Die CIA und der Südtiroler Freiheitskampf

Von links nach rechts: Bacher, Molden, Pfaundler.

Im letzten SID war ein mit Recht Aufsehen erregende Buch vorgestellt worden. Christoph Franceschini: „Geheimdienste, Agenten, Spione. Südtirol im Fadenkreuz fremder Mächte“, Bozen 2020

Der Leser wird in diesem Buch damit konfrontiert, dass die USA anfangs den „Befreiungsausschuss Südtirol“ (BAS) duldeten und sogar unterstützten. Sie taten dies über Mittelsmänner, die für sie aus voller Überzeugung im Kampf gegen den Kommunismus tätig waren, mit derselben Überzeugung und Kraft aber auch für die Freiheit Südtirols eintraten. Dieser Aspekt wird nachstehend hier noch ausführlicher behandelt:

von Christian Plaickner

Die Rolle von Fritz Molden, Wolfgang Pfaundler und Gerd Bacher im „BAS“

Der junge Fritz Molden – Widerstandskämpfer und amerikanischer Geheimagent

Der 1924 geborene Fritz Molden war Sohn des Wiener Historikers und Redakteurs der „Neuen Freien Presse“, Ernst Molden und der Dichterin Paula von Preradovic, der Verfasserin der österreichischen Bundeshymne.

Ernst Molden war einer von insgesamt 44 Redakteuren der Zeitung. „Neue Freie Presse“, welche bei den Nationalsozialisten verhasst war.

Der 13jährige Fritz Molden wurde politisch auch dadurch geprägt, daß er im Jahre 1938 im Zuge des „Anschlusses“ erleben mußte, daß sein Vater und sein älterer Bruder kurzfristig inhaftiert wurden und die Wohnung von nationalsozialistischen Rabauken verwüstet wurde, wobei seine Mutter Fausthiebe abbekam.

Der junge Fritz Molden gegen Kriegsende
Der junge Fritz Molden gegen Kriegsende

Der junge Molden selbst wurde eine Zeit lang von der Gestapo inhaftiert, für „politisch unzuverlässig“ erklärt und in ein „Bewährungsbataillon“ gesteckt. Im Jahre 1944 desertierte Fritz Molden in Oberitalien und schlug sich in die Schweiz durch. Er wurde zunächst vom schweizerischen militärischen Nachrichtendienst als Agent rekrutiert und nach seiner Bewährung im Einsatz an den amerikanischen Geheimdienst „Office of Strategic Services“ (OSS) weitergereicht.

 

Als OSS-Agent erledigte er, ausgestattet mit falschen deutschen Militärpapieren, waghalsige Aufträge in Oberitalien, Wien und Tirol. Dort kam er auch mit der Familie Heuberger in Innsbruck konspirativ zusammen, die dem Widerstand angehörte und mit der Familie Molden verwandt war.

Projekt einer prowestlichen Regierung

Im Dezember 1944 betrieb Fritz Molden, zweifellos im Auftrag des US-Geheimdienstes, maßgeblich die Gründung eines „Provisorischen Österreichischen Nationalkomitee“ (POEN), welches als politische Vertretung der in Ansätzen existierenden Widerstandsbewegung 05 ( Null für O, 5 für E, den 5. Buchstaben im Alphabeth = OE) den Kern einer späteren prowestlichen österreichischen Regierung darstellen sollte. Dieses westlich orientierte POEN wurde jedoch gegen Kriegsende von der Gestapo zerschlagen und seine Reste wurden von der einmarschierenden Roten Armee mißachtet. Statt dessen wurde die den Russen – vermeintlich – ergebene Regierung Renner installiert.

Verbindungsoffizier zu den Westalliierten

Die Verbindung zwischen dem POEN und den westlichen Alliierten hatte Fritz Molden über die US-Geheimdienstmission in Bern zu halten. Seine Ernennung zum alliierten Verbindungsoffizier im Rang eines US-Colonels (Obersten) wurde in Bern von dem Leiter der US-Geheimdienstmission, Allen Dulles, persönlich vorgenommen. Dulles wurde nach dem Krieg Leiter des neuen Geheimdienstes „Central Intelligence Agency“ (CIA), welcher an die Stelle des OSS trat.

Die Installierung Karl Grubers als Landeshauptmann

Anfang Mai 1945 fuhr Fritz Molden nach der Kapitulation der deutschen Streitkräfte in Oberitalien – in amerikanischer Offiziersuniform mit einem Jeep über den Brenner, mitten durch zurückflutende Truppen. Er unterstützte die örtliche Widerstandsbewegung in Innsbruck, welcher der amerikanische Geheimagent Karl Gruber angehörte, bei der Machtübernahme, wodurch eine sinnlose Verteidigung Innsbrucks durch die Wehrmacht und damit auch die Bombardierung und Zerstörung der Stadt verhindert wurde.

Er half bei der Installierung Karl Grubers als Landeshauptmann von Tirol und amtierte für kurze Zeit als US-Sicherheitschef in Nordtirol.

