Der Faschismus lebt – Hoffentlich bringt die neue Regierung eine Wende!
Italien – wie es bisher sang und lachte
In Rom wurde am 13. Juni 2018 durch den Gemeinderat Roms beschlossen, eine Straße nach dem Alt- und Neofaschisten Giorgio Almirante zu benennen – Nach heftigen Protesten der Jüdischen Gemeinde ruderte die Bürgermeisterin Raggi zurück und hob den Beschluss auf
Am 15. Juni 2018 berichtete das Internetportal UNSER TIROL 24:
Rom schafft faschistische Straßennamen ab – SHB erfreut
Dass bei faschistisch klingenden Straßennamen in Italien oft mit zweierlei Maß gemessen werde, sei offensichtlich. Zu dieser Ansicht ist der Südtiroler Heimatbund gelangt, als er die Geschehnisse zur Straßenbenennung in Rom mit jener in Bozen verglichen hat.
Giorgio Almirante zählte als Südtirol-Hasser und Rassist – In Rom wurde für einige Stunden eine Straße nach Giorgio Almirante benannt. Der römische Stadtgemeinderat segnete diesen Entschluss dank der Stimmen von Fratelli d’Italia und der Fünf-Sterne-Bewegung ab. Almirante war nicht nur ein Faschist, sondern auch ein Südtirol-Hasser erster Güte und ein Rassist. Almirante war einer der zehn Unterzeichnern des Manifests der rassistischen Wissenschaftler im Jahre 1938, mit dem in Italien die Verfolgung jüdischer Mitbürger begründet wurde.
Auch die beim Votum durch ihre Abwesenheit glänzende Bürgermeisterin Raggi begrüßte die Entscheidung zuerst ausdrücklich, ruderte dann aber nach heftigen Protesten sofort zurück. Gott sei Dank wurde dieser Beschluss dann sofort wieder aufgehoben. Das ist sowohl ein Zeichen europäischer Reife als auch ein Sieg der Vernunft.
Bozen soll Beispiel Roms folgen
In Bozen gibt es etwa mit der dem faschistischen Militärkaplan gewidmeten Reginaldo-Giuliani- oder der Amba-Alagi-Straße viele Straßenbezeichnungen faschistoider Herkunft, die mit geografischen Toponymen oder Protagonisten an das menschenverachtende System erinnern, so der SHB
Renzo Caramaschi, seines Zeichens Bozens Bürgermeister, sollte nach Ansicht des Heimatbundes dem Beispiel Roms folgen und alle faschistisch klingenden Straßenbezeichnungen in der Südtiroler Landeshauptstadt annullieren. Aber vermutlich sei er mit dem Betrachten der Rechnung, was die Sanierung des Markuslöwen und der römischen Wölfin für den Steuerzahler gekostet habe, zu sehr beschäftigt. (Anmerkung: Faschistische Denkmäler, welche der italienische Bürgermeister Bozens derzeit restaurieren lässt.) Somit habe er keine Zeit für diesen demokratischen und überfälligen Akt, mutmaßt Lang.
Soweit der Bericht von UNSER TIROL 24. Wir dürfen dazu ergänzen:
Der Faschismus lebt in Italien
Abgesehen davon, dass Südtirol bis heute einen wahren Saurier-Jurassic Park faschistischer Denkmäler beherbergt, findet in Italien auch sonst eine laufende Verherrlichung des Faschismus statt. Einschlägige Strafgesetze werden mit südländischer Heiterkeit und Leichtigkeit nicht angewendet.
Ebenso werden Mussolini-T-Shirts, Mussolini-Wein und Mussolini-Statuetten öffentlich zum Verkauf angebotenAm 11. Juni 2016 griff die Paolo Berlusconi, dem Bruder des ehemaligen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi, gehörende italienische Tageszeitung „Il Giornale“ (Auflage täglich 140.000 Stück), zu einer besonderen Werbemaßnahme. Sie legte ihrer Wochenendausgabe Adolf Hitlers Buch „Mein Kampf“ bei.
Dass dieses, von „Il Giornale“ nun auch am Kiosk vertriebene Buch und sein Verfasser sich in nationalistischen Kreisen Italiens großer Beliebtheit erfreuen, ist verständlich. Man muss nur die Südtirol herabsetzenden Passagen in dem auch sonst schwer genießbaren Bekenntniswerk Hitlers lesen. Italienische Neofaschisten und Super-Nationalisten haben wahrlich allen Grund, „Adolfo“ als ihren großen Freund zu feiern.
Den Tupfen auf das I setzte die italienische Tageszeitung „Il Tempo“, als sie am 30. Dezember 2017 den „Duce“ Benito Mussolini zum „uomo dell’anno“ – zum „Mann des Jahres“ kürte und diese Wahl groß auf der Titelseite präsentierte. Er sei viel lebendiger gegenwärtig, als die derzeitigen italienischen Politiker, hieß es dazu in dem Leitartikel. Unnötig zu sagen, dass auch diese Verherrlichung unbestraft blieb.
Öffentlichen Protest dagegen erhob in Presseaussendungen Roland Lang, der Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB), einer von ehemaligen Südtiroler politischen Häftlingen gegründeten Vereinigung, welche das Selbstbestimmungsrecht für Südtirol fordert.
Er demonstrierte auch mit einem Plakat „Il Sudtirolo non e Italia“ – „Südtirol ist nicht Italien“ – vor dem Kolosseum in Rom. Bilder dieser Aktion wurden in zahlreichen italienischen Medien veröffentlicht und brachten das Südtiroler Anliegen einer breiten italienischen Öffentlichkeit zur Kenntnis.
Eine wichtige Dokumentation des Südtiroler Schützenbundes (SSB)
Auch dem „Südtiroler Schützenbund“ (SSB) ist es ein Anliegen, über den „lebendigen Faschismus in Südtirol“ aufzuklären. Er hat darüber eine Dokumentation veröffentlicht, welche >hier< geöffnet und heruntergeladen werden kann.
Weitere Informationen des SSB finden sich auf dessen Internetseite: schuetzen.com
Hoffnungen auf die neue Regierung und auf Freunde in Italien
In Südtirol wie auch in Österreich hat man die Hoffnung, dass sich die Verhältnisse unter der neuen Regierung bestehend aus der „5 Sterne Bewegung“ und der „Lega“ verbessern beziehungsweise normalisieren.
Die Regierung hat immerhin angekündigt, der Masseneinwanderung nach Europa Einhalt gebieten zu wollen und vor allem die „Lega“ hat in Richtung Südtirol erklärt, Verständnis für Autonomie- und Unabhängigkeitsbestrebungen zu haben. Dies wäre eine Politik, die in diametralem Gegensatz zu allen bisherigen alt- und neofaschistischen Positionen stehen würde. Diese Haltung würde aber auch der Gesinnung vieler Italiener entsprechen, die in Umfragen bereits kundgetan haben, dass sie mit einem „Los von Rom“ der Südtiroler einverstanden sind.
Im Jahre 2014 hat das Meinungsforschungsinstitut/Istituto Sondaggi DEMETRA in einer italienweiten repräsentativen Umfrage folgende Frage gestellt:
„In der Provinz Bozen wird vielfach der Wunsch nach Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes geäußert. Sind Sie damit einverstanden, dass die Bevölkerung der Provinz Bozen mit einem Referendum auf friedliche und demokratische Weise über ihre Selbstbestimmung entscheiden kann?“
71,8 Prozent der Befragten haben darauf mit „JA“ geantwortet!
Ausstellung „Befreiungsausschuss Südtirol (BAS) – Opfer für die Freiheit“
Bild Egon Zemmer
Eine Dokumentation über den Südtiroler Freiheitskampf der 1960er Jahre in Bozen
Die Ausstellung befindet sich in Bozen, Lauben 9, und ist von Dienstag bis Samstag (jeweils von 10–12 Uhr und von 15-17 Uhr) bei freiem Eintritt geöffnet.
Die Ausstellung wurde vor allem auf Initiative des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB) ins Leben gerufen, einer von ehemaligen Freiheitskämpfern und politischen Häftlingen gegründeten Vereinigung, welche für die Selbstbestimmung Südtirols eintritt.
Deren Ehrenobmann ist der ehemalige Freiheitskämpfer Sepp Mitterhofer (im Bild rechts), Obmann ist Roland Lang (im Bild links).
Kurator der Ausstellung ist der an der österreichischen Landesverteidigungsakademie lehrende österreichische Oberst und Historiker Mag. Dr. Hubert Speckner, welcher zusammen mit seiner Frau Mag. Sylvia Speckner (Bild rechts) die Bildtexte verfasst hat. Ausstellungsträger ist der „Andreas-Hofer-Bund Tirol“ (AHB) in Innsbruck unter dessen Obmann Winfried Matuella (Bild links).
An der Erstellung der Ausstellung wirkten neben den bereits Genannten noch weitere Personen mit:
Meinrad Berger (ehemaliger polit. Häftling), Univ.-Prof. Dr. Erhard Hartung (ehemaliger polit. Häftling), Altlandesrat Dr. Bruno Hosp, die ehemalige Landtagsabg. Dr. Eva Klotz, Roland Lang, Christoph Mitterhofer, Dr. Herlinde und Klaudius Molling (ehemalige Freiheitskämpfer), Efrem Oberlechner vom „Südtiroler Schützenbund“ sowie die Historiker Dr. Othmar Parteli und Dr. Margareth Lun.
Am 10. Mai wurde in Bozen die Ausstellung vor 200 geladenen Gästen feierlich eröffnet.
Sieben ehemalige Mitglieder des „Befreiungsausschusses Südtirol“ aus Süd- und Nordtirol sowie Deutschland waren persönlich anwesend. Zahlreiche Abgeordnete des Südtiroler Landtages, Altmandatare und amtierende Bozner Stadträte sowie Vertreter verschiedener Parteien gaben dem Andreas Hofer-Bund Tirol als Ausstellungsträger sowie dem Südtiroler Heimatbund als Initiator der Ausstellung und dem Ausstellungsbeirat die Ehre.
Die sehr beeindruckende Einführungsrede hielt der Altlandesrat und Ausstellungsbeirat Dr. Bruno Hosp (SVP), welcher ein persönlicher Freund der Freiheitskämpfer Luis Amplatz und Georg Klotz gewesen war und diese auch unterstützt hatte.
Dr. Hosp gab einen fundierten historischen Überblick die späten 1950er- und die 1960er Jahre in Südtirol und die vergeblichen Versuche, das Selbstbestimmungsrecht der deutsch- und ladinisch-sprachigen Bevölkerung Südtirols gegenüber dem italienischen Zentralstaat einzufordern.
In Südtirol herrschte Repression
„In Südtirol herrschte damals eine Atmosphäre geradezu provokativer Repression. Unsere Landsleute waren laufend Anpöbelungen, Verhöhnungen und Diffamierungen ausgesetzt“, berichtete Dr. Hosp.
„Vor dem Bozner Schwurgericht wurden am laufenden Band so genannte Schmähprozesse, zum Beispiel wegen des Hissens von weiß-roten Tiroler Fahnen, abgewickelt. Immer wieder wurden örtliche Versammlungen der Südtiroler Volkspartei von neufaschistischen Randalierern gestört.“
In Österreich prangerte damals der Bergisel-Bund in einer Broschüre die Methoden der italienischen Polit-Justiz an.
Massenhafte Zuwanderung wurde staatlich gefördert
„Mit der praktischen Ausgrenzung der Südtiroler von den staatlichen und halbstaatlichen Stellen ging eine forcierte Zuwanderung aus dem Süden Italiens einher, die geradezu beängstigende Ausmaße annahm. Mehrere Tausend Südtiroler mussten jährlich ihre angestammte Heimat verlassen, um in Deutschland und in der Schweiz Arbeit zu suchen, weil sie von den öffentlichen Stellen einfach ausgesperrt blieben und weil gleichzeitig durch die Technisierung der Landwirtschaft immer mehr Arbeitskräfte freigesetzt wurden. Durch ein vom Staat massiv gefördertes Wohnbauprogramm wurden in Südtirol, vorab hier in Bozen, mehrere Tausend Volkswohnungen errichtet, von denen aber nicht einmal 6% Südtirolern zugewiesen wurden.“
Der „Todesmarsch“ der Volksgruppe und der Widerstand des BAS
Diese bedrohliche Gesamtsituation habe damals Kanonikus Michael Gamper, in einem „Dolomiten“-Leitartikel so gekennzeichnet:„…Es ist ein Todesmarsch, auf dem wir Südtiroler uns seit 1945 befinden, wenn nicht noch in letzter Stunde Rettung kommt.“
Die römische Regierung sei jedoch uneinsichtig gewesen, berichtete Dr. Hosp weiter. „Daraufhin versuchte der BAS mit gezielten Aktionen auf die unhaltbar gewordene Situation durch eine „Strategie der feinen Nadelstiche“, wie sein Anführer Sepp Kerschbaumer es umschrieb, aufmerksam zu machen. Das Mittel der Wahl waren mehrere Anschläge gegen staatliche Sachgüter und gegen materielle Symbole der früheren faschistischen Staatsmacht.
Der Höhepunkt war die Serie von Anschlägen in der Nacht des Herz-Jesu-Sonntags 1961 und vereinzelte Anschläge in den Folgejahren, die weltweit Aufsehen erregten, aber auch die Staatsmacht zu überzogener Verfolgung der Urheber mit unmenschlichen Folterungen und unverhältnismäßig langen Haftstrafen verleitete.
