Wieder in der Diskussion: Das Rätsel der Porzescharte

War es ein erfundener Mordanschlag? Südtirol-Freiheitskämpfer als Opfer einer Geheimdienst-Manipulation?

Das Ereignis: Am 25. Juni 1967 kamen an der Grenze zwischen Osttirol und Italien vier italienische Soldaten ums Leben, die angeblich von Tretminen tödlich verletzt worden waren, die von Unbekannten bei einem vorher gesprengten Stromleitungsmasten auf der Porzescharte – italienisch: „Cima Vallona“ – versteckt worden waren.

In Südtirol kursierte damals das Gerücht, dass die angeblich auf der Porzescharte zu Tode Gekommenen in Wahrheit bei einer Minen-Sprengausbildung im Bereich des Kreuzberges ums Leben gekommen seien. Einwohner wollten dort Detonationen gehört und dann den hektischen Abtransport mittels Hubschrauber mitbekommen haben. Niemand hatte allerdings gewagt, damit in die Medien und an die Öffentlichkeit zu gehen.

Für die italienische Presse stand die Schuldfrage von Anfang an fest. Die Bozener italienische Tageszeitung „Alto Adige“ forderte die Regierung auf, die Beziehungen zu Wien zu überdenken.
Für die italienische Presse stand die Schuldfrage von Anfang an fest. Die Bozener italienische Tageszeitung „Alto Adige“ forderte die Regierung auf, die Beziehungen zu Wien zu überdenken.

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Von offizieller italienischer Seite werden die Toten des 25. Juni 1967 bis heute als Helden und Märtyrer gefeiert - wie hier in der Zeitschrift des italienischen Finanzieri-Corps „Fiamme Gialle“ vom Juni 2011.
Von offizieller italienischer Seite werden die Toten des 25. Juni 1967 bis heute als Helden und Märtyrer gefeiert – wie hier in der Zeitschrift des italienischen Finanzieri-Corps „Fiamme Gialle“ vom Juni 2011.

Die italienischen Behörden beschuldigten umgehend Mitglieder des „Befreiungsausschusses Südtirol“ (BAS) der Täterschaft und erreichten, dass die willfährigen österreichischen Behörden die österreichischen Staatsbürger Peter Kienesberger, Egon Kufner und Dr. Erhard Hartung inhaftierten und unter Anklage stellten. Die Bundesregierung Dr. Klaus war damals an einem guten Einvernehmen mit Rom interessiert, um die Aufhebung des italienischen Vetos gegen einen EWG-Beitritt Österreichs zu erreichen.

Zum Glück gab und gibt es in der Republik Österreich aber ein Justizsystem mit unabhängigen Geschworenengerichten. Ein solches rehabilitierte aufgrund der vorgelegten Aktenlage und Sachbeweise die Angeklagten und sprach sie frei. In Italien wurden sie allerdings in einem menschenrechtswidrigen Abwesenheitsprozess zu lebenslanger Haft verurteilt. Dies war möglich, weil die italienische Justiz nach wie vor die alte faschistische Strafprozessordnung anwenden konnte, welche die Verurteilung Abwesender legitimierte, die sich nicht verteidigen konnten.

Trotz vieler Bemühungen konnte Italien allerdings in der Folge eine Auslieferung nicht erreichen. Der Skandal wäre zu groß gewesen.

Von vielen Zeitgenossen wurde das Geschehen auf der Porzescharte in Zusammenhang mit Manipulationen des italienischen Geheimdienstes gebracht. Es blieb aber von Geheimnissen umhüllt.

Erstes Licht in das Dunkel

Dies änderte sich, als der österreichische Militärhistoriker Mag. Dr. Oberst Hubert Speckner von der österreichischen Landesverteidigungsakademie im Jahre 2013 eine umfangreiche Studie veröffentlichte, die sich auf österreichische sicherheitsdienstliche Akten, aber auch auf die ihm vorliegenden italienischen „Tatort“-Unterlagen einschließlich Foto-Dokumentationen stützte.

Oberst Mag. Dr. Hubert Speckner und seine Studie über das Geschehen auf der Porzescharte.
Oberst Mag. Dr. Hubert Speckner und seine Studie über das Geschehen auf der Porzescharte.