Der amerikanische Geheimagent Dr. Karl Gruber (hier im Bild) wurde mithilfe des amerikanischen Geheimagenten Fritz Molden als Tiroler Landeshauptmann installiert.
Der amerikanische Geheimagent Dr. Karl Gruber (hier im Bild) wurde mithilfe des amerikanischen Geheimagenten Fritz Molden als Tiroler Landeshauptmann installiert.

Man muss die Zusammenarbeit mit den Amerikanern unter Betrachtung der damaligen internationalen Lage sehen. Die Widerstandskämpfer gegen die NS-Diktatur konnten keinesfalls gewillt sein, den kommunistischen Machtbestrebungen gegenüber teilnahmslos zu sein.

Ende Juli 1945 wurde Fritz Molden in Zell am See, wo die Zentrale des „OSS“ in Österreich offiziell ihr Hauptquartier aufgeschlagen hatte, offiziell mit einer 3 Tage und 3 Nächte dauernden fulminanten Feier als US-Offizier aus dem aktiven Dienst verabschiedet. Er erhielt außerdem eine hohe US-Auszeichnung verliehen, die „Medal of Freedom“. Er zog die Uniform aus. Wie wir sehen werden, erledigte er ohne Uniform weiterhin wesentliche Aufgaben für die Amerikaner.

Sekretär des Tiroler Landeshauptmannes

Fritz Molden wurde sodann Sekretär des Tiroler Landeshauptmannes Karl Gruber und lieferte in dieser Zeit als Agent laufend Berichte, auch über Südtirol, wie der Historiker Christoph Franceschini anhand der von ihm eingesehenen OSS-Akten der National Archives in Washington berichtet. (Christoph Franceschini: „Geheimdienste, Agenten, Spione. Südtirol im Fadenkreuz fremder Mächte“, Bozen 2020, S. 249)

Einflussnahme auf das Geistesleben

Fritz Molden half seinem Bruder Otto Molden, der ebenso wie sein Bruder Fritz OSS-Agent gewesen war, das erste Treffen eines neugegründeten „Österreichischen College“ in dem kleinen Nordtiroler Ort Alpach zu gründen. Diese „Internationalen Hochschulwochen“ des späteren „Europäischen Forum Alpach“ waren ins Leben gerufen worden, um die Vertreter des österreichischen Geisteslebens, vor allem die Studenten und Professoren der österreichischen Universitäten, eng an das Geistesleben der westlichen Staatenwelt und an seine demokratischen Traditionen anzubinden. Auch diese Aktion lag im Interesse der USA. Der „Kalte Krieg“ lag schon in der Luft.

Die Länderkonferenz und das „Pariser Abkommen“

Die nächste wesentliche Aufgabe war die Vorbereitung der sogenannten „Länderkonferenz“ in Salzburg, auf welcher die Vertreter der westlichen Bundesländer den Vertretern der von den Sowjets in Wien eingesetzten Regierung Renner die Forderung unterbreiteten, Vertreter der westlichen Bundesländer in die Bundesregierung aufzunehmen, damit diese von den Westalliierten anerkannt werden könne. Eine weitere Forderung war die nach Ansetzung baldiger freier Nationalratswahlen. Hier ging es darum, zu verhindern, daß in Wien eine reine sowjetische Satellitenregierung entstünde.

Man einigte sich und Dr. Karl Gruber wurde als Repräsentant des Westens zum Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten (Außenminister) in der Provisorischen Regierung Renner bestellt, woraufhin die Regierung auch von den Westalliierten anerkannt wurde. Eine wesentliche Aufgabe Grubers war es, zu verhindern, daß die Ausbreitung der Macht der österreichischen Regierung auf die westlichen Bundesländer zu einer „Sowjetisierung“ Westösterreichs führte.

Die „Freunde der Amerikaner“ im Außenministerium

An der Seite Grubers, der dann nach den gesamtösterreichischen Nationalratswahlen Außenminister wurde, zog Fritz Molden als sein Sekretär in das Außenministerium ein.

Im Jahr 1988 hatte der amerikanische Historiker Professor Robert Edwin Herzstein von der University of South Carolina anhand von US-Geheimakten, die er mit einer Sondergenehmigung der US-Regierung einsehen durfte, enthüllt, daß Gruber noch mindestens bis in die frühen fünfziger Jahre zuerst als Landeshauptmann und dann als österreichischer Außenminister nachrichtendienstlich für die Amerikaner gearbeitet habe:

„Sowohl Gruber als auch Molden hatten starke Bindungen an den US-Nachrichtendienst… Gruber begann im Frühling 1945 Informationen und Dokumente an die 430. Abteilung des US-Counter-Intelligence Corps zu liefern. (Er führte dies zumindest bis in die frühen fünfziger Jahre fort.)“ (Robert Edwin Herzstein: „Waldheim. – The missing years“., London, Glasgow, Toronto, Sydney, Auckland 1988, S. 168)

Links: Dr. Karl Gruber. Rechts: Der Historiker Robert Edwin Herzstein.
Links: Dr. Karl Gruber. Rechts: Der Historiker Robert Edwin Herzstein.

