Gegenständen, – ich kann mich nicht mehr an alles erinnern ich war teilweise ganz benommen – ins Gesicht und am ganzen Körper. Die carab. schütteten mir Kochöl über den Kopf und übers Gesicht und dann rieben sie mich mit einer rußigen Pfanne ein.
Ins Gesicht gespuckt, dann zwang man mich auf die Knie, man schlug mir so auf das Genick, bis ich sehr starke Kopfschmerzen bekam. Mit brennenden Zigaretten berührte man das Geschlechtsglied, die Nase und den Innenarm. Ich hatte Brandblasen. Zuletzt bemühte man dazu brennende Zündhölzer und ein brennendes Feuerzeug. Man drohte mir, mit Spagatt das Geschlechtsglied abzuklemmen. Durch die Schläge an Kopf, Magen usw. lag eine 20 cm große Blutlache am Boden, Orion, Anegg und Anrather haben sie gesehen. Ich wurde dann von zwei carab. durch einen quer gehaltenen Besenstiel am Hals an die Mauer gedrückt – heute 29. 8. schmerzt mir noch der Hals und der hiesige Gefängnisarzt nimmt das nicht zur Kenntnis.
Viele Fußtritte in den Bauch u. auf das Geschlechtsteil, das linke Knie schmerzt mir noch, ebenso eine Zehe – sie muß gebrochen sein – am linken Fuß.
Die rechte Zehe aber ist noch entzündet, auch eine große Wundnarbe am Schienbein. Der Mittelfinger der rechten Hand ist noch geschwollen, man hat ihn mit einer Kombinationszange (Flachzange) gequetscht und nach hinten gebogen. Mit der Zange stieß man mich in Brust u. Achselhöhlen, später riß man mir damit die Haare vom Hintern aus. Einen ca 60 cm langen, fingerdicken Schürhaken, den krummen, spitzen Haken im Mund haltend, mußte ich Kniebeugen machen, auch den Besenstiel bohrte man mir in den Mund, ich war verletzt u. konnte kaum noch den Mund öffnen.
Auch einen Teppichklopfer benützte man zum Schlagen. Meine Schürze rissen die car. In Stücke und sagten dann den Angehörigen, ich hätte keine Schürze angehabt.
Mit der Masch. Pistole wurde ich oft und oft bedroht. Kein Name der carab. ist mir bekannt.
Adolf Pomella.“
(Wörtliche Wiedergabe des Originalbriefes. SVP-Archivalien, Landesarchiv Bozen)
(SVP-Archivalien, Landesarchiv Bozen)
Auf zum Schwur, Tiroler Land…
Die Botschaft von hunderten Fackelträgern auf den Bergen Südtirols fordert: FREIHEIT. Das Landes-Wappen, der Tiroler Adler, symbolisiert diese Freiheit. Foto: Glasfenster im Schloss Tirol. Foto Verfasser.
Trotz widrigen Wetters konnten tausende Südtirol-Urlauber miterleben, wie am Sonntag, 9. Juni 2024, auf vielen Berggipfel und Berghängen an das feierliche Gelöbnis des Landes Tirol vom 1. Juni 1796 erinnert wurde: damals gelobten die Tiroler Landstände, angesichts der schweren Bedrohung durch Napoleon, ihr Land dem „Heiligsten Herz Jesu“ anzuvertrauen, um den göttlichen Beistand gegen den Eroberer zu erhalten.
Bericht von Georg Dattenböck
Die tiefe Religiosität der großen Volksmehrheit in Tirol blieb bis heute erhalten, wie man beim Eintritt in die Häuser und Höfe Tirols feststellen kann. (Foto. Verfasser)
Heute ist das Erinnerungsfest für die Süd-Tiroler aus allen Volksschichten der Anlass, ihre Identität, die sprachlich-kulturelle und geistige Landeseinheit, trotz 100jähriger Herrschaft Italiens, zu bewahren.
Angesichts der Besorgnis erregenden politischen Lage Südtirols sind diese Botschaften aus den Bergen Süd-Tirols für jeden Besucher sofort verständlich. Vor sehr vielen Höfen und Häusern wurde im gesamten Land ebenfalls die Tiroler Fahne aufgezogen.
Bilder von „Herz-Jesu-Feuern“ in Südtirol. (Quelle: „Feuerherz“ der Alpenvereinsjugend, Jungschützen, Bauern- und Katholischen Jugend)
Bergfeuer wurden unter der Zeit des „Duce“ Mussolini wie ein Verbrechen verfolgt, wie man aus den Meldungen der damaligen Tageszeitungen entnehmen kann. Hier ein Originalartikel aus dem „Tiroler Anzeiger“ vom 5. 3. 1935 mit dem Titel „Konfinierungen in Südtirol“ (von lateinisch: confinium = Grenze, Grenzgebiet und bezeichnet eine Form der Verbannung).
Aus: „Tiroler Anzeiger“ vom 5. März. 1935.
12 Südtiroler wurden wegen des Anzündens von Freudenfeuer bzw. Veranstaltung einer Weihnachtsfeier „zu insgesamt 27 Jahren Verbannung verurteilt“, darunter der Pfarrer von Sulden mit einer Strafe von 3 Jahren.
Weil sie Hausunterricht erteilten, wurden bei deutschen Lehrkräften in Kaltern, Tschengls, Villanders und anderen Orten Hausdurchsuchungen durchgeführt und sie wurden zu hohen Geldstrafen verurteilt.
Der Faschismus lebt
Nun mag dazu eingewendet werden, dass dies unter der Zeit des „Duce“ vor 90 Jahren geschehen war und heute nicht mehr möglich sei.
Der Aufmarsch faschistischer Fanatiker in Rom. (Foto: Schweizer Radio und Fernsehen SRF)
Bei einem Aufmarsch der neofaschistischen Organisation „Casapound“ im römischen Stadtteil Tuscolano im Jänner 2024, zeigten jedoch hunderte Fanatiker den faschistischen Gruß. Italiens Ministerpräsidentin, Giorgia Meloni, schwieg dazu beharrlich und wurde deswegen in Italien und Europa sehr scharf kritisiert. Eine bekannte Italienerin urteilte:
„Hunderte, meist junge Männer in faschistisches Schwarz gekleidet, militärisch aufgereiht, riefen „presente“ (anwesend), wie es unter Mussolini üblich gewesen war. Aufgestellt wie in einer Schlachtenreihe. Das seien Bilder, wie man sie 1924 sah.“
Die Staatsanwaltschaft Rom leitete wegen dieses militanten Aufmarsches ein Ermittlungsverfahren ein. Der römische Kassationsgerichtshof, die dritte und höchste Instanz der italienischen Gerichtsbarkeit, entschied im Jänner 2024: Der Faschistengruß sei nicht als Straftat zu werten. Der „römische Gruß“, die italienische Variante des „Hitlergrußes“, ist nunmehr in Italien weitgehend legitim.
Die „Salonfähigkeit“ des Faschismus in alter und neuer Form
In Italien wird der Faschismus zunehmend wieder salonfähig gemacht. In Südtirol aber weiß man, welches Unheil diese Ideologie in der Vergangenheit über das Land gebracht hat.
Das Buch „Der Marsch auf Bozen“ (Effekt-Verlag in Neumarkt in Südtirol – https://www.effekt.it/produkt/der-marsch-auf-bozen/ ) entlarvt die verbrecherischen Machenschaften Mussolinis und Hitlers betreffend Südtirol und ist jedem Interessierten zu empfehlen.
Mit welch brutalem Zynismus der „Duce“ Benito Mussolini gegenüber der damaligen österreichischen Regierung in den Jahren seiner Diktatur gelogen hatte, dokumentiert sich in seiner Aussage, dass er die Sache mit der Italianisierung der Ortsnamen schon abgestellt habe: „Finito con quella cosa“. (Quelle: Außenpolitische Dokumente der Republik Österreich 1918-1938 (ADÖ 10/1516)).
Die historische Wahrheit ist diametral entgegengesetzt: Mit immer größerem Fanatismus wurde die „Italianatà“ Südtirols, der gewollte und geplante Ethnozid an den Süd-Tirolern, vom Staat Italien vorangetrieben, wie die Meldung im „Tiroler Anzeiger“ vom 31. Mai 1935 mit dem Titel „Umbenennungen der Straßen und Hotels in Meran“ beweist.
Aus: „Tiroler Anzeiger“ vom 31. Mai 1935.
Wäre es nicht mitten in Europa so endlos entwürdigend, beschämend und traurig, müsste man lachen bei den Versuchen der Faschisten, dem kleinsten Ort in Tirol, der entlegensten Flur in den Bergen und z. B. der urtirolerischen Keschtngasse in Dorf Tirol einen „italienischen Anstrich“ zu geben.
Der „Südtiroler Heimatbund (SHB)“ gab 2023 die Schrift: „Rechtliche und linguistische Aspekte der Ortsnamengebung in Südtirol“ heraus, wo auf 38 Seiten sachlich und klar die Lage geschildert wird
Bereits vor einem Jahr, am 3.4.2023, schrieb der „Südtiroler Heimatbund“ einen „eindringlichen Appell“ an die Abgeordneten des Südtiroler Landtages:
Die politische Lage im Jahr 2024 stellt sich so dar: Die nahtlos in der Tradition des Faschismus stehende Partei „Fratelli d’Italia“ (FdI) und deren derzeitige Spitzenrepräsentantin, Giorgia Meloni, sehen im provokativen Zeigen des Faschistengrußes, vor allem in Süd-Tirol, kein Problem. Das ist ein äußerliches Zeichen der Gesinnung. Einer Gesinnung, die auf die weitere Aushöhlung autonomer Rechte zugunsten einer immer stärkeren Zentralisierung der Staates abzielt.
Wessen Geistes Kind Frau Meloni ist, dokumentiert folgendes Zitat: „Die Süd-Tiroler sollen nach Österreich auswandern, wenn ihnen die italienische Trikolore nicht passt“.
Giorgia Meloni bei einer Ansprache.
Nach seiner schwerer Niederlage bei den Landtagswahlen 2023 umwarb Südtirols Landeshauptmann Kompatscher die Frau Meloni und ihre neofaschistische Partei „Fratelli d’Italia“. Das über 70 Jahre lang im gesamten Tiroler Volk und auch in der Südtiroler Volkspartei (SVP) völlig Unvorstellbare wurde Wirklichkeit: Der Landeshauptmann der politisch geknebelten Süd-Tiroler legte sich freiwillig in das politische Bett des Faschismus.
Am 2. Dezember 2023 sprach sich der Parteiausschuss der SVP für eine Koalition mit Melonis „Fratelli d’Italia“, der „Lega“, „La Civica“ und den ihre frühere Gesinnung preisgebenden Südtiroler „Freiheitlichen“ aus. Diese 5 Parteien verfügen zusammen über 19 der 35 Sitze im Landtag.
Als Dank wählten die fünf Parteien im Landtag am 18. Januar 2024 Arno Kompatscher mit 19 zu 16 Stimmen wieder zum Landeshauptmann, er trat sein Amt am 1. Februar 2024 an.
Kompatscher kündigt dauernd Dinge an, die er dann nicht umsetzt. Dabei wäre eine Sanierung der schwer beschädigten Autonomie dringend nötig: In fast 50 Prozent der autonomen Kompetenzen gab es in den letzten 30 Jahren Aushöhlungen durch den italienischen Staat. Bisher ist Kompatscher aber untätig geblieben. Er fällt durch Zugeständnisse und Ausreden auf, anstatt durch Ergebnisse.
Das Gedenken an das Bündnis mit dem Herzen Jesu steht der Gesinnung des Verzichtes entgegen. In diesem Sinne dürfen wir sagen:
Süd-Tirol bräuchte endlich einen Landeshauptmann, der ein Garant für den Schutz der Autonomie ist und der für das eigene Volk arbeitet. Und nicht einen Landeshauptmann, der ständig auf den Knien nach Rom rutscht!
Lobpreisung der Carabinieri in einem indoktrinierenden „Merkheft“ für Südtiroler Schüler
Verschweigen einer teilweise düsteren Vergangenheit
Am 12. Juni 2024 wurde in Bozen von dem Bürgermeister Renzo Caramaschi (am Beitragsbild mit Tricolore-Schärpe), der SVP-Stadträtin Johanna Ramoser und Vertretern der Carabinieri, ein indoktrinierendes Merkheft für Schüler vorgestellt.
Dazu veröffentlichte der „Südtiroler Heimatbund (SHB)“ folgende Presseerklärung:
Carabinieri in Südtirol – eine nicht aufgearbeitete Vergangenheit
Die Stadt Bozen hat ein „Diario/Merkheft 2024/25“ für Schüler herausgegeben mit dem Titel
„A scuola con i – Zur Schule mit den – Carabinieri“.
Hier werden auf der Titelseite die Carabinieri den Kindern zeichnerisch als liebe Beschützer in Gestalt von Plüschtier-Hunden nahegebracht.
Ohne die verdienstvolle Rolle vieler Carabinieri bei der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit schmälern zu wollen, muss doch darauf hingewiesen werden, dass die Geschichte der Carabinieri in Südtirol auch eine Jahrzehnte lang andauernde düstere Seite aufzuweisen hat.
Bereits nach dem Einmarsch der italienischen Truppen in Südtirol im November 1918 war es zu schweren Übergriffen gegenüber der deutschen und ladinischen Bevölkerung gekommen. Die Übergriffe und Gewalttaten häuften sich in der Zeit des Faschismus. Auch das Kriegsende brachte keine umgehende Besserung. Aus dem Süden einfallende plündernde Räuberbanden, die sich „Partisanen“ nannten, wurden von den Carabinieri nicht in ihrem Tun gehindert. Im Grödental kam es zu Mordtaten.
Im Jahr 1961 und in den folgenden Jahren kam es in Carabinieri-Kasernen zu zahlreichen und schweren Folterungen Südtiroler Freiheitskämpfer, die sich gegen die andauernde gewalttätige Unterdrückung erhoben hatten. Auch hier gab es Todesopfer.
