„Erdbebensicherung“ des faschistischen Siegesdenkmals in Bozen

„Furberia“ all’Italiana

Das italienische Wort „furberia“ bezeichnet eine besondere Schlauheit und Verschlagenheit. Eine solche „furberia“ demonstriert das Kulturministerium in Rom mit der Ankündigung, in das faschistische Siegesdenkmal in Bozen 735.000 Euro für dessen „Erdbebensicherung“. und Generalsanierung zu investieren. Dem Kulturministerium zufolge ist Südtirol offenbar ein Erdbebengebiet. Die „Erdbebensicherung“ sei notwendig, denn schließlich handle es sich um ein „Kulturgut“.

Ein auf Wunsch Mussolinis errichtetes Denkmal

Das auf ausdrücklichen Wunsch Mussolinis errichtete und 1928 als Symbol des Faschismus und der „Italianita“ Südtirols eingeweihte „Monumento alla Vittoria“ ist mit steinernen „Liktorenbündeln“, dem Symbol der Faschistischen Partei, des „Partito Fascista Italiano“, geschmückt.

Es stellt zudem eine steinerne Beleidigung der Südtiroler dar. An der Stirnseite des Denkmals schießt eine „Siegesgöttin“ einen Pfeil gegen den „barbarischen Norden“ ab. Darunter findet sich folgende lateinische Inschrift:

Hic patriae fines siste signa. Hinc ceteros excoluimus lingua legibus artibus.

(Übersetzt: „Hier an den Grenzen des Vaterlandes setze die Zeichen. Von hier aus bildeten wir die Übrigen durch Sprache, Gesetze und Künste.“).

Ursprünglich war anstelle von „ceteros“ („die Übrigen“) das Wort „barbaros“ („die Barbaren“) vorgesehen gewesen. Trotz der abgemilderten Wortwahl blieb die Aussage unmissverständlich: Das faschistische Italien habe den unterworfenen Bewohnern des Landes erstmals Zivilisation und Kultur gebracht.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das „Siegesdenkmal“ dadurch „entfaschistisiert“, dass eine auf Mussolini verweisende Inschrift entfernt wurde.

Nun konnte das „Siegesdenkmal“ seiner ursprünglichen Zweckbestimmung gemäß weiterhin als Kulisse für militärische Aufmärsche und neofaschistische Kundgebungen dienen.

Protest der „Süd-Tiroler Freiheit“

Die Landtagsfraktion der „Süd-Tiroler Freiheit“ wies in einer Presseerklärung darauf hin, dass die Südtiroler insgesamt 1.220.000,00 Euro für Erdbebenopfer in Mittelitalien gespendet hätten.

„Nicht nur alle antifaschistisch gesinnten Menschen, sondern auch die wahren Erdbebenopfer werden verhöhnt!“, so der Vorwurf der „Süd-Tiroler Freiheit“.

Von der Caritas der Diözese Bozen/Brixen hat sie nun auf Anfrage erfahren, dass Süd-Tirol für die Opfer der jüngsten Erdbeben in Mittelitalien bis zum 31. Dezember 2017 insgesamt 1.220.147,54 Euro gespendet haben. Hinzukommen die Gelder, die das Land Süd-Tirol zusätzlich bereitgestellt hat, deren genaue Höhe mit einer Landtagsanfrage herausgefunden werden soll.

Der Landtagsabgeordnete Bernhard Zimmerhofer und der Sprecher der STF-Ortsgruppe Bozen, Cristian Kollmann, bezeichnen es, so wörtlich, „als unglaubliche Dreistigkeit, mit der das zum architektonischen Kulturgut uminterpretierte Siegesdenkmal praktisch unzerstörbar gemacht werden soll, während im Erdbebengebiet in Mittelitalien die Schäden bei Weitem noch nicht behoben sind!“

Soweit die Presseerklärung der „Süd-Tiroler Freiheit“.

Tatsächlich sind bis heute in den Erdbebengebieten Mittelitaliens die durch Erdbeben verursachten Bauschäden der letzten beiden Jahre zum größten Teil noch nicht behoben. Begründung: In Rom fehlt das Geld!

Die Sanierung des faschistischen Protztempels in Bozen unter dem Vorwand der Herstellung der Erdbebensicherheit ist eine Verhöhnung der dortigen betroffenen Erdbebenopfer.