Das Counter Intelligence Corps (CIC) war ein Geheimdienstzweig, der sich vorwiegend mit Spionageabwehr befaßte, aber auch gelegentlich wie die CIA offensiv aufklärte.

Herzstein fährt fort:

„Das Außenministerium wurde… von Karl Gruber geleitet und von seinem Assistenten Fritz Moldendie beide für die 430. Abteilung des amerikanischen Counter Intelligence Corps arbeiteten. Eine ihrer Hauptinteressen war, die Kommunisten von der Kontrolle über das neu organisierte Ministerium fernzuhalten. Sie hatten außerdem den Auftrag, ihre amerikanischen Freunde mit Informationen über die Sowjets und die Jugoslawen zu versehen.“ (Robert Edwin Herzstein: a.a.O., S. 258)

Molden blieb aber nicht im Außenministerium. Bald sollten neue Aufgaben an ihn herantreten.

Krieger im „Kalten Krieg“: „Stay behind“

Fritz Molden quittierte im Frühjahr 1946 den Dienst im Außenministerium. Eine neue und sehr wesentliche Aufgabe wartete auf ihn: der Aufbau einer bewaffneten antikommunistischen Widerstandsbewegung in Österreich.

Im Herbst 1946 versammelte sich eine illustre Runde im Restaurant „Kronenhalle“ am Zürcher Bellevueplatz. Es ging bei Rösti und Steaks um nichts weniger als um die Organisation des Widerstandes im Falle eines „von den Sowjets unterstützten kommunistischen Staatsstreichversuchs in Wien und in Ostösterreich“ und die Errichtung einer kommunistisch dominierten Bundesregierung, welche auch Einfluss auf die westlichen Zonen nehmen könnte. (Fritz Molden: „Vielgeprüftes Österreich“, Wien 2007, S. 61)

Damals baute das „OSS“ (ab 1947 „Central Intelligence Agency“ – CIA) in ganz Europa geheime militärische Strukturen einschließlich geheimer Waffenlager auf und rekrutierte die Partisanen einer künftigen Untergrundarmee. Bei den Amerikanern hieß das gesamte Unternehmen „stay behind“, für die einzelnen Länder gab es andere Decknamen: „Gladio“ in Italien, „easeful“ in Österreich. Ähnliche Strukturen wurden in insgesamt 16 europäischen Ländern aufgebaut, darunter auch in neutralen Staaten wie Schweden und der Schweiz.

Das Züricher Treffen diente nun dazu, die Schaffung einer „stay behind“-Struktur in Österreich auf sicherem Terrain – auf neutralem Boden – vorzubereiten. Hier war man vor sowjetischer Bespitzelung weitgehend sicher. Es war von dem Schweizer Major (später Oberst) Max Waibel organisiert worden, dem Chef des militärischen Nachrichtendienstes im Generalstab der Schweizer Armee. Er hatte im Zweiten Weltkrieg eng mit der amerikanischen OSS-Residentur in Bern zusammen gearbeitet. Ein weiterer Mitorganisator der Verschwörerrunde, die den antikommunistischen Partisanenkrieg in Österreich vorbereiten sollte, war Fritz Dickmann, der Leiter der Österreich-Abteilung des Schweizerischen Militärgeheimdienstes. Er hatte im Krieg eng mit Fritz Molden und dem „OSS“ zusammengearbeitet. Nun saß Fritz Molden wieder an seiner Seite als Schlüsselmann für Österreich.

Die USA waren vertreten durch Howard Chapin, US-Colonel und während des Krieges Chef des OSS bei dem Oberkommando der 5. US-Armee in Caserta sowie durch Gero von Gaevernitz, Deutschamerikaner und Mitglied der OSS-Residentur in Bern. Gaevernitz hatte auch als Führungsoffizier Moldens fungiert und sich mit diesem persönlich befreundet.

Das Gespräch der Herren kam rasch zur Sache: Wie Fritz Molden in seinen Erinnerungen berichtet, ging es um „mögliche Bemühungen, im ostösterreichischen sowjetisch besetzten Teil Widerstandsmaßnahmen zu treffen.“ (Fritz Molden: „Vielgeprüftes Österreich“, Wien 2007, S. 59ff)

Die Untergrundorganisation

Darüber, was in der Folge geschah, berichtete Molden Jahrzehnte später:

„Kurz danach (nach der Züricher Besprechung; Anm. d. Red.) wurde von mir und meinen Freunden, mit Wissen der Regierung, der aktive und geheime Widerstand gegen die Sowjets organisiert. Durchgesetzt wurde der Widerstand von Franz Olah, Karl Gruber und dem Staatssekretär im Innenministerium, Ferdinand Graf. Die Brücken zur CIA wurden von Gruber und mir gebaut.(Fritz Molden im Magazin „NEWS“ Nr. 4/1996)

Eine wichtige Arbeit besorgte der sozialdemokratische Innenminister Oskar Helmer mit der Hilfe seines dienstlichen Apparates. Helmer erlangte nicht nur Kenntnisse über sowjetische Truppenbewegungen, sondern auch relevante staatspolizeiliche innenpolitische Erkenntnisse über Putschabsichten der Kommunisten.

