Hohe „Landesehrung“ für einen Totengräber der Selbstbestimmung Südtirols

Das Schloss Tirol ist ein Symbol für die Landeseinheit Tirols. Die SVP-Parteispitze ließ dort einen „Totengräber“ der Selbstbestimmung „ehren“.

Eine fragwürdige Ehrung mit schwammiger Begründung

Am 5. September 2018 fand auf Schloss Tirol, von dem das ganze Land seinen Namen hat, und welches eigentlich für die unzerstörbare Landeseinheit steht, eine höchst fragwürdige „Ehrung“ statt. Geehrt wurde ein Mann, der sich nicht für die Landeseinheit, sondern gegen die Landeseinheit Tirols engagiert hat.

Das Land Südtirol – sprich: die Parteispitze der „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) – verlieh dem Leiter des Völkerrechtsbüros im österreichischen Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres, Dr. Helmut Tichy, den „Großen Verdienstorden“ des Landes Südtirol.

Die vom Südtiroler Landespresseamt am 5. September 2018 veröffentlichte Begründung für diese Ehrung war mehr als schwammig:

„Wann immer Südtirol um rechtliche Unterstützung ersuchte, war Botschafter Tichy zur Stelle. Helmut Tichy ist mit seinen umfassenden Fachkenntnissen im Völkerrecht und zusätzlich auch im Europarecht ein unverzichtbarer Berater und rechtspolitisch gewichtiger Unterstützer des Landes Südtirol.“

Die Tageszeitung „Dolomiten“ berichtete am 6. September 2018 über die „Ehrung“ des Dr. Tichy (ganz rechts im Bild). Wohl mangels konkreter Fakten bezeichnete  die Zeitung Tichy kurzerhand als „Freund“ und beschrieb seine angeblichen Verdienste mit folgenden Worten:

„Helmut Tichy hat als Völkerrechtler und österreichischer Botschafter Südtirols mittels Kleingedrucktem geschützt und weiterentwickelt…“

Tichy selbst wusste in seiner Dankesrede auch nicht mehr über seine eigenen Verdienste zu berichten, als dass er Südtirol „immer vor Augen“ habe.

Der Südtiroler Heimatbund (SHB) wies auf die politischen Hintergründe hin

Roland Lang
Roland Lang

Der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB), eine von ehemaligen politischen Häftlingen Südtirols gegründete Vereinigung, welche für die Selbstbestimmung eintritt, wusste jedoch sehr wohl eine plausible Erklärung für diese seltsame „Ehrung“ zu liefern.

Der SHB-Obmann Roland Lang veröffentlichte am 3. September 2018 nachstehende Presseerklärung, welche von bedeutenden Internet-Nachrichtenportalen wie „Unser Tirol 24“, „SÜDTIROL NEWS“ und „SALTO“ verbreitet wurde:

Hohe „Landesehrung“ für einen Totengräber der Selbstbestimmung Südtirols

Am 5. September 2018 wird auf Schloss Tirol dem österreichischen Ministerialbeamten Dr. Helmut Tichy der „Große Verdienstorden des Landes Südtirol“ feierlich verliehen werden. Diese Ehrung erfolgt aber ausschließlich aus wahltaktischen Gründen, um die unterwürfige Politik der SVP gegenüber Rom zu bestätigen und das Selbstbestimmungsrecht ad Acta legen zu können, stellt SHB-Obmann Roland Lang fest.

Begründet wird die Verleihung des höchsten Landesordens an Dr. Tichy damit, dass er als Leiter des Völkerrechtsbüros im österreichischen Außenministerium „stets zur Stelle“gewesen sei, „wann immer Südtirol um rechtliche Unterstützung ersuchte.“(„Dolomiten“ vom 31. 8. 2018)

Am 18. November 2016 unterstützte Dr. Helmut Tichy den Südtiroler Landeshauptmann Dr. Arno Kompatscher bei dessen Ablehnung der Selbstbestimmung für Südtirol.

Er erklärte nämlich im November 2016 anlässlich der Gedenkveranstaltung „70 Jahre Pariser Vertrag“ in Bozen, dass Südtirol sein Selbstbestimmungsrecht bereits „in der Form weitgehender Autonomie“ausübe. (Quelle: RAI- Tagesschau sowie „Dolomiten“ vom 18. November 2016).

Damit lag der Beamte Dr. Tichy auch auf der politischen Linie seines damaligen ÖVP-Außenministers Kurz.

Nun ist es richtig, dass die Ausübung der Selbstbestimmung auch zu einer Autonomie führen kann, wenn sich die Bevölkerung in einer Volksabstimmung mit der Wahlmöglichkeit zwischen „Los von Rom“ und einer „Autonomielösung innerhalb Italiens“ für die zweite Variante entscheidet.

Dr. Helmut Tichy weiß aber sicherlich, dass eine solche Volksabstimmung in Südtirol nie stattgefunden hat.

Das heutige Autonomie-Paket wurde am 23. November 1969 von den Delegierten einer außerordentlichen Landesversammlung der Südtiroler Volkspartei (SVP) angenommen – also von den Funktionären eines Parteigremiums.

Das Autonomiestatut wurde sodann von dem italienischen Staatspräsidenten mit Dekret Nr. 670 vom 31. August 1972 in Kraft gesetzt. Der Artikel 1 des Statuts bekräftigt auch die politische Einheit „der einen und unteilbaren Republik Italien“, womit jegliches Streben nach Selbstbestimmung als verfassungsfeindlich qualifiziert wird.

 Es ist nicht anzunehmen, dass Dr. Helmut Tichy tatsächlich den Beschluss einer Partei-Delegiertenversammlung für die Ausübung des Selbstbestimmungsrechts der gesamten Landesbevölkerung hält.

Der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB) hat damals am 20. November 2016 in einer Presseerklärung festgehalten, dass Dr. Tichy hier im Sinne der damaligen österreichischen Bundesregierung eine Umdeutung des Begriffes „Selbstbestimmungsrecht“ versucht hat.

Die jetzige „Ehrung“ des dienstergebenen Beamten Dr. Tichy hat wohl wenig mit dessen „Verdiensten“ zu tun.

Sie dient wohl eher dazu, die SVP-Politik der ständigen Erfüllung der Wünsche Roms zu legitimieren. Daher wird die durch Dr. Tichy vertretene Politik der Beerdigung der Südtirol-Frage von Landeshauptmann Dr. Kompatscher und der SVP-Parteispitze als vorbildhaft hingestellt. Man „ehrt“ Dr. Tichy und meint sich selbst.

Einen Großteil der Bevölkerung wird man damit nicht täuschen können. Zu sehr fällt der falsche Zungenschlag auf.

Roland Lang
Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB)

Eine schwankende SVP und ein williger Dr. Arno Kompatscher

Die „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) ist nimmt in Bezug auf die Zukunft des Landes mangels innerer Geschlossenheit oft eine schwankende Haltung ein. Der jetzige Landeshauptmann Dr. Arno Kompatscher hat sich aber in entscheidenden Augenblicken zusammen mit führenden österreichischen ÖVP-Politikern als williger Erfüllungsgehilfe der Interessen Roms erwiesen.

Absage an Selbstbestimmungsbefürworter in Südtirol

Am 3. Mai 2014 veröffentlichte die Südtiroler Tageszeitung „Dolomiten“ ein Interview mit dem damaligen österreichischen „Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten“ Sebastian Kurz. In diesem Interview teilte Kurz den Südtirolern mit, dass von einem ÖVP-geführten Außenministerium keine Unterstützung für Selbstbestimmungsbestrebungen zu erwarten sei. Kurz sprach sich gegen das Selbstbestimmungsrecht der Volksgruppen in der Lombardei, im Veneto, in Friaul-Julisch-Venetien und in Südtirol mit folgenden Worten aus:

„Ich halte nichts davon, den Leuten das Blaue vom Himmel zu versprechen. Freistaats- und Unabhängigkeitsfantasien führen die Menschen in die Irre – man kann das Rad der Zeit nicht zurückdrehen.“

Wie die „Dolomiten“ am 5. Mai 2014 berichteten, wurde Kurz am gleichen Tag auf der Landesversammlung der Südtiroler Volkspartei in seiner Gastrede in beleidigender Weise noch deutlicher:

„In meiner Heimat, aber auch in Südtirol beobachte ich leider Ewiggestrige, die wieder vom Aufziehen neuer Grenzen träumen“.

Aus „Dolomiten“ vom 3./4. Mai 2014

Ein Jubelbrief des Landeshauptmannes

Der Südtiroler  Landeshauptmann Dr. Arno Kompatscher bedankte sich für diese Worte, die auch seine politische Linie unterstützten, mit einem Jubelbrief, in welchem er behauptete:

„… Ihre Aussagen sind in Südtirol mit großer Begeisterung aufgenommen worden. Sie haben die Herzen vieler Südtirolerinnen und Südtiroler im Sturm erobert.“

Dem ist nichts hinzuzufügen!




Ein frohes Weihnachtsfest, Frieden, Glück und Gesundheit im Neuen Jahr!

Das wünschen wir allen unseren Lesern und ihren Familien.

Kurz vor Weihnachten wurde nun auch das Regierungsprogramm veröffentlicht, in welchem die Möglichkeit des Erwerbs der österreichischen Staatsbürgerschaft durch Südtiroler „in Aussicht“ genommen wird.

Diese Ankündigung wurde von allen Parteien Südtirols mit Freude begrüßt. Kritiker verwiesen aber auch darauf, dass diese Formulierung eine Absichtserklärung ohne Verpflichtung sei.

