Der legendäre Freiheitskämpfer Sepp Kerschbaumer aus Frangart, der Begründer des „Befreiungsausschusses Südtirol“ (BAS), starb am 7. Dezember 1964 im Alter von 51 Jahren im Gefängnis von Verona den Herztod, für den wohl die vorher erlittene Folter mit ursächlich gewesen war.

Am 8. Dezember 2025 fand eine große Gedenkfeier in St. Pauls in Südtirol statt, über welche die freiheitliche Tiroler Landtagsabgeordnete Gudrun Kofler und der österreichische Nationalratsabgeordnete und FPÖ-Südtirolsprecher Christofer Ranzmaier wie folgt berichten:
Sepp-Kerschbaumer-Gedenkfeier 2025


„Keine Freiheit ohne Recht“
PAULS – Am Montag, den 8. Dezember 2025, versammelten sich – wie jedes Jahr – über 2.000 Schützen, Marketenderinnen, Tiroler Landsleute sowie Freunde Tirols aus dem gesamten deutschen Sprachraum in St. Pauls, um anlässlich des Todestages von Sepp Kerschbaumer all jenen Freiheitskämpfern zu gedenken, die sich in den 1950er- und 1960er-Jahren für ihre Heimat Südtirol und die Freiheit derselben eingesetzt haben. Die würdige Feier stand ganz im Zeichen von Freiheit, Selbstbestimmung, Gerechtigkeit und Heimatverbundenheit – Werte, für die auch Kerschbaumer und seine Mitstreiter unter Einsatz ihres Lebens eingetreten waren.
Die große Beteiligung zeigte eindrucksvoll, dass sein Vermächtnis und das dieser Generation bis heute weiterlebt. Denn viele Menschen verfolgen die aktuellen politischen Entwicklungen mit Sorge, aber auch mit Verantwortungsbewusstsein.
Frontabschreitung, Einmarsch und Heilige Messfeier

Die Feierlichkeiten begannen mit der Meldung der angetretenen Formationen und der anschließenden Frontabschreitung durch Bürgermeister Lorenz Ebner, die Landeskommandanten Mjr. Christoph Schmid, Mjr. Thomas Saurer und Mjr. Umberto Facchinelli sowie der Obmann des Südtiroler Heimatbundes, Roland Lang. Die Musikkapelle St. Pauls führte die Formationen anschließend zum Gottesdienst im „Dom am Lande“.



Pater Reinald Romaner hob in seiner Predigt die Vorbildwirkung Sepp Kerschbaumers hervor, dessen Haltung und Opfermut bis heute Orientierung gebe. Kerschbaumers Verwurzelung im christlichen Glauben, seine Standhaftigkeit gegenüber staatlicher Willkür und seinen Opfermut für Volk, Heimat und Würde würden uns auch heute leiten.
Gedenkfeier am Friedhof – Gegenwart braucht Wahrheit
Nach dem Gottesdienst marschierten die Teilnehmer zum Friedhof, wo der Obmann des Südtiroler Heimatbundes Roland Lang in seiner Rede den Bogen von der historischen Verantwortung zur aktuellen politischen Lage Südtirols spannte.

Lang kritisierte die Autonomiereform, das Festhalten an kolonialistischen Ortsnamenerfindungen sowie die mangelnde Bereitschaft der Landespolitik, historische Zusammenhänge offen und klar zu benennen. Gerade in einer Zeit der Schnelllebigkeit, wo Vergangenes schnell in Vergessenheit gerät und in der Kompetenzen schleichend ausgehöhlt würden, brauche es eine Politik mit Rückgrat. Infolgedessen verwies Lang auf das Sprachbarometer, das zeige, dass innerhalb der italienischsprachigen Bevölkerung ein Umdenken einsetzen würde. In seinen Augen könne dies bei ehrlicher Auseinandersetzung ein Schritt hin zu einem respektvollen Zusammenleben auf Augenhöhe sein.
„Keine Freiheit ohne Recht, kein Rechtsstaat ohne Mut zur Wahrheit“

