Die Umdeutung des Begriffes „Selbstbestimmungsrecht“ durch die österreichische Bundesregierung und ihre Organe
Das ergreifende Bild von der innigen Begrüßung („Dolomiten“ vom 19. November 2016)
Peinliche Jubelveranstaltung in Bozen: „70 Jahre Pariser Vertrag“
Am 18. November 2016 fand in Bozen eine ebenso sinnlose wie blamable Jubelveranstaltung „70 Jahre Pariser Vertrag“ statt, in welcher der von Außenminister Dr. Kreisky seinerzeit als „furchtbare Hypothek“ bezeichnete Kapitulationsvertrag von 1946 in höchsten SVP-Tönen gelobt wurde.
Es wurde auf dieser Veranstaltung viel leeres Stroh gedroschen. Der EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, der wie häufig etwas verkatert wirkte, hatte dem Vernehmen nach sein Redemanuskript im Flugzeug vergessen.
Er wurde bei seiner Ankunft in Bozen von Landeshauptmann Kompatscher geherzt und umarmt. Es war berührend!
Wie wunderbar: „Südtiroler, Italiener und Europäer!“
Juncker erwies sich beim Dreschen von Allgemeinplätzen aber auch ohne Vorlage als sehr tüchtig. „An Südtirol möge er ‚den Identitätsdreiklang‘“, berichtete die Tageszeitung „Dolomiten“. „Sie sind Südtiroler, Italiener und Europäer!“, rief Juncker dem Auditorium zu. Die zum Vortrag bestellten SVP-Funktionäre spendeten freudigen Beifall.
Der italienische Verfassungsexperte Antonio D’Atena verwies auf den „internationalen Modellcharakter“ der schlecht abgesicherten heute mehr denn je gefährdeten Südtirol-Autonomie.
Botschafter Tichy: Ihr habt „höchste Priorität“ – aber lasst uns bitte im Ruhe!
Der Leiter des Völkerrechtsbüros im österreichischen Außenministerium, Dr. Helmut Tichy, zeigte sich als Meister der inhaltlich unverbindlichen Wortgestaltung. Laut „Dolomiten“ gab Tichchy Folgendes von sich:
„Helmut Tichy berichtete, dass Südtirol-Fragen im österreichischen Völkerrechtsbüro immer mit höchster Priorität behandelt würden und stets Chefsache seien.
Nur als ‚ultima ratio‘ sieht Tichy die Möglichkeit für Südtirol, bei Auseinandersetzungen mit Rom den Internationalen Gerichtshof einzuschalten.
Befreundete EU-Staaten würden nie auf diese Möglichkeit zurückgreifen.“
Auf gut Deutsch: Bitte lasst Österreich in Frieden, wenn ihr Probleme mit Rom habt! Wir werden wegen euch kein Prozess-Risiko vor dem IGH auf uns nehmen!
Um den Südtirolern deutlich klar zu machen, dass der derzeitige österreichische Außenminister Kurz und sein ergebener Mitarbeiter Tichy der Meinung sind, die Südtiroler sollten sich alle Selbstbestimmungs-Flausen aus dem Kopf schlagen, gab Tichy der Tageszeitung „Dolomiten“ ein bemerkenswertes Interview:
Dieses Interview veranlasste Roland Lang, den Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB), einer von ehemaligen Südtiroler Freiheitskämpfern und politischen Häftlingen gegründeten Vereinigung, welche für die Selbstbestimmung eintritt, zu einem interessanten Meinungsaustausch mit dem Herrn Botschafter Dr. Tichy.
Das Internetportal unsertirol.com veröffentlichte diesen Schriftwechsel:
SHB: Die Umdeutung des Begriffes „Selbstbestimmungsrecht“
20. November 2016
Professor Dr. Helmut Tichy leitet seit 2007 das Völkerrechtsbüro im österreichischen Außenministerium, dessen Minister Sebastian Kurz am 24. Februar 2015 dem Obmann des Südtiroler Heimatbundes (SHB) in einem Brief mitgeteilt hatte: „… die Südtirol-Autonomie mit ihrem hohen Maß an Selbstgesetzgebung und Selbstverwaltung ist eine besonders gelungene Form der Selbstbestimmung.“
Anlässlich der Gedenkveranstaltung „70 Jahre Pariser Vertrag“ bestätigte Dr. Tichy vom 19. November 2016 die Auffassung seines Ministers. Er sagte dort, die Selbstbestimmung sei durch die Autonomie erfüllt.
Wie steht es um die Menschenrechtspakte?
Dies veranlasste SHB-Obmann Roland Lang dazu, Dr. Tichy am 19. November 2016 in einem Email daran zu erinnern, dass Italien am 25. Oktober 1977, mit Gesetz Nr. 881 die UNO- Menschenrechtspakte ratifiziert und damit zu geltendem staatlichem Recht erklärt hat. Lang schrieb, dass Art. 1 der Pakte besagt:
„Alle Völker haben das Recht auf Selbstbestimmung. Kraft dieses Rechtes entscheiden sie frei über ihren politischen Status und gestalten in Freiheit ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung.“
Tichy: Selbstbestimmung ist Autonomie
Daraufhin schrieb Dr. Tichy noch am gleichen Tag zurück an Lang:
„Nach österreichischer Auffassung kommt Südtirol jedenfalls das Selbstbestimmungsrecht zu, das aber nicht mit einem Sezessionsrecht verwechselt werden darf.
Dass die Autonomie, die Form, in der Südtirol sein Selbstbestimmungsrecht ausübt, auch verteidigt werden muss, gehört zu ihrem Wesen.“
„Kann dann Südtirol die Inhalte der Autonomie selbst bestimmen?“, fragt sich Lang.
Nun entspann sich noch am 19. November 2016 ein kurzer aber bemerkenswerter Email-Verkehr. Lang schrieb an Dr. Tichy zurück:
„Sie sagen, dass die ‚Autonomie die Form‘ ist, ‚in der Südtirol sein Selbstbestimmungsrecht ausübt‘ und dass dies ‚auch verteidigt werden muss.‘
Wenn nun der Artikel 1 der UNO- Menschenrechtspakte besagt: ‚Alle Völker haben das Recht auf Selbstbestimmung. Kraft dieses Rechtes entscheiden sie frei über ihren politischen Status und gestalten in Freiheit ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung‘,
dann kann das im Sinn ihrer Ausführungen nur bedeuten, dass in Bezug auf die Autonomie die Südtiroler ‚frei über ihren politischen Status‘ und ‚in Freiheit‘ über ‚ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung‘ entscheiden können.
Das bedeutet, dass die Südtiroler selbst festlegen können, wie im Rahmen der Autonomie der ‚politische Status‘ und die ‚wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung‘ gestaltet werden.
Das würde bedeuten, dass der Südtiroler Landtag die Inhalte der Autonomie vorgeben kann und Rom das Ergebnis in Übereinstimmung mit den UNO- Menschenrechtspakten zu akzeptieren hat.
Dieser Gesichtspunkt eröffnet der Südtiroler Politik ganz neue Möglichkeiten.
Sehr geehrter Herr Professor, ich bitte Sie um Ihre geschätzte Stellungnahme hierzu! Und vor allem um Ihre Beurteilung, ob die Republik Österreich auch diese menschenrechtskonforme Vorgangsweise unterstützen würde.“
Tichy: Sie haben mich „missverstanden“ und ich will nichts mehr sagen!
Daraufhin schrieb Dr. Tichy noch am gleichen Tag zurück an Lang:
„Leider haben Sie meine Ausführungen missverstanden. Ich habe ihnen aber eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Südtirol übt sein Selbstbestimmungsrecht bereits aus, in Form weitgehender und von vielen Seiten als Vorbild gesehener Autonomie. Ihren darüber hinausgehenden Interpretationen kann ich mich nicht anschließen.
Mit freundlichen Grüßen
Helmut Tichy“
„Auch ich“, so erklärt Roland Lang abschließend, „habe diesen Worten nichts hinzuzufügen, außer dass deutlich wurde, welche tatsächliche Unterstützung Südtirol derzeit von bestimmten Leuten zu erwarten hat“.
FPÖ-Südtirolsprecher Neubauer: Botschafter Tichy brüskiert Südtirol – Autonomie ist nicht Selbstbestimmung!
„Autonomieregelungen haben sich an den Bedürfnissen der geschützten Minderheit – nicht jener des Staates – zu orientieren“
Als die Ausführungen des Botschafters Tichy öffentlich bekannt wurden, reagierten zahlreiche Kritiker aus den Bereichen der Wissenschaft und der Politik.
Der Abgeordnete zum Österreichischen Nationalrat und parlamentarische Südtirol-Sprecher der FPÖ, Werner Neubauer, sandte am 21. November 2016 nachstehende Presseaussendung aus:
Wien (OTS) – „Die Äußerungen des Leiters des Wiener Völkerrechtsbüros anlässlich einer Tagung am 17. November in Bozen lösen in Südtirol und in der Fachwelt allgemein Verwunderung aus und haben bereits zu heftiger Kritik geführt. Man muss sich fragen, wie es gelungen ist, in einen Satz so viele Fehler hineinzupacken. Botschafter Tichy hat mit seinen Ausführungen in Bozen die gesamte Südtirol-Politik der vergangenen Jahre brüskiert und sollte mit hanebüchener Uminterpretation des Begriffs Selbstbestimmung offenbar dafür sorgen, dass das unliebsame Thema ‚Südtirol‘ für das Außenministerium endlich ad acta gelegt wird. Anders ist es wohl nicht zu erklären, dass zum wiederholten Male durch einen willfährigen Beamten des Außenministeriums, die fälschliche Behauptung aufgestellt wurde, dass die Selbstbestimmung in Südtirol durch die Autonomie bereits erfüllt sei. Nach Minister Kurz ließ dies nun Professor Dr. Helmut Tichy anlässlich der Gedenkveranstaltung „70 Jahre Pariser Vertrag“ in Bozen verlauten, der das Völkerrechtsbüro im österreichischen Außenministerium leitet, aber ansonsten mit den Rechten der Völker offenbar nicht viel am Hut hat, zumindest nicht mit jenen in Südtirol“, kritisiert der freiheitliche Südtirolsprecher NAbg. Werner Neubauer.
„Wenn nun Tichy weiter behauptet, dass Selbstbestimmungsrecht nicht mit Sezessionsrecht verwechselt werden darf, dann darf ich den Herrn Professor aufklären, dass Selbstbestimmung in vielerlei Form ausgeübt werden kann. Eine davon ist auch die Sezession, sonst würde es beispielsweise den Kosovo, Slowenien oder Kroatien in der heutigen Form gar nicht geben“, sagte Neubauer.
Das müsste Botschafter Tichy, der immerhin in Graz über eine Praktiker-Professur im Völkerrecht verfügt, eigentlich wissen. Wenn die Haltung von Botschafter Tichy gegenüber einer Rückkehr Südtirols zu Österreich eine kritische sein sollte, dann muss er die Diskussion anders aufziehen und die Voraussetzungen für die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts in Form einer Sezession problematisieren. Dann wäre er vielleicht – so wie die Fachwelt – zum Ergebnis gelangt, dass die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts, die verschiedenen Ausübungsmöglichkeiten dieses Rechts, stets von den konkreten Umständen abhängt, wobei die Staatsgrenzen letzthin stark an Bedeutung verloren haben.
„Wie kann der Herr Botschafter aber weiters behaupten, ein Selbstbestimmungsanspruch sei ‚durch eine Autonomie bereits für Südtirol erfüllt‘“? Selbstbestimmung ist – und auch das müsste er wissen – ein fortlaufender Prozess und niemals „erfüllt“. Selbst souveräne Staaten verfügen noch über ein Selbstbestimmungsrecht! Das Selbstbestimmungsrecht der Völker ist im Artikel 1 der UN-Menschenrechtspakte ganz klar definiert: „Alle Völker haben das Recht auf Selbstbestimmung. Kraft dieses Rechtes entscheiden sie frei über ihren politischen Status und gestalten in Freiheit ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung.“ Dies trifft auf Südtirol eindeutig nicht zu. Die Südtirol-Autonomie war von Anbeginn eine Übergangslösung auf dem Weg zur Selbstbestimmung. Jetzt soll diese plötzlich durch die Autonomie erfüllt sein? „Wer hat denn „selbstbestimmt über den Zustand in Südtirol jemals autonom darüber abgestimmt?“, fragte Neubauer.
