Andreas Hofer – Zum 250. Geburtstag des Tiroler Volkshelden

Authentisches Portrait des Oberkommandanten der Tiroler Landesverteidigung, Andreas Hofer, gemalt von Jakob Placidus Altmutter.

Der langjährige Österreich-Korrespondent der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und jetzige Universitätsprofessor Dr. Dr. h.c. Reinhard Olt hat dem SID freundlicherweise nachstehenden Beitrag zur Verfügung gestellt.

Von Reinhard Olt

Die Tiroler verehren ihn als Helden. Ganz gleich, ob sie seiner in Nord- und Osttirol – dem österreichischen Bundesland Tirol – oder im von Italien 1918 annektierten und ihm im Schandvertrag von St. Germain-en-Laye 1919 zugesprochenen südlichen Landesteil – der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol – aus Anlass seines bevorstehenden 250. Geburtstags gedenken: Andreas Hofer gilt ihnen als Volksheld gemeinhin. Und selbst in Welschtirol – der „Provincia autonoma di Trento“, mit der Bozen-Südtirol 1948 durch Schläue und Hinterlist des damaligen italienischen Regierungschefs Alcide De Gasperi in die „Regione autonoma Trentino-Alto Adige“ gezwungen worden war – genießt Hofer über die in den letzten Jahren wieder entstandenen Kompanien des Welschtiroler Schützenbundes hinaus heldische Verehrung.

Lehrjahre des „Sandwirts“

Woher dies rührt? Am 22. November 1767 wurde der Hofer Andrä – nach korrektem Geburtsregistereintrag Andreas Nikolaus Hofer – als jüngstes von sechs Kindern am Sandhof im Passeiertal geboren.

Seine Mutter starb 1770, woraufhin Andreas‘ Vater neuerlich heiratete. Andrä, der nach dem Volkschulbesuch als Knecht, Stallbursche und Dienstbote Erfahrung für seinen späteren Beruf als Gastwirt und Bauer sammelte und zudem die italienische Sprache erlernen sollte und wollte, verdingte sich zwischen 1780 und 1785 im benachbarten Welschtirol: zum einen in Cles, dem Hauptort des Nonsbergs, zum andern in dem Dörfchen Ballino, einem der Knotenpunkte für den Nord-Süd-Handel mit Pferden, Wein und Getreide auf der südwestlichen Handelsroute durch Judikarien nach Oberitalien.

Das gesamte Tirol, einschließlich Welschtirols (des heutigen „Trentino“), beteiligte sich im Freiheitskampf der Tiroler

Bei der adeligen Familie von Miller in Cles und danach im Gasthof Armani-Zanini in Ballino erlernte Hofer nicht nur den lokalen italienischen Dialekt, sondern knüpfte auch Freundschaften, welche ihm später bei der Mobilisierung  von Kämpfern im Trientinischen von Nutzen sein sollten. So avancierte beispielsweise der mit Hofer eng befreundete Marco Zanini aus Ballino zu einem der Anführer der Welschtiroler Aufständischen und rückte 1796 als einer der Kommandanten lokaler Schützenvereinigungen zur Verteidigung Tirols gegen die Franzosen am Tonale-Pass ein, wo auch Hofer einen seiner ersten militärischen Einsätze als Passeirer Schütze hatte. Die Familie von Miller unterstützte die  Erhebung finanziell und logistisch. Daher blieben die Welschtiroler verlässliche Waffenbrüder Hofers im Kampf gegen die Fremdherrschaft; das  Streben Trentiner und Triestiner Irredentisten nach Loslösung vom Habsburgerreich (Risorgimento) lag damals noch in weiter Ferne.

