Doppelstaatsbürgerschaft: Das Störmanöver des Andreas Khol – und die Widerlegung seiner Behauptungen

Ende November 2017 äußerte Andreas Khol gegenüber mehreren Personen, dass er einer doppelten Staatsbürgerschaft für Südtiroler ablehnend gegenüber stehe. Er werde, so Khol, demnächst öffentlich dazu Stellung nehmen.

Tatsächlich erschien bereits am 1. Dezember 2017 ein großer, von Khol verfasster Artikel in der „Tiroler Tagezeitung“, welche ihm bereitwillig eine ganze Seite zur Verfügung gestellt hatte, womit er dem Wunsch so zahlreicher Südtiroler nach zusätzlichem Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft öffentlich entgegen treten konnte.

In seinen Ausführungen stellte Khol Behauptungen auf, auf welche die „Süd-Tiroler Freiheit“ noch am 1. Dezember 2017 in einer Presseerklärung antwortete.

Das Internet-Nachrichtenprotal „Unser Tirol 24  berichtete über die Stellungnahme der „Süd-Tiroler Freiheit“:

Khol habe „eine Reihe von Fehlinformationen“ verbreitet, „die im Sinne einer sachlichen und objektiven Diskussion richtiggestellt werden müssen“

Alle Bedenken, die Andreas Khol äußert, seien bereits von Stellungnahmen der österreichischen Ministerien sowie von einem Rechtsgutachten der Universität Innsbruck entkräftet und widerlegt worden. Bereits in der Vergangenheit sei Khol wegen falscher Aussagen zum Doppelpass in Kritik geraten, hieß es in der Presseaussendung.

Im Folgenden würden Khols Äußerungen aufgrund dieser Widerlegungen der Boden entzogen:

Beziehungen zu Italien würden belastet?

 Andreas Khol behauptet, dass die österreichische Staatsbürgerschaft für Süd-Tiroler die Beziehungen zu Italien belasten würde. DAS IST NICHT RICHTIG! Italien bietet seit 2006 seinen eigenen italienischen Minderheiten in Slowenien und Kroatien ebenfalls die italienische Staatsbürgerschaft als Zweitstaatsbürgerschaft an und könnte somit nichts dagegen haben, wenn Österreich dasselbe für seine österreichische Minderheit in Italien (die Süd-Tiroler) machen würde. Die italienische Regierung hat sich zudem bereits positiv zur Wiedererlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft für Süd-Tiroler geäußert und diese Initiative sogar als „vernünftigen Vorschlag“ bezeichnet.

 Verfassungsänderung wäre nötig?

Andreas Khol behauptet, dass eine tiefgreifende Abänderung des österreichischen Staatsbürgerschaftsrechts durch ein Verfassungsgesetz notwendig wäre. DAS IST NICHT RICHTIG! Eine einfache Abänderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes würde ausreichen. Konkret bräuchte es nur einen Zusatzpunkt im §58c „Erwerb durch Anzeige“, darin wird bereits heute geregelt, dass Personen, die aus politischen Gründen die österreichische Staatsbürgerschaft verloren haben, dieselbe wiedererlangen können, ohne ihre bisherige Staatsbürgerschaft aufgeben zu müssen.

 Hohe Gebühren/Sonderregelung?

 Andreas Khol behauptet, dass die Wiedererlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft für Süd-Tiroler mit hohen Kosten verbunden wäre und man daher eine Sonderregelung treffen müsste. DAS IST NICHT RICHTIG! Der Erwerb der Staatsbürgerschaft durch „Anzeige“ ist mit keiner Gebühr verbunden und es bedarf daher auch keiner Sonderregelung.

Widerspruch zu Pariser Vertrag?

Andreas Khol behauptet, dass die Wiedererlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft für Süd-Tiroler im Widerspruch zum Pariser Vertrag stünde. DAS IST NICHT RICHTIG! Die Universität Innsbruck hat 2011 unter der Leitung von Univ. Prof. Dr. Walter Obwexer ein umfangreiches Rechtsgutachten erstellt, welches bestätigt, dass die Umsetzung rechtlich problemlos möglich wäre und weder gegen nationale noch internationale Verträge verstößt. Auch der Vertrag von Saint-Germain, der Pariser Vertrag und das Unionsrecht stellen keine Hindernisse dar.

