Am 11. Juni 2017 waren der italienische Staatspräsident Sergio Mattarella und der österreichische Staatspräsident Alexander van der Bellen nach Bozen gekommen.
Der Südtiroler Schützenbund war gebeten worden, den Politikern einen „landesüblichen Empfang“ einschließlich der Salutschüsse zu bereiten. Dies hätte unter den Klängen der italienische „Mameli Hymne“ erfolgen sollen. Der Schützenbund hatte angesichts des besonderen Charakters dieser Hymne seine Mitwirkung verweigert.
Der Landeskommandant Elmar Thaler hatte dies so begründet:
„Wenn wir nun aber … zu einer Hymne strammstehen müssen, welche das österreichische Vaterland beleidigt, dann ziehen wir uns dankend zurück.“
Der Empfang fand dann ohne die Schützen, ohne Ehrensalve und ohne Strammstehen zu einer antiösterreichischen Kampfhymne statt.
Freimaurerlied und antiösterreichischer Kampfgesang – bislang nur inoffizielle Staatshymne
Bei dem Lied „Fratelli d’Italia“ („Brüder Italiens“), auch bekannt als „Inno di Mameli“ (Hymne des Mameli“), handelt es sich um ein aus dem 19. Jahrhundert stammendes antiösterreichisches Gedicht, welches die „Fratelli d’Italia“ (die „Brüder Italiens“) zum Kampf gegen Österreich aufruft. Es war von einem jungen intellektuellen nationalistischen Schwärmer, dem aus dem sardinischen Adelsgeschlecht „Mameli dei Mannelli“ stammenden Goffredo Mameli gedichtet worden.
Mit den in der Hymne genannten „Fratelli D’Italia“ sind vor allem die Freimaurer gemeint, welche großen Anteil an der italienischen Einigungsbewegung hatten.
Die katholische Kirche stand den Freimaurern und ihrem Kampflied kritisch gegenüber, weshalb dieses seit 1946 bei öffentlichen Anlässen der Republik zwar stets gespielt und gesungen, jedoch nie durch das Parlament in den offiziellen Rang einer Staatshymne erhoben worden war.
2012: Einführung durch die Hintertür
Im Jahr 2012 versuchte Rom, das antiösterreichische Freimaurer-Kampflied mit einem Trick durch die Hintertür als „Nationalhymne“ einzuführen.
Die Südtiroler Tageszeitung „Dolomiten“ hatte aus Protest am 7. März 2012 den antiösterreichischen Text des Freimaurer-Kampfliedes veröffentlicht und einen eindeutigen Kommentar dazu abgegeben.
Das Vorhaben Roms löste scharfen Protest der der Südtiroler Oppositionsparteien und der Südtiroler Volkspartei (SVP) aus. Darüber berichteten die „Dolomiten“ am 7. März 2012:
Am 6. Juni 2012 sprach sich der Südtiroler Landtag mit breiter Mehrheit gegen die verpflichtende Einführung des Unterrichtes des Mameli- Liedes an den Süd-Tiroler Schulen aus und forderte das Parlament in Rom auf, die deutschen und ladinischen Schulen Südtirols von den Hymnen-Bestimmungen ganz auszunehmen.
Im römischen Parlament fand sich jedoch trotz des heftigen Widerstandes der SVP und der Lega Nord eine Mehrheit für die Aufwertung des Freimaurer-Kampfgesanges zur faktisch existierenden „Nationalhymne“. Das Staatsgesetz Nr. 222 vom 23. November 2012 verordnete nämlich, dass in Hinkunft im Schulunterricht das Wissen über die italienische Einigungsbewegung „Risorgimento“ („Wiederauferstehung“) sowie über das „Inno di Mameli“ vertieft werden solle.
Damit war der antiösterreichische Freimaurergesang zwar nicht zur gesetzlich abgesegneten Nationalhymne erhoben, die Vertiefung ihrer Kenntnis im Schulunterricht jedoch festgelegt worden.
2017: Die Erhebung zur offiziellen Staatshymne Italiens – das seltsame Schweigen der SVP-Führung
Im August 2016 unternahm ausgerechnet der „Partito Democratico“ (PD), der Koalitionspartner der SVP in der Südtiroler Landesregierung, einen neuerlichen Vorstoß zur Erhebung des antiösterreichischen Kampfliedes zur offiziellen italienischen Nationalhymne. Es kam zu keinem Protest seitens der SVP-Führung unter Landeshauptmann Arno Kompatscher.