Im Lande unterwegs

Nach des Vaters Tod 1774 war Andreas Hofer gleichsam automatisch in die Position des Hoferben gerückt. Er war nämlich der einzige Sohn, denn aus der ersten Ehe des Vaters  waren lediglich drei Schwestern, aus der zweiten eine Stiefschwester hervorgegangen. Als er das 20. Lebensjahr erreicht hatte,  übernahm Andrä Wirtshaus und den aufgrund von Schäden durch Überschwemmungen  im Tal der Passer verschuldeten Hof. Von nun an war er „der Sandwirt“, bei dem  Säumer und Wanderhändler  ebenso einkehrten wie Fuhrleute, die von Nord gen Süd (vice versa) unterwegs waren und in seinem Stall Ochsen- und Pferdegespanne unterstellten. Der Weg von Sterzing über den Jaufenpass  durch das Passeiertal nach Meran galt damals als wichtige Verbindung und Teilstrecke auf der Brennerroute, worüber der größte Teil des Handels zwischen Süd und Nord (vice versa) abgewickelt wurde.

Neben seiner Existenz als Bauer und Wirt – er hatte 1789 die um zwei Jahre ältere Anna Gertraud Ladurner aus Algund geheiratet und mit ihr sechs Mädchen und einen Sohn gezeugt – betätigte sich Andreas Hofer als Händler. Dieses Geschäft betrieb er vor allem mit den „Walschen“ im benachbarten Trentino,  wie die Italiener bisweilen heute noch von Tirolern genannt werden, das ja Teil der gefürsteten Grafschaft Tirol war. Aus Hofers eigenen Aufzeichnungen geht hervor, dass er mit Pferden, Ochsen, Kleinvieh, Wein und Branntwein handelte. Meist bezog er Vieh aus dem ungarischen Reichsteil, nicht selten aus „Oberungarn“, der heutigen Slowakei. Auf seinem Rückweg aus dem Inntal fasste er Salz aus der Saline in Hall, damals ein kostbares, nahezu mit Gold aufgewogenes Gut.

Von ersten Gefechten…

Sohin viel unterwegs, war Hofer über die Lage im von Napoleon bedrängten Habsburgerreich sowie über die Stimmung in seiner von des französischen Eroberers bayerischen Vasallen unmittelbar bedrohten Heimat bestens im Bilde. In ersten militärischen Berührungen kämpfte der Korporal Andreas Hofer 1796 in einer Meraner Kompanie gegen Napoleons Truppen, die von Oberitalien ins südliche Tirol zogen. Im August desselben Jahres stellte die gesamte Talschaft eine eigene Schützenkompanie auf, in welcher der Sandwirt als „Oberleutnant vom Schießstand Passeier“ aufscheint. Im Jahr darauf führte er als Hauptmann eine Landsturmkompanie nach Meran, rückte gegen das oberhalb von Bozen gelegene Jenesien vor und nahm  an Gefechten gegen die Franzosen teil, die sich zur Räumung Bozens gezwungen sahen und nach Brixen retirierten.

Von 1806 an gehörte Tirol zu Bayern, weil Österreich es im Frieden von Preßburg (26. Dezember 1805) an Napoleons Verbündeten hatte abtreten müssen. Die wirtschaftliche Lage spitzte sich zu, was naturgemäß auch Wirte und Händler zu spüren bekamen. Hofer weihte befreundete Wirte in seine und seiner bedeutendsten Mitstreiter – Josef Speckbacher, seine „rechte Hand“, sowie Peter Mair, „Wirt an der Mahr“ – Aufstandspläne ein und verschaffte sich Bundesgenossen im Passeiertal, im Vinschgau, im Etschtal sowie am Nonsberg und am Sulzberg. Im Januar 1809 brach Hofer nach Wien zu seinem Unterstützer Erzherzog Johann auf, um sich dessen Fürsprache beim Kaiser für einen neuen Krieg gegen Napoleon zu versichern.  Obwohl der kaiserliche Hof und die Militärs einem Volksaufstand misstrauisch gegenüberstanden, brach im April 1809 die Rebellion im „Heil‘gen Land Tirol“ los. Wenngleich Hofers Schützen schlecht ausgerüstet waren, so gelang ihnen doch bei Sterzing ein erster Sieg über die bayerischen Truppen. Auch in Innsbruck war die Erhebung erfolgreich, und in Welschtirol fanden seine Aufrufe starken Anklang: kaiserliche Truppen und Passeirer Schützen eroberten Trient, woraufhin die Franzosen bis zur südlichen Landesgrenze ausweichen mussten und Rofreit/Rovereto  für Tirol zurückgewonnen ward.

