Südtiroler Schützen gegen den Jurassic Park des Faschismus

Südtirol besitzt einen Saurier-Jurassic Park. Dieser beherbergt im Gegensatz zu dem Science-Fiction-Horror- und Abenteuerfilm des Regisseurs Steven Spielberg keine wiedererschaffenen lebenden Saurier. Er beherbergt  alte abgestorbene Saurier, nämlich die faschistischen Denkmäler, welche Mussolini zur Verherrlichung seines Regimes in Südtirol hatte errichten lassen. Diese waren auch dazu bestimmt gewesen, der einheimischen Bevölkerung klar zu machen, wer hier in diesem Lande das Sagen hatte.

von Hans Santner

Südtiroler Schützenbund protestiert gegen Renovierung eines Völkermord-Verherrlichungsdenkmals

Vertreter des italienischen Staates und seiner angeblich so ruhmreichen Streitkräfte halten dort nach wie vor nationalistischen Feiern ab und legen beispielsweise vor dem steinernen Alpini-Denkmal in Bruneck – von der einheimischen Bevölkerung wegen seiner Kapuze spöttisch  „Kapuziner-Wastl“ genannt – Kränze zum Andenken an jene italienischen Krieger nieder, welche in Äthiopien eine weitgehend wehrlose Bevölkerung überfallen, gefoltert, massakriert und mittels Giftgas teilweise ausgerottet hatten. Zu diesen wenig ruhmreichen „Kriegern“ hatten die Soldaten der italienischen Alpini-„Divisione Pusteria“ gehört, zu deren „Ehren“ das Andenken errichtet worden war.

Alpini in Äthiopien
Diese in Äthiopien begangenen Verbrechen verdienen wahrlich nicht durch Denkmäler verherrlicht zu werden.

Am 28. August berichtete das Nachrichtenportal UnserTirol24, dass der „Kapuziner-Wastl“ in Bruneck seine Feder an seinem steinernen Hut verloren habe. Ein Unbekannter hatte sie abgebrochen.

Wastl Bruneck
Bild UT 24

In dem Artikel hieß es weiter:

„Es ist nicht die erste Attacke auf den sogenannten „Kapuziner Wastl“. Ursprünglich war das faschistische Denkmal eine überlebensgroße Alpini-Statue, zu deren Füßen, als Sinnbild der Unterjochung ,ein „Eingeborener“ lag. Südtirol-Aktivisten hatten das Monument in den 60ern Jahren mehrmals gesprengt.

Das umstrittene Denkmal wurde zu Ehren der Alpini-Soldaten errichtet, die in den italienischen Kolonialkriegen für die Eroberung und Unterwerfung von Äthiopien gekämpft haben. Bis heute finden dort Kranzniederlegungen statt, die für großen Unmut in der Bevölkerung sorgen.“

Alpini Wastl Bruneck
Das historische Bild links zeigt die Einweihung des den Abessinien-Krieg verherrlichenden Alpini-Denkmals in Bruneck am 2. Juli 1938 durch Mitglieder der königlichen Familie. Das Bild in der Mitte zeigt den „Wastl“ Anfang der 1960er Jahre vor der Sprengung durch Südtiroler Freiheitskämpfer. Das Bild rechts zeigt, was die Sprengung dann von dem „Wastl“ übrig gelassen hatte.

Umgehend meldete sich der italienische Vizebürgermeister der Stadt Bruneck, Renato Stancher, zu Wort und verkündete, dass das Denkmal auf Kosten der Gemeinde Bruneck restauriert würde.

Dagegen protestierte der „Südtiroler Schützenbund“ öffentlich. Der ehemalige Landeshauptmann Durnwalder (SVP) forderte dass möglichst alle faschistischen Denkmäler in Südtirol beseitigt werden sollten und auch der Bürgermeister von Bruneck, Roland Griessmair (SVP) lehnte zusammen mit der Gemeindevertretung die Restaurierung des Faschistendenkmals auf Kosten der Südtiroler ab.

Der Landeskommandant des „Südtiroler Schützenbundes“, Elmar Thaler, begrüßte diese Entscheidung. Das Nachrichtenportal „Unser Tirol 24“ berichtete über Thalers Stellungnahme:

Die Aktion des Vizebürgermeisters sei völlig daneben gewesen, nicht zuletzt auch, weil sich das Denkmal auf Staatsgrund befinde und die Rienzstadt keinen Anlass dazu hätte.

Erfreulich sei in diesem Zusammenhang die Aussage von Alt-Landeshauptmann Luis Durnwalder, wonach das Alpinidenkmal aus der unrühmlichen Zeit des Faschismus in eine Kaserne versetzt werden sollte. Wie richtig Durnwalder mit seiner Aussage liegt, zeigt die Tatsache, dass die winzigen erklärenden Täfelchen vor dem Faschistendenkmal ohne Wirkung geblieben sind. Ansonsten wäre wohl keinem Italiener mehr in den Sinn gekommen, ein menschenverachtendes Denkmal von Schmutz zu befreien und es wieder instand zu setzen – man hätte es dem Verfall preisgegeben, so der Schützenbund in einer Aussendung.

Laut Schützenbund zeigt Stanchers Vorpreschen, dass es in Südtirol immer noch Zeitgenossen gibt, welche sich von den faschistischen Denkmälern nicht trennen können. Somit sei der Kapuziner-Wastl das beste Bespiel dafür, dass eine Historisierung der Relikte aus vergangenen Tagen misslungen sei.

Dem Vorschlag von Ex-Landeshauptmann Luis Durnwalder schließt sich der Südtiroler Schützenbund an und fordert den Staat Italien und die Alpinivereinigung ANA auf, ihr faschistisches Denkmal in die Lugramani-Kaserne zu verlegen, wo es gereinigt und die abgeschlagene Alpinifeder wieder aufgeklebt werden könnte. Dort würden zudem auch die jährlichen Kranzniederlegungen für die Angriffskriege Italiens gegen Abessinien/Äthiopien und Russland die Öffentlichkeit nicht mehr stören.“ (UT24 31. August 2017)

Alpini Wastl Bruneck
Kranzniederlegung vor dem Kriegsverbrecher-Denkmal durch die Alpini-Vereinigung ANA am 26. Jänner 2016 – eine Provokation für die einheimische Bevölkeurng. (Bild UT 24)

Der Protest der Schützen hatte Erfolg gehabt

Auch in der Vergangenheit haben die Schützen wiederholt gegen die zahlreichen in Südtirol bestehenden und von der Staatsmacht behüteten und gepflegten faschistischen Denkmäler protestiert und damit die öffentliche Erörterung dieses für Rom unangenehmen Themas aufrecht erhalten.

Vielen Landsleuten ist noch die große Schützendemonstration von 2008 in Erinnerung.

Plakat Schützen Kundgebung 2008 in Bozen
Mit Flugblättern und Plakaten hatte der Südtiroler Schützenbund zu der großen antifaschistischen Kundgebung aufgerufen.

Am 8. November 2008 fand in Bozen eine denkwürdige Protestkundgebung „Gegen Faschismus für Tirol“, statt zu welcher der „Südtiroler Schützenbundes“ aufgerufen und eingeladen hatte.

Schützen Demo Bozen 2008

Schützen Demo Bozen 2008

Schützen Demo Bozen 2008

Schützen Demo Bozen 2008

Auf dem Bozener Waltherplatz hatte sich eine riesige Menge von etwa 4.000 Schützen und Zivilisten versammelt.