Nun hat der Obmann der Südtiroler Volkspartei (SVP) Philipp Achammer, am 17. Dezember 2017 in einem Interview mit der Südtiroler Sonntagszeitung „ZETT“ erklärt:

„Sebastian Kurz (Anm.: der österreichische Bundeskanzler) hat mir in sämtlichen Gesprächen immer erklärt, dass das, was im Koalitionsabkommen steht, auch gemacht wird. Deshalb rechne ich mit der Umsetzung in dieser Amtszeit.“

Am 20. Dezember 2017 bekannte sich der neue Vizekanzler der Republik Österreich, Heinz Christian Strache (FPÖ) im Österreichischen Nationalrat in Wien im Zuge der Regierungserklärung zur Möglichkeit des Erwerbs der österreichischen Staatsbürgerschaft durch Südtiroler. Man wolle dieses Projekt mit Nachdruck verfolgen und verwirklichen. Er sagte, dass auch Italien seinen eigenen italienischen Minderheiten, in großzügiger Art und Weise, die doppelte Staatsbürgerschaft gewährt.

Man kann damit hoffen, dass die bisherige durch Jahrzehnte hindurch betriebene Politik der ständigen Rücksichtnahme auf Rom zu Lasten Südtirols nun ein Ende finden möge.

Wenn die neue Regierung mit Ernsthaftigkeit an die Umsetzung des Jahrhundertprojektes „Doppelte Staatsbürgerschaft für Südtiroler“ herangehen sollte, dann werden alle Gutgesinnten sie dabei gerne unterstützen.

Wir werden über die weitere Entwicklung berichten.

In diesem Sinne grüßen wir alle Landsleute diesseits und jenseits des Brenners und verbleiben mit den besten Wünschen!

Die Mitarbeiter der Redaktion des SID




Interview mit Buchautor und Südtirol-Kenner Helmut Golowitsch

Im Gespräch mit Info-DIREKT erzählt Helmut Golowitsch, wie er dem Geheimagenten Rudolf Moser auf die Spur kam und so die doppelbödige Politik der ÖVP in Sachen Südtirol aufdecken konnte. In seinem neusten Buch „Südtirol – Opfer für das westliche Bündnis“ dokumentiert er, anhand bisher nicht bekannter Originaldokumente, welch falsches Spiel die ÖVP-Spitze mit Südtirol betrieben hat.

Herr Golowitsch, wie ist es Ihnen gelungen, an diese entlarvenden Dokumente zu gelangen?

Helmut Golowitsch: 2002 ist ein Buch erschienen, in dem darüber berichtet wurde, dass der Kartonagenfabrikant Rudolf Moser als geheimer Verbindungsmann zwischen Bundeskanzler Figl (ÖVP) und dem italienischen Ministerpräsidenten Degasperi agiert habe. Laut der Buchautorin soll dieser jedoch keinen Einfluss auf den Verlauf der politischen Entwicklung gehabt haben. In mehreren Autobiographien ehemaliger ÖVP-Politiker wurde Moser als guter Freund und Vermittler zu Italien erwähnt. Nirgendwo aber fanden sich nähere Angaben zu seiner Person und Tätigkeit. Das machte mich neugierig und ich begab mich auf die Suche.

Wie sind Sie dabei vorgegangen?

Ganz einfach: Ich rief im Gemeindeamt von Sachsenburg an, wo Rudolf Moser lebte. Dort trug ich meine Bitte als Zeithistoriker vor, mir Näheres über diesen Sohn der Gemeinde zu erzählen. Es stellte sich nun heraus, dass der aus Wien stammende Moser bei seinem Eintritt ins Rentenalter offenbar keine Nachfolger gehabt hatte. Er schloss daher seine Fabrik, verkaufte seine Villa an einen Nachbarn und zog nach Wien, wo er später verstarb.

Wie sind Sie dann an seinen Nachlass und somit an diese Dokumente gekommen?

Helmut Golowitsch
Helmut Golowitsch (Bilder: Info-DIREKT)

Ich setzte mich sofort mit dem Nachbarn, der die Villa gekauft hat, in Verbindung. Dieser erzählte mir bereitwillig, dass Moser ihm auch zwei große Kartons mit Dokumenten und Fotos überlassen habe, die Südtirol beträfen. Ich könne mir diese Unterlagen ansehen und wenn sie für mich brauchbar seien, könne ich sie auch haben. Also fuhr ich nach Kärnten, wo mir der freundliche Unterstützer diese Dokumenten- und Fotosammlung übergab.

Was haben diese Unterlagen ergeben?

Unglaubliches. Es waren Briefkopien von Briefen Mosers an führende ÖVP-Politiker, vor allem an Leopold Figl, aber auch spätere ÖVP-Bundeskanzler sowie an führende italienische Politiker. Es fanden sich auch zahlreiche Originalbriefe dieser Personen an Rudolf Moser. Ergänzt wurde dieses Material durch Notizen, Geheimberichte und Fotos von Geheimtreffen österreichischer ÖVP-Politiker mit italienischen Politikern. Es stellte sich heraus, dass Rudolf Moser ab 1945 bis in die späten 1960er Jahre als Geheimunterhändler zwischen der ÖVP-Bundesspitze und italienischen Spitzenpolitikern tätig gewesen war. Und zwar zum Schaden Südtirols, denn Moser vertrat die Linie, dass Österreich Südtirol in jeder Hinsicht fallen lassen müsse, um die christdemokratische Freundschaft zwischen Rom und Wien nicht zu gefährden. Schließlich müsse man gemeinsam den Kommunismus abwehren.

Ihr Buch platzt mitten in den Wahlkampf. Mit der Feststellung, dass Figl, die Österreicher hinters Licht geführt hat, zeigen Sie, dass es die ÖVP mit Südtirol nicht immer gut gemeint hat.

Dass mein Buch just zur Zeit des Wahlkampfes erschienen ist, hat sich unbeabsichtigt so ergeben.

Setzt sich die ÖVP – unter Sebastian Kurz – jetzt wieder glaubwürdiger für die Südtiroler ein?

Nein! Am 3. Mai 2014 konnte man in der Südtiroler Tageszeitung „Dolomiten“ auf der Titelseite lesen, dass Außenminister Sebastian Kurz anlässlich eines Besuches in Südtirol erklärt hatte, dass Freistaatsfantasien von „Ewiggestrigen“ die Menschen in die Irre führten, denn man könne das Rad der Zeit nicht zurückdrehen. Damit beweist der amtierende Außenminister, dass er vom internationalen Völkerrecht nicht viel versteht.

„Südtirol – Opfer für das westliche Bündnis“ ist mittlerweile ihr viertes Buch über Südtirol. Was verbindet Sie mit Südtirol, dass Sie so engagiert forschen?

Persönliche Erlebnisse, persönliche Freundschaften und die mit dem ehemaligen Nordtiroler Landeshauptmann Wendelin Weingartner geteilte Hoffnung, dass die Geschichte uns eines Tages ein Fenster zur Tiroler Freiheit öffnen wird. Auch die Wiedervereinigung Deutschlands ist von niemandem vorhergesehen worden und dann doch plötzlich erfolgt.

Vielen Dank für das Interview!

Buchpräsentationen durch den Autor:

Helmut Golowischt: "Südtriol - Opfer für das westliche Bündnis"Buchpräsentation in Linz
Mittwoch, 20. September 2017
Beginn: 19:00 Uhr
Volkshaus Kleinmünchen, Dauphinestraße 19, 4030 Linz
Medienpartner: Magazin Info-DIREKT

Buchpräsentation in Innsbruck
Samstag, 23. September 2017
Gasthof Sailer, Saal Tirol, Adamgasse 8, 6020 Innsbruck
Beginn: 19:30 Uhr
Veranstalter: Andreas Hofer Bund Tirol

Nähre Informationen zu der Veranstaltung in Linz finden Sie hier!




Neuerscheinung: zeitgeschichtliches Werk enthüllt parteipolitisch motivierte Südtirol-Geheimdiplomatie

Der renommierte Historiker und Publizist Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Olt stellt die in Buchform erschienene Dokumentation „Südtirol – Opfer für das westliche Bündnis“ von Dr. Helmut Golowitsch vor.

Konspirative politische Händel zu Ungunsten Südtirols

 Wie ein bisher weitgehend im Dunkel verborgener Emissär das Nachkriegsgeschehen zwischen Wien und Rom hinter den Kulissen zu beeinflussen vermochte

von Reinhard Olt

Die Brenner-Grenze ist wieder da. Unter völkerwanderungsartig anschwellendem Zustrom afrikanisch-orientalischer Migranten über die „Italien-Route“ nach Mitteleuropa nimmt der enge Gebirgseinschnitt wieder seine Rolle als neuralgisches Kontroll-Areal am Übergang zum Bundesland Tirol ein, welches seit dem Schlagbaum-Abbau nach Österreichs EWG-Beitritt  (1. Januar 1995) als  obsolet galt.  Verschwunden war sie ja nicht wirklich, sondern lediglich „nicht mehr spürbar“, wie eine medial widerhallende stereotypisierte Politformel besagte und eher oberflächliche Betrachtung von Fahrzeuginsassen darüber hinwegrollender Automobilkolonnen  nahelegte.

Ob unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg tatsächlich die Chance für die in vielfachen eindrücklichen Willensbekundungen der Bevölkerung sowie die in politischen und kirchlichen Petitionen zum Ausdruck gebrachte Forderung nach Wiedervereinigung des 1918/19 geteilten Tirols bestand, ist unter Historikern umstritten. Unumstritten ist, dass das Gruber-De Gasperi-Abkommen vom 5. September 1946,  Grundlage für die (weit später erst errungene) Autonomie der „Provincia autonoma di Bolzano“,  dem die regierenden Parteien sowie der zeitgeistfromme Teil der Opposition in Wien, Innsbruck und Bozen heute den Rang einer „Magna Charta für Südtirol“ zubilligen, sich für Österreichs Politik jahrzehntelang als  „furchtbare Hypothek“ (Bruno Kreisky) erwies.