Wahlrecht/Sonderregelung?

Andreas Khol behauptet dass das Wahlrecht dahingehend abgeändert werden müsste, dass die Süd-Tiroler eigene Vertreter ins österreichische Parlament wählen könnten. DAS IST NICHT RICHTIG! Die Süd-Tiroler hätten als österreichische Staatsbürger dieselben Rechte und Pflichten wie alle anderen Auslandsösterreicher. Europapolitisch würden sich insbesondere für Tirol interessante Perspektiven ergeben, da beispielsweise bei EU-Wahlen grenzüberschreitend in Nord-, Ost- und Süd-Tirol gemeinsame Kandidaten gewählt werden könnten. Die Rolle Tirols im Bund und auf EU-Ebene würde dadurch gestärkt.

Verfassungsrechtler haben keine Bedenken zum Doppelpass

Die Stellungnahmen des Völkerrechtlers Univ.-Prof. Dr. Peter Hilpold und des Verfassungsexperten Univ.-Prof. Walter Obwexer

Am 1. Dezember 2017 nahm der Professor für Völker- und Europarecht an der Universität Innsbruck, Peter Hilpold, in einem Interview mit dem Internet-Nachrichtenprotal „Unser Tirol 24“ Stellung zu den Behauptungen Khols, ohne diesen mit Namen zu nennen. In dem Bericht heißt es:

Univ.-Prof. Dr. Peter Hilpold (Bild Youtube- UT24)

Professor Peter Hilpold kann den zirkulierenden Gerüchten nur wenig abgewinnen: „Nach dem bisherigen Stand der Diskussion muss man sagen, dass wir in Fachkreisen eindeutig der Auffassung sind, dass eine einfache Mehrheit im österreichischen Parlament genügen würde, um ein solches Vorhaben in die Tat umzusetzen“, so Hilpold. Alles andere sei lediglich ein „Missverständnis“.

Eine Verfassungsänderung sei lediglich dann notwendig, „wenn spezielle Regelungen eingeführt würden, die aber weder in Südtirol, noch in Österreich erwünscht sind oder zur Debatte stehen“.

„Stimmen der Südtiroler Wähler gleichwertig“

Als Beispiel nennt Hilpold hierfür etwa die Einschränkung des Wahlrechtes. Damit könnte man etwa eine Regelung schaffen, wie sie derzeit in Italien gilt, die besagt, dass Auslandsitaliener nur einen eigenen Vertreter wählen dürfen. Nur in einem solchen Fall wäre etwa eine Änderung des allgemeinen gleichen Wahlrechts notwendig, die eine verfassungsrechtliche Vorkehrung notwendig mache.

Ein solches Szenario würde der erleichterte Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft jedoch nicht vorsehen. Im Gegenteil:

„Das allgemeine und gleiche Wahlrecht würde vorsehen, dass die Stimme der Südtiroler Wähler gleich zählt, wie jene der österreichischen Bevölkerung. Gegenwärtig wird aber auch nichts anderes diskutiert“, erläutert Hilpold weiter.

Univ.-Prof. Dr. Walter Obwexer

Ähnlich sieht das auch der sonst eher kritische Verfassungsexperte, Univ.-Prof. Walter Obwexer.

In einem Gutachten aus dem Jahre 2011, das von der SVP in Auftrag gegeben worden war schreibt er dazu:

„Der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft durch „Südtiroler“ ist rechtlich grundsätzlich möglich. In Betracht kommt insbesondere ein Erwerb durch Verleihung, möglich wäre aber auch ein Erwerb durch Anzeige. Erforderlich wären dafür entsprechende Änderungen des Staatsbürgerschaftsgesetzes (StbG) Österreichs.“

Auszüge aus dem Gutachten von Univ.-Prof. Dr. Walter Obwexer

„Keine kollektive Bestrafung der Südtiroler“

Bedenken und Gerüchte gestreut werden derzeit auch um das Gruber-Degasperi-Abkommen von 1946. Damals wurde vereinbart, den Südtiroler Optanten, welche staatenlos in ihre Heimat zurückkehrten, die italienische Staatsbürgerschaft zurückgegeben. Dass Italien allerdings diese Maßnahme zurückziehen würde, scheint für Hilpold nahezu ausgeschlossen.