Auch die Ansprache des Strafverteidigers und Menschenrechtsexperten Dr. Nicola Canestrini, Ehrenkranzträger des Südtiroler Schützenbundes, leistete großen Anteil zu einer würdigen Veranstaltung. In seiner Rede forderte er eine vollständige juristische und historische Aufarbeitung der Menschenrechtsverletzungen an Südtiroler Häftlingen in den 1950er- und 1960er-Jahren. Canestrini erinnerte daran, dass zahlreiche Südtiroler – darunter auch Sepp Kerschbaumer – Folter, Misshandlungen, Schlafentzug, Scheinhinrichtungen und entwürdigenden Haftbedingungen ausgesetzt waren. Diese Verbrechen seien dokumentiert, doch bis heute habe der italienische Staat dafür keine echte Verantwortung übernommen. Menschenrechte seien für ihn unabdingbar und es gibt keine Ausnahmen dafür.
„Ein demokratischer Staat zeigt Größe, wenn er das Handeln seiner eigenen Organe überprüft. Das Ausbleiben einer juristischen Aufarbeitung ist ein bleibender Schatten über dem Rechtsstaat. Menschenrechte sind unumstößlich und dürften politischer Opportunität nie geopfert werden“
Ehrensalve und Kranzniederlegung
Im Anschluss an die Rede spielte die Musikkapelle St. Pauls am Grab Sepp Kerschbaumers das Lied vom „Guten Kameraden“. Die Ehrensalve wurde von der Schützenkompanie „Sepp Kerschbaumer“ Eppan unter Hauptmann Maximilian Schmid abgefeuert. Mit der Kranzniederlegung, der Tiroler Landeshymne und der österreichischen Bundeshymne fand dieser Teil der Gedenkfeier einen besonders würdigen Abschluss.
„Mut statt Gleichgültigkeit“ – Worte des Landeskommandanten
In seinen Schlussworten knüpfte Landeskommandant Mjr. Christoph Schmid an die Ausführungen Canestrinis an. Er erinnerte daran, dass Rechtsstaatlichkeit immer wieder verteidigt werden müsse – gerade dann, wenn es politisch unbequem werde. Als mahnendes Beispiel nannte Schmid den Fall Luis Amplatz, dessen strafrechtliche Aufarbeitung durch eine gezielte Änderung der italienischen Strafprozessordnung verhindert worden sei. Dies zeige, wie schnell Wahrheit geopfert werde, wenn staatliche Interessen über Recht gestellt würden.

Schmid formulierte einen klaren Appell in drei Punkten: 1. Rechtsstaatlichkeit ist nicht verhandelbar, 2. Wahrheit darf nicht relativiert werden und 3. Menschenrechte gelten ohne Ausnahme. Er warnte weiters vor Gleichgültigkeit und vor „unheiligen Allianzen in Rom“, die für die deutsche und die ladinische Minderheit brandgefährlich seien. Selbstbestimmung bleibe daher kein historisches Relikt, sondern ein lebendiger Auftrag, der aus dem Vermächtnis der Freiheitskämpfer erwachse.
„Wir stehen heute hier im Gedenken an Menschen, die ihr Leben verloren haben, weil sie eine gerechte Zukunft für Tirol wollten. Ehre ihrem Andenken. Ehre für Tirol.“
Freiheit und Selbstbestimmung als bleibender Auftrag
Die Gedenkfeier in St. Pauls, getragen von Heimatbund, Schützen, patriotischen Vereinen sowie zahlreichen engagierten Bürgern und anwesenden Politikern aus Gesamttirol, machte deutlich, wie wichtig es ist, das Andenken an Sepp Kerschbaumer und seine Mitstreiter lebendig zu halten. Die Veranstaltung erinnerte daran, dass Autonomie, Frieden und Wohlstand nicht selbstverständlich sind, sondern auf dem Mut früherer Generationen beruhen. Erinnerung bedeutet Verantwortung – und Verantwortung verlangt Haltung. Auch und besonders von Akteuren in Politik und Öffentlichkeit heutzutage.
LAbg. Gudrun Kofler NAbg. Christofer Ranzmaier
(Alle Bilder: Südtiroler Schützenbund (SSB) )


