Andreas Hofers alte Garde (2. Teil)

Andreas Hofers alte Garde (2. Teil)

Bild einer Vinschgauer Schützenkompanie um 1796/97 mit ihrem grün-weiß-grünen Banner auf dem Fahnenblatt einer Fahne, die 1809 ins Gefecht geführt wurde. Beide Offiziere tragen hellblaue Uniform mit grünen Aufschlägen einer regulären Truppe, wohl des Tiroler Jäger- und Scharfschützenkorps. (Tiroler Landesmuseum Innsbruck)

 Im ersten Beitrag wurden Anton Binner, der Sekretär Erzherzogs Johann und zahlreiche im Jahre 1809 bei den Schützenkompagnien dienenden Priester vorgestellt.

Der heute in Garmisch-Partenkirchen ansässige Tiroler Hermann Unterkircher, Obmann des Andreas-Hofer-Bundes in Deutschland, hat uns dazu noch eine ergänzende Mitteilung geschickt: Am 2. Februar 1810 wurden die beiden Pfarrgeistlichen von Virgen im Bezirk Lienz in Osttirol, Pfarrer Damascen Sigmund und der Kooperator Martin Unterkircher, von den Franzosen standrechtlich erschossen. Sie hatten Aufrufe von Andreas Hofer verbreitet und von der Kanzel verlesen. Ihre standrechtliche Erschießung ist in den Sterbebüchern und der Chronik der Gemeinde Virgen vermerkt.

Zusendung von Hermann Unterkircher. Martin Unterkircher war ein Vorfahre von ihm.
Zusendung von Hermann Unterkircher. Martin Unterkircher war ein Vorfahre von ihm.
An Pfarrer Sigmund und Kooperator Unterkircher erinnern Denkmäler in Virgen (links) und in St. Veit im Defereggental (rechts). (de-academic.com)
An Pfarrer Sigmund und Kooperator Unterkircher erinnern Denkmäler in Virgen (links) und in St. Veit im Defereggental (rechts). (de-academic.com)

In diesem zweiten Beitrag werden weitere weitgehend vergessene Mitkämpfer Andreas Hofers vorgestellt. Zurückgegriffen wird dabei auf das Buch von Prof. Dr. Rudolf v. Granichstaedten-Cerva: „Hofers alte Garde“ (Innsbruck 1932), als auch auf dessen Beiträge im „Tiroler Anzeiger“ der 30er Jahre.

Teil II: Einige vergessene Mitstreiter

Ein Beitrag zur Geschichte – zusammengestellt von Georg Dattenböck

Wir müssen uns fragen: Hat unsere Jetztzeit noch Verständnis für die Haltung von Andreas Hofer und seiner Mitkämpfer? Hat man heute noch Verständnis für Peter Mayr, den Wirt an der Mahr, der die schweren Opfer um die Landesfreiheit Tirols nicht durch eine Notlüge entwerten wollte und lieber starb, als den tiefen Sinn des Aufstandes gegen Napoleon zu verleugnen?

In diesem Beitrag wird auf den Freiheitskampf von 1809 eingegangen und anhand der Haltung vielfach vergessener Mitkämpfer Andreas Hofers können wir erkennen, wie das Volk damals fühlte und dachte.

Der Begriff „Toleranz“ wird derzeit überstrapaziert. Die religiöse Toleranz der napoleonischen Besatzungsmacht sah damals so aus, dass den Tirolern die Mitternachtsmette ebenso verboten wurde, wie das Wetter- und Feierabendläuten. Öffentlich ausgepeitscht wurden Tiroler Frauen, die trotzdem die Glocken läuteten. Am 1. Mai 1809 wurde durch die zwangsweise eingeführte, neue Verfassung, die alte mit dem Landlibell des Kaisers Maximilian vom 23. Juni 1511 bestätigte Tiroler Wehrfreiheit abgeschafft.

Das Landlibell von 1511 war Teil der Tiroler Landesverfassung. Es ist heute ausgestellt in dem Museum Tirol-Panorama auf dem Bergisel in Innsbruck.
Das Landlibell von 1511 war Teil der Tiroler Landesverfassung. Es ist heute ausgestellt in dem Museum Tirol-Panorama auf dem Bergisel in Innsbruck.