Univ.-Prof. Mag. Dr. Michael Gehler von der Universität Hildesheim: „Befunde erdrückend!“
Univ.-Prof. Mag. Dr. Michael Gehler von der Universität Hildesheim: „Befunde erdrückend!“

Der namhafte Historiker Univ.-Prof. Mag. Dr. Michael Gehler von der Universität Hildesheim bescheinigte in einem Vorwort zu Speckners Arbeit, „dass schon zeitgenössische Beobachter zum Ergebnis kamen, dass es bei diesem „Attentat“ nicht mit rechten Dingen zugegangen sein kann und die offizielle italienische Lesart der Ereignisse so einfach nicht stimmen kann.“

Auch wenn „definitives und letztgültiges Beweismaterial für eine gezielte italienische Manipulation“ noch nicht vorliege, „ist die Fülle der von ihm ermittelten Befunde so erdrückend, dass trotz gegenteilige italienischer Behauptungen eine Beteiligung italienischer Stellen angenommen werden kann.“

Das Echo in den Medien

Das Echo in den Medien war für das offizielle Italien nicht besonders erfreulich, wie nachstehende Ausschnitte zeigen:

„Die Presse“, 17. August 2013:„Die Presse“, 17. August 2013

„Dolomiten“, 2. August 2013:
86-15038144

„Salzburger Nachrichten“, 1. August 2013:sn-01a-_bearbeitet-1sn-01b_bearbeitet-1

„Tiroler Tageszeitung“, 1. August 2013:"Abgekartetes Spiel" auf der Porze - Anschlag 1967: Militärhistoriker sucht Täter in Italien statt bei Südtirol-Aktivisten. - - - Speckner, Südtirol, Freiheitskampf, Porzescharte, Anschlag, Rehabilitierung, Geheimdienste, Buchbesprechung.

„Osttiroler Bote“, 21. November 2013:
OB

OB

„Neue Südtiroler Tageszeitung“, 26. Juli 2013:

Zwischen Porze und Roßkarspitz... - Am 25. Juni 1967 kam es auf dem Porzescharte in Belluno zum blutigsten Anschlag in der Geschichte der Südtirol-Attentate. Bilanz: Vier Tote und ein Schwerverletzter. Der österreichische Militärhistoriker Hubert Speckner hat anhand von bisher unbekannten österreichischen sicherheitsdienstlichen Akten den Anschlag genauer untersucht. - Buchbesprechung.

stz2012 (Page 1)

Heldenmythos aus politischen Gründen

Die italienische Seite hat den Vorwurf der Schaffung eines künstlichen „Tatortes“ auf der Porzescharte und damit verbundene weitere Manipulationen stets mit Entrüstung zurückgewiesen und auf österreichische Presse-Meldungen mit Empörung reagiert.

Bis heute werden die Toten des 25. Juni 1967 als Opfer der „terroristi“ bezeichnet und bei offiziellen Feiern wird ihrer in diesem Sinne gedacht. So geschah es auch auf einer offiziellen Feier in diesem Jahr.

Der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB), eine von Südtiroler ehemaligen politischen Häftlingen gegründete Vereinigung hat dies zum Anlass genommen, mit einer Presseaussendung auf die damit verbundene Problematik hinzuweisen. Der SHB-Obmann Roland Lang warnt dabei vor den üblichen vorschnellen italienischen Schuldzuweisungen.

Nachstehend die Presseaussendung des SHB:

Ja zum Gedenken an die Toten des „Reparto Speciale“ – Warnung vor Schuldzuweisungen

SHB-Obmann Roland Lang
Der SHB-Obmann Roland Lang warnt vor vorschnellen Schuldzuweisungen.

Am Samstag, den 15. Oktober 2016 hat in Leifers eine Gedenkveranstaltung für die Toten des vor 50 Jahren in der Leiferer Kaserne gegründeten „Reparto Speciale“ stattgefunden. Diese Einheit bestand aus Guerrilla-Kämpfern und Sabotage-Spezialisten für „nicht konventionelle KampfführungDer Reparto wurde unter Geheimhaltung organisiert: Seine Aufstellung und seine Tätigkeiten wurden der Öffentlichkeit nicht bekannt gegeben“, so SHB- Obmann Roland Lang.

Diesen Sachverhalt schildert der Fallschirmjäger-General Simone Baschiera in seinem 2006 erschienenen Buch „ Sul filo della memoria: Alto Adige – Südtirol 1966 – 1971. Il Battaglione Sabotatori Paracadutisti nel Reparto Speciale“.