Ungesühnte Folterungen und verweigerter versöhnlicher Schlussstrich
Zusätzlich waren die Freiheitskämpfer und mit ihnen alle mitfühlenden Tiroler dadurch gedemütigt worden, dass ihre skrupellosen Folterer nicht nur vom Gericht in Trient freigesprochen, sondern drei Tage darauf in Rom sogar feierlich empfangen, ausgezeichnet und befördert wurden.
Hingegen warten ein paar unserer außer Landes lebenden Aktivisten der 60er Jahre, die, wohlgemerkt, nachweislich kein Menschenleben auf dem Gewissen haben, seit über fünf Jahrzehnten vergeblich auf eine Begnadigung durch den italienischen Staatspräsidenten.“ In diesem Zusammenhang, sagte Dr. Hosp, gebühre dem Ausstellungskurator Dr. Speckner auch noch ein ganz besonderer Dank für sein jüngstes historisches Werk „Von der Feuernacht zur Porzescharte – Das Südtirolproblem der 1960er Jahre in den österreichischen sicherheitsdienstlichen Akten“. „Er enthüllt darin, dass es in der heißen Zeit der Anschläge der 60er Jahre eine ganze Reihe offenkundiger Geheimdienst-Manipulationen zu Lasten unserer Freiheitskämpfer gegeben hat. Bei mehreren auch für die Zivilbevölkerung gefährlichen Anschlägen hatten ganz offenbar ‚italienische Dienste‘ oder neofaschistische Kreise ihre Hände im Spiel. Hier war es ganz offenkundig darum gegangen, die ‚terroristi altoatesini‘ als gewissenlose Attentäter hinzustellen, welche selbst vor der Auslöschung von Menschenleben nicht zurückschrecken würden. Lieber Hubert, für diese Zurechtrückungen und damit längst fälligen Rehabilitierungen mehrerer Aktivisten, sei Dir aufrichtig gedankt.“
Der entscheidende Beitrag des Freiheitskampf es für eine bessere Autonomie
Zum Abschluss kam Dr. Hosp auf die Auswirkungen des damaligen Widerstandes zu sprechen. Er sagte:
„Wer die schweren, ja turbulenten Zeiten, die in der heute zu eröffnenden Dauerausstellung dokumentiert werden, hautnah miterlebt hat, hegt wohl keinen Zweifel darüber, dass die Freiheitskämpfer der 50er und 60er Jahre durch ihren beherzten Einsatz und ihre großen Opfer einen entscheidenden Beitrag zur Erreichung der neuen, qualitativ unvergleichlich besseren Autonomie Südtirols geleistet haben. Das Selbstbestimmungsrecht zur Erlangung der Wiedervereinigung unserer Heimat mit dem Bundesland Tirol und dem Vaterland Österreich blieb uns Südtirolern jedoch weiterhin versagt. … Die heute zur Eröffnung anstehende „Ständige Ausstellung“ heißt „BAS – Opfer für die Freiheit“ und würdigt den Einsatz und das Leiden der Südtiroler Freiheitskämpfer und Freiheitskämpferinnen der 60er Jahre und ihrer Familien.
Im Friedhof von St. Pauls gedenken der Südtiroler Heimatbund und der Südtiroler Schützenbund alljährlich am 8. Dezember aller verstorbenen Aktivisten der 60er Jahre, die sich für die Einheit und Freiheit Tirols aktiv eingesetzt haben.
Auf der Gedenktafel neben dem Gefallenendenkmal sind stellvertretend für alle Sepp Kerschbaumer, Franz Höfler, Toni Gostner, Luis Amplatz, Jörg Klotz und Kurt Welser verewigt. Ihnen und ihren Familienangehörigen, aber auch allen übrigen Aktivisten der angesprochenen Zeit soll diese ständige Ausstellung in Dankbarkeit für ihre erbrachten Opfer gewidmet sein.“
Das Südtiroler Internetportal UNSER TIROL 24 lieferte über die Ausstellungseröffnung nachstehenden Bericht:
Bildergalerie: BAS – Opfer für die Freiheit. Ausstellung in Bozen eröffnet
Die Dauerausstellung unter den Namen „BAS – Opfer für die Freiheit“ veranschaulicht das Geschehen in all seinen Facetten und liefert erstmals einen eindrucksvollen Einblick darüber, wie der Widerstand von Sepp Kerschbaumer und seinen Getreuen organisiert und durchgeführt worden ist
Erstmals öffentlich präsentierte Exponate
Die Ausstellung „BAS – Opfer für die Freiheit“ erinnert an Verdienste, Leiden und Opfer der Verfolgten und ihre(r) Familien – auch und gerade weil sie in der überwiegenden Zahl der Fälle ohne Dank geblieben sind. Die meisten der erstmals in aller Öffentlichkeit präsentierten Exponate entstammen der „Mitterhofer-Sammlung“. Sepp Mitterhofer aus Meran-Obermais, ein bisher von der Südtiroler Politik unbedankt gebliebener BAS-Aktivist der ersten Stunde, jetzt Ehrenobmann des Südtiroler Heimatbundes (SHB), in dem sich am 9. Februar 1974 ehemalige Freiheitskämpfer zusammenschlossen, hat sie über Jahrzehnte hin zusammengetragen und beherbergt. Seine Sammlung bildet den Kern der Ausstellung „BAS – Opfer für die Freiheit“.
Ausgestellt werden zudem weitere Objekte aus dem Besitz von BAS-Aktivisten bzw. deren Nachkommen. Aus dem „BAS-Archiv“, dem im Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum in Innsbruck vorhandenen Vorlass der BAS-Aktivisten Herlinde und Klaudius Molling, sind Leihgaben ausgestellt, welche die mitunter einfachen Methoden veranschaulichen, derer sich die Freiheitskämpfer bedienen mussten. Ein reichhaltig ausgestatteter Ausstellungskatalog stellt in Wort und Bild eindrucksvoll den inneren Zusammenhang von Exponaten und Geschehenshistorie her.
Keine Verherrlichung von Gewalt
Die Ausstellung befindet sich in Bozen, Lauben 9, und ist von Dienstag bis Samstag (jeweils von 10–12 Uhr und von 15-17 Uhr) geöffnet. Nach Vereinbarung sind Gruppenführungen auch außerhalb dieser Zeiten möglich. Initiatoren sind der Andreas-Hofer-Bund Tirol (AHB; Innsbruck) und der Südtiroler Heimatbund (SSB; Bozen). Großzügiges Mäzenatentum der (von der in Australien lebenden Österreicherin Dr. Helga Christian 1966 eingerichteten) Laurin-Stiftung (Liechtenstein) hat ihre Einrichtung als Dauerausstellung erst ermöglicht.
„BAS – Opfer für die Freiheit“ verherrlicht keineswegs Gewalt und/oder Terrorismus. Sie legt anhand von Einzelobjekten offen, wozu Männer und Frauen imstande sein können (und müssen), die keinen anderen Weg mehr sehen, als zur Tat zu schreiten, um die im Lügengewand des „demokratischen Staates“ ausgeübte Gewaltherrschaft gegen die in fremdnationaler Umgebung zu leben gezwungenen Landsleute durch gezielte Attacken zu unterminieren – wenn der gütlichen Worte genug gewechselt sind, ohne dass sich Besserung/Befriedung einstellt.
Eine Herausforderung
Eine Herausforderung für diese erstmalige Ausstellung über den BAS bestand darin, dass sowohl die „offizielle“ italienische, als auch die wissenschaftliche und journalistische Publizistik im deutschsprachigen Raum deren Aktivisten politisch in die „recht(sradikal)e Ecke“ stellt(e). Das wird jedoch weder den handelnden Personen noch ihrer Sache gerecht. In den für die damalige Südtirol-Politik entscheidenden Jahren waren unter den BAS-Leuten (in Südtirol wie in Österreich und Deutschland) fast alle gängigen politischen Weltanschauungen vertreten; ihren führenden Köpfen ging es vor allem darum, dass „etwas geschehen muss“.
Die allen Bevölkerungsschichten entstammenden Südtiroler BAS-Aktivisten handelten schlicht und ergreifend aus dem Beweggrund, als Tiroler Patrioten Heimat und Volkskultur vor der schieren Gefahr „ewiger Italianità“, der vom „demokratischen Italien“ bruchlos übernommenen Zielsetzung des Faschismus, somit vor dem von Kanonikus Gamper beschworenen „Todesmarsch der Südtiroler“ (s.o.) zu bewahren. Dies just auch für die Anschauung Nachgeborener nachvollziehbar zu machen, ist das hehre Ziel dieser durch und durch für gelungen zu erachtenden Ausstellung.
Soweit der Bericht von „UNSER TIROL 24“.
Weitere Informationen und Bilder sind im Ausstellungskatalog zu finden:
Hier ein Gastbeitrag des Zeithistorikers und Publizisten Prof. Dr. Dr. h.c. Olt auf der Internetseite des Magazins „Info-DIREKT“.
„Erdbebensicherung“ des faschistischen Siegesdenkmals in Bozen
„Furberia“ all’Italiana
Das italienische Wort „furberia“ bezeichnet eine besondere Schlauheit und Verschlagenheit. Eine solche „furberia“ demonstriert das Kulturministerium in Rom mit der Ankündigung, in das faschistische Siegesdenkmal in Bozen 735.000 Euro für dessen „Erdbebensicherung“. und Generalsanierung zu investieren. Dem Kulturministerium zufolge ist Südtirol offenbar ein Erdbebengebiet. Die „Erdbebensicherung“ sei notwendig, denn schließlich handle es sich um ein „Kulturgut“.
Ein auf Wunsch Mussolinis errichtetes Denkmal
Das auf ausdrücklichen Wunsch Mussolinis errichtete und 1928 als Symbol des Faschismus und der „Italianita“ Südtirols eingeweihte „Monumento alla Vittoria“ ist mit steinernen „Liktorenbündeln“, dem Symbol der Faschistischen Partei, des „Partito Fascista Italiano“, geschmückt.
Es stellt zudem eine steinerne Beleidigung der Südtiroler dar. An der Stirnseite des Denkmals schießt eine „Siegesgöttin“ einen Pfeil gegen den „barbarischen Norden“ ab. Darunter findet sich folgende lateinische Inschrift:
„Hic patriae fines siste signa. Hinc ceteros excoluimus lingua legibus artibus.“
(Übersetzt: „Hier an den Grenzen des Vaterlandes setze die Zeichen. Von hier aus bildeten wir die Übrigen durch Sprache, Gesetze und Künste.“).
Ursprünglich war anstelle von „ceteros“ („die Übrigen“) das Wort „barbaros“ („die Barbaren“) vorgesehen gewesen. Trotz der abgemilderten Wortwahl blieb die Aussage unmissverständlich: Das faschistische Italien habe den unterworfenen Bewohnern des Landes erstmals Zivilisation und Kultur gebracht.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das „Siegesdenkmal“ dadurch „entfaschistisiert“, dass eine auf Mussolini verweisende Inschrift entfernt wurde.
Nun konnte das „Siegesdenkmal“ seiner ursprünglichen Zweckbestimmung gemäß weiterhin als Kulisse für militärische Aufmärsche und neofaschistische Kundgebungen dienen.
Protest der „Süd-Tiroler Freiheit“
Die Landtagsfraktion der „Süd-Tiroler Freiheit“ wies in einer Presseerklärung darauf hin, dass die Südtiroler insgesamt 1.220.000,00 Euro für Erdbebenopfer in Mittelitalien gespendet hätten.
„Nicht nur alle antifaschistisch gesinnten Menschen, sondern auch die wahren Erdbebenopfer werden verhöhnt!“, so der Vorwurf der „Süd-Tiroler Freiheit“.
Von der Caritas der Diözese Bozen/Brixen hat sie nun auf Anfrage erfahren, dass Süd-Tirol für die Opfer der jüngsten Erdbeben in Mittelitalien bis zum 31. Dezember 2017 insgesamt 1.220.147,54 Euro gespendet haben. Hinzukommen die Gelder, die das Land Süd-Tirol zusätzlich bereitgestellt hat, deren genaue Höhe mit einer Landtagsanfrage herausgefunden werden soll.
Der Landtagsabgeordnete Bernhard Zimmerhofer und der Sprecher der STF-Ortsgruppe Bozen, Cristian Kollmann, bezeichnen es, so wörtlich, „als unglaubliche Dreistigkeit, mit der das zum architektonischen Kulturgut uminterpretierte Siegesdenkmal praktisch unzerstörbar gemacht werden soll, während im Erdbebengebiet in Mittelitalien die Schäden bei Weitem noch nicht behoben sind!“
Soweit die Presseerklärung der „Süd-Tiroler Freiheit“.
Tatsächlich sind bis heute in den Erdbebengebieten Mittelitaliens die durch Erdbeben verursachten Bauschäden der letzten beiden Jahre zum größten Teil noch nicht behoben. Begründung: In Rom fehlt das Geld!
Die Sanierung des faschistischen Protztempels in Bozen unter dem Vorwand der Herstellung der Erdbebensicherheit ist eine Verhöhnung der dortigen betroffenen Erdbebenopfer.
Protest der Freiheitlichen
Walter Frick, der freiheitliche Bezirksobmann von Bozen Stadt und Land, nahm ebenfalls zu dem römischen Vorhaben Stellung:
„Schon wieder hat man seitens des italienischen Staates einen neuen Vorwand gefunden, um das nach seinem Begriff als „Kulturgut“ bezeichnete, aber für die deutsch-ladinische Bevölkerung als Geschichtsverfälschung empfundene sogenannte „Siegesdenkmal“ auf Erdbebensicherheit prüfen zu lassen, um somit wieder Geld beim Ministerium für Kulturgüter locker machen zu können.