Der Landeskommandant der Südtiroler Schützen, Paul Bacher, erläuterte in seiner Rede, worum es ging – um die in Südtirol immer noch stehenden, zum Teil monumentalen  Denkmäler, die zur Verherrlichung des Faschismus errichtet worden waren:

„Wir haben die Nase voll von einem Staat, der diese Relikte duldet und von Politikern die nichts dagegen unternehmen“, rief Bacher aus. „Italien hat sich als einziges EU-Land nie vom Faschismus distanziert und sich nie für die Verbrechen bei uns Tirolern entschuldigt.“

Der Landeskommandant sprach dann die Schande der faschistischen Denkmäler in Südtirol an, welche alle Jahre wieder von den staatlichen Behörden liebevoll renoviert wurden. Er forderte deren Abriss.

Bozen: Alpini vor Relief
Noch immer ist auf einem riesigen steinernen Fries auf dem heutigen Finanzamt Bozen, dem früheren faschistischen Hauptquartier, der hoch zu Ross reitende „Duce“ Mussolini zu sehen. Zahlreiche Darstellungen auf dem Fries preisen die „Heldentaten“ und „Errungenschaften“ des Faschismus. Dieser Ort war und ist bei der italienischen Alpinitruppe für deren Heldengedenken beliebt.

Mussolini Fries Bozen

Nun protestierten die Schützen vor dem Mussolini-Relief gegen den Faschismus und forderten die Landeseinheit Tirols. Dann zogen die Schützen zu dem sogenannten „Siegesdenkmal“, welches mit faschistischen Liktorenbündeln geschmückt ist und forderten dessen Beseitigung.

Es gab in den letzten Jahren noch zahlreiche weitere öffentliche Aktionen der Schützen gegen den weiterbestehenden faschistischen „Jurassic Park“ in Südtirol.

Weitere Informationen zu den Schützen

Über diese und viele andere mutige Aktionen der Südtiroler Schützen berichtet der bekannte Historiker und Publizist Prof. Dr. Reinhard Olt in einem Dokumentarwerk. Darüber hat er dem Südtiroler Informationsdienst diesen Artikel Stachel im Fleisch der Politik“ zur Verfügung gestellt.

Weitere Informationen zum Alpini-Denkmal in Bruneck

Im Jahre 2009 veröffentlichte der Buchdienst Südtirol eine Dokumentation über das Alpini-Denkmal in Bruneck unter dem Titel „Denkmal der Schande“ und im gleichen Jahre veröffentlichte die Zeitschrift „Der Tiroler“ eine Dokumentation unter dem Titel „Weg mit dem Völkermord-Schandmal“. Beide Dokumentationen können hier als pdf-Dateien aufgerufen und auch abgespeichert werden:

Denkmal der Schande

Weg mit dem Völkermord-Denkmal




Gedenken an Sepp Kerschbaumer und seine Kameraden im Südtiroler Freiheitskampf

Am 8. Dezember 2016, fand in Südtirol auf dem Friedhof in St. Pauls eine Feier zum Gedenken an die Tiroler Freiheitskämpfer der 1950er und 1960er Jahre statt.

Der Südtiroler Schützenbund und der Südtiroler Heimatbund brachten mit dieser Gedenkfeier ihren Respekt, ihre Achtung sowie ihren Dank für den selbstlosen und uneigennützigen Einsatz der Freiheitskämpfer für Volk und Heimat zum Ausdruck.

Der Gedenkgottesdienst wurde von Pater Reinald Romaner OFM in der Pfarrkirche von St. Pauls zelebriert. Die Pfarrkirche war bis auf den letzten Platz gefüllt.

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In seiner Predigt blickte Pater Reinald Romaner zurück auf Sepp Kerschbaumer. „Von ihm wissen wir, dass er ein tiefgläubiger Mensch gewesen ist. Ohne Wenn und Aber. Er ist es auch im Kerker geblieben. Sein Herz hat für das Land und den Glauben geschlagen.“ Heimatliebe und Glaubensliebe seien für Sepp Kerschbaumer unbedingt eins gewesen.

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Anschließend ging es zum Friedhof, wo die Gedenkfeier stattfand. Es hatten sich mehr als 2000 Teilnehmer, darunter zahlreiche Schützen, eingefunden. Darunter befanden sich auch Abordnungen aus Welschtirol.

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Die Begrüßung durch Roland Lang

Roland Lang, der Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB), einer von ehemaligen Freiheitskämpfern und politischen Häftlingen gegründeten Vereinigung, die für die Selbstbestimmung Südtirols eintritt, begrüßte die Erschienenen.

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„Jedes Jahr kommen wir zu diesem ernsten, würdigen Gedenken an Sepp Kerschbaumer und seine Mitstreiter zusammen. Wir gedenken beispielhafter Frauen und Männer, die ihr Leben selbstlos in den Dienst der Heimat stellten und Opfer der Staatsgewalt wurden.

 Die Freiheitskämpfer konnten nicht mit ansehen, wie Jahr für Jahr die Italianisierung voranschritt und die Staatsgewalt nur das eine Ziel kannte: Die Südtiroler in ihrer angestammten Heimat in die Minderheit zu drängen. Sie handelten in einer Notsituation, die keinen anderen Ausweg mehr ließ. Dies hat auch Silvius Magnago in seiner Rede vor der SVP-Landesversammlung von 1976 dann ausdrücklich anerkannt.

Das Recht eines jeden Volkes, seine Existenz zu sichern, ist ein Naturrecht aller Völker, auch wenn sie nur als Minderheit in einem fremden Staat leben, der sich noch dazu das Territorium imperialistisch angeeignet hat.

Die Annexion von 1919 bleibt ein Unrecht, wie auch der Südtiroler Landtag vor Jahren in einem Beschluss festgestellt hat. Den Aktionen der Feuernacht, die sich heuer zum 55. Mal jährt, ging das staatliche Ausbürgerungsgesetz voraus. Das Parteiorgan der Democrazia Cristiana, der L’ADIGE, hatte von der Regierung gefordert, sie solle gegen unbequeme, patriotische Südtiroler vorgehen, ihnen die Staatsbürgerschaft entziehen und sie ausweisen. Der von der DC beherrschte Senat verabschiedete am 27. April 1961 das Ausbürgerungsgesetz. Kreisky warnte. Und heimattreue Tiroler handelten!

Umso schwerer wiegt die damalige Reaktion des Machtstaates gegen die Südtirol-Aktivisten. Umso unentschuldbarer bleibt die grauenhafte Folter- und Mörderpraxis jener staatlichen Institution, die sich bei ihren Untaten durch die zuständigen Minister und den kollektiven Geist der Regierung speziell gedeckt fühlte. Und Rom versucht bis heute, aus Südtirol eine italienische Provinz zu machen.“

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Dann kam Lang auf die Gegenwart zu sprechen und warnte die Politiker davor, in der Volkstumspolitik Grundsätze aufzugeben.

„Die jetzige Generation erfährt heute die Segnungen der Zwischenlösung Autonomie. Daran hat der damalige Widerstand des BAS entscheidenden Anteil. Heute sind Deutsche, Ladiner und mit ihnen 130.000 Italiener in Südtirol gemeinsame Nutznießer.

Und es liegt an uns, gemeinsam diese kleine Region im Herzen Europas, in eine freie, selbstbestimmte Zukunft zu führen.

Anschließend an Roland Lang sprach Oskar Niedermair.

Die Gedenkrede des damals jüngsten politischen Häftlings

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Oskar Niedermair, aus Kortsch, der seit vielen Jahren auf dem Ritten lebt, war damals mit 17 Jahren der jüngste politische Häftling der 1960er Jahre. Schon als Oberschüler hatte er sich im Umkreis des damaligen „Befreiungsausschusses für Südtirol“ (BAS) bewegt.