Das ist rechtlich unmöglich und mit dem geltenden Völkerrecht nicht vereinbar. Denn es kann sicherlich nicht so sein, dass die Gewährung einer zweiten Staatsbürgerschaft zu einer kollektiven Bestrafung führt. Also dem Entzug einer Staatsbürgerschaft, die nach dem Krieg verliehen worden ist“, so Hilpold. Derartige Theorien seien für den Völkerrechtsexperten allesamt „Spekulationen, die mit dem geltenden Recht nicht in Einklang zu bringen“ seien.

 Schutzfunktion nicht geschwächt

Auch werde eine doppelte Staatsbürgerschaft keinesfalls die Schutzfunktion Südtirols schwächen, wie ebenfalls behauptet worden sei. „Das ist deshalb unzutreffend, weil die Schutzfunktion kollektiv wirkt. Die Staatsbürgerschaft ist hingegen ein individuelles Recht, welches Einzelpersonen betrifft – wenn es auch viele sein werden“, erläutert Hilpold.

Da diese beiden Funktionen auf völlig unterschiedlichen Ebenen operieren, sei eine Einschränkung der Schutzfunktion absolut nicht denkbar, so der Verfassungsexperte. Die Schutzfunktion umfasse nämlich alle Deutschen und Ladiner in Südtirol, unabhängig von der Frage, ob sie nun eine zweite oder mehrere Staatsbürgerschaften haben. „Da sehe ich deshalb überhaupt keinen Zusammenhang“, so Hilpold.

Die Rolle und das politische Bekenntnis des Dr. Andreas Khol

Wenn man die Frage beantworten will, was Andreas Khol antreibt, ein Projekt wie jenes des Erwerbes der österreichischen Staatsbürgerschaft durch Südtiroler zu torpedieren, dann muss man einen Blick auf Khols politische Tätigkeit in der Vergangenheit werfen.

Der in väterlicher Linie von Südtiroler Vorfahren abstammende Jurist Dr. Andreas Khol, Jahrgang 1941, gehört zum politischen Urgestein der „Österreichischen Volkspartei“ (ÖVP). Er hat in der Südtirol-Politik viele Jahre lang eine bedeutende Rolle gespielt, die vielfach öffentlich nicht wahrgenommen wurde, weil sie hinter den Kulissen vollzogen wurde.

Der politische Werdegang des Andreas Khol

Über seinen politischen Werdegang berichtete Andreas Khol im November 2012 in einem Interview, welches die deutsche Konrad Adenauer Stiftung veröffentlichte:

„Ich war und bin Mitglied des Cartellverbands Österreichischer Katholischer Studenten (ÖCV). Da brauchte man damals nicht der ÖVP beizutreten, der ÖCV war die ÖVP. Ich arbeitete … auch im Rahmen der „Aktion 20” in einer Expertengruppe unter Botschafter Franz Karasek an der Entwicklung der Europapolitik der Regierung Klaus mit. An eine Parteimitgliedschaft dachte ich nicht. Im Jahre 1970 verlor die ÖVP die Mehrheit und da trat ich dann aus Solidarität der ÖVP bei, Dr. Alois Mock war damals dynamischer junger Partei-Erneuerer und nahm gleich mit mir Kontakt auf. So kam ich in die Nähe von Mock und dem Wiener Arbeiter- und Angestelltenbund.“

Khol mit hohen österreichischen Orden und mit dem Band seiner CV-Verbindung

Khol leitete sodann von 1974 bis 1993 als Direktor die Politische Akademie der ÖVP, wurde zum außenpolitischen Sprecher der ÖVP bestellt sowie als Nationalratsabgeordneter zum Klubobmann des ÖVP-Parlamentsklubs und später zum Nationalratspräsidenten. Zusätzlich war er in der österreichischen Gesellschaft für Außenpolitik sowie beim Österreichischen Verfassungsgerichtshof tätig und wurde 1980 auch noch durch die Ernennung zum außerordentlichen Universitätsprofessor der Universität Wien für seine so vielfältige Tätigkeit geehrt und belohnt.