Das Landlibell hatte festgelegt, dass die Tiroler nur zur Verteidigung des eigenen Landes Kriegsdienst leisten mussten. Nun hoben die Bayern aber zwangsweise Tiroler Rekruten für ihre bayerischen Truppen aus.

Gewaltsame Rekrutenaushebung durch bayerische Truppen im Passeier. (Historische Postkarte mit der Wiedergabe eines Gemäldes von Edmund von Wörndle 1896)
Gewaltsame Rekrutenaushebung durch bayerische Truppen im Passeier. (Historische Postkarte mit der Wiedergabe eines Gemäldes von Edmund von Wörndle 1896)

Der „Druck im Kessel“ wurde zu stark, er musste explodieren. Der Kaiser in Wien unterstützte den Kampf der Tiroler, indem er ihnen die Zusicherung gab, dass er nie auf die getreue Grafschaft Tirol verzichten werde. Er unterzeichnete ein Dokument, welches als das „Wolkerstorfer Handbillett“ in die Geschichte einging. Der Wortlaut wurde als Flugblatt unter der Bevölkerung verbreitet.

Das „Wolkerstorfer Handbillett“ des Kaisers vom 29. Mai 1809 mit dem Versprechen des Kaisers an die Tiroler, dass er keinem Friedensvertrag zustimmen werde, der Tirol und Vorarlberg von Österreich trenne. Gleichzeitig versprach der Kaiser, seinen Bruder Erzherzog Johann so bald als möglich nach Tirol zu entsenden, um die Führung des Landes zu übernehmen. (Landesbibliothek Dr. Friedrich Tessmann Bozen).
Das „Wolkerstorfer Handbillett“ des Kaisers vom 29. Mai 1809 mit dem Versprechen des Kaisers an die Tiroler, dass er keinem Friedensvertrag zustimmen werde, der Tirol und Vorarlberg von Österreich trenne. Gleichzeitig versprach der Kaiser, seinen Bruder Erzherzog Johann so bald als möglich nach Tirol zu entsenden, um die Führung des Landes zu übernehmen. (Landesbibliothek Dr. Friedrich Tessmann Bozen).

 Die Tiroler Aufständischen hegten damals die Hoffnung, endgültig wieder dem österreichischen Kaisertum anzugehören. Als der Kaiser aber im Frieden von Schönbrunn (14. Oktober 1809) Tirol erneut den Bayern und Franzosen überantwortete, wollten die Tiroler diese Nachricht nicht glauben, da sie ja das Wort des Kaisers hatten, dass er keinen Frieden unterzeichnen würde, welcher die Abtretung Tirols vorsah. Ab nun galten die kämpfenden Tiroler jedoch als Rebellen und wurden von dem Feind auch als solche behandelt.

Andreas Hofer wurde von den Franzosen am 20. Februar 1810 als „Rebell“ standrechtlich erschossen (Historische Postkarte).
Andreas Hofer wurde von den Franzosen am 20. Februar 1810 als „Rebell“ standrechtlich erschossen (Historische Postkarte).

Napoleons Kriegsführung

Seit Napoleons 1799 erfolgter Rückkehr von seinem gescheiterten Eroberungskrieg in Ägypten beherrschte er unumschränkt Frankreich. Am 14. Juni 1800 unterlag die österreichische Armee bei Napoleons Angriffskrieg in der Schlacht von Marengo bei Turin.

Zeitgenössische Darstellung Napoleons auf dem Schlachtfeld von Marengo.
Zeitgenössische Darstellung Napoleons auf dem Schlachtfeld von Marengo.

 Auf der Walstatt lagen 14.000 Tote: 10.000 Österreicher und 4.000 Franzosen. Österreichs Truppen zogen sich hinter den Fluss Mincio zurück, welcher in der Presanellagruppe, westlich des Gardasees, entspringt.

Die Taktik, wie Napoleon seine Artillerie gegen Österreichs Armee einsetzte, war neu. Sie wurde nicht statisch eingesetzt, sondern rückte, unter einheitlicher Leitung in beweglichen, zusammen gefassten Batterien nach vorne, um den Angriff der Infanterie und Kavallerie durch präzises Feuer vorzubereiten und bereits am Beginn des Kampfes die österreichischen Einheiten zu zerschlagen.