Da er an Versammlungen des „Bergisel-Bundes“ teilgenommen hatte, wurde er von der italienischen Polizei beschattet und schließlich im Sommer 1961 verhaftet. Damals noch minderjährig, wurde er wegen „Hochverrat, Bandenbildung und Anbahnung eines Blutbades“ angeklagt und musste 2 Jahre und 11 Monate in Untersuchungshaft verbringen. Da absolut nichts gegen ihn vorlag, musste das Schwurgericht in Mailand ihn am 16. Juli 1964 freisprechen.

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Oskar Niedermair hielt nun die Gedenkrede zu Ehren von Sepp Kerschbaumer und seiner verstorbenen Mitstreiter:

„Wie alle Jahre stehen wir auch heuer wieder hier am Friedhof von St. Pauls, um eines der Besten zu gedenken, der das vergangene Jahrhundert unseres Landes in markanter Weise mitgeprägt hat. Mit dem Namen von Sepp Kerschbaumer ist die jüngere Geschichte unseres Landes verwoben, mit ihm und seinen Mitstreitern, die eingetreten sind für Freiheit und Gerechtigkeit in unserem Lande.“

52 Jahre sei es nun her, dass Sepp Kerschbaumer im Kerker von Verona mit nur 51 Jahren starb. Schon im Alter von 23 Jahren habe ihm sein Widerstand gegen die Italianisierung eine Verbannung nach Süditalien eingebracht. In den 1950er und 1960er Jahren sei er der Mitbegründer und nachher der Chef des Befreiungsausschusses Südtirol gewesen, als es um den Kampf für die Freiheit Südtirols ging.

Niedermair erklärte den Anwesenden, wofür Sepp Kerschbaumer eingetreten war:

„Sepp ging den Weg des Widerstandes gegen das Unrecht, unter dem unser Land litt. Zuerst in einer Form, die mich an den passiven Widerstand und die Sturheit eines Mahatma Gandhi erinnert. Und später, als all das Rufen nach Gerechtigkeit, nach Einhaltung der Versprechen und Vereinbarungen nichts nützte, verlor er die Geduld, scharte Gleichgesinnte um sich und beschritt den Weg des aktiven Widerstandes.“

Niedermair meinte, Kerschbaumer würde die Südtiroler heute auffordern, etwas zu unternehmen, um die Rückkehr der Pusterer Buam als freie Menschen in ihre Heimat zu erwirken.

„Es ist an der Zeit, dass Rom endlich Einsicht zeigt und einen Schlussstrich zieht. Politiker, ganz egal welcher Partei oder Strömung, sind aufgefordert, sich für die Rückkehr einzusetzen.“

Das Schlusswort des Landeskommandanten des Südtiroler Schützenbundes

20161208-sepp-kerschbaumer-gedenkfeier-redner-oskar-niedermair-25Elmar Thaler, der der Landeskommandant des Südtiroler Schützenbundes hielt ein kurzes Schlusswort: „Nehmen wir die Worte des Gedenkredners mit nach Hause. Sie sollen uns in der Arbeit für unsere Heimat begleiten, denn das Werk und Ansinnen, das die Freiheitskämpfer von damals begonnen haben, ist nie zu Ende. Es heißt immer wachsam zu sein und für die Heimat einzustehen.“

 Danach folgte die Ehrensalve durch die Schützenkompanie „Sepp Kerschbaumer“ Eppan. Mit der Weise des „Guten Kameraden“, einer Kranzniederlegung sowie der Tiroler Landeshymne und der österreichischen Bundeshymne endete die Feier.

Musikalisch umrahmt worden war die Feier auf sehr würdige Weise durch die Musikkapelle Girlan.

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Vorgestrige Denkschablone im Gehirn

Dass heute noch in den Köpfen mancher italienischer Politiker Denkschablonen eingebaut sind, die an die Mussolini-Zeit erinnern, zeigte die Reaktion von Giorgia Meloni auf die Kerschbaumer-Gedenkfeier.

Die Meloni ist Journalistin und Politikerin der Partei „Fratelli d’Italia“. In Silvio Berlusconis viertem Kabinett war sie von Mai 2008 bis November 2011 italienische Jugend- und Sportministerin.

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Auf facebook verkündete diese Dame nun am 10. Dezember 2016, dass es sich bei der Kerschbaumer-Gedenkfeier in „San Paolo di Appiano“ um eine „Manifestation“ gehandelt habe, deren Zweck „die Wiedererweckung des antiitalienischen Hasses im Alto Adige“ gewesen sei.

Ein weiterer Kommentar dazu erübrigt sich.




Der „Südtiroler Schützenbund“ (SSB) warnt vor italienischer Verfassungsreform

Benito Mussolini (rechts) – würde er noch leben – hätte seine Freude an der heutigen Staatsauffassung des „sozialistischen“ Ministerpräsidenten Renzi.

Eine bedrohliche Verfassungsreform faschistoiden Zuschnittes

Am 4. Dezember 2016 findet in ganz Italien – und auch in Südtirol – eine Volksabstimmung über die von dem italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi („Partito Democratico“-PD) geplante Verfassungsreform statt.

Obwohl es sich bei dem „Partito Democratico“ angeblich um eine „linke“ und „sozialistische“ Partei handelt, sollen mit der geplanten Verfassungsreform die föderalistischen Strukturen Italiens weitestgehend abgeschafft und es soll ein Zentralstaat eingerichtet werden.

Wenn Matteo Renzi dazu eine Mehrheit erhalten würde, wäre dies ein demokratiepolitischer Rückschritt um Jahrzehnte.

Zudem soll mit der neuen Verfassung festgelegt werden, dass bei Parlamentswahlen die stärkste Partei zusätzlich zu ihrem Wahlergebnis automatisch weitere Abgeordnetensitze zugerechnet und damit eine absolute Mehrheit erhalten würde.

Diese Staatsauffassung steht jedenfalls der faschistischen Staatsauffassung eines Benito Mussolini näher als demokratischen Konzepten. Der seinerzeit vom Sozialisten zum Faschisten mutierte Benito Mussolini – würde er noch leben – hätte seine wahre Freude an dem „Sozialisten“ Renzi.

Der Hintergrund für Renzi’s Vorgehen

Renzi lenkt mit seinem Vorgehen von der mehr als schlimmen Wirtschaftslage Italiens ab, an der seine Regierung nicht unschuldig ist. Die drittgrößte Volkswirtschaft im EURO-Verbund hat gerade Griechenland in der Führungsrolle der europäischen Katastrophen-Kandidaten abgelöst. Die Zahlen sind so erschreckend, dass internationale Experten eine wahre Katastrophe befürchten.

Renzi macht nun der Bevölkerung weis, dass die Beseitigung des Föderalismus große Einsparungen bringen würde. Dass das erstklassiger Humbug ist, wissen alle Fachleute. Das Fass ohne Boden ist in Italien der zentrale Staat. Das Problem sind dessen zum Teil mafiose Strukturen. Dort und nicht in den Verwaltungen der Provinzen und Regionen versickern die Milliarden in zum Teil düstere Kanäle.

Welcher Teufel reitet den Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher?

Das fragen sich immer mehr Südtiroler. Arno Kompatscher, den viele Südtiroler mittlerweile als die „Stimme Roms in Bozen“ sehen, propagiert lauthals seine Zustimmung zu der geplanten Verfassungsreform, welche in Hinkunft die Südtirol-Autonomie den Römern zur freien und weitgehend beliebigen Verfügung stellen wird.

Der Landeshauptmann Kompatscher hat nun auch die auf Karriere und Fortkommen bedachten braven Parteifunktionäre der „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) dazu gebracht, die Südtiroler dazu aufzufordern, am 4. Dezember 2016 mit „JA“ zu stimmen und damit den von Kompatscher empfohlenen autonomiepolitischen Selbstmord zu unterstützen. Kompatscher ist ein ehemaliger Studienkollege von Renzi und bezeichnet sich selbst als dessen persönlichen Freund. Viele Südtiroler vermuten allerdings gewichtigere Hintergründe.