…zum Volksaufstand

Wenngleich weniger Welschtiroler als Nord- und Südtiroler dem Aufruf Hofers zu den Waffen gefolgt waren, so verfolgten doch auch sie dasselbe Ziel, nämlich Bajuwaren und Franzmänner aus dem Lande zu treiben. Der bayerische Landesherr hatten nicht nur neue Steuern eingeführt, sondern auch das Landlibell Kaiser Maximilians von 1511 außer Kraft gesetzt, das den Tirolern das Recht verbrieft hatte, ausschließlich für die Verteidigung der eigenen Landesgrenzen eingesetzt zu werden.

Das „Landlibell“, ein Grundstein Tiroler Freiheit und Wehrhaftigkeit, sowie eine alte Schützenfahne der Schwazer Bergknappen.

Die Bayern führten hingegen die allgemeine Wehrpflicht ein; damit wurden junge Tiroler gezwungen, in den Heeren Napoleons an Fronten in ganz Europa und Russland zu kämpfen. Auch die aufklärerischen Ideen der bayerischen Regierung im Sinne Josefs II. wie die Streichung kirchlicher Festtage und religiöser Bräuche kamen bei den streng katholischen Tirolern schlecht an. Weshalb der Volksaufstand aus der Sicht derer, die sich „kritische Historiker“ nennen, als „rückwärtsgewandt“ gilt: den Tirolern sei es vornehmlich um die Wiederherstellung der alten Ordnung gegangen.

Das alte Vorrecht der Tiroler: Alle Stände der Tiroler (auch die Bauern waren in Tirol ein freier Stand) waren zur Verteidigung der eigenen Heimat verpflichtet, mussten aber keinen Kriegsdienst außerhalb der Landesgrenzen leisten. (Links: Colorierter Kupferstich von Placidus Altmutter. rechts: Fahnenblatt der Fahne der Vinschgauer Schützenkompanie von 1809).

„Landesregent Hofer“

Nach Scharmützeln deutsch- und welschtiroler Schützen Anfang Mai 1809 im Etschtal gegen französische Einheiten kam es zur Monatsmitte zu ersten Gefechten am Bergisel. Unmittelbar davor hatte Hofer ein Aufgebot von 5000 gut bewaffneten Schützen gen Norden abmarschieren lassen. Deren erstes Aufeinandertreffen mit bayerischen Truppenkontingenten  endete mit einem Sieg der Tiroler.

Ein weiteres Gefecht am 29. Mai brachte keine Entscheidung; gleichwohl zogen die Bayern  ins Unterinntal ab. Kaiser Franz sicherte daraufhin den aufständischen Tirolern weitere Unterstützung zu. Eine bayerische Interventionsarmee wurde in der zweiten Schlacht am Bergisel bei Innsbruck zurückgeschlagen.

Die Helden des Freiheitskampfes: Andreas Hofer, Josef Speckbacher und Pater Joachim Haspinger. Anlässlich der Jahrhundertfeier 1909 gedruckte Postkarte.

Doch unterdessen verpflichtete sich Österreich gegenüber Napoleon, sämtliche Truppen aus Tirol, wozu damals auch Vorarlberg gehörte, abzuziehen, was bis heute nicht zu Unrecht als Verrat Wiens an Hofer gilt. Dessen Gefolgsleute waren damit faktisch auf sich allein gestellt. Dennoch kesselten sie in unzugänglichen Schluchten des Landes gegnerische Truppenverbände ein und fügten dem Feind schwere Verluste zu.

Mitte Juli 1809 war der Kommandant der Wehrverbände des südlichen Tirol Hofer zum Oberkommandanten  des ganzen Landes ernannt worden. Am 13. August kam es zum dritten Bergisel-Gefecht, bei dem Hofers Mannen noch einmal einen knappen Sieg über Bayern und Franzosen errangen.

Schlacht am Bergisel bei Innsbruck am 13. August 1809, Gouache von Jakob Placidus Altmutter.