Anderseits hat der italienische Staat kein Geld für geschichtsträchtige Bauten in ganz Italien, aber für das soggenannte „Siegesdenkmal“ in Bozen kann das Ministerium für Kulturgüter ohne weiteres 735.000 Euro aufbringen. … Italien ist voll mit Kunstschätzen wie wohl kaum ein anderes Land in Europa. Aber der Staat hat kein Geld, um sie zu erhalten, und setzt sie somit zum Teil dem Verfall aus. Aber in Südtirol laufen die Uhren anders, hier wird sehr wohl Geld für eine Geschichtsverfälschung, wie es das sogenannte Siegesdenkmal eine ist, bereitgestellt.
Tatsache ist, dass man mit dem Vorwand, das Denkmal sei nicht erdbebensicher, wiederum erhebliche Summen von Steuergeldern für diesen faschistischen Bau bereitstellen wird. Dieses Bauwerk ist bis heute unverändert geblieben und verkörpert weiterhin durch faschistische Symbole und rassistische Inschriften die faschistische Ideologie und wird somit auch von der deutsch-ladinischen Bevölkerung abgelehnt.“
Soweit die Presseerklärung der Südtiroler Freiheitlichen.
Das „Siegesdenkmal“ wurde auch in den vergangenen Jahren immer wieder mit Steuergeldern renoviert, damit es eine schöne Kulisse für italienische nationalistische Aufmärsche abgeben kann.
Die nunmehrige Begründung der Herstellung einer „Erdbebensicherheit“ übertrifft an „furberia“ aber alle bisherigen Vorgangsweisen.
Der „Bozner Blutsonntag“ und die Ermordung des Lehrers Franz Innerhofer
Am 24. April 1921 wurde in Bozen der Marlinger Lehrer und Schulleiter Franz Innerhofer von Faschisten ermordet. Dieser Tag ging in die Geschichte als „Bozner Blutsonntag“ ein.
Der 1884 in Marling geborene Lehrer Franz Innerhofer hatte im Ersten Weltkrieg mit den Burggräfler Standschützen an der Front gestanden. Nach dem Krieg war er neben seiner Tätigkeit als Lehrer- und Schulleiter ehrenamtlich für das Allgemeinwohl in seiner Heimatgemeinde tätig. Er war Kirchenorganist, kümmerte sich um den Kirchenchor und den musikalischen Nachwuchs und war Trommler in der Musikkapelle Marling.
Innerhofer wurde das Opfer einer geplanten faschistischen Gewaltorgie gegen friedliche Südtiroler. Der Faschismus war eine Bewegung, die am 23. März 1919 von dem ursprünglich politisch linken Sozialisten und späteren „Duce“ Benito Mussolini in Mailand als Kampfbund „Fascio di Combattimento“ gegründet wurden war. Der Name „fascio“ hatte ursprünglich das römische Rutenbündel mit Axt bezeichnet, welches von den Amtsdienern und Leibwächtern, den Liktoren, als Symbol ihrer Amtsgewalt öffentlich getragen worden war.
Die junge Bewegung des Faschismus, die sich extrem nationalistisch ausrichtete, war entschlossen, so rasch als möglich die Macht im Staat zu übernehmen – wenn nötig, mit allen Mitteln.
Die geplante Generalprobe in Bozen
Die Generalprobe für die Machtübernahme in Rom in fand in Bozen statt. Hier sollten bereits zahlreiche Vertreter des Staates ihre Parteilichkeit zugunsten der Faschisten zeigen.
Anlass dazu war die von 19. bis 26. April dauernde Bozner Messe, welche die seit dem Krieg darniederliegende Wirtschaft in Südtirol durch neue Impulse beleben sollte.
Die Wirtschaft hatte aber auch kulturelle Rahmenveranstaltungen eingeplant, darunter einen für den 24. April 1921 angesetzten Südtiroler Trachtenfestzug, der durch die Bozner Altstadt ziehen und dann in Schloss Ried bei Runkelstein mit einem Volkstrachtenfest seinen Ausklang finden sollte. Diese Darstellung Tiroler Brauchtums widersprach der von den Faschisten propagierten „Italianita“ Südtirols und erregte ihren Zorn.
Feierliche Versprechungen der Behörden
Die „Bozner Nachrichten“ berichteten am 27. April 1921:
„Schon Tage vorher waren von unten herauf aus Verona u. s. w. Hilfstruppen bestellt worden und als man am Sonntag vormittags diese seltsamen Gesellen mit Totschlägern, Bombenkiste und Sanität johlend aufmarschieren sah, da wurden allerhand Befürchtungen laut. Aber die staatlichen Behörden hatten von höchster Stelle die feierliche Versicherung gegeben, daß nichts geschehen werde; auf dem Waltherplatz wurde über Befehl des königlichen Statthalters die Trikolore gehißt und so hoffte man, daß diese Desperados, deren Aufzug allein schon hätte genügen sollen, sie hinter Schloß und Riegel zu setzen, nur als eine Art Demonstrationsgarde erschienen waren. Aber unsere Leichtgläubigkeit sollte fürchterlich enttäuscht werden.“
Am 24. April 1921, dem Tag des Festumzugs, trafen weitere faschistische Terrortrupps in Bozen ein. Die Bozner Zeitung „Der Tiroler“ berichtete darüber am 26. April 1921:
„Als am Sonntag um 8 Uhr morgens mehrere hundert Faschisten, und selbst die Veroneser Faschistengruppe ‚Squadra disperatissima‘, von weitem gleich erkenntlich an ihren schwarzen Zipfelhauben, ausgerüstet mit Totschlägern, Revolvern und sogar mit Handgranaten, dem aus dem Süden gekommenen Zuge entstiegen und unter faschistischen Kampfliedern und Drohrufen gegen die Deutschen im allgemeinen und den Bürgermeister Dr. Perathoner im besonderen über den Waltherplatz zogen, da konnte sich auch der unverbesserlichste Optimist keiner Täuschung hingeben, daß ein Attentat gegen uns Südtiroler Deutsche und namentlich gegen Bozen geplant sei. Die Faschisten zogen mit Vorantragung einer Fahne und unter dem Gebrüll von Hetzliedern durch die Stadt und bekundeten ganz offen ihre Absicht, den Terror nun auch nach Bozen zu tragen.“
Die Faschisten wurden von den Carabinieri nicht in ihre Schranken gewiesen und entwaffnet, sondern ganz im Gegenteil mit Hochachtung begrüßt.
Offiziere und Carabinieri salutierten vor den Faschisten
Am 26. April 1921 veröffentlichte die Südtiroler „Landeszeitung“ einen Augenzeugenbericht, in welchem es hieß:
„Die Behörde wußte, daß die 500 Faschisten, die nach Bozen gekommen waren, die offenkundige Absicht hatten, die Veranstaltungen der Bozner Messe gewaltsam zu stören; sie wußte, daß diese Plattenbrüder schwer bewaffnet waren.“
Der Zuzug der faschistischen Gewalttäter nach Bozen sei „in geschlossenen Kompanien“ erfolgt, welche ihre „drohend geschwungenen Mordwaffen“ offen zur Schau getragen hätten.
„Als sie … unter Drohrufen auf Bozen und auf die Deutschen mit hochgeschwungenen Keulen, Revolvern und Handgranaten die Straßen durchzogen, leisteten Karabinieri und konsigniertes Militär … den Salut, das heißt, sie grüßten die vorüberziehenden Apachen in reglementmäßiger Weise wie es vor offiziellen Institutionen geschieht.“
Der Überfall – 50 Schussverletzungen
Dann begann um 13 Uhr des 24. April 1921 der von den italienischen Behörden genehmigte Festumzug mit seinen Trachtengruppen durch Bozen. Wie die „Bozner Nachrichten“ am 27. April 1921 berichteten, war es
„ein rührend schönes Bild, als Männer und Frauen, Kinder und Greise im Farbenschmuck ihrer heimischen Festkleidung, blumengeschmückt mit lachenden Augen sich zum Zuge ordneten.“
Der Festumzug führte durch die innere Stadt. Plötzlich drängten sich Faschisten in den Festumzug zwischen die Tiroler, die sich aber nicht provozieren ließen und ruhig weiterzogen. „Da ertönte plötzlich von einem Hause auf dem Obstmarkt ein schriller Pfiff,“ hieß es in dem Bericht der „Bozner Nachrichten“,
„gleich darauf explodierte eine Bombe und die Fascisten, die am Obstmarkt auf der Lauer lagen begannen nun wie Rasende die völlig wehrlose Bevölkerung zu massakrieren. Bomben wurden geworfen, blindlings wurde aus Revolvern und Schießstöcken in die Menge geschossen und mit Indianergeheul fielen die Rasenden mit ihren Totschlägern über Festzügler und Zuschauer ohne Unterschied des Alters und Geschlechtes her. Eine fürchterliche Panik entstand, die Leute stoben schreiend und hilferufend auseinander und hinterdrein stürmten pfeifend und brüllend, schießend und knittelschwingend wie losgelassene Teufel die traurigen Helden des Tages. An die fünfzig Schußverletzungen konnten bisher festgestellt werden und es ist geradezu ein unglaubliches Wunder zu nennen, daß der Tod keine schrecklichere Ernte gehalten hat.“
53 Personen mussten im Spital und in häuslicher Pflege behandelt werden. (Eine namentliche Auflistung der Verletzten findet sich in der Broschüre „24. April 1921 – Der Bozner Blutsonntag“, Neumarkt a. d. Etsch 2011, S28f)
Die Ermordung Franz Innerhofers
Der Lehrer Franz Innerhofer hatte als Trommler der Musikkapelle Marling an dem Festumzug teilgenommen. Als er ermordet wurde, war er 36 Jahre alt.
„Und das alles geschah vor den Augen jener bewaffneten Hüter der staatlichen Ordnung“, hieß es in dem Bericht der „Bozner Nachrichten“ vom 27. April 1921. „Und dann geschah das Entsetzliche. Der Oberlehrer Franz Innerhofer aus Marling, der, von mehreren Mordbuben verfolgt, ein achtjähriges Knäblein retten wollte und sich in den Hof des Ansitzes Stillendorf flüchtete, wurde meuchlings aus teuflischer Mordlust erschossen. Die Kugel drang dem edlen Manne mitten ins Herz und eine junge Frau wurde zur Witwe, ein wenige Tage altes Kind zur Waise. … Die Regierung aber, die genau gewußt hat, was für Gäste der Eisenbahnzug aus dem Süden am Sonntag vormittags ausgespien hat, die Regierung … hat nichts getan, dieses bestellte Blutbad zu verhindern.“
Carabinieri und italienisches Militär schützten und verabschiedeten die Gewalttäter
Die „Südtiroler Landeszeitung“ berichtete am 26. April 1921, dass es nach dem faschistischen Überfall zu Raufereien zwischen den Tätern und Deutschen gekommen war. Hierbei
„traten Militär und Karabinieri offenkundig für die Faschisten ein und verhafteten die Deutschen…. Besonders klar und kraß trat die Mitschuld der Behörde an den Taten der Bombenwerfer und Revolverhelden hervor, als diese nach der Bluttat auf den Bahnhof zogen und dort im Amtsgebäude (Hotel Viktoria) auf die Abfahrt des Zuges warteten. Die Mörder marschierten dann mit Gesang und Hohnrufen auf die Bevölkerung vollständig bewaffnet auf den Bahnhof, wobei Frauen und Kinder in rohester Weise bei Seite gestoßen wurden. Als sich an dem das Geleise absperrenden Planken (beim Frachtenmagazin) eine Menge von Leuten ansammelte … gingen die dahinter stehenden Faschisten mit Steinwürfen gegen die harmlosen Leute vor, ohne daß Militär oder Carabinieri sie auch nur gehindert hätten. Im Gegenteil: Augenzeugen haben gesehen, wie diese ‚Sicherheitsorgane‘mit Lachen den Gewalttaten zusahen.“
Auch die in Bozen erscheinende Zeitung „Der Tiroler“ berichtete in ihrer Ausgabe vom 26. April 1921, was nach den Gewalttaten gegen die Festumzugsteilnehmer weiter geschah:
„Die Faschisten setzten sich vor dem Hotel (Anm.: Hotel Kaiserkrone) an die dort aufgestellten Tische, wo bereits Offiziere ihrer harrten. Ihre Waffen auf die Tische legend erzählten sie sich laut brüstend von ihren Verbrechen, und die Offiziere unterhielten sich aufs freundlichste mit den Kerlen.“
„Der Tiroler“ berichtete weiter:
„Als die Zeit gekommen war, daß die Faschistenbande wieder heimfahren wollte, zog sie unter dem ehrenden Geleite von Offizieren zum Bahnhofe, vor dem sie nochmals Aufstellung nahmen und Reden schwangen, die von nationalistischem Gehetz nur so sprühten. Endlich stiegen sie unter Geschrei in den Zug ein. Bei der Abfahrt ließen die Kerle nochmals ihrem Deutschenhasse die Zügel ‚schießen, indem sie mit ihren Revolvern herumfeuerten, als ob es mit den bereits verübten Bluttaten noch immer nicht genug wäre. Bei dieser Schießerei wurde denn auch noch ein Mann getroffen, und zwar ein in den Überetscher Zug eingestiegenen Bauer namens Kofler aus Eppan. Die Kugel drang dem Manne durch den Hals. Es ist nur einem ganz besonderen Glück zuzuschreiben, daß das Projektil weder die Schlagader noch den Halswirbel traf. Aber trotzdem ist die Verletzung schwerer Natur. Endlich verließ der Schnellzug, in dem zwei Waggons von der Mordgesellschaft besetzt waren, die Station. Aber die Bande setzte die Schießerei aus den Waggonfenstern auch während des Ausfahrens aus der Station noch fort, bis dieBahnbrücke über den Eisack passiert war. Während die einen schossen, schwangen die anderen ihre Knüttel aus den Fenstern.“
„Des Totenopfers Heimfahrt“
Unter dieser Überschrift berichtete die „Südtiroler Landeszeitung“ am 27. April 1921 über die letzte Reise Franz Innerhofers:
„Der Tote lag in der städtischen Leichenkapelle aufgebahrt. Eine Fülle von Blumen hüllte den Sarg ein. … Pilgerzüge zu Tausenden besuchten den Märtyrer des Deutschtums.“
Am Nachmittag des 26. April 1921 erfolgte die Überführung des Toten auf den Friedhof seines Heimatortes Marling. Die „Südtiroler Landeszeitung“ berichtete, dass „eine ganz ungeheuerlich große Menschenmenge“ an dem Trauerzug teilnahm. „Im Laufe des Zuges werden es wohl leicht 10.000 Menschen gewesen sein.“
In der ganzen Stadt Bozen hingen schwarze Trauerfahnen aus den Giebeln der Häuser. In Gries und in allen anderen Orten, durch welche sich der Trauerzug bewegte, läuteten die Kirchenglocken und „unabsehbare Menschenmassen“ erwiesen dem Toten die letzte Ehre. In den einzelnen Ortschaften waren bewaffnete Carabinieri und Militär mit Maschinengewehren zu sehen.
