Kulturhistorische Notizen aus gegebenem Anlass

von Georg Dattenböck

Der „Südtirol-Informationsdienst“ (SID) will nicht nur historische und politische Entwicklungen in Südtirol in Vergangenheit und Gegenwart dokumentieren, sondern auch das kulturhistorische Bewusstsein, daß Südtirol ein untrennbarer Teil des deutschen Sprach- und Kulturraumes ist, lebendig erhalten.

Die wahrheitsgemäße Darstellung der eigenen Geschichte stellt einen bedeutenden Teil kulturhistorischer Arbeit dar.

Wahrheit und Lüge – gestern und heute

Die Wahrheit kann durch Verdrehung wie auch durch Verschweigen wichtiger Tatsachen in Lüge umgewandelt werden. Diktaturen haben diese Verfälschungen noch relativ offen vorgenommen. Josef Goebbels, der „Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda“, hat auf täglichen Pressekonferenzen in seinem Ministerium in „Tagesbefehlen“ der Presse vorgegeben, was dem Volk wie mitgeteilt werden darf. Und in Bella Italia fascista  hat man Widerspenstige zum „Erholungsurlaub“ auf Malaria-Fieberinseln im Mittelmehr verschickt. Das mit dem „Erholungsurlaub“ für politische Gegner Mussolinis hat noch der italienische Premierminister Berlusconi allen Ernstes verkündet.

Heute, unter den Vorzeichen der Demokratie, gibt es nach wie vor Nachrichten-Manipulation zu politischen Zwecken. Sie erfolgt aber subtiler.

Es ist dem Obmann des Südtiroler Heimatbundes“ (SHB), Roland Lang, zu danken, dass er in diesen Tagen in einem Pressedienst aufgedeckt hat, wie die „Südtiroler Landesregierung“ unter Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) in einer offiziellen Druckschrift das Südtiroler Geschichtsbild durch Verschweigen wesentlicher Geschehnisse manipulieren lässt.

Dem Land Südtirol und seinen ergebenen öffentlichen Dienern sei ein Wort von Johann Wolfgang von Goethe, dem letzten großen Dichterfürsten und Zeitenwender deutscher Zunge, in Erinnerung gerufen.

GoetheGoethe bemerkte treffend:

Wer nicht von dreitausend Jahren
sich weiß Rechenschaft zu geben,
bleib im Dunkeln unerfahren,
mag von Tag zu Tage leben.“

(Goethe Gedichte, West-östlicher Divan).

1953: Das offene Wort des Ministerpräsidenten Degasperi

Der allerchristlichste italienische Ministerpräsidenten Alcide Degasperi war ein Politiker der „Democrazia Cristiana“ (DC), der sich am seinen Landsleuten stets als guter Christ präsentieren ließ.

Dieser Mann scheute gleichzeitig nicht davor zurück, in aller Offenheit zu erklären, dass er die faschistische Politik gegenüber den Südtirolern fortzusetzen gewillt war.

de gasperiDegasperi bekundete das am 25. Mai 1953 in Trient in einer Rede:

„Einmal wenigstens stimme ich auch mit Mussolini überein, der im Jahre 1938 sagte, daß man, um Südtirol zu entdeutschen, die Südtiroler nicht isolieren dürfe…“

Gemeint war damit, dass die Südtiroler auf allen Gebieten der Politik, der Kultur und der Verwaltung fest an die Institutionen des italienischen Staates anbinden müsse und ihnen dabei so wenig eigenen Spielraum wie möglich geben dürfe.

Österreich betonte die Zusammengehörigkeit

Angesichts solcher Äußerungen und der damit verbundenen Politik des lockenden Zuckerbrots und der strafenden Peitsche gegenüber deutschen und der ladinischen Volksgruppe erkannte man in Österreich die existentielle Gefahr einer schleichenden Entfremdung und Abkapselung Südtirols vom deutschen Kulturraum.

Und man steuerte dagegen, indem man die Verbundenheit Südtirols mit Österreich und dem gesamten übrigen deutschen Kulturraum zu stärken versuchte.