Wie Baschiera berichtet, besaßen die als Minenleger und Fallschirmspringer ausgebildeten Männer des „Reparto Speciale“ einen „professionellen background nichtkonventioneller Kriegsführung und des Guerrilla-Krieges und eine spezielle Ausbildung in Bezug auf Explosivstoffe und detonierende Minenfallen“

 

Das Buch des Generals Baschiera. Auf dem rechten Bild sehen wir rechts den General und Befehlshaber der „Sabotatori“ - der „Saboteure“, Simone Baschiera (neben einem Alpini-General) als Beobachter eines Manövers seiner Männer.
Das Buch des Generals Baschiera. Auf dem rechten Bild sehen wir rechts den General und Befehlshaber der „Sabotatori“ – der „Saboteure“, Simone Baschiera (neben einem Alpini-General) als Beobachter eines Manövers seiner Männer.

 

Dieses Abzeichen mit Totenkopf und dem Sinnspruch „Über den Tod hinaus“ trug jeder der Männer des „Reparto Speciale“, der auch als Fallschirmspringer („Paracadutista“) und als Saboteur („Sabotatore“) ausgebildet war.
Dieses Abzeichen mit Totenkopf und dem Sinnspruch „Über den Tod hinaus“ trug jeder der Männer des „Reparto Speciale“, der auch als Fallschirmspringer („Paracadutista“) und als Saboteur („Sabotatore“) ausgebildet war.

Warnung vor vorschnellen Schuldzuweisungen

Der Südtiroler Heimatbund (SHB) begrüßt das Gedenken an die am 25. Juni 1967 angeblich auf der Porzescharte zu Tode gekommenen „Sabotatori“ des „Reparto Speciale“. Auch sie waren Opfer einer jahrzehntelangen verfehlten italienischen Staatspolitik.

Der „Südtiroler Heimatbund“ warnt aber vor Schuldzuweisungen an die Südtiroler Freiheitskämpfer. Bereits damals hatten erhebliche Zweifel daran bestanden, dass die Männer des „Reparto Speciale“ überhaupt auf der Porzescharte zu Tode gekommen seien. Unter der einheimischen Bevölkerung hieß es, dass die Verunglückten Opfer einer verunglückten Minen-Sprengausbildung gewesen seien und dass man aus politischen Gründen nachträglich einen „Tatort“ auf der Porzescharte konstruiert hätte. Im Jahr 2013 hat eine in Buchform erschienene Studie des an der Landesverteidigungsakademie (LVA) Wien tätigen Militärhistorikers Oberst Dr. Hubert Speckner mit dem Namen „Zwischen Porze und Roßkarspitz … Der ,Vorfall‘ vom 25. Juni 1967 in den österreichischen sicherheitsdienstlichen Akten“ belegt, dass die von italienischer Seite beschuldigten Österreicher Kienesberger, Dr. Hartung und Kufner nicht die Täter gewesen sein konnten. Auch die Zweifel an dem „Tatort“ waren aufgrund amtlicher österreichischer und italienischer Dokumente nicht beseitigt, sondern verstärkt worden.

„Paracadutisti“ - „Sabotatori“ des „Reparto Speciale“ - Diese Männer waren für geheimdienstliche Operationen und für Sabotage-Aktionen hinter den feindlichen Linien in einem „schmutzigen Krieg“ ausgebildet.
„Paracadutisti“ – „Sabotatori“ des „Reparto Speciale“ – Diese Männer waren für geheimdienstliche Operationen und für Sabotage-Aktionen hinter den feindlichen Linien in einem „schmutzigen Krieg“ ausgebildet.

Neue Enthüllungen stehen bevor – man darf gespannt sein!

Wie man nun aus Wien hört, teilt SHB-Obmann Roland Lang mit, soll noch in diesem Jahr eine neue Fachstudie zu diesem Thema mit wahrscheinlich Aufsehen erregenden Ergebnissen vorgestellt werden. An dieser Untersuchung haben Militärs, Alpinisten und Sprengsachverständige mitgewirkt. Man darf auf die Präsentation gespannt sein, erklärt der Obmann des Südtiroler Heimatbundes, Roland Lang, abschließend.




Der Pariser Vertrag und seine Folgen

Südtirol war 1946 ein Opfer des ausgebrochenen „Kalten Krieges“ zwischen der Sowjetunion und den Westmächten geworden.