Schlagzeile in der Tageszeitung „Dolomiten“ vom 8. November 2016
Schlagzeile in der Tageszeitung „Dolomiten“ vom 8. November 2016

 

Als Kompatscher noch nach der Spitzenposition in Südtirol strebte, äußerte er mit keinem einzigen Wort, dass er einst an der Beseitigung der Südtirol-Autonomie mitarbeiten würde.
Als Kompatscher noch nach der Spitzenposition in Südtirol strebte, äußerte er mit keinem einzigen Wort, dass er einst an der Beseitigung der Südtirol-Autonomie mitarbeiten würde.

Am 7. November 2016 stimmten die lammfrommen und wohl auch auf persönliche Karrieren Rücksicht nehmenden SVP-Funktionäre im Parteiausschuss dafür, das von ihrem Parteiobmann gewünschte „JA“ zur Verfassungsreform den Mitbürgern zu empfehlen. Nur 6 Ausschussmitglieder hatten den „Mut“, sich der Stimme zu enthalten – dagegen stimmte keiner!

Die Warnung des „Südtiroler Schützenbundes“

Der „Südtiroler Schützenbund“ umfasst rund 5.100 Schützen und Marketenderinnen, 140 Mitgliedskompanien und 3 Schützenkapellen.  – das ist der Südtiroler Schützenbund im Jahre 2016. Er ist eine Organisation, welche die Erhaltung der Heimat als überparteiliche Aufgabe und Verpflichtung betrachtet.

Aus Sorge um die Heimat fordert der Schützenbund nun die Südtiroler auf, dem Landeshauptmann Kompatscher in der gegenständlichen Frage nicht zu folgen und am 4. Dezember 2016 mit „NEIN“ zu stimmen.

Mit nachstehender Stellungnahme begründet der Schützenbund seine Haltung:

Italienische Verfassungsreform: Warum ein Nein angebracht ist

 

Elmar Thaler,Landeskommandant des „Südtiroler Schützenbundes“
Elmar Thaler,Landeskommandant des „Südtiroler Schützenbundes“

BOZEN – Diesmal geht es um die Zukunft der Südtirolautonomie schlechthin. Am 4. Dezember wird abgestimmt: was steht uns bevor, wenn sich Italien für die neue zentralistische Verfassung entscheidet?

Südtirol habe seine „Schutzklausel“, wird beruhigend verbreitet. Nun soll sie das Allheilmittel gegen jeden zentralistischen Übergriff des Staates sein. Zwar muss das Autonomiestaut angepasst werden. Südtirol werde seine Zustimmung aber nur geben, wenn die „Überarbeitung auf der Grundlage von Übereinkommen“ (sulla base di intese) erfolge.

Wie sicher kann sich Südtirol sein?

Der Südtiroler Schützenbund hat in volkstumspolitischen Fragen stets eine klare Haltung gezeigt. Wir waren dabei immer kritisch gegenüber gefährlichen Experimenten, aber auch stets aufgeschlossen für positive Neuerungen. Worauf bewegen wir uns hier also zu?

Südtirol verliert viele Kompetenzen

Die Befürworter der neuen Verfassung – insbesondere die derzeitige SVP-Führung -stützt sich allein auf die sog. „Schutzklausel“. Wie sieht diese wirklich aus?

Zunächst ist es unbestritten, dass alle sekundären Zuständigkeiten, die wir mit der Verfassungsreform von 2001 bekommen haben, wieder an den Staat zurückfallen. Das betrifft wesentliche Bereiche wie Gesundheitswesen, Berufsordnung, Außenhandel, Unterricht an Schulen und Universität, Dienstrecht der öffentlichen Verwaltung, ergänzende Sozialfürsorge. Der Staat wird zentralistisch wie 1948.

Es wird nichts aus dem Steuerföderalismus, der in der Verfassung von 2001 vorgegeben war, aber nie verwirklicht wurde. Nicht weniger bedenklich ist das „nationale Interesse“. Mit Berufung darauf kann der Staat jederzeit zum Schutz der „juridischen und wirtschaftlichen Einheit in die Landeskompetenzen eingreifen.

Zudem wird im neu gefassten Art. 117 die Suprematieklausel zwecks Überordnung des Staates verankert. Das uns selten gewogene Verfassungsgericht könnte diese Klausel auch auf die Südtirolautonomie anwenden.

Der italienische Verfassungsgerichtshof hat sich bisher stets als autonomiefeindlich erwiesen
Der italienische Verfassungsgerichtshof hat sich bisher stets als autonomiefeindlich erwiesen

Viele Urteile des Verfassungsgerichts haben unsere Autonomie ohnehin eingeschränkt. Hinzu kommt die gefährliche Ersatzbefugnis, mit der sich der Staat ebenfalls über das Land Südtirol stellen kann.

Diese Ersatzbefugnis wird ausdrücklich in der „Schutzklausel“ festgeschrieben!
Wenn zudem das neue Wahlgesetz einmal greift, steht uns die Herrschaft einer einzigen Partei bevor, in der die wenigen Südtiroler Parlamentarier nichts mehr zählen.

Es droht die Alleinherrschaft einer Partei im römischen Parlament, welches Eingriffsrechte in die Südtirol-Autonomie erhält
Es droht die Alleinherrschaft einer Partei im römischen Parlament, welches Eingriffsrechte in die Südtirol-Autonomie erhält.

Vorrecht des Parlaments

Die „Schutzklausel“ schützt auch nicht vor Eingriffen des römischen Parlaments. Sollte es zwischen Staat und Südtirol keine Einigung bei der Überarbeitung des Autonomiestatus geben, kann das Parlament jederzeit mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit alleine entscheiden. Das hat eine Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz des Staatssekretärs Gianclaudio Bressa schon 2015 klargestellt.

Keine internationale Absicherung der „Schutzklausel“

Die angebliche „Schutzklausel“ bietet also wenig Schutz. Sie ist zudem nicht international abgesichert. Beim letzten Finanzabkommen gab es wenigstens einen Briefwechsel mit dem österreichischen Bundeskanzler Faymann.

Bei der Schutzklausel fehlt hingegen jede internationale Garantie. Sicherheit könnte nur ein diplomatischer Notenwechsel bieten, mit dem sich Italien verpflichtet, bei der Überarbeitung des Autonomiestatuts den Willen Südtirols zu berücksichtigen.

Schwächste „Schutzklausel“, die je angeboten wurde

Als Berlusconi 2005 ebenfalls den Staat zentralisieren wollte, bot er Südtirol eine echte Schutzklausel an: das Autonomiestatut sollte nur „im Einvernehmen“ („previa intesa“) erfolgen dürfen. Das war klarer als „sulla base di intese“(Übersetzung: „auf der Basis von Einvernehmen“), wie es jetzt heißt. Dieses Einvernehmen konnte der Landtag innerhalb von drei Monaten mit einem Veto (Zwei-Drittelmehrheit) verweigern.

Die SVP empfahl dennoch ein „Nein“ beim entsprechenden Referendum, weil sie den Zentralismus als eine Gefahr erachtete.

Der SVP-Senator Dr. Zeller hat einen bemerkenswerten Schwenk vollzogen. Wird man ihn bald in Rom als Verfassungsrichter sehen?
Der SVP-Senator Dr. Zeller hat einen bemerkenswerten Schwenk vollzogen. Wird man ihn bald in Rom als Verfassungsrichter sehen?

Dieser Meinung war damals auch Senator Dr. Zeller, der heute, trotz gleicher Zentralisierungsabsicht, aber wesentlich schwächerer Schutzklausel, vehement für ein „Ja“ eintritt. Seltsam!