Die Folterer wurden nicht bestraft, sondern eine Reihe von ihnen wurde von einem italienischen Gericht sogar freigesprochen bzw. fielen die begangenen Misshandlungen unter Amnestie. Sie wurden anschließend öffentlich belobigt und geehrt.
Dieser Teil der Geschichte wird von offizieller italienischer Seite und seit längerem auch von deutscher Seite bis heute zumeist schweigend übergangen. Hier wäre längst eine kritische Aufarbeitung mit öffentlicher Entschuldigung für das in der Vergangenheit begangene Unrecht angebracht. Dies würde einem unbefangenen Verhältnis zur einheimischen Bevölkerung dienen.
Bislang deutet nichts darauf hin, dass dies in naher Zukunft geschehen könnte – doch die Hoffnung stirbt zuletzt.
Roland Lang Obmann des „Südtiroler Heimatbundes (SHB)“
Flugblatt des Bergisel-Bundes in Oberösterreich aus den 1960er Jahren.
Der Südtiroler Landeshauptmann Dr. Arno Kompatscher, sein „Tag der Befreiung“ und die von ihm verehrten Partisanen
Auch in diesem Jahr ließ es sich der Südtiroler Landeshauptmann Dr. Arno Kompatscher nicht nehmen, am 25. April 2024 seine Verbundenheit mit Rom durch seine Teilnahme an der Feier des italienischen „Tages der Befreiung“ in Bozen zu betonen. Zusammen mit dem Bozener Bürgermeister Renzo Caramaschi und Vertretern der „Partisanen“-Organisation ANPI sang er ein die damaligen Partisanen verherrlichendes Lied „ciao! bella, ciao, ciao, ciao!“.
Auf der Internetseite der italienischen Tageszeitung „Alto Adige“ wurde diese Szene schön dargestellt unter der Überschrift:
„Fest der Befreiung, Caramaschi und Kompatscher singen zusammen das Lied ‚Bella Ciao‘“
Von dem angeblichen „Partisanenlied“ sind weder Autor noch Entstehungsgeschichte bekannt. Sehr seltsam! Angeblich wurde es bereits im Zweiten Weltkrieg von den italienischen Partisanen gesungen. Es gibt aber auch die Vermutung, dass die heute zu den beliebtesten Kampfliedern der politischen Linken gehörende sentimentale Verherrlichungshymne erst nach 1945 geschaffen wurde.
Una mattina mi son svegliato, o bella, ciao! bella, ciao! bella, ciao, ciao, ciao! Una mattina mi son svegliato, e ho trovato l’invasor.
Eines Morgens erwachte ich O Schöne, tschau, Schöne, tschau, Schöne, tschau, tschau, tschau! Eines Morgens erwachte ich und fand den Eindringling vor.
In dem Lied heißt es weiter, dass der Partisan nun in den Kampf gegen den deutschen „Eindringling“ aufbrach und seine Schöne bat, ihn zu begraben, falls er sterben sollte. Und Blumen von seinem Grab sollte sie weiterschenken. Ergreifend!
Das tatsächliche Geschehen: Ab dem „Tag der Befreiung“ – Abschlachtungen von Menschen durch Nachkriegs-Partisanen
Am 5. April 1945 hatten die alliierten Streitkräfte die deutsche Front in Italien durchbrochen und die deutschen deutschen Truppen fluteten nun chaotisch nach Norden, der eigenen Heimat zu.
Nun ergriffen straff organisierte kommunistische Partisaneneinheiten die Initiative. Am 25. April 1945 brach in großen Städten wie Bologna, Padua und Mailand ein Aufstand kommunistischer Partisanen los, die Jagd auf politische Gegner machten, Mordtaten vollbrachten und in weiten Landstrichen die Macht an sich rissen. Dieses Geschehen wird bis heute in Italien als „Tag der Befreiung“ und der Geburt des nunmehr demokratischen Staates Italien gefeiert.
Der Historiker Roberto Beretta hat in seinem 2005 erschienenen Buch „Storia dei preti uccisi dai partigiani“ („Geschichte der von den Partisanen umgebrachten Priester“) 129 Fälle grausam abgeschlachteter Priester und eines vierzehnjähriger Seminaristen dokumentarisch behandelt.
Links: Das Buch von Roberto Beretta. Rechts: Bild des ermordeten Seminaristen Rolando Rivi.
Räuberische Mörderbanden als „Nachkriegspartisanen“ in Südtirol
In Südtirol traten erst nach der Kapitulation der Deutschen Wehrmacht am 2. Mai 1945 italienische „Freiheitskämpfer“ öffentlich auf. Sie plünderten vor allem Südtiroler. Schlimmsten Terror aber verübten Räuberbanden aus südlichen Gefilden wie der Provinz Belluno, die als „Partisanen“ in die deutsch und ladinisch besiedelten Gebiete einfielen. Sie raubten und plünderten in Bozen, Salurn, Naturns und an anderen Orten. Es kam zu zahlreichen Verschleppungen und zu Morden im Grödental.
Die Gräber von vier Ermordeten, die auf dem Friedhof von St. Christina bestattet wurden, sind heute noch zu sehen.
Des Landeshauptmannes seltsames Verhältnis zu der italienischen Partisanenvereinigung „ANPI“
Offenbar weiß Landeshauptmann Dr. Kompatscher nicht, was sein Parteiorgan „Volksbote“ im Jahr 1945 über die sogenannten italienischen „Partisanen“ in Südtirol geschrieben hat.
„Was aber den aktiven Widerstand gegen die nationalsozialistische Herrschaft anbelangt, so müssen wir einmal feststellen, dass wir vor dem Waffenstillstandsvertrag nie einen italienischen Partisanen in Südtirol gesehen haben. Und die Herren, die sich nach dem 3. Mai 1945 als Partisanen gebärdet haben, können wir wirklich nicht als solche anerkennen.“
Ungeachtet dieser Tatsache ließ der Südtiroler Landeshauptmann Dr. Arno Kompatscher am 28. April 2016 eine Vereinbarung mit der „Nationalen Vereinigung der Partisanen Italiens ANPI“ unterzeichnen, in welcher diesem Partisanen-Traditionsverband ein Mitgestaltungsrecht bei dem Zeitgeschichte-Unterricht an Südtirols Schulen eingeräumt wurde durch Bereitstellung von Inhalten und Materialien für den Geschichtsunterricht und Durchführung von Seminaren und Tagungen.
Kompatschers Kommentar dazu: „ciao! bella, ciao“.
„Peinliche Bankrotterklärung im Kampf um die Staatsbürgerschaft“
Wir haben schon in der Vergangenheit über die am 23. April 1919 in Kurtatsch geborene letzte noch lebende Katakombenlehrerin Hermine Mayr berichtet. In Kurtatsch leitete die Geheimschullehrerin Marianne Orian mehrere geheime Gruppen, in einer derselben unterrichtete die junge Hermine Mayr die Ortskinder in deutscher Sprache. (Näheres siehe in: Maria Villgrater, Katakombenschule, Bozen, 1984, S. 172 u. S. 402)
Hermine Mayr sollte später den Bruder von Marianne Orian heiraten und damit den Namen Hermine Orian annehmen.
In diesem Jahr wurde Hermine Orian 105 Jahre alt. Ihr sehnlichster Wunsch ist es, die österreichische Staatsbürgerschaft zu erhalten, um als Österreicherin in das Jenseits einzugehen.
Jahre lang hat sich der Leiter des Andreas Hofer-Bundes (AHB) in Innsbruck, Alois Wechselberger, vergeblich für die Erfüllung dieses Herzenswunsches eingesetzt. Man hatte ihn im Kreis geschickt, von einem Amt zum anderen. Er hat trotz dieser Frozzelei bis heute nicht nachgegeben und wird bis zu dem letzten Lebenstag von Hermine Orian den politisch so unsagbar Handelnden immer wieder fordernd entgegen treten.
AHBT-Obmann Alois Wechselberger mit Hermine an ihrem 105. Geburtstag.Sie reicht ihm die Hände zum Dank für die letztendlich vergebliche jahrelange Mühe.
Zu ihrem Geburtstag gratulierte ihr auch der FPÖ-Obmann Herbert Kickl und drückte sein Unverständnis dafür aus, dass die österreichische Bundesregierung sich beharrlich weigert, diesen Wunsch zu erfüllen.
Es geschehen aber noch Zeichen und Wunder. Am 11. Mai 2024 veröffentlichte die „KRONEN ZEITUNG“ einen 2seitigen Bericht aus der Feder von Josef Poyer unter dem Titel:
„Peinliche Bankrotterklärung im Kampf um die Staatsbürgerschaft“
In dem Artikel hieß es:
Die Republik Österreich versagt wieder einmal als Schutzmacht von Südtirol. Der österreichische Pass für eine 105-jährige Katakombenlehrerin rückt in weite Ferne, der Politik fehlt der Wille. Aber rechtlich sei vieles möglich.
„Ich bin als Österreicherin geboren, als Österreicherin will ich sterben.“ So viel Patriotismus aus der Kehle einer eigentlichen Italienerin, das macht heimischen Politikern aktuell Angst und Bange.
Denn die Causa rund um die 105-jährige Südtirolerin Hermine Aloisia Mayr (verwitwete Orian) – die ehemalige Katakombenlehrerin kämpft, wie berichtet, um einen österreichischen Pass – lässt Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und den zuständigen Innenminister Gerhard Karner sprachlos zurück. Man wolle sich zur Causa einfach nicht äußern, heißt es auf Nachfrage der „Krone“.
Die Rechtslage sei klar, was die Verleihung der Staatsbürgerschaft aufgrund außerordentlicher Leistungen betrifft.
Es wird lediglich darauf hingewiesen, dass der Wortlaut des Gesetzestexts auf bereits erbrachte und noch zu erwartende außerordentliche Leistungen im besonderen Interesse der Republik abzielt. Bei einer Frau im so fortgeschrittenen Alter wohl unmöglich, so die höhnischen Worte einiger Beamten.
„Großer Spielraum“: Recht nicht gleich Gerechtigkeit
Verfassungsrechtler Peter Bußjäger kennt die Thematik schon länger und bewertet das Zögern der politischen Akteure mit einem milden Lächeln: „Natürlich wiegt das Kriterium mit den noch erwartbaren Leistungen sehr schwer, aber der Bund hat hier auch großen Ermessensspielraum. Die wichtigste Frage lautet, wie strikt die Bundesregierung in der Vergangenheit gehandelt hat.“
Und da offenbaren sich wohl bei Personen wie der russischen „Putin-Freundin“ Anna Netrebko und dem polnischen „Leider-doch-nicht-Investor“ Michal Solowow, die zwar die rot-weiß-rote Staatsbürgerschaft bekommen haben, aber im Nachhinein nicht wirkliche Aushängeschilder für die Alpenrepublik waren, etliche Lücken im Gesetzestext.
Vor allem die aktuelle Einbürgerung von Brasilien-Legionär Ronivaldo wirft Fragen auf. Zum Beispiel: Welche Leistungen ein 35-jähriger Fußballer noch für unser Land erbringen kann? Fakt ist, für Frau Mayr fehlt nur der Wille …
Die endgültige Entlarvung der derzeit noch Regierenden
Am 15. Mai 2024 stellte der FPÖ-Nationalratsabgeordnete und Südtirol-Sprecher Peter Wurm zusammen mit FPÖ-Kollegen im Österreichischen Nationalrat den Antrag an die Österreichische Bundesregierung, der ehemaligen Katakombenlehrerin Hermine Orian die österreichische Staatsbürgerschaft zu verleihen.
Der Antrag wurde von den übrigen Parteien abgelehnt!
Als der Südtiroler Abgeordnete Dr. Eduard Reut-Nicolussi am 6. September 1919 Abschied aus dem neugegründeten Nationalrat in Wien nahm, hatte er in seiner Abschiedsrede der Hoffnung Ausdruck gegeben, dass Österreich weiterhin die Solidarität mit den nun abgetrennten Südtirolern wahren werde. Es gab stürmischen Beifall von allen Seiten des Hauses und Rufe erschallten wie „Wir werden unser Wort halten!“
Von dieser Gesinnung ist bei Schwarztürkis-Rot-Grün heute nichts mehr vorhanden.
Alljährlich wird in Tirol am 20. Februar, dem Todestag Andreas Hofers, feierlich des Freiheitshelden von 1809 gedacht. (Bild von der Feier in Meran 2023 – SSB)
Dieses Gedenken soll Anlass sein, auch an die Frauen ehrend zu erinnern, welche damals Andreas Hofer treu und aufopfernd zur Seite standen.
Teil III: Kämpfende und leidende Frauen an der Seite von Andreas Hofer
Ein Beitrag zur Geschichte – zusammengestellt von Georg Dattenböck
Im Rückblick auf den Todestag von Andreas Hofer am 20. Februar 1810 soll auch all jener vielen und unbekannten Tiroler Frauen gedacht werden, die den Kampf gegen Napoleon und seine Vasallen bis zum Ende mit all ihrer Kraft mittrugen und von denen einige sogar aktiv mitgekämpft hatten. Das Andenken an sie sollte nicht in der Vergessenheit versinken.
Das schwere Schicksal der Anna Gertraud Hofer, geborene Ladurner
Andreas Hofer ehelichte am 27. Juli 1789 Anna Gertraud Ladurner aus Algund bei Meran und zeugte mit ihr sechs Mädchen und einen Sohn. Dieser tapferen Frau wurde bereits in mehreren Ausgaben des SID gedacht (u.a. in: „Des Sandwirts letzte Heimkehr“).
Anna Gertraud Hofer in einer zeitgenössischen Darstellung.