Französische Artillerie zur Zeit Napoleons im Gefecht (Zeitgenössische Darstellung).
Französische Artillerie zur Zeit Napoleons im Gefecht (Zeitgenössische Darstellung).

Gegenüber den bestens gerüsteten französischen Einheiten lag das Problem der Tiroler Schützenkompanien in ihrer militärisch mangelhaften Ausbildung, Bewaffnung und Logistik. Vor allem fehlte es ihnen an starker Artillerie. Die Tiroler glichen diese Mängel durch die Kenntnis des eigenen Landes, die Gunst des unwegsamen Gebirges, sowie vor allem durch wilden Mut und größte Tapferkeit aus.

Auf dieser historischen Postkarte zum Gedenken an den Freiheitskämpfer Josef Speckbacher (nach einem Gemälde von Erich Heermann) sind die einfachen Waffen der Tiroler Landesverteidiger dargestellt, darunter eine mit Stahlbändern umreifte hölzerne Kanone.
Auf dieser historischen Postkarte zum Gedenken an den Freiheitskämpfer Josef Speckbacher (nach einem Gemälde von Erich Heermann) sind die einfachen Waffen der Tiroler Landesverteidiger dargestellt, darunter eine mit Stahlbändern umreifte hölzerne Kanone.

Über die Tiroler berichtete der französische Marschall François-Joseph Lefebvre

Frankreichs Marschall François-Joseph Lefebvre (Portrait von Césarine Davin-Mirvault um 1807. Aus: Wikipedia)
Frankreichs Marschall François-Joseph Lefebvre (Portrait von Césarine Davin-Mirvault um 1807. Aus: Wikipedia)

Der französische Marschall François-Joseph Lefebvre (*25.10.1755 in Rufach/Elsaß, †14.9.1820 in Paris), von Napoleon ernannter Herzog von Danzig, schrieb einen Tag vor der dritten großen Bergisel-Schlacht (13.8.1809), die für ihn verloren gehen sollte, an Napoleon in Wien einen Bericht über die Lage seiner Truppen und seine Ansicht über die Tiroler:

Innsbruck, 12. August 1809

An seine Majestät Napoleon, Kaiser der Franzosen, Wien, Schloss Schönbrunn

Sire!
Es sei also gesagt, dass ich meinen ersten Rückzug im Leben vor rasenden Bauern antreten musste. Mein erster persönlicher Brief an Eure Majestät enthielt den Bericht über den Hass, der in Tirol allgemein gegen die Feinde herrscht. Die drei Feldzüge, die ich unter Ihrem Oberbefehl mitmachte, waren gewiss kein Kinderspiel, aber mein guter Stern hat mich immer aus den Verlegenheiten gezogen, besonders aber aus diesen, wo die Natur für die Bewohner kämpft, welche niederträchtiger und rasender wie die Wilden sind.

Doch gut, trotz meines Hasses gegen die Lüge und meiner Liebe für die Ehrlichkeit habe ich diese Spitzbuben durch die Vorspiegelung einer Verständigung, welche weder ich noch sie zu halten gedachten, gründlich getäuscht, ohne diese List hätte ich das gleiche Schicksal erfahren, wie General Royer und Oberst Bourscheidt.

Dieses Bild aus dem Jahre 1794 zeigt den französischen General Marie Francois Rouyer (links im Bild) in einer Schlacht. Er unterlag 1809 in mehreren Gefechten den Tiroler Bauern.
Dieses Bild aus dem Jahre 1794 zeigt den französischen General Marie Francois Rouyer (links im Bild) in einer Schlacht. Er unterlag 1809 in mehreren Gefechten den Tiroler Bauern.
Johann Ludwig Freiherr von Bourscheid war Oberst in bayerischen Diensten, der am 9. Juli 1809 in einem Gefecht an der Pontlatzer Brücke im Oberinntal den Tiroler Bauern unterlag und sich in deren Gefangenschaft begeben musste. (Diese historische Postkarte gibt ein Gemälde von K. Jordan über das Gefecht an der Pontlatzer Brücke wieder, welches sich im Innsbrucker Museum Ferdinandeum befindet)
Johann Ludwig Freiherr von Bourscheid war Oberst in bayerischen Diensten, der am 9. Juli 1809 in einem Gefecht an der Pontlatzer Brücke im Oberinntal den Tiroler Bauern unterlag und sich in deren Gefangenschaft begeben musste. (Diese historische Postkarte gibt ein Gemälde von K. Jordan über das Gefecht an der Pontlatzer Brücke wieder, welches sich im Innsbrucker Museum Ferdinandeum befindet)