Innenminister Oskar Helmer war eine wichtige Schlüsselperson bei der Abwehr kommunistischer Umsturzbewegungen
Innenminister Oskar Helmer war eine wichtige Schlüsselperson bei der Abwehr kommunistischer Umsturzbewegungen

Helmer war ein entschiedener Gegner des Kommunismus. Er hatte in Niederösterreich und Wien die Gewalttaten des sowjetischen Militärs gegenüber der Zivilbevölkerung erleben müssen, wobei auch sein eigenes familiäres Umfeld betroffen war. Der österreichische Außenminister Dr. Karl Gruber berichtete darüber: „Soldaten der ersten russischen Angriffswelle hatten Helmers Bruder im Keller erschlagen, als er seine Familie schützen wollte.“ (Karl Gruber: „Meine Partei ist Österreich“, Wien-München 1988, S. 83)

Der sozialdemokratische Bauarbeiter-Gewerkschaftsführer Franz Olah schließlich gründete einen von der CIA finanziell und mit der Lieferung von Funkgeräten unterstützten „Wander-, Sport- und Geselligkeitsverein“ (WSGV), der die Struktur für eine Partisanentruppe von bis zu 2.700 Mann schuf. (Siehe: Erwin A. Schmidl: „Österreich im frühen Kalten Krieg 1945–1958: Spione, Partisanen, Kriegspläne“, Wien 2000, S. 111)

Bild links: Der Gewerkschaftsführer und spätere Innenminister Franz Olah war an dem Aufbau von „stay behind“ in Österreich maßgebend beteiligt. Bild rechts: In Wien brachen 1950 schwere Straßenkämpfe aus. Der kommunistische Putschversuch wurde aber niedergeschlagen.
Bild links: Der Gewerkschaftsführer und spätere Innenminister Franz Olah war an dem Aufbau von „stay behind“ in Österreich maßgebend beteiligt. Bild rechts: In Wien brachen 1950 schwere Straßenkämpfe aus. Der kommunistische Putschversuch wurde aber niedergeschlagen.

Die Amerikaner und auch die Engländer legten für den Widerstandskampf vorsorglich eine große Anzahl von Waffen- und Sprengstofflagern an, die erst im Jahr 1996 der österreichischen Regierung bekannt gegeben wurden, welche dieselben dann entsorgte.

Einige Vorratslager waren übersehen worden. So wurde noch im Jahr 2014 durch Zufall ein geheimes Waffendepot in Österreich entdeckt
Einige Vorratslager waren übersehen worden. So wurde noch im Jahr 2014 durch Zufall ein geheimes Waffendepot in Österreich entdeckt

Die wesentlichste Tätigkeit von Franz Olah aber war die Organisation und Motivation seiner gewerkschaftlich organisierten Holz- und Bauarbeiter zur Niederschlagung von kommunistischen Putschversuchen. Im Jahr 1950 sollte die Bewährungsprobe erfolgen: Olahs Rollkommandos schlugen den Kommunistenputsch mit Brachialgewalt zusammen und verhinderten die Errichtung einer „Volksdemokratie“ in Österreich.

Auf offizieller Ebene wurde eine kleine Reservearmee in Form der B-Gendarmerie geschaffen, die zum Keim des späteren Bundesheeres wurde.

Aufbau einer prowestlichen Presse

Den Zeitungsmann Ernst Molden, den Vater von Fritz Molden, zog es nach Ende des Zweiten Weltkrieges mit aller Macht wieder zur Publizistik. In Fortführung der alten Tradition der „Neuen Freien Presse“ gründete er nun mit der finanziellen Hilfe einiger österreichischer Industrieller die Zeitung „Die Presse“.

Die Herausgeberlizenz hatte Fritz Molden von den Amerikanern besorgt, welche das liberale und antikommunistische Blatt auch mit dem begehrten Papierkontingent versorgten. Als die Zeitung 1949 in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet, rettete Fritz Molden mit Hilfe einer amerikanischen Bankgarantie das väterliche Unternehmen. Fritz Molden arbeitete ab nun selbst bei der väterlichen Zeitung und wurde deren Verlagsdirektor.

Entdeckung und Flucht

Im Mai 1948 mussten Molden und seine Freunde entdecken, daß die Sowjets in ihr Netz eingedrungen waren und im sowjetisch besetzten Ostösterreich mit Verhaftungen und Entführungen die Untergrundorganisation aufrollten.

Im August 1948 musste Fritz Molden selbst fliehen, um einer Verhaftung durch die sowjetische Geheimpolizei NKWD zu entgehen.

Die Amerikaner flogen ihn mit einem kleinen Flugzeug von der Heiligenstädter Lände als improvisierter Rollbahn nach Salzburg aus. Von dort ging es weiter nach New York, wo Molden im Auftrag des Außenministers Gruber im „Österreichischen Informationsdienst“ tätig war und von dort aus „Aufgaben erfüllen konnte, die ja in keiner direkten Verbindung mit der österreichischen Regierung und dem diplomatischen Dienst stehen durften.“ (Fritz Molden: „Besetzer, Toren, Biedermänner“, Molden-Taschenbuch 1980, S. 136)

Der amerikanische Geheimdienstchef Allen Dulles, mit dem Fritz Molden geheimdienstlich wie privat eng verbunden war.
Der amerikanische Geheimdienstchef Allen Dulles, mit dem Fritz Molden geheimdienstlich wie privat eng verbunden war.