„Autonomieregelungen sind von ihrer Natur her dynamisch zu interpretieren und haben sich an den Bedürfnissen der geschützten Minderheit, und nicht jener des Staates, zu orientieren und sind entsprechend zu entwickeln“, so Neubauer, der ergänzte, dass dieser Umstand im Übrigen auch für die anstehende Volksabstimmung zur Verfassungsreform Italiens gelte!
„Es ist ungeheuerlich, dass sich ein Beamter des Ministeriums hier offenbar erdreistet, die Außenpolitik Österreichs bestimmen zu wollen. Es stellt sich weiter die Frage, ob er den österreichischen Landsleuten südlich des Brenners damit einen guten Dienst für das bevorstehende Verfassungsreferendum am 4. Dezember 2016 erwiesen hat. Mit der italienischen Verfassungsreform ist die Autonomie Südtirols nämlich schwer gefährdet, was hierzulande Herrn Prof. Tichy offenkundig nicht zu interessieren scheint. In dieser Situation ist es wichtiger denn je, die doppelte Staatsbürgerschaft anzustreben und beim Verfassungsreferendum mit einem klaren „Nein“ ein deutliches Signal auf alle diese negativen Entwicklungen zu setzen. Insgesamt Fragen über Fragen, die der Vertreter Österreichs mit seinem Auftritt in Bozen provoziert hat. Nun ist der Minister mit einer Klarstellung gefordert. Und es bleibt zu hoffen, dass die Vertreter der Republik das nächste Mal besser vorbereitet zu einer Tagung nach Südtirol fahren“, so Neubauer abschließend.
Der „Südtiroler Schützenbund“ (SSB) warnt vor italienischer Verfassungsreform
Benito Mussolini (rechts) – würde er noch leben – hätte seine Freude an der heutigen Staatsauffassung des „sozialistischen“ Ministerpräsidenten Renzi.
Eine bedrohliche Verfassungsreform faschistoiden Zuschnittes
Am 4. Dezember 2016 findet in ganz Italien – und auch in Südtirol – eine Volksabstimmung über die von dem italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi („Partito Democratico“-PD) geplante Verfassungsreform statt.
Obwohl es sich bei dem „Partito Democratico“ angeblich um eine „linke“ und „sozialistische“ Partei handelt, sollen mit der geplanten Verfassungsreform die föderalistischen Strukturen Italiens weitestgehend abgeschafft und es soll ein Zentralstaat eingerichtet werden.
Wenn Matteo Renzi dazu eine Mehrheit erhalten würde, wäre dies ein demokratiepolitischer Rückschritt um Jahrzehnte.
Zudem soll mit der neuen Verfassung festgelegt werden, dass bei Parlamentswahlen die stärkste Partei zusätzlich zu ihrem Wahlergebnis automatisch weitere Abgeordnetensitze zugerechnet und damit eine absolute Mehrheit erhalten würde.
Diese Staatsauffassung steht jedenfalls der faschistischen Staatsauffassung eines Benito Mussolini näher als demokratischen Konzepten. Der seinerzeit vom Sozialisten zum Faschisten mutierte Benito Mussolini – würde er noch leben – hätte seine wahre Freude an dem „Sozialisten“ Renzi.
Der Hintergrund für Renzi’s Vorgehen
Renzi lenkt mit seinem Vorgehen von der mehr als schlimmen Wirtschaftslage Italiens ab, an der seine Regierung nicht unschuldig ist. Die drittgrößte Volkswirtschaft im EURO-Verbund hat gerade Griechenland in der Führungsrolle der europäischen Katastrophen-Kandidaten abgelöst. Die Zahlen sind so erschreckend, dass internationale Experten eine wahre Katastrophe befürchten.
Renzi macht nun der Bevölkerung weis, dass die Beseitigung des Föderalismus große Einsparungen bringen würde. Dass das erstklassiger Humbug ist, wissen alle Fachleute. Das Fass ohne Boden ist in Italien der zentrale Staat. Das Problem sind dessen zum Teil mafiose Strukturen. Dort und nicht in den Verwaltungen der Provinzen und Regionen versickern die Milliarden in zum Teil düstere Kanäle.
Welcher Teufel reitet den Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher?
Das fragen sich immer mehr Südtiroler. Arno Kompatscher, den viele Südtiroler mittlerweile als die „Stimme Roms in Bozen“ sehen, propagiert lauthals seine Zustimmung zu der geplanten Verfassungsreform, welche in Hinkunft die Südtirol-Autonomie den Römern zur freien und weitgehend beliebigen Verfügung stellen wird.
Der Landeshauptmann Kompatscher hat nun auch die auf Karriere und Fortkommen bedachten braven Parteifunktionäre der „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) dazu gebracht, die Südtiroler dazu aufzufordern, am 4. Dezember 2016 mit „JA“ zu stimmen und damit den von Kompatscher empfohlenen autonomiepolitischen Selbstmord zu unterstützen. Kompatscher ist ein ehemaliger Studienkollege von Renzi und bezeichnet sich selbst als dessen persönlichen Freund. Viele Südtiroler vermuten allerdings gewichtigere Hintergründe.
Am 7. November 2016 stimmten die lammfrommen und wohl auch auf persönliche Karrieren Rücksicht nehmenden SVP-Funktionäre im Parteiausschuss dafür, das von ihrem Parteiobmann gewünschte „JA“ zur Verfassungsreform den Mitbürgern zu empfehlen. Nur 6 Ausschussmitglieder hatten den „Mut“, sich der Stimme zu enthalten – dagegen stimmte keiner!
Die Warnung des „Südtiroler Schützenbundes“
Der „Südtiroler Schützenbund“ umfasst rund 5.100 Schützen und Marketenderinnen, 140 Mitgliedskompanien und 3 Schützenkapellen. – das ist der Südtiroler Schützenbund im Jahre 2016. Er ist eine Organisation, welche die Erhaltung der Heimat als überparteiliche Aufgabe und Verpflichtung betrachtet.
Aus Sorge um die Heimat fordert der Schützenbund nun die Südtiroler auf, dem Landeshauptmann Kompatscher in der gegenständlichen Frage nicht zu folgen und am 4. Dezember 2016 mit „NEIN“ zu stimmen.
Mit nachstehender Stellungnahme begründet der Schützenbund seine Haltung:
Italienische Verfassungsreform: Warum ein Nein angebracht ist
BOZEN – Diesmal geht es um die Zukunft der Südtirolautonomie schlechthin. Am 4. Dezember wird abgestimmt: was steht uns bevor, wenn sich Italien für die neue zentralistische Verfassung entscheidet?
Südtirol habe seine „Schutzklausel“, wird beruhigend verbreitet. Nun soll sie das Allheilmittel gegen jeden zentralistischen Übergriff des Staates sein. Zwar muss das Autonomiestaut angepasst werden. Südtirol werde seine Zustimmung aber nur geben, wenn die „Überarbeitung auf der Grundlage von Übereinkommen“ (sulla base di intese) erfolge.
Wie sicher kann sich Südtirol sein?
Der Südtiroler Schützenbund hat in volkstumspolitischen Fragen stets eine klare Haltung gezeigt. Wir waren dabei immer kritisch gegenüber gefährlichen Experimenten, aber auch stets aufgeschlossen für positive Neuerungen. Worauf bewegen wir uns hier also zu?
Südtirol verliert viele Kompetenzen
Die Befürworter der neuen Verfassung – insbesondere die derzeitige SVP-Führung -stützt sich allein auf die sog. „Schutzklausel“. Wie sieht diese wirklich aus?
Zunächst ist es unbestritten, dass alle sekundären Zuständigkeiten, die wir mit der Verfassungsreform von 2001 bekommen haben, wieder an den Staat zurückfallen. Das betrifft wesentliche Bereiche wie Gesundheitswesen, Berufsordnung, Außenhandel, Unterricht an Schulen und Universität, Dienstrecht der öffentlichen Verwaltung, ergänzende Sozialfürsorge. Der Staat wird zentralistisch wie 1948.
Es wird nichts aus dem Steuerföderalismus, der in der Verfassung von 2001 vorgegeben war, aber nie verwirklicht wurde. Nicht weniger bedenklich ist das „nationale Interesse“. Mit Berufung darauf kann der Staat jederzeit zum Schutz der „juridischen und wirtschaftlichen Einheit“ in die Landeskompetenzen eingreifen.
Zudem wird im neu gefassten Art. 117 die Suprematieklausel zwecks Überordnung des Staates verankert. Das uns selten gewogene Verfassungsgericht könnte diese Klausel auch auf die Südtirolautonomie anwenden.
Viele Urteile des Verfassungsgerichts haben unsere Autonomie ohnehin eingeschränkt. Hinzu kommt die gefährliche Ersatzbefugnis, mit der sich der Staat ebenfalls über das Land Südtirol stellen kann.
Diese Ersatzbefugnis wird ausdrücklich in der „Schutzklausel“ festgeschrieben! Wenn zudem das neue Wahlgesetz einmal greift, steht uns die Herrschaft einer einzigen Partei bevor, in der die wenigen Südtiroler Parlamentarier nichts mehr zählen.
Vorrecht des Parlaments
Die „Schutzklausel“ schützt auch nicht vor Eingriffen des römischen Parlaments. Sollte es zwischen Staat und Südtirol keine Einigung bei der Überarbeitung des Autonomiestatus geben, kann das Parlament jederzeit mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit alleine entscheiden. Das hat eine Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz des Staatssekretärs Gianclaudio Bressa schon 2015 klargestellt.
Keine internationale Absicherung der „Schutzklausel“
Die angebliche „Schutzklausel“ bietet also wenig Schutz. Sie ist zudem nicht international abgesichert. Beim letzten Finanzabkommen gab es wenigstens einen Briefwechsel mit dem österreichischen Bundeskanzler Faymann.
Bei der Schutzklausel fehlt hingegen jede internationale Garantie. Sicherheit könnte nur ein diplomatischer Notenwechsel bieten, mit dem sich Italien verpflichtet, bei der Überarbeitung des Autonomiestatuts den Willen Südtirols zu berücksichtigen.
Schwächste „Schutzklausel“, die je angeboten wurde
Als Berlusconi 2005 ebenfalls den Staat zentralisieren wollte, bot er Südtirol eine echte Schutzklausel an: das Autonomiestatut sollte nur „im Einvernehmen“ („previa intesa“) erfolgen dürfen. Das war klarer als „sulla base di intese“(Übersetzung: „auf der Basis von Einvernehmen“), wie es jetzt heißt. Dieses Einvernehmen konnte der Landtag innerhalb von drei Monaten mit einem Veto (Zwei-Drittelmehrheit) verweigern.
Die SVP empfahl dennoch ein „Nein“ beim entsprechenden Referendum, weil sie den Zentralismus als eine Gefahr erachtete.
Dieser Meinung war damals auch Senator Dr. Zeller, der heute, trotz gleicher Zentralisierungsabsicht, aber wesentlich schwächerer Schutzklausel, vehementfür ein „Ja“ eintritt. Seltsam!
(Anmerkung des SID: In Südtirol wird kolportiert, dass die Italiener dem SVP-Senator Dr. Zeller einen Sitz im Verfassungsgerichtshof in Aussicht gestellt haben. Man wird sehen!)
Schutzmacht Österreich nicht angerufen
Warum schaltete die SVP nicht rechtzeitig die Schutzmacht Österreich ein, als im Parlament die neue Verfassung diskutiert wurde? Wollten sich die Parlamentarier nicht an die österreichische Note vom 22. Juni 1992 zur Streitbeendigungserklärung erinnern? Diese Note stellt klar: wenn Italien einseitige Änderungen der Autonomie vornimmt, kann Österreich aktiv werden.