 Ich schulde also der ersten Lüge meines Lebens, durch die ich meine Generäle und Truppen über ihren wirklichen Bestimmungsort täuschte, den Erfolg, ohne Mühe den Engpass, wo der Kronprinz von Bayern, General von Arco und Marschall Ney derartige Verluste erlitten hatten, passiert zu haben, indem ich nur ca. 200 Mann verlor.

Einige unglückliche Kreaturen, darunter ein Hauptmann, waren die Opfer ihrer Charakterschwäche, sie zogen das Leben und die Gewissheit der Sklaverei dieser Barbaren dem Tode vor. Mein Freund, General Drouet, hat Innsbruck mit einer Umsicht und Unerschrockenheit, deren nur wenig Leute fähig sind, nur mit Hilfe einer Handvoll Leute gehalten, mit Soldaten, die noch dazu erst vor einigen Tagen eine schreckliche Niederlage mitgemacht hatten.

Der französische General Jean-Baptiste Drouet.
Der französische General Jean-Baptiste Drouet.

Ohne diesen französischen General hätte ich kaum noch einen Soldaten in der Stadt vorgefunden. Die Wache und die höheren Verwaltungsbehörden hatten sich trotz der Vorstellungen des Generals geflüchtet, was den schlechtesten Eindruck im Lande hinter uns machte. Pardon, Sire, wenn ich zu oft von diesem außergewöhnlich bescheidenen und tüchtigen General spreche. Ich habe für ihn eine große Gunst erbeten, Eure Majestät erteilen sie gewiss am rechten Orte. Ich werde nie mehr davon sprechen. Ich habe meine Pflicht erfüllt. Das große Herz des Meisters eines Weltteiles wird ihm eines Tages Gerechtigkeit widerfahren lassen.

Ich bin also in Innsbruck mit der Division des Kronprinzen und dem Landsturm des Obersten Grafen Arco und Grafen Oberndorf. Die Division des Generals Deroy hat drei Kanonen, eine ausgezeichnete Eskadron und den größten Teil des zehnten Infanterie-Regimentes verloren. Der General Royer hat wenigstens 1500 Mann eingebüßt.

Diese Wilden in Tirol steigen mit rasendem Geschrei ins Inntal hernieder, das Kruzifix an der Spitze, mit ihren Priestern, rasend wie die Tiger. Ich erwarte Ihre Befehle, Majestät, auch wenn ich mich unter den Ruinen Innsbrucks begraben lassen muss. (…)

Historische Post karte nach einem Gemälde von Edmund von Wörndle aus 1896.
Historische Post karte nach einem Gemälde von Edmund von Wörndle aus 1896.

 Ich füge diesem Brief noch hinzu, dass ich mich scheue, um es gerade herauszusagen, in diese Täler in der jetzigen Jahreszeit vorzustoßen. Im Jänner könnte man diesen Versuch nur mit Franzosen mache, aber nicht mit meinen jetzigen Soldaten, welche teilweise demoralisiert sind.

Was mich betrifft, Sire, lassen Sie ab, mich diesen Revolutionskampf führen zu müssen. Es ist 20 Jahre her, dass ich beinahe durch einen Steinschlag am Kopfe getötet worden wäre und jetzt erhielt ich einen am Knie, der mich teuflisch schmerzt.

P.S. Ich darf Eure Majestät nicht in Unkenntnis lassen, dass mir am 10. August berichtet wurde, dass zwischen den Schweizer und italienischen Deputierten beim Landwirt im Passeiertale eine Besprechung stattgefunden hat.

Marschall Herzog von Danzig m.p.