Am Abend des 26. April 1921 wurde Franz Innerhofer im Marlinger Schulhaus aufgebahrt. Am nächsten Tag folgten „die Angehörigen und eine unabsehbare Menge von Leitragenden“ dem Sarg und nahmen an der Bestattungsfeier im Marlinger Friedhof teil, wie die „Südtiroler Landeszeitung“ vom 29. April 1921 berichtete. „Dann erklang mächtig und erhebend, von allen gesungen die erste Strophe des Andreas Hoferliedes in den glanzvollen Frühlingsmorgen hinaus, hinauf zu den beschneiten Firnen:
Es blutete der Brüder Herz,
Ganz Deutschland, auch, in Schmach und Schmerz,
Mit ihm sein Land Tirol!“
Der Weg in die Rechtlosigkeit
Am 25. April 1921 fand eine große Protestversammlung statt, die mitten in Bozen auf dem Waltherplatz hätte stattfinden sollen. Das passte jedoch den italienischen Behörden nicht. Unter dem Schutz einer Maschinengewehrabteilung räumten die Carabinieri den Platz und die Menschenmassen mussten auf den Viehmarktplatz ausweichen, wo die Ansprachen der Vertreter der verschiedenen Parteien gehalten wurden.
Wie die „Südtiroler Landeszeitung“ am 26. April 1921 berichtete, überwachte das italienische Militär die Veranstaltung und hatte vorsichtshalber sogar Artillerie auf dem Virgl postiert.
Die Südtiroler Presse berichtete ausführlich über die Protestversammlung und auch über die in verschiedenen Gemeinderäten beschlossenen Protestresolutionen.
Am 26. April 1921 berichtete die „Südtiroler Landeszeitung“, dass die italienische Staatsanwaltschaft einen Aufruf der Südtiroler Parteien über die blutigen Vorgänge des Sonntags in Bozen beschlagnahmt und dessen Veröffentlichung verboten habe.
Am 2. Mai 1921 wurden die Südtiroler Zeitungen „unter Androhung von Gewaltmaßnahmen im Falle der Verweigerung“ gezwungen, eine Kundmachung des italienischen Generalkommissariats zu veröffentlichen, in welcher es hieß, das die italienische Regierung keine offene oder versteckte „Hetze“ von politischen Parteiführern und Zeitungen „gegen das italienische Volk“ dulden und diese mit „Rücksichtslosigkeit“ verfolgen und „mit strengsten Strafen“ ahnden werde.
Die „Südtiroler Landeszeitung“ vom 2. Mai 1921 bezeichnete dies als „Maulkorb“. Nun wurde den Südtiroler klar, dass der vor ihnen liegende Weg bald in die absolute Rechtlosigkeit führen würde. Tatsächlich stand die Machtergreifung des Faschismus unmittelbar bevor, die dann im Oktober 1922 mit der Berufung Mussolinis zum Ministerpräsidenten durch den italienischen König erfolgen sollte. Nahezu alle Südtiroler Tageszeitungen mussten in der Folge ihr Erscheinen einstellen. Ihre kritischen Stimmen verstummten.
Wie des Opfertodes Franz Innerhofers bisher gedacht wurde
1971: Anbringung einer Gedenktafel am Ansitz Stillendorf
Das Gedenken an Franz Innerhofer in Südtirol
1971: Anbringung einer Gedenktafel am Ansitz Stillendorf – Gedenken in den folgenden Jahren
Im Jahre 1971 brachte der „Heimatschutzverein Bozen“ am Tatort, in dem Hausflur des Ansitzes Stillendorf in Bozen, eine Gedenktafel an. Seitdem fanden dort immer wieder Gedenkfeiern statt.
1996: Schützen forderten Umbenennung des Bozner „Siegesplatzes“ in „Franz Innerhofer Platz“
Am 24. April 1996 versammelten sich an die 1000 Schützen aus Süd-, Nord-, und Welschtirol vor dem Ansitz Stillendorf in Bozen und gedachten dort des Ermordeten. Anschließend zogen die Schützen unter wütenden Schreien einiger hundert Neofaschisten zum „Siegesplatz“ vor dem faschistischen „Siegesdenkmal“. Dort gedachten sie ihres Landsmannes Innerhofer und aller Opfer des Faschismus. Sie forderten die Umbenennung des Platzes in „Franz Innerhofer Platz“. An dem Schutzgitter vor dem Faschistendenkmal brachten sie ein diesbezügliches Schild an.
Nach dem Abzug der Schützen wurde diese Tafel von den italienischen Nationalisten in blinder Wut zerstört.
2011: Innerhofer Gedenken in Marling – Altlandeshauptmann Wendelin Weingartner für das Selbstbestimmungsrecht
Am 16. April 2011 fand in Marling eine würdige Gedenkfeier für Franz Innerhofer statt, an der mehr als 500 Menschen teilnahmen. Sein Todestag jährte sich in diesem Jahr zum 90. Male. Zur Feier geladen hatte die Schützenkompanie und die Gemeindeverwaltung von Marling sowie der Südtiroler Schützenbund.
Pfarrer Ignaz Eschgfäller zelebrierte eine Gedenkmesse, die von den Musikkapellen von Marling und St. Walburg musikalisch gestaltet wurde.
Als Ehrengäste sah man die Tochter von Franz Innerhofer, die bekannte Mundartdichterin Maridl Innerhofer, den Nordtiroler Landeshauptmann a.D. Wendelin Weingartner, den SVP-Kammerabgeordneten Karl Zeller sowie die freiheitlichen Landtagsabgeordneten Ulli Mair und Pius Leitner und Eva Klotz (Süd-Tiroler Freiheit).
Wendelin Weingartner trat in seiner Rede offen für die Selbstbestimmung ein. „Südtirol hat sich im Haus Italien mittlerweile ein wohliges Zimmer eingerichtet“, sagte Weingartner. Das ändere aber nichts daran, dass „das Haus, in dem sich dieses Zimmer befindet, eigentlich das falsche ist.“ sei. „Vielleicht“, so fuhr Weingartner unter lautem Applaus fort, „vielleicht öffnet sich irgendwann ein Fenster oder eine Tür, durch die Südtirol dieses Haus verlassen könnte“.
2011: „Franz Innerhofer Platz“ in Bozen
Die Aktion der Schützen des Jahres 1996 und der ständige politische Druck auf die Bozner Stadtregierung führte letztendlich zu einem Erfolg. Zwar war die italienisch dominierte Stadt Bozen nicht bereit, den Namen des „Siegesplatzes“ zu ändern, jedoch wurde einer kleinen Freifläche vor der Universität der Name „Franz Innerhofer Platz“ verliehen. Am 25. April 2011 wurde in Anwesenheit der der Tochter von Franz Innerhofer, Maridl Innerhofer, des Bürgermeisters von Bozen, Luigi Spagnolli, des Bürgermeisters von Marling und einer Abordnung der Bozner Schützen unter der Teilnahme zahlreicher Gäste die Platzbenennung vorgenommen
Das Gedenken in Nordtirol
1931: Der unerwünschte Gedenkstein in Innsbruck
Der von 1919 bis 1938 bestehende „Andreas Hofer-Bund für Tirol“ war eine patriotische Vereinigung, der auch namhafte katholische Geistliche angehörten und dessen Ziel die Wiedervereinigung Tirols war. Im Jahr 1931, zehn Jahre nach der Mordtat, ließ der Bund in Innsbruck auf dem Rennweg an der Hofgarten-Mauer eine Gedenktafel für Franz Innerhofer anbringen und in Anwesenheit des Bürgermeisters und Vizebürgermeisters sowie zahlreicher anderer Vertreter des öffentlichen Lebens einweihen. Der Witwe und der Tochter von Franz Innerhofer war die Teilnahme an der Gedenkfeier nicht möglich, da Italien ihnen die Ausstellung von Reisepässen verweigerte.
Das Regime des österreichischen Ständestaates wagte es trotz der Freundschaft zu dem faschistischen Diktator Mussolini nicht, diese Tafel zu entfernen. Im Jahre 1938 war das nationalsozialistische Regime weniger zurückhaltend. Man riss die Hofgarten-Mauer ab und entsorgte die Gedenktafel in das Depot des Volkskunstmuseums in Innsbruck. Die Tafel stellte schließlich eine Beleidigung des Hitler-Freundes Mussolini dar. Der „Andreas Hofer-Bund für Tirol“ wurde behördlich aufgelöst.
Ist Bozen es müde, bei Italien zu sein?
Das Internetportal unsertirol24.com hat am 27. Jänner 2017 einen bedeutungsvollen Beitrag auf seiner Seite „Welschtirol“ veröffentlicht:
Wir geben den Artikel in leicht verkürzter Übersetzung wieder:
Ist Bozen es müde, bei Italien zu sein?
Luigi Sardi analysiert die Worte des Bozener Bürgermeisters Enzo Caramaschi
„In Südtirol weht ein Wind der Müdigkeit gegen Italien und wenn wir heute eine Volksabstimmung durchführen würden, so würde die Bevölkerung, auch jene der italienischen Sprachzugehörigkeit, dafür stimmen, sich abzuspalten.“
Das hat Enzo Caramaschi, der Bürgermeister von Bozen, gegenüber dem Bürgermeister von Trient bei einem von der Zeitung „l’Adige“ im Palazzo Geremia veranstalteten persönlichen Treffen erklärt.
Demnach sei die Bevölkerung der Stadt Bozen es müde, einem Land anzugehören, welches immer schwieriger zu regieren sei. Bozen war seinerzeit, als das (neofaschistische) „Movimento Sociale Italiano“ noch die stärkste politische Partei war – von Giorgio Almirante als „alleritalienischste Stadt Italiens“ bezeichnet worden.
Zum wiederholten Mal hat Caramaschi erklärt, dass man in Südtirol mit vermehrter Sympathie nach dem Land nördlich des Brenners blicke, wo die Sicherheiten und die politische Ernsthaftigkeit die Wirtschaft begünstigen und wo die Kultur als Schatz die Entwicklung begünstigt.
Man blicke lieber nach dem Norden, als nach dem Land südlich von Salurn, wo man auf die Glücksfälle vertraut, um einen häufig wankenden Fortschritt in Gang zu halten.
Sicherlich sind die italienischen Probleme enorm und häufig tragisch. (Es folgt eine Aufzählung tragischer Erdbeben in Italien, welche wir hier weglassen.)
Man hat begriffen, dass seit Jahrzehnten die wirtschaftlichen Ressourcen ungenügend und die Antworten der Politik darauf nicht angemessen sind. Wir wissen auch, wie das Diktat der Politik die Darstellung historischer Ereignisse mittels gewollter, verkündeter und multiplizierter Irrtümer verändert hat.
Daher gibt es eine verdrehte Geschichtsdarstellung, eine verleugnete, versteckte oder verfälschte Wahrheit.
Ein Segment dieser Geschichte betrifft Südtirol: Der Verrat Italiens im Mai 1915 an dem Dreibund, welcher seit 32 Jahren Rom, Berlin und Wien vereint hatte.
In jenem Mai wurde dieser Verrat „strahlend“ genannt, weil er vom „Sacro Egoismo“, dem „Heiligen Egoismus“. getragen war, wie es der damalige Ministerpräsident Antonio Salandra ausgedrückt hat.
Das ist der Ursprung der „Winde der Müdigkeit“, die unverhofft in das Bewusstsein von einem Bürgermeister zurückgeholt werden, der an einem Punkt angelangt zu sein scheint, an welchem er die Zukunft der Stadt verändern will, die ihn gewählt hat.
Der italienische Originaltext:
Bolzano stanca di essere Italia?
Luigi Sardi analizza le parole del Sindaco di Bolzano, Enzo Caramaschi
“In Alto Adige ci sono venti di stanchezza verso l’Italia e se facessimo oggi un referendum la gente, anche quella di lingua italiana, voterebbe per staccarsi ”.
Lo ha detto Enzo Caramaschi, il sindaco di Bolzano, nel faccia a faccia con il sindaco di Trento organizzato dal giornale l’Adige a Palazzo Geremia. Dunque il popolo di Bolzano, quello della città definita “la più italiana d’Italia” da Giorgio Almirante quando il Movimento Sociale Italiano era il partito più forte nel capoluogo del Sud Tirolo, sarebbe stanca di un Paese dove governare è sempre più difficile.