„Weltbeste Autonomie“?
Eine bedenkliche Überschätzung der Südtirolautonomie zeigt überraschenderweise auch der Landeshauptmann mit einer Feststellung in der Sonderausgabe der Landeszeitung „Das Land Südtirol“ (Nr. 1/2016): Südtirol verfüge gewissermaßen über die „weltbeste Autonomie“.Diese Aussage ist sachlich falsch und problematisch. Das Baskenland, Katalonien, die Färöer, Grönland, Ȃland u.a. verfügen über eine weit stärkere Autonomie. Italien könnte sich auf diese weit übersteigerte Aussage berufen.
Bevölkerung vertraut dem Zentralstaat nicht
Die Südtiroler Bevölkerung hat Jahrzehnte lang bitter erfahren, wie wenig sie auf den Zentralstaat Italien vertrauen kann. Als deutsche bzw. ladinische Minderheit in einem fremden Staat hat Südtirol von einem Zentralstaat nichts Gutes zu erwarten.
Würde Südtirol dieser neuen Verfassung zustimmen, würde man in Rom jederzeit sagen können: der Zentralstaat war euer Wunsch, denn ihr habt dafür gestimmt. Das Verfassungsgericht wird dann erst recht im Geist der zentralistischen Verfassung gegen die Autonomie urteilen.
Bekannte italienische Parlamentarier (Bersani, Monti u.a.m.), die im Parlament für die neue Verfassung gestimmt haben, scheuen sich nicht, von der Renzi-Verfassung nun Abstand zu nehmen und zu warnen.
Warum traut sich die SVP nicht, auf eine Wahlempfehlung für das gefährliche „JA“ zu verzichten?
Erfahrene SVP-Politiker werden nicht müde, vor dieser Verfassungsreform zu warnen.
Erneut steht Südtirol an einem Scheideweg. Es empfiehlt sich ein klares NEIN gegen den römischen Zentralismus. Der Südtiroler Schützenbund ruft darum alle Südtiroler auf, am 4. Dezember mit „NEIN“ zu stimmen.
Informationsschrift „20 gute Gründe fürs NEIN“ des „Komitees NO – NEIN“ jetzt als PDF öffnen!
Ehrender Nachruf für den Freiheitskämpfer Dipl. Ing. Günther Schweinberger
Der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB) ist eine von ehemaligen politischen Südtiroler Häftlingen und Freiheitskämpfern gegründete Vereinigung, welche für die Selbstbestimmung Südtirols und die Landeseinheit Tirols eintritt. Deren Obmann Roland Lang veröffentlichte nachstehenden Nachruf, welcher auf zahlreichen Internetportalen in Südtirol und auszugsweise auch in der Tageszeitung „Dolomiten“ wiedergegeben wurde.
von Roland Lang, Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB)
Zum Gedenken
Am 25. Oktober 2016 wurde Dipl. Ing. Günther Schweinberger in seiner Heimatgemeinde Hohenau an der March in Niederösterreich zur letzten Ruhe geleitet. Er war als Patient im Spital einer Virusinfektion erlegen.
Der katholische Geistliche fand bei der Verabschiedung sehr berührende Worte, er war ein persönlicher Freund des Verstorbenen gewesen.
Wie Günther Schweinberger zum Widerstand kam
Günther Schweinberger hatte in Wien studiert, hatte sich aber auch eine Zeit lang in Innsbruck aufgehalten. Er war mit dem „Befreiungsausschuss Südtirol“ (BAS) in Verbindung gekommen und hatte sich an der Vorbereitung und Durchführung von Aktionen im Herbst 1961 in Südtirol beteiligt gehabt.
In Österreich stand Günther Schweinberger drei Mal vor Gericht. Im Mai 1965 musste er sich zusammen mit 21 weiteren Angeklagten, unter denen sich auch Kurt Welser und der berühmte Nordtiroler Schriftsteller Dr. Heinrich Klier befanden, vor dem Schöffengericht in Graz verantworten.
Am 12. Mai 1965 erklärte Günther Schweinberger vor Gericht, dass ihn die Folterungen Südtiroler Gefangener durch die Carabinieri dazu veranlasst hätten, an dem Zustandekommen von Demonstrationssprengungen mitzuwirken.
Ein Zeuge schildert die Folterungen
Was unter diesen Folterungen zu verstehen sei, das schilderte der Zeuge Siegfried Graf aus Prad im Vinschgau, der ein guter Freund Günther Schweinbergers war. Graf war 1961 verhaftet, schwer gefoltert und nach 6 Wochen Haft durch einen Irrtum auf freien Fuß gesetzt worden, sodass er nach Nordtirol hatte flüchten können. Man habe ihm mit einem Metall-Lineal auf den Kopf geschlagen, bis er bewusstlos war. Dann musste er in eine starke Quarzlampe schauen, wenn er zusammensackte, wurde er wieder geprügelt und mit dem Kopf gegen den Ofen geschlagen. Am nächsten Tag setzte man ihm Kopfhörer mit Hochfrequenz auf. Laut Graf war das ein Gefühl, als wenn ihm der Kopf weggerissen würde. Nach dieser Folter war er auf einem Ohr so gut wie taub. Dann wurde er wieder geschlagen, auch mit Maschinenpistolen. Er musste sich nackt ausziehen und wurde mit glühenden Zigaretten am ganzen Körper verbrannt, geschlagen und wieder geschlagen.
Nach dieser und anderen Aussagen erklärte sich das Schöffengericht für unzuständig, weil es sich um ein politisches Delikt handle, und verwies das Verfahren an das Schwurgericht in Graz.
In diesem Prozess blieb auf der Anklagebank ein Sitzplatz frei. Auf dem leeren Platz lag ein Blumenstrauß für Kurt Welser, der am 15. August 1965 am Zinalrothorn in der Schweiz den Bergtod gefunden hatte und in den Armen seines Freundes und Bergkameraden Heinrich Klier gestorben war.
„Wir sind keine Kriegshetzer“
Vor den Geschworenen erklärte Günther Schweinberger am 23. September 1965:
„Wir sind keine Kriegshetzer und Anarchisten. Niemand würde lieber als wir die Hand über die Salurner Klause hinweg zur Versöhnung reichen, wenn die Südtirolfrage im europäischen Geiste gelöst wird.“
Zweifacher Freispruch
Am 14. Oktober 1965 sprachen die Geschworenen Günther Schweinberger und alle anderen Angeklagten einstimmig frei und folgten damit der Argumentation der Verteidigung, wonach in Südtirol Notstand herrsche und Nothilfe seitens der Angeklagten gerechtfertigt und damit nicht strafbar sei.
Der Freispruch wurde umgehend wegen „Irrtums der Geschworenen“ aufgehoben und es wurde ein neuerlicher Geschworenenprozess in Linz durchgeführt, der 1967 mit dem gleichen Ergebnis endete: Mit einem nun endgültigen Freispruch für alle Angeklagten.
Günther Schweinberger blieb bis zu seinem Lebensende dem Schicksal Südtirols und seinen ehemaligen Kameraden aus dem Freiheitskampf eng verbunden. Seine Freunde trauern um ihn.
Der „Südtiroler Heimatbund“ gedenkt des Verstorbenen und fühlt mit den Angehörigen, die einen lieben Menschen verloren haben.
Der Südtiroler Landeshauptmann fährt die Autonomie gegen die Wand
Landeshauptmann Arno Kompatscher – die Stimme Roms in Bozen
Welcher „Teufel“ reitet einen Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP), in allen Fragen Rom entgegen zu kommen und dabei die eigene Landesautonomie gegen die Wand zu fahren?
Diese Frage stellen sich in Südtirol immer mehr Menschen und zwar nicht nur die Anhänger der Oppositionsparteien. Gegen den Kurs Kompatschers begehren auch die Altmandatare der „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) auf, einschließlich des ehemaligen Landeshauptmannes Luis Durnwalder. Sie haben dem eigenen „Parteifreund“ offen den Kampf angesagt.
Es geht um die staatliche Verfassungsreform
Am 4. Dezember 2016 findet in Italien ein Referendum über eine zentralistische Verfassungsreform statt, welche die Rechte der Regionen und Provinzen einengt und zum Großteil abschafft. Italien wird ein zentralistischer Einheitsstaat.
Im Vorfeld haben die amtierenden parlamentarischen Mandatare der SVP in Parteigehorsam bereits in beiden Kammern des römischen Parlaments ihre Zustimmung erteilt.Das alles ohne Befassung des Südtiroler Landtags und ohne eine vorangegangene Volksbefragung in Südtirol.
Nun soll nach dem Willen der zentralistisch agierenden Regierung Renzi das gesamte Staatsvolk des Stiefels seine Zustimmung geben und damit haben auch die Südtiroler abzustimmen.
Der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher, der in Bozen offen als die Stimme Roms auftritt, hat bereits seine Landsleute aufgefordert, für den neuen zentralistischen Verfassungsentwurf mit „Ja“ zu stimmen.
Das „nationale Interesse“ Italiens
Das neue Verfassungsgesetz sieht vor, dass Rom in Hinkunft „im nationalen Interesse des Staates“ oder zur Wahrung „der Einheit der Republik“ jegliche Autonomiebestimmung gesetzlich aushebeln kann.
In diesem Text heißt es nämlich (geänderter Artikel 117 der Verfassung):
Auf Deutsch:
„Auf Vorschlag der Regierung kann das Staatsgesetz in Angelegenheiten eingreifen, welche nicht der ausschließlichen Gesetzgebung (des Staates) vorbehalten sind, wenn die Wahrung der juridischen oder wirtschaftlichen Einheit der Republik oder die Wahrung des nationalen Interesses dies erfordert.“
Diese schwammig formulierte Generalvollmacht hebelt die gesamte Südtirol-Autonomie aus.
Die Beseitigung der Schutzmachtrolle Österreichs
Weiters soll in den Artikel 39 der italienischen Verfassung folgende Übergangsbestimmung aufgenommen werden:
„13) Die Anordnungen des Kapitels IV des vorliegenden Gesetzes werden auf die Regionen mit Spezialstatut sowie auf die autonomen Provinzen Trento und Bolzano nicht angewandt, bis zur Revision ihrer jeweiligen Statuten auf der Basis des Einvernehmens mit diesen autonomen Regionen und Provinzen.“
(„13. Le disposizioni di cui al capo IV della presente legge costituzionale non si applicano alle Regioni a statuto speciale e alle Province autonome di Trento e di Bolzano fino alla revisione dei rispettivi statuti sulla base di intese con le medesime Regioni e Province autonome.“)
Das ist aber nur eine scheinbare Schutzbestimmung, wie Experten feststellen.
Zustimmung der SVP ohne vorherige Abklärungen
Die parteitreuen SVP-Senatoren und Kammerabgeordneten gaben ihre Zustimmung, obwohl dieser Gesetzesentwurf nicht präzisiert, was unter „Basis der Zustimmung“ („base di intese“) rechtlich zu verstehen ist.
* Ist eine ausdrückliche Zustimmung des Landtages zu einem geänderten Autonomiestatut notwendig?
* Genügt eine Stellungnahme der Landesregierung?
* Genügen Konsultationen, die dann von Rom nach Belieben ausgelegt werden?
Hier ist nichts präzisiert.
Die Befürchtung des Ex-Senators und Verfassungsrechtlers Dr. Oskar Peterlini (SVP)
In den „Dolomiten“ vom 22. 10. 2015 hat der Ex-Senator Dr. Oskar Peterlini (SVP), heute Universitätsdozent für Verfassungsrecht, diesbezüglich auf einen feinen römischen Fallstrick in der Formulierung des Gesetzestextes hingewiesen:
„Die Überarbeitung erfolgt auf der Grundlage von Einvernehmen, nicht ausdrücklich im Einvernehmen, was dem Parlament eine Hintertür zur einseitigen Änderung offen lässt. Einmal abgeändert, ist das Statut nicht mehr vom Einvernehmen geschützt.“
Die endgültige Eliminierung Österreichs aus der Schutzmachtfunktion
Verletzungen eines jetzt von den Südtirolern selbst neu verfassten und einvernehmlich mit Rom ausgehandelten neuen Autonomiestatuts können logischer Weise nicht von der Schutzmacht Österreich, welche bereits 1992 die Streitbeilegungserklärung abgegeben hat, in Zukunft vor dem IGH eingeklagt werden.