Das Gruber-Degasperi-Abkommen („Pariser Abkommen“) vom 5. September 1946 umfasst lediglich 40 Maschinschreibzeilen und besteht weitgehend aus unpräzisen Absichtserklärungen. Als Karl Gruber den Intentionen der Westalliierten folgend dieses Papier unterschrieb und damit die bis dahin offizielle österreichische Forderung nach Selbstbestimmung preisgab, hatte er vorher weder die Regierung in Wien informiert, geschweige denn eine Zustimmung des Nationalrats eingeholt.

 Gruber und De Gasperi

Allem Anschein nach fügte sich der österreichische Außenminister  Gruber seinerzeit ebenso seinem italienischen Gegenüber Alcide De Gasperi  wie den drängenden Siegermächten, um überhaupt etwas mit nach Hause bringen zu können. Es waren jedoch  nicht allein die aus der (geo)politischen Lage herrührenden Umstände und die Unzulänglichkeiten des damals zur Pariser Friedenskonferenz entsandten österreichischen Personals sowie das mitunter selbstherrliche Gebaren Grubers respektive der Druck, den die (west)alliierten Siegermächte auf die Beteiligten ausübten und schließlich ein anderes als das von den (Süd-)Tirolern erhoffte Ergebnis zeitigten. Eine soeben erschienene  Dokumentation des Zeithistorikers Dr. Helmut Golowitsch zeigt, dass auch hinter den Kulissen Akteure emsig und weitgehend inkognito am Geschehen beteiligt waren.

Insbesondere ein Kärntner Unternehmer übte einen bisher weithin unbekannten und im Blick auf das von der weit überwiegenden Bevölkerungsmehrheit in beiden Tirol sowie in ganz Österreich erhoffte Ende der Teilung des Landes fatalen Einfluss aus. Sein lautloses Mitwirken inkognito erstreckte sich nahezu auf den gesamten für den Südtirol-Konflikt zwischen Österreich und Italien bedeutsamen Geschehensablauf vom Kriegsende bis zur sogenannten „Paket“-Lösung Ende der 1960er Jahre, bisweilen lenkte er ihn in bestimmte Bahnen.

Hinter den Kulissen

Rudolf Moser
Der Pappe-Fabrikant Rudolf Moser aus Sachsenburg in Kärnten, ein geborener Wiener, wirkte im Hintergrund als Unterhändler auf parteipolitischer Ebene

Der Mann hieß Rudolf Moser, war 1901 in Wien geboren und in der christlich-sozialen Bewegung politisch sozialisiert worden. In Sachsenburg (Kärnten) leitete er die „A. Moser & Sohn, Holzstoff- und Pappenfabrik“, und als Industrieller gehörte er der vor allem auf die regierende Österreichische Volkspartei (ÖVP) stark einwirkenden Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft an. Mit dem ersten Bundeskanzler Leopold Figl, den er als seinen „engsten Jugendfreund“ bezeichnete, verband ihn wie er vermerkte, „in allen Belangen …. stets gegenseitige und vollständige Übereinstimmung und Treue“.

 

Rudolf Moser und Leopold Figl
In der Zeit des österreichischen Ständestaates der Ersten Republik war Rudolf Moser „Gauführer“ der „Ostmärkischen Sturmscharen“ in Kärnten-Osttirol. Sein Freund, der spätere österreichische Bundeskanzler Leopold Figl (ÖVP), hatte das gleiche Amt in Niederösterreich inne (Bild rechts).

Der Emissär

In Italien, wohin seine Firma gute Geschäftskontakte unterhielt,  hielt sich Moser häufig für länger auf und kam mit namhaften Persönlichkeiten des Staates ebenso wie mit katholischen Kreisen und dem Klerus in engen Kontakt. Moser, den auch Papst Pius XII. mehrmals in Rom persönlich empfing, wirkte zudem als Vertrauensmann des Vatikans. Insofern nimmt es nicht wunder, dass sich der die italienische Sprache mündlich wie schriftlich nahezu perfekt beherrschende und absolut diskret agierende Moser nach 1945  geradezu ideal für die Aufnahme, Pflege und Aufrechterhaltung einer trotz Südtirol-Unbill dennoch äußerst belastbaren Verbindung zwischen ÖVP und Democrazia Cristiana (DC) eignete, die sich weltanschaulich ohnedies nahestanden. Dazu passte, dass er sich der Rolle des (partei)politischen Postillons und verdeckt  arbeitenden Unterhändlers mit geradezu missionarischem Eifer hingab.

Verkaufte „Herzensangelegenheit“

Das erste für das Nachkriegsschicksal der Südtiroler bedeutende und in seiner Wirkung fatale Wirken Mosers ergab sich im Frühjahr 1946. Während nämlich die österreichische Bundesregierung offiziell – besonders Kanzler Figl, der in seiner Regierungserklärung am 21. Dezember 1945 vor dem Nationalrat gesagt hatte:

„Eines aber ist für uns kein Politikum, sondern eine Herzenssache, das ist Südtirol. Die Rückkehr Südtirols nach Österreich ist ein Gebet jedes Österreichers“ 

Die  Selbstbestimmungslösung mittels Volksabstimmung verlangte, die Außenminister Gruber gegenüber den Siegermächten und dem Vertreter Italiens in Paris bis dahin einigermaßen aufrecht erhalten hatte, wurde Rom auf der Ebene parteipolitischer Beziehungen vertraulich darüber in Kenntnis gesetzt, dass sich Wien gegebenenfalls auch mit einer Autonomielösung anstelle eines Plebiszits  einverstanden erklären könne. Das Signal dazu gab Figl via Moser, der über  Vermittlung eines  Priesters aus dem Trentino den gebürtigen Trientiner De Gasperi am 3. April 1946  im Palazzo del Viminale, dem  Amtssitz des italienischen Ministerpräsidenten,  zu einer ausgiebigen geheimen Unterredung traf.

Als Bundeskanzler Figl (Bild rechts) in Innsbruck die Südtiroler Unterschriften für die Rückkehr Südtirols zu Österreich entgegen nimmt und verkündet „Wir wollen unser Südtirol wieder!“, hat der Geheimunterhändler Rudolf Moser (links im linken Bild) dem italienischen Ministerpräsidenten Degasperi (auf dem linken Bild im Vordergrund) bereits die Bereitschaft der Bundesregierung zum Verzicht auf Südtirol übermittelt.

Dass das Duo Figl/Moser  damit Grubers Aktivitäten konterkarierte, dürfte auch dem Umstand geschuldet gewesen sein, dass die beiden ÖVP-Politiker  Figl und  Gruber  einander sozusagen „in herzlicher Abneigung“ zugetan waren. Dass es dem Kanzler  primär um gutnachbarschaftliche politische (und wirtschaftliche) Beziehungen Wiens zu Rom sowie vielleicht mehr noch um freundschaftliche Verbindungen zwischen seiner ÖVP mit De Gasperis DC zu tun war und dass er damit der alldem entgegenstehenden Sache Südtirols – wider alle öffentlichen Bekundungen und Verlautbarungen – schadete, spricht Bände.

 Widersprüchliches Gebaren

Dieses widersprüchliche politische Gebaren sollte sich, wie die von dem oberösterreichischen Forscher Helmut Golowitsch erstellte Dokumentation zeigt, unter allen auf Figl folgenden ÖVP-Kanzlern bis in die für das österreichisch-italienische Verhältnis äußerst schwierigen 1960er Jahre fortsetzen, unter der ÖVP-Alleinregierung unter Josef Klaus ihren Kulminationspunkt erreichen  und darüber hinaus – wie man als Beobachter späterer Phasen hinzufügen muss – gleichsam eine politische Konstante bilden, der in aller Regel die beanspruchte Schutz(macht)funktion Österreichs für Südtirol untergeordnet worden ist. Allen damals führenden ÖVP-Granden stand Rudolf Moser als emsig bemühtes, lautlos werkendes und wirkendes Faktotum zur Seite: Sei es als Organisator konspirativ eingefädelter Spitzentreffen inkognito – mehrmals in seinem Haus in Sachsenburg – , sei es als Emissär, mal als besänftigender Schlichter, mal operierte er als anspornender Impulsgeber. Mitunter war er verdeckt als Capo einer geheimen ÖVP-Sondierungsgruppe unterwegs oder auch gänzlich unverdeckt als Mitglied einer offiziellen ÖVP-Delegation auf DC-Parteitagen zugegen. Und nicht selten nahm er die Rolle eines Beschwichtigers von ÖVP-Politikern und -Funktionären wahr.

Geheime Treffen

So regte er die erste geheime Begegnung Figls mit De Gasperi an, wie aus einem mit Briefkopf des Kanzlers versehenen Schreiben vom 16. Juli 1951 an Moser hervorgeht. Das „inoffizielle Zusammentreffen“  fand im August 1951 – der genaue Tag ließ sich nicht rekonstruieren – im Hinterzimmer eines Gasthauses am Karerpass in Südtirol statt, wohin der in Matrei (Osttirol) sommerfrischende österreichische und der in Borgo (Valsugana) urlaubende italienische Regierungschef reisten, um sich „auf halbem Wege“ und „nach außen hin zufällig“ zu treffen. Über Inhalt und Ergebnis dieses ersten Geheimtreffens, worüber es keine Aufzeichnungen gibt – und weiterer konspirativer Begegnungen mit anderen Persönlichkeiten – wurden weder  Süd- noch Nordtiroler Politiker informiert.  Während des gesamten Zeitraums, für die Golowitschs Dokumentation steht, agierten ÖVP-Kanzler und ÖVP-Parteiführung  unter gänzlichem Umgehen der dem südlichen Landesteil naturgemäß zugetanen Tiroler ÖVP.

Eduard Wallnöfer
Als der Nordtiroler Landeshauptmann Eduard Wallnöfer erkennen musste, dass die Tiroler ÖVP von der Wiener Parteizentrale in Südtirol-Angelegenheiten ständig übergangen wurde, plante er eine Abspaltung der Nordtiroler ÖVP von der „Mutterpartei“ nach CSU-Vorbild.