Im Klartext: Molden war wieder einmal als geheimdienstlicher Verbindungsmann zu den Amerikanern tätig. In diesem Jahr 1948 heiratete er die Tochter des amerikanischen CIA-Chefs Allen Dulles.

1956: Mission in Budapest

Erst Ende 1949 erklärten die Sowjets der österreichischen Regierung, daß Fritz Molden ungefährdet wieder nach Österreich zurück kehren könne, was dieser mit gemischten Gefühlen tat. Im Jahre 1950 scheiterte der kommunistische Putsch, im Jahre 1955 war der Staatsvertrag erreicht.

Am 23. Oktober 1956 brach der antikommunistische Aufstand in Budapest aus, der siegreich zu sein schien, weil sich die sowjetischen Truppen zunächst zurück zogen.

Bereits am 31. Oktober traf Fritz Molden in Györ, dem alten Raab, zu Besprechungen mit ungarischen Journalisten ein, um den Aufbau einer nichtkommunistischen freien Presse in Angriff zu nehmen. Molden war bereit, aus seinem eigenen Besitz umgehend 4 Setzmaschinen aus der Druckerei am Fleischmarkt in Wien nach Ungarn bringen zu lassen. Weiters wollte er eine komplette Zeitungsrotationsdruckmaschine aus Deutschland oder der Schweiz nach Ungarn liefern. (Fritz Molden: „Besetzer, Toren, Biedermänner“, Molden-Taschenbuch 1980, S. 170)

Demonstration der Aufständischen in Budapest 1956.
Demonstration der Aufständischen in Budapest 1956.

Wer die Finanziers gewesen wären, dürfte wohl nicht schwer zu raten sein. Am 3. November 1956 – die Sowjettruppen rückten bereits wieder vor – fuhr Fritz Molden mit seinem eigenen Auto wiederum nach Ungarn, offiziell um das Medikament Gammaglobulin nach Miskolc zu bringen, wo eine Kinderlähmungsepidemie ausgebrochen war.

Daß es nicht nur um den Impfstoff gegangen sein mag, können wir der Tatsache entnehmen, daß Molden in Budapest ein Gespräch mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Imre Nagy und dem Verteidigungsminister Pal Maleter führte. (Fritz Molden: „Besetzer, Toren, Biedermänner“, Molden-Taschenbuch 1980, S. 176)

Molden erlebte die Niederschlagung der ungarischen Freiheitsbewegung durch sowjetische Panzer und entkam knapp nach dem Westen. Als während der Ungarn-Krise 1956 die Gefahr bestanden hatte, dass die Sowjets mit der Roten Armee nach Zentraleuropa einfallen könnten, hatte Pfaundler im Auftrag der CIA „stay behind“-Waffenlager im Gebirge in Österreich angelegt. (Christoph Franceschini: „Geheimdienste, Agenten, Spione. Südtirol im Fadenkreuz fremder Mächte“, Bozen 2020., S. 270f)

Die Entlarvung der „Weltjugendfestspiele“

Im Juni des Jahres 1959 traf sich Fritz Molden in Meran mit einigen bedeutenden politischen Persönlichkeiten, darunter Dr. Bruno Kreisky, Staatssekretär im Außenamt, Peter Strasser, der Führer österreichischen Sozialistischen Jugend und einige andere Herren. Mit zugegen war C.D. Jackson, Vizepräsident des Time-Life-Konzerns in New York.

In Wien stand die „Siebenten Weltjugendfestspiele für Frieden und Freundschaft“ vor der Tür, eine kommunistische Veranstaltung, die aber nicht als solche ausgegeben wurde, sondern die sich überparteilich gab.

In ernster Beratung (von links nach rechts): Dr. Bruno Kreisky, Otto Molden, Fritz Molden.
In ernster Beratung (von links nach rechts): Dr. Bruno Kreisky, Otto Molden, Fritz Molden.

Die Meraner Runde beriet nun darüber, wie man dem kommunistischen Propagandaspektakel mit einer „Gegendemonstration der Freiheit“ begegnen könnte. Immerhin wurden zehntausende Jugendliche aus aller Welt erwartet. Das Ergebnis der Meraner Beratungen konnte sich sehen lassen. Eine in sieben Sprachen herausgegebene tägliche Zeitung namens „Wiener Nachrichten“, die gratis verteilt wurde, informierte die Besucher über die kommunistischen Verbrechen in aller Welt und stellte das demokratische Leben im Westen vor.