Zwei Tage danach übernahm der Sandwirt im Namen des Kaisers die Regierung des Kronlandes Tirol und zog als „Landesregent“ in die Innsbrucker Hofburg ein. In diese Position verhalfen ihm nicht militärisches oder diplomatisches Geschick, sondern sein Charisma: seine Landsleute akzeptierten ihn als einen von ihnen und ordneten sich ihm unter.

Bergisel-Kämpfe

Im Frieden von Schönbrunn hatte Österreich neuerlich die Abtretung Tirols akzeptieren müssen. Anschließend ließ Napoleon 56.000 Mann aus verschiedenen Richtungen aufmarschieren. Unmittelbar  nach dem mit der Verheiratung seiner Tochter Maria Luise besiegelten Friedensschluss des österreichischen Kaisers Franz I. mit Napoleon (14. Oktober 1809) verließ „Landesregent“ Hofer die Innsbrucker Hofburg und war entschlossen, sich zu unterwerfen, ließ sich aber dann doch umstimmen.

Das letzte Aufgebot. Gemälde von Franz von Defregger 1874.

Am 1. November stürmten bayerische Truppen die Verschanzungen am Bergisel. Einige Gefechte endeten für die Tiroler Schützen zwar noch erfolgreich, Hofer musste aber flüchten.

Während er sich in Matrei am Brenner aufhielt, endete das letzte Gefecht am Bergisel mit völliger Niederlage der Tiroler. Hofer, der seine Landsleute dennoch neuerlich zu den Waffen rief, musste sich die folgenden Wochen in Verstecken verborgen halten, da auf seinen Kopf ein beträchtliches Lösegeld ausgesetzt war. Verraten von einem Landsmann, wurde er dann am 28. Januar 1810 verhaftet und nach Mantua überstellt. Unmittelbar davor hatte er in einem Brief an Erzherzog Johann seine Enttäuschung darüber geäußert, „von Österreich im Stich gelassen worden zu sein“. Am 20. Februar 1810 wurde Andreas Hofer in Mantua füsiliert.

„Zu Mantua in Banden …“

Der Fama zufolge soll er während der Gefangenschaft den Liedtext „Ach Himmel, es ist verspielt“ gedichtet haben. Angeblich auch habe er – nach zwölf Schüssen des aus sechs Soldaten bestehenden Exekutionskommandos – noch ausgerufen: „Ach, wie schießt ihr schlecht“; woraufhin ihn dessen befehligender Offizier mittels Kopfschusses vom Leben in den Tod befördert haben soll.

Andreas Hofers letzter Gang: (Postkarte anlässlich der Hofer-Gedenkfeiern 1909).

Hofers Erschießung in Mantua am 20. Februar 1810 (Gemälde von Leopold Pullacher um 1820).

Immerhin nahm der Vogtländer Dichter Julius Mosen diese Sentenz in die abschließende 6. Strophe seines 1831 verfassten Gedichts „Zu Mantua in Banden“ auf, das Leopold Knebelsberger 1844 vertonte und das seit 1948 als „Andreas-Hofer-Lied“ die gesetzlich fixierte Tiroler Landeshymne ist. Für die Mehrheitspartei SVP im Landtag zu Bozen war es indes kein Ruhmesblatt, als sie 2004 die Zustimmung verweigerte, dem Lied Hymnen-Charakter zu verleihen; jedoch wird es auch in Südtirol zu offiziellen Anlässen gespielt und gesungen.

Der Dichter Julius Mosen und das von ihm gedichtete Lied, welches heute die Landeshymne Tirols ist.

Nach der Exekution wurde Hofer im Mantuaner Friedhof  bestattet, jedoch 1823 in einer Nacht- und-Nebel-Aktion von fünf österreichischen Kaiserjägern unter Führung des aus Freiburg im Breisgau (gehörte bis zum Preßburger Frieden zu Vorderösterreich) stammenden Offiziers Georg Hauger exhumiert; die sterblichen Überreste befinden sich seitdem in der Innsbrucker Hofkirche.