Das ging sogar so weit, dass der legendäre  Landeshauptmann Eduard Wallnöfer wegen „wachsender Unstimmigkeiten mit der Wiener Parteizentrale“  – insbesondere während der Kanzlerschaft  des Josef Klaus, zu dem er ein „unterkühltes Verhältnis“ gehabt habe (Michael Gehler  –  eine „Unabhängige Tiroler Volkspartei“ (nach Muster der bayerischen CSU)  ernsthaft in Erwägung zog.  Indes war der aus dem Vinschgau stammende Wallnöfer   – nicht allein wegen der Südtirol-Frage, aber vor allem in dieser Angelegenheit  –  dem   Außenminister und nachmaligen Kanzler  Bruno Kreisky (SPÖ)  ausgesprochen freundschaftlich verbunden.

Delikate Besuche

Für das zweite  Geheimtreffen Figls mit De Gasperi am 18. und 19. August 1952 sorgte Moser, der es arrangiert hatte, auch eigens dafür, den  Ministerpräsidenten inkognito über den Grenzübergang Winnebach nach Osttirol zu schleusen und von dort aus auf sein Anwesen in Sachsenburg (Bezirk Spittal/Drau) zu geleiten. Während zweier Tage unterhielten sich De Gasperi und Figl bei ausgedehnten Spaziergängen unter vier Augen, niemand sonst war zugegen.

Moser (links im Bild) begrüßt den italienischen Ministerpräsidenten Degasperi bei dem Geheimtreffen vor seinem Haus in Sachsenburg.

Anschließend finden bei ausgedehnten Spaziergängen vertrauliche Unterredungen zwischen Degasperi und Figl statt.

In einem späteren Rückblick, angefertigt zu Weihnachten 1973, vermerkte  Moser:

„Seit 1949 gab es in meinem Kärntner Landhaus gar viele Zusammenkünfte, Besprechungen, Beratungen und Konferenzen, aber nicht selten wurden auch in fröhlichem Zusammensein weitreichende Beschlüsse gefaßt. Im Gästebuch dieses ,Hauses der Begegnung‘, wie es vielfach genannt wurde, gibt es von den delikaten Besuchen fast keinerlei Eintragungen, weil ja jedwede Dokumentation vermieden werden sollte.“

Julius Raab und Rudolf Moser
Moser (rechts im Bild) begrüßt Bundeskanzler Julius Raab vor seinem Haus in Sachsenburg.

Auf Figl folgte Julius Raab. Auch er war in Sachsenburg zu Gast, bediente sich Mosers Diensten hinsichtlich Italiens aber kaum. Das war auch gar nicht erforderlich, denn die politischen Prioritäten Wiens waren während Raabs Ägide vornehmlich auf das Ausverhandeln des Staatsvertrags (1955) und damit das Wiedererlangen der Souveränität gerichtet. Was dazu führte, dass es –  worüber in Bozen und Innsbruck  Unmut herrschte  –  in der Südtirol-Politik zu keinen nennenswerten Aktivitäten oder Initiativen mehr kam.

Handreichung für Folterer

Nach De Gasperi, mit dem sich Moser auch weiterhin freund(schaft)lich austauschte, wechselten in Italien die Regierungschefs beinahe jährlich; bis 1981 war das Amt des „Presidente del Consiglio dei Ministri“ stets  sozusagen  ein „Erbhof“ der DC. Bis zum Abschluss des Südtirol-Pakets 1969 unter Mario Rumor, der zwischen 1968 und 1970 drei wechselnden, DC-geführten und dominierten (Koalitions-)Regierungen vorstand, hatten sieben DC-Regierungschefs 14 Kabinetten vorgestanden. Mit allen pflegte(n) Moser (und die ÖVP) mehr oder weniger enge Kontakte.

Mario Scelba
Den italienischen Innenminister Mario Scelba (DC), mit dessen Wissen und Billigung verhaftete Südtiroler in den Carabinieri-Kasernen durch „Spezialisten“ verhört und dabei schrecklich gefoltert wurden, bezeichnete Moser als seinen „guten Freund“.

Zu Mario Scelba, der später   traurige Berühmtheit erlangte, weil unter seiner  Billigung 1961 in Carabinieri-Kasernen  politische Häftlinge aus den Reihen des „Befreiungsausschusses Südtirol“ (BAS) gefoltert worden waren und er als damaliger Innenminister den Folterknechten  dazu  „freie Hand“ („mani libere“) gelassen hatten, waren sie ebenso intensiv wie zu Fernando Tambroni, Antonio Segni, Amintore Fanfani und Aldo Moro. 1962 hatte Moser ein  geheimes Treffen zwischen dem stellvertretenden DC-Generalsekretär Giovanni Battista Scaglia sowie der DC-Fraktionsvizechefin  Elisabetta Conci  und ÖVP-Generalsekretär Hermann Withalm sowie Außenamtsstaatssekretär Ludwig Steiner eingefädelt, das in seinem Beisein  am 12. Mai in der am Comer See gelegenen „Villa Bellini“ der mit ihm  befreundeten Papierfabrikantin Anna Erker-Hocevar  stattfand. Einmütiger Tenor des Treffens: Südtiroler „Friedensstörer“ seien „gemeinsame Feinde“ und als solche „unschädlich zu machen“.

In dieser Villa am Lago di Como fand 1962 das von Moser arrangierte Geheimtreffen österreichischer ÖVP-Politiker und italienischer DC-Politiker statt.

Moser bekundete stets, man müsse, wie er selbst, beseelt sein vom Willen „engster vertraulicher Zusammenarbeit …mit den aufrechten Europäern und jenen Christen, welche den Mut haben, solche der Tat zu sein“  sowie beitragen zur „gemeinsamen Verurteilung jeder Äußerung von unzeitgemäßem Nationalismus und unchristlichen Gewalttaten“ und mithelfen, jene Kräfte zu isolieren und auszuschalten,  „die unbedingt Gegner einer Einigung, einer Versöhnung sind“.  An Scelba schrieb er am 16. September 1961, er möge „im Alto Adige  jene wahnsinnigen Radikalen  isolieren, welche mit verbrecherischen Taten sich als Handlanger des Bolschewismus erweisen“.

ÖVP-Geheimdiplomatie

Mosers Engagement ging so weit, dass er sich nicht scheute, daran mitzuwirken, hinter dem Rücken des damaligen Außenminister Kreisky (SPÖ) sozusagen „christdemokratische Geheimdiplomatie“ zu betreiben und dessen mit Giuseppe Saragat ausgehandeltes „Autonomie-Maßnahmenpaket“  zu desavouieren, welches die Südtiroler Volkspartei (SVP) dann auch am 8. Januar 1965  für „zu mager“ befand und infolgedessen verlangte, es müsse nachverhandelt werden. Schon am 6. Januar 1962  hatte er in einer an zahlreiche ÖVP-Politiker und -Funktionäre verschickten „Südtirol-Denkschrift“ bemerkt, Kreisky betreibe „eine dilettantisch geführte Außenpolitik.“  Das bezog sich just auf den seit den verheerenden Auswirkungen des Gruber-De Gasperi-Abkommens ersten zielführenden und erfolgreichen Schritt der Wiener Südtirol-Politik, nämlich der Gang Kreiskys 1960 vor die Vereinten Nationen. Die Weltorganisation zwang mittels zweier Resolutionen Italien zu „substantiellen Verhandlungen zur Lösung des Streitfalls“ mit Österreich, womit der Konflikt zudem internationalisiert und der römischen Behauptung, es handele sich um eine „rein inneritalienische Angelegenheit“ die Grundlage entzogen worden war.

Ludwig Steiner und Kurt Waldheim

In den Rom-freundlichen Kreisen der Bundes-ÖVP war dies jedoch mit Unwillen registriert  worden. Zunächst hatte ÖVP-Staatssekretär Ludwig Steiner versucht, Kreisky zu bewegen,

die österreichische UNO Initiative zurückzunehmen“,  denn „seiner Meinung nach  habe Italien in einer UNO Debatte d[er]z[ei]t. eine bessere Stellung und im übrigen solle man  nicht die westlichen Freunde Österreichs strapazieren.“

Kreisky vermerkte über  Steiner :

„Seit seinem Eintritt als Staatssekretär haben die Intrigen gegen die gemeinsame Außenpolitik in hohem Maße zugenommen.“

Ebenso vergeblich wie Steiner hatten auch (der spätere ÖVP-Außenminister) Kurt Waldheim und der damalige Leiter der Politischen Abteilung des Außenministeriums,  Heinrich Haymerle, versucht, Kreisky, wie dieser festhielt,  

„in stundenlangem Gespräch zu überreden, dass wir uns jetzt aus der Affäre ziehen sollten … Andernfalls würde Österreich als ein Störenfried betrachtet werden, und dies wäre uns keineswegs zuträglich“.

Rudolf Moser und Kurt Waldheim
Rudolf Moser (links) mit Außenminister Dr. Kurt Waldheim (rechts)

Mosers vielfältiges und nicht eben einflusslos gebliebenes Wirken  beschränkte sich indes nicht auf die eines Kontaktknüpfers oder Verbindungsmannes zwischen ÖVP und DC. Er betätigte sich auch auf  internationalem  Parkett  und vertrat die ÖVP auf den seit 1947 stattfindenden jährlichen Parteikongressen der DC sowie auf den Jahrestagungen  der „Nouvelles Équipes Internationales“ (NEI), die sich 1965 in  „Union Européenne des Démocrates-Chrétiens“ (EUDC) / „Europäische Union Christlicher Demokraten“ (EUCD) umbenannte. Die von Gegnern als „Schwarze Internationale“ verunglimpfte  EUCD ging  1998 in der Europäischen Volkspartei (EVP) auf.