Nach der von Napoleon befohlenen Erschießung des Sandwirts befand sich dessen Frau Anna, wie dutzende anderer Frauen von Gefallenen, nicht nur in einer psychischen, sondern auch in einer wirtschaftlichen Ausnahmelage: es gelang ihr nicht mehr, die Geschäfte ihres Mannes weiterzuführen, sie meldete Konkurs an.
Nur acht Monate nach Hofers Erschießung, besuchte der bairische Kronprinz Ludwig I. von Wittelsbach (seit 1825 König) Anna Hofer. Er war der Sohn des unter Napoleon regierenden Königs Maximilian I. Für die Rolle, die Maximilian I. als williger Vasall Napoleons bei der brutalen Niederwerfung Tirols spielte, war sein Sohn nicht verantwortlich. Im Hinblick auf Ludwigs Wesen darf man wohl von einer tiefen Einsicht über das Tirol zugefügte Unrecht ausgehen. Ludwig und hochrangige Touristen, die Anna Hofer am Sandwirtshof im Passeier besuchten und befragten, halfen ihr jedoch finanziell auch nicht aus ihrem Elend.
Sie fuhr 1810 nach Wien, um von Kaiser Franz eine von ihm zugesicherte Jahrespension einzufordern. Der Kaiser gewährte ihr zunächst eine einmalige finanzielle Unterstützung.
Kaiser Franz und Anna Ladurner. (Bild aus: Rudolf v. Granichstaedten-Czerva: „Andreas Hofers alte Garde“, Innsbruck 1932)
Erst acht Jahre nach ihrem Wien-Besuch, im Jahre 1818, erhielten Anna Hofer und ihre vier noch lebenden Töchter Maria Kreszenz, Rosa Anna, Anna Gertraud und Gertraud Juliana eine Jahrespension zugesprochen. Die vier Töchter starben jedoch bereits vor Anna Hofers eigenem Tod am 6. Dezember 1836 in St. Leonhard im Passeier.
Die traurige Lage vieler Frauen und Kinder
Die Lage des Landes war so verzweifelt, dass auch Frauen zu den Waffen griffen. Sehr traurig war dann das Schicksal der durch den Krieg verwitweten Tirolerinnen, die keinen Besitz hatten, sondern sich als Mägde und Dienstboten verdingen mussten, um ihren Kindern und sich selbst das Überleben zu ermöglichen.
Birgit Treffner berichtet darüber in einer wissenschaftlichen Abhandlung:
„Am allerschlimmsten traf es jene Frauen, deren Männer während der Kämpfe verstarben. Allerdings betont Schennach (Anm.: Historiker), dass es zum Thema Trauer nur sehr wenig Quellenmaterial gibt und erwähnt dabei eine der wenigen überlieferten Schilderungen eines Mannes, der Tirol im Jahre 1811 bereiste. Marcel de Serres (Anm.: französischer Geologe) berichtet, dass ihm der Bürgermeister von St. Johann unter anderem die Gräber der Gefallenen von 1809 zeigte. Dabei konnte de Serres emotional ergriffene Frauen und Kinder vor den Grabsteinen auf Knien beten sehen.
Er verspürte die tiefe Trauer der Angehörigen, die sich erst langsam mit der neuen Situation abfinden konnten. Doch erging es nicht nur den Tiroler Frauen so, auch die Frauen der bayerischen Soldaten trauerten um ihre gefallenen Männer und Söhne.
Das letzte Aufgebot zog ins Feld. Zurück blieben die Frauen und Kinder, die ein schweres Schicksal erwartete, wenn die Männer nicht mehr nach Hause kamen. (Historische Postkarten)
Natürlich waren Frauen auch direkt von den Kampfhandlungen betroffen. 23 Tiroler Frauen sind laut Hans Kramer infolge der Gefechte in Tirol verstorben, was rund zwei Prozent der Tiroler Todesopfer entspricht. Der Großteil der weiblichen Opfer war während der bayerischen Übergriffe im Mai zu beklagen, da es in diesen Tagen besonders häufig zu Gewalttaten kam. (…)
Es wird aber auch berichtet, dass Frauen in den Kampfhandlungen eine Rolle zufiel, sei es im Bereich der leiblichen Versorgung der Kämpfenden oder der Pflege von Verletzten. So etwa erwähnt Joachim Haspinger in seinem Tagebuch, dass in den Pausen des Gefechts die Männer mit Wasser und Wein versorgt wurden, ‚welches ihnen die tapferen Weiber der herumliegenden Gegenden bis auf die obersten Posten trugen.‘ Georg Mühlberger schreibt den Tiroler Sieg am Bergisel im August der Versorgung durch die Frauen aus der Umgebung zu, die dafür verantwortlich waren, dass die Männer sich in den Pausen erholen konnten. (…) Im Freiheitskampf von 1809 verpflegten meist ortsansässige Bäuerinnen die Landesverteidiger mit Brot, Wasser oder so manchen Selbstgebrannten während der Kämpfe.“ (Birgit Treffner: „Der Tiroler Freiheitskampf 1809 mit besonderer Berücksichtigung der Frauen zu dieser Zeit“; Diplomarbeit, Wien 2012, S. 48, 51, 52)
Theresia von Sternbach
Die bürgerliche Maria Theresia Obholzer (*20.5.1775 in Bruneck, †5.4.1829 in Mühlau) ehelichte, trotz des Standesunterschiedes, am 17.6.1799 den Reichsfreiherrn Franz Andreas von Sternbach, der bereits am 10.2.1808 starb.
Theresia von Sternbach, Porträt um 1808.
Als 1809 der Freiheitskampf begann, unterstützte Marie Theresia v. Sternbach vor allem Josef Speckbacher und Martin Teimer, kaufte Waffen und Munition und nahm auch angeblich selbst zu Pferd an Kämpfen teil. (Antonius Lux, Hrsg.: „Große Frauen der Weltgeschichte. Tausend Biographien in Wort und Bild“, München 1963, S. 450).
Vor der dritten Bergisel-Schlacht wurde sie am 3. August 1809 von bayerischen Truppen verhaftet, da ihr Schloss als Waffenlager verraten worden war. Es folgte zwangsweise Einquartierung von Truppen und nach der Niederlage wurde sie von den Bayern als Geisel nach München mitgenommen. Ihren minderjährigen Sohn musste sie im Schloss Rizol bei Innsbruck zurücklassen. Ihr wurde in der Gefangenschaft das Hängen angedroht. Trotzig bat sie, so die Überlieferung, mit dem Gesicht nach Österreich und dem Rücken nach Frankreich gehängt zu werden. Sie wurde in die Zitadelle von Straßburg verlegt, wo sie bis zum 14. Februar 1810 in einer locker geführten Haft verblieb. Am 20.2.1810 wurde sie freigelassen.
Ihre Besitzungen im Pustertal fand sie bei ihrer Heimkehr geplündert vor, doch gelang ihr ein wirtschaftlicher Wiederaufstieg. Der von ihr beim Kaiser in Wien vorgebrachten Bitte um finanzielle Hilfe wurde nicht entsprochen, jedoch erhielt sie die „Große Goldene Civil-Ehrenmedaille“ verliehen.
Maria Anna Jäger
Birgit Treffner berichtet in ihrer Diplomarbeit: „Eine weitere Schilderung von aktiv beteiligten Frauen stammt aus der Region um Schwaz. Dort soll, laut Gianangelo Ducati, ein hübsches tapferes Mädchen aufgetreten sein, das sich aktiv an den Kämpfen beteiligte und ‚auf die Idee kam, Wägen mit Heu zu beladen, sie anzuzünden und auf den Feind zurollen zu lassen.‘
Die Vermutung liegt nahe, dass diese zeitgenössische Beschreibung Anna Jäger aus Schwaz beschreibt.“ (Birgit Treffner, a.a.O., S. 63)
Bild aus Schloss Freundsberg. Von links nach rechts wurden folgende Personen handschriftlich genannt: Josef Hell, Bildhauer v. Vomp, Anna Jäger, Heldin von 1809, Andreas Hofer aus Passeyer, Josef Speckbacher 1809.
In einer Gedenkschrift der Gemeinde Schwaz über das Jahr 1809 heißt es:
„Maria Anna Jäger – das Lebzelter Mariandl
Über ein weibliches Schwazer Original von 1809, der ‚Lebzelter-Mariandl‘ – es war dies die Geschirrhändlerin Maria Anna Jäger – wird folgendes berichtet: ‚Ein rüstiges Weib aus Schwaz von 28 bis 29 Jahren, mit einem Stutzen bewaffnet, diente während des Feldzuges unter Speckbacher‘ (Auszug aus J.L. Batholy’s Werk: Der Krieg der Tiroler Landsleute im Jahre1809“).
Ein Zeitzeuge, 26 Jahre Bürgermeister und Ehrenbürger von Schwaz, Josef Spornberger, beschrieb sie wie folgt:
‚A Riesenweib isch sie gwösn, gressa als a groassa Mannas, dick und stark a. An Ratz hat sie ghabt wia a Mannas und a Stimm wia a Bär‘. Maria Anna Jäger starb laut Totenbuch am 26. Mai 1850 in Schwaz, Haus Nr. 12, auf der Einöde, im 71. Lebensjahr.“
(Wiedergegeben in: Gedenkschrift der Gemeinde Schwaz: „Schwaz Schicksalsjahr 1809“ (Studie von OAR Hans Sternad), Schwaz 2009, S. 15)
Guiseppina Negrelli
Über dieses Welschtiroler Mädchen wird von der Schützenkompanie „Giuseppina Negrelli“ in Primör berichtet: „Auch Primör hat seine Heldin, ihr wurde aber kein Denkmal errichtet; viel zu sehr damit beschäftigt, den Bruder Alois zu ehren und seine Erinnerung zu pflegen, hat es sie vergessen.
Das Geburtshaus von Giuseppina Negrelli (Bild von der Internetseite der Schützenkompanie „Giuseppina Negrelli“)
Giuseppina wurde als Tochter des Angelo Michele und der Elisabetta Würtempergher am 27. Mai 1790 um 14 Uhr geboren. Am 18. Dezember 1842 starb Giuseppina Negrelli an einer Venenentzündung.
Ihre dokumentierte Teilnahme im Kampf von 1809 wird auf der Internetseite der Schützenkompanie „Giuseppina Negrelli“ in Primör so beschrieben:
„Während der einzelnen Befreiungsversuche kämpften an der Seite der Tiroler auch die Landesverteidiger des Trentino und sie zeichneten sich ebenso durch Tapferkeit aus. Besondere Berühmtheit erlangte während der Kämpfe im Trentino ein Welschtiroler Mädchen, Josefine Negrelli, welche in die Geschichte als das ‚welschtirolische Mädchen von Spinges‘ eingegangen ist. Als am 6. Juni 1809 die französische Brigade d‘Azmar Miene machte, über Trient vorzubrechen, wurden die Welschtiroler Schützen des Suganatales von Andreas Hofer zu den Fahnen gerufen. Josefines Vater, Angelo Negrelli, Gutsbesitzer in Primoer, trat in die Reihen der Kämpfer; an dem Gefecht bei Feltre nahm Josefine an der Seite ihres Vaters teil und die Legende erzählt, dass sie durch ihren Heldenmut das Gefecht entschieden habe. Als Lohn für ihren Mut soll sie den Titel eines ‚Hauptmannes‘ erhalten haben. Sie war eine Schwester des berühmten Alois von Negrelli-Moldelbe, der den Bau des Suez-Kanals entworfen hat…“ http://www.skgiuseppinanegrelli.com/deutsch/pagine/giuseppina.htm
In einem Bericht vom 15. Juni 1809 an den k.k. Intendanten Baron Hormayr heißt es über die Beteiligung der „Josephine Negrelli“ und anderer Frauen an den Kämpfen: „Eine gewisse Josephine Negrelli, 18 Jahr alt, ist in Mannskleidern mit dem Schützen ausgezogen, und die Weiber nahmen selbst eine Position, um Steine auf den Feind herabzurollen.“
Bericht an Baron Hormayr. (Archiv muratori – Cavalese)
Historische Postkarte. (Internetseite der Schützenkompanie „Giuseppina Negrelli“ Primör)
Katharina Lanz und weitere Kämpferinnen
Das kleine Dorf Spinges mit heute 280 Bewohnern liegt auf einer Geländeterrasse am Übergang vom Pustertal in das Eisacktal in einer Höhe von 1105 m.
Bekannt wurde Spinges durch einen schweren Kampf im Jahre 1797, als es galt, die ins Land eingedrungenen Franzosen zurückzuschlagen. Auf Grund des „Tiroler Landlibells“ von 1511 waren die Tiroler Schützen zur Landesverteidigung verpflichtet. Am 24. März 1797 wurde nun das ganze waffenfähige Volk im nördlichen Tirol, im Vinschgau und im Pustertal aufgeboten. Andreas Hofer nahm als Hauptmann einer Kompanie von 129 Passeirern an den Kämpfen bei Meran und Bozen teil. (Karl Paulin: „Andreas Hofer und der Tiroler Freiheitskampf 1809“, Innsbruck 1996, S. 13)
In Spinges standen die Verteidiger unter dem Kommando des Schützenhauptmannes und Landsturmkommandanten Dr. Philipp von Wörndle. Als die französischen Soldaten unter General Joubert das Dorf Spinges erreichten, stießen sie auf dieses Tiroler „Letzte Aufgebot“. Es galt, die französischen Truppen aufzuhalten und ein weiteres Vorrücken nach Österreich zu verhindern. So kam es am 2. April 1997 zu dem berühmten und erbitterten Gefecht von Spinges.
Bei den Schützen herrschte Mangel an Munition, die Franzosen gingen zu einem Bajonettangriff über. Die Tiroler kämpften nun mit umgekehrten Stutzen. Im Ringen Mann gegen Mann gelang es, dem Gegner große Verluste zuzufügen und ihn zurückzudrängen.
