Nach der militärischen Besetzung des wehrlosen Landes im November 1918 hatte Rom umgehend begonnen, vollendete Tatsachen zu schaffen und Südtirol einen äußerlich italienischen Anstrich zu verpassen.
Die deutschen Ortsschilder wurden nun durch italienische mit den von dem Faschisten Tolomei erfundenen Namen ersetzt.
Die Carabinieri schritten am 9. Mai 2020 ein, als auf dem „Gautag der katholischen Jugendvereine“ in Bozen kirchlich gesegnete Tiroler Fahnen im Festzug mitgeführt wurden. Dies musste die Zeitung „Der Tiroler“ am 11. Mai 2020 berichten.
Große Volkskundgebungen, auf denen die Selbstbestimmung oder zumindest eine Selbstverwaltung im Rahmen einer Autonomie gefordert wurden, blieben durch die römische Politik völlig unbeachtet.
Die schrittweise Einverleibung Südtirols in den italienischen Staat hat der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB), eine von ehemaligen Freiheitskämpfern und politischen Häftlingen gegründete Vereinigung, welche für die Selbstbestimmung eintritt, in Zeitungsinseraten in den „Dolomiten“ und der „Zeitung am Sonntag“ eindrücklich dokumentiert:
Der Vollzug der Annexion am 10. Oktober 1920
Die deutsche Presse in Nord- und Südtirol berichtete am 10. Oktober 1920 voll Trauer über die an diesem Tage offiziell vorgenommene Zerreißung des Landes und veröffentlichte einen Aufruf der politischen Parteien, in welchem diese „die unerschütterliche Hoffnung“ und Zuversicht äußerten, dass einmal der Tag kommen werde, „an welchem uns Gerechtigkeit und weitschauende Politik die nationale Befreiung bringen“ werden.
Für Südtirol brach bald die schreckliche Zeit des Faschismus heran. Auch nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges sollte die Politik der Unterdrückung und der geförderten Zuwanderung aus dem Süden fortgesetzt werden.
Das Ziel war unverändert geblieben: Aus Südtirol kulturell und ethnisch ein mehrheitlich italienisches Land zu machen.
Erst der Widerstand der 1960er Jahre schuf auf politischer Ebene dringlichen Handlungsbedarf und führte letztendlich zu dem heutigen verbesserten Autonomiestatut.
Italien rühmt sich, dass die Einigung des Staates durch Volksabstimmungen in den betroffenen Regionen und Provinzen zustande gekommen sei. Das stimmt, bis auf zwei Ausnahmen:
Bis heute hat Rom nicht gewagt, Volksabstimmungen über die staatliche Zugehörigkeit in Südtirol und in Welschtirol (dem heutigen „Trentino“) durchzuführen.