Josef Klaus beugt sich römischem Druck

Der italophile Moser ist nicht selten als politischer Stichwortgeber auszumachen, wenn es um den Versuch der in Wien Regierenden – insbesondere der von der ÖVP gestellten Bundeskanzler der ersten 25 Nachkriegsjahre – ging, sich des mehr und mehr als lästig empfunden Südtirol-Problems zu entledigen. Dies trifft in Sonderheit auf die „Ära Klaus“ zu. Rudolf  Moser fungierte just in der Südtirol-Causa als dessen enger Berater und wirkte, wie stets zuvor, als graue Eminenz. Die Regierung Klaus ließ sich – von Rom in der von Wien angestrebten  EWG-Assoziierung  massiv unter Druck gesetzt – auf (verfassungs)rechtlich äußerst fragwürdige (bis unerlaubte) Händel ein, so beispielsweise auf die auf sicherheitsdienstlicher Ebene mit italienischen Diensten insgeheim verabredete Weitergabe polizeilicher Informationen über Südtiroler, obwohl dies für politische Fälle unzulässig war. Das Wiener Justizministerium und die für Rechtshilfe zuständigen Institutionen wurden dabei kurzerhand übergangen. Für all dies und einiges mehr gab Klaus, der hinsichtlich der Südtirol-Frage ähnlich dachte wie sein deklarierter Freund Rudolf Moser, allen Forderungen der italienischen Seite bereitwillig nach. Moser hatte alles getan, um im Sommer 1966 ein geheimes Treffen in Predazzo, wohin Klaus im Anschluss an seinen üblichen Urlaub (in Bonassola an der Ligurischen Küste) reiste, mit Aldo Moro zustande zu bringen.

Bundeskanzler Dr. Josef Klaus (ÖVP) zusammen mit dem italienischen Ministerpräsidenten Aldo Moro (DC) 1965 bei einem Treffen in Taormina.

Aus dem Dunkel ans Licht

Mosers konspiratives Wirken endete 1969/70.  Bevor er sich als Pensionist aufs Altenteil in seine Geburtsstadt Wien zurückzog, hinterließ er seine gesamten Aufzeichnungen, Dokumente und Photographien einem Kärntner Nachbarn. Begünstigt von einem glücklichen Zufall war es  Helmut Golowitsch nach langwierigen Recherchen gelungen, an den zeitgeschichtlich wertvollen Fundus zu gelangen, in den zuvor noch nie ein Historiker ein Auge geworfen hatte.

Ergänzt durch Material aus dem im niederösterreichischen Landesarchiv verwahrten Nachlass  Figls sowie durch einige Dokumente aus dem Österreichischen Staatsarchiv und dem Tiroler Landesarchiv hat er ihn umsichtig aufbereitet, ausgewertet und nunmehr in dieser voluminösen Dokumentation publiziert, worin  er die für die Geschehenserhellung brisantesten Notizen Mosers erfreulicherweise faksimiliert wiedergibt. Alle Moser’schen Dokumente hat Golowitsch zudem zu jedermanns Einblick und Nutzung dem Österreichischen Staatsarchiv übergeben. Seiner Publikation, die ein bisher im Dunkel verborgenes wichtiges Kapitel der mitteleuropäischen Nachkriegsgeschichte ins Licht hebt und, wie der Salzburger Historiker Reinhard Rudolf Heinisch zurecht in seinem Vorwort schreibt, „durch dessen Ergebnisse die tragische Geschichte Südtirols nach 1945 in vielen Bereichen umgeschrieben werden muss“, ist weite Verbreitung zu wünschen.

Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Olt
Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Olt

Der Verfasser dieses Beitrages, der Historiker Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Olt, war von 1985 bis 2012 Redakteur und Österreich-Korrespondent der angesehenen „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Er hat etwa 100 wissenschaftliche Publikationen verfasst und lehrt heute an österreichischen und ungarischen Hochschulen. Die Geschichte und das Geschick Südtirols liegen ihm besonders am Herzen. Er ist der Verfasser der reich bebilderten Dokumentation „Standhaft im Gegenwind. Der Südtiroler Schützenbund und sein Wirken für Tirol als Ganzes.“ (Neumarkt a. d. Etsch 2017 (Effekt-Verlag). ISBN 978-88-97053-39-2)

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Das vorliegende Werk von Helmut GolowitschSüdtirol – Opfer für das westliche Bündnis. Wie sich die österreichische Politik ein unliebsames Problem vom Hals schaffte“ sollte in keinem Bücherregal zur Tiroler Geschichte fehlen. Es ist in gebundener Ausgabe im Leopold Stocker Verlag in Graz erschienen, umfasst mit einem Vorwort von Univ.-Prof. Dr. Reinhard R. Heinisch rund 600 Seiten und ist über den Buchhandel mit der IBSN 978-3-7020-1708-8 für 34,80 € erhältlich.

In der Südtiroler Tageszeitung „Dolomiten“ vom 23.8.2017 wurde Golowitschs jüngstes Werk ebenso anerkennend besprochen. (Klicken Sie auf das Bild um ein PDF dieser Buchbesprechung zu öffnen)

Das Buch wird öffentlich vorgestellt:

Buchpräsentation durch den Autor in Linz

mit Lichtbildern
Mittwoch, 20. September 2017
Beginn: 19:00 Uhr
Volkshaus Kleinmünchen, Dauphinestraße 19, 4030 Linz
Medienpartner: Magazin Info-DIREKT

 

Buchpräsentation durch den Autor in Innsbruck

mit Lichtbildern und Podiumsdiskussion von Zeitzeugen
Einführung und Moderation Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Olt
Samstag, 23. September 2017
Gasthof Sailer, Saal Tirol, Adamgasse 8, 6020 Innsbruck
Beginn: 19:30 Uhr
Veranstalter: Andreas Hofer Bund Tirol (AHBT)




Einladung zur Buchpräsentation

Neues Buch erschüttert mit aktuellen Enthüllungen zur Preisgabe Südtirols

Buchpräsentation durch den Autor in Linz

mit Lichtbildern
Mittwoch, 20. September 2017
Beginn: 19:00 Uhr
Volkshaus Kleinmünchen, Dauphinestraße 19, 4030 Linz
Medienpartner: Magazin Info-DIREKT

 

Buchpräsentation durch den Autor in Innsbruck

mit Lichtbildern und Podiumsdiskussion von Zeitzeugen
Einführung und Moderation Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Olt
Samstag, 23. September 2017
Gasthof Sailer, Saal Tirol, Adamgasse 8, 6020 Innsbruck
Beginn: 19:30 Uhr
Veranstalter: Andreas Hofer Bund Tirol (AHBT)

Nachstehend eine Buchbeschreibung von Gerald Danner

Ein wenig Glück hatte dem Autor Dr. Helmut Golowitsch zur Seite gestanden, als er auf brisantes, bislang unbekanntes Aktenmaterial eines Kärntner Fabrikanten stieß. Der bislang nur am Rande erscheinende, aus Wien stammende und nun im kärntnerischen Sachsenburg tätige Pappefabrikant Rudolf Moser stellt sich nach den neuesten Recherchen als geheimer politischer Unterhändler Österreichs heraus. Genauer gesagt, als Unterhändler der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) mit der italienischen Democrazia Cristiana (DC).

Wie zu Beginn des Buches dargestellt wird, kommt es unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg 1947 zur Herausbildung der „Nouvelles Équipes Internationales“ einer „christdemokratischen Internationalen“, der allgemeine antikommunistische Strömungen in Westeuropa, gefördert durch den Vatikan und die amerikanische CIA, vorausgingen. Eine herausragende Stellung hierbei hatte der DC-Politiker und italienische Ministerpräsident Alcide Degasperi, der sich bei der Durchsetzung der antikommunistischen Strategie durchaus auch altfaschistischer Kräfte bediente.

In ebendieses politische Nachkriegsklima fällt erneut die Südtirolfrage, welche seit der gewaltsamen Annektierung Südtirols durch Italien 1918 ungeklärt ist. Nach dem Zweiten Weltkrieg hoffen die Tiroler südlich des Brenners bei der Neuordnung Europas durch die alliierten Siegermächte berücksichtigt und an ihr Vaterland Österreich zurückgegliedert zu werden. Die großen Südtirol-Kundgebungen des Jahres 1946 in Innsbruck, Salzburg, Linz, Bozen, Brixen, Meran und Wien werden in diesem Buch bildreich festgehalten und ausführlich dokumentiert. Als Bundeskanzler Leopold Figl bei der Großkundgebung in Innsbruck am 22. April 1946 155.000 Südtiroler Unterschriften für eine Rückkehr zu Österreich überreicht werden, ruft dieser der jubelnden Menge zu

Jawohl Mander, es isch Zeit, wir wollen unser Südtirol wieder!

Zu diesem Zeitpunkt ist aber der Unterhändler Rudolf Moser bereits tätig gewesen. Kurze Zeit vorher, am 03. April 1946, hatte sich Moser mit dem italienischen Ministerpräsidenten Alcide Degasperi in Rom getroffen. Es war ein auf hoher Ebene bereits gut vorbereitetes Treffen gewesen.

Als Bundeskanzler Figl (Bild rechts) in Innsbruck die Südtiroler Unterschriften für die Rückkehr Südtirols zu Österreich entgegen nimmt und verkündet „Wir wollen unser Südtirol wieder!“, hat der Geheimunterhändler Rudolf Moser (links im linken Bild) dem italienischen Ministerpräsidenten Degasperi (auf dem linken Bild im Vordergrund) bereits die Bereitschaft der Bundesregierung zum Verzicht auf Südtirol übermittelt.