 Einfügung des Bildes Aktionen Helmut Golowitsch Anlage 18:00 [Behält diese Nachricht oben im Posteingang.] An: Michael Scharfmüller Outlook.com Aktive Ansicht 1 Anlage (849,6 KB) Zum Anzeigen von Optionen klicken. Diaschau anzeigen (1) Als ZIP-Datei herunterladen Auf OneDrive speichern Artikel "Kulturpolitische Notizen ..." Österreich betonte die Zusammengehörigkeit Angesichts solcher Äußerungen und der damit verbundenen Politik des lockenden Zuckerbrots und der strafenden Peitsche gegenüber deutschen und der ladinischen Volksgruppe erkannte man in Österreich die existentielle Gefahr einer schleichenden Entfremdung und Abkapselung Südtirols vom deutschen Kulturraum. Und man steuerte dagegen, indem man die Verbundenheit Südtirols mit Österreich und dem gesamten übrigen deutschen Kulturraum zu stärken versuchte. Scannen0001 „Das Südtiroler Heimatbuch“, 5. erweiterte Auflage, Hrsg.: Austria Presse-Dienst (APD), Wien 1959
„Das Südtiroler Heimatbuch“, 5. erweiterte Auflage, Hrsg.: Austria Presse-Dienst (APD), Wien 1959
Eines der vielen Beispiele dafür ist ein von der österreichischen Regierung gefördertes „Südtiroler Heimatbuch“, welches weite Verbreitung in Österreich und Südtirol fand. Austria Presse-Dienst (APD), Wien 1959

Einunddreißig bedeutende Persönlichkeiten aus Tirol schrieben in diesem Buch Beiträge und es ist es wert, hier ihre Namen in unser Gedächtnis zu holen:

Die Gesamtredaktion hatte der 1928 in Sillian im Hochpustertal geborene Dr. Günther Goller, welcher später Klubobmann der „Österreichischen Volkspartei“ (ÖVP) im Wiener Landtag und Gemeinderat wurde. Er erhielt 1986 die Ehrenbürgerschaft und 1996 das Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienst um das Land Wien.

 Dr. Günther Goller
Dr. Günther Goller

An dem Buch, welche die Verbundenheit Österreichs mit Südtirol stärken sollte, arbeiteten zahlreiche Patrioten aus allen Gebieten der Politik, Wissenschaft und Kultur mit.

Diese Mitarbeiter waren:

Univ.-Doz. Dr. Franz Aubele, Fritz Bieler, Bauernbunddirektor Dr. Anton Brugger, Dr. Franz Colleselli, Dr. Lois Ebner, Prof. Dr. Karl Finsterwalder, Friedrich Föger, Univ.-Prof. Dr. Helmut Gams, Univ.-Prof. DDr. Oswald Gschließer, Dr. Friedrich Haider, Dr. Helmut Heuberger, Dr. Hermann Holzmann, Dr. Annemarie Innerebner, Dipl.-Ing. Dr. Georg Innerebner, Univ.-Prof. Dr. Karl Kurt Klein, Dr. Heinrich Klier, Monsignore Prof. Dr. Franz Kolb, Kustos Prof. Dr. Franz Kollreider, Dr. Anton Leiter, Dr. Hans Matscher, Univ.-Doz. Dr. Georg Mutschlechner, Dr. Helmut Nabl, Landtagsabgeordneter Kammeramtsdirektor Dr. Albin Oberhofer, Chordirektor Prof. Rudolf Oberpertinger, Prof. Karl Paulin, Prof. Dr. Oswald Sailer, Dr. Josef Scheidle, Josef Friedrich Scheidle, Univ.-Prof. Dr. Herbert Seidler und Dr. Richard Staffler.

Die Bekenntnisse der Politiker

In kurzen Vorworten legten zwei bedeutende Politiker ein eindeutiges Bekenntnis zu Südtirol und zu den Rechten der Südtiroler ab.

Portraitaufnahme von Heinrich Drimmel

Vorwort DRimmelFranz GschnitzerVorwort GschnitzerWie deutsche Dichter ein Kernland deutscher Kultur sahen

Der Beitrag von Dr. Josef Scheidle: „Berühmte Dichter über Südtirol“, gehört zu den kulturgeschichtlich interessantesten Beiträgen in dem „Südtiroler Heimatbuch“ und soll hier nun folgend in Auszügen wiedergegeben werden.