(Anmerkung des SID: In Südtirol wird kolportiert, dass die Italiener dem SVP-Senator Dr. Zeller einen Sitz im Verfassungsgerichtshof in Aussicht gestellt haben. Man wird sehen!)

Schutzmacht Österreich nicht angerufen

Warum schaltete die SVP nicht rechtzeitig die Schutzmacht Österreich ein, als im Parlament die neue Verfassung diskutiert wurde? Wollten sich die Parlamentarier nicht an die österreichische Note vom 22. Juni 1992 zur Streitbeendigungserklärung erinnern? Diese Note stellt klar: wenn Italien einseitige Änderungen der Autonomie vornimmt, kann Österreich aktiv werden.

„Weltbeste Autonomie“?

Eine bedenkliche Überschätzung der Südtirolautonomie zeigt überraschenderweise auch der Landeshauptmann mit einer Feststellung in der Sonderausgabe der Landeszeitung „Das Land Südtirol“ (Nr. 1/2016): Südtirol verfüge gewissermaßen über die „weltbeste Autonomie“. Diese Aussage ist sachlich falsch und problematisch. Das Baskenland, Katalonien, die Färöer, Grönland, Ȃland u.a. verfügen über eine weit stärkere Autonomie. Italien könnte sich auf diese weit übersteigerte Aussage berufen.

Mit schwülstigen Worten lobt Kompatscher in der landeseigenen Postille „Das Land Südtirol“ gerade jene Autonomie über den grünen Klee, die er soeben aufgeben will.
Mit schwülstigen Worten lobt Kompatscher in der landeseigenen Postille „Das Land Südtirol“ gerade jene Autonomie über den grünen Klee, die er soeben aufgeben will.

Bevölkerung vertraut dem Zentralstaat nicht

Die Südtiroler Bevölkerung hat Jahrzehnte lang bitter erfahren, wie wenig sie auf den Zentralstaat Italien vertrauen kann. Als deutsche bzw. ladinische Minderheit in einem fremden Staat hat Südtirol von einem Zentralstaat nichts Gutes zu erwarten.

Würde Südtirol dieser neuen Verfassung zustimmen, würde man in Rom jederzeit sagen können: der Zentralstaat war euer Wunsch, denn ihr habt dafür gestimmt. Das Verfassungsgericht wird dann erst recht im Geist der zentralistischen Verfassung gegen die Autonomie urteilen.

Bekannte italienische Parlamentarier (Bersani, Monti u.a.m.), die im Parlament für die neue Verfassung gestimmt haben, scheuen sich nicht, von der Renzi-Verfassung nun Abstand zu nehmen und zu warnen.

Warum traut sich die SVP nicht, auf eine Wahlempfehlung für das gefährliche „JA“ zu verzichten?

Erfahrene SVP-Politiker werden nicht müde, vor dieser Verfassungsreform zu warnen.

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In Italien hat sich ein parteienübergreifendes „Komitee NO“ gebildet, welches gegen die zentralistische Verfassungsreform auftritt und auch in Südtirol die Gründe der Ablehnung auf einer Pressekonferenz vorgetragen hat. An dieser hatte auch der Altmandatar der SVP, der ehemalige SVP-Senator Oskar Peterlini (Podium rechts) teilgenommen. Er warnt vor der Verfassungsreform.
In Italien hat sich ein parteienübergreifendes „Komitee NO“ gebildet, welches gegen die zentralistische Verfassungsreform auftritt und auch in Südtirol die Gründe der Ablehnung auf einer Pressekonferenz vorgetragen hat. An dieser hatte auch der Altmandatar der SVP, der ehemalige SVP-Senator Oskar Peterlini (Podium rechts) teilgenommen. Er warnt vor der Verfassungsreform.

Erneut steht Südtirol an einem Scheideweg. Es empfiehlt sich ein klares NEIN gegen den römischen Zentralismus. Der Südtiroler Schützenbund ruft darum alle Südtiroler auf, am 4. Dezember mit „NEIN“ zu stimmen.

Am 8. November 2016 veröffentlichte die Südtiroler Tageszeitung „Dolomiten“ einen Artikel, in welchem die Argumente des „Südtiroler Schützenbundes“ einer breiten Öffentlichkeit unterbrei-tet wurden
Am 8. November 2016 veröffentlichte die Südtiroler Tageszeitung „Dolomiten“ einen Artikel, in welchem die Argumente des „Südtiroler Schützenbundes“ einer breiten Öffentlichkeit unterbreitet wurden.

Informationsschrift „20 gute Gründe fürs NEIN“ des „Komitees NO – NEIN“ jetzt als PDF öffnen!




Der Pariser Vertrag und seine Folgen

Südtirol war 1946 ein Opfer des ausgebrochenen „Kalten Krieges“ zwischen der Sowjetunion und den Westmächten geworden.

Am 5. September 1945 hatte der österreichische Außenminister Dr. Karl Gruber (ÖVP) überhastet den unzulänglichen „Pariser Vertrag“ unterschrieben, um das Südtirol-Problem vom Hals zu haben. Gruber war vordem für die Rückkehr Südtirols zu Österreich eingetreten.

Nun aber hatten ihn die Amerikaner und Engländer zu einer „Lösung“ gedrängt, die ihnen die Freundschaft zu Italien mit seiner strategisch wichtigen Position im Mittelmeer sichern sollte.

Pariser Vertrag

Der Vertrag umfasste lediglich 40 Zeilen und bestand aus allgemein gehaltenen Absichtserklärungen, die schön klangen, Italien aber in wichtigen Fragen rechtlich kaum banden.

Rom nützte in den folgenden Jahren und Jahrzehnten diesen Spielraum immer mehr zum Nachteil der Südtiroler aus, bis die Verhältnisse in Südtirol unerträglich geworden waren und die Ereignisse eskalierten.

Der Südtiroler Freiheitskampf brachte in den 1960er Jahren die Wende, er brachte aber auch Folter, Tod und Leid mit sich.

Elmar Thaler, der Landeskommandant des „Südtiroler Schützenbundes“, veröffentlichte auf der Internetseite der Schützen eine kritische Stellungnahme zu dem Pariser Vertrag und dessen Folgen, die nachstehend wiedergegeben ist:

70 Jahre Pariser Vertrag laden zum Gedenken, nicht zum Feiern ein

02. September 2016

BOZEN – Der Südtiroler Schützenbund erinnert daran, dass der 70. Jahrestag des als „Pariser Vertrag“ bekannten Gruber-Degasperi-Abkommens zwar für unsere Heimat Südtirol ein wichtiger Gedenktag, aber keinesfalls ein Freudentag sein kann.

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Elmar Thaler

Man sollte sich diesen Gedenktagen mit der historischen Sensibilität nähern, die solch komplexen und umstrittenen Ereignissen gerecht wird“, so Landeskommandant Elmar Thaler. „Unbestritten ist sicherlich, dass der Pariser Vertrag als völkerrechtliche Grundlage der Südtirol-Autonomie sehr wichtig ist: die Schutzmachfunktion Österreichs und die Grundpfeiler der Autonomie wie der ethnische Proporz, der muttersprachliche Unterricht und vieles mehr gründen darauf.

Allerdings darf auch nicht vergessen werden, dass der Pariser Vertrag nur ein bescheidenes Trostpflaster für die verwehrte Selbstbestimmung war, die uns Südtirolern damals wie heute zusteht. Auch der vielzitierte „europäische Geist“ kann kaum in den Pariser Vertrag reininterpretiert werden: ein europäisches Handeln hätte geboten, dass die Südtiroler frei und demokratisch über ihre Zugehörigkeit zu Italien oder die Wiedervereinigung mit dem Vaterland Österreich abstimmen dürfen. Dieses Recht wird uns bis heute verwehrt und kann auch durch den Pariser Vertrag nicht als erloschen gelten.