Wie die im Buch veröffentlichten Dokumente, vor allem die handschriftlichen Notizen des Rudolf Moser, offenbaren, hat die ÖVP-Bundesspitze in Wien den Verbleib Südtirols bei Italien bereits akzeptiert. Moser berichtet:

„Italien und Österreich haben beide christlich-demokratische Führung und die Wirtschaft ist zueinander komplementär. Auch haben wir ideologisch den gleichen Gegner. Sollen wir streiten, ob in Salurn ob am Brenner oder sonstwo die Grenze gezogen wird? Mir kommt vor nach diesem schrecklichen Krieg sollte man hierfür nicht Zeit verlieren wegen trennender Grenzen zu streiten vielmehr gemeinsam überlegen in welcher Weise zum Vorteil beider Partner die Grenzen abgebaut und überwunden werden. De Gasperi wird lebhaft und zeigt sich sehr interessiert von dieser Idee.“

In einem späteren parteiinternen Rundschreiben aus dem Jahre 1975 erinnert sich Moser

Die Ursache der Zwistigkeit? SÜDTIROL. Spontan war die Lösung gefunden worden ‚DIESES GEBIET SOLL DIE BRÜCKE WERDEN!‘ in Worten interpretiert: Kein Streit, kein Gegensatz um Verschiebung der Nordgrenze Italiens, aber eine gemeinsame und einvernehmliche Überwindung derselben.“

Beim Lesen dieser Zeilen wird man an das Hitler-Mussolini-Abkommen aus dem Jahre 1939 erinnert. Auch für Hitler durfte Südtirol kein Stolperstein in der Beziehung zwischen den beiden Achsenmächten sein. Nun aber sollten die politischen Kontakte und Verhandlungen aber auf Parteiebene ÖVP-DC stattfinden. Der Unterhändler Moser erklärt Degasperi gegenüber daher auch,

daß ich lediglich als Privatperson mit ihm gesprochen habe, weiters daß Österreich keine wie immer geartete außenpolitische Aktivität entfalten könne, die Fühlungsnahme sich daher vorläufig nur von Partei zu Partei erstrecken könne.

„In der Folge sollte Moser so gut wie alle einflussreichen Persönlichkeiten der DC kennenlernen und durch Jahrzehnte beste Kontakte mit dieser Führungsebene pflegen“, schreibt der Autor Golowitsch.

Die persönlichen Beziehungen zu den einzelnen Parteifunktionären gestalten sich immer herzlicher und umfangreicher, weshalb ich mich seit Sommer 1946 bemühte, daß führende Funktionäre unserer Partei nach Italien kommen mögen, um den Kontakt aufzunehmen

notiert Moser in einer Denkschrift. Tatsächlich organisiert Moser dann 1952 ein geheimes Treffen zwischen Bundeskanzler Figl und Ministerpräsident Degasperi in seinem eigenen Haus in Sachsenburg in Kärnten. Fotos von der Herzlichkeit dieses Geheimtreffens werden in diesem Buch der Öffentlichkeit vorgelegt.

Moser (links im Bild) begrüßt den italienischen Ministerpräsidenten Degasperi bei dem Geheimtreffen vor seinem Haus in Sachsenburg.

Anschließend finden bei ausgedehnten Spaziergängen vertrauliche Unterredungen zwischen Degasperi und Figl statt.

Wie Golowitsch in dieser Dokumentation darstellt, zieht sich die Tätigkeit des geheimen Unterhändlers Moser nahezu durch die ganze Entstehungsgeschichte der Autonomie Südtirols wie ein roter Faden. 1966 erhält Moser als Vertrauensmann der Democrazia Cristiana sogar Einblick in parteiinterne italienische Verhandlungspositionen, welche er zuhause in Wien Bundeskanzler Klaus „schmackhaft“ machen sollte. In einem Brief an den italienischen Ministerpräsidenten Aldo Moro schreibt Moser gar:

Der persönliche Kontakt zwischen den Verhandlungspartnern darf sich nicht auf Kommissionen beschränken, welche zur Lösung begrenzter Aufgaben nominiert werden. Hingegen ist ein kontinuierlicher und ständiger Kontakt zwischen Vertrauensleuten aller Vertragspartner notwendig; das heißt, Delegierte, welche es verstehen, die freundschaftliche Einigung eher zu treffen, bevor daß ein Mißverständnis oder eine übelwollende Aktion irgend einer gegnerischen Strömung, nationaler oder internationaler Art, die guten Beziehungen schädigen oder stören könnte.

Gemeint waren damit die geheimen Verhandlungen unter Umgehung der Außenministerien beider Staaten.

Der von der Wiener ÖVP-Bundesspitze nicht geliebte österreichische Außenminister Bruno Kreisky (SPÖ) schlägt damals nämlich einen konsequenteren Kurs in der Südtirolpolitik ein, als dies von den christdemokratischen Regierungsmitgliedern Österreichs erwünscht ist. 1960 bringt er zu deren Missfallen das Südtirol-Problem vor die UNO.

In einem ÖVP-internen Rundbrief an Parteifunktionäre bekundet Moser 1967 bezüglich der Folterungen von Südtiroler Häftlingen „daß die Folterungen von Südtiroler Seite maßlos aufgebauscht und übertrieben worden sind“. Und: „Hand aufs Herz! Wer wüßte einen Staat, einen einzigen Kulturstaat der Welt zu nennen, wo von Seiten der Polizei noch niemals Übergriffe oder Mißhandlungen vorgekommen seien.

Auf erschütternde Art und Weise deckt Helmut Golowitsch in seinem neuesten Werk auf, welche Auffassungen von bestimmten ÖVP-Bundespolitikern vertreten wurden und wie sich diese hinter den Kulissen auf die Südtirol-Verhandlungen auswirkten, während der Öffentlichkeit harte Verhandlungspositionen gegenüber Italien vorgegaukelt wurden.

Weiterhin dokumentiert der Verfasser eine geheime italienisch-österreichische Zusammenarbeit auf hoher sicherheitsdienstlicher Ebene vor dem Hintergrund des freundschaftlichen Zusammenwirkens der christdemokratischen Parteien. Ab 1966 fanden in regelmäßigen Abständen im neutralen Zürich geheime Besprechungen zwischen sicherheitsdienstlichen Funktionären beider Staaten statt. Darüber hat auch der Historiker Hubert Speckner in seinem Buch „Von der „Feuernacht“ zur „Porzescharte“ bereits berichtet.

Die Züricher Geheimtreffen sind in geheimen Verschlussakten des österreichischen Innenministeriums sogar mit genauen Wortprotokollen dokumentiert.

Der Autor Golowitsch dokumentiert, dass jene Treffen eindeutig rechtswidrig gewesen waren, da sie eine Umgehung offizieller zwischenstaatlicher Rechtshilfeverfahren darstellten. Gemäß einem österreichischen Rechtshilfeerlass von 1959 war nämlich „in politischen Fällen die Rechtshilfe durch Überlassung von Akten nicht nur ausländischen Justizbehörden gegenüber, sondern grundsätzlich an ‚ausländische Behörden‘ ohne jede Ausnahme ohne Bewilligung des Justizministeriums zu verweigern“. Die österreichischen Vertreter betonten auf diesen geheimen „Antiterrorgipfel“ gegenüber den italienischen Delegierten daher immer wieder, dass „diese (über Südtirol-Freiheitskämpfer ausgetauschten) Informationen nicht zum Anlass einer Verhaftung, Verfolgung oder Befragung einer Person, sondern lediglich zu deren Beobachtung genommen werden dürfen.“ Die Rechtswidrigkeit des Verhaltens der österreichischen Seite durfte nicht öffentlich werden. Oberpolizeitrat Dr. Eduard Obrist von der Sicherheitsdirektion Tirol, welcher bei den geheimen Treffen und dem Austausch von Ermittlungsergebnissen anwesend war, flehte die Italiener geradezu an:

Es muss nur sichergestellt werden, daß die direkten Kontakte nicht offenbar werden. Wir halten das sonst bei der Bevölkerung nicht aus.

Die Dokumentation beschreibt das Geschehen bis zum 25. Juni 1967. An diesem Tag wurden im italienisch-österreichischen Grenzgebiet der Provinz Belluno auf der Porzescharte laut offizieller italienischer Darstellung vier italienischen Soldaten durch von „Südtirol-Terroristen“ gelegte Tretminen tödlich verletzt. (Diese Darstellung hat der österreichische Militärfachmann und Historiker Oberst Dr.  Hubert Speckner in seinem Buch „Von der „Feuernacht“ zur „Porzescharte“ mittlerweile gründlich anhand von Fakten widerlegt.)

Das Geschehen auf der Porzescharte wurde aber von der italienischen Seite zum Anlass genommen, offiziell die Assoziierung Österreichs an die EGW zu blockieren und Wien politisch noch stärker unter Druck zu setzen.

Dieses Geschehen wird jedoch in einem Folgeband der vorliegenden Dokumentation behandelt werden, welcher im Frühjahr 2018 erscheinen soll.

In Rom schätzte man die verdeckte Tätigkeit des Geheimunterhändlers und christdemokratischen Freundes Rudolf Moser sehr. 1976 ernannte der italienische Staatspräsident Rudolf Moser zum „Commendatore“ – zum „Ordensritter“ – und verlieh ihm einen hohen italienischen Orden.

Dr. Helmut Golowitsch, hat sich bereits mit Werken wie „Kapitulation in Paris – Ursachen und Hintergründe des Pariser Vertrags 1946“ (Mitautor Walter Fierlinger), „Ortlerkämpfe 1915-1918“ und der zuletzt in zweiter Auflage erschienenen Dokumentation „Für die Heimat kein Opfer zu schwer – Folter – Tod – Erniedrigung: Südtirol 1961-1969“ als Südtirol-Historiker einen Namen gemacht.

Die hinterlassenen Akten des Geheim-Unterhändlers Rudolf Moser wurden durch den Autor mittlerweile an das österreichische Staatsarchiv zur Übernahme in dessen Bestände übergeben und sind somit der Wissenschaft frei zugänglich.