Ancora Caramaschi ha detto che nel Sud Tirolo si guarda, con crescente simpatia, a Nord del Brennero, dove le certezze e la serietà politica favoriscono l’economia; dove la cultura diventa quel patrimonio che aiuta lo sviluppo; piuttosto che guardare a Sud di Salorno, dove ci si affida al famoso “stellone nell’ingranaggio”, insomma al colpo di fortuna, per mantenere in piedi un progresso spesso traballante.
Certo, i problemi italiani sono enormi e spesso tragici. A cominciare dall’orrore dei terremoti che flagellano il Bel Paese. Quello di Messina. Quello del 13 gennaio 1915 quando, con un boato che i testimoni ricordarono come infernale e interminabile, Avezzano e altri borghi della Marsica vennero cancellati assieme a 30519 persone. Era il gennaio del 1968 e di fronte al disastro del Belice si riprese a mappare l’Italia indicando la necessità, nelle zone sismiche, di ricostruire e costruire in maniera adeguata.
Mi pare non sia accaduto nulla e così ogni scossa è una tragedia, ogni alluvione un disastro, persino una certamente anomala e furiosa nevicata semina lutti e angosce, nell’ansia di cosa potrà accadere in quelle zone dominate dai vulcani. Si è capito che da decenni le risorse dell’economia sono insufficienti, le risposte della politica inadeguate, e sappiamo come il dettato della politica abbia modificato la ricostruzione degli eventi storici per via di quell’errore voluto che si propaga e si moltiplica.
Dunque storia travisata, verità negate o camuffate o falsificate. Proprio un segmento di questa storia riguarda il Sud Tirolo: il tradimento da parte dell’Italia nel maggio del 1915, della Triplice Alleanza che da 32 anni legava Roma a Berlino e Vienna in quel maggio chiamato “radioso” perché percorso dal fremito del “sacro egoismo”, espressione coniata da Antonio Salandra.
Ecco l’origine dei “venti di stanchezza” richiamati d’improvviso alla memoria non da quanti dovrebbero far ripercorrere la storia di quella guerra di un secolo fa, ma da un sindaco che, accantonato il politichese, sembra sul punto di cambiare il futuro della città che lo ha votato.
Gedenken an einen Südtiroler Freiheitskämpfer
Anton Gostner vor seiner Verhaftung
Der Südtiroler Heimatbund (SHB), eine von ehemaligen politischen Häftlingen Südtirols gegründete Vereinigung, welche für die Selbstbestimmung Südtirols eintritt, erinnert an den tragischen Tod eines vorher von den Carabinieri schwer gefolterten Südtiroler Freiheitskämpfers und hat dazu nachstehende Pressemitteilung veröffentlicht:
Vor 55 Jahren starb Anton Gostner
Der Südtiroler Heimatbund erinnert in diesen Tagen an die 55. Wiederkehr des Todes des Südtiroler Freiheitskämpfers Anton Gostner aus St. Andrä bei Brixen. Der heimatliebende Eisacktaler war an den Sprengstoffanschlägen auf Strommasten beteiligt und von den Carabinieri festgenommen und in den Militärkasernen von Brixen und Eppan schwer gefoltert, misshandelt und psychischer Gewalt durch Schläge ausgesetzt worden. Er starb am 7. Jänner 1962 im Gefängnis von Bozen, berichtet Obmann Roland Lang.
Obwohl er schwer herzkrank war, wurde keine Rücksicht auf seine schwache und angeschlagene Gesundheit genommen. Die Mitgefangenen wie beispielsweise der Ultner Gemeindearzt Josef Sullmann forderten Arzneimittel für eine kurz- bis mittelfristige Besserung des Gesundheitszustands und die Einlieferung ins Krankenhaus, doch dieser Forderung wurde aus menschenverachtenden Gründen keineswegs Folge geleistet, so der SHB.
„Als am 7. Jänner 1962 die Häftlinge im Hof des Kerkers spazieren gingen, klagte Gostner über ein beklemmendes Gefühl in der Brust und einen starken Schmerz im linken Arm. Auf der Krankenstation wurde er kurz behandelt und in die Zelle zurückgebracht. Ich konnte noch ein paar Worte mit dem Brixner sprechen, ehe es ihn nach hinten riss. Nach Luft ringend, wurde er blau im Gesicht und starb. Nach dem die Wärter den toten Freiheitskämpfer und stets fürsorglichen, fünffachen Familienvater forttrugen, blieben die drei anderen Häftlinge völlig niedergeschlagen und sprachlos zurück“, erinnert sich SHB-Ehrenobmann Sepp Mitterhofer.
Nicht zu vergessen ist auch der Hungerstreik der Südtiroler Häftlinge in Bozen und Trient. Eine Woche nach dem Ableben von Gostner begann eine Aktion, mit der die Einsetzung einer internationalen Untersuchungskommission verlangt wurde. Doch dieser Forderung, welche auch von Südtiroler Politikern geteilt wurde, wurde auf keinen Fall stattgegeben. Als Gegenleistung der sarkastischen Art und Weise wurden einige Häftlinge nach Verona und Vicenza strafversetzt.
Lebhaft in Erinnerung blieb auch der Trauerzug von der Kirche in St. Andrä, von der die schwarze Trauerfahne wehte. Der Sarg Gostners wurde von Schützen getragen. Brixens Bürgermeister Valerius Dejaco überreichte als Sprachrohr „einer vieltausendköpfigen, stummen Menge“, die sich aus allen Teilen Südtirols zusammengeströmt war, dem Toten den letzten Gruß der „blutenden Herzens vom ganzen Tiroler Volk gesprochen wurde“, berichtet Lang.
Als heutzutage unvorstellbar könnte man die Aktion der italienischen Behörden bezeichnen. Eine Abordnung der Nordtiroler Landesregierung mit Landeshauptmann Tschiggfrey und den Landesräten Wallnöfer und Zechtl wurde letzterer am Brenner an der Weiterreise nach Brixen gehindert. Die Delegation zelebrierte dann in der Hofkirche in Innsbruck einen Gedenkgottesdienst für Gostner, so Lang.
Anton Gostner war nach dem Burggräfler Franz Höfler das zweite Opfer der polizeilichen Gewalt gegen Südtiroler, die sich gegen das System und für die Heimat einsetzten. Mögen die Taten der Freiheitskämpfer, die allzu früh ihr Leben lassen mussten, niemals vergessen und ihnen ein ehrendes Andenken gewährt werden, schließt Lang.
Roland Lang Obmann des Südtiroler Heimatbundes (SHB)
Südtirol und der Faschismus
Vor 90 Jahren nahm das Unheil seinen Lauf
Ein Südtirol-Freund, Herr Wolfgang Schimank, hat aus Anlass dessen, dass sich im Jahr 2016 der Tod des letzten deutschen Bürgermeisters von Bozen zum 90. Mal jährte, nachstehenden Beitrag gesandt, den wir hier gerne veröffentlichen:
Der 90. Todestag des letzten deutschen Bürgermeisters in Bozen
Ich möchte an den letzten deutschen Bürgermeister von Bozen erinnern. Am 17. April 2016 jährt sich sein 90. Todestag.
Julius Perathoner, geboren am 28. Februar 1849 in Dietenheim bei Bruneck, war von 1894 bis 1922 Bürgermeister der Stadt Bozen.
Bis 1918 gehörten Welsch- und Südtirol zum Habsburger Reich. In Südtirol lebten laut einer Volkszählung im Jahre 1910 Italiener, die lediglich 3% der Bevölkerung ausmachten. Julius Perathoner setzte sich für ein friedliches Zusammenleben der deutschen, der ladinischen und der italienischen Volksgruppen ein.
Am 1. / 2. Oktober 1922 wurde Perathoner durch den Marsch auf Bozen durch italienische Faschisten gewaltsam aus seinem Amt entfernt. Seitdem bekleideten nur noch Italiener dieses Amt in Bozen.
Der „Marsch auf Bozen“ war die Blaupause für Mussolinis Marsch auf Rom. Durch die von den italienischen Faschisten betriebenen Bevölkerungsaustausch hat sich das Antlitz Bozens dramatisch verändert. Heutzutage sind 75% der Bozner italienischer Abstammung. Dieses erdrückende Übergewicht spürt man als Außenstehender nicht, da in Bozen die deutschsprachige Landesregierung mit ihren vielen Ämtern ansässig ist.
Perathoners Vermächtnis des friedlichen Zusammenlebens der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen hat sich bis heute nur ansatzweise verwirklicht.
Erinnert sei an das Siegesdenkmal, das Alpini-Treffen, an italienische Orts-, Flur- und Straßennamen. In den Geschäften bekommt man fast ausschließlich Produkte zu kaufen, die nur in italienischer Sprache etikettiert sind. Vielen italienischen Boznern sind die Befindlichkeiten der Südtiroler fremd. Immer wieder heißt es „Siamo in Italia!“ (Wir sind in Italien!) Es gibt zwar Gesetze zur Gleichstellung der verschiedenen Sprachen und Volksgruppen. Diese werden von italienischer bzw. von staatlicher Seite schlichtweg ignoriert…
Meiner Meinung nach würden die Rechte aller in Südtirol lebenden Volksgruppen besser berücksichtigt, wenn sich diese Region mit Österreich wieder vereinigt oder ein Freistaat Südtirol gegründet wird. Das wäre sicherlich auch im Sinne von Julius Perathoner.
Wolfgang Schimank
Berlin
Der SID hat sich erlaubt, die Ausführungen von Herrn Schimank noch durch einen historischen Rückblick zu ergänzen:
Es begann 1921 mit dem Bozner Blutsonntag:
Europas Weg in das faschistische Verderben – Deutschlands Weg in den Untergang
SID – Dokumentation: Mussolini und Hitler rissen gemeinsam Europa ins Verderben
Generalproben in Bozen – Machtübernahme in Rom
Der Überfall faschistischer Terrortrupps auf den Festzug der Bozner Messe am 24. April 1921, der einen Toten und an die 50 teils schwer verletzte Opfer forderte, zeigte die Ohnmacht des italienischen Staates, der vor der Gewalt kapitulierte und die Täter nicht zu verfolgen wagte.
Das ermutigte Mussolini, ein Jahr später, Anfang Oktober 1922, noch einmal die Probe auf das Exempel zu machen. Es folgte der zweite Marsch auf Bozen. Faschistenhorden aus der Lombardei, dem Veneto und der Emilia Romagna besetzten das Rathaus in Bozen. Die Regierung in Rom kam in panischer Eile den Forderungen der Faschisten nach, setzte den deutschen Bürgermeister Perathoner ab und stellte die Stadt unter die Leitung eines Regierungskommissars.
Der Staat war reif zur Machtübernahme durch die Faschisten. Am 28. Oktober 1922 kam es zum „Marsch auf Rom“. Es gab keinen Widerstand mehr. Der König betraute Mussolini mit der Bildung einer neuen Regierung, die am 30. Oktober erfolgte.
Ein gelehriger Schüler in Deutschland
In München beobachtete ein gelehriger Schüler die Erfolge seines bewunderten Vorbildes Mussolini. Adolf Hitler ließ – dem Beispiel Mussolinis folgend – im Oktober 1922 vorübergehend die Stadt Coburg von 800 SA-Leuten besetzen.
Am 1. November 1922 berichtete der „Völkische Beobachter“ bewundernd über den „Marsch auf Rom“. Am 9. November 1922 versuchte Hitler mit dem „Marsch zur Feldherrnhalle“ in München die Macht in Bayern an sich zu reißen. Diesem Putsch hätte der „Marsch auf Berlin“ folgen sollen. Die bayerische Polizei und das Militär vereitelten den Staatsstreich. Hitler musste nach kurzer Inhaftierung den längeren Weg der Machterringung durch Wahlen gehen.
Von Anfang an hatte Hitler in Mussolini und seiner faschistischen Bewegung das große Vorbild gesehen, sogar Italiens Bündnisverrat im 1. Weltkrieg gebilligt und die Preisgabe Südtirols als notwendiges Opfer für die Freundschaft und das Bündnis mit dem Faschismus betrachtet.
Der gelehrige Schüler übernahm alle Ideen seines bewunderten Lehrers – vom totalitären Staat bis hin zur Lebensraumpolitik zu Lasten anderer Völker.
Der Weg war vorgezeichnet, der Europa ins faschistische Verderben und Deutschland in den Untergang führen sollte.
Der Maestro und sein Schüler – der gelehrige Hitler kopierte sein Vorbild Mussolini
Die Partei-Armee
Mit der Bürgerkriegsarmee zur Macht
Das Original:
Sturmtruppen – faschistische Miliz
1919: Benito Mussolini gründet die in „Squadre“ gegliederten „Fasci di Combattimento“ („Kampfbünde“), denen zahlreiche ehemalige Soldaten, vor allem Mitglieder der „Arditi“ („Entflammten“, der Sturmtruppen des 1. Weltkrieges angehörten.
Die mit Dolchen und Knüppeln bewaffneten „Squadre“ betätigten sich als Bürgerkriegsarmee und verübten Brandstiftungen, Morde, Massaker.
1921: Umwandlung der „Fasci“ in die „Nationale Faschistische Partei“ („Partito Nazionale Fascista“ – PNF).
1923: Überführung der „Squadre“ in die „Milizia Volontaria per la Sicurezza Nazionale“ (MVSN) („Freiwillige Miliz für die Nationale Sicherheit“) mit polizeilichen Befugnissen.
Später auch militärischer Einsatz.
Hemd als Uniformierung
Das einheitliche Schwarzhemd diente als Uniformierung.
Standarten
Neben Fahnen wurden Standarten als Nachahmung der römischen Legionszeichen eingeführt.