Zeitgenössische Darstellung von Hofers Exhumierung in Mantua und sein Grab in der Hofkirche zu Innsbruck. Seine Fahne trägt auch heute noch einen schwarzen Trauerflor, welcher entfernt werden wird, wenn die Landesteilung aufgehoben ist.

Fünf  Jahre zuvor war der einstige Tiroler „Landesregent“ auf Drängen seines Sohnes Johann Stephan nachträglich in den einfachen Adelsstand erhoben worden. Seine Nachkommen durften  sich seitdem „Edle/r von Hofer“ nennen und ein Familienwappen führen. Drei Jahre nach Abschaffung der Adelsprädikate und -privilegien durch die Republik Österreich starb die männliche Hofer-Linie 1921 aus; die weibliche ist indes bis heute, allerdings unter anderen Familiennamen, vertreten.

Verehrung und Verunglimpfung

250 Jahre nach seiner Geburt  und nach bald 210 Jahren seit dem Aufstand gegen den französischen Usurpator und die bayerischen Besatzer bleibt der Volksheld Andreas Hofer eine durchaus schillernde, aber nichtsdestoweniger verehrte Figur. Verständlicherweise vereinnahmt  die Politik den Sandwirt aus Passeier nur zu gerne. Dessen Erhöhung, Glorifizierung und Mythisierung setzte bereits zu Lebzeiten ein. Seit seinem Tod musste Hofer – je nach politischem Gebrauchswert – für zahlreiche Rollen herhalten. Zuerst als Märtyrer im Tiroler Freiheitskampf gefeiert, stand später seine Kaisertreue im Vordergrund. Die Großdeutschen erhoben ihn zum gesamtdeutschen Nationalhelden, die Nationalsozialisten sahen in ihm einen „deutschen Kämpfer“, für viele Südtiroler wurde Hofer nach dem Zweiten Weltkrieg zum Symbol für den Kampf um die seit der Teilung des Landes 1918/1919 verweigerte Selbstbestimmung.

Ein Denkmal auf dem Bergisel bei Innsbruck erinnert bis heute an den Freiheitshelden Andras Hofer. Am 1. Oktober 1961 wurde das Denkmal – wie sich später herausstellte – von italienischen Neofaschisten mit geheimdienstlichen „Gladio“-Hintergrund der Organisation „Giovane Italia“ gesprengt. Es wurde in der Folge wieder restauriert.

Anno 2009 gedachte man zu Innsbruck in einer Landesfeier bei volksfestartiger Beteiligung zehntausender Menschen des Volksaufstands sowie der Bergisel-Kämpfe von 1809. Zum Unmut der in Rom, Bozen, Innsbruck und Wien Regierenden nahmen patriotische Kräfte dies zum Anlass, um demonstrativ den Südtiroler Freiheitskampf der 1950er bis 1970er Jahre sowie die zweimal verweigerte Selbstbestimmung miteinzubeziehen. Linke Publizisten und geschichtsvergessene Politiker stellten alldem den bärtigen Passeirer Schützen und einstigen Oberkommandanten Tirols  als „Alpen-Taliban“ gegenüber und verunglimpften damit  aus ideologischer Verblendung und um der schieren Schmähung willen eine historisch bedeutsame Persönlichkeit, der  Väterglaube, angestammte Heimat  und Landeseinheit über alles ging.

 

Die Südtiroler Schützen ließen es sich nicht nehmen, zum Unmut mancher Politiker 2009 in Innsbruck für die Selbstbestimmung ihres Landes zu demonstrieren. Auch das Geschwätz einiger linker Volksbelehrer beeindruckte sich nicht.

Diese Tiroler Schützenscheibe von 1918 drückt die seitdem nie erstorbene Sehnsucht nach der Aufhebung der Landesteilung aus.

Schützenscheibe von 1918




Dokumentation: Erinnerung an den Dichter der Tiroler Landeshymne

Man darf in diesem Jahr in Zusammenhang mit Andreas Hofer noch eines weiteren Mannes gedenken: Vor 150 Jahren war der Dichter Julius Mosen aus Marieney im Oldenburgischen verstorben, welcher die Landeshymne „Zu Matua in Banden…“ gedichtet hatte.