Das vorliegende Werk von Helmut GolowitschSüdtirol – Opfer für das westliche Bündnis. Wie sich die österreichische Politik ein unliebsames Problem vom Hals schaffte“ sollte in keinem Bücherregal zur Tiroler Geschichte fehlen. Es ist in gebundener Ausgabe im Leopold Stocker Verlag in Graz erschienen, umfasst mit einem Vorwort von Univ.-Prof. Dr. Reinhard R. Heinisch rund 600 Seiten und ist über den Buchhandel mit der IBSN 978-3-7020-1708-8 für 34,80 € erhältlich.




„Standhaft im Gegenwind“

Das ist der Titel eines neuen Buches des Publizisten und Historikers Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Michael Olt, welches am 29. April 2017 auf der Bundesversammlung des Südtiroler Schützenbundes der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.

Auch die Südtiroler Tageszeitung „Dolomiten“ berichtete darüber:

Reinhard Olt

Eine höchst informative Darstellung der jüngeren Zeitgeschichte Südtirols

Olt hat mit seinem Werk eine Lücke in der Aufarbeitung der jüngeren Zeitgeschichte Südtirols geschlossen. Sein Buch schildert nicht nur die Entwicklung des Südtiroler Schützenwesens, es ist auch eine detaillierte – sich aber nicht in Nebensächlichkeiten verlierende – Darstellung der jüngeren Zeitgeschichte Tirols und liefert eine Fülle von Informationen, die man in zahlreichen anderen Publikationen so nicht vorfindet. Die zeitgeschichtlichen Informationen werden ergänzt durch Bilder, die zum Teil erstmals veröffentlicht werden.

Von den Anfängen zur Gegenwart

Ausgehend von der Schilderung der historischen Ursprünge des Tiroler Schützenwesens und dessen prägenden Beiträgen zur Wehrhaftigkeit, zum Freiheitswillen und somit zur Identität Tirols kommt der Verfasser rasch auf die jüngeren Zeitläufte zu sprechen.

Militärisch trat das Tiroler Schützenwesen letztmals im Jahre 1915 in Erscheinung, als die für den regulären Kriegsdienst zu alten oder zu jungen Freiwilligen in den Reihen der Standschützen Tirol an der Hochgebirgsfront erfolgreich gegen den Überfall des vertragsbrüchigen Königreichs Italien verteidigten.

Die Annexion Südtirols führte zur Auflösung des Schützenwesens und zur Beschlagnahme seines Eigentums durch Italien.

Georg Klotz
Der Schützenmajor und spätere Freiheitskämpfer Georg Klotz

Nach 1945 gelang es Patrioten wie dem unvergesslichen Schützenmajor und späteren Freiheitskämpfer Georg Klotz, das Schützenwesen in Südtirol neu zu beleben. Dies geschah gegen den andauernden Widerstand eines Staates, der zäh sein geistiges faschistisches Erbe verteidigte und den Schützen mit zahlreichen Schikanen und Verboten Steine in den Weg legte.

In Rom war man sich der Bedeutung des Schützenwesens bewusst. Dessen geistiges Erbe war die Bewahrung der Identität, der Freiheit Tirols und das Streben nach Wiedergewinnung der Landeseinheit. Es ging um den Schutz der Heimat. In den Augen der römischen Politiker war dies natürlich Hochverrat. Die Schützen traten für ihre Ziele nun mit geistigen statt militärischen Waffen ein.

Die Reihen der Schützen bildeten sich vorwiegend aus den „kleinen Leuten“ des Landes. Sie waren nicht bestechlich. Sie lebten nicht von der Politik, sondern brachten persönliche Opfer. Ihnen konnte man im Gegensatz zu manchen Parteipolitikern nicht augenzwinkernd politische Gegengeschäfte vorschlagen oder sie durch persönliche Zuwendungen korrumpieren.

Professor Dr. Olt zeichnet nach, wie „Klotz und mutige Gleichgesinnte“ nach der gewaltigen Volkskundgebung von Sigmundskron von 1957 den „Südtiroler Schützenbund“ (SSB) ins Leben riefen. Dabei stand ihnen die damalige Sammelpartei aller Südtiroler, die „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) zur Seite. Der Landeshauptmann Dr. Alois Pupp wurde erster Landeskommandant.

Das Freiheitsstreben des Landes sichtbar gemacht

Das Freiheitsstreben des südlichen Tirols wurde der ganzen Welt vor Augen geführt, als die Schützen auf dem großen Landesfestumzug von 1959 in Innsbruck nicht nur der Taten Andreas Hofers und seiner Mitstreiter vor 150 Jahren gedachten, sondern eine riesige schmiedeeiserne Dornenkrone unter begeisterter Zustimmung der Bevölkerung durch die Straßen Innsbrucks trugen. Die Dornenkrone drückte den Schmerz über die Landesteilung aus – und die Bevölkerung verstand dies sehr gut.

Dornenkrone
Die Dornenkrone von 1959

In Rom reagierte man wie zu Mussolinis Zeiten mit Ausrückungsverboten, Versammlungsverboten, Verbot der Schützentrachten, Fahnenverboten und allen sonst erdenkbaren Schikanen.

Der „Südtiroler Schützenbund“ (SSB) musste seine Tätigkeit einstellen. Diese Maßnahmen waren aber nur Teil einer viel größeren Repression, welche die gesamte deutsche und ladinische Bevölkerung Südtirols traf und zu einer unhaltbaren Situation führte, die sich zunächst in einzelnen Anschlägen und schließlich 1961 dann in der „Feuernacht“ des Freiheitskampfes entlud.

Persönliche Opfer

Luis Amplatz
Luis Amplatz wurde von einem Agenten im Auftrag des italienischen Staates ermordet

Zahlreiche Schützen wurden verhaftet, von den Carabinieri schwer gefoltert und gingen für viele Jahre ins Gefängnis. An den Folgen der erlittenen Folter starb der Schütze Franz Höfler. Der Schütze Luis Amplatz wurde im Auftrag der italienischen Polizei von einem Agenten heimtückisch im Schlaf ermordet, während der Schütze Georg Klotz sich schwer verletzt retten konnte.

Die Zeit des Freiheitskampfes war auch die Zeit der Unterdrückung des Schützenwesens im südlichen Tirol. Erst ab 1967 konnte der „Südtiroler Schützenbund“ wieder in Erscheinung treten und tat dies in alter Grundsatztreue.

Lösen aus Bevormundung

 Der zeitgeschichtliche Berichterstatter Prof. Dr. Olt schildert, wie die Schützen sich aus der Vormundschaft der SVP befreiten, als die Partei sich immer mehr zur Erfüllungspolitik gegenüber Rom bereitfand. Die Schützen indes waren nicht bereit, in ihrer Montur lediglich als farbenprächtiger Aufputz für Parteiveranstaltungen zu dienen. So kam es zu einer allmählichen Loslösung von der SVP.

Verfolgung durch die Staatsmacht

1987 demonstrierte ein überparteiliches Komitee, dem sowohl einige SVP-Funktionäre als auch Schützen angehörten, in Wien anlässlich der internationalen KSZE-Konferenz für das Selbstbestimmungsrecht der Südtiroler.

Die italienische Justiz packte daraufhin den immer noch in Geltung befindlichen faschistischen Repressionsparagraphen 269 des Strafgesetzbuches („Staatsfeindliche Tätigkeit im Ausland“) aus der Mottenkiste der Geschichte und ließ die Demonstrationsteilnehmer verhaften.

Die Spitze der „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) verhielt sich ebenso wie die österreichische Regierungspartei ÖVP mehr als zurückhaltend, um in Rom nicht unliebsam anzuecken.

Letztendlich musste das skandalöse Verfahren nach dem alten Faschistenparagraphen, welches mittlerweile in ganz Europa Aufmerksamkeit erregt hatte, wieder eingestellt werden.

Die Schützen hatten sich die Schneid nicht abkaufen lassen. Im Frühjahr 1991 demonstrierten sie in Bozen für die Entfernung des faschistischen „Siegesdenkmals“ und ließen sich weder durch Anpöbelungen junger italienischen Neofaschisten, noch durch Strafbescheide der italienischen Justiz beeindrucken.

Auch auf dem Alpenregionsfest in Matrei bekräftigten die Schützen ihre Botschaft.

Fernsehübertragungen machten die Tatsache des Weiterbestehens faschistischer Denkmäler in Südtirol in ganz Europa bekannt.

Die Schützen standen und stehen zu ihren Überzeugungen

Am 15. September 1991 fand auf den Wiesen oberhalb des Brennerpasses, welcher das Land Tirol bis heute teilt, eine von der SVP-Spitze abgelehnte Großkundgebung unter der Devise „Nachdenken über Tirol“ statt. Viele tausende Schützen aus allen Landesteilen bekundeten ihr Eintreten für die Selbstbestimmung.

Prof. Dr. Olt schildert in seinem reich bebilderten Werk auch weitere Initiativen der Schützen und öffentliche Kundgebungen, die wiederum Gerichtsverfahren unter Verwendung alter faschistischer Repressionsparagraphen nach sich zogen.

Die Schützen ließen und lassen sich von solchen Schikanen nicht abschrecken. Sie demonstrieren gegen das Weiterleben des Faschismus in Südtirol, gegen die Faschistendenkmäler und fordern öffentlich die Abschaffung der erfundenen faschistischen Ortsnamen

Doppelspiel der Politiker

Die akribische Zeitgeschichtsschreibung Olts fördert zutage, wie die Bestrebungen der Schützen von einigen Politikern südlich wie nördlich des Brenners auf der öffentlichen Bühne vor den Kulissen lauthals gelobt und hinter den Kulissen hintertrieben und sabotiert wurden.

Deutlich wurde diese Taktik, als im Jänner 2006 die Landeskommandanten der Südtiroler wie der Nordtiroler Schützen dem österreichischen Nationalratspräsidenten Andreas Khol (ÖVP) eine Petition überreichten. In dieser wurde erbeten, dass die Republik Österreich einen Passus in ihre Verfassung aufnehme, in welchem das Bekenntnis Österreichs zur Wahrung des Selbstbestimmungsrechts für die Südtiroler festgeschrieben werden sollte.