Das ist der endgültige Ausstieg Österreichs aus der Schutzmachtrolle.
(Nur wenn ganz grundlegende aus dem Pariser Mangel-Vertrag ableitbare Prinzipien beseitigt werden sollten (z.B.: Gebrauch der deutschen Sprache im öffentlichen Verkehr), könnte weiterhin vor den IGH gegangen werden.)
Rom wird auf den innerstaatlichen Weg verweisen
Ab nun wird Rom vor allem auf das erfolgte „Einvernehmen“ mit der Provinz Bozen verweisen und damit klarstellen, dass alle Beschwerden innerstaatlich vor dem italienischen Verfassungsgerichtshof auszutragen sind.
In den „Dolomiten“ vom 22. 10. 2015 hat der Ex-Senator Dr. Oskar Peterlini (SVP) diesbezüglich erklärt: „Was schützt uns vor dem Verfassungsgerichtshof oder dem Internationalen Gerichtshof, wenn man uns vorwerfen kann, dass wir zugestimmt haben?“
In den „Dolomiten“ vom 2. Februar 2016 werden die Altmandatare der SVP zitiert, die bei einer Vorsprache bei LH Kompatscher darauf hinwiesen, dass man in Rom in Hinkunft nichts mehr zu melden habe.
Roland Riz: Wir geben die internationale Verankerung auf!
Interessant ist auch die Fachmeinung des rechtskundigen SVP-Altobmannes Prof. Dr. Roland Riz zu diesem Thema, welche er in den „Dolomiten“ vom 13. März 2015 bereits im Interview kundgetan hatte, dass die SVP schon seit 2001 in der Autonomiefrage den falschen Kurs segelt:
Prof. Riz: „Gott bewahre uns davor, dass das Autonomiestatut, das Benedikter und Riz so gut ausgebaut haben, angepasst wird. Wenn wir versuchen, uns ein neues Autonomiestatut zu geben, dann geben wir die internationale Verankerung auf. Alles ist in Gefahr.“
„D“:Das heißt, in Ihren Augen braucht es keine Anpassung des Autonomiestatuts? Prof. Riz: „Nein, das muss man nicht, denn das Autonomiestatut war phantastisch. Ich hätte nie ein Jota geändert. Die Verfassungsreformvon von 2001 ist der Punkt des Übels und um Schiller zu zitieren: „Das eben ist der Fluch der bösen Tat, dass sie, fortzeugend, immer Böses muss gebären.“ Damals war die große Wende. Wir haben für jene Verfassungsreform, mit der alles kaputt gemacht wurde, die Mehrheit gestellt. Wären wir damals dagegen gewesen, wäre alles anders gegangen.“
Mit dem Verlust der internationalen Verankerung – den Riz richtig erkannt hat – ist auch der Verlust der Schutzmachtrolle Österreichs verbunden.
Der Ex-Senator und Verfassungsrechtler Dr. Oskar Peterlini (SVP) bringt den Sachverhalt auf den Punkt:
Interview in „Freiheit TV“ am 14. September 2016
Kollmann: Oskar Peterlini, langjähriger Senator in Rom, Verfassungsexperte und Universitätsdozent an der Universität Bozen – Sie setzen sich ja dafür ein, dass bei der Verfassungsreform das NEIN gewinnt. Aus welchem Grund? Peterlini: „Ich bin ehrlich gesagt besorgt um die Heimat. Es ist eine Reform, die den Staat zentralisiert und den Regionen die Zuständigkeiten wegnimmt. Zwanzig Kompetenzen gehen direkt von den Regionen weg an den Staat zurück.
Es wird eine Suprematieklausel eingeführt, die vorsieht, dass der Staat, das Parlament in die Zuständigkeiten auch jener verbliebenen, jener armen verbliebenen Zuständigkeiten der Regionen jederzeit eingreifen kann, wenn dies das nationale Interesse oder die Einheitlichkeit der juridischen und wirtschaftlichen Form Italiens benötigen.
Das sind Begriffe, die so dehnbar sind, dass eine autoritäre Regierung eingreifen kann. Noch dazu begleitet von einem Wahlgesetzt, das die gesamte Macht einer einzigen Partei überträgt.
Bis jetzt war man ja immer gezwungen, Koalitionen zu bilden, um eine Mehrheit zu erringen.
Das neue Wahlgesetz sieht vor, dass eine Partei – auch wenn sie nur 20 oder 25 Prozent hat – 55 Prozent der Sitze in der Abgeordnetenkammer bekommt. Mit einer Zwischenwahl, einer Stichwahl.
Das heißt einmal für die Südtiroler Abgeordneten, dass sie dann nichts mehr zu sagen haben. Denn wenn eine Partei schon die 55 Prozent hat, dann braucht sie nicht wie bei dieser Verfassungsreform um die Stimmen der Parlamentarier aus Südtirol zu werben, denn dann hat sie schon genug Stimmen.
Zweitens: Der Senat zählt nichts mehr, denn der wird total depotenziert (Anm.: entmachtet). Das heißt aber auch: Ein autoritärer, gefährlicher, zentralistischer Stil, der den Minderheiten und den Autonomien niemals guttut.“
Kollmann: Es ist ja immer die Rede von der Schutzklausel, die im Falle Südtirol greifen soll. Was ist davon zu halten? Peterlini: „Ja, die Schutzklausel wird optimistisch, euphemistisch (Anm.: = beschönigend), so genannt. In Wirklichkeit steht in der Verfassungsreform: Übergangsbestimmung!
Und es steht drinnen, dass auch die Sonderautonomien sich anzupassen haben. Und das soll erfolgen – und das ist jetzt das Zuckerle – nicht auf der Grundlage eines Einvernehmens, sondern ‚in base di intese‘, von (mehreren) Einvernehmen. Und diese Formulierung ist die gleiche, die im Artikel 8 der Verfassung steht, wo es um die Kirchen geht. Also wo es um die Anerkennung der nichtchristlichen Kirchen geht. Und der Verfassungsgerichtshof hat dazu bereits entschieden, dass die Einvernehmen die Grundlage bilden, aber das Parlament dann die Gesetze macht.“
Klare Ablehnung durch den Südtiroler Schützenbund
Wieder in der Diskussion: Das Rätsel der Porzescharte
War es ein erfundener Mordanschlag? Südtirol-Freiheitskämpfer als Opfer einer Geheimdienst-Manipulation?
Das Ereignis: Am 25. Juni 1967 kamen an der Grenze zwischen Osttirol und Italien vier italienische Soldaten ums Leben, die angeblich von Tretminen tödlich verletzt worden waren, die von Unbekannten bei einem vorher gesprengten Stromleitungsmasten auf der Porzescharte – italienisch: „Cima Vallona“ – versteckt worden waren.
In Südtirol kursierte damals das Gerücht, dass die angeblich auf der Porzescharte zu Tode Gekommenen in Wahrheit bei einer Minen-Sprengausbildung im Bereich des Kreuzberges ums Leben gekommen seien. Einwohner wollten dort Detonationen gehört und dann den hektischen Abtransport mittels Hubschrauber mitbekommen haben. Niemand hatte allerdings gewagt, damit in die Medien und an die Öffentlichkeit zu gehen.
Die italienischen Behörden beschuldigten umgehend Mitglieder des „Befreiungsausschusses Südtirol“ (BAS) der Täterschaft und erreichten, dass die willfährigen österreichischen Behörden die österreichischen Staatsbürger Peter Kienesberger, Egon Kufner und Dr. Erhard Hartung inhaftierten und unter Anklage stellten. Die Bundesregierung Dr. Klaus war damals an einem guten Einvernehmen mit Rom interessiert, um die Aufhebung des italienischen Vetos gegen einen EWG-Beitritt Österreichs zu erreichen.
Zum Glück gab und gibt es in der Republik Österreich aber ein Justizsystem mit unabhängigen Geschworenengerichten. Ein solches rehabilitierte aufgrund der vorgelegten Aktenlage und Sachbeweise die Angeklagten und sprach sie frei. In Italien wurden sie allerdings in einem menschenrechtswidrigen Abwesenheitsprozess zu lebenslanger Haft verurteilt. Dies war möglich, weil die italienische Justiz nach wie vor die alte faschistische Strafprozessordnung anwenden konnte, welche die Verurteilung Abwesender legitimierte, die sich nicht verteidigen konnten.
Trotz vieler Bemühungen konnte Italien allerdings in der Folge eine Auslieferung nicht erreichen. Der Skandal wäre zu groß gewesen.
Von vielen Zeitgenossen wurde das Geschehen auf der Porzescharte in Zusammenhang mit Manipulationen des italienischen Geheimdienstes gebracht. Es blieb aber von Geheimnissen umhüllt.
Erstes Licht in das Dunkel
Dies änderte sich, als der österreichische Militärhistoriker Mag. Dr. Oberst Hubert Speckner von der österreichischen Landesverteidigungsakademie im Jahre 2013 eine umfangreiche Studie veröffentlichte, die sich auf österreichische sicherheitsdienstliche Akten, aber auch auf die ihm vorliegenden italienischen „Tatort“-Unterlagen einschließlich Foto-Dokumentationen stützte.
Der namhafte Historiker Univ.-Prof. Mag. Dr. Michael Gehler von der Universität Hildesheim bescheinigte in einem Vorwort zu Speckners Arbeit, „dass schon zeitgenössische Beobachter zum Ergebnis kamen, dass es bei diesem „Attentat“ nicht mit rechten Dingen zugegangen sein kann und die offizielle italienische Lesart der Ereignisse so einfach nicht stimmen kann.“
Auch wenn „definitives und letztgültiges Beweismaterial für eine gezielte italienische Manipulation“ noch nicht vorliege, „ist die Fülle der von ihm ermittelten Befunde so erdrückend, dass trotz gegenteilige italienischer Behauptungen eine Beteiligung italienischer Stellen angenommen werden kann.“
Das Echo in den Medien
Das Echo in den Medien war für das offizielle Italien nicht besonders erfreulich, wie nachstehende Ausschnitte zeigen:
„Die Presse“, 17. August 2013:
„Dolomiten“, 2. August 2013:
„Salzburger Nachrichten“, 1. August 2013:
„Tiroler Tageszeitung“, 1. August 2013:
„Osttiroler Bote“, 21. November 2013:
„Neue Südtiroler Tageszeitung“, 26. Juli 2013:
Heldenmythos aus politischen Gründen
Die italienische Seite hat den Vorwurf der Schaffung eines künstlichen „Tatortes“ auf der Porzescharte und damit verbundene weitere Manipulationen stets mit Entrüstung zurückgewiesen und auf österreichische Presse-Meldungen mit Empörung reagiert.
Bis heute werden die Toten des 25. Juni 1967 als Opfer der „terroristi“ bezeichnet und bei offiziellen Feiern wird ihrer in diesem Sinne gedacht. So geschah es auch auf einer offiziellen Feier in diesem Jahr.
Der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB), eine von Südtiroler ehemaligen politischen Häftlingen gegründete Vereinigung hat dies zum Anlass genommen, mit einer Presseaussendung auf die damit verbundene Problematik hinzuweisen. Der SHB-Obmann Roland Lang warnt dabei vor den üblichen vorschnellen italienischen Schuldzuweisungen.
Nachstehend die Presseaussendung des SHB:
Ja zum Gedenken an die Toten des „Reparto Speciale“ – Warnung vor Schuldzuweisungen
Am Samstag, den 15. Oktober 2016 hat in Leifers eine Gedenkveranstaltung für die Toten des vor 50 Jahren in der Leiferer Kaserne gegründeten „Reparto Speciale“ stattgefunden. Diese Einheit bestand aus Guerrilla-Kämpfern und Sabotage-Spezialisten für „nicht konventionelle Kampfführung … Der Reparto wurde unter Geheimhaltung organisiert: Seine Aufstellung und seine Tätigkeiten wurden der Öffentlichkeit nicht bekannt gegeben“, so SHB- Obmann Roland Lang.