Historische Symbolik
Das altrömische „Rutenbündel“ („Fasces“) als Zeichen römisch-imperialer Macht wird zum Symbol der faschistischen Bewegung und des faschistischen Staates
Die Kopie:
Die „Sturmabteilungen“ (SA)
1920: Gründung der „Sturm-Abteilung“ (SA) als paramilitärischer Verband für öffentliche Demonstrationen, aber auch als Kampftruppe für den Bürgerkrieg.Parallel dazu Gründung der „Schutz-Staffel“ (SS), die später im Krieg militärische Einheiten („Waffen-SS“) stellte.Nach der Machtergreifung Ausübung polizeilicher Funktionen nach faschistischem Vorbild (Verhaftung von Regimegegnern und deren Abführung in Konzentrationslager).
Hemd als Uniformierung
Das einheitliche Braunhemd diente bei der SA als Uniformierung.
Standarten
Neben Fahnen wurden die im deutschen Raum nie üblich gewesenen Standarten nach faschistischem Vorbild eingeführt.
Historische Symbolik
Das germanische Sonnensymbol des „Hakenkreuzes“ wird als Zeichen altgermanischer Größe zum Symbol der nationalsozialistischen Bewegung und des NS-Staates.
Die Ideologie – der korporativ gegliederte Staat
Der Staat wird korporativ bzw. ständisch gegliedert – Absage an den Klassenkampf.
Hierarchische Führungsstruktur mit strikter Befehlskette von oben nach unten.
Der Staat wird korporativ bzw. ständisch gegliedert – Absage an den Klassenkampf.
Hierarchische Führungsstruktur mit strikter Befehlskette von oben nach unten.
Die „Führer“
Der „Duce“ („Führer“)
Mussolini fungierte von Anfang an als „Duce“ („Führer“) der „Fasci“, schließlich als „Duce“ der gesamten Nation und des „Impero“ („Imperium“).
Der „Führer“
Hitler ist der „Führer“ der NSDAP, später des gesamten „Großdeutschen Reiches“.
Die Gleichschaltung – die Einheitspartei
Die Abschaffung der politischen Konkurrenz
Verbot aller Parteien außer des PNF. Die Parteiformationen durchdringen das gesamte öffentliche Leben.
Die Abschaffung der politischen Konkurrenz
Verbot aller Parteien außer der NSDAP. Die Parteiformationen durchdringen das gesamte öffentliche Leben.
Die Staatsjugend
Uniformierte Parteijugend, die zur Staatsjugend umfunktioniert wurde.
Uniformierte Parteijugend (HJ und BdM), die zunehmend zur Staatsjugend umfunktioniert wurde.
Der imperiale Gedanke
Nach dem Raub- und Eroberungskrieg gegen Abessinien verkündete Mussolini am 9. Mai 1936 die Annexion der besetzten afrikanischen Gebiete und den Beginn eines neuen „Impero“ nach römischem Vorbild.
Adolf Hitler verkündete am 1. September 1933 offiziell, dass der von ihm geführte Staat ein „Drittes Reich“ sei, das „tausend Jahre“ dauern werde. Damit wurde der Staat propagandistisch in die Nachfolgetradition des „Römischen Imperiums“ und des „Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation“ gestellt.
Imperialistische „Lebensraum“-Ideologie
Neuer Lebensraum im nördlichen Afrika für italienische Siedler.
Neuer Lebensraum in den eroberten und noch zu eroberten Ostgebieten für deutsche Siedler.
Die Rassenideologie
Der Faschismus installierte in seinen afrikanischen Kolonien ein System strenger Rassentrennung und stellte „Rassenschande“ mit Einheimischen unter Strafe. Die Überlegenheit der weißen Rasse wurde propagiert und „Rassenmischung“ gesetzlich verboten. 1938 wurden zusätzliche diskriminierende Rassengesetze erlassen, welche sich direkt gegen die Juden in Italien richteten.
Hitler kopierte Mussolinis Ideen mit den „Nürnberger Rassegesetzen“, welche sich – mangels deutscher Kolonien – vor allem gegen Juden und Zigeuner in Deutschland richteten.
Umsiedlung und Vertreibung
Option und teilweise Umsiedlung der Südtiroler (nur durch den Krieg gestoppt).
Umsiedlungen und Vertreibungen in Afrika, Istrien, Slowenien.
Option und teilweise Umsiedlung der Südtiroler (nur durch den Krieg gestoppt).
Umsiedlungen und Vertreibungen in den Ostgebieten.
Die Säuberung von Namen aus Geschichte und Geografie
Der Name „Tirol“ musste verschwinden. Aus dem südlichen Tirol wurde „Alto Adige“ („Hochetsch“).
Der Namenshinweis auf das Slawentum musste verschwinden. Aus dem italienisch besetzten südlichen Slowenien wurde die „Provincia di Lubiana“.
Der Name „Österreich“ musste dem Namen „Ostmark“ weichen. Aus „Oberösterreich“ und „Niederösterreich“ wurden „Oberdonau“ und „Niederdonau“.
Der Name „Polen“ musste verschwinden. Aus dem deutsch besetzten Teil Polens wurde das „Generalgouvernement“.
Konzentrationslager – Völkermord
Konzentrationslager in Afrika, Italien und auf Mittelmeerinseln.
Völkermord im nördlichen Afrika.
Konzentrationslager in den besetzten Ostgebieten und auf Reichsgebiet.
Völkermord.
Es ist bis heute in Italien guter Brauch, pauschal „die Deutschen“ als Quelle allen Übels in der Geschichte darzustellen. Dies geht einher mit einer Verharmlosung des italienischen Faschismus, die trotz einschlägiger Gesetze strafrechtlich so gut wie nie geahndet wird.
Ein Ministerpräsident Berlusconi konnte sich erlauben, zu behaupten, dass Mussolini seine politischen Gegner schließlich nur in den Urlaub geschickt habe. Gemeint waren die mit Kerkern bestückten und mit Fieberepidemien ausgestatteten Verbannungsinseln im Mittelmeer.
Der vergleichsweise harmlose Faschismus, so wird bis heute in einer Vielzahl italienischer Medien kolportiert, habe den Fehler des Bündnisses mit den Deutschen 1943 rechtzeitig durch den Bündniswechsel korrigiert und die italienische Nation habe sich damit kollektiv und entschlossen auf die Seite des Guten gestellt.
Die hier vorgelegte Dokumentation hat sich erlaubt, dieser wenig anständigen Interpretation zu widersprechen.
Deutschland hat seit 1945 in einem beispiellosen Ausmaß finanzielle Wiedergutmachung zu leisten versucht. Italien hat in Bezug auf die Völkermordverbrechen des Faschismus bis heute nichts getan.
In Deutschland wird der Nationalsozialismus als Unrechtsregime betrachtet, in Italien gibt es neofaschistische Gruppierungen und Parteien, die sich offen zum Faschismus bekennen.
Das ist der wahre Unterschied!
Der Südtiroler Landeshauptmann fährt die Autonomie gegen die Wand
Landeshauptmann Arno Kompatscher – die Stimme Roms in Bozen
Welcher „Teufel“ reitet einen Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP), in allen Fragen Rom entgegen zu kommen und dabei die eigene Landesautonomie gegen die Wand zu fahren?
Diese Frage stellen sich in Südtirol immer mehr Menschen und zwar nicht nur die Anhänger der Oppositionsparteien. Gegen den Kurs Kompatschers begehren auch die Altmandatare der „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) auf, einschließlich des ehemaligen Landeshauptmannes Luis Durnwalder. Sie haben dem eigenen „Parteifreund“ offen den Kampf angesagt.
Es geht um die staatliche Verfassungsreform
Am 4. Dezember 2016 findet in Italien ein Referendum über eine zentralistische Verfassungsreform statt, welche die Rechte der Regionen und Provinzen einengt und zum Großteil abschafft. Italien wird ein zentralistischer Einheitsstaat.
Im Vorfeld haben die amtierenden parlamentarischen Mandatare der SVP in Parteigehorsam bereits in beiden Kammern des römischen Parlaments ihre Zustimmung erteilt.Das alles ohne Befassung des Südtiroler Landtags und ohne eine vorangegangene Volksbefragung in Südtirol.
Nun soll nach dem Willen der zentralistisch agierenden Regierung Renzi das gesamte Staatsvolk des Stiefels seine Zustimmung geben und damit haben auch die Südtiroler abzustimmen.
Der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher, der in Bozen offen als die Stimme Roms auftritt, hat bereits seine Landsleute aufgefordert, für den neuen zentralistischen Verfassungsentwurf mit „Ja“ zu stimmen.
Das „nationale Interesse“ Italiens
Das neue Verfassungsgesetz sieht vor, dass Rom in Hinkunft „im nationalen Interesse des Staates“ oder zur Wahrung „der Einheit der Republik“ jegliche Autonomiebestimmung gesetzlich aushebeln kann.
In diesem Text heißt es nämlich (geänderter Artikel 117 der Verfassung):
Auf Deutsch:
„Auf Vorschlag der Regierung kann das Staatsgesetz in Angelegenheiten eingreifen, welche nicht der ausschließlichen Gesetzgebung (des Staates) vorbehalten sind, wenn die Wahrung der juridischen oder wirtschaftlichen Einheit der Republik oder die Wahrung des nationalen Interesses dies erfordert.“
Diese schwammig formulierte Generalvollmacht hebelt die gesamte Südtirol-Autonomie aus.
Die Beseitigung der Schutzmachtrolle Österreichs
Weiters soll in den Artikel 39 der italienischen Verfassung folgende Übergangsbestimmung aufgenommen werden:
„13) Die Anordnungen des Kapitels IV des vorliegenden Gesetzes werden auf die Regionen mit Spezialstatut sowie auf die autonomen Provinzen Trento und Bolzano nicht angewandt, bis zur Revision ihrer jeweiligen Statuten auf der Basis des Einvernehmens mit diesen autonomen Regionen und Provinzen.“
(„13. Le disposizioni di cui al capo IV della presente legge costituzionale non si applicano alle Regioni a statuto speciale e alle Province autonome di Trento e di Bolzano fino alla revisione dei rispettivi statuti sulla base di intese con le medesime Regioni e Province autonome.“)
Das ist aber nur eine scheinbare Schutzbestimmung, wie Experten feststellen.
Zustimmung der SVP ohne vorherige Abklärungen
Die parteitreuen SVP-Senatoren und Kammerabgeordneten gaben ihre Zustimmung, obwohl dieser Gesetzesentwurf nicht präzisiert, was unter „Basis der Zustimmung“ („base di intese“) rechtlich zu verstehen ist.
* Ist eine ausdrückliche Zustimmung des Landtages zu einem geänderten Autonomiestatut notwendig?
* Genügt eine Stellungnahme der Landesregierung?
* Genügen Konsultationen, die dann von Rom nach Belieben ausgelegt werden?
Hier ist nichts präzisiert.
Die Befürchtung des Ex-Senators und Verfassungsrechtlers Dr. Oskar Peterlini (SVP)
In den „Dolomiten“ vom 22. 10. 2015 hat der Ex-Senator Dr. Oskar Peterlini (SVP), heute Universitätsdozent für Verfassungsrecht, diesbezüglich auf einen feinen römischen Fallstrick in der Formulierung des Gesetzestextes hingewiesen:
„Die Überarbeitung erfolgt auf der Grundlage von Einvernehmen, nicht ausdrücklich im Einvernehmen, was dem Parlament eine Hintertür zur einseitigen Änderung offen lässt. Einmal abgeändert, ist das Statut nicht mehr vom Einvernehmen geschützt.“
Die endgültige Eliminierung Österreichs aus der Schutzmachtfunktion
Verletzungen eines jetzt von den Südtirolern selbst neu verfassten und einvernehmlich mit Rom ausgehandelten neuen Autonomiestatuts können logischer Weise nicht von der Schutzmacht Österreich, welche bereits 1992 die Streitbeilegungserklärung abgegeben hat, in Zukunft vor dem IGH eingeklagt werden.
Das ist der endgültige Ausstieg Österreichs aus der Schutzmachtrolle.
(Nur wenn ganz grundlegende aus dem Pariser Mangel-Vertrag ableitbare Prinzipien beseitigt werden sollten (z.B.: Gebrauch der deutschen Sprache im öffentlichen Verkehr), könnte weiterhin vor den IGH gegangen werden.)
Rom wird auf den innerstaatlichen Weg verweisen
Ab nun wird Rom vor allem auf das erfolgte „Einvernehmen“ mit der Provinz Bozen verweisen und damit klarstellen, dass alle Beschwerden innerstaatlich vor dem italienischen Verfassungsgerichtshof auszutragen sind.
In den „Dolomiten“ vom 22. 10. 2015 hat der Ex-Senator Dr. Oskar Peterlini (SVP) diesbezüglich erklärt: „Was schützt uns vor dem Verfassungsgerichtshof oder dem Internationalen Gerichtshof, wenn man uns vorwerfen kann, dass wir zugestimmt haben?“
In den „Dolomiten“ vom 2. Februar 2016 werden die Altmandatare der SVP zitiert, die bei einer Vorsprache bei LH Kompatscher darauf hinwiesen, dass man in Rom in Hinkunft nichts mehr zu melden habe.
Roland Riz: Wir geben die internationale Verankerung auf!