Fotomontage: Süd-Tiroler Freiheit

Protest der Freiheitlichen

Walter Frick, der freiheitliche Bezirksobmann von Bozen Stadt und Land, nahm ebenfalls zu dem römischen Vorhaben Stellung:

„Schon wieder hat man seitens des italienischen Staates einen neuen Vorwand gefunden, um das nach seinem Begriff als „Kulturgut“ bezeichnete, aber für die deutsch-ladinische Bevölkerung als Geschichtsverfälschung empfundene sogenannte „Siegesdenkmal“ auf Erdbebensicherheit prüfen zu lassen, um somit wieder Geld beim Ministerium für Kulturgüter locker machen zu können.

Anderseits hat der italienische Staat kein Geld für geschichtsträchtige Bauten in ganz Italien, aber für das soggenannte „Siegesdenkmal“ in Bozen kann das Ministerium für Kulturgüter ohne weiteres 735.000 Euro aufbringen. … Italien ist voll mit Kunstschätzen wie wohl kaum ein anderes Land in Europa. Aber der Staat hat kein Geld, um sie zu erhalten, und setzt sie somit zum Teil dem Verfall aus. Aber in Südtirol laufen die Uhren anders, hier wird sehr wohl Geld für eine Geschichtsverfälschung, wie es das sogenannte Siegesdenkmal eine ist, bereitgestellt.

Tatsache ist, dass man mit dem Vorwand, das Denkmal sei nicht erdbebensicher, wiederum erhebliche Summen von Steuergeldern für diesen faschistischen Bau bereitstellen wird. Dieses Bauwerk ist bis heute unverändert geblieben und verkörpert weiterhin durch faschistische Symbole und rassistische Inschriften die faschistische Ideologie und wird somit auch von der deutsch-ladinischen Bevölkerung abgelehnt.“

Soweit die Presseerklärung der Südtiroler Freiheitlichen.

Das „Siegesdenkmal“ wurde auch in den vergangenen Jahren immer wieder mit Steuergeldern renoviert, damit es eine schöne Kulisse für italienische nationalistische Aufmärsche abgeben kann.

Die nunmehrige Begründung der Herstellung einer „Erdbebensicherheit“ übertrifft an „furberia“ aber alle bisherigen Vorgangsweisen.




Ist Bozen es müde, bei Italien zu sein?

Das Internetportal unsertirol24.com hat am 27. Jänner 2017 einen bedeutungsvollen Beitrag auf seiner Seite „Welschtirol“ veröffentlicht:

Wir geben den Artikel in leicht verkürzter Übersetzung wieder:

Ist Bozen es müde, bei Italien zu sein?

Luigi Sardi analysiert die Worte des Bozener Bürgermeisters Enzo Caramaschi

„In Südtirol weht ein Wind der Müdigkeit gegen Italien und wenn wir heute eine Volksabstimmung durchführen würden, so würde die Bevölkerung, auch jene der italienischen Sprachzugehörigkeit, dafür stimmen, sich abzuspalten.“

Das hat Enzo Caramaschi, der Bürgermeister von Bozen, gegenüber dem Bürgermeister von Trient bei einem von der Zeitung „l’Adige“ im Palazzo Geremia veranstalteten persönlichen Treffen erklärt.
Demnach sei die Bevölkerung der Stadt Bozen es müde, einem Land anzugehören, welches immer schwieriger zu regieren sei. Bozen war seinerzeit, als das (neofaschistische) „Movimento Sociale Italiano“ noch die stärkste politische Partei war – von Giorgio Almirante als „alleritalienischste Stadt Italiens“ bezeichnet worden.

Zum wiederholten Mal hat Caramaschi erklärt, dass man in Südtirol mit vermehrter Sympathie nach dem Land nördlich des Brenners blicke, wo die Sicherheiten und die politische Ernsthaftigkeit die Wirtschaft begünstigen und wo die Kultur als Schatz die Entwicklung begünstigt.
Man blicke lieber nach dem Norden, als nach dem Land südlich von Salurn, wo man auf die Glücksfälle vertraut, um einen häufig wankenden Fortschritt in Gang zu halten.

Sicherlich sind die italienischen Probleme enorm und häufig tragisch. (Es folgt eine Aufzählung tragischer Erdbeben in Italien, welche wir hier weglassen.)