Andreas Hofers Kanonenfabrikant Romedius Strasser

Der Historiker Granichstaedten berichtet: Im Sommer 1937 fand Staatsarchivarin Dr. Theophila Wassiliko unter den Akten der Polizeihofstelle des Staatsarchivs des Innern in Wien einen Akt (Zl. 223/1812), der nicht nur wegen seines Inhaltes für die Kriegsgeschichte Tirols 1809 interessant ist, sondern auch wegen der drei inliegenden, von Andreas Hofer eigenhändig unterzeichneten Laufzettel.

Es handelte sich um ein Gesuch des Romedius Strasser, der zum Nachweis seiner Verdienste seiner Eingabe eine Anzahl von Zeugnissen und Dokumenten beilegte. Strasser war Schmied, Eisen- und Metallgießer, Kunst- und Münzschlosser, er begnügte sich aber nicht mit seinem Beruf, sondern machte auch einige für die damalige Zeit erregende Erfindungen. Strasser war ein technisches Genie: er konstruierte einen neuartigen Patent-Glühofen mit großer Holzersparnis und er erfand eine neuartige Büchsenbohrmaschine. Kaiser Joseph II. verlieh ihm am 8.8.1789 die große goldene, zwölf Dukaten schwere Ehrenmedaille (auf Lebensdauer) von 200 Gulden.

Nach Aufenthalten in Schwaben und Mailand kam er 1794 nach Schwaz in Tirol und wurde dort 1803 zum k. k. Maschinen und Kunstmeister ernannt. Im Juni 1805 wurde Strasser die Pension durch die Besatzungsmacht gestrichen, er musste beim Messingwerk Achenrain als Kunstschlosser dienen, im März 1807 war er bei der Stahlfabrik in Jenbach und Ende 1807 in Salzburg tätig.

Freiherr Josef von Hormayr war führend im Freiheitskampf von 1809 tätig. (Lithographie von Ignaz Fertig um 1850, aus Wikipedia) Er ließ eiserne Kanonen gießen, welche weniger taugliche, mit Stahlbändern umreifte hölzerne Kanonen ersetzen sollten. (Historische Postkarte mit der Wiedergabe eines zeitgenössischen Bildes)
Freiherr Josef von Hormayr war führend im Freiheitskampf von 1809 tätig. (Lithographie von Ignaz Fertig um 1850, aus Wikipedia) Er ließ eiserne Kanonen gießen, welche weniger taugliche, mit Stahlbändern umreifte hölzerne Kanonen ersetzen sollten. (Historische Postkarte mit der Wiedergabe eines zeitgenössischen Bildes)

Als Freiherr Josef von Hormayr, als Hofkommissär ein hochrangiger Mitstreiter von Andreas Hofer und Erzherzog Johann, nach der ersten Befreiung Tirols, am 2. Mai. 1809, nach Innsbruck kam, hörte er dort von Strassers Kunstfertigkeit, berief ihn im Juni in die Landehauptstadt und beauftragte ihn Kanonen zu bohren, Geschütze und Kugeln zu gießen und Kartätschengeschoße anzufertigen. Schon drei Wochen nach erhaltenem Auftrag, im Juli 1809, donnerten Strassers Kanonen in der Scharnitz und im Achental.

Nach dem Regierungsantritt durch Andreas Hofer am15. August1809 war dieser bemüht, seine Artillerie, die durch die Bergisel-Kämpfe sehr gelitten hatte, aufzurüsten. Am 14. September1809 schrieb Hofer laut einem Bericht im „Tiroler Anzeiger“ vom 12. Februar 1938 Folgendes an „Romed Strasser“:

„Von Seite der k. k. Oberkommandantschaft von Tirol erhält Romed Strasser den strengen Auftrag, soweit es in seiner Macht liegt, Kanonen zur Verteidigung des teuren Vaterlandes zu gießen oder, wenn selbe mehr haltbarer, zu schmieden, mit der Versicherung, daß sein Eifer Sr. Majestät dem Kaiser werde empfohlen werden. Zugleich hat er sich alle Mühe zu geben, die dazu benötigten (Kugeln, dieses Wort ist im Brief weggelassen) entweder selbst oder durch andere gießen zu lassen.

Der k. k. Oberkommandant: Andreas Hofer m. p.“

Aus dem Bericht im „Tiroler Anzeiger“ vom 12. Februar 1938.
Aus dem Bericht im „Tiroler Anzeiger“ vom 12. Februar 1938.