Am 5. September 1945 hatte der österreichische Außenminister Dr. Karl Gruber (ÖVP) überhastet den unzulänglichen „Pariser Vertrag“ unterschrieben, um das Südtirol-Problem vom Hals zu haben. Gruber war vordem für die Rückkehr Südtirols zu Österreich eingetreten.

Nun aber hatten ihn die Amerikaner und Engländer zu einer „Lösung“ gedrängt, die ihnen die Freundschaft zu Italien mit seiner strategisch wichtigen Position im Mittelmeer sichern sollte.

Pariser Vertrag

Der Vertrag umfasste lediglich 40 Zeilen und bestand aus allgemein gehaltenen Absichtserklärungen, die schön klangen, Italien aber in wichtigen Fragen rechtlich kaum banden.

Rom nützte in den folgenden Jahren und Jahrzehnten diesen Spielraum immer mehr zum Nachteil der Südtiroler aus, bis die Verhältnisse in Südtirol unerträglich geworden waren und die Ereignisse eskalierten.

Der Südtiroler Freiheitskampf brachte in den 1960er Jahren die Wende, er brachte aber auch Folter, Tod und Leid mit sich.

Elmar Thaler, der Landeskommandant des „Südtiroler Schützenbundes“, veröffentlichte auf der Internetseite der Schützen eine kritische Stellungnahme zu dem Pariser Vertrag und dessen Folgen, die nachstehend wiedergegeben ist:

70 Jahre Pariser Vertrag laden zum Gedenken, nicht zum Feiern ein

02. September 2016

BOZEN – Der Südtiroler Schützenbund erinnert daran, dass der 70. Jahrestag des als „Pariser Vertrag“ bekannten Gruber-Degasperi-Abkommens zwar für unsere Heimat Südtirol ein wichtiger Gedenktag, aber keinesfalls ein Freudentag sein kann.

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Elmar Thaler

Man sollte sich diesen Gedenktagen mit der historischen Sensibilität nähern, die solch komplexen und umstrittenen Ereignissen gerecht wird“, so Landeskommandant Elmar Thaler. „Unbestritten ist sicherlich, dass der Pariser Vertrag als völkerrechtliche Grundlage der Südtirol-Autonomie sehr wichtig ist: die Schutzmachfunktion Österreichs und die Grundpfeiler der Autonomie wie der ethnische Proporz, der muttersprachliche Unterricht und vieles mehr gründen darauf.

Allerdings darf auch nicht vergessen werden, dass der Pariser Vertrag nur ein bescheidenes Trostpflaster für die verwehrte Selbstbestimmung war, die uns Südtirolern damals wie heute zusteht. Auch der vielzitierte „europäische Geist“ kann kaum in den Pariser Vertrag reininterpretiert werden: ein europäisches Handeln hätte geboten, dass die Südtiroler frei und demokratisch über ihre Zugehörigkeit zu Italien oder die Wiedervereinigung mit dem Vaterland Österreich abstimmen dürfen. Dieses Recht wird uns bis heute verwehrt und kann auch durch den Pariser Vertrag nicht als erloschen gelten.

In dieser Hinsicht wäre eine klare Stellungnahme der politischen Verantwortungsträger Südtirols wünschenswert und notwendig“, so Thaler. Der Schützenbund sieht auch die unkritische Verklärung Alcide Degasperis kritisch: „Die von einigen italienischen Medien dauernd propagierte, politische „Heiligsprechung“ Degasperis aufgrund seiner Rolle bei der Ausarbeitung des Pariser Vertrages ist völlig haltlos.

Degasperi war es, der den Pariser Vertrag nachfolgend mit voller Absicht ad absurdum geführt hat, indem er uns Südtirolern mit der Region ein Korsett aufzwang, in dem wir als deutsche und ladinische Volksgruppe unweigerlich untergegangen wären, hätte es nicht die mutigen Männer des Südtiroler Freiheitskampfes der 1960er Jahre gegeben“, so Thaler weiter.

Völlig absurd wird es schließlich, wenn der Pariser Vertrag als weltweit nachahmenswertes Modell gepriesen wird: nicht nur in autonomiepolitischer Hinsicht gibt es zuhauf Beispiele von Regionen, die wesentlich besser gestellt sind als Südtirol. Ebensowenig taugt der Pariser Vertrag als „Ende der Geschichte“ für Südtirol: die Zukunft unserer Heimat soll alleine von den Südtirolern geschrieben werden, die als mündige und freie Bürger darüber entscheiden sollen, welchem Staat sie in Zukunft angehören wollen. Dies sollte eine demokratische Selbstverständlichkeit sein“, so Thaler.