Der Bericht von Dr. Scheidle beginnt mit

Johann Wolfgang von Goethe (*1749, †1832),

der dreimal nach Südtirol kam. Was Goethe bei seinem ersten Besuch und seiner ersten Fahrt im Jahre 1786 erlebte und empfand, schrieb er in seiner „Italienischen Reise“ ausführlich nieder:

Johann_Heinrich_Wilhelm_Tischbein_-_Goethe_in_der_roemischen_CampagnaAuf dem Brenner, den 8. September (1786) abends

 Hier gekommen, gleichsam gezwungen, endlich an einen Ruhepunkt, an einen stillen Ort, wie ich ihn mir nur hätte wünschen können ... Den Brenner herauf sah ich die ersten Lärchenbäume, bei Schönberg den ersten Zirbel ...

Vom Äußern des Menschengeschlechts habe ich so viel aufgefaßt. Die Nation ist wacker und gerade vor sich hin. Die Gestalten bleiben sich ziemlich gleich: braune, wohlgeöffnete Augen und sehr gut gezeichnete Augenbrauen bei den Weibern: dagegen blonde und breite Augenbrauen bei den Männern. Diesen geben die grünen Hüte zwischen den grauen Felsen ein fröhliches Ansehn

Jetzt sondere ich Iphigenien aus dem Paket und nehme sie mit in das schöne, warme Land als Begleiterin. Der Tag ist so lang, das Nachdenken ungestört und die herrlichen Bilder der Umwelt verdrängen keineswegs den poetischen Sinn, sie rufen ihn vielmehr, von Bewegung und freier Luft begleitet, nur desto schneller hervor.

„Die Nation ist wacker und gerade vor sich hin“
„Die Nation ist wacker und gerade vor sich hin“

Trient, den 11. September 1786 früh.

Nachdem ich völlig fünfzig Stunden am Leben und in steter Beschäftigung gewesen, kam ich gestern Abend um acht Uhr hier an, begab mich bald zur Ruhe und finde mich nun wieder imstande, in meiner Erzählung fortzufahren. Am Neunten abends, als ich das erste Stück meines Tagebuchs geschlossen hatte, wollte ich noch die Herberge, das Posthaus auf dem Brenner, in seiner Lage zeichnen, aber es gelang nicht, ich verfehlte den Charakter und ging halb verdrießlich nach Hause. Der Wirt fragte mich, ob ich nicht fort wollte: es sei Mondenschein und der beste Weg … Die Sonne ließ sich wieder blicken, die Luft war leidlich, ich packte ein, und um sieben Uhr fuhr ich weg. Die Atmosphäre ward über die Wolken Herr und der Abend gar schön ….

Mit Tagesanbruch erblickte ich die ersten Rebhügel. Eine Frau mit Birnen und Pfirsichen begegnete mir; und so ging es auf Teutschen los, wo ich um sieben Uhr ankam und gleich weiter befördert wurde.

 Schloss Tirol

 Nun erblickte ich endlich bei hohem Sonnenschein, nachdem ich wieder eine Weile nordwärts gefahren war, das Tal, worin Bozen liegt. Von steilen, bis auf eine ziemliche Höhe angebauten Bergen umgeben, ist es gegen Mittag offen, gegen Norden von den Tiroler Bergen gedeckt. Eine milde, sanfte Luft füllte die Gegend. Hier wendet sich die Etsch wieder gegen Mittag. Die Hügel am Fuße der Berge sind mit Wein bebaut. Oberlange, niedrige Lauben sind die Stöcke gezogen; die blauen Trauben hängen gar zierlich von der Decke herunter und reifen an der Wärme des nahen Bodens. Auch in der Fläche des Tals, wo sonst nur Wiesen sind, wird der Wein in solchen eng aneinander stehenden Reihen von Lauben gebaut, dazwischen das türkische Korn, das nun immer höhere Stengel treibt. …

Bei heiterem Sonnenschein kam ich nach Bozen. Die vielen Kaufmannsgesichter freuten mich beisammen. Ein absichtliches, wohlbehagliches Dasein drückt sich recht lebhaft aus. Auf dem Platze saßen Obstweiber mit runden, flachen Körben, über die vier Fuß im Durchmesser, worin die Pfirschen neben einander lagen, daß sie sich nicht drücken sollten. Ebenso die Birnen