Diesen Sachverhalt schildert der Fallschirmjäger-General Simone Baschiera in seinem 2006 erschienenen Buch „ Sul filo della memoria: Alto Adige – Südtirol 1966 – 1971. Il Battaglione Sabotatori Paracadutisti nel Reparto Speciale“.
Wie Baschiera berichtet, besaßen die als Minenleger und Fallschirmspringer ausgebildeten Männer des „Reparto Speciale“ einen „professionellen background nichtkonventioneller Kriegsführung und des Guerrilla-Krieges und eine spezielle Ausbildung in Bezug auf Explosivstoffe und detonierende Minenfallen“
Warnung vor vorschnellen Schuldzuweisungen
Der Südtiroler Heimatbund (SHB) begrüßt das Gedenken an die am 25. Juni 1967 angeblich auf der Porzescharte zu Tode gekommenen „Sabotatori“ des „Reparto Speciale“. Auch sie waren Opfer einer jahrzehntelangen verfehlten italienischen Staatspolitik.
Der „Südtiroler Heimatbund“ warnt aber vor Schuldzuweisungen an die Südtiroler Freiheitskämpfer. Bereits damals hatten erhebliche Zweifel daran bestanden, dass die Männer des „Reparto Speciale“ überhaupt auf der Porzescharte zu Tode gekommen seien. Unter der einheimischen Bevölkerung hieß es, dass die Verunglückten Opfer einer verunglückten Minen-Sprengausbildung gewesen seien und dass man aus politischen Gründen nachträglich einen „Tatort“ auf der Porzescharte konstruiert hätte. Im Jahr 2013 hat eine in Buchform erschienene Studie des an der Landesverteidigungsakademie (LVA) Wien tätigen Militärhistorikers Oberst Dr. Hubert Speckner mit dem Namen „Zwischen Porze und Roßkarspitz … Der ,Vorfall‘ vom 25. Juni 1967 in den österreichischen sicherheitsdienstlichen Akten“ belegt, dass die von italienischer Seite beschuldigten Österreicher Kienesberger, Dr. Hartung und Kufner nicht die Täter gewesen sein konnten. Auch die Zweifel an dem „Tatort“ waren aufgrund amtlicher österreichischer und italienischer Dokumente nicht beseitigt, sondern verstärkt worden.
Neue Enthüllungen stehen bevor – man darf gespannt sein!
Wie man nun aus Wien hört, teilt SHB-Obmann Roland Lang mit, soll noch in diesem Jahr eine neue Fachstudie zu diesem Thema mit wahrscheinlich Aufsehen erregenden Ergebnissen vorgestellt werden. An dieser Untersuchung haben Militärs, Alpinisten und Sprengsachverständige mitgewirkt. Man darf auf die Präsentation gespannt sein, erklärt der Obmann des Südtiroler Heimatbundes, Roland Lang, abschließend.
70 Jahre „Pariser Vertrag“
Titelbild einer Flugschrift der Tiroler Landesregierung aus dem Jahre 1945
Zu diesem Thema dürfen wir einen Beitrag aus der Feder eines österreichisch-deutschen Publizisten veröffentlichen, der ein ausgezeichneter Fachmann auf dem Sachgebiet Südtirol ist.
„Magna Charta“ für oder „Verrat“ an Südtirol ?
Wie es vor 70 Jahren in Paris zum Gruber-DeGasperi-Abkommen kam
Von Reynke de Vos
Ein für Tiroler vornehmlich südlich des Brenners mit Genugtuung und Freude, aber auch mit Leid, Schmerz und Verzicht verbundener Gedenktag hat seine Schatten voraus geworfen. Mit feierlichem Brimborium begeht man am 5. September den 70. Jahrestag des Gruber-DeGasperi-Abkommens. Schloß Sigmundskron, die festlich herausgeputzte Lokalität im Überetsch-Gebiet, auf der die im Gefolge des österreichischen Außenministers Sebastian Kurz und seines italienischen Pendants Paolo Gentiloni zusammenkommenden einschlägigen Vertreter der politischen Klasse aus Wien und Rom sowie Innsbruck, Bozen und Trient einander in gutnachbarlicher Beweihräucherung übertreffen werden, könnte symbolträchtiger kaum sein.
DeGasperis Finte und „Los von Trient“
Wo Bergsteigerlegende Reinhold Messner unter tatkräftigem Mittun des vormaligen Südtiroler Landeshauptmanns Luis Durnwalder einen von insgesamt sechs Standorten seines zugegebenermaßen imposanten „MMM“ (Messner Mountain Museum) einrichtete, damit die örtliche Firnis enthistorisierte und also ihrer Wirkkraft entkleidete, hatte weiland Silvius Magnago, der legendäre „Vater des Südtirol-Pakets“, im fernen Jahre 1957 vor 35 000 Kundgebungsteilnehmern das „Los von Trient“ propagiert. Warum „Los von Trient“? Weil der italienische Ministerpräsident Alcide DeGasperi die Gültigkeit jener zwischen ihm und dem österreichischen Außenminister Karl Gruber am 5. September 1946 in Paris im Rahmen der Friedenskonferenz unterzeichneten vertraglichen Autonomie-Regelung, welche eigentlich zum Schutz der Südtiroler bestimmt sein sollte, fintenreich der aus den Provinzen Bozen-Südtirol und Trient gebildeten Region zugeordnet hatte. In besagter Region Trentino-Alto Adige überwog das ethnische italienische Bevölkerungselement bei weitem, sodass die – vom „demokratischen Italien“ bis in die 1960er Jahre ohnedies wie ein Kolonialvolk behandelten Südtiroler österreichischer Volkszugehörigkeit und deutscher sowie ladinischer Ethnizität und Zunge politisch, gesellschaftlich, wirtschaftlich, sozial und kulturell majorisiert wurden.
Bei aller Wertschätzung für das von der damaligen Lage bestimmte besonnene Handeln des „Realpolitikers“ sei festgehalten: Magnagos „Los von Trient“ – und eben nicht das „Los von Rom“, was damals mutmaßlich Wille von 90 Prozent der Südtiroler Bevölkerung und annähernd 100 Prozent des altösterreichisch-deutschen Anteils gewesen sein dürfte – bedeutete faktisch das Einschlagen eines Weges, den die Südtiroler Volkspartei (SVP) unter seiner und seiner Nachfolger Führung fortan unbeirrt weiterbeschritt. Faktisch hat sie sich seitdem nämlich sukzessive von einer Festlegung verabschiedet, unter der sie am 8. Mai 1945 gegründet wurde. Im SVP-Parteistatut ist nämlich für die Südtiroler als Ziel die (Ausübung des) Selbstbestimmung(srechts) fixiert.
Im Pariser Vorort Saint-Germain-en-Laye, wo man 1919 Österreich ein Friedensdiktat auferlegte, aufgrund dessen Südtirol an Italien fiel, war die Selbstbestimmung entgegen dem Vorhaben des amerikanischen Präsidenten Wilson ebenso verweigert worden wie von den alliierten Siegermächten aufs Neue nach Ende des Zweiten Weltkriegs, wofür das Abkommen vom 5. September 1946 als eine Art „Ersatzlösung“ galt.
Umstrittenes Abkommen
Das Abkommen und die Folgen, die es hervorrief, ist unter Parteien zwischen Wien, Innsbruck und Bozen je nach politischer Couleur respektive „regierender“ oder „opponierender“ Stellung wie unter Historikern und deren jeweiligem „erkenntnisleitenden Interesse“ höchst umstritten. Die auf Sigmundskron Champagnisierenden werden Elogen auf diese angebliche „Magna Charta für Südtirol“ anstimmen. Eine unlängst der (SVP-nahen) Tageszeitung „Dolomiten“ beiliegende Broschüre des Titels „70 Jahre Pariser Vertrag“, welche die nicht zur Jubelstimmung passenden, weil konterkarierenden „ewiggestrigen“ Kapitel des Südtiroler Freiheitskampfes gänzlich ausblendet, stimmte darauf bereits ein. Für andere war und ist der Vertrag – wie für Bruno Kreisky, der einst als Wiener Außenminister die Südtirol-Frage vor die Vereinten Nationen (UN) trug – ein „einmaliges Dokument österreichischer Schwäche“; gleichwohl haben sie sich damit arrangiert. Wieder andere jedoch eracht(et)en neben Inhalt und Folgen des Vertrags vor allem dessen Zustandekommen als „Verrat an den Südtirolern“.
Wie war es dazu gekommen? Laut einem Bericht der „Neuen Zürcher Zeitung“ ließ DeGasperis Büro am 24. August 1945 verlauten, man werde dem Aostatal und der dortigen mehrheitlich ethnischen französischen Bevölkerung „die vollständige sprachliche Gleichberechtigung“ sowie „eine großzügige, neuartige administrative Dezentralisierung in allen örtlichen Angelegenheiten gewähren“. Die italienische Regierung beabsichtige zudem, „Maßnahmen für die östlichen und nördlichen Grenzgebiete nach dem Vorbild der dem Aostatal gewährten Autonomie auszuarbeiten und zu diesem Zweck mit den Vertretern der Bevölkerung und der örtlichen Interessen Fühlung zu nehmen“.
„Wiederherstellung der Freiheit für Südtirol“
Das dürfte den Vertretern der alliierten Siegermächte im „Rat der Außenminister“ – einer aus der Konferenz von Potsdam hervorgegangenen Einrichtung – gerade rechtgekommen sein und bereits als Signal für die Londoner Außenministerkonferenz (11. September bis 2. Oktober 1945) genügt haben, um Grubers Ersuchen rundheraus abzulehnen. Der Tiroler Landeshauptmann und Außenamtsstaatssekretär in der provisorischen Regierung unter Staatskanzler Karl Renner hatte in gleichlautenden Telegrammen an den amerikanischen Präsidenten Harry S. Truman und dessen Außenminister James F. Byrnes, an den britischen Außenminister Ernest Bevin, an Charles de Gaulle, Chef der provisorischen Regierung Frankreichs und dessen Außenminister Georges Bidault sowie an den sowjetischen Generalissmus Iossif Stalin und dessen Außenminister Wjatscheslaw Molotow um „die Wiederherstellung der Freiheit für Südtirol“ sowie „Vorbereitung einer Volksabstimmung“ zwischen Brenner und Salurner Klause und um „Zulassung einer österreichischen Delegation zu den Verhandlungen“ ersucht.
In Innsbruck sprachen Gruber und sein kurzzeitiges Regierungsmitglied Eduard Reut-Nicolussi auf einer Großkundgebung vor mehr als 40 000 Menschen am 4. September 1945; in der verabschiedeten Resolution wurde die Rückkehr des südlichen Landesteils zu Tirol und Österreich gefordert. General Marie-Emil Béthouart, Kommandeur der französischen Besatzungstruppen, ließ seine Sympathie dafür offen erkennen. Am 28. September erreichte ihn allerdings ein Exposé des Quai d’Orsay, worin es hieß, wegen „der ungewissen Zukunft Österreichs angesichts einer dauerhaften sowjetischen Besatzungszone“ sei „eine Rückgabe Südtirols aus strategischen Gründen sehr gefährlich“, denn damit drohe eine „Ausbreitung der sowjetischen Einflussnahme bis zur Po-Ebene.
Wien: Selbstbestimmung und Rückgliederung
Derweil legte sich die provisorische österreichische Regierung Renner am 5. September per Kabinettsratsbeschluss auf die Forderung nach Selbstbestimmung für Südtirol fest. Sie richtete ein Memorandum an die Londoner Außenministerkonferenz, in welchem sie die „Rückgliederung Südtirols“ forderte.