Zudem stellt der Schützenbund die Frage nach der Zukunftsfähigkeit des Pariser Vertrages, gerade vor dem Hintergrund aktuellster Ereignisse: „Wir würden es sehr begrüßen, wenn bei den von der Landesregierung groß propagierten Feierlichkeiten auf Sigmundskron nicht nur eine historisch unhaltbare Verklärung des Pariser Vertrages stattfinden würde, sondern dass auch Fragen nach der Zukunftsfähigkeit dieses Modells beantwortet bzw. weiterreichende Nachfolgemodelle ausgearbeitet werden sollten: welche Rolle spielt der Pariser Vertrag denn noch in einem Italien, das sich eine strikt zentralistische Verfassung geben möchte?“

Wie begründen unsere Regierungsverantwortlichen die Zustimmung zu dieser Zentralisierung, die für Südtirol auch gefährlich werden kann? Wie möchte man verhindern, dass durch diese Verfassungsreform Südtirol nicht hinter den Minimalschutz fällt, den der Pariser Vertrag garantiert? Wie fügt sich eine Schutzklausel, die von manchen namhaften Experten durchaus  auch als unzureichend und als rein innerstaatlichem Recht unterworfen charakterisiert wird, in den internationalen Rahmen unserer Autonomie? Wie möchte man garantieren, dass die angestrebte Überarbeitung des Autonomiestatutes eine internationale Absicherung erhält? Wie steht man zu jenen Forderungen, die lautstark immer wieder die Abschaffung der Grundsäulen des Pariser Vertrages wie den ethnischen Proporz oder das muttersprachliche Prinzip im Schulwesen zum Inhalt haben?

Bevor man ein Vertragswerk kritiklos verklärt, das als solches schon 1946 vor allem Enttäuschung und Verbitterung zur Folge hatte, wären diese Fragen zu klären“, so Thaler  der abschließend fordert, nicht in der Vergangenheit zu verharren sondern Zukunftsmodelle zu entwickeln, die Südtirol aus den omnipräsenten Klauen des italienischen Staates befreit.

Zur Internetseite des Südtiroler Schützenbundes: www.schuetzen.com

Roland Lang, der Obmann des von ehemaligen politischen Häftlingen und Südtiroler Freiheitskämpfern gegründeten „Südtiroler Heimatbundes“, nimmt zu dem umstrittenen „Pariser Vertrag“ von 1946 in einer Presseaussendung wie folgt Stellung:

70 Jahre „Pariser Vertrag“ kein Grund zum Feiern

Der Südtiroler Heimatbund blickt auf 70 Jahre Pariser Vertrag, und stellt fest, dass sich in den letzten sieben Jahrzehnten die Zahl 23 immer wieder ins Rampenlicht gerückt ist. 23 Jahre mussten vergehen, um nach vielen Opfern und Leid das „Paket“ abzuschließen, 23 Jahre mussten vergehen, um einen Streit „beizulegen“, der von einer Seite aufgrund nationalistischer Denkweise immer wieder neu entfacht wurde, und jetzt sind wiederum 23 Jahre ins Land gezogen, so Obmann Roland Lang.

70 Jahre „Pariser Vertrag“ sind kein Grund zum Feiern, denn geändert hat sich seit 1946 eigentlich fast nichts. Ob das Gruber-Degasperi-Abkommen die „Magna Charta“ für Südtirol oder nach Bruno Kreisky „ein einmaliges Dokument österreichischer Schwäche“ ist, sollen Historiker erörtern. Fakt ist, dass die Autonomie immer nur eine Übergangslös

roland lang
Roland Lang

ung auf dem Weg zur Selbstbestimmung ist, auch wenn es die „weltbeste“ ist, so Lang.

Ein weiterer Fakt ist, dass im Pariser Vertrag die kleinste und älteste Volksgruppe in Südtirol mit keinem Wort erwähnt wurde. Außerdem zementierte die Unterschrift des österreichischen Außenministers den Verzicht Österreichs auf Südtirol.

Die Südtiroler durften nie über ihre Zukunft abstimmen. Das ist ein weiterer historischer Fakt. Die bevorstehende Verfassungsreform, vorausgesetzt das „Ja“ beim Volksentscheid gewinnt, heißt nichts Gutes für unser Land.