Wörndle hatte 103 Opfer zu beklagen, die Franzosen nach verschiedenen Schätzungen zwischen 600 und 1.800 Tote. General Joubert zog sich zurück und benützte das Pustertal als Fluchtweg. (Meinrad Pizzinini: „Andreas Hofer“, Wien 1984, S. 55)
Gedenktafel an die im Kampf um Spinges gefallenen Landesverteidiger. (Bild: Verfasser).
In die Geschichte eingegangen ist das Mädchen Katharina Lanz, die zeitgenössischen Berichten zufolge auf der Friedhofsmauer von Spinges stehend den Feind heldenhaft abgewehrt hatte.
Der Tiroler Landsturmkommandant Philipp von Wörndle hat selbst in seinen Erinnerungen berichtet: „Man sah hier unter anderem eine Bauersmagd aus Spinges, welche mit zusammengegürteten Unterkleide und fliegenden Haaren auf der Freithofsmauer stund, und die stürmenden Feinde mit einer Gabel hinunter stieß.“ (Meinrad Pizzinini: „Andreas Hofer“, Wien 1984, S. 55)
Über die Herkunft des „Mädchens von Spinges“ gab es eine Zeitlang Diskussionen unter Historikern. Es ist heute jedoch unumstritten, dass es sich um Katharina Lanz aus St. Vigil im ladinischen Enneberg handelte. Sie hat selbst zu Lebzeiten anderen Zeitzeugen über ihre Teilnahme an dem Kampf berichtet. Das belegen auch andere historische Quellen. (Meinrad Pizzinini: „Andreas Hofer“, Wien 1984, S. 55 und 255)
Gedenktafel für Katharina Lanz an der Außenwand der Kirche. – Glasfenster für Katharina Lanz in der Kirche Spinges mit folgender Inschrift: „Keines frechen Fremdlings Fußtritt soll das Heiligtum beflecken. Will Altar und Tabernakel noch mit meiner Leiche decken!“ (Bilder: Verfasser)
Auch an Hauswänden lebt die Erinnerung fort. (Bild: Verfasser)
Wenige hundert Meter außerhalb von Spinges wurde im Jahr 1882 auf einem Hügel ein großes Denkmal für die im Kampf gefallenen Schützen errichtet, welches von den heutigen Schützen weiter betreut wird. (Bild: Verfasser)
Dieses Denkmal der Katharina Lanz wurde 1912 vor der Kirche von Pieve (La Plie‘ de Fodom) im ladinischen Buchenstein-Tal errichtet und 1915 im Zuge der Räumung nach Corvara (Abtei) übertragen. Von dort wurde es durch die Faschisten in den Graben des Schlosses von Rovereto verschleppt. Erst 1964 wurde die Statue wieder an ihrem ursprünglichen Standort aufgestellt.
Radierung von C. Robert Schindelmayer: „Das Mädchen von Spinges, 2. April 1797“, um 1800. (Bild aus: „Tiroler Almanach auf das Jahr 1802“, Innsbruck, Landesmuseum Ferdinandeum)
Außer Katharina Lanz gab es noch weitere mutige Frauen, welche ihren Männern und Söhnen im Kampf zur Seite standen.
Der Historiker Meinrad Pizzinini berichtet darüber: „Im Eisacktal erlebten die Franzosen ebenfalls kühne Überraschungen. Von General Laudon aufgefordert, alles zu wagen, stritten besonders die Männer und Frauen (!) aus Latzfons unweit des Klosters Säben unerbittlich gegen den Feind. Als französische Scharfschützen am 3. April um fünf Uhr morgens über den Weg nach Latzfons heranrückten, um die Höhen zu gewinnen, kam es unweit der Häusergruppe Pardell zu heißen Kämpfen, wobei es immer wieder gelang, die Franzosen mit Stutzenfeuer und Steinhagel zurückzutreiben.
Hart umkämpft wurde das hoch am Berg gelegene Dorf Latzfons bei Klausen. (Historische Postkarte)
Ein besonderes Schauspiel leisteten sich die Frauen und Mädchen, die unter der Führung des ‚Thinner-Gretele‘, einer recht robusten bäuerlichen Frauengestalt, auf dem Verdingser Bühel oberhalb Pardell mit einer Mohnstampfe und Böllern erfolgreich ein Geschütz vortäuschten. Auf ein Alarmzeichen hin erhielten die Latzfonser Hilfe aus dem benachbarten Villanders, was den Franzosen nicht verborgen blieb. Sie wagten daher auch einen Angriff gegen das Dorf Villanders. Da sprangen die Frauen und Mädchen in die Bresche und gingen kompromisslos hart mit ihren Gegnern um, die nur kurze Zeit über die ‚Weiberwacht‘ zu Villanders lachten. Die ‚Weiber‘ schossen mit Büchsen und warfen mit Steinen, bis sich die Franzosen mit drei Toten und zwei Verwundeten zurückzogen. Ein kaiserliches Belobigungsdekret des Jahres 1800 gab ‚den Weibern und Mädchen der Gemeinde Villanders über diesen ebenso seltenen als ruhmreichen Beweis ihres Muthes und ihrer treuen Anhänglichkeit an Religion, Fürst und Vaterland das Allerhöchste landesfürstliche Wohlwollen zu erkennen.‘“ (Meinrad Pizzinini: „Andreas Hofer“, Wien 1984, S. 56)
Der kämpfenden Frauen wurde später auf historischen Postkarten ehrend gedacht.
Bild einer Vinschgauer Schützenkompanie um 1796/97 mit ihrem grün-weiß-grünen Banner auf dem Fahnenblatt einer Fahne, die 1809 ins Gefecht geführt wurde. Beide Offiziere tragen hellblaue Uniform mit grünen Aufschlägen einer regulären Truppe, wohl des Tiroler Jäger- und Scharfschützenkorps. (Tiroler Landesmuseum Innsbruck)
Im ersten Beitrag wurden Anton Binner, der Sekretär Erzherzogs Johann und zahlreiche im Jahre 1809 bei den Schützenkompagnien dienenden Priester vorgestellt.
Der heute in Garmisch-Partenkirchen ansässige Tiroler Hermann Unterkircher, Obmann des Andreas-Hofer-Bundes in Deutschland, hat uns dazu noch eine ergänzende Mitteilung geschickt: Am 2. Februar 1810 wurden die beiden Pfarrgeistlichen von Virgen im Bezirk Lienz in Osttirol, Pfarrer Damascen Sigmund und der Kooperator Martin Unterkircher, von den Franzosen standrechtlich erschossen. Sie hatten Aufrufe von Andreas Hofer verbreitet und von der Kanzel verlesen. Ihre standrechtliche Erschießung ist in den Sterbebüchern und der Chronik der Gemeinde Virgen vermerkt.
Zusendung von Hermann Unterkircher. Martin Unterkircher war ein Vorfahre von ihm.
An Pfarrer Sigmund und Kooperator Unterkircher erinnern Denkmäler in Virgen (links) und in St. Veit im Defereggental (rechts). (de-academic.com)
In diesem zweiten Beitrag werden weitere weitgehend vergessene Mitkämpfer Andreas Hofers vorgestellt. Zurückgegriffen wird dabei auf das Buch von Prof. Dr. Rudolf v. Granichstaedten-Cerva: „Hofers alte Garde“ (Innsbruck 1932), als auch auf dessen Beiträge im „Tiroler Anzeiger“ der 30er Jahre.
Teil II: Einige vergessene Mitstreiter
Ein Beitrag zur Geschichte – zusammengestellt von Georg Dattenböck
Wir müssen uns fragen: Hat unsere Jetztzeit noch Verständnis für die Haltung von Andreas Hofer und seiner Mitkämpfer? Hat man heute noch Verständnis für Peter Mayr, den Wirt an der Mahr, der die schweren Opfer um die Landesfreiheit Tirols nicht durch eine Notlüge entwerten wollte und lieber starb, als den tiefen Sinn des Aufstandes gegen Napoleon zu verleugnen?
In diesem Beitrag wird auf den Freiheitskampf von 1809 eingegangen und anhand der Haltung vielfach vergessener Mitkämpfer Andreas Hofers können wir erkennen, wie das Volk damals fühlte und dachte.
Der Begriff „Toleranz“ wird derzeit überstrapaziert. Die religiöse Toleranz der napoleonischen Besatzungsmacht sah damals so aus, dass den Tirolern die Mitternachtsmette ebenso verboten wurde, wie das Wetter- und Feierabendläuten. Öffentlich ausgepeitscht wurden Tiroler Frauen, die trotzdem die Glocken läuteten. Am 1. Mai 1809 wurde durch die zwangsweise eingeführte, neue Verfassung, die alte mit dem Landlibell des Kaisers Maximilian vom 23. Juni 1511 bestätigte Tiroler Wehrfreiheit abgeschafft.
Das Landlibell von 1511 war Teil der Tiroler Landesverfassung. Es ist heute ausgestellt in dem Museum Tirol-Panorama auf dem Bergisel in Innsbruck.
Das Landlibell hatte festgelegt, dass die Tiroler nur zur Verteidigung des eigenen Landes Kriegsdienst leisten mussten. Nun hoben die Bayern aber zwangsweise Tiroler Rekruten für ihre bayerischen Truppen aus.
Gewaltsame Rekrutenaushebung durch bayerische Truppen im Passeier. (Historische Postkarte mit der Wiedergabe eines Gemäldes von Edmund von Wörndle 1896)
Der „Druck im Kessel“ wurde zu stark, er musste explodieren. Der Kaiser in Wien unterstützte den Kampf der Tiroler, indem er ihnen die Zusicherung gab, dass er nie auf die getreue Grafschaft Tirol verzichten werde. Er unterzeichnete ein Dokument, welches als das „Wolkerstorfer Handbillett“ in die Geschichte einging. Der Wortlaut wurde als Flugblatt unter der Bevölkerung verbreitet.
Das „Wolkerstorfer Handbillett“ des Kaisers vom 29. Mai 1809 mit dem Versprechen des Kaisers an die Tiroler, dass er keinem Friedensvertrag zustimmen werde, der Tirol und Vorarlberg von Österreich trenne. Gleichzeitig versprach der Kaiser, seinen Bruder Erzherzog Johann so bald als möglich nach Tirol zu entsenden, um die Führung des Landes zu übernehmen. (Landesbibliothek Dr. Friedrich Tessmann Bozen).
Die Tiroler Aufständischen hegten damals die Hoffnung, endgültig wieder dem österreichischen Kaisertum anzugehören. Als der Kaiser aber im Frieden von Schönbrunn (14. Oktober 1809) Tirol erneut den Bayern und Franzosen überantwortete, wollten die Tiroler diese Nachricht nicht glauben, da sie ja das Wort des Kaisers hatten, dass er keinen Frieden unterzeichnen würde, welcher die Abtretung Tirols vorsah. Ab nun galten die kämpfenden Tiroler jedoch als Rebellen und wurden von dem Feind auch als solche behandelt.
Andreas Hofer wurde von den Franzosen am 20. Februar 1810 als „Rebell“ standrechtlich erschossen (Historische Postkarte).
Napoleons Kriegsführung
Seit Napoleons 1799 erfolgter Rückkehr von seinem gescheiterten Eroberungskrieg in Ägypten beherrschte er unumschränkt Frankreich. Am 14. Juni 1800 unterlag die österreichische Armee bei Napoleons Angriffskrieg in der Schlacht von Marengo bei Turin.
Zeitgenössische Darstellung Napoleons auf dem Schlachtfeld von Marengo.
Auf der Walstatt lagen 14.000 Tote: 10.000 Österreicher und 4.000 Franzosen. Österreichs Truppen zogen sich hinter den Fluss Mincio zurück, welcher in der Presanellagruppe, westlich des Gardasees, entspringt.
Die Taktik, wie Napoleon seine Artillerie gegen Österreichs Armee einsetzte, war neu. Sie wurde nicht statisch eingesetzt, sondern rückte, unter einheitlicher Leitung in beweglichen, zusammen gefassten Batterien nach vorne, um den Angriff der Infanterie und Kavallerie durch präzises Feuer vorzubereiten und bereits am Beginn des Kampfes die österreichischen Einheiten zu zerschlagen.
Französische Artillerie zur Zeit Napoleons im Gefecht (Zeitgenössische Darstellung).
Gegenüber den bestens gerüsteten französischen Einheiten lag das Problem der Tiroler Schützenkompanien in ihrer militärisch mangelhaften Ausbildung, Bewaffnung und Logistik. Vor allem fehlte es ihnen an starker Artillerie. Die Tiroler glichen diese Mängel durch die Kenntnis des eigenen Landes, die Gunst des unwegsamen Gebirges, sowie vor allem durch wilden Mut und größte Tapferkeit aus.
Auf dieser historischen Postkarte zum Gedenken an den Freiheitskämpfer Josef Speckbacher (nach einem Gemälde von Erich Heermann) sind die einfachen Waffen der Tiroler Landesverteidiger dargestellt, darunter eine mit Stahlbändern umreifte hölzerne Kanone.
Über die Tiroler berichtete der französische Marschall François-Joseph Lefebvre
Frankreichs Marschall François-Joseph Lefebvre (Portrait von Césarine Davin-Mirvault um 1807. Aus: Wikipedia)
Der französische Marschall François-Joseph Lefebvre (*25.10.1755 in Rufach/Elsaß, †14.9.1820 in Paris), von Napoleon ernannter Herzog von Danzig, schrieb einen Tag vor der dritten großen Bergisel-Schlacht (13.8.1809), die für ihn verloren gehen sollte, an Napoleon in Wien einen Bericht über die Lage seiner Truppen und seine Ansicht über die Tiroler:
Innsbruck, 12. August 1809
An seine Majestät Napoleon, Kaiser der Franzosen, Wien, Schloss Schönbrunn
Sire! Es sei also gesagt, dass ich meinen ersten Rückzug im Leben vor rasenden Bauern antreten musste. Mein erster persönlicher Brief an Eure Majestät enthielt den Bericht über den Hass, der in Tirol allgemein gegen die Feinde herrscht. Die drei Feldzüge, die ich unter Ihrem Oberbefehl mitmachte, waren gewiss kein Kinderspiel, aber mein guter Stern hat mich immer aus den Verlegenheiten gezogen, besonders aber aus diesen, wo die Natur für die Bewohner kämpft, welche niederträchtiger und rasender wie die Wilden sind.