Khols führende Tätigkeit in der „Internationale der Christdemokraten und Konservativen“

Dr. Alois Mock war Präsident der EDU

Als 1978 von Josef Taus (ÖVP), Helmut Kohl (CDU), Jacques Chirac (Gaullisten)  und Margaret Thatcher (Konservative Partei) eine „Internationale der Christdemokraten und Konservativen“ als Gegengewicht zur Sozialistischen Internationale und zum internationalen Kommunismus gegründet wurde, bestellten diese Politiker auf die Empfehlung der ÖVP hin Andreas Khol zum Exekutiv-Generalsekretär der neu gegründeten „Europäischen demokratischen Union“ (EDU), deren Präsident der ÖVP-Parteivorsitzende und spätere Außenminister Dr. Alois Mock wurde.

Khol übte dieses Amt 17 Jahre bis 1994 aus und administrierte die EDU von dem zentralen Büro in Wien aus. (Näheres siehe: Michael Gehler, Marcus Gronier, Hinnerk Meyer, Hannes Schönner: „Transnationale Parteienkooperation der europäischen Christdemokraten und Konservativen“, 2 Bde., Berlin/Boston 2018)

Die Zielsetzung der EDU – Südtirol wurde wieder das Opfer des „Kalten Krieges“

 In dem Interview mit der Konrad Adenauer Stiftung berichtete Andreas Khol über die politischen Ziele der EDU:

„Strategisch war sie auf die Erweiterung der Union auf alle Staaten des damaligen Europarats angelegt … Strategisch war auch das Konzept der Volkspartei, die alle nicht-sozialistischen Kräfte bündeln und integrieren sollte. Christdemokraten, Konservative, Liberale und Marktwirtschaftler sollten im Europäischen Parlament in der Europäischen Volkspartei (EVP) zusammenarbeiten und in den Staaten zu Volksparteien integriert werden.“

Das Ziel sei die Schaffung eines europäischen Bundesstaats gewesen.

In dieser Situation war der EDU-Generalsekretär Andreas Khol wohl bemüht, jede Störung des politischen Klimas zwischen christdemokratischen Parteien zu verhindern. Dies umso mehr, als sich Österreich zusätzlich durch Italien erpresst sah.

Rom hatte ein Veto gegen den Beitritt Österreichs zur EWG (Vorläufer der EU) eingelegt, welches solange gelten sollte, als Südtiroler Freiheitskämpfer tätig waren und die Frage Südtirol nicht im Sinne Roms durch österreichische Verzichte gelöst war. Politische Forderungen der Südtiroler und ihrer Freunde in Österreich mussten hier wohl auch von Khol als Störung empfunden und nach Möglichkeit hintan gehalten werden.

Die politische Augenauswischerei mit der Streitbeilegungserklärung von 1992 – Khol war daran beteiligt

Unter diesem Druck verzichtete Österreich auf eine internationale Absicherung des Südtirol-Autonomiestatuts von 1972. Österreich stimmte zu, dass bei Autonomieverletzungen nur der 40 Maschinschreibzeilen umfassenden und sehr allgemein formulierten Pariser Vertrag von 1946 eingeklagt werden könne.

Am 19. Juni 1992 teilten Österreich und Italien in gleichlautenden Schreiben dem Generalsekretär der Vereinten Nationen mit, daß der vor den Vereinten Nationen anhängig gewesene Streit nun beendet sei. In den Schreiben wird darauf hingewiesen, daß die jeweiligen Rechtsstandpunkte Italiens und Österreichs unpräjudiziert gelassen würden.

Der italienische Standpunkt aber besagt, dass Pariser Abkommen bereits durch das Erste Autonomiestatut von 1948 erfüllt worden sei und dass die Verbesserungen des Zweiten Autonomiestatuts von 1972 freiwillige Mehrleistungen Italiens seien.

Bei einer Klage vor dem IGH muss Österreich daher beweisen, dass die jeweils betroffenen Autonomiebestimmungen zwingend zur Erfüllung des Pariser Vertrages notwendig und eben keine Mehrleistungen Italiens seien.

Der ÖVP-Außenminister Dr. Karl Gruber hatte 1946 im Sinne der Westalliierten den verheerend unzulänglichen „Pariser Vertrag“ ohne Genehmigung der Regierung und des Nationalrats eigenmächtig und überfallsartig abgeschlossen.

Dies ist angesichts der verheerenden Qualität des 1946 von dem ÖVP-Außenminister Dr. Karl Gruber eingebrockten mangelhaften, nur 40 Maschinschreibzeilen umfassenden und sehr allgemein formulierten „Pariser Vertrages“ ein juristisch mehr als riskantes Unterfangen.