Deshalb sind dynamische Autonomie und „Vollautonomie“ leere Worthülsen, wenn es darum geht, über kurz oder lang unseren Charakter als autochthone Volksgruppe zu bewahren.

Erst ein freies und selbstbestimmtes Südtirol kann in Zukunft bestehen. Man muss auch die Courage haben, diesen Weg einzuschlagen, denn zu oft wurde und wird in Rom Vertragstreue, und das wusste schon Magnago, kleingeschrieben, schließt Lang.

Roland Lang
Obmann des Südtiroler Heimatbundes

Zur Internetseite des Südtiroler Heimatbundes:
www.suedtiroler-freiheitskampf.net




Sieg über Italien durch Mut und Improvisation

Vor 150 Jahren: Österreich siegt zu Land und See über Italien

Als im Juni 1866 der Krieg zwischen Preußen und Österreich ausbrach, nützte Italien die Gunst der Stunde und erklärte Österreich ebenfalls schnell den Krieg. Am 24. Juni 1866 kam es zur Schlacht bei Custozza, in welcher die zahlenmäßig stärkere italienische Armee geschlagen wurde. Am 20. Juli 1866 unterlag die übermächtige italienische Flotte den Österreichern in der Seeschlacht bei Lissa.

Dass Österreich trotz dieser Siege im Frieden von Wien am 3. Oktober 1866 letztlich Venetien an das Königreich Italien abtreten musste, lag daran, dass die Kräfte des österreichischen Heeres auf zwei Kriegsschauplätze verteilt und damit zersplittert gewesen waren. In der Schlacht bei Königgrätz gelang es daher nicht, das preußische Heer zu besiegen. Preußen aber hatte Italien für den Fall der Niederlage Österreichs zugesichert, dass Venetien an Italien fallen sollte und auch Frankreich hatte diesen Plan unterstützt und Druck auf Österreich ausgeübt.

Über die Seeschlacht bei Lissa haben der „Andreas Hofer Bund Tirol“ (AHT) und der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB) eine Darstellung aus der Feder des AHT-Obmannes Winfried Matuella veröffentlicht, die wir hier gerne auszugsweise wiedergeben:

150. Jahrestag der Seeschlacht von Lissa gegen die italienische Flotte

20. Juli 1866

Lissa
Die Seeschlacht von Lissa. Die Österreicher rammen mit ihren Holzschiffen, die aber mit eisernen Rammspornen ausgerüstet waren, die hochmodernen italienischen Panzerschiffe. (Zeitgenössisches Gemälde im Heeresmuseum Wien)

Weil die Regierung bei der Marine gespart hatte, muss Admiral Tegetthoff die  veralteten österreichischen Holzschiffe mit Eisenbahnschienen behelfsmäßig panzern. Trotzdem erringt er gegen die topmoderne italienische Panzerflotte einen sensationellen Sieg.

Unter Kaiser Josef II. (dem Sohn Maria Theresias) kam es 1786 zur Gründung einer österreichischen, zunächst ziemlich überschaubaren Kriegsmarine. Als aber mit dem Frieden von Campoformio im Jahre 1797 Venedig, Istrien und Dalmatien in österreichischen Besitz kamen, kam die venezianische Flotte mit dazu. Somit besaß Österreich seit dem Ende des 18. Jahrhundert eine starke Mittelmeerflotte.

Die italienische Superflotte sollte triumphieren. Das junge Königreich hatte kurz nach seiner Gründung begonnen, eine massive Seestreitmacht aufzubauen, mit dem Ziel, die Österreicher längerfristig aus der Adria zu vertreiben

Daher verlangte die Propaganda nach einem grandiosen Sieg, einem Triumph, wie er eines neuen, stolzen Nationalstaates würdig war. Nach der schmachvollen Niederlage bei Custozza musste die Ehre der jungen Nation wieder hergestellt werden, der Gebietsgewinn wollte durch einen militärischen Sieg errungen sein. Wozu hatte Italien schließlich funkelnagelneue sündhaft teure Panzerschiffe angeschafft, die erst kürzlich in den besten Werften der Welt geschmiedet worden waren? Es waren gepanzerte Kolosse, ausgerüstet mit Geschützen aus Gusseisen, die „Affondatore“ etwa verfügte sogar über gepanzerte Drehtürme. Diese Statusflotte kreuzte auf italienischen Gewässern und erhielt nun den Befehl der Regierung, den österreichischen Marinestützpunkt Lissa, das „Gibraltar der Adria“ genannt, heute die kroatische Insel Vis, einzunehmen.