Doch gut, trotz meines Hasses gegen die Lüge und meiner Liebe für die Ehrlichkeit habe ich diese Spitzbuben durch die Vorspiegelung einer Verständigung, welche weder ich noch sie zu halten gedachten, gründlich getäuscht, ohne diese List hätte ich das gleiche Schicksal erfahren, wie General Royer und Oberst Bourscheidt.
Dieses Bild aus dem Jahre 1794 zeigt den französischen General Marie Francois Rouyer (links im Bild) in einer Schlacht. Er unterlag 1809 in mehreren Gefechten den Tiroler Bauern.
Johann Ludwig Freiherr von Bourscheid war Oberst in bayerischen Diensten, der am 9. Juli 1809 in einem Gefecht an der Pontlatzer Brücke im Oberinntal den Tiroler Bauern unterlag und sich in deren Gefangenschaft begeben musste. (Diese historische Postkarte gibt ein Gemälde von K. Jordan über das Gefecht an der Pontlatzer Brücke wieder, welches sich im Innsbrucker Museum Ferdinandeum befindet)
Ich schulde also der ersten Lüge meines Lebens, durch die ich meine Generäle und Truppen über ihren wirklichen Bestimmungsort täuschte, den Erfolg, ohne Mühe den Engpass, wo der Kronprinz von Bayern, General von Arco und Marschall Ney derartige Verluste erlitten hatten, passiert zu haben, indem ich nur ca. 200 Mann verlor.
Einige unglückliche Kreaturen, darunter ein Hauptmann, waren die Opfer ihrer Charakterschwäche, sie zogen das Leben und die Gewissheit der Sklaverei dieser Barbaren dem Tode vor. Mein Freund, General Drouet, hat Innsbruck mit einer Umsicht und Unerschrockenheit, deren nur wenig Leute fähig sind, nur mit Hilfe einer Handvoll Leute gehalten, mit Soldaten, die noch dazu erst vor einigen Tagen eine schreckliche Niederlage mitgemacht hatten.
Der französische General Jean-Baptiste Drouet.
Ohne diesen französischen General hätte ich kaum noch einen Soldaten in der Stadt vorgefunden. Die Wache und die höheren Verwaltungsbehörden hatten sich trotz der Vorstellungen des Generals geflüchtet, was den schlechtesten Eindruck im Lande hinter unsmachte. Pardon, Sire, wenn ich zu oft von diesem außergewöhnlich bescheidenen und tüchtigen General spreche. Ich habe für ihn eine große Gunst erbeten, Eure Majestät erteilen sie gewiss am rechten Orte. Ich werde nie mehr davon sprechen. Ich habe meine Pflicht erfüllt. Das große Herz des Meisters eines Weltteiles wird ihm eines Tages Gerechtigkeit widerfahren lassen.
Ich bin also in Innsbruck mit der Division des Kronprinzen und dem Landsturm des Obersten Grafen Arco und Grafen Oberndorf. Die Division des Generals Deroy hat drei Kanonen, eine ausgezeichnete Eskadron und den größten Teil des zehnten Infanterie-Regimentes verloren. Der General Royer hat wenigstens 1500 Mann eingebüßt.
Diese Wilden in Tirol steigen mit rasendem Geschrei ins Inntal hernieder, das Kruzifix an der Spitze, mit ihren Priestern, rasend wie die Tiger. Ich erwarte Ihre Befehle, Majestät, auch wenn ich mich unter den Ruinen Innsbrucks begraben lassen muss. (…)
Historische Post karte nach einem Gemälde von Edmund von Wörndle aus 1896.
Ich füge diesem Brief noch hinzu, dass ich mich scheue, um es gerade herauszusagen, in diese Täler in der jetzigen Jahreszeit vorzustoßen. Im Jänner könnte man diesenVersuch nur mit Franzosen mache, aber nicht mit meinen jetzigen Soldaten, welche teilweise demoralisiert sind.
Was mich betrifft, Sire, lassen Sie ab, mich diesen Revolutionskampf führen zu müssen. Es ist 20 Jahre her, dass ich beinahe durch einen Steinschlag am Kopfe getötet worden wäre und jetzt erhielt ich einen am Knie, der mich teuflisch schmerzt.
P.S. Ich darf Eure Majestät nicht in Unkenntnis lassen, dass mir am 10. August berichtet wurde, dass zwischen den Schweizer und italienischen Deputierten beim Landwirt im Passeiertale eine Besprechung stattgefunden hat.
Marschall Herzog von Danzig m.p.
Andreas Hofers Kanonenfabrikant Romedius Strasser
Der Historiker Granichstaedten berichtet: Im Sommer 1937 fand Staatsarchivarin Dr. Theophila Wassiliko unter den Akten der Polizeihofstelle des Staatsarchivs des Innern in Wien einen Akt (Zl. 223/1812), der nicht nur wegen seines Inhaltes für die Kriegsgeschichte Tirols 1809 interessant ist, sondern auch wegen der drei inliegenden, von Andreas Hofer eigenhändig unterzeichneten Laufzettel.
Es handelte sich um ein Gesuch des Romedius Strasser, der zum Nachweis seiner Verdienste seiner Eingabe eine Anzahl von Zeugnissen und Dokumenten beilegte. Strasser war Schmied, Eisen- und Metallgießer, Kunst- und Münzschlosser, er begnügte sich aber nicht mit seinem Beruf, sondern machte auch einige für die damalige Zeit erregende Erfindungen. Strasser war ein technisches Genie: er konstruierte einen neuartigen Patent-Glühofen mit großer Holzersparnis und er erfand eine neuartige Büchsenbohrmaschine. Kaiser Joseph II. verlieh ihm am 8.8.1789 die große goldene, zwölf Dukaten schwere Ehrenmedaille (auf Lebensdauer) von 200 Gulden.
Nach Aufenthalten in Schwaben und Mailand kam er 1794 nach Schwaz in Tirol und wurde dort 1803 zum k. k. Maschinen und Kunstmeister ernannt. Im Juni 1805 wurde Strasser die Pension durch die Besatzungsmacht gestrichen, er musste beim Messingwerk Achenrain als Kunstschlosser dienen, im März 1807 war er bei der Stahlfabrik in Jenbach und Ende 1807 in Salzburg tätig.
Freiherr Josef von Hormayr war führend im Freiheitskampf von 1809 tätig. (Lithographie von Ignaz Fertig um 1850, aus Wikipedia) Er ließ eiserne Kanonen gießen, welche weniger taugliche, mit Stahlbändern umreifte hölzerne Kanonen ersetzen sollten. (Historische Postkarte mit der Wiedergabe eines zeitgenössischen Bildes)
Als Freiherr Josef von Hormayr, als Hofkommissär ein hochrangiger Mitstreiter von Andreas Hofer und Erzherzog Johann, nach der ersten Befreiung Tirols, am 2. Mai. 1809, nach Innsbruck kam, hörte er dort von Strassers Kunstfertigkeit, berief ihn im Juni in die Landehauptstadt und beauftragte ihn Kanonen zu bohren, Geschütze und Kugeln zu gießen und Kartätschengeschoße anzufertigen. Schon drei Wochen nach erhaltenem Auftrag, im Juli 1809, donnerten Strassers Kanonen in der Scharnitz und im Achental.
Nach dem Regierungsantritt durch Andreas Hofer am15. August1809 war dieser bemüht, seine Artillerie, die durch die Bergisel-Kämpfe sehr gelitten hatte, aufzurüsten. Am 14. September1809 schrieb Hofer laut einem Bericht im „Tiroler Anzeiger“ vom 12. Februar 1938 Folgendes an „Romed Strasser“:
„Von Seite der k. k. Oberkommandantschaft von Tirol erhält Romed Strasser den strengen Auftrag, soweit es in seiner Macht liegt, Kanonen zur Verteidigung des teuren Vaterlandes zu gießen oder, wenn selbe mehr haltbarer, zu schmieden, mit der Versicherung, daß sein Eifer Sr. Majestät dem Kaiser werde empfohlen werden. Zugleich hat er sich alle Mühe zu geben, die dazu benötigten (Kugeln, dieses Wort ist im Brief weggelassen) entweder selbst oder durch andere gießen zu lassen.
Der k. k. Oberkommandant: Andreas Hofer m. p.“
Aus dem Bericht im „Tiroler Anzeiger“ vom 12. Februar 1938.
Strasser wurde ein Orden in Aussicht gestellt aber kein Geld! Er scheint diesen strengen Auftrag sehr rasch befolgt zu haben, denn schon am 20. 9., sechs Tage später, stellt Hofer folgende Bestätigung aus:
„Daß Romed Strasser, k. k. Kunstschaffer in Jenbach, die zwei eisernen kleinen Kanonen hierher richtig eingebracht hat, wird bestätigt. Im Namen des Oberkommandanten: Andreas Hofer m.p.“
Am 3.10.1809 sandte Hofer an Strasser, dessen Name ihm vermutlich entfallen war, folgende Eildepesche:
„Dem Schmiedemeister, welcher Kanonenkugeln gießt, in Jenbach. Sie haben 2000 Stück sechslötige Kanonenkugeln zu verfertigen und anher zu senden. (Nachschrift): Jeder Verzug unterwirft der strengsten Verantwortung. Durch Eilstaffette, eiligst.“
Das traurige Ergebnis dieser Schnellarbeit für Strasser war, dass ihm das Oberkommando nicht nur das Geld für die Arbeit schuldig blieb, sondern er auch aus der eigenen Tasche die für die Doppelhaken, Feldeschlangen und Kugeln nötigen Erze mit etwa 500 Gulden bezahlen musste.
Strasser scheint ein tapferer Mann gewesen zu sein, denn er meldete sich fünfmal zum allgemeinen, freiwilligen Aufgebot. Am 1. Jänner 1801 stellte ihm der Landesschützenmajor Wenzel Graf von Wolkenstein-Rodenegg (*1770, †31.12.1805 in Güns, Ungarn), ein Tapferkeitszeugnis über seine Teilnahme an den Kämpfen 1800 aus, am 2. Mai 1800 wurde er vom Distriktkommandanten und Hauptmann Peter Nikolaus Lergetporer (*6.1.1749 in Schwaz, †1.3.1825 Urfahr) seines Dienstes als Vorpostenkommandant enthoben, da er von einer Gesandtschaft aus Innsbruck als Kanonengießer angefordert worden war.
Im Juni und Juli 1809 goss er Kanonen. Am 17. August 1809 hatten sich bei Jenbach unter Strassers Kommando die Sturmkompagnien von Münster und Jenbach, sowie die Schwazer Bergknappenkompagnie im Gehölz am linken Innufer platziert und die nach der Bergisel-Schlacht auf dem Rückzug begriffenen Bayern so heftig bestrichen, dass diese ihre siebenpfündigen Haubitzen gegen die Tiroler auffahren mussten, um sie zu vertreiben.
Historische Postkarte zu den Ereignissen von 1809.
Im Herbst 1811 hatte Strasser, den wir wohl als Vorgänger von Franz Freiherr von Uchatius, k. k. Feldmarschall-Lieutenant und Erfinder der nach ihm benannten Uchatius-Kanone, bezeichnen dürfen, durch Vermittlung des Oberstkämmerers Rudolf Graf von Wrbna und Freudenthal, dem Kaiser Franz in Preßburg persönlich eine neue, von ihm erfundene „gemeinnützige“ Maschine (wohl für Kriegszwecke) vorgeführt.
Dies berichtete Josef von Hormayr in seinem Gutachten zum Gesuch Strassers und lobte darin Strassers Geschicklichkeit und seine unschätzbaren Dienste über alle Maßen. Den gleichen Lobgesang stimmte auch der frühere Tiroler Landeskommissär Anton von Roschmann über Strassers Genialität an. Trotzdem blieb (13.11.1812) Strassers Gesuch unerledigt (ad acta), weil man höchsten Orts der Meinung war, er sei durch frühere Auszeichnungen hinlänglich belohnt.
Über Strassers Schicksal und Tod konnten wir bisher nichts erfahren. Romedius Strasser, der nach 1826 gestorben sein dürfte, scheint eine große Familie gehabt zu haben.
Josef Abenthung, der tapfere Schullehrer von Götzens
Josef Abenthung wurde am 19.2.1779 als Sohn des Mesners Franz Abenthung und der Elisabeth (geb. Graßmayr), in Götzens geboren. Da er frühzeitig Neigung zur Musik zeigte, brachte ihn der damalige Pfarrer Meichelbeck nach Seefeld, wo er das Orgelstudium betrieb, das er dann in Stams fortsetzte, wo der berühmte Organist P. Zacharias Hirnsperger sein Lehrer wurde. Dann ging Abenthung nach Innsbruck, wo er unter dem Abbe Falk lernte und nach Wien, wo Johann Gänsbacher ihm Unterricht erteilte.
Abenthung wurde „Götzner Mozart“ genannt: er verfasste und komponierte 16 Messen, 16 Kantaten, 8 Präludien, 124 Cantilenes und 19 türkische Musikstücke. Neben seiner musikalischen Tätigkeit wirkte Abenthung als erster weltlicher Lehrer in Götzens.
Josef Abenthung in seinem Götzener Haus Nr. 87. Er sitzt in der damaligen Schulmeisterkleidung, im langen Bratenrock, vor seinem Spinett, den Blick dem Beschauer zugewendet. An der Wand hängen der alte Klapphut mit dem grünen Federbusch, den die Schützenoffiziere 1809 trugen und der kurze Krummsäbel; auf der anderen Seite Geige, Flöte und Trompete. (Quelle: Granichstaedten)
Die Franzosenkriege riefen ihn zu den Waffen: 1805 war er Vorpostenkommandant, 1809 stellte er sich an die Spitze der Götzenser Schützen, als deren Hauptmann, und mobilisierte das ganze Axamser Mittelgebirge und das Sellraintal. In der Zeit vom 22.6. bis 13.7.1809 war er mit 130 Schützen in Scharnitz postiert.