In London, wo es seit 11. September primär um die Behandlung des Friedenschlusses mit Italien sowie um Friedensverträge mit Rumänien, Bulgarien, Ungarn und Finnland ging, vereitelte der Brite Bevin den Vorschlag des Amerikaners Byrnes nach einschränkungsfreier Anhörung Wiens zur österreichisch-italienischen Grenze sowie Entsendung einer Untersuchungskommission. Schon am 14. September legten sich die Außenminister auf die Beibehaltung der Brennergrenze fest, wobei Byrnes eine Zusatzformel im Hinblick auf territoriale Regelungen einbrachte, in der es hieß: „Die Grenze mit Österreich wird unverändert bleiben, mit der Ausnahme, jeden Fall zu hören, den Österreich für kleinere Grenzberichtigungen zu seinen Gunsten vorbringt“.
Von alldem wusste man jedoch weder in Wien und Innsbruck noch in Bozen etwas. In Wien überreichte die Regierung Renner am 12. September dem Alliierten Rat ein „Memorandum über die Rückgliederung Südtirols an Österreich“, worin sie darum ersuchte, es möge „eine über die Zugehörigkeit dieses Gebietes endgültig entscheidende, freie Volksabstimmung angeordnet“ werden. Auf zwei Kundgebungen in Anwesenheit Renners sowie führender Vertreter der von den Besatzungsmächten zugelassenen Parteien (ÖVP, SPÖ, KPÖ) wurden am 3. und am 14. Oktober Resolutionen für die Rückkehr Südtirols verabschiedet; am 5. November überreichte die Regierung dem Alliierten Rat zur Weiterleitung an die jeweiligen Regierungen ein weiteres Memorandums zur Südtirol-Frage.
Rom täuscht
Derweil bemühte sich Italien um die Forcierung seiner Interessen und Ziele. Dem auf Täuschung zielenden „Beweis guten Willens“ unter Hinweis DeGasperis auf das Aostatal diente das am 27. Oktober erlassene Gesetzesdekret 755, mit dem „deutsche Schulen in Südtirol genehmigt“ wurden. Am 4. November sprach er in Mailand von der „Notwendigkeit der Brennergrenze für die Entwicklung und Verteidigung Italiens“.
Zur österreichischen Forderung nach einer Volksabstimmung in Südtirol hieß es in einer von italienischen Presseorganen am 20. November wiedergegebenen Verlautbarung aus Rom: „Es gibt überhaupt keine Südtiroler Frage. Alles, was sich auf Südtirol bezieht, ist eine inneritalienische Angelegenheit, die Italien in versöhnlichem Geiste lösen will.“ Und in einem am 7. Dezember in der in Bozen erscheinenden Zeitung „Alto Adige“ veröffentlichten „Offenen Brief“ des Präfekten Bruno De Angelis, eines vormaligen Faschisten, an die SVP-Führung hieß es, die italienische Regierung sei der Auffassung, dass die Südtirolfrage mittels Erlass eines Autonomiegesetztes gelöst werden sollte.
Gruber, nach der infolge Nationalratswahl vom 25. November (ÖVP 85, SPÖ 76, KPÖ 4 Sitze) gebildeten ersten regulären Regierung unter Kanzler Leopold Figl (ÖVP) nunmehr auch formell Außenminister schlug daraufhin vor, die offenen wirtschaftlichen Fragen bezüglich Südtirol „durch eine österreichisch-italienische Treuhandgesellschaft klären und lösen zu lassen“.
DeGasperi erklärte indes nach einer Kabinettssitzung am 14. Dezember, es werde eine „Kommission zur Ausarbeitung einer Verwaltungsautonomie für Südtirol“ gebildet, „die aus Vertretern beider Nationalitäten zusammengesetzt sein“ solle. Zwei Wochen später ließ er verlauten, die Provinz Alto Adige gehöre zur „geographischen Einheit Italiens“. Und: „Die Grenzen eines Staates mit 45 Millionen Einwohnern können nicht durch unbedeutende Minderheiten entschieden werden, die noch dazu zum Großteil Nazi-Anhänger waren und vor und nach dem Kriege Hitler halfen.“ Sozusagen als Kontrapunkt zur österreichischen Note an den Alliierten Rat richtete er zu Jahresbeginn 1946 an die Botschafter der Alliierten in Rom eine Note, in welcher er am Verbleib Südtirols bei Italien festhielt, zumal es „unentbehrliches Hinterland für die Industrie der Po-Ebene“ sei.
Gruber ließ daraufhin am 21. Januar 1946 dem Alliierten Rat ein Memorandum zukommen, worin er für den Fall der Rückgliederung Südtirols anbot: Verbleib der Wasserkräfte bei Italien und deren Nutzung durch österreichisch-italienische Gesellschaften; freie Wahl der Staatsbürgerschaft für die in Südtirol lebenden Italiener bei privilegierten Sonderstatus hinsichtlich Sprache und Kultur; Unterstellung Südtirols unter UN-Schutz der Vereinten Nationen; Gewährung einer Freihafenzone für Italien an der Donau. Daraufhin bekundete William B. Mack, Vertreter des britischen Foreign Office in Wien – London hatte ihn zwei Wochen zuvor bereits wissen lassen, es bestünden keine Einwände, die österreichische Regierung über die „provisorische Entscheidung“ zu informieren, dass Südtirol „mit Ausnahme kleinerer Grenzänderungen“ nicht zu Österreich zurückgelangen werde – Grubers Memorandum sei „ein großzügiger und staatsmännischer Beitrag zur Lösung des Problems“.
Bevin: Italien wichtiger als Österreich
Wiewohl im britischen Oberhaus Sympathie für eine Rückgliederung Südtirols an Österreich vorherrschte, ließ Außenminister Bevin im Unterhaus keinen Zweifel daran, dass wegen der Entwicklung hin zum „Eisernen Vorhang“, der sich, wie Winston Churchill in einer Rede dargelegt hatte, „von der Ostsee bis Triest über Europa gelegt“ habe, Italien für den Westen wichtiger sei als Österreich. Daher könne es bis auf kleinere Berichtigungen keine Grenzänderungen geben. Weder die an Kanzler Leopold Figl am 22. April in Innsbruck während einer Großkundgebung übergebenen und später nach Paris weitergereichten 155 000 Unterschriften von Südtirolern für die Wiedervereinigung Tirols noch die Forderung nach Gewährung der Selbstbestimmung, wie sie auf Kundgebungen – trotz diverser Behinderung durch italienische Stellen – in Innichen, Brixen, Bozen und Meran erhoben worden waren, konnten die Alliierten dazu bringen, wenigstens eine – selbst auch vom Amerikaner Byrnes ins Spiel gebrachte, aber von Molotow abgelehnte – Kommission zur Ergründung der Verhältnisse zu entsenden.
Auch Grubers im Auftrag Figls an die Alliierten gerichtete Bitte um Anhörung einer österreichischen Delegation blieb unbeantwortet. Derweil passte die von Nicolò Carandini, dem Botschafter in London, vorgebrachte Bekundung, wonach Italien eine „liberale und demokratische Politik betreiben“ und „lokale Autonomien“ wie im Falle Aosta installieren werde, eher zu den Plänen der Siegermächte, vornehmlich der westlichen.
Ablehnung der „Bozen-“ und der „Pustertal-Lösung“
Wiewohl er – ebenso wie die Regierung Figl – offiziell für Selbstbestimmung und Rückgliederung des ganzen südlichen Tiroler Landesteils eintrat, überreichte Gruber offenbar unter dem Eindruck, der Inhalt könne unter dem Rubrum „kleinere Grenzberichtigungen“ Wirkung entfalten, am 12. April ein geheimes, namentlich nicht gezeichnetes Memorandum an Mack. Im Wesentlichen sollte gemäß dem darin enthaltenen Vorschlag Südtirol einschließlich der Stadt Bozen – aber ohne deren während des Faschismus aus dem Boden gestampfter Industriezone und erheblichen Teilen des Südtiroler Unterlands – zu Österreich kommen. Doch dies fand ebensowenig Gehör wie seine später – formell in eine Regierungsnote gekleidete – angebotene „Pustertal-Lösung“. Sie sah dessen Rückgliederung vor, womit die direkte Verbindung Nordtirols mit (dem wegen des Grenzverlaufs abgetrennten) Osttirol möglich geworden wäre; wiewohl Mack bekundet hatte, Bevin sei bereit, Österreich zu unterstützen, sofern es Anspruch auf das Pustertal erhebe.
Am 11. Mai hatte Norbert Bischoff, Österreichs Gesandter in Paris, im Auftrag der Bundesregierung eine an die tagende Vier-Mächte-Außenministerkonferenz gerichtete Note übergeben, in der die Rückgliederung des Pustertals, des oberen Eisacktales und der Stadt Brixen als „kleinere Grenzberichtigung“ mit der Begründung der Wiederherstellung einer direkten Eisenbahnverbindung zwischen Nord- und Osttirol verlangt wurde. Am 30. April bestätigten Bidault, Byrnes, Bevin und Molotow jedoch den schon am 14. September 1945 gefassten Beschluss, „keine größeren Grenzveränderungen zwischen Österreich und Italien vorzunehmen“. Und am 1. Mai bekräftigten sie die damalige Festlegung, wonach Südtirol bei Italien bleibe und das von der Regierung in Wien sowie in mehreren auf Kundgebungen beschlossenen Resolutionen geforderte Plebiszit abgelehnt werde.
Massive Vorbehalte gegen Grubers Politik
Die Bekanntgabe bewirkte in Tirol einen allgemeinen fünfstündigen Proteststreik sowie Demonstrationen, auch in Bozen, Meran und Brixen kam es zu Protestkundgebungen. Sämtliche Glocken Tirols läuteten zum Zeichen der Trauer. In Wien demonstrierten mehr als 100 000 Menschen für die Selbstbestimmung der Südtiroler und die Rückkehr des Landesteils zu Österreich.
Derweil klammerte man sich in Südtirol an die auch von der Veröffentlichung einer Stellungnahme des Kanonikus Michael Gamper im „Volksboten“ (2. Mai) und in den „Dolomiten“ (3. Mai) genährte Hoffnung, wonach in der Festlegung der Außenministerkonferenz lediglich eine „Vorentscheidung“ zu sehen und „keineswegs das letzte Wort über Südtirol“ gesprochen sei. Auch die persönliche Vorsprache Grubers bei Bevin – aufgrund erstmaliger Einladung nach Paris und Weiterreise nach London – änderte daran kein Jota. Ins Leere ging auch sein unterdessen bekanntgewordener und von der gesamten österreichischen Regierung mittels formellen Verlangens gebilligter Vorstoß in Sachen Pustertal-Lösung – bei Aufrechterhaltung eines Rechtsvorbehalts auf Südtirol als Ganzes.
Woraufhin in einer Besprechung von Vertretern Nord- und Südtirols am 10. Juni in Innsbruck massive Vorbehalte gegen die Politik des Außenministers zum Ausdruck kamen und der stellvertretende Landesregierungschef Franz Hüttenberger (SPÖ) „den für Österreichs Außenpolitik verantwortlichen Männern“ vorwarf, sie hätten „in der Behandlung des Problems Ungeschicklichkeiten begangen, welche die gerechte Sache Südtirols ungünstig beeinflussen“. In der zwischen 15. Juni und 12. Juli zu Paris fortgesetzten Vier Mächte-Außenministerkonferenz wurde Österreichs Anspruch auf Südtirol neuerdings abgelehnt.
Im Unterhaus Protest der Konservativen gegen Bevin
Im britischen Unterhaus protestierten derweil 150 Abgeordnete (vornehmlich der Konservativen) formell gegen die Entscheidung der Außenministerkonferenz in Paris über die Belassung Südtirols bei Italien. In der Erklärung hieß es, die Abtrennung Südtirols von Österreich im Friedensvertrag von Saint Germain sei „die ernsthafteste Verletzung des von Wilson aufgestellten Grundprinzips der Selbstbestimmung der Völker gewesen“. Labour-Premier Bevin antwortete auf die enthaltene Frage, ob „Großbritannien den schmutzigen Schacher, den der Berliner Pakt zwischen Hitler und Mussolini über Südtirol dargestellte, unterschreiben wolle“, Österreich sei noch nicht frei, und man wisse nicht einmal, ob Ostösterreich nicht vom Westen ganz abgeschnitten werde. Die Entscheidung über Südtirol sei im September 1945 in London gefallen, und er habe sich einverstanden erklärt und trage dafür die Verantwortung.