BozenDie Bozner Messe bewirkt einen starken Seidenvertrieb; auch Tücher werden dahin gebracht, und was an Leder aus den gebirgigen Gegenden zusammengeschafft wird. Doch kommen mehrere Kaufleute hauptsächlich, um Gelder einzukassieren, Bestellungen anzunehmen und neuen Kredit zu geben, dahin. Ich hatte große Lust, alle die Produkte zu beleuchten, die hier auf einmal zusammengefunden werden; doch der Trieb, die Unruhe, die hinter mir ist, lässt mich nicht rasten und ich eile sogleich wieder fort. …

Roveredo, den 11. September abends.  Hier bin ich nun in Roveredo, wo die Sprache sich ab-schneidet.

Die zweite bedeutende Persönlichkeit, die Dr. Scheidle vorstellte, war

Johann Gottfried von Herder (*25. August 1744 in Mohrungen, Königreich Preußen; geadelt 1802, † 18. Dezember 1803 in Weimar)

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Herder war Dichter, Übersetzer, Theologe sowie Geschichts- und Kultur-Philosoph. Er war einer der einflussreichsten Schriftsteller und Denker deutscher Sprache im Zeitalter der Aufklärung und zählt mit Christoph Martin Wieland, Johann Wolfgang Goethe und Friedrich Schiller zu dem klassischen Viergestirn von Weimar.

Herder unternahm im Jahre 1788 eine Reise nach Italien. Am 1. September hielt er sich in Bozen auf. Von dort schrieb er an seine Frau und sodann an seine Kinder. Das siebenjährige Luischen und der fünf jährige Emil antworteten dem Vater.

 Alle meine lieben Kinder, Gottfried, August, Wilhelm, Adelbert, Luischen und Emil.

Ich bin jetzt nah an den Grenzen Deutschlands und habe die großen Tiroler Berge beinahe zurückgelegt. Es sind hohe Berge; auf einigen war viel Schnee ...

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Jetzt bin ich nun in Bozen, wo heute eine unsägliche Menge Volks ist, weil 19 000 Kinder gefirmelt werden sollen, da der Bischof in vielen Jahren nicht gefirmelt hat ...

Da ist nun vor unserem Wirtshaus ‚Zur Sonne‘ ein solcher Obstmarkt, als ihr in eurem Leben nicht gesehen habt, Birnen, Quetschen, Weintrauben, Nüsse, Feigen: denn hier wachsen schon Feigen, und bald werden wir auch dahin kommen, wo die Pomeranzen- und Zitronen-bäume wachsen. 0h daß ihr hier mit wäret ... Auf den Tiroler Bergen haben wir auch Gemsli springen sehen, auch eins in Innsbruck gegessen und ein zahmes gesehen, das gar niedlich war, seiner Nährerin, einer Bauersfrau, überallhin folgte und so geschlank war, als ich euch allen zu sein wünsche.

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Lieber Vater. Kommen Sie balt wieder denn wir haben Sie gar lieb und mögen nicht ohne Sie leben. Die Mutter hat uns auf der Landeharde Botzen gezeigt. Wo so Vile Kinder u. so viel Obst waren, da haben wir recht gewünscht bei Sie zu seyn. Jetzt lerne ich das Lied Jesus meine Zuversicht, u. mir beden alle Tage mit der Mutter.

Luise.

Lieber Vater.

Kommen Sie bald u. haben Sie mich lieb, und erzehlen mir von den Gemslis u. da will ich wieder an ihnen hinaufe klettern, u. ich will Sie auch lieb haben, u. wenn Sie kommen, bringen Sie von die schönen Abrilikosen mit.

Dein getreuer Bruder Emil.

Ein weiterer bedeutender Dichter, den Dr. Scheidle vorstellte, war

Johann Ludwig Tieck (* 31. Mai 1773 in Berlin; † 28. April 1853 ebenda)

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Dieser erholte sich 1805 in Südtirol von einer schwerer Krankheit. Er pries in der Hymne „Bozen“ die Schönheit der Landschaft.