In dieser Hinsicht wäre eine klare Stellungnahme der politischen Verantwortungsträger Südtirols wünschenswert und notwendig“, so Thaler. Der Schützenbund sieht auch die unkritische Verklärung Alcide Degasperis kritisch: „Die von einigen italienischen Medien dauernd propagierte, politische „Heiligsprechung“ Degasperis aufgrund seiner Rolle bei der Ausarbeitung des Pariser Vertrages ist völlig haltlos.

Degasperi war es, der den Pariser Vertrag nachfolgend mit voller Absicht ad absurdum geführt hat, indem er uns Südtirolern mit der Region ein Korsett aufzwang, in dem wir als deutsche und ladinische Volksgruppe unweigerlich untergegangen wären, hätte es nicht die mutigen Männer des Südtiroler Freiheitskampfes der 1960er Jahre gegeben“, so Thaler weiter.

Völlig absurd wird es schließlich, wenn der Pariser Vertrag als weltweit nachahmenswertes Modell gepriesen wird: nicht nur in autonomiepolitischer Hinsicht gibt es zuhauf Beispiele von Regionen, die wesentlich besser gestellt sind als Südtirol. Ebensowenig taugt der Pariser Vertrag als „Ende der Geschichte“ für Südtirol: die Zukunft unserer Heimat soll alleine von den Südtirolern geschrieben werden, die als mündige und freie Bürger darüber entscheiden sollen, welchem Staat sie in Zukunft angehören wollen. Dies sollte eine demokratische Selbstverständlichkeit sein“, so Thaler.

Zudem stellt der Schützenbund die Frage nach der Zukunftsfähigkeit des Pariser Vertrages, gerade vor dem Hintergrund aktuellster Ereignisse: „Wir würden es sehr begrüßen, wenn bei den von der Landesregierung groß propagierten Feierlichkeiten auf Sigmundskron nicht nur eine historisch unhaltbare Verklärung des Pariser Vertrages stattfinden würde, sondern dass auch Fragen nach der Zukunftsfähigkeit dieses Modells beantwortet bzw. weiterreichende Nachfolgemodelle ausgearbeitet werden sollten: welche Rolle spielt der Pariser Vertrag denn noch in einem Italien, das sich eine strikt zentralistische Verfassung geben möchte?“

Wie begründen unsere Regierungsverantwortlichen die Zustimmung zu dieser Zentralisierung, die für Südtirol auch gefährlich werden kann? Wie möchte man verhindern, dass durch diese Verfassungsreform Südtirol nicht hinter den Minimalschutz fällt, den der Pariser Vertrag garantiert? Wie fügt sich eine Schutzklausel, die von manchen namhaften Experten durchaus  auch als unzureichend und als rein innerstaatlichem Recht unterworfen charakterisiert wird, in den internationalen Rahmen unserer Autonomie? Wie möchte man garantieren, dass die angestrebte Überarbeitung des Autonomiestatutes eine internationale Absicherung erhält? Wie steht man zu jenen Forderungen, die lautstark immer wieder die Abschaffung der Grundsäulen des Pariser Vertrages wie den ethnischen Proporz oder das muttersprachliche Prinzip im Schulwesen zum Inhalt haben?

Bevor man ein Vertragswerk kritiklos verklärt, das als solches schon 1946 vor allem Enttäuschung und Verbitterung zur Folge hatte, wären diese Fragen zu klären“, so Thaler  der abschließend fordert, nicht in der Vergangenheit zu verharren sondern Zukunftsmodelle zu entwickeln, die Südtirol aus den omnipräsenten Klauen des italienischen Staates befreit.

Zur Internetseite des Südtiroler Schützenbundes: www.schuetzen.com

Roland Lang, der Obmann des von ehemaligen politischen Häftlingen und Südtiroler Freiheitskämpfern gegründeten „Südtiroler Heimatbundes“, nimmt zu dem umstrittenen „Pariser Vertrag“ von 1946 in einer Presseaussendung wie folgt Stellung:

70 Jahre „Pariser Vertrag“ kein Grund zum Feiern

Der Südtiroler Heimatbund blickt auf 70 Jahre Pariser Vertrag, und stellt fest, dass sich in den letzten sieben Jahrzehnten die Zahl 23 immer wieder ins Rampenlicht gerückt ist. 23 Jahre mussten vergehen, um nach vielen Opfern und Leid das „Paket“ abzuschließen, 23 Jahre mussten vergehen, um einen Streit „beizulegen“, der von einer Seite aufgrund nationalistischer Denkweise immer wieder neu entfacht wurde, und jetzt sind wiederum 23 Jahre ins Land gezogen, so Obmann Roland Lang.

70 Jahre „Pariser Vertrag“ sind kein Grund zum Feiern, denn geändert hat sich seit 1946 eigentlich fast nichts. Ob das Gruber-Degasperi-Abkommen die „Magna Charta“ für Südtirol oder nach Bruno Kreisky „ein einmaliges Dokument österreichischer Schwäche“ ist, sollen Historiker erörtern. Fakt ist, dass die Autonomie immer nur eine Übergangslös

roland lang
Roland Lang

ung auf dem Weg zur Selbstbestimmung ist, auch wenn es die „weltbeste“ ist, so Lang.

Ein weiterer Fakt ist, dass im Pariser Vertrag die kleinste und älteste Volksgruppe in Südtirol mit keinem Wort erwähnt wurde. Außerdem zementierte die Unterschrift des österreichischen Außenministers den Verzicht Österreichs auf Südtirol.

Die Südtiroler durften nie über ihre Zukunft abstimmen. Das ist ein weiterer historischer Fakt. Die bevorstehende Verfassungsreform, vorausgesetzt das „Ja“ beim Volksentscheid gewinnt, heißt nichts Gutes für unser Land.

Deshalb sind dynamische Autonomie und „Vollautonomie“ leere Worthülsen, wenn es darum geht, über kurz oder lang unseren Charakter als autochthone Volksgruppe zu bewahren.

Erst ein freies und selbstbestimmtes Südtirol kann in Zukunft bestehen. Man muss auch die Courage haben, diesen Weg einzuschlagen, denn zu oft wurde und wird in Rom Vertragstreue, und das wusste schon Magnago, kleingeschrieben, schließt Lang.

Roland Lang
Obmann des Südtiroler Heimatbundes

Zur Internetseite des Südtiroler Heimatbundes:
www.suedtiroler-freiheitskampf.net




Vor 70 Jahren: Italienischer Terror in Südtirol – Verbot „separatistischer Kundgebungen“

Der überparteiliche „Südtiroler Schützenbund“, welcher rund 5.100 Mitglieder in 140 Schützenkompanien und 3 Schützenkapellen zählt und laut eigener Aussage „einem klaren volkstumspolitischen Auftrag“ und der „Liebe zur Heimat“ folgend tätig ist, hat einen ebenso interessanten wie erschütternden Beitrag zur jüngeren Südtiroler Landesgeschichte auf seiner Internetseite veröffentlicht, den wir nachstehend wiedergeben.