Zwei von der Bundesregierung damals in Auftrag gegebene Gutachten des Salzburger Völkerrechtsexperten Univ.-Prof. DDr. Franz Matscher besagen aber, dass nur wenige direkt aus dem von 1946 ableitbare Paketmaßnahmen bei deren Verletzung mit Erfolgsaussicht vor dem IGH eingeklagt werden können.

Die Bundesregierung hat daher bei den seit 2001 massiv einsetzenden Autonomieaushöhlungen die den Gang vor den IGH wie der Teufel das Weihwasser gescheut.

Andreas Khol war an der Schaffung dieser Scheinlösung aktiv als politischer Mittäter beteiligt gewesen. In dem bereits erwähnten Interview mit der Konrad Adenauer Stiftung berichtete Andreas Khol:

„Ab 1971 setzten die Verhandlungen um die neue Autonomie in Südtirol ein, die schließlich 1992 zur Streitbeilegung zwischen Österreich und Italien führten – in der Verhandlungsphase ab 1987, als Alois Mock Außenminister geworden war, war ich in die Arbeiten einbezogen und konnte zur Streitbeilegung beitragen.“

2012: Khol zur „transnationalen Parteienkooperation“:

In dem bereits erwähnten Interview mit der Konrad Adenauer Stiftung erklärte Andreas Khol auf die Frage nach der gegenwärtigen „Parteienkooperation im Zeichen von EU-Staats- und Regierungschefs“:

„Zwei Interessen einen uns und bringen uns zur Zusammenarbeit: erstens die Gestaltung Europas in der EU als stärkste Fraktion im Europäischen Parlament, zweitens das Bestehen des Wettbewerbs im Inneren: als Volksparteien der Mitte und rechts der Mitte im demokratischen Wettstreit um die Mehrheit im Lande. Für beides ist die transnationale Parteienkooperation wichtig.

Obwohl ihn die „Erfahrung“ so „stark“ machte, wie dieses Wahlplakat verkündete, reihten die Österreicher bei der Bundespräsidentenwahl 2016 Andras Khol nur auf Platz fünf. Khol gab daraufhin bekannt, sich aus der Politik zurückzuziehen. So ganz tut er das aber nicht, wie jetzt sein Störmanöver gegen die doppelte Staatsbürgerschaft für Südtiroler zeigte.

Wie Khol die Festlegung der Schutzmachtfunktion in der österreichischen Bundesverfassung torpedierte

Die ÖVP ist als Schwesterpartei eingebunden in die gemeinsame Politik der Europäischen Volkpartei (EVP), die wiederum auf der Linie der NATO-Interessen und damit jener der USA und seiner strategischen Verbündeten einschließlich Italiens agiert.

Die endgültige Erledigung des Südtirol-Störfaktors lag und liegt im Interesse dieser Politik. Es lag sicherlich auch im Sinne dieser Politik, dass Andreas Khol 2006 die Schutzmachtinitiative scheitern ließ

Der parteifreie österreichische Justizminister Univ.-Prof. Dr. Hans Klecatsky war Zeit seines Lebens ein ehrlicher Vorkämpfer für die Rechte und Anliegen Südtirols.

Der parteifreie ehemalige österreichische Bundesminister für Justiz und Universitätsprofessor für öffentliches Recht und Politikwissenschaft, Dr. Hans R. Klecatsky hatte bereits am 24. August 1992 in einem Gastkommentar in der Wiener Tageszeitung „Die Presse“ gefordert, daß Österreich die Schutzmachtrolle Österreichs und das Selbstbestimmungsrecht der Südtiroler in einer Präambel zur österreichischen Verfassung rechtlich fixiere.

Im Jänner 2004 richtete Klecatsky eine diesbezügliche Petition an den Tiroler Landtagspräsidenten Helmut Mader (ÖVP), welcher Vorsitzender des „Tirol-Konvents“ des Tiroler Landtags war.

Das „Südtirol-Memorandum“

 Am 20. April 2004 wurde in Innsbruck dem Tiroler Landeshauptmann Herwig van Staa ein von Vertretern der großen kulturellen und wirtschaftlichen Verbände Südtirols unterzeichnetes diesbezügliches „Südtiroler Memorandum“ übergeben. In diesem Memorandum wurde gefordert, dass die „gegenüber Südtirol bestehende Schutzstaatsverpflichtung“ in rechtsverbindlicher Form in die österreichische Bundesverfassung aufgenommen werde.