 

Blick von der Seiseralm nach Kastelruth und Bozen
Blick von der Seiseralm nach Kastelruth und Bozen

Welche Wonne!
Unten liegt ein Himmelstal
Im Glanz der reinen Sonne.
Wie der Weg sich senkt,
Rücken neue Hügel, Berge vor –
Rundum Glanz und Farbenpracht.
Am Wege hohe Hecken
Von blühenden Granaten,
Glut auf Glut gedrängt.
Wie voll, wie frisch, wie lachend
Hier Kuß an Kuß
Und Liebesgruß
In grünen Zweigen winkt.

 St Magdalena bei Bz

Die Gefährten wandeln jubelnd
Und werfen die roten Blüten
Lachend dem Kranken zu.
Plötzlich ertönt,
So scharf und voll
Betäubend fast
Ein Chor von grillenden, schrillenden Stimmen.
Das ist der Zikadengesang,
So oft von alten Dichtern gepriesen .
..
Doch ebenso plötzlich
Als es begann,
Verstummt es jetzt.
Und ein liebliches Schweigen
Dehnt sich wollüstig,
Liebesatmend.
Durch den Raum des blauen Himmels,
Durch das blühende Tal
Ober die lachenden Gebirge hin,
Und meine Seele
Strebt vergeblich
Worte zu finden,
Ihr stilles Entzücken
Sich und andern zu sagen.

Josef Viktor von Scheffel (* 16. Februar 1826 in Karlsruhe; † 9. April 1886 ebenda, geadelt 1876),

Scheffel

war ein im 19. Jahrhundert viel gelesener deutscher Schriftsteller und Dichter, Autor von Erzählungen und Versepen sowie mehrerer bekannter Liedtexte. Er war indirekter Schöpfer des Begriffes Biedermeier. Scheffel widmete Schloß Runkelstein bei Bozen im Jahre 1855 folgendes Gedicht, welches hier im „Südtiroler Heimatbuch“ wiedergegeben ist:

Noch heute freut’s mich, 0 Runkelstein,
Daß einstmals zu guter Stunden
In der Talfer felsenges Tal hinein
Zu dir den Weg ich gefunden.
Melodisch scholl aus der Tiefe empor
Des Wildbachs entströmendes Tosen,
Am Burgpfad erblühten im lustigen Chor
Glutnelken und wilde Rosen.
Des Runkelsteins verfallen Gebäu
Weiß nichts von Grämen und Trauern
Der Geist der Dichtung, fröhlich und frei,
Nistet in seinen Mauern.
Herr Konrad Vintler einst oben saß,
Dess‘ Kurzweil war, allerwegen
Beim Klang von Laute und Stengelglas
Der freien Künste zu pflegen.

Runkelstein Gries bei Bozen

Längst war des Minnelieds Glanz vorbei,
Und anderes wollt‘ sich gestalten,
Drum dacht‘ er, ein künstlerisch Konterfei
Entschwundener Pracht zu behalten.
Viel sinnige Maler malten ihm gern
Die Helden der altdeutschen Lieder;
Noch schauen Herr Hagen und Dietrich von Bern
Vom Söller zum Burghof hernieder.
Und Grau in Grau
dort den Saal entlang,
Wer deutet die Gruppen, die holden?
’s ist Gottfrieds von Straßburg minniger Sang
Von Tristan und Isolden,
Tristan und Isolde auf weitem Meer –
Isolde und Tristan im Walde-
Brangäne lächelt
betrüblich sehr
Steht König Marke der Alte .
..
Im Rittersaale am hohen Kamin,
Saß lang ich, in Sinnen versunken,
Und habe im feurigen Wein von Tramin
Des Vintlers Gedächtnis getrunken.
Wer immer ins sonnige Etschland fährt,
Halt‘ Einkehr in diesen Räumen.
Und ist ihm eine Isolde beschert,
Mag er von ihr hier träumen.

Paul Johann Ludwig von Heyse (* 15. März 1830 in Berlin; geadelt 1910; † 2. April 1914 in München)

Heyse

war ein deutscher Schriftsteller, Dramatiker und Übersetzer. Neben vielen Gedichten schuf Heyse rund 180 Novellen, acht Romane und 68 Dramen.