Vor 70 Jahren: Italienischer Terror in Südtirol – Verbot „separatistischer Kundgebungen“

Von: SSB – Online Team, Dienstag, 26. Juli 2016

BOZEN – Am 1. Januar 1946 hatten die alliierten Besatzungsmächte die Verwaltung in Südtirol vorläufig dem italienischen Staat übergeben, über die künftige staatliche Zugehörigkeit war noch keine Entscheidung gefallen. Doch bereits der erste Tag der italienischen Verwaltung brachte die erste Drohung gegen die Südtiroler, als der italienische Präfekt Bruno De Angelis, ein 1945 zum „antifaschistischen Widerstandskämpfer“ mutierter ehemaliger Faschist, eine in den Zeitungen wiedergegebene Botschaft an die Bevölkerung richtete: „Indem die Regierung die Beobachtung der Gesetze verlangt, kann sie auch keine separatistischen Kundgebungen zulassen.“

 Kundgebung unter faschistischem Terror

 Dr. Otto von Guggenberg sprach in Bruneck zu den Versammelten, die sich mit Transparenten am Graben eingefunden hatten. Bald sollten faschistische Gewalttäter die Träger der Transparente angreifen. (Foto aus dem Archiv des Karl von Vogelsang Instituts in Wien)
Dr. Otto von Guggenberg sprach in Bruneck zu den Versammelten, die sich mit Transparenten am Graben eingefunden hatten. Bald sollten faschistische Gewalttäter die Träger der Transparente angreifen. (Foto aus dem Archiv des Karl von Vogelsang Instituts in Wien)

Als Ende März 1946 bekannt wurde, dass der Erzfaschist Ettore Tolomei wieder nach Südtirol zurückkehren und die Leitung des „Istituto di Studi per l’Alto Adige“ übernehmen wollte, protestierten am Graben in Bruneck am 5. April 1946 rund 3.000 Südtiroler dagegen und forderten gleichzeitig das Selbstbestimmungsrecht. Wie die Tageszeitung „Dolomiten“ am 6. April 1946 berichtete, störten randalierende Faschisten die Versammlung mit Pfeifen und Schmährufen und schlugen mit Knüppeln und Stühlen auf die Pustertaler ein. Blutige Verletzungen waren die Folge.

Der Tod des Hölzlerbauern – von einem Carabiniere erschlagen

Sterbebild von Johann Mairhofer
Sterbebild von Johann Mairhofer

Es gab auch einen Toten: Den Bauern Johann Maierhofer, vulgo „Hölzler“ aus Reischach. Nachdem die italienischen Behörden wenig taten, um seinen gewaltsam verursachten Tod aufzuklären und zu ahnden, sammelte die „Südtiroler Volkspartei Pustertal“ Berichte von Augenzeugen. Diese befinden sich heute im Tiroler Landesarchiv in Innsbruck und liegen dem Südtiroler Schützenbund vor.

Hans Duregger aus Gais gab am 6. April 1946 in der SVP-Geschäftsstelle Bruneck eine eidesstattliche Erklärung ab, die später auf heimlichem Weg in die „Landesstelle für Südtirol“ bei der Tiroler Landesregierung gebracht wurde. In dieser schilderte er, wie sich die Faschisten auf die Träger der Spruchbänder stürzten und wie die Volksmenge dieselben verteidigte. „Darunter war auch der sogenannte ‚Hölzlerbauer‘ von Reischach. Dann folgte dem ‚Hölzlerbauern‘ ein Carabinieri mit dem Gewehr nach und versetzte ihm mit dem Gewehrkolben einen Schlag auf die Schläfe. Er wurde darauf, ohne dass noch ein Lebenszeichen an ihm bemerkbar war, in das Gasthaus ‚Goldener Stern‘ gebracht, Herr Dr. Alfons Brugger (Anmerkung: Arzt in Bruneck) geholt, welcher ihm sofort eine Einspritzung gab, zugleich aber den Ausspruch tat, es sei kein Leben mehr vorhanden.“ Die Tat wurde nie gesühnt.

Berichtsprotokolle der SVP Pustertal. (Tiroler Landesarchiv Innsbruck)
Berichtsprotokolle der SVP Pustertal. (Tiroler Landesarchiv Innsbruck)

Weitere Gewalttaten

Es gab noch weitere schwere Gewalttaten. Maria Auer aus Ahornach bezeugte am 6. April 1946 in einem schriftlichen Bericht an die SVP Pustertal, dass „Siegfried Mutschlechner, ein guter Freund des Johann Auer, Sohn der Obgenannten, von einem Carabinieri einen Schlag durch einen Gewehrkolben ins Gesicht erhielt.“

Hermann Mayr und Richard Leitner aus Bruneck erklärten am 6. April 1946 gegenüber der SVP Pustertal schriftlich, dass drei italienische Zivilisten sie mit Handgranaten bedroht und versucht hätten, Leitner die Brieftasche zu rauben. Mayr konnte fliehen. Dann lief auch Leitner davon. Er schilderte nun in seinem Bericht, was weiter geschah: „Ich war erst zirka 10 Schritte von den Angreifern entfernt, als knapp hinter mir eine Handgranate explodierte. Verwundungen wurden mir keine zugefügt, jedoch hatte die Hose durch Sprengstücke mehrere Löcher.“

Hermann Mayr begegnete etwas später den italienischen Tätern wieder und er wandte sich an zufällig anwesende Carabinieri. „Die Carabinieri griffen nicht sofort ein, sondern erklärten: Faremo domani i conti.“ (Übersetzung: Wir werden die Dinge morgen regeln.)

Hermann Harpf aus Bruneck gab am 6. April 1946 gegenüber der SVP zu Protokoll, dass ein Alpini-Soldat seinem Bekannten Josef Pezzei vier Zähne eingeschlagen und ihm eine Schnittwunde an der Lippe zugefügt habe, weil dieser angeblich gelacht habe, als mehrere Alpini-Soldaten vorbeigingen. Dann sei der Alpini-Soldat mit einem Messer auf Hermann Harpf losgegangen, welcher nun in das Haus seiner Firma flüchtete, wobei ihm „ein ganzer Rudel Alpini nachgelaufen kam.“ Harpf verbarg sich im Haus. Auf der vergeblichen Suche nach ihm wurden „die Kästen der Angestellten erbrochen […] und ihnen dabei Pistolen vorgehalten wurden.“

Ein SVP-Obmann wird angeschossen

 Auf dem Heimweg von der Brunecker Kundgebung kam es zu weiteren Gewalttaten. Am 6. April 1946 berichtete der Ortsausschuss Innichen der SVP an die Bezirksleitung Pustertal, dass der Bezirksobmann-Stellvertreter Franz Strobl, vulgo „Trojer“, mit einem Oberschenkeldurchschuss und zwei Beckenschüssen in das Spital in Innichen eingeliefert worden sei.

In dem Bericht heißt es: „Auf der Straße in Welsberg […] hätten Soldaten oder Carabinieri junge Burschen misshandelt, er wäre auf einen Carabinieri gestürzt, der die Maschinenpistole (Gewehr) in Anschlag brachte, wollte ein Unglück verhindern, riss den Lauf hoch […] daraufhin erhielt er die Schüsse von einem zweiten Carabinieri.“

Dieser Bericht wurde durch mehrere Zeugen schriftlich bestätigt. Eduard Toldt aus Welsberg berichtete, dass Strobl zu Fall gekommen sei und auf dem Boden gelegen habe. „Da näherte sich ihm […] der hiesige Brigadier und schoss dem Strobl stehend, ohne irgendwie behindert oder angegriffen worden zu sein, von hinten drei Schüsse gegen ihn ab.“

Weitere Zeugen bestätigten dies und ergänzten auch, dass Finanzieri und Carabinieri in Welsberg auf heimkehrende Kundgebungsteilnehmer „mit Kolbenhieben“ eingedroschen hätten.

Alle diese Taten wurden nie gesühnt.




Heimat in Bewegung – Unabhängigkeitstag in Bruneck

Der Südtiroler Schützenbund hatte gerufen und mehr als 10.000 Menschen waren am 15. Mai 2016 nach Bruneck gekommen, um das öffentliche Bekenntnis „Los von Rom!“ abzulegen.

Es legten jedoch nicht nur die Bürger ein demokratisches Bekenntnis ab. Auch die politischen Parteien offenbarten sich: Während Vertreter der Südtiroler Oppositionsparteien „Süd-Tiroler Freiheit“ und „Freiheitliche“ in Bruneck anwesend waren und Flagge zeigten, hatte die auf Einklang mit Rom eingestimmte „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) sorgsam auf Distanz geachtet.