Strasser wurde ein Orden in Aussicht gestellt aber kein Geld! Er scheint diesen strengen Auftrag sehr rasch befolgt zu haben, denn schon am 20. 9., sechs Tage später, stellt Hofer folgende Bestätigung aus:

„Daß Romed Strasser, k. k. Kunstschaffer in Jenbach, die zwei eisernen kleinen Kanonen hierher richtig eingebracht hat, wird bestätigt. Im Namen des Oberkommandanten: Andreas Hofer m.p.“

Am 3.10.1809 sandte Hofer an Strasser, dessen Name ihm vermutlich entfallen war, folgende Eildepesche:

„Dem Schmiedemeister, welcher Kanonenkugeln gießt, in Jenbach. Sie haben 2000 Stück sechslötige Kanonenkugeln zu verfertigen und anher zu senden. (Nachschrift): Jeder Verzug unterwirft der strengsten Verantwortung. Durch Eilstaffette, eiligst.“

Das traurige Ergebnis dieser Schnellarbeit für Strasser war, dass ihm das Oberkommando nicht nur das Geld für die Arbeit schuldig blieb, sondern er auch aus der eigenen Tasche die für die Doppelhaken, Feldeschlangen und Kugeln nötigen Erze mit etwa 500 Gulden bezahlen musste.

Strasser scheint ein tapferer Mann gewesen zu sein, denn er meldete sich fünfmal zum allgemeinen, freiwilligen Aufgebot. Am 1. Jänner 1801 stellte ihm der Landesschützenmajor Wenzel Graf von Wolkenstein-Rodenegg (*1770, †31.12.1805 in Güns, Ungarn), ein Tapferkeitszeugnis über seine Teilnahme an den Kämpfen 1800 aus, am 2. Mai 1800 wurde er vom Distriktkommandanten und Hauptmann Peter Nikolaus Lergetporer (*6.1.1749 in Schwaz, †1.3.1825 Urfahr) seines Dienstes als Vorpostenkommandant enthoben, da er von einer Gesandtschaft aus Innsbruck als Kanonengießer angefordert worden war.

Im Juni und Juli 1809 goss er Kanonen. Am 17. August 1809 hatten sich bei Jenbach unter Strassers Kommando die Sturmkompagnien von Münster und Jenbach, sowie die Schwazer Bergknappenkompagnie im Gehölz am linken Innufer platziert und die nach der Bergisel-Schlacht auf dem Rückzug begriffenen Bayern so heftig bestrichen, dass diese ihre siebenpfündigen Haubitzen gegen die Tiroler auffahren mussten, um sie zu vertreiben.

Historische Postkarte zu den Ereignissen von 1809.
Historische Postkarte zu den Ereignissen von 1809.

Im Herbst 1811 hatte Strasser, den wir wohl als Vorgänger von Franz Freiherr von Uchatius, k. k. Feldmarschall-Lieutenant und Erfinder der nach ihm benannten Uchatius-Kanone, bezeichnen dürfen, durch Vermittlung des Oberstkämmerers Rudolf Graf von Wrbna und Freudenthal, dem Kaiser Franz in Preßburg persönlich eine neue, von ihm erfundene „gemeinnützige“ Maschine (wohl für Kriegszwecke) vorgeführt.

Dies berichtete Josef von Hormayr in seinem Gutachten zum Gesuch Strassers und lobte darin Strassers Geschicklichkeit und seine unschätzbaren Dienste über alle Maßen. Den gleichen Lobgesang stimmte auch der frühere Tiroler Landeskommissär Anton von Roschmann über Strassers Genialität an. Trotzdem blieb (13.11.1812) Strassers Gesuch unerledigt (ad acta), weil man höchsten Orts der Meinung war, er sei durch frühere Auszeichnungen hinlänglich belohnt.

Über Strassers Schicksal und Tod konnten wir bisher nichts erfahren. Romedius Strasser, der nach 1826 gestorben sein dürfte, scheint eine große Familie gehabt zu haben.