Heyse hielt sich in jüngeren Jahren mit einem kranken Verwandten in Meran auf. Aus diesem Aufenthalt erwuchsen seine „Meraner Novellen“. Nachstehende Schilderung stammt aus der Novelle „Die Unheilbare“:

Küchelberg Meran

Ich ging die engen Gäßchen entlang bis zu dem alten Tore, das unter einem verwitterten und von Franzosenkugeln genarbten Turme ins Passeiertal hinausführt. Wie aber da sich Nähe und Ferne vor einem auftut, das ist zum Erschrecken schön und groß und fremdartig. Ich saß wohl eine halbe Stunde auf einem Stein dicht neben dem Tor, wo der steile Pfad gerade hinaufführt auf den Küchelberg und zu dem alten Pulverturme droben, der jetzt ganz friedlich, wie ein ausgedienter Invalide, die Rebengärten bewacht.

Die Zenoburg bei Meran
Die Zenoburg bei Meran

Da sah ich, mir gegenüber auf einem Felsenvorsprunge, der aus dem Küchelberg ins Tal der Passer hinaustritt, die Trümmer der Zenoburg und überlegte, ob ich wohl die Kraft hätte, mich die breite Straße bis hinauf zu schleppen, oder mich begnügen sollte, über die steinerne Brücke ans andere Ufer zu kommen, wo man das freundliche Obermais herüberwinken sieht. Eine Frau kam gegangen, die Pfirsiche und Weintrauben im Korb auf dem Kopfe trug. Der kaufte ich einige ab, aß und fühlte mich sehr gestärkt. So machte ich mich auf den Weg, stand alle drei Schritt und sah zur Passer hinab, die so blau und dann wieder mit weißem Schaum tief unter dem Brückenbogen durchfließt.
Wie kühn und traulich zugleich hangen die Weingeländer an den schroffen Uferfelsen, wilde Feigenbäume mit zahllosen schwarzen Früchten, dazwischen das lebendige Wasser, in Rinnen herabgeleitet, kühlt das Laub und treibt hie und da im Vorbeigehen ein Rad, von der Tiefe herauf heben sich die hohen Stämme der Nußbäume und edlen Kastanien, eine unerschöpfliche Triebkraft und Freudigkeit der Natur, wohin man blicken mag.
Besonders auch weidete ich die Augen recht an der kräftigen, bald tiefbräunlichen, bald silbergrauen Farbe des Felsens; und wie malerisch es sich ausnahm, die Menschen in ihrer schönen Tracht den schroffen Küchelberg heruntersteigen oder einen Wagen, vielmehr eine zweirädrige Schleife, mit starken, weißgrauen Ochsen bespannt und mit Rebenlaub beladen, von der Zenoburg herabfahren zu sehen, das alles unter einem Himmel, den ich bisher immer nur für eine schöne Fabel der Maler und Dichter gehalten hatte.

Dies war nur eine Auswahl von Dichtern, die Südtirol geliebt und besungen haben und deren Stimmen uns Dr. Josef Scheidle im „Südtiroler Heimatbuch“ weiter vermittelt hat.

Die Forderungen der heutigen Zeit

Es stünde den heutigen regierenden Politikern der „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) gut an, die Verbundenheit zu dem gesamten deutschen Kulturraum zu pflegen und vor allem zu dem Vaterland Österreich. Sie sollten auch von den österreichischen Politikern Solidarität einfordern. Der Hinweis auf das damalige so vorbildliche „Südtiroler Heimatbuch“ kann ihnen hier Anregung und Mahnung sein.

Vor allem sollte der Landeshauptmann Arno Kompatscher von seinen Parteifreunden diesbezüglich in die Pflicht genommen werden. Ein eigener Anstoß ist von ihm wohl kaum zu erwarten.

Es muss doch auch in der SVP noch Leute geben, die ihm klar machen können, dass man seinem Land nicht dient, indem man österreichische Unterstützer des Selbstbestimmungsrechts öffentlich beleidigt und ihnen politischen Misserfolg wünscht.

Es muss in der SVP doch noch Leute mit Tiroler Gesinnung geben, die Kompatscher sagen können, dass es falsch ist, ständig auf den Knien nach Rom zu rutschen und ausgerechnet die italienische Partisanen-Vereinigung zu beauftragen, federführend den Zeitgeschichtsunterricht an Südtirols Schulen mit zu gestalten.

Diese Leute werden nämlich der Südtiroler Jugend alles andere als die Verbundenheit mit dem Vaterland Österreich nahe bringen wollen!