Es wurden die Festivalbesucher gratis mit Bussen zum Eisernen Vorhang gefahren und eine Vielzahl von Veranstaltungen klärte über die Unterschiede zwischen dem westlichen und dem östlichen politischen System auf. Die „Weltjugendfestspiele“ wurden zum Fiasko für die Kommunisten. Die notwendigen Geldmittel waren zu einem erheblichen Teil „durch unsere amerikanischen und westeuropäischen Freunde“ aufgebracht worden. (Fritz Molden: „Besetzer, Toren, Biedermänner“, Molden-Taschenbuch 1980, S. 284)

Molden, Pfaundler und Bacher – Mitbegründer des BAS

Bereits auf der Großkundgebung von Sigmundskron am 17. November 1957 war der Kreis um den Frangarter Kaufmann Sepp Kerschbaumer mit Flugblättern in Erscheinung getreten, die mit „Befreiungsausschuß Südtirol“ (BAS) gezeichnet waren. Ab diesem Zeitpunkt begannen Patrioten auch in Nordtirol den BAS aufzubauen.

Zu diesen Leuten zählten vor allem der Nordtiroler Obmann des Bergisel-Bundes, der Landeshistoriker Dr. Eduard Widmoser, die Innsbrucker Universitätsassistenten Dr. Helmut Heuberger und Dr. Norbert Burger, der bekannte Tiroler Schriftsteller Dr. Heinrich Klier, der Kaufmann Kurt Welser, sowie der akademische Bildhauer Klaudius Molling und seine Frau, die Kunsthistorikerin Dr. Herlinde Molling.

Eine besondere Rolle spielten drei Persönlichkeiten, die sich in Zusammenarbeit mit den Amerikanern auch gegen den internationalen Kommunismus engagiert hatten.

Von links nach rechts: Bacher, Molden, Pfaundler.
Von links nach rechts: Bacher, Molden, Pfaundler.

Einer dieser Freunde war der Journalist, Volkskundler und Historiker Wolfgang Pfaundler von Hadermur aus Innsbruck, der aus einer der berühmtesten alteingesessenen Tiroler Familien stammte. Er hatte während der Zeit des 3. Reiches auch die Verfolgung seiner eigenen Familie miterleben müssen, was ihn dazu bewogen hatte, als 20-Jähriger den Widerstand im Ötztal zu organisieren, welcher in Zusammenarbeit mit der Innsbrucker Widerstandsgruppe den kampflosen Abzug der deutschen Truppen aus Nordtirol erwirkte.

Hierbei war Pfaundler auch mit Fritz Molden und dem OSS in Kontakt gekommen. Wie der Historiker Christoph Franceschini aufgrund der Aktenlage berichtet, hatte Pfaundler auch über einen angeheirateten Verwandten „enge und dauerhafte Kontakte zur amerikanischen CIA und zum deutschen ‚Bundesnachrichtendienst‘ (BND)“. (Christoph Franceschini: „Geheimdienste, Agenten, Spione. Südtirol im Fadenkreuz fremder Mächte“, Bozen 2020, S. 252ff und 259ff)

Zu diesem Freundeskreis zählte auch der Journalist und spätere ORF-Generalintendant Gerd Bacher. Im Frühjahr 1958 brachte Wolfgang Pfaundler seine Freunde Fritz Molden und Gerd Bacher, zu dem BAS-Gründer Sepp Kerschbaumer. Auch Bacher hat laut Franceschini „in US-amerikanischem Interesse“ gearbeitet. (Christoph Franceschini: a. a. O., S. 250)

Sepp Kerschbaumer, ein Bauer und Kleinkaufmann aus Frangart leitete den BAS in Südtirol.
Sepp Kerschbaumer, ein Bauer und Kleinkaufmann aus Frangart leitete den BAS in Südtirol.

Ab diesem Zeitpunkt gehörten auch Molden und Bacher zum engsten Kreis der Freiheitskämpfer. Fritz Molden war auch ein Vetter 1. Grades des Innsbrucker Widerstandskämpfers gegen das NS-Regime und späteren Universitätsprofessors Dr. Helmut Heuberger. Dieser war am Ende des Zweiten Weltkrieges zusammen mit ihm im Widerstand tätig geworden und hatte einen maßgebenden Anteil an der Machtergreifung des Widerstandes in Innsbruck und an der Rettung der Stadt vor einer sinnlosen Verteidigung und Verwüstung gehabt. Heuberger nahm zusammen mit Molden, Pfaundler, Bacher und anderen Mitverschworenen wie Erhard Hartung tätig am Südtiroler Freiheitskampf der 1960er Jahre teil.

Dieses mehr als 10 Jahre alte Bild zeigt zwei Universitätsprofessoren, die beide im Südtiroler Freiheitskampf ihr Bestes gegeben haben: Links Univ.-Prof. Dr. Helmut Heuberger, rechts Univ.-Prof. Dr. Erhard Hartung.
Dieses mehr als 10 Jahre alte Bild zeigt zwei Universitätsprofessoren, die beide im Südtiroler Freiheitskampf ihr Bestes gegeben haben: Links Univ.-Prof. Dr. Helmut Heuberger, rechts Univ.-Prof. Dr. Erhard Hartung.