Der Dichter Julius Mosen

Mosen stammte aus einer alten jüdischen Prager Familie, welche ursprünglich den Namen Moses getragen hatte und später zum Protestantismus konvertiert war. Mitglieder der Familie Mosen betätigten sich im Dienste der evangelischen Kirche. Mosens Vater war evangelischer Kirchenkantor und Dorfschullehrer. Der junge Mosen hatte sich als Student der neu gegründeten deutschen Burschenschaft Germania Jena angeschlossen und sich für die freiheitlichen Ideale begeistert. Im Jahre 1823 bewegte ihn die Nachricht über die Heimholung der sterblichen Überreste Hofers nach Innsbruck, die damals Tagesgespräch war.

Als der junge Mosen eine Bildungsreise nach Italien zu den Stätten des Altertums unternahm, unterbrach er Anfang 1826 in Innsbruck die Reise. Mosen besucht das Grab Hofers und alle Stätten in Innsbruck, an denen Hofer geweilt hatte. Ihm kam vor, wie er im Tagebuch festhielt, dass der Geist Hofers in dieser Stadt noch allgegenwärtig sei. Mosen stand auf dem Bergisel und der Eindruck erschütterte ihn tief. Noch immer zeigte der Berg die Wunden des mörderischen Ringens, die Spuren des Artilleriefeuers, das seine Hänge verwüstet hatte.

Es sollte noch 5 Jahre dauern, bis das tiefe Erleben gereift war und seinen Ausdruck in einem Gedicht fand, das in seiner Schlichtheit zu den großen Dichtungen deutscher Sprache zählt.

1831 schrieb er mit fliegender Feder in einem einzigen genialen Handstreich nieder, was ihn so lange bewegt hat – das Gedicht vom Andreas Hofer.

Andreas Hofer Lied Handschrift von Mosen
Diese Original-Niederschrift des Liedtextes von der Hand Julius Mosens befindet sich im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum in Innsbruck

F. F. Stapf, der Biograph Mosens, sagt über das spätere „Andreas Hofer Lied“: „Es kommt aus dem Herzen und es geht deshalb zu Herzen. Es ist von schlichter Größe und edler Einfalt – kein rätselhaftes, intellektuelles Kunstgebilde. Es erinnert in seiner Einfachheit, Klarheit und Schönheit an Sagen, Volksmärchen, Volksweisen und in seiner Kraft an protestantische Kirchenlieder wie „Ein’ feste Burg ist unser Gott“. (Fred Frank Stapf: “Julius Mosen. Der Vogtländer Dichter des Andreas-Hofer-Liedes“, Lappersdorf 1995)

Andreas Hofer Lied Zu Mantua in Banden

Das Gedicht machte den jungen Dichter Mosen über Nacht bekannt. Als der Klosterneuburger Sänger und Komponist Leopold Knebelsberger anlässlich eines Aufenthaltes im Zillertal im Jahre 1844 das Gedicht unter Verwendung von Volksliedmotiven vertonte, trat das „Andreas Hofer Lied“ seinen Siegeszug durch Tirol und weiter durch den gesamten deutschen Sprachraum an. Es wurde zum Volkslied, denn Text und Melodie sind für einander geschaffen. Sie drücken in Schlichtheit und Schönheit den Stolz des Volkes auf einen seiner edelsten Helden aus. Und die Trauer über das tapfere Sterben des Sandwirtes.

Knebelsberger war es im Jahre 1865 ein Anliegen, zusammen mit alpenländischen Sängern den damals schon todkranken Dichter an seinem Wohnsitz in Oldenburg zu besuchen. Die Sänger erschienen in Tiroler Tracht und wurden von der Gattin Minna in das Krankenzimmer hinein geführt. Im Halbkreis umstanden sie das Bett und stimmten unter Begleitung einer Zither sein – ihr – Andreas Hofer Lied an. Mosen konnte kaum noch sprechen, aber er bewegte die Lippen zu dem Liedvortrag und sprach leise die Worte des Liedes mit. Tränen rannen ihm über das Gesicht. Die Sänger wussten, dass sie von einem Todgeweihten Abschied nahmen. Zwei Jahre später sollte der Dichter von seinem langem Leiden erlöst sein.