Unterzeichnet hatten:

 Der Südtiroler Landeshauptmann Durnwalder und alle SVP-Mandatare auf Landes-, Staats- und Europaebene, die Landtagsabgeordneten der Union für Südtirol und der Freiheitlichen Südtirols sowie zahlreiche Bürgermeister und Verbände:

Südtiroler Heimatbund, Südtiroler Wirtschaftsring, Südtiroler Bauernbund, Alpenverein Südtirol, Südtiroler Kulturinstitut, Südtiroler Schützenbund, Heimatpflegeverband Südtirol, Südtiroler Bildungszentrum, Südtiroler Kriegsopfer- und Frontkämpferverband, Arbeitsgruppe zur Regelung der Ortsnamen, Junge Generation in der SVP, Arbeitskreis für Südtirol, Südtiroler Gemeindeverband.

Am 31. Jänner 2005 gab der auch zu diesem Thema tagende parlamentarische Österreich-Konvent seinen Endbericht ab, der einem Textvorschlag des Nationalratspräsidenten Dr. Andreas Khol (ÖVP) folgte. Darin wurde Österreichs Schutzmachtrolle auf folgende unverbindliche Formulierung reduziert:

„Österreich tritt für den Schutz der mit ihm geschichtlich verbundenen deutschsprachigen Volksgruppen, insbesondere der Südtiroler ein.“

Es war keine Rede mehr von der Aufnahme der Schutzmachtklausel in die Bundesverfassung.

Neuerlicher Anlauf:
Gesamttiroler Schützenpetition – 113 von 116 Südtiroler Bürgermeistern
hatten unterschrieben

Die Überreichung der gesamttiroler Petition in Wien an Andreas Khol

Am 21. Jänner 2006 überreichten die Landeskommandanten des Südtiroler Schützenbundes und der Nordtiroler Schützen in Wien dem Nationalratspräsidenten Andreas Khol eine neuerliche Petition.

Darin hieß es:

„Die unterzeichneten Schützenkompanien und Bürgermeister aus allen Teilen des historischen, großen Tirol ersuchen den Nationalrat bei den derzeit laufenden Beratungen über eine neue österreichische Bundesverfassung auf der Grundlage der Beratungen des Österreich-Konvents in der Präambel einer solchen Verfassung folgende Worte aufzunehmen:

 1) Die Republik Österreich anerkennt die historisch gewachsenen Volksgruppen in Österreich und setzt sich für Schutz und Förderung der mit Österreich geschichtlich verbundenen deutschsprachigen Minderheiten, insbesondere auch der Südtiroler ein.

 2) Die Republik Österreich bekennt sich zur Wahrung des Selbstbestimmungsrechtes des vom Land Tirol abgetrennten Tiroler Volkes deutscher und ladinischer Sprache und zum besonderen Schutz der Rechte der Südtiroler auf der Grundlage des Völkerrechtes.“

Neben den Süd- und Nordtiroler Schützenkompanien hatten in Südtirol 113 von insgesamt 116 Bürgermeistern unterschrieben.

Nun gingen in Italien die politischen Wogen hoch. Andreas Khol war es ein Anliegen, rasch zur Wiederherstellung der Freundschaft mit Rom beizutragen.

Andreas Khol: „Kein Schatten trübt unser Verhältnis zu Italien!“

Als der nunmehrige österreichische Nationalratspräsident Andreas Khol Ende Jänner 2006 in Rom zu einem Besuch bei seinem Amtskollegen, dem italienischen Kammerpräsidenten Pier Ferdinando Casini weilte, äußerte Khol laut „Dolomiten“ vom 31. Jänner 2006 diesem gegenüber:

„Kein Schatten trübt unsere Beziehungen zu Italien.“

Laut APA-Bericht vom 17. Februar 2006 erklärte Andreas Khol:

„Es gibt in der Südtirolfrage kein einziges offenes Problem zwischen Österreich und Italien.“

Die Versenkung des „Südtiroler Memorandums“: Exekutor: Andreas Khol!

In den Medien (hier: Südtiroler ff-Ilustrierte 09 2007) verkündete Andreas Khol vollmundig, dass durch die EU-Mitgliedschaft Österreichs die Tiroler Landeseinheit bereits erreicht und somit alles bestens sei.