Als am Abend des 10. August 1809 die Landesverteidiger aus allen Tälern gegen Innsbruck anrückten, in dieser Gegend sich aber an diesem Tag damals noch kein Anführer oder Kommandant zeigte und niemand sich fand, den von Andreas Hofer beschlossenen Angriff planmäßig zu leiten, war es Abenthung, der, von seinen Landleuten dazu aufgefordert, diese schwierige Aufgabe übernahm.
Historische Postkarte mit der Darstellung der Ausrückung des Tiroler Landsturms im Jahre 1809.
Er verteilte die bei Zirl hereinströmende Mannschaft auf beide Seiten der Berge, schickte eine Abteilung nach Scharnitz, um den dortigen Pass zu besetzen und führte am 11. August 1809 mit seiner Mannschaft, die nur aus den Kompagnien von Götzens, Sellrain, Mutters und Natters bestand, einen entschlossenen Angriff auf das feindliche Mitteltreffen durch. Es gelang ihm, sich der Geisterhütte am Blumesköpfl zu bemächtigen und die dort postierten bayerischen Abteilungen zurückzuwerfen.
Dieser Tat verdanken die Gemeinden Mutters und Natters, dass die Franzosen an einem Einbruch in diese Gegend verhindert wurden und die beiden Dörfer vor Brandlegung verschont blieben.
Der kleine Ort Natters bei Innsbruck blieb von der Zerstörung verschont. (Postkarte von 1901)
Am 13. August 1809 kommandierte Abenthung die rechte Kolonne (300 Mann) des linken Flügels der Tiroler Kampftruppen. Er zog mit seiner Mannschaft, der sich viele Oberinntaler zugesellt hatten, unter den lauten Klängen einer Musikkapelle – Abenthung wollte auch in der Schlacht die Musik nicht missen – von Götzens aus, beim ersten Morgengrauen, gegen das feindliche Mitteltreffen am Bergisel.
Während seiner Vorrückung stieß Abenthung auf eine ganz erschöpfte Südtiroler Kompanie, welche in einem schützenden Versteck mutlos und ohne ihren Hauptmann lagerte. Er trat an sie heran, belebte sie durch aufmunternde Worte, riss dem ermatteten Tambour die Trommel vom Leibe und rührte sie mit eigener Hand – zum Sturmmarsch, wobei er der Kompanie voranschritt. Unter beständigem Schlagen der Trommel führte er diese Südtiroler und seine eigene Mannschaft gegen den Feind, der sich an den natürlichen Felsenschanzen zwischen der Schrofen- und Geisterhütte festgesetzt hatte.
Unter Trommelschlag griffen die Tiroler in der Bergisel-Schlacht an. (Historische Postkarte nach einem Gemälde von Zeno Diemer)
Schließlich warf er nach kurzem Kampf die Franzosen aus ihrer Stellung. Unter seinen Schützenkompanien zeichneten sich die 2. Petersberger Kompanie aus Umhausen und die 5. Petersberger Kompanie aus Längenfeld, sowie Götzenser aus, bei den Schützen der letztgenannten besonders Josef Brandl aus Götzens. Die Götzenser standen bei der Schrofenhütte „wie die Felsen“, alle Stürme der Franzosen wurden abgewiesen, namentlich bei der Gallwiese und beim Hußlhof. Hier erhielt Abenthung eine schwere Schusswunde.
Nach dem siegreichen Ausgang der Schlacht, zu dessen Gelingen Abenthung nicht wenig beigetragen hatte, begab er sich in sein Heimatdorf. Im November 1810 finden wir ihn in Wien. Er wohnte dort in der Rossau Nr. 22 und wollte vom Kaiser eine Belohnung für seine 1809 geleisteten Dienste. Bald verließ er Wien und sandte im September 1811 von Götzens aus einen Angestellten des Haller Schiffmeisters Franz Josef von Aichinger mit einem Bündel Zeugnisse nach Wien, um sein Gesuch mit Dokumenten zu belegen und zu betreiben.
In Vöcklabruck (Oberösterreich) wurde der Angestellte aber von damals bayerischen Landgendarmen festgenommen und es wurden Abenthungs Papiere konfisziert. Nun sollte Abenthung, dem als Tiroler der Verkehr mit Wien damals untersagt war, seines Lehrerpostens in Götzens enthoben werden, aber der milde Generalkommissär Max Baron Lerchenfeld machte unter Hinweis auf Abenthungs Tüchtigkeit als Lehrer und Musiker die bereits erfolgte Entlassung aus dem Beruf rückgängig.
Abenthung erhielt den Titel eines Musiklehrers, 1820 eine Pension und hat im Ganzen 279 Schullehrer unterrichtet. Er besaß das Silberne Verdienstkreuz und zahlreiche Belobungen des Schulkommissariates.
Das Grab Andreas Hofers in der Hofkirche zu Innsbruck.
Am 21.2.1823 wurde ihm die seltene Ehre zuteil, zusammen mit sieben anderen Landesverteidigern aus dem alten Gericht Sonnenburg, den Sarg mit den Gebeinen Andreas Hofers von der Servitenkirche in die Hofkirche zu tragen. Am 12.8.1838 nahm Abenthung an der großen Erbhuldigung für Kaiser Ferdinand I. im Riesensaal der Innsbrucker Hofburg teil und trug hierbei eine alte zerrissene Kriegsfahne mit dem Bild der hl. Jungfrau.
Am 2.8.1860 starb Abenthung, der „Meister“ wie ihn die Götzenser nannten, im 82. Lebensjahr. Er war 64 Jahre Organist und Lehrer. Seine vier Kinder erbten das musikalische Talent.
Gedenktafel für Joseph Abentung an einem Haus in Götzens.
Nachstehende Dokumentation hat der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB), eine von ehemaligen politischen Häftlingen gegründete Vereinigung, welche für die Selbstbestimmung Südtirols eintritt, auf der Internetseite von „Unser Tirol 24“ veröffentlicht.
Mit freundlicher Genehmigung gibt auch der SID nachstehend die Dokumentation wieder.
Die „Brückenfunktion“ Südtirols
von Roland Lang Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB)
Diese Dokumentation wurde von befreundeten Historikern zusammengestellt
Eine absurde Darbietung: Das Raubgut Südtirol soll als freundschaftliche „Brücke“ zwischen dem beraubten Österreich und dem damaligen Italien als Räuber dienen
Ursula Plassnik (Bild: Von Asurnipal, Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, Link)
Am 21. Oktober 2004 erklärte die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten, Ursula Plassnik, anlässlich Ihres Amtsantrittes:
„Ich werde alles tun, um weiter sicherzustellen, dass die Südtiroler eine Brücke zwischen Österreich und Italien sind …“
Dieser Linie folgt der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP). Wann immer es dienlich erscheint, holt er ein Schlagwort aus der Mottenkiste der Geschichte hervor: Die „Brückenfunktion“ Südtirols“. Dieses Schlagwort ist Politikern behilflich, sich um das Eintreten für Recht und Gerechtigkeit in Sachen Südtirols zu drücken.
Am 17. August 2015 traf sich Kompatscher auf der Mailänder EXPO-Messe auf dem dortigen Südtiroler Stand mit dem italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi und der deutschen Kanzlerin Angela Merkel. Die Tageszeitung „Dolomiten“ berichtete darüber:
Aus „Dolomiten“ vom 18. August 2015.
„Der Brenner sei heute mehr eine Brücke als eine Grenze“, erklärte Landeshauptmann Kompatscher in einem Rückblick auf das Jahr 2016 gegenüber der „Tiroler Tageszeitung“ (Ausgabe vom 19. Jänner 2017)
„Wir sind die Brücke zwischen Nord- und Südeuropa“, erklärte Kompatscher gegenüber den „Salzburger Nachrichten“ (Ausgabe vom 17. Dezember 2017)
Die jüdische Kulturzeitschrift „DAVID“ veröffentlichte im März 2021 (Ausgabe Nr. 128) folgende Wortmeldung von Kompatscher:
Aus „Dolomiten“ vom 18. August 2015.
Im Dezember 2021 und am 18. Jänner 2024 sprach Kompatscher wieder von der „Brückenfunktion“:
Kompatscher und anderen Politikern scheint nicht bewusst zu sein, dass sie mit dieser Diktion auf den Spuren von Adolf Hitler wandeln. Dieser war nämlich der Erfinder der Darstellung Südtirols als freundschaftliche „Brücke“ zwischen dem beraubten Österreich und dem damaligen Italien als Räuber.
1927 und 1928: Adolf Hitler erklärte, Südtiroler müssten eine „Brücke“ zwischen Italien und Deutschland bilden
Bereits 1927 erklärte Adolf Hitler auf einer öffentlichen Versammlung, dass die Südtiroler „hinter dem Schicksal des Gesamtvolkes zurückstehen und die Brücke zwischen Deutschland und Italien bilden müssten.“ Dies berichtete der „Tiroler Anzeiger“ am 17. Mai 1927.
Am 13. Juli 1928 hielt Adolf Hitler auf einer Parteiveranstaltung der NSDAP in Berlin eine sodann im Parteiorgan „Völkischer Beobachter“ veröffentlichte Rede zur Außenpolitik, in welcher er über die Freunde Südtirols herzog.
„Südtirol hat das Geschrei nichts genutzt, betrachten wir es lieber als Brücke zwischen Deutschland und Italien, das wird den Tirolern mehr nutzen. Das Eintreten für das Deutschtum in Südtirol auch der Juden entspricht nur dem Hasse gegen den Faschismus.“ (Zitiert aus dem Abdruck in: „Völkischer Beobachter“ vom 18. Juli 1928)
Im gleichen Jahr diktierte Hitler das Manuskript eines Erweiterungsbandes zu „Mein Kampf“, in welchem er wortreich seine Annäherungspolitik an das faschistische Italien verteidigte.
Dieses Manuskript wurde nach dem Krieg von dem Münchner Institut für Zeitgeschichte veröffentlicht: „Hitlers zweites Buch“, Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1961.
Hitler erklärte in nahezu schon salbungsvollem Ton: „Südtirol wird damit dereinst eine hohe Mission im Dienste beider Völker zu erfüllen haben… eine Brücke aufrichtiger gegenseitiger Verständigung zu bilden.“ („Hitlers zweites Buch“, a.a.O., S. 216)
Der praktische Hintergrund der großen Freundschaft
Die große Freundschaft Hitlers zu dem faschistischen Italien hatte auch einen sehr praktischen Hintergrund. Seit 1924 wurde Hitler von Mussolini mit der Hilfe von Göring hinter den Kulissen mit namhaften Geldbeträgen versorgt und damit politisch eingekauft. (Siehe: Günther Rauch: „Der Marsch auf Bozen. Wie der Fall Südtirol Mussolini und Hitler Lust auf Mehr machte“, Effekt-Verlag Neumarkt 2022. Sowie: David Irving: „Göring – Eine Biographie“, Kiel 1986)
1930: Das „Alto Adige“ wurde zur „Brücke“ zwischen Österreich und Italien erklärt
Die zur Belehrung der einheimischen Bevölkerung Südtirols in deutscher Sprache herausgegebene faschistische „Alpenzeitung“ verkündete am 9. Februar 1930 nach einem Besuch des österreichischen Bundeskanzlers in Rom und dem dortigen Abschluss eines Freundschaftsvertrages: Das „Alto Adige“sei keine „Kluft“mehr, sondern sei zur„Brücke“zwischen Österreich und Italien geworden.
Aus „Alpenzeitung“, Bozen-Meran 9. Februar 1930.
Die „Alpenzeitung“ begründete das Zustandekommen dieser freundschaftlichen „Brücke“ damit, dass sich das „Alto Adige“ der „liebevollen Fürsorgetätigkeit der faschistischen Regierung, zu Nutz und Frommen und zur Zufriedenheit aller Oberetscher“ erfreue. Es herrsche „Friede, Eintracht und Zufriedenheit.“
Der gemeinsame Weg ins Verderben
Am 30 Januar 1933 war Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt worden. Am 3. Februar 1933 versicherte er dem italienischen Generalkonsul in München, er könne „voll und ganz die strategischen Notwendigkeiten verstehen, die Italien die Aufrechterhaltung der Brennergrenze als unerlässlich erscheinen ließen.“ Jedenfalls dürfe das Schicksal einiger Tausend früherer österreichischer Bürger die Beziehungen zwischen Italien und Deutschland nicht beeinflussen. (Renzo De Felice: „I rapporti tra fascismo e nazionalsocialismo fino all’andata al potere di Hitler (1922 – 1933). Appunti e documenti., Napoli 1971, S. 206f. Wiedergegeben in: Jens Petersen: „Hitler – Mussolini. Die Entstehung der Achse Berlin-Rom 1933 – 1936“, Tübingen 1973, S. 68)
Am 14. und 15. Juni 1934 kam es in Venedig zu einer ersten persönlichen Aussprache Hitlers mit Mussolini. Bei diesem Treffen war die Südtirolfrage kein Thema, sie war nicht mehr existent.
1934 erschien zur Untermauerung der innigen Freundschaft ein Huldigungsbuch, in welchem die faschistischen Leitfiguren neben den nationalsozialistischen „Führern“ in den höchsten Tönen gepriesen wurden. Dem „vielfältigen Genie“ Benito Mussolini wurde die „ungewöhnliche Größe eines Zyklopen“ bescheinigt und es wurde seine „Genialität“ ebenso wie seine „Menschlichkeit“ hervorgehoben. (Dr. R. O. Stahn und Filippo Bojano (Hrsg.): „Wir haben’s gewagt! Weg und Wollen der Führer in Deutschland und Italien.“, Stuttgart-Berlin 1934, S. 161)
Nun begann der gemeinsame Weg ins Verderben, der ganz Europa in tiefstes Unglück stürzen sollte.