Von dem Angebot des Schützenbundes, so wie die anderen Parteien einen Informationsstand aufzustellen, hatte die SVP keinen Gebrauch gemacht. Wahrscheinlich hatte man damit unwillkommenen Debatten über den gegenwärtigen Kurs der einstigen „Sammelpartei der Südtiroler“ aus dem Weg gehen wollen.

In Rom hat jedenfalls niemand Anlass, ungehalten über die SVP zu sein. Und darauf scheint es einigen Leuten in erster Linie anzukommen.

SSB LogoSonntag, 15. Mai 2016

Bericht des Südtiroler Schützenbundes über den Unabhängigkeitstag in Bruneck:

BRUNECK – Mit weiß-roten Flaggen forderten tausende heimatliebende Menschen die Unabhängigkeit und die Freiheit ihres Landes. Die Devise lautete „Iatz“, so wie es die Tiroler im Volksmund ausdrücken. Die Südtiroler haben ein klares Ziel vor ihren Augen, sie fordern das lang ersehnte „Los von Rom“! Und diese Forderung hallte bei Sprechchören durch die Stadtgasse der Rienzstadt.

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Es war ein Volksfest der besonderen Art, ein stimmungsvolles Fest für Jung und Alt und zugleich eine atemberaubende Willensbekundung mitten im Pusterer Hauptort.

Abgesehen davon, dass die Südtiroler kulturell und sprachlich überhaupt nicht zu Italien gehören, haben die Menschen erkannt, dass es auch ohne Italien geht. Und dass Italien die eigene Entwicklung bremst. Sie sind überzeugt, dass es der Weg der Unabhängigkeit ist, den es zu beschreiten gilt.

Auch andere nach Unabhängigkeit strebende Völker aus ganz Europa waren dabei: Vertreter aus Katalonien, Flandern, Schottland, Venetien, Bayern, Triest, der Lombardei und dem Baskenland. Eines haben diese Völker alle gemeinsam: Sie gehören alle einem Staat an, der nicht der ihre ist. Sie wollen selbst über ihre Zukunft bestimmen. Seite an Seite kämpfen sie mit den Südtirolern für eine echte Freiheit ohne Fremdbestimmung.

Zu Beginn der Veranstaltung sorgte die Pusterer Musikgruppe Volxrock für eine ausgelassene Stimmung.

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Die deutschen Landtagsparteien stellten an Informationsständen ihre Zukunftsvisionen vor. Eine eigens herausgegebene Veranstaltungszeitung „iatz!“ informierte die Besucher über die Unabhängigkeitsbestrebungen und die verschiedenen Loslösungsmodelle. Der Gastgeber der Veranstaltung selbst, der Südtiroler Schützenbund, bekennt sich in seinen Statuten zur Selbstbestimmung und zur Einheit des Landes Tirol. Am Rathausplatz konnte man die Freiheitsgedanken der Besucher regelrecht spüren: „Es muss endlich etwas geschehen, so der breite Tenor. Die Südtiroler müssen selbst frei bestimmen können, wo und wie sie leben wollen. Wir schaffen es!“

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Das Programm des Volksfestes war umfangreich. Besondere Farbe verliehen der Veranstaltung Tiroler Volks- und Brauchtumsgruppen. Volkstanzgruppen, Schuhplattlergruppen, Alphornbläser, Böhmische Musikgruppen, Schwegler, Trommler, viele Goaßlschnöller und Ziachorglspieler, Sänger und viele mehr stellten ihr Können unter Beweis. An einem Schießstand konnten die Besucher ihr Auge üben. Auch die Jüngsten wurden bestens unterhalten.

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Beim Staffellauf kam auch der sportliche Aspekt nicht zu kurz. Aber nicht nur körperlich waren die Südtiroler in „Bewegung“, sie sind es besonders geistig, und sie sehen mit Zuversicht nach vorne.

Es folgten Grußworte der europäischen Völker. Der Baske Manu Gomez berichtete in seiner Muttersprache, dass das Referendum in Arrankudiaga zwar noch nicht die Unabhängigkeit des Baskenlandes gebracht hat, dass damit aber ein Schneeball ins Rollen gebracht wurde, der nicht mehr aufzuhalten ist.

Auch Shona McAlpine aus Schottland berichtete darüber, dass beim letzten Referendum nur ein kleiner Prozentsatz fehlte, um aus Schottland einen unabhängigen Staat zu machen, aber dass sich seither politisch viel getan habe. Gerade erst bei den Wahlen in der vergangenen Woche im Schottischen Parlament hätten die Unabhängigkeitsbefürworter die Mehrheit der Sitze gewonnen.

Anna Arqué aus Katalonien, die bereits im Februar in Meran anlässlich der Andreas-Hofer-Feier eine beeindruckende Rede gehalten hatte, bezeichnete Politiker, die vor den Nationalstaaten auf die Knie fallen und das internationale Recht auf Selbstbestimmung verneinen, als Gefahr für die Demokratie.

Bart De Valck, der Sprecher der flämischen Volksbewegung VVB, appellierte daran, dass die Wirtschaft zwar wichtig sei, die Eigenständigkeit stünde aber an erster Stelle. Ohne Eigenständigkeit gibt es keine Grundlage für Wohlstand und Wohlergehen“, so De Valck.

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Eine starke Abordnung der Flamen bezeugte in Bruneck ihren Freiheitswillen

 

Unter dem Motto „Heimat in Bewegung – Los von Rom“ zogen am Nachmittag tausende Tiroler durch die Stadtgasse und dem Graben von Bruneck, wo sich dem Auge ein beeindruckendes Fahnenmeer zeigte. Der Menschenzug übertraf alle Erwartungen.

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Immer wieder durch großen Beifall unterbrochen wurde anschließend die Rede des Landeskommandanten der Schützen Elmar Thaler, der mit Nachdruck kritisierte, wie sehr und in wie vielen Kernbereichen Südtirol immer noch vom guten Willen Roms abhängig sei. „Wir haben ein starkes Vaterland, und wir sind ja nach wie vor − zumindest kulturell − ein Teil Österreichs!“, betonte Thaler. Und genau da gelte es anzuknüpfen und weiterzudenken, denn es gebe sie nicht, die fertige Lösung, das perfekte Rezept für die Unabhängigkeit für unser Land. „Niemand weiß, was er kann, bevor er’s versucht, und niemand weiß, was er erreichen kann, wenn er nicht nach mehr strebt“, rief der Landeskommandant der Schützen in die begeisterte Menge und forderte von den Landleuten mehr Mut: „Wer etwas schaffen will, der muss zuversichtlich sein, der muss anpacken wollen, der muss etwas wagen!

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Landeskommandanten der Südtiroler Schützen: Elmar Thaler

Den offiziellen Abschluss des Unabhängigkeitstages 2016 machte die bekannte österreichische Musikgruppe „Die Seer“.

Dieser zweite Unabhängigkeitstag dieser Art übertraf alle Erwartungen. Über 10.000 Personen hatten im Laufe des Tages die Veranstaltung besucht. Es bleibt die Hoffnung, dass sich der „Ist-Zustand“ schon in absehbarer Zeit ändern wird. Unrechtsgrenzen können in Europa friedlich richtiggestellt werden, das hat die Geschichte bereits gelehrt. Auch Deutschland wurde 1989 unerwartet und entgegen aller Voraussagen wiedervereint. „Es braucht den Mut zum Bekenntnis, denn nichts ist für immer, und nichts ist für die Ewigkeit“, so das Fazit des Veranstalters des Unabhängigkeitstages, des Südtiroler Schützenbundes.

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