Der Mitverschworene Fritz Molden war es, der eine Meinungsumfrage des Demoskopischen Institutes in Allensbach finanzierte, die dann 1960 erschien und offen legte, daß die Freiheitskämpfer bei einsetzendem Widerstand von einem erheblichen Teil der Südtiroler Bevölkerung unterstützt werden würden.

Molden sorgte zusammen mit Wolfgang Pfaundler für bedeutende Finanzierungen des Widerstandes. Das Jahr 1959 verging mit der Beschaffung von Geld, Waffen und Sprengstoff und mit dem Aufbau der Kampfgruppen in Nord und Süd.

Eine moraltheologische Beurteilung des Südtiroler Freiheitskampfes

In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass Molden, Pfaundler, Dr. Heuberger sowie Dr. Burger sich zu Beginn des Südtiroler Freiheitskampfes an den berühmten katholischen Moraltheologen der Universität Regensburg, Univ.-Prof. DDr. Franz Klüber, gewandt und ihn um eine fachliche Stellungnahme zu dem Widerstandsrecht der Südtiroler gebeten hatten. Der angesehene Verfasser zahlreicher Werke über christliche Soziallehre und katholische Gesellschaftslehre erfüllte diese Bitte und Fritz Molden konnte 1964 in seiner Wiener Großdruckerei die fundierte Arbeit des Theologen herausbringen, welche den Südtiroler Freiheitskämpfern und ihren Helfern das Recht auf Widerstand zusprach und damit großes Aufsehen erregte.

In der Schrift heißt es unter anderem:

Unsere Überlegungen kamen zu dem Ergebnis, daß aktiver Widerstand geboten ist, wenn durch Missbrauch der Staatsgewalt die Lebensrechte eines Volkes missachtet werden, wenn der Bestand einer Gemeinschaft bedroht ist und die Wiederaufrichtung des Rechtes auf andere Weise nicht zu erwarten ist. … Es ist aber unbestritten, daß die Maßnahmen des italienischen Staates das Lebensrecht der Südtiroler Volksgruppe als ethnischer und kultureller Einheit verneinen und darauf zielen, sie in ihrem Bestand und Gefüge zu treffen. Damit ist die Lebensordnung eines Volkes in Frage gestellt. Da andere Mittel versagt haben und zudem das Volkstum der Südtiroler Volksgruppe nunmehr aufs höchste bedroht ist, ergibt sich aus dieser Situation das Recht zum aktiven Widerstand. Die Entscheidung für den aktiven Widerstand ist nicht nur rechtlich erlaubt, sondern moralisch von höchstem Wert, weil hier der einzelne sich mit dem Risiko seiner ganzen Existenz in den Dienst der Gemeinschaft stellt. Die Südtiroler Volksgruppe hat das Recht, entweder der italienischen Staatsgewalt so lange aktiven Widerstand entgegenzusetzen, bis der Schutz ihres Volkstums durch rechtlich-institutionelle Sicherungen gewährleistet ist, oder den Kampf weiterzuführen bis zur vollen Herauslösung Südtirols aus dem italienischen Staatsverband.“ (DDr. Franz Klüber: ,,Moraltheologische und rechtliche Beurteilung aktiven Widerstandes im Kampf um Südtirol“, Schriftenreihe des Mondseer Arbeitskreises Nr. 2, Verlag Molden, Wien 1964, S. 65)

Ein halbamtliches Weißbuch zur Südtirol-Frage

Südtirol war für Wolfgang Pfaundler ein sehr ernstes Anliegen. Im Jahre 1958, als sich die Lage zuzuspitzen begann, versammelte sich unter Pfaundlers Leitung als Herausgeber die geistige wissenschaftliche und politische Elite ganz Tirols zu einer großen Aufgabe: Zur umfassenden Darstellung der Geschichte Südtirols, seiner Entwicklung seit der Abtrennung vom Mutterland, der brennenden wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Probleme, der Volkstumssituation der deutschen und ladinischen Volksgruppe und der daraus erwachsenden Lösungsvorschläge und politischen Forderungen.

Dieses Werk Wolfgang Pfaundler (Hrsg.): „Südtirol – Versprechen und Wirklichkeit“ war eine Art halbamtliches Weißbuch zur Südtirolfrage. Es war in Abstimmung mit der Nordtiroler Landesregierung, der Südtiroler Volkspartei (SVP) und der österreichischen Bundesregierung entstanden. Zu den Autoren des Buches zählten Persönlichkeiten wie Univ.-Prof. Staatssekretär Dr. Franz Gschnitzer und der Obmann der Südtiroler Volkspartei Dr. Silvius Magnago.

Man kann sagen, dass Pfaundler zu jener Zeit der herausragende wissenschaftlich-publizistische Vorkämpfer für die Rechte der Südtiroler war. Sein Buch war das Handbuch für die Argumentation auf allen politischen und publizistischen Ebenen. (Wolfgang Pfaundler (Hrsg.): „Südtirol – Versprechen und Wirklichkeit“, Wien 1958)

Die damals instabile Lage in Italien

Interessant ist es, die damalige politische Lage in Italien zu betrachten, welche instabil war. Es drohte eine Linksregierung unter Einschluss der mächtigen Kommunisten. Damals war für die Strategen der NATO und des CIA noch nicht klar, ob Italien durch Wahlen schließlich in das kommunistische Fahrwasser gelangen oder westlich orientiert bleiben würde.