Gruber kontaktiert DeGasperi
Wenngleich die SVP in einem Telegramm vom 17. Juli an das britische Oberhaus den Anspruch auf Selbstbestimmung erhob und bat, die Südtiroler dabei zu unterstützen, erklärten ihr Obmann Erich Amonn und ihr Generalsekretär Josef Raffeiner gegenüber dem Bozner Präfekten Silvio Innocenti zur Mitarbeit in der Autonomiefrage bereit. Beide dementierten allerdings später Vorhaltungen, wonach sie sich mit dessen – auf Anweisung DeGasperis – ausgearbeitetem (und letztlich zum Tragen gekommenem) Autonomieprojekt (Südtirol zusammen mit dem Trentino) einverstanden erklärt gehabt hätten, wie es Innocenti und De Gasperi in der Öffentlichkeit darstellten. Gruber ließ indes DeGasperi über den iatlienischen Botschaftssekretär Roberto Gaja wissen, er sei zu einem „Gespräch über freundschaftliche Beziehungen und der Zusammenarbeit“ bereit, woraufhin DeGasperi am 20. Juli via Gaja mitteilen ließ, dass er dazu bereit sei, wenn territoriale Fragen nicht zur Diskussion stünden.
Die Pariser Friedenskonferenz
Im Pariser Palais Luxembourg begann am 15. Juli die Friedenskonferenz; sie dauerte bis 15. Oktober 1946. Der Konferenz lagen die Entwürfe des Rates der Außenminister der Großen Vier respektive der von ihnen beauftragten Stellvertreter zu den Friedensverträgen mit Italien, Finnland, Bulgarien, Rumänien und Ungarn sowie noch nicht geklärte Fragen vor. Den insgesamt 21 Delegationen wurden vier Südtirol-Memoranden unterbreitet, in denen eine Volksabstimmung über dessen Zukunft verlangt wurde: von der österreichischen Bundesregierung; ein vom SVP-Obmann Ammon und dem Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Südtirols, Lorenz Unterkircher sowie vier Südtiroler Mitgliedern des letzten gewählten italienischen Parlaments und sieben Mitgliedern des letzten gewählten Südtiroler Landtags unterzeichnetes; ein drittes von Vertretern der Ladiner; schließlich das vierte vom Brixner Fürstbischof Johannes Geisler. Die SVP hatte einer – offiziell nicht zugelassenen – Südtiroler Delegation (Friedl Volgger, Otto von Guggenberg und Hans Schoefl) als Vorgabe aufgetragen: Falls kein Plebiszit durchsetzbar sei, möge man entweder auf eine „Liechtenstein-Lösung“ oder auf ein „Südtirol unter internationaler Kontrolle“ oder auf eine „Autonomie“ (allerdings nur unter den Bedingungen einer internationalen Garantie und ausschließlich für die Provinz Bozen) hinwirken.
Auftritte DeGasperis und Grubers
De Gasperi trat am 10. August vor die Friedenskonferenz und erklärte, hinsichtlich des „Alto Adige“ werde eine „weitreichende Autonomie vorbereitet“, und die Vertreter Südtirols hätten einer „Regionalautonomie bereits zugestimmt.“ Nach dem Beschluss zur Anhörung Österreichs – wogegen die Sowjetunion, Weißrussland, die Ukraine, Polen, Jugoslawien und die Tschechoslowakei stimmten – reiste Gruber nach Paris und vertrat am 21. August in seiner (zusammen mit Figl ausgearbeiteten) Rede vor der Vollversammlung der Konferenz den bekannten Standpunkt Wiens. Auch das am 25. August der Konferenz vorgelegte Südtirol-Memorandum Österreichs führte letztlich nicht zu einer Änderung der Alliierten-Position, Südtirol bei Italien zu belassen.
Es ging nurmehr um eine Autonomie-Lösung
Im weiteren Fortgang der Ereignisse stand infolgedessen nurmehr die Autonomie-Frage im Mittelpunkt aller Überlegungen. Nach einer Unterredung Grubers mit den Delegierten Belgiens, die ihm nahelegt hatten, sich um eine direkten Einigung mit Italien zu bemühen, sowie Gesprächen mit Nicolò Carandini (italienischer Botschafter In London und Sonderbeauftragter für Paris) sowie Frankreichs Außenminister Bidault verlangte Gruber von den Südtiroler Delegierten am 23. August, sie sollten ihm ihre Autonomie-Vorstellungen unterbreiten. Volgger, von Guggenberg und Schoefl brachten am 26. August ihr Missfallen zum Ausdruck, dass in dem von Gruber dem Generalsekretariat der Friedenskonferenz überreichten neuen Memorandum der österreichischen Regierung lediglich „eine Verwaltungsautonomie, wie sie Italien den Aostanern gewährt“, verlangt worden sei. Damit habe Gruber „vorzeitig alle Karten aufgedeckt“, und es werde „offenkundig, wie weit nachzugeben die österreichische Regierung bereit“ sei. Das Heranziehen der Aostatal-Autonomie als Muster kritisierten sie als „verunglückt und gefährlich“.
Dessen ungeachtet deutete Gruber gegenüber Carandini die Bereitschaft an, Innocentis Vorschläge zur Grundlage für die Autonomie zu machen; dies allerdings nur unter der Bedingung, dass sie in einigen Punkten modifiziert würden. Doch auf die von Österreich gewünschte „eindeutige territoriale Abgrenzung des autonomen Gebiets“ ließ sich DeGasperi gar nicht erst ein.
Als Carandini mit dessen unveränderlichen Instruktionen am 1. September nach Paris zurückgekehrt war, kam es zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Gruber und der Südtiroler Delegation. Diese nannte den Vorschlag Carandinis (und somit DeGasperis) ungenügend und wies ihn glatt zurück.
Vertrag ohne klare Geltungsfestlegung
Nachdem Gruber die Bereitschaft bekundet hatte, die Frage der Nennung des territorialen Geltungsbereichs der Autonomie offenzulassen und keine Formel zu verlangen, die das autonome Gebiet unbedingt auf die Provinz Bozen beschränkte und Carandini sozusagen absichtsverschleiernd zusagte, nicht direkt auf die Vereinigung der beiden Provinzen hinzuweisen, war der Weg für die Unterzeichnung der Vereinbarung zwischen Alcide DeGasperi und Karl Gruber am 5. September 1946 in der italienischen Gesandtschaft zu Paris geebnet. Just die von ihm reklamierte und von Gruber zugestandene Unbestimmtheit der territorialen Geltung nutzte DeGasperi – wider sein Versprechen, die Südtiroler vor Änderungen zu hören – schamlos zugunsten der erst noch zu schaffenden Region Trentino-Alto Adige (Autonomiestatut vom 29. Januar; inkraftgetreten am 14. März 1948) aus. Weshalb das Abkommen in der Folge für fortdauerndes Misstrauen und absolut gerechtfertigte Auflehnung in Südtirol sorgte.
Erst nach zahlreichen Anschlägen, Kreiskys UN-Vorstoß 1960, welchem in den „Bomben-Jahren“ Leid und Tod, massive Vergeltungsmaßnahmen und Menschenrechtsverletzungen von Seiten Italiens folgten, kam es nach langwierigen, zähen Verhandlungen im Dreieck Wien-Bozen-Rom zum Autonomie-Paket von 1969, welches ins Zweite Statut von 1972 mündete. Und aufgrund römischen Finassierens sollte es schließlich weitere zwanzig Jahre dauern, bis am 11. Juni 1992 mit der österreichisch-italienischen Streitbeilegungserklärung vor den UN der Südtirol-Konflikt im völkerrechtlichen Sinne für beendet erachtet werden konnte. Das und die durchaus positive Entwicklung Südtirols – vor allem auf wirtschaftlichem Gebiet – ändert nichts daran, dass die größte Ungerechtigkeit gegenüber den Südtirolern seit 1918/19 fortbesteht, solange ihnen nicht Gelegenheit zur Ausübung des Selbstbestimmungsrechts gegeben ist.
Unter Historikern ist man sich zwar weitgehend einig, dass die Selbstbestimmung 1946 aufgrund der damaligen Lage und den sich herausbildenden Interessengegensätzen nicht erreichbar war. Es darf aber auch durchaus als Opinio communis gelten, was Michael Gehler (Hildesheim, früher Innsbruck) aufgrund seiner Forschungsergebnisse gegenüber einer Zeitung einmal so ausdrückte: Es wäre mehr zu holen gewesen, „Gruber hat sich viel zu schnell auf Kompromisse eingelassen; bei einer besseren Verhandlungsführung wäre durch die unablässige Forderung nach einer Volksabstimmung eine echte Autonomie im Sinne einer inneren Selbstbestimmung möglich gewesen.“
Eine „echte Autonomie“ kann die existierende, von der Rom immer wieder Scheibchen abschnitt, kaum genannt werden. Und wenn die Südtiroler nicht aufpassen, führt der von der „ewigen Regierungspartei“ SVP auf Wunsch ihres italienischen Koalitionspartners PD (Partito Democratico) eingesetzte Autonomie-Konvent – sozusagen als „Erfüllungsgehilfe“ der von der Regierung Renzi (PD) vorangetriebenen, auf Stärkung des Zentralstaats hinauslaufende Verfassungsreform – hinter die mühsam erkämpften Errungenschaften des Zweiten Statuts von 1972 zurück. Horribile dictu!
Der Pariser Vertrag und seine Folgen
Südtirol war 1946 ein Opfer des ausgebrochenen „Kalten Krieges“ zwischen der Sowjetunion und den Westmächten geworden.
Am 5. September 1945 hatte der österreichische Außenminister Dr. Karl Gruber (ÖVP) überhastet den unzulänglichen „Pariser Vertrag“ unterschrieben, um das Südtirol-Problem vom Hals zu haben. Gruber war vordem für die Rückkehr Südtirols zu Österreich eingetreten.
Nun aber hatten ihn die Amerikaner und Engländer zu einer „Lösung“ gedrängt, die ihnen die Freundschaft zu Italien mit seiner strategisch wichtigen Position im Mittelmeer sichern sollte.
Der Vertrag umfasste lediglich 40 Zeilen und bestand aus allgemein gehaltenen Absichtserklärungen, die schön klangen, Italien aber in wichtigen Fragen rechtlich kaum banden.
Rom nützte in den folgenden Jahren und Jahrzehnten diesen Spielraum immer mehr zum Nachteil der Südtiroler aus, bis die Verhältnisse in Südtirol unerträglich geworden waren und die Ereignisse eskalierten.
Der Südtiroler Freiheitskampf brachte in den 1960er Jahren die Wende, er brachte aber auch Folter, Tod und Leid mit sich.
Elmar Thaler, der Landeskommandant des „Südtiroler Schützenbundes“, veröffentlichte auf der Internetseite der Schützen eine kritische Stellungnahme zu dem Pariser Vertrag und dessen Folgen, die nachstehend wiedergegeben ist:
70 Jahre Pariser Vertrag laden zum Gedenken, nicht zum Feiern ein
02. September 2016
BOZEN – Der Südtiroler Schützenbund erinnert daran, dass der 70. Jahrestag des als „Pariser Vertrag“ bekannten Gruber-Degasperi-Abkommens zwar für unsere Heimat Südtirol ein wichtiger Gedenktag, aber keinesfalls ein Freudentag sein kann.
Man sollte sich diesen Gedenktagen mit der historischen Sensibilität nähern, die solch komplexen und umstrittenen Ereignissen gerecht wird“, so Landeskommandant Elmar Thaler. „Unbestritten ist sicherlich, dass der Pariser Vertrag als völkerrechtliche Grundlage der Südtirol-Autonomie sehr wichtig ist: die Schutzmachfunktion Österreichs und die Grundpfeiler der Autonomie wie der ethnische Proporz, der muttersprachliche Unterricht und vieles mehr gründen darauf.