Man hat begriffen, dass seit Jahrzehnten die wirtschaftlichen Ressourcen ungenügend und die Antworten der Politik darauf nicht angemessen sind. Wir wissen auch, wie das Diktat der Politik die Darstellung historischer Ereignisse mittels gewollter, verkündeter und multiplizierter Irrtümer verändert hat.

Daher gibt es eine verdrehte Geschichtsdarstellung, eine verleugnete, versteckte oder verfälschte Wahrheit.

Ein Segment dieser Geschichte betrifft Südtirol: Der Verrat Italiens im Mai 1915 an dem Dreibund, welcher seit 32 Jahren Rom, Berlin und Wien vereint hatte.

In jenem Mai wurde dieser Verrat „strahlend“ genannt, weil er vom „Sacro Egoismo“, dem „Heiligen Egoismus“. getragen war, wie es der damalige Ministerpräsident Antonio Salandra ausgedrückt hat.

Das ist der Ursprung der „Winde der Müdigkeit“, die unverhofft in das Bewusstsein von einem Bürgermeister zurückgeholt werden, der an einem Punkt angelangt zu sein scheint, an welchem er die Zukunft der Stadt verändern will, die ihn gewählt hat.

Der italienische Originaltext:

Bolzano stanca di essere Italia?

Luigi Sardi analizza le parole del Sindaco di Bolzano, Enzo Caramaschi

“In Alto Adige ci sono venti di stanchezza verso l’Italia e se facessimo oggi un referendum la gente, anche quella di lingua italiana, voterebbe per staccarsi ”.

Lo ha detto Enzo Caramaschi, il sindaco di Bolzano, nel faccia a faccia con il sindaco di Trento organizzato dal giornale l’Adige a Palazzo Geremia. Dunque il popolo di Bolzano, quello della città definita “la più italiana d’Italia” da Giorgio Almirante quando il Movimento Sociale Italiano era il partito più forte nel capoluogo del Sud Tirolo, sarebbe stanca di un Paese dove governare è sempre più difficile.

Ancora Caramaschi ha detto che nel Sud Tirolo si guarda, con crescente simpatia, a Nord del Brennero, dove le certezze e la serietà politica favoriscono l’economia; dove la cultura diventa quel patrimonio che aiuta lo sviluppo;  piuttosto che guardare a Sud di Salorno,  dove ci si affida al famoso “stellone nell’ingranaggio”, insomma al colpo di fortuna,  per mantenere in piedi un progresso spesso traballante.

Certo, i problemi italiani sono enormi e spesso tragici. A cominciare dall’orrore dei terremoti che flagellano il Bel Paese. Quello di Messina. Quello del 13 gennaio 1915 quando, con un boato che i testimoni ricordarono come infernale e interminabile, Avezzano e altri borghi della Marsica vennero cancellati assieme a 30519 persone. Era il gennaio del 1968 e di fronte al disastro del Belice si riprese a mappare l’Italia indicando la necessità, nelle zone sismiche, di ricostruire e costruire in maniera adeguata.

Mi pare non sia accaduto nulla e così ogni scossa è una tragedia, ogni alluvione un disastro, persino una certamente anomala e furiosa nevicata semina lutti e angosce,  nell’ansia di cosa potrà accadere in quelle zone dominate dai vulcani. Si è capito che da decenni le risorse dell’economia sono insufficienti, le risposte della politica inadeguate, e sappiamo come il dettato della politica abbia modificato la ricostruzione degli eventi storici per via di quell’errore voluto che si propaga e si moltiplica.

Dunque storia travisata, verità negate o camuffate o falsificate. Proprio un segmento di questa storia riguarda il Sud Tirolo: il tradimento da parte dell’Italia nel maggio del 1915, della Triplice Alleanza che da 32 anni legava Roma a Berlino e Vienna in quel maggio chiamato “radioso” perché percorso dal fremito del “sacro egoismo”, espressione coniata da Antonio Salandra.

Ecco l’origine dei “venti di stanchezza” richiamati d’improvviso alla memoria non da quanti dovrebbero far ripercorrere la storia di quella guerra di un secolo fa,  ma da un sindaco che, accantonato il politichese, sembra sul punto di cambiare il futuro della città che lo ha votato.