„Ich Kerschbaumer“ – Erlebbare Geschichte im Internet

Josef Kerschbaumer, Landwirt und Kaufmann in Frangart, hatte angesichts der Entrechtung und Unterdrückung seiner Volksgruppe Ende der 1950er Jahre den „Befreiungsausschuss Südtirol“ (BAS) gegründet, welcher dann 1961in der „Feuernacht“ die Protestanschläge gegen Strommasten durchführte, nachdem Rom ein Vertreibungsgesetz gegen unbotmäßige Südtiroler im Parlament beschließen wollte.

Das Vertreibungsprojekt landete auf dem Müllhaufen der Geschichte und letztendlich konnte 1969 eine wesentlich verbesserte Autonomie für Südtirol erreicht werden. Sepp Kerschbaumer aber war mit vielen seiner Kameraden verhaftet und schrecklich gefoltert worden. Er verstarb am 7. Dezember 1964 im Kerker von Verona.

„Ich Kerschbaumer“

Das virtuelle „Haus der Tiroler Geschichte“ in Bozen www.hausdergeschichte.tirol hat jetzt folgende Pressemitteilung gemacht:

„Ich, Kerschbaumer“: neues Online-Projekt vom Haus der Tiroler Geschichte gibt Einblicke in die heißen 60er Jahre

Sepp Kerschbaumer aus Frangart war unbestritten eine der herausragenden Tiroler Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. In die Geschichte eingegangen ist er als Persönlichkeit, die nie müde geworden ist, für Recht und Gerechtigkeit in seiner Heimat zu kämpfen. Er war der Kopf des Widerstandes in Südtirol in den 50er und 60er Jahren – einer, der lange in seiner politischen Arbeit mit Leserbriefen und Gesprächen auf die damalige Rechtlosigkeit der Deutschen und Ladiner in Südtirol aufmerksam gemacht hat, bis er selbst zu Sprengstoff gegriffen hat. Aber auch als einer der vielen Widerstandskämpfer, die schwer gefoltert und im Mailänder Prozess zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt worden sind. Sepp Kerschbaumer starb mit nur 51 Jahren im Gefängnis von Verona.

Nun steht Kerschbaumer gewissermaßen als Pate für ein neues Online-Projekt. In „Ich, Kerschbaumer“, das vom Verein Südtiroler Geschichte bzw. vom Haus der Tiroler Geschichte initiiert wurde, „erzählt“ Sepp Kerschbaumer virtuell in einer Art Tagebucheinträge mehrmals wöchentlich in wenigen Sätzen, was vor genau 60 Jahren geschehen ist.

„So erfahren die User über WhatsApp, Facebook und Instagram, was in Südtirol in diesen besonders ereignisreichen und spannungsgeladenen 60er Jahren los war und warum es dazu kommen konnte“, erklärt die Historikerin Margareth Lun, Leiterin des virtuellen Hauses der Tiroler Geschichte und der BAS-Ausstellung „Opfer für die Freiheit“ über die 60er Jahre in den Bozner Lauben Nr. 9.

Die Historikerin Margareth Lun in der ständigen BAS-Ausstellung des „Vereins Südtiroler Geschichte“ in Bozen, Lauben 9.
Die Historikerin Margareth Lun in der ständigen BAS-Ausstellung des „Vereins Südtiroler Geschichte“ in Bozen, Lauben 9.

„Das Projektteam hat sich dafür entschieden, die Informationen in der „Ich-Form“ Sepp Kerschbaumers zu vermitteln. Dabei erheben diese Mitteilungen inhaltlich Anspruch auf den Wahrheitsgehalt, was genau an diesem Datum vor 60 Jahren passiert ist. Formal hingegen entsprechen sie einem fingierten Tagebuch“, so Lun.

Ausschnitte aus der  der Internetseite www.hausdergeschichte.tirol

Ausschnitte aus der  der Internetseite www.hausdergeschichte.tirol
Ausschnitte aus der  der Internetseite www.hausdergeschichte.tirol

„Ich, Kerschbaumer“ lehnt sich an ein sehr erfolgreiches und international ausgezeichnetes digitales Projekt des Bayrischen Rundfunks an („Ich, Eisner“). Es wurde vom Verein Südtiroler Geschichte bzw. vom Haus der Tiroler Geschichte umgesetzt. Wissenschaftlich betreut wird „Ich, Kerschbaumer“ von mehreren Südtiroler Historikern. Vor allem aber arbeiten auch Menschen, die in den 60er Jahren politisch aktiv waren und Informationen aus erster Hand beisteuern können, an diesem digitalen Projekt mit.

Die Aktion „Ich, Kerschbaumer“ läuft auf der Homepage www.hausdergeschichte.tirol, über WhatsApp und Instagram. Will man die Mitteilungen von „Sepp Kerschbaumer“ auf WhatsApp erhalten, so muss man die Nummer +39 0471 214 169 als „Ich, Kerschbaumer“ in den eigenen Kontakten am Handy speichern und an diese Nummer eine WhatsApp-Nachricht mit „Kerschbaumer abonnieren“ schicken.

Um Sepp Kerschbaumer auf Facebook zu folgen, likt man die Seite ichkerschbaumer. Dasselbe gilt für Instagram.

Soweit die Presseaussendung des virtuellen „Hauses der Tiroler Geschichte“

Medienspiegel

In den Medien hat das Projekt bereits Niederschlag gefunden. Die „Neue Südtiroler Tageszeitung“ veröffentlichte darüber einen Artikel:

Der Südtiroler Freiheitskampf der 1960er Jahre war damals von vielen Welschtirolern mit Sympathie und Anteilnahme verfolgt und von einigen sogar tatkräftig unterstützt worden.

Aus diesem Grunde hat das Internetportal „Unser Tirol24“ einen „link“ vorgesehen, über welchen man zur italienischsprachigen Version gelangt.

Ausschnitt aus dem italienischsprachigen Internet-Portal.
Ausschnitt aus dem italienischsprachigen Internet-Portal.