Mussolini und Hitler im März 1940 am Brenner, den sie im Gegensatz zur einheimischen Bevölkerung als „Brücke“ der Freundschaft betrachteten.
Andreas Hofers alte Garde
In diesem Beitrag wird im Rückblick auf den Todestag Andreas Hofers am 20. Februar 1810 eine Reihe bislang wenig bekannter Mitkämpfer des Tiroler Freiheitshelden näher vorgestellt, unter denen sich zahlreiche Priester befanden.
Hierbei wird auf die Forschungen von Prof. Dr. Rudolf v. Granichstaedten-Czerva zurückgegriffen, die er in den 30er Jahren sowohl in Buchform („Andreas Hofers alte Garde“, Innsbruck 1932), als auch in vielen Ausgaben der christlichen Tageszeitung „Tiroler Anzeiger“ veröffentlichte.
Teil I Priester im Freiheitskampf
Ein Beitrag zur Geschichte – zusammengestellt von Georg Dattenböck
Der Freiheitskampf der Tiroler von 1809 war kein Glaubenskrieg, er war auch kein nationaler Krieg, er war vielmehr ein Kampf um die überlieferte, jahrhundertealte Verfassung und Freiheit Tirols.
Andreas Hofer war seit 11.2.1806 bayerischer Staatsbürger. Als solcher erhob er sich gegen den durch den Frieden von Preßburg vom 26.12.1805 zum rechtmäßigen Herrscher des Landes gewordenen bayerischen König Max Josef aus dem Geschlecht Wittelsbach (*27.5.1756 in Mannheim; †13.10. 1825 auf Schloss Nymphenburg).
Zu dieser organisierten Erhebung der Tiroler wurde Hofer nicht direkt von Österreich aus beauftragt, aber seine Pläne wurden wegen der Nichteinhaltung verschiedener Bestimmungen des Friedensvertrages von Kaiser Franz I. in Wien gebilligt.
Hofers kriegerische Tätigkeit setzte erst mit der offiziellen Kriegserklärung Österreichs (9.4.1809) an Frankreich ein. Somit war Hofer während des ersten Kriegszustandes ein legitimer Führer des Tiroler Landsturmes, wie auch Feldmarschall-Leutnant Marquis Chasteler ein legitimer Anführer des österr. Heeres war.
Völkerrechtlich war das Tiroler Volk 1809 als „kriegsführende Partei“ anzusehen, da es organisiert war, die Waffen offen führte und die Gesetze und Gebräuche des Krieges beobachtete.
Andreas Hofer – zeitgenössischer Stich aus dem Jahre 1809 von Franz Altmutter, Mitkämpfer in der Schlacht am Bergisel in Innsbruck.
Andreas Hofer als Haupt der organisierten Volkserhebung war bis zum Waffenstillstand der völkerrechtlich anerkannte Führer eines Volksheeres. Er war kein Staatsbeamter oder Offizier, er hatte die Funktion eines Landesverwesers und regierte durch die Verhinderung des Kaisers Franz I. in seinem Namen in Tirol.
Mit dem Friedensschluss von Wien am 14.10.1809 änderte sich die Sachlage. Der Kaiser verzichtete offiziell auf die Regierung über Tirol. Da jedoch Hofer das Land Tirol weiterhin mit Waffen verteidigte, verlor er den Status des kaiserlichen Landesverwesers und wurde ein Rebell gegenüber dem König von Bayern.
Andreas Hofers alte Garde von anno 1809 (Postkarte aus dem Gedenkjahr 1909).
Erzherzog Johann, der Bruder des Kaisers, unterstützte die Tiroler sehr massiv. Zur ersten Besprechung des Aufstandsplanes reiste am 16.1.1809 Hofer mit seinen Vertrauten Franz Anton Nössing und Peter Huber auf verschiedenen Wegen nach Wien. Hofer wohnte in Wien bei dem aus dem heimatlichen Passeiertal stammenden Weinhändler und Wirt Andreas Duschel in dessen Haus in einer Dachstube in Gumpendorf.
Hofer mit seinen Begleitern auf der Freiung in Wien (Bild aus: Granichstaedten-Czerva)
Erzherzog Johann (Zeitgenössisches Gemälde von einem unbekannten Maler).
In drei geheimen, nächtlichen Treffen mit Erzherzog Johann, sowie auch mit dem kaiserlichen Hofrat Josef Freiherr v. Hormayr in dessen Büro im Wiener Staatsarchiv, wurden die Aufstandspläne im Detail besprochen. Nach sechstägigem Aufenthalt in Wien reisten Hofer und seine Begleiter ab. Hofer ging, zu Hause angekommen, sofort an die Organisation des Aufstandes.
Der Geheimsekretär des Erzherzogs Johann: Anton Binner
Anton Binner war eine hinter den Kulissen wirkende, aber für die Geschichte Tirols sehr wichtige Persönlichkeit in der schicksalsschweren Zeit zwischen 1809 und 1814. In den großen Geschichtswerken über den Aufstand wird sein Name nicht erwähnt. Binner wurde 1767 in Graden bei Köflach (Steiermark) geboren, trat 1803 als Praktikant beim Hofkriegsrat in Wien ein und stieg bis zum Jahre 1808 in seiner Laufbahn zum Konzipisten auf. Um 1804 kam er „in Verwendung“ zum Erzherzog Johann und diente in dessen Kanzlei bis kurz vor seinem Tod am 12.1.1836.
Der Steiermärker Binner und der erzherzogliche Hof-Büchsenspanner, der Tiroler Anton Steger (* 1768 in Bruneck, †1832 in Wien), waren die engsten Vertrauten des damals 26jährigen Prinzen und stellten schon Ende 1808, also zur Zeit, als Tirol noch besetzt war, die geheime Korrespondenz zwischen den aufständischen Tirolern und dem Prinzen her.
Erzherzog Johann mit seinem Sohn Franz auf der Böckfeldalm bei Bad Gastein. Nach einem Ölgemälde von Johann Fischbach 1847.
Der Erzherzog schrieb in seinen Tagebüchern über seinen Getreuen Binner: „…sehr in der klassischen Spezialliteratur unterrichtet, sehr gutes Konzept, schöne Schrift, ordnungsliebend, Deutsch, Böhmisch, Latein, Italienisch gut sprechend, dabei fröhlich und voll Sonderbarkeiten.“
Und über Andreas Hofer schrieb der Erzherzog: „Hofer war der treue, edle Mann, voll Einfalt und Uneigennützigkeit, er war der Blutzeuge von Tirol.“
In Wien wohnte Anton Binner in Auf der Wieden 537, nicht weit von Hofers Quartier in Gumpendorf. Binner war der stille Organisator des gesamten Aufenthaltes der Tiroler in Wien. Nach deren Abreise besorgte Binner den geheimen Briefwechsel mit dem Erzherzog. Alle an die Tiroler „Bauern-Könige“ gerichteten Briefe Erzherzogs Johanns gingen durch Binners Hand, der Prinz hörte gern den Rat des um 20 Jahre älteren Sekretärs. Nach dem Abgang Anton Stegers im Juni 1809 in das Pustertal hatte Binner allein die Fäden in der Hand. Hunderte Briefe „flogen“ ins treue Tirol. Jeder auch noch so ungelenk geschriebene Zettel eines Tiroler Patrioten wurde von Binner dem Erzherzog persönlich vorgelegt. Als dann nach Kriegsende die Tiroler in großer Zahl nach Wien flohen, nahm sie Binner gastfreundlich in seiner Privatwohnung auf und verpflegte sie um Gottes Lohn.
Als Ende 1815 die Kämpfe der Tiroler um die Wiederherstellung ihrer alten Verfassung wieder begannen, stellte sich Binner auf ihre Seite und ebnete den verschiedenen nach Wien reisenden Tiroler Abordnungen den Weg zu den Ministern und zum Kaiser. Ihre zahlreichen Denkschriften ließ er durch ein eigenes Konzipistenbüro vervielfältigen.
Anton Binner hatte sich unter den besonders harten und schwierigen Verhältnissen um Tirol und um Andreas Hofer und seine Mitstreiter sehr große Verdienste erworben! Dr. Franz Ritter v. Krones nennt Binner in seinen Werken „…des Prinzen verlässlichster Wachtposten, treuester unermüdlichster Sekretarius, für die Tiroler ein unwandelbarer Freund und Nothelfer.“
Tiroler Feldkapläne 1809
In Vergessenheit geraten sind viele Tiroler Priester des Jahres 1809, die Widerstand gegen die Fremdherrschaft leisteten oder sogar an Gefechten teilnahmen. Durch die massiven Verbote und Eingriffe königlich-bayerischer Beamter in die religiösen Gebräuche und Sitten und durch diese überaus harte Behandlung, hatte sich die tiefgehende Empörung des Tiroler Volkes auch auf die Priester übertragen.
Steckbrief (Proklamation) des bayerischen Generals Bernhard Erasmus Deroy für die Ergreifung zweier unliebsamer Priester (Stiftsarchiv Fiecht).
Diese folgten freiwillig dem Tiroler Landsturm auf die Kampfstätten. Es ist geschichtlich nicht zu bestreiten, dass diese Feldkuraten und Feldkapläne sich manchmal, einer augenblicklichen Situation gehorchend, zu Kommandanten und Hauptleuten der Schützenkompagnien entwickelten, wenn ihnen die Schützen in der Stunde der Gefahr das Kommando aufdrängten. Dies geschah aber nur ausnahmsweise, in der Regel standen diese Priester mit Todesverachtung mitten im tobenden Kampfgeschehen, indem sie den Sterbenden beistanden, die Verwundeten pflegten und sich an deren Bergung beteiligten.
Die noch vorhandenen Standeslisten der Tiroler Schützenkompanien verzeichnen neben dem Hauptmann, Ober- und Unterleutnant, Leutnant, Fähnrich, Feldwebel, Furier (Verpflegungs- und Quartiermeister), Feldchirurgen, Zimmermann, Büchsenmacher, Spielleuten (Tambour, Pfeifer und Trompeter), auch den Feldkaplan.
Es finden sich bei den Kämpfen am Bergisel 1809 bei den Schützenkompagnien folgende Namen von Priestern(Aus: „Tiroler Anzeiger“ vom 23. August 1935):
Latzfons: P. Joachim Haspinger (*28.10.1776 in St. Martin-Gsies, †12.1.1858 in Salzburg);
Kriegsrat Andreas Hofers mit seinen Mitstreitern Kajetan Sweth (links im Vordergrund), Josef Speckbacher und Pater Joachim Haspinger (Gemälde von Franz von Defregger).
Schöneck-Bruneck:, 4. Kompagnie: Josef Matthias v. Sammern-Frankenegg (†24.6. in Kiens-Bruneck); Michaelsburg, 2. Kompagnie: Josef Fasser (St. Lorenzen); Layen-Klausen: Anton Ueberbacher (*in Layen); Sarntal: Paufler (Kooperator von Pens); Wildschönau: Anton Maller; Achental, 2. Kompagnie: Josef Schweigl (*2.5.1761 in Rattenberg, †18.3.1834 in Fiecht); Ischgl, 6. Kompagnie: Johann Zaengerl (Verwandter des Fürstbischofs v. Seckau, Roman Sebastian Zaengerl); Scharnitz: Andreas Ennemoser (*in Flaurling 29.11.1781, †Haßlach, Niederösterreich 21.4.1834); Hörtenberg, 4. Kompagnie: Franz Hupfauf; Hörtenberg, 13. Kompagnie: Peter Greiter (*6.6.1784 in Serfaus, †24.8.1850 in Mühlau); Meran, 1. Kompagnie: Johann Degeser (*11.10.1775 in Meran, †daselbst 16.6.1848); Algund, 2. Kompagnie: Andreas Stecher (*29.11.1781 in St. Valentin a. d. Haide, †19.1.1866 Algund); Mauls-Sterzing: Josef v. Zieglauer-Blumenthal (*17.4.1775 in Bruneck, †8.11.1886 Milland); St. Leonhard im Passeier: Jakob Hofer (*7.3.1774 in Stuls, †daselbst 25.4.1827); St. Valentin auf der Haide: Peter Dintl; Pfunds: Josef Stillebacher; Agums (Bezirk Glurns): Johann Poeder; Stein am Ritten: Simon Wiedenhofer (*5.5.1783 in Lengmoos, †1.6.1837 als Pfarrer von Tisens); Heiligenkreuz-Mils: Simon Pult O.F.M. (*15.4.1740 in Fendels, †1.5.1823 in Hall); Inzing: Alois H. Kuen (*14.7.1779 in Längenfeld; †11.8.1831 in Wiesing); Schenna: Josef Alder (*2.6.1777 in Hafling, †3.12.1809 in Schenna); Villanders: Johann Gruber (*16.1.1781 in Villanders, †26.8.1841 in Terlan); Brixentaler Landsturm: Johann Moellinger (Hopfgarten); Weitental: Georg Lantschner (*9.4.1772 in Steinegg, †15.4.1823 in Predig); Paznaun: Stephan Krimser (*26.12.1777 in Karres-Imst, †8.11.1869 Kronburg); Zillertal: Siard Hofer (*19.11.1775 in Innsbruck, †16.12.1821 in Sellrain); Wörgl: Benedikt Georg Haas (*16.10.1783 in Innsbruck, †daselbst am 2.11.1829); Schlanders: Josef Daney (*9.5.1782 in Schlanders, †19.5.1826 in St. Pauls-Eppan); Wenns: Johann M. Perthold (*29.9.1781 in Pfunds, †21.5.1843 in Wiener Neudorf); Brixenthal: Kaspar Benedikt Hagleitner (*5.1.1779 in Bockern-Brixenthal, †12.8.1836 in Kalksburg); Kitzbühel: Vinzenz Steinberger (*28.3.1781 in Kitzbühel, † 27.3.1837 in Going); Sarnthein: Johann Matthias Stuefer (*20.9.1776 in Sarnthein, †8.1.1866 in Temesvar); Pustertaler Landsturm: Johann Wolfsgruber (*1780 in Aufhofen, †9.12.1809 an einer schweren Kriegsverletzung in Aufhofen).