Das Bedeutsame an der Petition: 113 von insgesamt 116 Südtiroler Bürgermeistern sowie zahlreiche Amtskollegen aus Nord- und Osttirol hatten dieses Begehren mit ihrer Unterschrift bekräftigt.

 

 

 

Andreas Kohl

 

Berichterstattung in den „Dolomiten“ vom 24. Jänner 2006

Der Zeithistoriker Olt schildert im Detail, wie diese Resolution von einigen ranghohen Politikern zunächst vor der Presse laut gelobt, dann aber im Verborgenen sabotiert und letztlich mithilfe eines Geschäftsordnungstricks nicht einmal im Österreichischen Nationalrat behandelt wurde. In ähnlicher Weise wurde mit der Forderung verfahren, die Schutzmachtfunktion Österreichs in der Bundesverfassung zu verankern.

Virtuelle „Landeseinheit“ in den Köpfen statt tatsächlicher Landeseinheit

Das Bestreben, nur ja keine Verstimmung in die Beziehungen zu Rom einfließen zu lassen, führte in der Folge zu seltsamen Selbstdarstellungen von Politikern.  Politiker wie Andreas Khol verkündeten und verkünden bis heute unverdrossen, dass die „Landeseinheit“ in der EU bereits erreicht sei. Es gehe nur noch darum, die Grenzen in den „Köpfen und Herzen“ zu beseitigen.

Die Tatsache, dass die italienische Staatsmacht auch nach der Petition der Schützen und Bürgermeister wiederum auf einschüchternde Weise strafrechtlich ermitteln ließ, zeigt die Lächerlichkeit des Versuchs auf, die reale Landesteilung zu leugnen.

Die Schützen widerstehen dem Gegenwind

Eine Politik dauernder Willfährigkeit gegenüber Rom hat in Südtirol zu katastrophalen Ergebnissen geführt. Die einstmals durch ihre Geschlossenheit starke Sammelpartei SVP ist heute geschwächt und hat den Anspruch auf die Gesamtvertretung der Volksgruppe verloren.

Längst schon tritt diese Partei nicht mehr für die Selbstbestimmung Südtirols ein und hat damit ihren Gründungsauftrag aufgegeben.

Prof. Dr. Olt schildert in seinem packend geschriebenen und mit zahlreichen Zeitdokumenten ausgestatteten Werk, wie der Südtiroler Schützenbund durch zahlreiche Auftritte und Aktionen die Forderung des „Los von Rom“ nicht verstummen lässt. Sowohl die Teilnehmerzahlen als auch das publizistische Echo bewirken, dass das Verlangen nach Loslösung von Italien im öffentlichen Raum ein Diskussionsthema bleibt. Meinungsumfragen haben mehrfach bekräftigt, dass im Falle einer Volksabstimmung diese wohl nicht zugunsten Roms ausgehen dürfte.

Prof. Dr. Olt, der als Korrespondent der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ viele Jahre hindurch die Entwicklung in Südtirol vor Ort beobachtet und darüber berichtet hat, entrollt vor dem Leser ein spannendes Szenarium von höchster Aktualität. Wer dieses Buch gelesen hat, kann die jüngsten politischen Entwicklungen in Südtirol besser verstehen. Es ist auch ein tröstliches Buch, denn es berichtet vom Mut und von der Zuversicht unserer Landsleute im von nicht wenigen für besetzt erachteten Süden.

Die Schützen widerstehen dem Gegenwind. Sie widerstehen Schikanen und Verfolgung, und sie lassen sich durch das Versagen eigener Politiker nicht entmutigen.

Das letzte Wort ist in Bezug auf die Zukunft dieses Landes noch nicht gesprochen. Vor allem auch dank der Schützen!

Das vorliegende Buch des Zeithistorikers Prof. Dr. Olt ist eine fesselnde Darstellung der jüngeren Geschichte des geteilten Landes Tirol und eine wahrhafte Fundgrube an Informationen, die aus der Zeitgeschichtsschreibung und aus der politischen Publizistik bisher ausgeblendet wurden.

Bibliographische Angaben:

Buch: Standhaft im GegenwindReinhard Olt:
Standhaft im Gegenwind – Der Südtiroler Schützenbund und sein Wirken für Tirol als Ganzes“

Verlag Effekt GmbH
Neumarkt a.d. Etsch 2017

364 Seiten, Format 260×235 mm; Hardcover, illustriert; 25.- Euro

 ISBN 978-88-97053-39-2 




Liquidierung des lästigen Südtirol-Problems!

Der österreichische Bundesminister Kurz in alter ÖVP-Tradition

Am 29. November 2016 traf der junge SVP-Obmann Philipp Achammer mit dem österreichischen Jung-Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) in Wien zusammen. Zweck des Gespräches war es, eine Unterstützungserklärung des österreichischen Außenministers für die SVP-Wahlempfehlung für das Verfassungsreferendum am 4. Dezember 2016 zu erhalten.

Bekanntlich unterstützen der Südtiroler Landeshauptmann Kompatscher und sein Parteiobmann Achammer zum Entsetzen der früheren Altmandatare der SVP die zentralistische Verfassungsreform der Regierung Renzi. Sie und der darauf vergatterte Parteiausschuss der SVP fordern die Bevölkerung auf, mit einem „JA“ bei der Stimmabgabe die Umwandlung Italiens in einen autonomiefeindlichen Zentralstaat zu unterstützen.

In Wien bekam Achammer die gewünschte Unterstützung durch den Außenminister Kurz.

Unbekümmerte Verkündung der Unwahrheit

Kurz
Im Anschluss an das Treffen wurde von beiden Politikern unbekümmert die Unwahrheit verkündet, dass es „eine allfällige Überarbeitung des Autonomiestatutes nur mit Zustimmung Südtirols und unter Einbeziehung Österreichs geben wird und darf.“ („Dolomiten“ vom 30. 11. 2016)

Nachstehend eine Presseaussendung vom Südtirol-Sprecher der FPÖ, Werner Neubauer:

FPÖ / Neubauer / Südtirol / Bundesregierung

30.11.2016, 14:25 | OTS0200 | Freiheitlicher Parlamentsklub – FPÖ

FPÖ-Neubauer: Bundesminister Kurz leistet Offenbarungseid zum italienischen Verfassungsreferendum

„ÖVP will sich Südtirol-Problem vom Hals schaffen!“

Werner NeubauerWien (OTS) – Der freiheitliche Südtirol-Sprecher NAbg. Werner Neubauer gab heute zur Erklärung des österreichischen Außenministers Kurz zum anstehenden Verfassungsreferendum in Italien folgende Erklärung ab: „Die von Minister Kurz angesprochenen Erklärungen einzelner italienischer Politiker in der jüngsten Vergangenheit zur Südtirol-Autonomie waren lediglich unverbindliche, allgemein gehaltene Absichtserklärungen, ohne rechtliche Bindewirkung für deren Nachfolger. Es handelt sich hier um keine vertraglichen Vereinbarungen, die vor dem IGH in den Haag eingeklagt werden und damit Aussicht auf Erfolg haben könnten. Derartige, unverbindliche Absichtserklärungen hat es seit dem Pariser Vertrag seit 1946 eine ganze Reihe gegeben und sie wurden in der Vergangenheit noch nie eingehalten. Angesichts der jahrzehntelangen Erfahrungen mit einer oft doppelzüngigen italienischen Diplomatie muss man bei allen Vereinbarungen mit Rom auf einer klaren und einklagbaren vertraglichen Regelung bestehen. Ansonsten ist das negative Ergebnis vorprogrammiert.“

„Die Art und Weise, mit der Außenminister Kurz den römischen Wünschen zusammen mit LH Kompatscher entgegenzukommen bereit ist, fügt sich ein in eine jahrzehntelange Tradition der ÖVP, sich das ‚lästige‘ Südtirol-Problem vom Leibe schaffen zu wollen. Der Verweis von Minister Kurz auf die Situation des Jahres 1992 anlässlich der Streitbeilegungserklärung ist völlig unsachlich. Wenn es um ein drittes Autonomiestatut geht und Österreich keine Parteienstellung einnehmen sollte, scheidet Österreich für die Zukunft als Schutzmacht und als Mitspracheberechtigter für die deutsche und ladinische Minderheit in Italien völlig aus. Genau dies scheint aber offenkundig in der Absicht des Außenamtes zu liegen. Jüngste Interpretationen zur Autonomie und Selbstbestimmungsrecht zeigen einen rasanten Kurswechsel“, so Neubauer.

„Für Südtirol ist es eine zusätzliche Tragödie, dass Landeshauptmann Kompatscher an der Beseitigung der Schutzmachtrolle Österreichs aktiv mitwirkt. Mit vollem Recht lehnt sich der Klub der Altmandatare in der SVP daher dagegen auf und erhebt seine warnende Proteststimme. Was die Behauptung des österreichischen Außenministers Kurz betrifft, Rom hätte sich dazu verpflichtet, die künftige Autonomiegestaltung nur im Einvernehmen mit der Südtiroler Bevölkerung vorzunehmen, so ist diese schlicht weg falsch! Bundesminister Kurz dürfte hier wieder einmal ganz schlecht beraten sein. Völkerrechtsexperte Univ. Prof. Dr. Matscher, hat bereits im Jahre 1992 in seinem Gutachten warnend den Finger erhoben, viele, wie Dr. Oskar Peterlini, tut es auch heute noch. Rom lässt sich in Wahrheit eine weitgehende Entscheidungsfreiheit offen!“, so Neubauer und weiter: „Als Südtirolsprecher der FPÖ bitte ich deshalb unsere Landsleute in Südtirol diesem verderblichen Kurs nicht zu folgen und bei dem bevorstehenden Verfassungsreferendum mit ‚Nein‘ zu stimmen.“

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