Interessant ist auch die Fachmeinung des rechtskundigen SVP-Altobmannes Prof. Dr. Roland Riz zu diesem Thema, welche er in den „Dolomiten“ vom 13. März 2015 bereits im Interview kundgetan hatte, dass die SVP schon seit 2001 in der Autonomiefrage den falschen Kurs segelt:
Prof. Riz: „Gott bewahre uns davor, dass das Autonomiestatut, das Benedikter und Riz so gut ausgebaut haben, angepasst wird. Wenn wir versuchen, uns ein neues Autonomiestatut zu geben, dann geben wir die internationale Verankerung auf. Alles ist in Gefahr.“
„D“:Das heißt, in Ihren Augen braucht es keine Anpassung des Autonomiestatuts? Prof. Riz: „Nein, das muss man nicht, denn das Autonomiestatut war phantastisch. Ich hätte nie ein Jota geändert. Die Verfassungsreformvon von 2001 ist der Punkt des Übels und um Schiller zu zitieren: „Das eben ist der Fluch der bösen Tat, dass sie, fortzeugend, immer Böses muss gebären.“ Damals war die große Wende. Wir haben für jene Verfassungsreform, mit der alles kaputt gemacht wurde, die Mehrheit gestellt. Wären wir damals dagegen gewesen, wäre alles anders gegangen.“
Mit dem Verlust der internationalen Verankerung – den Riz richtig erkannt hat – ist auch der Verlust der Schutzmachtrolle Österreichs verbunden.
Der Ex-Senator und Verfassungsrechtler Dr. Oskar Peterlini (SVP) bringt den Sachverhalt auf den Punkt:
Interview in „Freiheit TV“ am 14. September 2016
Kollmann: Oskar Peterlini, langjähriger Senator in Rom, Verfassungsexperte und Universitätsdozent an der Universität Bozen – Sie setzen sich ja dafür ein, dass bei der Verfassungsreform das NEIN gewinnt. Aus welchem Grund? Peterlini: „Ich bin ehrlich gesagt besorgt um die Heimat. Es ist eine Reform, die den Staat zentralisiert und den Regionen die Zuständigkeiten wegnimmt. Zwanzig Kompetenzen gehen direkt von den Regionen weg an den Staat zurück.
Es wird eine Suprematieklausel eingeführt, die vorsieht, dass der Staat, das Parlament in die Zuständigkeiten auch jener verbliebenen, jener armen verbliebenen Zuständigkeiten der Regionen jederzeit eingreifen kann, wenn dies das nationale Interesse oder die Einheitlichkeit der juridischen und wirtschaftlichen Form Italiens benötigen.
Das sind Begriffe, die so dehnbar sind, dass eine autoritäre Regierung eingreifen kann. Noch dazu begleitet von einem Wahlgesetzt, das die gesamte Macht einer einzigen Partei überträgt.
Bis jetzt war man ja immer gezwungen, Koalitionen zu bilden, um eine Mehrheit zu erringen.
Das neue Wahlgesetz sieht vor, dass eine Partei – auch wenn sie nur 20 oder 25 Prozent hat – 55 Prozent der Sitze in der Abgeordnetenkammer bekommt. Mit einer Zwischenwahl, einer Stichwahl.
Das heißt einmal für die Südtiroler Abgeordneten, dass sie dann nichts mehr zu sagen haben. Denn wenn eine Partei schon die 55 Prozent hat, dann braucht sie nicht wie bei dieser Verfassungsreform um die Stimmen der Parlamentarier aus Südtirol zu werben, denn dann hat sie schon genug Stimmen.
Zweitens: Der Senat zählt nichts mehr, denn der wird total depotenziert (Anm.: entmachtet). Das heißt aber auch: Ein autoritärer, gefährlicher, zentralistischer Stil, der den Minderheiten und den Autonomien niemals guttut.“
Kollmann: Es ist ja immer die Rede von der Schutzklausel, die im Falle Südtirol greifen soll. Was ist davon zu halten? Peterlini: „Ja, die Schutzklausel wird optimistisch, euphemistisch (Anm.: = beschönigend), so genannt. In Wirklichkeit steht in der Verfassungsreform: Übergangsbestimmung!
Und es steht drinnen, dass auch die Sonderautonomien sich anzupassen haben. Und das soll erfolgen – und das ist jetzt das Zuckerle – nicht auf der Grundlage eines Einvernehmens, sondern ‚in base di intese‘, von (mehreren) Einvernehmen. Und diese Formulierung ist die gleiche, die im Artikel 8 der Verfassung steht, wo es um die Kirchen geht. Also wo es um die Anerkennung der nichtchristlichen Kirchen geht. Und der Verfassungsgerichtshof hat dazu bereits entschieden, dass die Einvernehmen die Grundlage bilden, aber das Parlament dann die Gesetze macht.“
Klare Ablehnung durch den Südtiroler Schützenbund
Kulturhistorische Notizen aus gegebenem Anlass
von Georg Dattenböck
Der „Südtirol-Informationsdienst“ (SID) will nicht nur historische und politische Entwicklungen in Südtirol in Vergangenheit und Gegenwart dokumentieren, sondern auch das kulturhistorische Bewusstsein, daß Südtirol ein untrennbarer Teil des deutschen Sprach- und Kulturraumes ist, lebendig erhalten.
Die wahrheitsgemäße Darstellung der eigenen Geschichte stellt einen bedeutenden Teil kulturhistorischer Arbeit dar.
Wahrheit und Lüge – gestern und heute
Die Wahrheit kann durch Verdrehung wie auch durch Verschweigen wichtiger Tatsachen in Lüge umgewandelt werden. Diktaturen haben diese Verfälschungen noch relativ offen vorgenommen. Josef Goebbels, der „Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda“, hat auf täglichen Pressekonferenzen in seinem Ministerium in „Tagesbefehlen“ der Presse vorgegeben, was dem Volk wie mitgeteilt werden darf. Und in Bella Italia fascista hat man Widerspenstige zum „Erholungsurlaub“ auf Malaria-Fieberinseln im Mittelmehr verschickt. Das mit dem „Erholungsurlaub“ für politische Gegner Mussolinis hat noch der italienische Premierminister Berlusconi allen Ernstes verkündet.
Heute, unter den Vorzeichen der Demokratie, gibt es nach wie vor Nachrichten-Manipulation zu politischen Zwecken. Sie erfolgt aber subtiler.
Es ist dem Obmann des Südtiroler Heimatbundes“ (SHB), Roland Lang, zu danken, dass er in diesen Tagen in einem Pressedienst aufgedeckt hat, wie die „Südtiroler Landesregierung“ unter Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) in einer offiziellen Druckschrift das Südtiroler Geschichtsbild durch Verschweigen wesentlicher Geschehnissemanipulieren lässt.
Dem Land Südtirol und seinen ergebenen öffentlichen Dienern sei ein Wort von Johann Wolfgang von Goethe, dem letzten großen Dichterfürsten und Zeitenwender deutscher Zunge, in Erinnerung gerufen.
Goethe bemerkte treffend:
„Wer nicht von dreitausend Jahren sich weiß Rechenschaft zu geben, bleib im Dunkeln unerfahren, mag von Tag zu Tage leben.“
(Goethe Gedichte, West-östlicher Divan).
1953: Das offene Wort des Ministerpräsidenten Degasperi
Der allerchristlichste italienische Ministerpräsidenten Alcide Degasperi war ein Politiker der „Democrazia Cristiana“ (DC), der sich am seinen Landsleuten stets als guter Christ präsentieren ließ.
Dieser Mann scheute gleichzeitig nicht davor zurück, in aller Offenheit zu erklären, dass er die faschistische Politik gegenüber den Südtirolern fortzusetzen gewillt war.
Degasperi bekundete das am 25. Mai 1953 in Trient in einer Rede:
„Einmal wenigstens stimme ich auch mit Mussolini überein, der im Jahre 1938 sagte, daß man, um Südtirol zu entdeutschen, die Südtiroler nicht isolieren dürfe…“
Gemeint war damit, dass die Südtiroler auf allen Gebieten der Politik, der Kultur und der Verwaltung fest an die Institutionen des italienischen Staates anbinden müsse und ihnen dabei so wenig eigenen Spielraum wie möglich geben dürfe.
Österreich betonte die Zusammengehörigkeit
Angesichts solcher Äußerungen und der damit verbundenen Politik des lockenden Zuckerbrots und der strafenden Peitsche gegenüber deutschen und der ladinischen Volksgruppe erkannte man in Österreich die existentielle Gefahr einer schleichenden Entfremdung und Abkapselung Südtirols vom deutschen Kulturraum.
Und man steuerte dagegen, indem man die Verbundenheit Südtirols mit Österreich und dem gesamten übrigen deutschen Kulturraum zu stärken versuchte.
Eines der vielen Beispiele dafür ist ein von der österreichischen Regierung gefördertes „Südtiroler Heimatbuch“, welches weite Verbreitung in Österreich und Südtirol fand. Austria Presse-Dienst (APD), Wien 1959
Einunddreißig bedeutende Persönlichkeiten aus Tirol schrieben in diesem Buch Beiträge und es ist es wert, hier ihre Namen in unser Gedächtnis zu holen:
Die Gesamtredaktion hatte der 1928 in Sillian im Hochpustertal geborene Dr. Günther Goller, welcher später Klubobmann der „Österreichischen Volkspartei“ (ÖVP) im Wiener Landtag und Gemeinderat wurde. Er erhielt 1986 die Ehrenbürgerschaft und 1996 das Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienst um das Land Wien.
An dem Buch, welche die Verbundenheit Österreichs mit Südtirol stärken sollte, arbeiteten zahlreiche Patrioten aus allen Gebieten der Politik, Wissenschaft und Kultur mit.
Diese Mitarbeiter waren:
Univ.-Doz. Dr. Franz Aubele, Fritz Bieler, Bauernbunddirektor Dr. Anton Brugger, Dr. Franz Colleselli, Dr. Lois Ebner, Prof. Dr. Karl Finsterwalder, Friedrich Föger, Univ.-Prof. Dr. Helmut Gams, Univ.-Prof. DDr. Oswald Gschließer, Dr. Friedrich Haider, Dr. Helmut Heuberger, Dr. Hermann Holzmann, Dr. Annemarie Innerebner, Dipl.-Ing. Dr. Georg Innerebner, Univ.-Prof. Dr. Karl Kurt Klein, Dr. Heinrich Klier, Monsignore Prof. Dr. Franz Kolb, Kustos Prof. Dr. Franz Kollreider, Dr. Anton Leiter, Dr. Hans Matscher, Univ.-Doz. Dr. Georg Mutschlechner, Dr. Helmut Nabl, Landtagsabgeordneter Kammeramtsdirektor Dr. Albin Oberhofer, Chordirektor Prof. Rudolf Oberpertinger, Prof. Karl Paulin, Prof. Dr. Oswald Sailer, Dr. Josef Scheidle, Josef Friedrich Scheidle, Univ.-Prof. Dr. Herbert Seidler und Dr. Richard Staffler.
Die Bekenntnisse der Politiker
In kurzen Vorworten legten zwei bedeutende Politiker ein eindeutiges Bekenntnis zu Südtirol und zu den Rechten der Südtiroler ab.
Wie deutsche Dichter ein Kernland deutscher Kultur sahen
Der Beitrag von Dr. Josef Scheidle: „Berühmte Dichter über Südtirol“, gehört zu den kulturgeschichtlich interessantesten Beiträgen in dem „Südtiroler Heimatbuch“ und soll hier nun folgend in Auszügen wiedergegeben werden.
Der Bericht von Dr. Scheidle beginnt mit
Johann Wolfgang von Goethe (*1749, †1832),
der dreimal nach Südtirol kam. Was Goethe bei seinem ersten Besuch und seiner ersten Fahrt im Jahre 1786 erlebte und empfand, schrieb er in seiner „Italienischen Reise“ ausführlich nieder:
Auf dem Brenner, den 8. September (1786) abends
Hier gekommen, gleichsam gezwungen, endlich an einen Ruhepunkt, an einen stillen Ort, wie ich ihn mir nur hätte wünschen können ... Den Brenner herauf sah ich die ersten Lärchenbäume, bei Schönberg den ersten Zirbel ...
Vom Äußern des Menschengeschlechts habe ich so viel aufgefaßt. Die Nation ist wacker und gerade vor sich hin. Die Gestalten bleiben sich ziemlich gleich: braune, wohlgeöffnete Augen und sehr gut gezeichnete Augenbrauen bei den Weibern: dagegen blonde und breite Augenbrauen bei den Männern. Diesen geben die grünen Hüte zwischen den grauen Felsen ein fröhliches Ansehn …
Jetzt sondere ich Iphigenien aus dem Paket und nehme sie mit in das schöne, warme Land als Begleiterin. Der Tag ist so lang, das Nachdenken ungestört und die herrlichen Bilder der Umwelt verdrängen keineswegs den poetischen Sinn, sie rufen ihn vielmehr, von Bewegung und freier Luft begleitet, nur desto schneller hervor.
Trient, den 11. September 1786früh.
Nachdem ich völlig fünfzig Stunden am Leben und in steter Beschäftigung gewesen, kam ich gestern Abend um acht Uhr hier an, begab mich bald zur Ruhe und finde mich nun wieder imstande, in meiner Erzählung fortzufahren. Am Neunten abends, als ich das erste Stück meines Tagebuchs geschlossen hatte, wollte ich noch die Herberge, das Posthaus auf dem Brenner, in seiner Lage zeichnen, aber es gelang nicht, ich verfehlte den Charakter und ging halb verdrießlich nach Hause. Der Wirt fragte mich, ob ich nicht fort wollte: es sei Mondenschein und der beste Weg … Die Sonne ließ sich wieder blicken, die Luft war leidlich, ich packte ein, und um sieben Uhr fuhr ich weg. Die Atmosphäre ward über die Wolken Herr und der Abend gar schön ….