Noch vor ihrer Weihe finden wir nicht selten Tiroler Priester, die als Scharfschützen oder Offiziere ins Feld zogen, z.B. den Kaplan Johann Baptist Baldauf. Als die Burgeiser Schützen unter ihrem Hauptmann Josef Jakob Moriggl anfangs August 1809 nach Nordtirol zogen, um die dort eingenisteten napoleonischen Truppen aus dem Land zu jagen, schloss sich ihnen auch der junge Johann Baptist Baldauf an und wurde zum Leutnant gewählt. Johann Baptist Baldauf wurde am 29.5.1788 in Burgeis geboren, er beteiligte sich wacker an der Erstürmung des heiß umstrittenen Della-Torre-Hofes oberhalb von Hötting, mit dessen Besitznahme auch die Eroberung Höttings am 11.8.1809 erleichtert war. Er nahm weiter an verschiedenen Aufstandsaktionen teil. Dann studierte er Theologie und wurde im Jahre 1813 zum Priester geweiht.
Nach verschiedenen Seelsorge-Stationen kam er nach Fügen im Zillertal und zog 1848, schon 60jährig, mit der Fügener Scharfschützenkompagnie unter dem Hauptmann Franz Rainer gegen Süden, wo er am 8.5.1848 in Rovereto anlangte und an der Erstürmung des verschanzten Lagers und Blockhauses in San Pietro teilnahm. Unter Baldaufs Leitung übten die Fügener das Scheibenschießen am Roveretaner Schießstand. 1848 war Baldauf als pensionierter Pfarrvikar auch Präfekt der Bürger-kongregation in Innsbruck.
In Anerkennung seiner Verdienste verlieh ihm der Kaiser am 17.8.1849 das goldene geistliche Verdienstkreuz „pro piis meritis“ und die Landesverteidigungsmedaille 1848, nachdem er schon früher das Kanonenkreuz 1813 erhalten hatte. Das Jahr 1859 rief ihn wieder als Feldkurat ins Feld. Er zog damals mit der Kitzbühler Schützenkompanie an die Front.
Zum Tiroler Landesfest 1863 in Innsbruck zog der nun 75jährige Priester mit der Kitzbühler Kompanie aus und diente am 29.9.1863 bei der großen, in Anwesenheit des Kaisers gehaltenen Feldmesse im Hof der Innsbrucker Klosterkaserne dem 86jährigen Zelebranten Stefan Krismer (*1777, †1869 in Kronburg bei Zams) als Ministrant. Baldauf war zuletzt Vikar in Ellmau , resignierte wegen hohen Alters auf diese Stelle und ließ sich als Pensionist in Kitzbühel nieder, wo er im Haus Nr. 35 am 24.7.1866 starb.
Der Priester Stefan Krismer wirkte in seiner Heimatgemeinde Karres und als Kooperator in Arzl im Pitztal. 1809 zog er als Feldkurat der Oberinntaler Schützen ins Feld und war Berater Andreas Hofers (Zeitgenössisches Bild, welches auch auf der Jubiläumspostkarte von 1909 wiedergegeben ist).
Johann Baptist Baldauf war verwandt mit Josef Baldauf (*1791 in Graun, †31.8.1876), Landesverteidiger 1809, und mit Christoph Baldauf, der 1809 die 109 Mann starke Landesschützenkompanie in Graun aufstellte und mit ihr als Hauptmann die Gefechte bei Mittenwald (2.6.1809) und am 13.8. am Bergisel mitmachte. Zwei im Besitz des Postmeisters Kassian Baldauf in St. Valentin auf der Haide befindliche Zeugnisse, ausgestellt für Christian Baldauf von Martin Firler (Hall, 17.8.1809) und Josef Marberger (Mals, 25.8.1809) bestätigen den Patriotismus des Christian Baldauf, dessen Porträt in der Speckbacher Galerie des Bergisel -Museums hängt.
Die Baldauf sind ein altes Vinschgauer Geschlecht, aus dem Ambros Baldauf, Bürger der Stadt Glurns, am 27.3.1576 vom Erzherzog Ferdinand einen Wappenbrief erhielt und damit geadelt wurde.
Auch in den Feldzügen vor 1809, also 1796 bis 1799, ragten viele Tiroler Feldkapläne durch Mut hervor:
Padoeller als Feldpater der Imster Schützen (*17.1.1764 in Graun, †26.3.1799 in Nauders); Pirmin v. Perkhofer zu Moos und Taufers (*3.5.1752 in Lienz, †Sterzing 30.10.1801 als Feldkurat der Nauderser 1797); Ubaldus Christandl bei den Meraner Schützen (*in Taufers, Vintschgau); Josua Poell (*1756 in Sterzing, †in Brixen a. E.).
Manche Feldkuraten zogen mehrmals ins Feld, und mussten, da sie vom Feind als Kombattanten behandelt wurden, bei Friedensschluss nach Wien flüchten, wo sie dann Anstellungen in der Wiener Erzdiözese erhielten.
Außer den genannten Feldkaplänen, deren Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit macht, haben sich im Jahre 1809 zahlreiche Tiroler Priester durch die Organisierung von Schützenkompagnien, als Parlamentäre, Vertrauensmänner usw. um die Heimat sehr verdient gemacht.
Der erste Priester, dem wir in Hofers Begleitung 1809 begegnen, ist Josef Alber. Er war Feldpater der Schützen von Schenna (s. oben). Alber war auch Kooperator von Schenna, hielt an jenem gewitterschwülen Abend des 24.5.1809, vor der Schlacht bei Matrei, über Ersuchen von Andreas Hofer den Kämpfern eine feurige Anrede und erteilte ihnen die Generalabsolution.
Auf einer historischen Postkarte ist Feldpater Josef Alber bei seiner Ansprache auf dem Bergisel dargestellt.
Alber wurde vor der Schlacht auf dem Küchelberge (16.11.1809) bei Meran, in der sogenannten „Lazag“ (Gemeinde Obermais) verwundet, musste am 24.11. von Schenna nach Verdins (bei Schenna) getragen werden, wo er am 3.12.1809 an den Folgen der Verwundung starb. Er ruht in der Pfarrkirche zu Schenna, wo auch ein einfaches Gedenktäfelchen an der Kirchenmauer an ihn erinnert.
Die Pfarrkirche von Schenna, in welcher Feldpater Josef Alber begraben liegt (Historische Postkarte).
Nach seinem Einzug in Innsbruck am 15.8.1809 lud Hofer den Provinzial der Kapuziner, Pater Jakob Gepp (*5.7.1753 in Kitzbühel), zum Mittagsmahl. Gepp hatte schon, allerdings mit wenig Erfolg, am 12.4.1809 in Innsbruck die Aufständischen zur Einstellung der Feindseligkeiten bewegen wollen. Im August durfte Gepp bei Hofer in der Hofburg stets unangemeldet eintreten, während andere sich melden und warten mussten. Auch im Dezember-Aufstand 1813 trat Gepp als Friedensapostel auf und erhielt bei einem Tumult einen Messerstich. Er starb am 23.3.1832 in Innsbruck.
Der Priester Franz Xaver Köck (*6.8.1765 Innsbruck, †daselbst 15.3.1814) saß ab August 1809 an der Tafelrunde der Freunde Hofers. Er inspirierte Hofer zu dessen Verfügung über die Innsbrucker Universität, wo Köck provisorisch die Lehrkanzel für Moral übertragen erhielt.
Der Hofprediger Hofers war der Ex-Jesuit Karl von Tschiderer-Gleifhelm (*24.5.1746 in Innsbruck, †daselbst 20.11.1820), der am 4.10.1809, am Namenstag von Kaiser Franz und Hofers höchstem Ehrentag, die Festpredigt hielt.
Zu den Geistlichen in Hofers Rat zählten auch Andreas Stecher und Johannn Degeser (s. oben).
Stecher zeichnete sich als Feldkaplan der 2. Kompagnie von Algund unter Peter Thalguter in der Schlacht am Bergisel am 13.8.1809 aus und hielt sich folgend in der nächsten Umgebung Hofers auf.
Er hatte auf den Sandwirt großen Einfluss. Am 29.11.1809 begleitete Stecher den Kompaniekommandanten Peter Thalguter zur Laviser Brücke, um dort mit dem Parlamentär des französischen Generals Honorè Vial einen Waffenstillstand abzuschließen.
Auch der Priester Josef Daney (s. oben) wurde von Hofer wiederholt für administrative Regierungsgeschäfte zu Rate gezogen.
Ein verwundeter Offizier der Napoleonischen Truppen übergibt seinen Degen einem grüßenden Tiroler Freiheitskämpfer und verlässt mit seinen Soldaten einen ummauerten Kirchhof (Lithographie von J. M. Benz 1835 (Archiv des Verfassers).
Der berühmte Prediger Benitius Mayr wurde von Hofer für die Abhaltung besonderer Predigten und Festreden verwendet. Als Mitglied der Generaladministration fungierte bei deren Sitzungen auch der von Hofer sehr geschätzte Abt von Wilten, Markus Egle (*26.6.1736 Innsbruck, †daselbst 24.1.1820), als einziger Vertreter des Klerus.
Diese historische Postkarte zeigt Andreas Hofer bei der Schlacht auf dem Bergisel zusammen mit dem Grafen Hendl von Goldrain im Vinschgau und Mönchen vom Stift Wilten.
Als der Aufstand verloren war, begaben sich am 10.12.1809 drei Priester aus Hofers engerer Heimat: Hofers Beichtvater, der greise Leonhard Rempp aus St. Leonhard/Passeier, der Kurat von Platt/Passeier, Magnus Prieth und der bayerische Staatspfarrer von St. Martin/Passeier Vinzenz von Ampach-Grienfeld, zu Hofers Versteck auf den Pfandlerhof in Ober-Prantach, um ihm mit ihrem Rat beizustehen. Sie wollten ihn zur Flucht nach Österreich bewegen. Hofer achtete jedoch nicht auf den Rat der Seelsorger und ließ sie unverrichteter Dinge abziehen.
Protest des Volkes gegen einen aufgezwungenen Geistlichen
Wie weit und tief der Widerstand des Volkes ging, zeigt folgender Vorfall: als die bayerische Regierung den ihr ergebenen Kooperator von St. Leonhard, Matthias Hermeter (*29.6.1780 in Wangen, †16.2.1834 zu Lajen), als Pfarrer nach St. Martin/Passeier versetzte, protestierten die Gläubigen dagegen.
Den Protest der Gläubigen in St. Martin verewigte Wilhelm von Wörndle in einem Gemälde, welches auf einer historischen Postkarte wiedergegeben wurde.
Franz Raffl wurde als Verräter enttarnt
Der Priester Josef Daney wurde zuerst verdächtigt, den Sandwirt an die Franzosen verraten zu haben, und zwar aus Rache, weil ihn Hofer am 21.11.1809 in Saltaus einsperren ließ, weil Daney zu den Friedensfreunden zählte und dadurch bei den Passeirern in den Verdacht franzosenfreundlicher Gesinnung geriet. Daney konnte sich aber gegen diese ihm zuerst vom Historiker Joseph v. Hormayr zugefügte Verleumdung vollkommen reinwaschen, hauptsächlich gestützt auf das offizielle Dementi des Grafen Alois Baraguey d’Hilliers in der „Innsbrucker Zeitung“ vom Februar 1810 Nr. 36.
Als Verräter Hofers wurde dann einwandfrei Franz Raffl (*10.10.1775 in Prenn bei Schenna, †13.2.1830 in Reichertshofen bei Ingolstadt) festgestellt und diese Tatsache durch Hofrat Klaar auf Grund archivalischer Studien veröffentlicht.
Franz Raffl verrät das Versteck des Andreas Hofer (historische Darstellung von Leopold Puellacher 1820).
Nun geht aus der Aussage Raffls vor dem französischen Auditor in Meran am 31.3.1810 nicht hervor, auf welche Weise Raffl Hofers Versteck auf der Pfandler-Alpe erfahren hatte. In dem alten, wenig bekannten Buch „Geschichte Tirols“ (Verlag Wagner, Innsbruck 1854) von Josef Thaler, Pfarrer in Kuens (*15.10.1798 in Mannereck auf dem Staffelsberg in Ulten, †27.12.1876 in Kuens) findet sich im Anhang unter „Berichtigungen“ (S. 477) folgende Notiz:
„Ueber den Verräter Andreas Hofers, Franz Raffl, gab ein Passeirer jüngst (1854) einen neuen Aufschluss, indem er einen Seelsorgspriester in Passeier weinend entdeckte, dass er an dem Verrat des Sandwirtes Mitursache gewesen sei. Er sei nämlich, damals noch als Geißbube, von dem genannten Raffl gefragt worden, ob er den Aufenthalt des Sandwirtes wisse, worauf er ihm mit „Ja“ geantwortet habe und ihm denselben auch nannte, ohne jedoch im mindesten zu vermuten, dass Raffl etwas Böses im Sinne haben könne. Bald hernach sei dann der Sandwirt gefangen worden.
Aus dieser Angabe geht hervor, dass Raffl Hofers Aufenthalt in der Prantacher Alpenhütte des Pfandlers wohl nicht zufällig entdeckte, sondern den Gang zu seinem Heugader eben schon in der Absicht unternommen habe, um sich, ohne Verdacht zu erregen, von der wirklichen Anwesenheit Hofers in der benachbarten Hütte und von der Richtigkeit der Aussage des Geißbuben zu überzeugen.“
Die Pfandlerhütte, in der Andreas Hofer gefangen genommen wurde (Bild aus Postkarte).