Von einer kompletten Panzerflotte wie jene Italiens konnte Österreichs Marine zur träumen. Statt neuer Schiffe hatte es in Österreich Sparpakete gegeben.

Sparpaket statt neuer Panzerflotte für die Marine

 Der Vizeadmiral und Kommandant der österreichischen Kriegsmarine Wilhelm von Tegetthoff (1827 – 1871) hatte gerade einmal sieben Panzerschiffe zur Verfügung, und diese waren aus Spargründen mangelhaft ausgerüstet. Im Vergleich zu jenen Italiens. Das österreichische Kriegsministerium hatte zwar bei Krupp moderne Geschütze bestell, um die Flotte aufzurüsten, aber der preußisch – österreichische Krieg hatte die Auslieferung verhindert. Teggetthof ließ die veralteten Schiffe mit Eisenbahnschienen, Eisenplatten und Ketten notdürftig panzern – „schwimmende Bügeleisen“ wurden diese Schiffe genannt.

Mit der Führung der italienischen Flotte war Admiral Graf Carlo Persano betraut. Persano war früher Marineminister gewesen, und genaugenommen war er mehr Politiker als Militär. Überheblich war er auch noch: Als Admiral Persano am 20. Juli 1866 um 10.00 Uhr vor Lissa auf die österreichische  Flotte traf, bezeichnete er die Österreicher noch verächtlich als „pescatori“, als Fischer.

Es wird so lange gerammt, bis einer untergeht

Plan
Admiral Tegetthoff führt seine Flotte auf Rammkurs.

Aber die „Fischer“ überraschten die Italiener mit einer Technik, mit der Persano nicht rechnet. Weil Admiral Tegetthoff weiß, dass seine schlecht gepanzerten Flotte bei einem Artillerieduell gegen die modernen italienischen Geschütze keinerlei Chance hat, greift er die italienische Panzerflotte mit der Taktik antiker Galeeren an – nach dem Motto: Es wird gerammt, bis einer untergeht.

Tegethoff
Der unerschrockene Admiral Tegetthoff auf seiner Kommandobrücke während des Rammstoßes.

Dabei gelingt Tegetthoff der sensationelle Erfolg: Als sich das gegnerische Flaggenschiff, die „Re d´ Italia“ mit seiner Breitseite zeigt, beschleunigt Österreichs „Ferdinand Max“ auf volle Geschwindigkeit und schlägt eine mehrere Meter breite Bresche in das italienische Schiff. Binnen weniger Minuten geht das brandneue moderne Prachtstück mit über 390 Mann Besatzung unter. Als den Italienern auch noch ein weiteres Panzerschiff  explodiert, weil dessen Pulverkammer in Brand gerät, tritt die topmoderne italienische Marine den Rückzug an – und die schlecht ausgerüstete Marine fährt einen sensationellen Sieg ein.

 (Ing. Winfried Matuella Obmann des Andreas Hofer – Bundes Tirol              19. Juli 2016)

Wir danke  dem „Andreas Hofer Bund Tirol“ für diesen Beitrag.




Die Stimme Roms in Bozen

Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher 
Bild Kompatscher: Wikimedia.org, Dragan Tatic Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (CC BY 2.0), Collage: SID

Südtirols Landeshauptmann – ein Gegner der Selbstbestimmung

„Eigenständigkeit ist vorstellbar“. Die Schlagzeile in dem österreichischen Nachrichtenmagazin NEWS vom 2. Juli 2016 mit einem Zitat aus einem Interview mit Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher („Südtiroler Volkspartei“ – SVP) erweckt auf den ersten Blick einen falschen Eindruck.

Man könnte meinen, der Südtiroler Landeshauptmann sei über Nacht zu einem Befürworter der Selbstbestimmung seiner Volksgruppe mutiert.

Liest man das Interview genauer durch, so kommt man rasch darauf, dass man sich in Rom wegen der Einstellung Kompatschers keine Sorgen zu machen braucht.

Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher im Interview mit dem österreichischen Nachrichtenmagazin NEWS
Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher im Interview mit dem österreichischen Nachrichtenmagazin NEWS

Kompatscher: Ein Recht ohne Rechtsfolgen

Von dem Magazin dazu befragt, was er zu der Forderung des FPÖ-Chefs Strache nach Anwendung des Selbstbestimmungsrechts in Südtirol sage, erklärte Kompatscher wörtlich:

„Die Südtiroler haben dieses Selbstbestimmungsrecht schon. Denn dieses Recht ist ein unveräußerbares Recht aller Völker im Sinne der UN-Charta.“

Und dann Kompatschers Rolle rückwärts: „Das ist aber nicht mit einem unmittelbaren Recht gleichzusetzen, jederzeit einen eigenen Staat zu gründen, Grenzen zu verschieben oder eine Sezession durchzuführen.“

Dazu sei „die Zustimmung Italiens“ notwendig.

Kompatscher: Die Südtiroler wollen die Trennung von Italien – es ist aber völlig unrealistisch

„Die Zustimmung Italiens vorausgesetzt“, sagt Kompatscher, „würde sich wohl eine Mehrheit der deutsch- und ladinischsprachigen Bevölkerung sowohl für die Option eines eigenen Staates als auch für jene eines Zurück zu Österreich aussprechen. Das Szenario ist aber wegen der fehlenden Zustimmung Italiens ohnehin völlig unrealistisch.“

Widerspruch vom Südtiroler Heimatbund: Wille und Mut zur Selbstbestimmung!

Roland Lang

Zu diesen Aussagen Kompatschers äußerte sich  der Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB), einer von ehemaligen politischen Häftlingen Südtirols gegründeten Organisation, mit klaren Worten und veröffentlichte nachstehende Pressemitteilung:

Als richtig bezeichnet der Südtiroler Heimatbund die Aussagen in verschiedenen Medien von Landeshauptmann Kompatscher, wonach die Südtiroler Bevölkerung mehr Eigenständigkeit verlange und im Rahmen eines möglichen Selbstbestimmungsreferendums für einen Freistaat Südtirol oder die Rückkehr zu Österreich stimmen würde. Jedoch hat die Geschichte einen Haken, so Obmann Roland Lang.

Kompatscher führte aus, dass Italien nie Südtirol das Recht auf Selbstbestimmung zugestehen würde, da es unrealistisch wäre.

Muss Südtirol praktisch mit Italien in der ersten Klasse untergehen?

Steht das Völkerrecht nicht über dem nationalen Recht?

Und warum muss man sich bei Italien entschuldigen, wenn man das Recht ausüben will? Diese Fragen haben alle längst eine Antwort erhalten, so der SHB.

Sind die Südtiroler ein Volk? Der bekannte österreichische Völkerrechtler Felix Ermacora hat einmal gesagt, dass kein Land einem Volk die Selbstbestimmung verwehren kann, auch Italien Südtirol nicht. Doch verlangen und fordern muss man es.

Wurde die SVP nicht zum Zwecke der Erreichung des Selbstbestimmungsrechtes gegründet?

 

Dol 19 05 45 aDol 19 05 45 c

Am 19. Mai 1945 veröffentlichte die „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) in der Tageszeitung „Dolomiten“ ihr Parteiprogramm mit der Forderung nach Selbstbestimmung. Bei den führenden SVP-Politikern von heute scheint das gerne verdrängt zu werden.

Im April 1946 forderten die Südtiroler mit 155.000 Unterschriften die Rückkehr Südtirols zu Österreich. Tatkräftig unterstützt auch vom Südtiroler Klerus.

Wenn man wie Kompatscher das Selbstbestimmungsrecht bei jeder sich bietenden Gelegenheit als unrealistisch hinstellt, so erweist man dem Freiheitsstreben damit einen Bärendienst. Aber den Freunden in Rom wird es sicher gefallen.

Zudem muss man sich ernsthaft die Frage stellen, wieso die Südtiroler Volkspartei das Recht auf Selbstbestimmung im eigenen Statut verankert hat, wenn es sowieso niemals ausgeübt werden darf.

Die SVP soll endlich sagen, ob sie das Selbstbestimmungsrecht überhaupt noch anpeilt oder es nur noch als Altlast in den Statuten hat, schließt der SHB-Obmann Lang.

TT1

UNterschriften an Figl

Unterschriften 2

Österreichs Bundeskanzler Leopold Figl nahm am 22. April 1946 in Innsbruck die nach Österreich geschmuggelten Unterschriften so gut wie aller damals volljährigen Südtiroler entgegen, mit denen diese ihren Willen zur Rückkehr ihres Heimatlandes nach Österreich bekundeten.

Unterschriften 46