Daher sah sich der SVP-Koalitionspartner „Partito Democratico“ (PD) ermutigt, 2017 beiden Kammern des italienischen Parlaments einen Gesetzesentwurf vorzulegen, wonach „Fratelli d’Italia“ mit allen 6 antiösterreichischen Strophen zur offiziellen italienischen Nationalhymne erhoben wird. Nach vorheriger positiver Beschlussfassung der Abgeordnetenkammer segnete am 15. November 2017 auch der italienische Senat das Gesetz ab.
Im Gegensatz zu 2012 schwieg diesmal die SVP-Führung. Kein Wort der Kritik kam von ihrer Seite.
Protest des „Südtiroler Heimatbundes“
Der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB), eine von ehemaligen Südtiroler Freiheitskämpfern und politischen Häftlingen gegründete Vereinigung, fand jedoch deutliche Worte aus dem Mund ihres Obmannes Roland Lang. In einer Presseaussendung vom 16. November 2017 heißt es:
Südtiroler Heimatbund protestiert gegen die Erhebung eines antiösterreichischen Kampfgesanges zur italienischen Nationalhymne
Wie italienische Medien melden, hat der italienische Senat am 15. November das 1847 verfasste antiösterreichisches Kampflied „Fratelli d’Italia“ des Dichters und Irredentisten Goffredo Mameli zur offiziellen Staatshymne der Republik Italien erhoben. Damit wurde einem lang gehegten Wunsch italienischer Nationalisten, vor allem der Neofaschisten, Rechnung getragen, kritisiert Obmann Roland Lang.
Im Jahre 1946 hatte der italienische Ministerrat den gegen Österreich gerichteten Kampfgesang zunächst „provisorisch“ eingeführt. 2012 hatten die Südtiroler SVP-Abgeordneten Siegfried Brugger und Karl Zeller zumindest erreicht, dass dieses Lied in Südtirols Schulen nicht verpflichtend gesungen werden musste.
Nun ist dieses Lied, welches die „Fratelli d’Italia“ (die „Brüder Italiens“) zum Kampf gegen Österreich aufruft, endgültig zur italienischen Staatshymne geworden.
Die letzte Strophe lautet in deutscher Übersetzung:
„Wie Binsen sind jene,
die verkaufte Schwerter schwingen:
Der österreichische Adler
hat schon die Federn verloren.
Das Blut Italiens,
das Blut Polens
hat er mit dem Kosaken getrunken.
Aber sein Herz ist verbrannt.“
Es wird jetzt wohl auch erneut der Versuch unternommen werden, den Kindern in Südtirols Schulen diese Hymne aufzuzwingen.
Der Südtiroler Heimatbund (SHB) protestiert dagegen, in Fortsetzung der faschistischen Assimilierungspolitik den Menschen in Südtirol ein italienisches Identitätsbewusstsein aufzwingen zu wollen. Es werden hier unliebsame Erinnerungen an Zeiten wach, in welchen Südtiroler Schulkinder durch Zwangsmitgliedschaft in der faschistischen Ballilla-Organisation umerzogen hätten werden sollen.
Zudem ist es ein Anachronismus, im vereinten Europa des Jahres 2017 einen gegen ein Nachbarland gerichteten Kampfgesang zur identitätsstiftenden Hymne Italiens zu machen. Das ist kulturpolitisch armselig und ein Rückfall in einen rückwärtsgewandten Nationalismus, den man seit Mussolinis Zeiten für überwunden geglaubt hatte.
Man wird nun sehen, wie die Reaktionen in zahlreichen auf die eigene Identität bedachten Regionen Italiens ausfallen werden und welche Positionen die Südtiroler Parteien hier einnehmen und welche politischen Maßnahmen sie ergreifen werden.
Der Südtiroler Heimatbund fordert heute schon die Mitbürger auf, diesen nationalistischen Kampfgesang öffentlich abzulehnen.
Roland Lang
Obmann des Südtiroler Heimatbundes
Eine Stimme aus Welschtirol
Auf dem Internetportal „Unser Tirol 24“ meldete sich auch eine Stimme aus dem altösterreichischen Welschtirol, dem heutigen „Trentino“ zu Wort.
Giuseppe Matuella schrieb, an die Adresse der italienischen Gesetzesmacher gerichtet:
„Hanno avuto un bel po’ di tempo per pensarci, ma non ci sono arrivati a capire che è un inno che, a distanza di tanti anni, porta ancora offesa ai Caduti Austriaci, quindi anche ai nostri Caduti.“
Auf Deutsch:
„Sie hatten genügend Zeit, um nachzudenken. Sie waren aber nicht imstande, zu begreifen, dass dies eine Hymne ist, welche auch nach so vielen Jahren die österreichischen Gefallenen beleidigt, daher auch unsere Gefallenen.“
Den Worten Matuellas ist nichts hinzuzufügen!
Man darf nun gespannt sein, wie die Südtiroler Parteien auf das Vorgehen Roms reagieren werden!