Allerdings darf auch nicht vergessen werden, dass der Pariser Vertrag nur ein bescheidenes Trostpflaster für die verwehrte Selbstbestimmung war, die uns Südtirolern damals wie heute zusteht. Auch der vielzitierte „europäische Geist“ kann kaum in den Pariser Vertrag reininterpretiert werden: ein europäisches Handeln hätte geboten, dass die Südtiroler frei und demokratisch über ihre Zugehörigkeit zu Italien oder die Wiedervereinigung mit dem Vaterland Österreich abstimmen dürfen. Dieses Recht wird uns bis heute verwehrt und kann auch durch den Pariser Vertrag nicht als erloschen gelten.
In dieser Hinsicht wäre eine klare Stellungnahme der politischen Verantwortungsträger Südtirols wünschenswert und notwendig“, so Thaler. Der Schützenbund sieht auch die unkritische Verklärung Alcide Degasperis kritisch: „Die von einigen italienischen Medien dauernd propagierte, politische „Heiligsprechung“ Degasperis aufgrund seiner Rolle bei der Ausarbeitung des Pariser Vertrages ist völlig haltlos.
Degasperi war es, der den Pariser Vertrag nachfolgend mit voller Absicht ad absurdum geführt hat, indem er uns Südtirolern mit der Region ein Korsett aufzwang, in dem wir als deutsche und ladinische Volksgruppe unweigerlich untergegangen wären, hätte es nicht die mutigen Männer des Südtiroler Freiheitskampfes der 1960er Jahre gegeben“, so Thaler weiter.
Völlig absurd wird es schließlich, wenn der Pariser Vertrag als weltweit nachahmenswertes Modell gepriesen wird: nicht nur in autonomiepolitischer Hinsicht gibt es zuhauf Beispiele von Regionen, die wesentlich besser gestellt sind als Südtirol. Ebensowenig taugt der Pariser Vertrag als „Ende der Geschichte“ für Südtirol: die Zukunft unserer Heimat soll alleine von den Südtirolern geschrieben werden, die als mündige und freie Bürger darüber entscheiden sollen, welchem Staat sie in Zukunft angehören wollen. Dies sollte eine demokratische Selbstverständlichkeit sein“, so Thaler.
Zudem stellt der Schützenbund die Frage nach der Zukunftsfähigkeit des Pariser Vertrages, gerade vor dem Hintergrund aktuellster Ereignisse: „Wir würden es sehr begrüßen, wenn bei den von der Landesregierung groß propagierten Feierlichkeiten auf Sigmundskron nicht nur eine historisch unhaltbare Verklärung des Pariser Vertrages stattfinden würde, sondern dass auch Fragen nach der Zukunftsfähigkeit dieses Modells beantwortet bzw. weiterreichende Nachfolgemodelle ausgearbeitet werden sollten: welche Rolle spielt der Pariser Vertrag denn noch in einem Italien, das sich eine strikt zentralistische Verfassung geben möchte?“
Wie begründen unsere Regierungsverantwortlichen die Zustimmung zu dieser Zentralisierung, die für Südtirol auch gefährlich werden kann? Wie möchte man verhindern, dass durch diese Verfassungsreform Südtirol nicht hinter den Minimalschutz fällt, den der Pariser Vertrag garantiert? Wie fügt sich eine Schutzklausel, die von manchen namhaften Experten durchaus auch als unzureichend und als rein innerstaatlichem Recht unterworfen charakterisiert wird, in den internationalen Rahmen unserer Autonomie? Wie möchte man garantieren, dass die angestrebte Überarbeitung des Autonomiestatutes eine internationale Absicherung erhält? Wie steht man zu jenen Forderungen, die lautstark immer wieder die Abschaffung der Grundsäulen des Pariser Vertrages wie den ethnischen Proporz oder das muttersprachliche Prinzip im Schulwesen zum Inhalt haben?
Bevor man ein Vertragswerk kritiklos verklärt, das als solches schon 1946 vor allem Enttäuschung und Verbitterung zur Folge hatte, wären diese Fragen zu klären“, so Thaler der abschließend fordert, nicht in der Vergangenheit zu verharren sondern Zukunftsmodelle zu entwickeln, die Südtirol aus den omnipräsenten Klauen des italienischen Staates befreit.
Roland Lang, der Obmann des von ehemaligen politischen Häftlingen und Südtiroler Freiheitskämpfern gegründeten „Südtiroler Heimatbundes“, nimmt zu dem umstrittenen „Pariser Vertrag“ von 1946 in einer Presseaussendung wie folgt Stellung:
70 Jahre „Pariser Vertrag“ kein Grund zum Feiern
Der Südtiroler Heimatbund blickt auf 70 Jahre Pariser Vertrag, und stellt fest, dass sich in den letzten sieben Jahrzehnten die Zahl 23 immer wieder ins Rampenlicht gerückt ist. 23 Jahre mussten vergehen, um nach vielen Opfern und Leid das „Paket“ abzuschließen, 23 Jahre mussten vergehen, um einen Streit „beizulegen“, der von einer Seite aufgrund nationalistischer Denkweise immer wieder neu entfacht wurde, und jetzt sind wiederum 23 Jahre ins Land gezogen, so Obmann Roland Lang.
70 Jahre „Pariser Vertrag“ sind kein Grund zum Feiern, denn geändert hat sich seit 1946 eigentlich fast nichts. Ob das Gruber-Degasperi-Abkommen die „Magna Charta“ für Südtirol oder nach Bruno Kreisky „ein einmaliges Dokument österreichischer Schwäche“ ist, sollen Historiker erörtern. Fakt ist, dass die Autonomie immer nur eine Übergangslös
ung auf dem Weg zur Selbstbestimmung ist, auch wenn es die „weltbeste“ ist, so Lang.
Ein weiterer Fakt ist, dass im Pariser Vertrag die kleinste und älteste Volksgruppe in Südtirol mit keinem Wort erwähnt wurde. Außerdem zementierte die Unterschrift des österreichischen Außenministers den Verzicht Österreichs auf Südtirol.
Die Südtiroler durften nie über ihre Zukunft abstimmen. Das ist ein weiterer historischer Fakt. Die bevorstehende Verfassungsreform, vorausgesetzt das „Ja“ beim Volksentscheid gewinnt, heißt nichts Gutes für unser Land.
Deshalb sind dynamische Autonomie und „Vollautonomie“ leere Worthülsen, wenn es darum geht, über kurz oder lang unseren Charakter als autochthone Volksgruppe zu bewahren.
Erst ein freies und selbstbestimmtes Südtirol kann in Zukunft bestehen. Man muss auch die Courage haben, diesen Weg einzuschlagen, denn zu oft wurde und wird in Rom Vertragstreue, und das wusste schon Magnago, kleingeschrieben, schließt Lang.
Das Südtiroler Nachrichtenportal www.unsertirol24.com berichtet ein ebenso sensationelles wie entlarvendes Ereignis aus Südtirol.
Im Jänner 2016 hatten der Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) und die Südtiroler Landesregierung eine Diskussionsplattform unter dem Namen „Autonomiekonvent“ ins Leben gerufen, um mittels breiter Publikumsdiskussionen den Anschein zu erwecken, dass die mit Rom abgekartete „Autonomiereform“ unter Mitwirkung der Bevölkerung zustande käme.
Als die „Konvents“-Tagungen von zahlreichen Kritikern der Landespolitik, darunter vielen Südtiroler Schützen, besucht wurden, die dort ihre Meinungen frei äußerten, verging der SVP-Führung rasch die Lust an diesem Schauspiel.
Wie das Internet-Nachrichtenportal UT24 meldet, hat die SVP-Führung dem ungeliebten Forum nun den Hahn zugedreht. Gleichzeitig wurde mitgeteilt, dass die SVP auf politischer Ebene ohnedies bereits vollendete Tatsachen geschaffen hat.
Damit wurde offenbar, dass der ganze „Konvent“ nur eine Augenauswischerei gewesen war.
Nachstehend der Bericht von UT24:
Eklat beim Konvent – Tätigkeit ausgesetzt
2. September 2016
Leere Stühle beim Konvent der 33 in der Eurac. Kurz vor 20.00 Uhr wurde die Sitzung abgebrochen.
Mit interessanten inhaltlichen Diskussionen zu den Kompetenzen und Zuständigkeiten des Landes Südtirol begann der Konvent der 33 pünktlich um 18.00 Uhr in der Eurac.
Nach einer Einführung durch RA DDr. Christoph Perathoner meldete sich Landeshauptmann Luis Durnwalder zu Wort, der die Abschaffung der zentralstaatlichen Ausrichtung der Koordinierungsbefugnis (AKP) sowie wiederholt die Auflösung der Region forderte.
Ra Dr. Florian von Ach verwies auf Kompetenzen der deutschen Volksgruppe in Belgien, insbesondere auf kultureller und schulischer Ebene sowie auf der Zuständigkeit, völkerrechtliche Verträge abschließen zu können. Dies sei auch für Südtirol ein Fortschritt bei der gesamttiroler Zusammenarbeit und könne den Welschtirolern einen Ersatz für die notwendige Auflösung der Region bilden.
RA Dr. Ewald Rottensteiner forderte die Abschaffung sämtlicher Schranken für Südtirols Autonomie sowie die Schaffung eines eigenen Landesverfassungsgerichtes.
„Dann platzte die Bombe“
„Bis dahin versprach es eine sehr konstruktive Sitzung zu werden“, sagt ein Mitglied gegenüber UT24. „Doch dann platzte die Bombe.“
Riccardo della Sbarba informierte den Konvent darüber, dass in der Gesetzgebungskommission des Landtages mit den Stimmen der Südtiroler Volkspartei bereits ein fertiger Gesetzesvorschlag für ein neues Autonomiestatut abgesegnet wurde.
Durnwalder: „Die Leute lachen uns aus“
„Dies macht unsere Arbeit völlig sinnlos“, brachte es Alt-Landeshauptmann Luis Durnwalder auf den Punkt. „Die Leute lachen uns aus“.
Selbst Konventspräsident Christian Tschurtschenthaler, der als SVP-Landtagsabgeordneter eigentlich darüber informiert sein sollte, war völlig überrascht.
Auf Antrag sämtlicher Mitglieder des Konventes, wurde die Sitzung vorzeitig abgebrochen. Das Präsidium wurde beauftragt schnellstmöglich eine Klärung der Sachlage herbeizuführen.
Konvent gegen die Wand fahren?
„Es scheint, dass dieses Pilotprojekt der direkten Bürgerbeteiligung von den eigenen Initiatoren an die Wand gefahren werden soll. Wohl deshalb, weil die Zusammensetzung des Gremiums nicht den Wünschen der Landtagsmehrheit nicht genehm ist“, sagt ein Mitglied des Konvents.
Wie es mit dem Konvent weitergeht, steht derzeit in den Sternen.
Ein großartiges Dokumentations-Archiv über Südtirol – zugänglich für Alle
Der 1948 in Meran geborene und jetzt in Gargazon lebende und arbeitende Franz J. Haller ist von seiner akademischen Ausbildung her Ethnologe. Er lehrt an Hoch- und Oberschulen und hat 1974 das Landwirtschaftsmuseum Brunnenburg mit begründet.
Sein größtes Anliegen ist die dokumentarische Sicherung der Geschichte und Kulturgeschichte seiner Heimat Südtirol. Darüber hat er zahlreiche Dokumentarfilme verfasst, die er dankenswerter Weise zur freien Benützung durch Interessierte in das Internet gestellt hat.
Diese Filmdokumentationen kann man als DVD-Datenträger erwerben, aber auch kostenfrei im Internet ansehen.
Besonders interessant ist die Dokumentationsreihe der „Zeitzeugen der 1960er Jahre in Südtirol“. Hier kommen Politiker ebenso zu Wort wie ehemalige Freiheitskämpfer. Haller ist kein Zensor und verordnet kein gewünschtes Denken. Er lässt einfach die Beteiligten ihre Erlebnisse, ihr Handeln und ihre Beweggründe berichten.
Man muss Haller für diese Tätigkeit aufrichtigen Dank sagen!