Josef Abenthung, der tapfere Schullehrer von Götzens

Josef Abenthung wurde am 19.2.1779 als Sohn des Mesners Franz Abenthung und der Elisabeth (geb. Graßmayr), in Götzens geboren. Da er frühzeitig Neigung zur Musik zeigte, brachte ihn der damalige Pfarrer Meichelbeck nach Seefeld, wo er das Orgelstudium betrieb, das er dann in Stams fortsetzte, wo der berühmte Organist P. Zacharias Hirnsperger sein Lehrer wurde. Dann ging Abenthung nach Innsbruck, wo er unter dem Abbe Falk lernte und nach Wien, wo Johann Gänsbacher ihm Unterricht erteilte.

Abenthung wurde „Götzner Mozart“ genannt: er verfasste und komponierte 16 Messen, 16 Kantaten, 8 Präludien, 124 Cantilenes und 19 türkische Musikstücke. Neben seiner musikalischen Tätigkeit wirkte Abenthung als erster weltlicher Lehrer in Götzens.

Josef Abenthung in seinem Götzener Haus Nr. 87. Er sitzt in der damaligen Schulmeisterkleidung, im langen Bratenrock, vor seinem Spinett, den Blick dem Beschauer zugewendet. An der Wand hängen der alte Klapphut mit dem grünen Federbusch, den die Schützenoffiziere 1809 trugen und der kurze Krummsäbel; auf der anderen Seite Geige, Flöte und Trompete. (Quelle: Granichstaedten)
Josef Abenthung in seinem Götzener Haus Nr. 87. Er sitzt in der damaligen Schulmeisterkleidung, im langen Bratenrock, vor seinem Spinett, den Blick dem Beschauer zugewendet. An der Wand hängen der alte Klapphut mit dem grünen Federbusch, den die Schützenoffiziere 1809 trugen und der kurze Krummsäbel; auf der anderen Seite Geige, Flöte und Trompete. (Quelle: Granichstaedten)

Die Franzosenkriege riefen ihn zu den Waffen: 1805 war er Vorpostenkommandant, 1809 stellte er sich an die Spitze der Götzenser Schützen, als deren Hauptmann, und mobilisierte das ganze Axamser Mittelgebirge und das Sellraintal. In der Zeit vom 22.6. bis 13.7.1809 war er mit 130 Schützen in Scharnitz postiert.

Als am Abend des 10. August 1809 die Landesverteidiger aus allen Tälern gegen Innsbruck anrückten, in dieser Gegend sich aber an diesem Tag damals noch kein Anführer oder Kommandant zeigte und niemand sich fand, den von Andreas Hofer beschlossenen Angriff planmäßig zu leiten, war es Abenthung, der, von seinen Landleuten dazu aufgefordert, diese schwierige Aufgabe übernahm.

Historische Postkarte mit der Darstellung der Ausrückung des Tiroler Landsturms im Jahre 1809.
Historische Postkarte mit der Darstellung der Ausrückung des Tiroler Landsturms im Jahre 1809.

Er verteilte die bei Zirl hereinströmende Mannschaft auf beide Seiten der Berge, schickte eine Abteilung nach Scharnitz, um den dortigen Pass zu besetzen und führte am 11. August 1809 mit seiner Mannschaft, die nur aus den Kompagnien von Götzens, Sellrain, Mutters und Natters bestand, einen entschlossenen Angriff auf das feindliche Mitteltreffen durch. Es gelang ihm, sich der Geisterhütte am Blumesköpfl zu bemächtigen und die dort postierten bayerischen Abteilungen zurückzuwerfen.

Dieser Tat verdanken die Gemeinden Mutters und Natters, dass die Franzosen an einem Einbruch in diese Gegend verhindert wurden und die beiden Dörfer vor Brandlegung verschont blieben.

Der kleine Ort Natters bei Innsbruck blieb von der Zerstörung verschont. (Postkarte von 1901)
Der kleine Ort Natters bei Innsbruck blieb von der Zerstörung verschont. (Postkarte von 1901)

Am 13. August 1809 kommandierte Abenthung die rechte Kolonne (300 Mann) des linken Flügels der Tiroler Kampftruppen. Er zog mit seiner Mannschaft, der sich viele Oberinntaler zugesellt hatten, unter den lauten Klängen einer Musikkapelle – Abenthung wollte auch in der Schlacht die Musik nicht missen – von Götzens aus, beim ersten Morgengrauen, gegen das feindliche Mitteltreffen am Bergisel.