Am 5. Juli 2006 wurde im Österreichischen Nationalrat von den Abgeordneten aller Parteien mit Ausnahme und gegen die Stimmen der „Grünen“ eine Entschließung verabschiedet:

„Der Nationalrat unterstützt bei einer Verfassungsreform die Aufnahme einer Bestimmung in die österreichische Bundesverfassung, welche die Schutzfunktion für die österreichische Volksgruppe in Südtirol verankert.“

Eine Woche später unterschrieb Khol als Nationalratspräsident am 12. Juli 2006 die vorzeitige Beendigung der laufenden Gesetzgebungsperiode. Damit wurde der Antrag gegenstandslos.

In der nächsten Legislaturperiode war die neue Bundesregierung nicht mehr an den Entschließungsantrag gebunden, weil ein solcher nur für die jeweils laufende Legislaturperiode gilt.

Ein Initiativantrag jedoch hätte auch eine Bindung und Verpflichtung zur Umsetzung des Beschlusses für die nächste Regierung bedeutet.

Der FPÖ-Südtirolsprecher Werner Neubauer erklärte später dazu in einem Pressedienst:

„Es ist völlig auszuschließen, daß Khol, einem hervorragenden Kenner der Geschäftsordnung, das entgangen sein sollte.

Er hat jedenfalls wohlweislich keinen Initiativantrag geplant gehabt. Es war von Anfang an nur an eine üble Inszenierung von Theaterdonner geplant gewesen.

So hatten die ÖVP und Khol für die anstehenden Wahlen den Anschein des Patriotismus erwecken und gleichzeitig – von der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen – von vorneherein das von Rom nicht gewünschte Projekt zum Scheitern bringen können.“ (OTS-Pressedienst vom 18. Jänner 2010)

„Komplizenschaft mit Rom“

In der Folge drängten der Südtiroler Landeshauptmann Luis Durnwalder und andere Südtiroler Politiker immer wieder auf die Festschreibung der Schutzmachtrolle in der österreichischen Bundesverfassung.

 

Der FPÖ-Südtirolsprecher Werner Neubauer drängte immer wieder – wie hier in einem Interview mit der Südtiroler „Z – Zeitung am Sonntag“ vom 13. Dezember 2009 – auf die Verankerung der Schutzmachtrolle gegenüber Südtirol in der österreichischen Bundesverfassung.

Wie der FPÖ-Südtirolsprecher und Nationalratsabgeordnete Werner Neubauer berichtete, schmetterten die ÖVP-Bundespolitiker dieses Ansinnen ab.

Am 18. Jänner 2010 veröffentlichte Neubauer einen Pressedienst mit dem Titel „ÖVP in Komplizenschaft mit Rom gegen Südtirol!“

Darin  enthüllte er, dass der österreichische Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) allen angesprochenen Südtiroler Anliegen eine blanke Abfuhr erteile.

In dem Pressedienst hieß es:

„Die Südtirolpolitik des von der ÖVP besetzten österreichischen Außenministeriums besteht darin, in Komplizenschaft mit dem italienischen Außenminister Frattini jegliche Bewegung in der Südtirolfrage zu verhindern, die Rom unangenehm ist. Spindelegger erklärte mir unverblümt, daß es für ihn nicht in Frage komme, Italien zu verärgern.“

Österreichs Außenminister Spindelegger (links im linken Bild) in herzlicher Verbundenheit mit seinem italienischen Kollegen Frattini von der nationalistischen Partei „Forza Italia“ (rechts im linken und im rechten Bild) bei einem Treffen in Rom. Die „Forza Italia“ war unter der Federführung Frattinis auch politische Bündnisse mit den Neofaschisten eingegangen.

Am 15. Februar 2010 berichtete die „Tiroler Tageszeitung“, dass Außenminister Spindelegger (ÖVP) in Bezug auf eine Aufnahme der Schutzmachtrolle in die Bundesverfassung  erklärt habe, dergleichen komme nur „in Zusammenhang mit einer großen Verfassungsreform“ in Frage, die aber derzeit nicht anstehe.

Sie steht bis heute nicht an und wird, wenn es nach dem Willen bestimmter ÖVP-Politiker geht, bis zum St. Nimmerleinstag nicht anstehen.