Julius Mosen aber lebt durch das ergreifende Andreas Hofer Lied in unser aller Andenken weiter.

„Zu Mantua in Banden“ wurde in den kommenden Jahrzehnten zu dem Lied, welches bis auf den heutigen Tag durch Generationen hindurch das Selbstverständnis der Tiroler geprägt hat.

Ignaz von Zingerle, der große Tiroler Sprach- und Literaturwissenschafter, nahm das Lied, weil es schon zum Volkslied geworden war, im Jahre 1850 in seine volkskundliche Sammlung „Sagen aus Tirol“ auf.

Im Jahre 1815 sangen es die zur Front in Fels und Eis ausrückenden Standschützen des Ersten Weltkrieges.

Kastelruther Standschützen des Ersten Weltkriegs an der Gebirgsfront

Und in den finstersten Tagen der faschistischen Unterdrückung richtete das als völkisches und politisches Bekenntnis heimlich gesungene Lied vom tapferen Sterben des Sandwirtes für sein Land Tirol die Menschen im besetzten Landesteil auf. Das Vorbild Hofers verlieh ihnen die Kraft, zu leiden und zu widerstehen.

Das schlichte Lied hat damit ganz wesentlich dazu beigetragen, das Tirolerland in Gefahr und Bedrängnis deutsch und ladinisch zu erhalten.

Seit dem Jahre 1915 befindet sich die Originalniederschrift aus der Hand des Dichters im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum in Innsbruck. Die Schwiegertochter Mosens, Maria Mosen, geborene Briest, hat sie den Tirolern gestiftet.

Am 2. Juni 1948 erhob der Nordtiroler Landtag das Andreas Hofer Lied nach den Worten von Mosen und der Melodie von Knebelsberger offiziell zur Tiroler Landeshymne. Seitdem wird dieses Lied zu allen offiziellen und feierlichen Anlässen gesungen. Es erklingt auch alljährlich auf dem Friedhof von St. Pauls in Südtirol, wenn der Südtiroler Heimatbund, die Schützen aus ganz Tirol, die Bevölkerung und zahlreiche Politiker das Andenken der verstorbenen Freiheitskämpfer der Sechzigerjahre des vorigen Jahrhunderts vor deren Gedenktafel ehren.

Gedenkfeier für die Freiheitskämpfer der 1960er Jahre auf dem Friedhof von St. Pauls

Dass es im Jahr 2003 in ganz Tirol noch kein Denkmal für den Schöpfer der Tiroler Landeshymne gab, hatte den Innsbrucker Wirtschaftstreibenden Dr. Hans Paul Cammerlander dann dazu veranlasst, ein Relief zu dem Andenken an den Dichter Julius Mosen und an den Komponisten Leopold Knebelsberger, welcher die Hymne vertont hatte, anfertigen zu lassen.

Am 8. Juli 2003 wurde das von Emmerich Kerle geschaffene Bronzerelief an der Außenmauer des im Besitz Paul Kammerlanders befindlichen Innsbrucker Traditionsgasthauses „Goldener Adler“ angebracht und in einer schlichten und schönen Feier der Öffentlichkeit vorgestellt. Immerhin hatte Andreas Hofer 1809 im „Goldenen Adler“ ein Hauptquartier aufgeschlagen. „Am unseren Rundtisch plante er die Bergisel-Schlacht“, erklärte der Hotelier Cammerlander stolz bei der Einweihungsfeier.

Die zur Erinnerung an Mosen in Innsbruck angebrachte Gedenktafel, die hinter dem Portrait des Dichters auch das Portrait des Komponisten Knebelsberger zeigt.

Der Südtiroler Landeshauptmann Dr. Luis Durnwalder hatte zusammen mit herzlichen Grußworten die Peter-Mayr-Schützenkompanie zu dieser Feier entsandt.

Und der Südtiroler Kulturlandesrat Dr. Bruno Hosp kündigte an, in Südtirol dafür sorgen zu wollen, dass das ehrende Andenken an Julius Mosen gewahrt werde.