Während seiner Vorrückung stieß Abenthung auf eine ganz erschöpfte Südtiroler Kompanie, welche in einem schützenden Versteck mutlos und ohne ihren Hauptmann lagerte. Er trat an sie heran, belebte sie durch aufmunternde Worte, riss dem ermatteten Tambour die Trommel vom Leibe und rührte sie mit eigener Hand – zum Sturmmarsch, wobei er der Kompanie voranschritt. Unter beständigem Schlagen der Trommel führte er diese Südtiroler und seine eigene Mannschaft gegen den Feind, der sich an den natürlichen Felsenschanzen zwischen der Schrofen- und Geisterhütte festgesetzt hatte.

Unter Trommelschlag griffen die Tiroler in der Bergisel-Schlacht an. (Historische Postkarte nach einem Gemälde von Zeno Diemer)
Unter Trommelschlag griffen die Tiroler in der Bergisel-Schlacht an. (Historische Postkarte nach einem Gemälde von Zeno Diemer)

Schließlich warf er nach kurzem Kampf die Franzosen aus ihrer Stellung. Unter seinen Schützenkompanien zeichneten sich die 2. Petersberger Kompanie aus Umhausen und die 5. Petersberger Kompanie aus Längenfeld, sowie Götzenser aus, bei den Schützen der letztgenannten besonders Josef Brandl aus Götzens. Die Götzenser standen bei der Schrofenhütte „wie die Felsen“, alle Stürme der Franzosen wurden abgewiesen, namentlich bei der Gallwiese und beim Hußlhof. Hier erhielt Abenthung eine schwere Schusswunde.

Nach dem siegreichen Ausgang der Schlacht, zu dessen Gelingen Abenthung nicht wenig beigetragen hatte, begab er sich in sein Heimatdorf. Im November 1810 finden wir ihn in Wien. Er wohnte dort in der Rossau Nr. 22 und wollte vom Kaiser eine Belohnung für seine 1809 geleisteten Dienste. Bald verließ er Wien und sandte im September 1811 von Götzens aus einen Angestellten des Haller Schiffmeisters Franz Josef von Aichinger mit einem Bündel Zeugnisse nach Wien, um sein Gesuch mit Dokumenten zu belegen und zu betreiben.

In Vöcklabruck (Oberösterreich) wurde der Angestellte aber von damals bayerischen Landgendarmen festgenommen und es wurden Abenthungs Papiere konfisziert. Nun sollte Abenthung, dem als Tiroler der Verkehr mit Wien damals untersagt war, seines Lehrerpostens in Götzens enthoben werden, aber der milde Generalkommissär Max Baron Lerchenfeld machte unter Hinweis auf Abenthungs Tüchtigkeit als Lehrer und Musiker die bereits erfolgte Entlassung aus dem Beruf rückgängig.

Abenthung erhielt den Titel eines Musiklehrers, 1820 eine Pension und hat im Ganzen 279 Schullehrer unterrichtet. Er besaß das Silberne Verdienstkreuz und zahlreiche Belobungen des Schulkommissariates.

Das Grab Andreas Hofers in der Hofkirche zu Innsbruck.
Das Grab Andreas Hofers in der Hofkirche zu Innsbruck.

 Am 21.2.1823 wurde ihm die seltene Ehre zuteil, zusammen mit sieben anderen Landesverteidigern aus dem alten Gericht Sonnenburg, den Sarg mit den Gebeinen Andreas Hofers von der Servitenkirche in die Hofkirche zu tragen. Am 12.8.1838 nahm Abenthung an der großen Erbhuldigung für Kaiser Ferdinand I. im Riesensaal der Innsbrucker Hofburg teil und trug hierbei eine alte zerrissene Kriegsfahne mit dem Bild der hl. Jungfrau.

Am 2.8.1860 starb Abenthung, der „Meister“ wie ihn die Götzenser nannten, im 82. Lebensjahr. Er war 64 Jahre Organist und Lehrer. Seine vier Kinder erbten das musikalische Talent.

Gedenktafel für Joseph Abentung an einem Haus in Götzens.
Gedenktafel für Joseph Abentung an einem Haus in Götzens.

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