Mit Tagesanbruch erblickte ich die ersten Rebhügel. Eine Frau mit Birnen und Pfirsichen begegnete mir; und so ging es auf Teutschen los, wo ich um sieben Uhr ankam und gleich weiter befördert wurde.
Nun erblickte ich endlich bei hohem Sonnenschein, nachdem ich wieder eine Weile nordwärts gefahren war, das Tal, worin Bozen liegt. Von steilen, bis auf eine ziemliche Höhe angebauten Bergen umgeben, ist es gegen Mittag offen, gegen Norden von den Tiroler Bergen gedeckt. Eine milde, sanfte Luft füllte die Gegend. Hier wendet sich die Etsch wieder gegen Mittag. Die Hügel am Fuße der Berge sind mit Wein bebaut. Oberlange, niedrige Lauben sind die Stöcke gezogen; die blauen Trauben hängen gar zierlich von der Decke herunter und reifen an der Wärme des nahen Bodens. Auch in der Fläche des Tals, wo sonst nur Wiesen sind, wird der Wein in solchen eng aneinander stehenden Reihen von Lauben gebaut, dazwischen das türkische Korn, das nun immer höhere Stengel treibt. …
Bei heiterem Sonnenschein kam ich nach Bozen. Die vielen Kaufmannsgesichter freuten mich beisammen. Ein absichtliches, wohlbehagliches Dasein drückt sich recht lebhaft aus. Auf dem Platze saßen Obstweiber mit runden, flachen Körben, über die vier Fuß im Durchmesser, worin die Pfirschen neben einander lagen, daß sie sich nicht drücken sollten. Ebenso die Birnen …
Die Bozner Messe bewirkt einen starken Seidenvertrieb; auch Tücher werden dahin gebracht, und was an Leder aus den gebirgigen Gegenden zusammengeschafft wird. Doch kommen mehrere Kaufleute hauptsächlich, um Gelder einzukassieren, Bestellungen anzunehmen und neuen Kredit zu geben, dahin. Ich hatte große Lust, alle die Produkte zu beleuchten, die hier auf einmal zusammengefunden werden; doch der Trieb, die Unruhe, die hinter mir ist, lässt mich nicht rasten und ich eile sogleich wieder fort. …
Roveredo, den 11. September abends. Hier bin ich nun in Roveredo, wo die Sprache sich ab-schneidet.
Die zweite bedeutende Persönlichkeit, die Dr. Scheidle vorstellte, war
Johann Gottfried von Herder (*25. August 1744 in Mohrungen, Königreich Preußen; geadelt 1802, † 18. Dezember 1803 in Weimar)
Herder war Dichter, Übersetzer, Theologe sowie Geschichts- und Kultur-Philosoph. Er war einer der einflussreichsten Schriftsteller und Denker deutscher Sprache im Zeitalter der Aufklärung und zählt mit Christoph Martin Wieland, Johann Wolfgang Goethe und Friedrich Schiller zu dem klassischen Viergestirn von Weimar.
Herder unternahm im Jahre 1788 eine Reise nach Italien. Am 1. September hielt er sich in Bozen auf. Von dort schrieb er an seine Frau und sodann an seine Kinder. Das siebenjährige Luischen und der fünf jährige Emil antworteten dem Vater.
Alle meine lieben Kinder, Gottfried, August, Wilhelm, Adelbert, Luischen und Emil.
Ich bin jetzt nah an den Grenzen Deutschlands und habe die großen Tiroler Berge beinahe zurückgelegt. Es sind hohe Berge; auf einigen war viel Schnee ...
Jetzt bin ich nun in Bozen, wo heute eine unsägliche Menge Volks ist, weil 19000 Kinder gefirmelt werden sollen, da der Bischof in vielen Jahren nicht gefirmelt hat ...
Da ist nun vor unserem Wirtshaus ‚Zur Sonne‘ ein solcher Obstmarkt, als ihr in eurem Leben nicht gesehen habt, Birnen, Quetschen, Weintrauben, Nüsse, Feigen: denn hier wachsen schon Feigen, und bald werden wir auch dahin kommen, wo die Pomeranzen- und Zitronen-bäume wachsen. 0hdaß ihr hier mit wäret ... Auf den Tiroler Bergen haben wir auch Gemsli springen sehen, auch eins in Innsbruck gegessen und ein zahmes gesehen, das gar niedlich war, seiner Nährerin, einer Bauersfrau, überallhin folgte und so geschlank war, als ich euch allen zu sein wünsche.
Lieber Vater. Kommen Sie balt wieder denn wir haben Sie gar lieb und mögen nicht ohne Sie leben. Die Mutter hat uns auf der Landeharde Botzen gezeigt. Wo so Vile Kinder u. so viel Obst waren, da haben wir recht gewünscht bei Sie zu seyn. Jetzt lerne ich das Lied Jesus meine Zuversicht, u. mir beden alle Tage mit der Mutter.
Luise.
Lieber Vater.
Kommen Sie bald u. haben Sie mich lieb, und erzehlen mir von den Gemslis u. da will ich wieder an ihnen hinaufe klettern, u. ich will Sie auch lieb haben, u. wenn Sie kommen, bringen Sie von die schönen Abrilikosen mit.
Dein getreuer Bruder Emil.
Ein weiterer bedeutender Dichter, den Dr. Scheidle vorstellte, war
Johann Ludwig Tieck (* 31. Mai 1773 in Berlin; † 28. April 1853 ebenda)
Dieser erholte sich 1805 in Südtirol von einer schwerer Krankheit. Er pries in der Hymne „Bozen“ die Schönheit der Landschaft.
Welche Wonne!
Unten liegt ein Himmelstal
Im Glanz der reinen Sonne.
Wie der Weg sich senkt,
Rücken neue Hügel, Berge vor –
Rundum Glanz und Farbenpracht.
Am Wege hohe Hecken
Von blühenden Granaten,
Glut auf Glut gedrängt.
Wie voll, wie frisch, wie lachend
Hier Kuß an Kuß
Und Liebesgruß
In grünen Zweigen winkt.
Die Gefährten wandeln jubelnd
Und werfen die roten Blüten
Lachend dem Kranken zu.
Plötzlich ertönt,
So scharf und voll
Betäubend fast
Ein Chor von grillenden, schrillenden Stimmen.
Das ist der Zikadengesang,
So oft von alten Dichtern gepriesen ... Doch ebenso plötzlich
Als es begann,
Verstummt es jetzt.
Und ein liebliches Schweigen
Dehnt sich wollüstig,
Liebesatmend.
Durch den Raum des blauen Himmels,
Durch das blühende Tal
Ober die lachenden Gebirge hin,
Und meine Seele
Strebt vergeblich
Worte zu finden,
Ihr stilles Entzücken
Sich und andern zu sagen.
Josef Viktor von Scheffel (* 16. Februar 1826 in Karlsruhe; † 9. April 1886 ebenda, geadelt 1876),
war ein im 19. Jahrhundert viel gelesener deutscher Schriftsteller und Dichter, Autor von Erzählungen und Versepen sowie mehrerer bekannter Liedtexte. Er war indirekter Schöpfer des Begriffes Biedermeier. Scheffel widmete Schloß Runkelstein bei Bozen im Jahre 1855 folgendes Gedicht, welches hier im „Südtiroler Heimatbuch“ wiedergegeben ist:
Noch heute freut’s mich, 0 Runkelstein,
Daß einstmals zu guter Stunden
In der Talfer felsenges Tal hinein
Zu dir den Weg ich gefunden.
Melodisch scholl aus der Tiefe empor
Des Wildbachs entströmendes Tosen,
Am Burgpfad erblühten im lustigen Chor
Glutnelken und wilde Rosen.
Des Runkelsteins verfallen Gebäu
Weiß nichts von Grämen und Trauern
Der Geist der Dichtung, fröhlich und frei,
Nistet in seinen Mauern.
Herr Konrad Vintler einst oben saß,
Dess‘ Kurzweil war, allerwegen
Beim Klang von Laute und Stengelglas
Der freien Künste zu pflegen.
Längst war des Minnelieds Glanz vorbei,
Und anderes wollt‘ sich gestalten,
Drum dacht‘ er, ein künstlerisch Konterfei
Entschwundener Pracht zu behalten.
Viel sinnige Maler malten ihm gern
Die Helden der altdeutschen Lieder;
Noch schauen Herr Hagen und Dietrich von Bern
Vom Söller zum Burghof hernieder.
Und Grau in Grau – dort den Saal entlang,
Wer deutet die Gruppen, die holden?
’s ist Gottfrieds von Straßburg minniger Sang
Von Tristan und Isolden,
Tristan und Isolde auf weitem Meer –
Isolde und Tristan im Walde-
Brangäne lächelt – betrüblich sehr
Steht König Marke der Alte ... Im Rittersaale am hohen Kamin,
Saß lang ich, in Sinnen versunken,
Und habe im feurigen Wein von Tramin
Des Vintlers Gedächtnis getrunken.
Wer immer ins sonnige Etschland fährt,
Halt‘ Einkehr in diesen Räumen.
Und ist ihm eine Isolde beschert,
Mag er von ihr hier träumen.
Paul Johann Ludwig von Heyse (* 15. März 1830 in Berlin; geadelt 1910; † 2. April 1914 in München)
war ein deutscher Schriftsteller, Dramatiker und Übersetzer. Neben vielen Gedichten schuf Heyse rund 180 Novellen, acht Romane und 68 Dramen.
Heyse hielt sich in jüngeren Jahren mit einem kranken Verwandten in Meran auf. Aus diesem Aufenthalt erwuchsen seine „Meraner Novellen“. Nachstehende Schilderung stammt aus der Novelle „Die Unheilbare“:
Ich ging die engen Gäßchen entlang bis zu dem alten Tore, das unter einem verwitterten und von Franzosenkugeln genarbten Turme ins Passeiertal hinausführt. Wie aber da sich Nähe und Ferne vor einem auftut, das ist zum Erschrecken schön und groß und fremdartig. Ich saß wohl eine halbe Stunde auf einem Stein dicht neben dem Tor, wo der steile Pfad gerade hinaufführt auf den Küchelberg und zu dem alten Pulverturme droben, der jetzt ganz friedlich, wie ein ausgedienter Invalide, die Rebengärten bewacht.
Da sah ich, mir gegenüber auf einem Felsenvorsprunge, der aus dem Küchelberg ins Tal der Passer hinaustritt, die Trümmer der Zenoburg und überlegte, ob ich wohl die Kraft hätte, mich die breite Straße bis hinauf zu schleppen, oder mich begnügen sollte, über die steinerne Brücke ans andere Ufer zu kommen, wo man das freundliche Obermais herüberwinken sieht. Eine Frau kam gegangen, die Pfirsiche und Weintrauben im Korb auf dem Kopfe trug. Der kaufte ich einige ab, aß und fühlte mich sehr gestärkt. So machte ich mich auf den Weg, stand alle drei Schritt und sah zur Passer hinab, die so blau und dann wieder mit weißem Schaum tief unter dem Brückenbogen durchfließt.
Wie kühn und traulich zugleich hangen die Weingeländer an den schroffen Uferfelsen, wilde Feigenbäume mit zahllosen schwarzen Früchten, dazwischen das lebendige Wasser, in Rinnen herabgeleitet, kühlt das Laub und treibt hie und da im Vorbeigehen ein Rad, von der Tiefe herauf heben sich die hohen Stämme der Nußbäume und edlen Kastanien, eine unerschöpfliche Triebkraft und Freudigkeit der Natur, wohin man blicken mag.
Besonders auch weidete ich die Augen recht an der kräftigen, bald tiefbräunlichen, bald silbergrauen Farbe des Felsens; und wie malerisch es sich ausnahm, die Menschen in ihrer schönen Tracht den schroffen Küchelberg heruntersteigen oder einen Wagen, vielmehr eine zweirädrige Schleife, mit starken, weißgrauen Ochsen bespannt und mit Rebenlaub beladen, von der Zenoburg herabfahren zu sehen, das alles unter einem Himmel, den ich bisher immer nur für eine schöne Fabel der Maler und Dichter gehalten hatte.
Dies war nur eine Auswahl von Dichtern, die Südtirol geliebt und besungen haben und deren Stimmen uns Dr. Josef Scheidle im „Südtiroler Heimatbuch“ weiter vermittelt hat.
Die Forderungen der heutigen Zeit
Es stünde den heutigen regierenden Politikern der „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) gut an, die Verbundenheit zu dem gesamten deutschen Kulturraum zu pflegen und vor allem zu dem Vaterland Österreich. Sie sollten auch von den österreichischen Politikern Solidarität einfordern. Der Hinweis auf das damalige so vorbildliche „Südtiroler Heimatbuch“ kann ihnen hier Anregung und Mahnung sein.
Vor allem sollte der Landeshauptmann Arno Kompatscher von seinen Parteifreunden diesbezüglich in die Pflicht genommen werden. Ein eigener Anstoß ist von ihm wohl kaum zu erwarten.
Es muss doch auch in der SVP noch Leute geben, die ihm klar machen können, dass man seinem Land nicht dient, indem man österreichische Unterstützer des Selbstbestimmungsrechts öffentlich beleidigt und ihnen politischen Misserfolg wünscht.
Es muss in der SVP doch noch Leute mit Tiroler Gesinnung geben, die Kompatscher sagen können, dass es falsch ist, ständig auf den Knien nach Rom zu rutschen und ausgerechnet die italienische Partisanen-Vereinigung zu beauftragen, federführend den Zeitgeschichtsunterricht an Südtirols Schulen mit zu gestalten.
Diese Leute werden nämlich der Südtiroler Jugend alles andere als die Verbundenheit mit dem Vaterland Österreich nahe bringen wollen!