Ehrender Nachruf für den Freiheitskämpfer Dipl. Ing. Günther Schweinberger

Der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB) ist eine von ehemaligen politischen Südtiroler Häftlingen und Freiheitskämpfern gegründete Vereinigung, welche für die Selbstbestimmung Südtirols und die Landeseinheit Tirols eintritt. Deren Obmann Roland Lang veröffentlichte nachstehenden Nachruf, welcher auf zahlreichen Internetportalen in Südtirol und auszugsweise auch in der Tageszeitung „Dolomiten“ wiedergegeben wurde.

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von Roland Lang, Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB)

Zum Gedenken

Am 25. Oktober 2016 wurde Dipl. Ing. Günther Schweinberger in seiner Heimatgemeinde Hohenau an der March in Niederösterreich zur letzten Ruhe geleitet. Er war als Patient im Spital einer Virusinfektion erlegen.

Der katholische Geistliche fand bei der Verabschiedung sehr berührende Worte, er war ein persönlicher Freund des Verstorbenen gewesen.

Wie Günther Schweinberger zum Widerstand kam

Günther Schweinberger hatte in Wien studiert, hatte sich aber auch eine Zeit lang in Innsbruck aufgehalten. Er war mit dem „Befreiungsausschuss Südtirol“ (BAS) in Verbindung gekommen und hatte sich an der Vorbereitung und Durchführung von Aktionen im Herbst 1961 in Südtirol beteiligt gehabt.

In Österreich stand Günther Schweinberger drei Mal vor Gericht. Im Mai 1965 musste er sich zusammen mit 21 weiteren Angeklagten, unter denen sich auch Kurt Welser und der berühmte Nordtiroler Schriftsteller Dr. Heinrich Klier befanden, vor dem Schöffengericht in Graz verantworten.

Am 12. Mai 1965 erklärte Günther Schweinberger vor Gericht, dass ihn die Folterungen Südtiroler Gefangener durch die Carabinieri dazu veranlasst hätten, an dem Zustandekommen von Demonstrationssprengungen mitzuwirken.

Ein Zeuge schildert die Folterungen

Siegfried Graf wird als Zeuge vereidigt
Siegfried Graf wird als Zeuge vereidigt

Was unter diesen Folterungen zu verstehen sei, das schilderte der Zeuge Siegfried Graf aus Prad im Vinschgau, der ein guter Freund Günther Schweinbergers war. Graf war 1961 verhaftet, schwer gefoltert und nach 6 Wochen Haft durch einen Irrtum auf freien Fuß gesetzt worden, sodass er nach Nordtirol hatte flüchten können. Man habe ihm mit einem Metall-Lineal auf den Kopf geschlagen, bis er bewusstlos war. Dann musste er in eine starke Quarzlampe schauen, wenn er zusammensackte, wurde er wieder geprügelt und mit dem Kopf gegen den Ofen geschlagen. Am nächsten Tag setzte man ihm Kopfhörer mit Hochfrequenz auf. Laut Graf war das ein Gefühl, als wenn ihm der Kopf weggerissen würde. Nach dieser Folter war er auf einem Ohr so gut wie taub. Dann wurde er wieder geschlagen, auch mit Maschinenpistolen. Er musste sich nackt ausziehen und wurde mit glühenden Zigaretten am ganzen Körper verbrannt, geschlagen und wieder geschlagen.

Günther Schweinberger (rechts) in einer Verhandlungspause im Gespräch mit seinen Freund, dem schwer gefolterten Siegfried Graf aus Prad im Vinschgau.
Günther Schweinberger (rechts) in einer Verhandlungspause im Gespräch mit seinen Freund, dem schwer gefolterten Siegfried Graf aus Prad im Vinschgau.

Nach dieser und anderen Aussagen erklärte sich das Schöffengericht für unzuständig, weil es sich um ein politisches Delikt handle, und verwies das Verfahren an das Schwurgericht in Graz.

In diesem Prozess blieb auf der Anklagebank ein Sitzplatz frei. Auf dem leeren Platz lag ein Blumenstrauß für Kurt Welser, der am 15. August 1965 am Zinalrothorn in der Schweiz den Bergtod gefunden hatte und in den Armen seines Freundes und Bergkameraden Heinrich Klier gestorben war.

Zwischen Günther Schweinberger (links) und Heinrich Klier (rechts) blieb der Platz von Kurt Welser frei. Zu seinem Gedenken hatten seine Kameraden einen Blumenstrauß auf seinen Platz gelegt.
Zwischen Günther Schweinberger (links) und Heinrich Klier (rechts) blieb der Platz von Kurt Welser frei. Zu seinem Gedenken hatten seine Kameraden einen Blumenstrauß auf seinen Platz gelegt.

„Wir sind keine Kriegshetzer“

Vor den Geschworenen erklärte Günther Schweinberger am 23. September 1965:

„Wir sind keine Kriegshetzer und Anarchisten. Niemand würde lieber als wir die Hand über die Salurner Klause hinweg zur Versöhnung reichen, wenn die Südtirolfrage im europäischen Geiste gelöst wird.“

Zweifacher Freispruch

Der Obmann der Geschworenen verkündet den Freispruch
Der Obmann der Geschworenen verkündet den Freispruch

Am 14. Oktober 1965 sprachen die Geschworenen Günther Schweinberger und alle anderen Angeklagten einstimmig frei und folgten damit der Argumentation der Verteidigung, wonach in Südtirol Notstand herrsche und Nothilfe seitens der Angeklagten gerechtfertigt und damit nicht strafbar sei.

Der Freispruch wurde umgehend wegen „Irrtums der Geschworenen“ aufgehoben und es wurde ein neuerlicher Geschworenenprozess in Linz durchgeführt, der 1967 mit dem gleichen Ergebnis endete: Mit einem nun endgültigen Freispruch für alle Angeklagten.

Schlagzeile in den „Oberösterreichischen Nachrichten“ vom 1. Juni 1967
Schlagzeile in den „Oberösterreichischen Nachrichten“ vom 1. Juni 1967

Nachruf in der Südtiroler Tageszeitung „Dolomiten“ vom 9. November 2016
Nachruf in der Südtiroler Tageszeitung „Dolomiten“ vom 9. November 2016

Günther Schweinberger blieb bis zu seinem Lebensende dem Schicksal Südtirols und seinen ehemaligen Kameraden aus dem Freiheitskampf eng verbunden. Seine Freunde trauern um ihn.

Der „Südtiroler Heimatbund“ gedenkt des Verstorbenen und fühlt mit den Angehörigen, die einen lieben Menschen verloren haben.

Weiterführende Informationen finden Sie in dieser PDF-Broschüre zum Downloaden