Der am 27. März 1935 geborene und am 29. Juni 2024 verstorbene Adolf Pomella aus Kurtatsch.
Am 29. Juni 2024 verstarb in seinem Heimatort Kurtatsch ein ehemaliger Südtiroler Freiheitskämpfer und schwer gefolterter politischer Häftling. Der Kurtatscher Bauer Josef Pomella war nach den Anschlägen der „Herz-Jesu-Nacht“ aufgrund einer Denunziation eines Spitzels der Carabinieri zusammen mit anderen Kurtatscher Mitgliedern des „Befreiungsausschusses Südtirol“ (BAS), wie Luis Hauser, Josef Anegg, Hermann Anrather und Josef Orian, verhaftet worden. Sie alle wurden nach der Verhaftung von den Carabinieri schwer gefoltert.
Es gelang den Carabinieri trotz Anwendung unsäglicher Gewalt jedoch nicht, von Pomella und Orian ein Schuldgeständnis zu erpressen.
Der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB), eine von ehemaligen Südtiroler politischen Häftlingen gegründete Vereinigung, welche für die Selbstbestimmung eintritt, widmete am 1. Juli 2024 dem Verstorbenen nachstehenden Nachruf:
Nachruf für Adolf Pomella
Es erreicht uns die traurige Nachricht, dass der ehemalige politische Häftling Adolf Pomella aus Kurtatsch verstorben ist.
Der 1935 in Kurtatsch geborene Bauer war nach den Anschlägen der Herz-Jesu-Nacht am 17. Juli 1961 von den Carabinieri verhaftet und anschließend schwer gefoltert worden. In den SVP-Archivalien im Landesarchiv in Bozen liegt ein Brief, in welchem Pomella der „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) die erlittene Folter beschrieb: Er war mit Zündhölzern, einem Feuerzeug und Zigaretten am Geschlechtsteil, an der Nase und am Arm verbrannt worden. Er wurde mit kochend heißem Öl angeschüttet. Er wurde auch mit einer Zange, einem eisernen Schürhaken und einem Besenstil misshandelt. Dazu kamen schwere Schläge, wobei ein Knie und ein Schienbein verletzt und eine Zehe gebrochen wurden.
Sein ebenfalls schwer gefolterter Mitgefangener Josef Orian berichtete in einem Brief an die SVP, dass die Carabinieri den verhafteten Adolf Pomella eine Nacht lang gefesselt an ein Treppengeländer gehängt hatten. In anderen Berichten seiner Mitgefangenen wurden die sichtbaren schweren Verletzungen des Gefolterten beschrieben.
Über seine Folterung berichtete Pomella am 6. Oktober 1961 auch an die Staatsanwaltschaft in Trient. Eine Abschrift dieses Schreibens wurde auch dem österreichischen Außenministerium übermittelt. Die hohe Politik in Österreich und in Südtirol unternahm jedoch nichts.
Nach beinahe eineinhalb Jahren Untersuchungshaft musste die italienische Justiz Josef Orian und Adolf Pomella „mangels an Beweisen“ wieder frei lassen. Eine Entschädigung für Folter und Haft haben sie nie erhalten.
Seine Angehörigen hätten keinen sinnigeren Spruch für das Leben des Verstorbenen finden können:
„Der ist in tiefster Seele treu
Wer die Heimat liebt wie du“.
(Douglas Archibald und Theodor Fontane)
Wir gedenken unseres verstorbenen Landsmannes, der so Schweres hatte erdulden müssen, in Ehrfurcht und Trauer. In Gedanken sind wir bei seinen Angehörigen.
Roland Lang
Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB)
Am 1. Juli 2024 wurde der Verstorbene auf dem Friedhof in Kurtatsch zur ewigen Ruhe gebettet.
Dokumentation
Der durch einen Geistlichen aus dem Gefängnis von Trient herausgeschmuggelte Folterbericht von Adolf Pomella:
„Adolf Pomella, geb. 27.3.1935 in Kurtatsch, Bauer in Kurtatsch. Am 17. Juli um 22.30 h wurde ich verhaftet und bis um 12.30 des nächsten Tages von den carab mißhandelt. Die carab von Kurtatsch machten mich Schuhe, Strümpfe, Hose und Unterhose ausziehen, dann hieb man mir mit einem Pistolenmagazin auf den Kopf. Ebenso schlug man mich mit der Faust, mit einem Besenstiel und einer großen Suppenkelle ins Gesicht an Hals und Nase.
Immer und immerwieder schlugen drei oder vier carabinieri mit der Faust, auch einer Pistolentasche und mit anderen Gegenständen, – ich kann mich nicht mehr an alles erinnern ich war teilweise ganz benommen – ins Gesicht und am ganzen Körper. Die carab. schütteten mir Kochöl über den Kopf und übers Gesicht und dann rieben sie mich mit einer rußigen Pfanne ein.
Ins Gesicht gespuckt, dann zwang man mich auf die Knie, man schlug mir so auf das Genick, bis ich sehr starke Kopfschmerzen bekam. Mit brennenden Zigaretten berührte man das Geschlechtsglied, die Nase und den Innenarm. Ich hatte Brandblasen. Zuletzt bemühte man dazu brennende Zündhölzer und ein brennendes Feuerzeug. Man drohte mir, mit Spagatt das Geschlechtsglied abzuklemmen. Durch die Schläge an Kopf, Magen usw. lag eine 20 cm große Blutlache am Boden, Orion, Anegg und Anrather haben sie gesehen. Ich wurde dann von zwei carab. durch einen quer gehaltenen Besenstiel am Hals an die Mauer gedrückt – heute 29. 8. schmerzt mir noch der Hals und der hiesige Gefängnisarzt nimmt das nicht zur Kenntnis.
Viele Fußtritte in den Bauch u. auf das Geschlechtsteil, das linke Knie schmerzt mir noch, ebenso eine Zehe – sie muß gebrochen sein – am linken Fuß.
Die rechte Zehe aber ist noch entzündet, auch eine große Wundnarbe am Schienbein. Der Mittelfinger der rechten Hand ist noch geschwollen, man hat ihn mit einer Kombinationszange (Flachzange) gequetscht und nach hinten gebogen. Mit der Zange stieß man mich in Brust u. Achselhöhlen, später riß man mir damit die Haare vom Hintern aus. Einen ca 60 cm langen, fingerdicken Schürhaken, den krummen, spitzen Haken im Mund haltend, mußte ich Kniebeugen machen, auch den Besenstiel bohrte man mir in den Mund, ich war verletzt u. konnte kaum noch den Mund öffnen.
Auch einen Teppichklopfer benützte man zum Schlagen. Meine Schürze rissen die car. In Stücke und sagten dann den Angehörigen, ich hätte keine Schürze angehabt.
Mit der Masch. Pistole wurde ich oft und oft bedroht. Kein Name der carab. ist mir bekannt.
Adolf Pomella.“
(Wörtliche Wiedergabe des Originalbriefes. SVP-Archivalien, Landesarchiv Bozen)
(SVP-Archivalien, Landesarchiv Bozen)