Heute wissen wir, daß für einen derartigen Fall die Mobilisierung der Untergrundarmee „Gladio“ geplant war.

Und was wäre in Südtirol geschehen, dem Land, welches die strategisch wichtigen Übergänge über die Alpen kontrolliert und in dem US-Atomraketen stationiert waren?

In dieser Situation hätte wahrscheinlich auch eine Südtiroler Untergrundbewegung, die katholisch und strikt antikommunistisch eingestellt war, den amerikanischen Interessen dienlich sein können. Daher war es für die Amerikaner wichtig, im Fall des Falles Einfluss auf den BAS zu haben.

Die CIA hätte mithilfe des BAS einen Partisanenkampf in Südtirol unterstützen, ein kommunistisch gewordenes Italien destabilisieren und die militärstrategisch entscheidenden Alpenpässe unter Kontrolle halten können.

Die politische Lage in Italien stabilisiert sich – die Südtiroler beschließen den Kampf – Molden, Bacher und Pfaundler steigen offiziell aus

Die Wahlen vom 25. und 26. Mai 1958 brachten zwar eine Mehrheit von Christdemokraten und Sozialisten an die Regierung, die politische Lage stabilisierte sich jedoch nach mehreren Krisen im Juli 1960 unter Ministerpräsident Fanfani, dessen christdemokratische Regierung die Unterstützung dreier Mittelparteien erhielt.

Ab nun konnte die Unterstützung und selbst die Duldung einer regierungsfeindlichen aufständischen Untergrundbewegung in Südtirol nicht mehr im amerikanischen Interesse liegen, sondern mußte als Gefahr für die NATO-Interessen betrachtet werden. Die Situation hatte sich vollkommen umgedreht.

Zur gleichen Zeit verschärfte sich das politische Klima zwischen den USA und der Sowjetunion. Die Berlinkrise mit dem Bau der Mauer und die Kubakrise warfen ihre Schatten voraus.

Am 8. Dezember 1960 teilte die Südtiroler BAS-Gruppe um Sepp Kerschbaumer auf einem Treffen mit den Nordtiroler Freunden in Innsbruck mit, dass sie nun den Kampf mit Waffen und Sprengstoff aufnehmen wolle.

In dieser Situation erklärte Fritz Molden, der bislang sogar geholfen hatte, Waffen zu beschaffen, daß es zu früh zum Losschlagen sei und legte seine Funktionen im BAS nieder. (Christoph Franceschini: „Der Aluminiumduce beim Kreisky“, in „Südtirolillustrierte FF“, Nr. 14/91, S. 17 f)

Molden selbst berichtet dazu in seiner Autobiographie:

„Am 8. Dezember 1960 kam es zu einer Konferenz aller führenden BAS-Leute, in der abgestimmt wurde, ob endlich losgeschlagen werden sollte oder nicht. Eine klare und eindeutige Mehrheit stimmte für das Losschlagen. Lediglich eine Minderheit wie etwa Gerd Bacher und ich schlugen vor, noch ein Jahr zuzuwarten und den Bemühungen der österreichischen Regierung, Zugeständnisse zu erreichen, noch eine Frist zu geben. Wir konnten uns nicht durchsetzen, und wie sich in den folgenden Jahren und Jahrzehnten herausgestellt hat, war die Entscheidung loszuschlagen richtig.“ (Fritz Molden: „Vielgeprüftes Österreich. Meine politischen Erinnerungen“, Wien 2007, S. 150)

Weiter mit einem Fuß im BAS – keine Berichtspflicht mehr gegenüber den Amerikanern

Tatsächlich zogen sich Fritz Molden, Gerd Bacher und Wolfgang Pfaundler aber nicht zur Gänze aus dem BAS zurück. Sie unterstützten den Freiheitskampf weiterhin mit Rat und Tat, mit Waffen, Sprengstoff und Geld. Vor allem unterstützten sie die Gruppen um Georg Klotz und Luis Amplatz. Sie gehörten aber nicht mehr der oberen Führungsebene an.

Peter Kienesberger, ein Mitstreiter des Freiheitskämpfers Georg Klotz,  hat später, als diese Offenheit keinen Schaden mehr anrichten konnte, Details über ein Treffen mit Molden und Bacher berichtet. In einem Gedächtnisprotokoll von ihm heißt es:

„Im August und September 1961 haben Klotz und ich zwei militärisch geplante Feuerüberfälle im Passeier und Rabenstein durchgeführt. … Klotz und ich wurden einige Zeit nachher nach Alpbach gebracht. Mit dabei waren Pfaundler, Schimpp, Schwarzenbacher (ein Zollbeamter) und Franz Sigmund. … In Alpbach wurden wir Molden und Bacher vorgestellt, bzw. ich. Klotz kannte beide schon. Schon bei der Fahrt wurden wir über die Bedeutung des Treffens informiert. …

Molden begrüßte Klotz überschwänglich herzlich und auch mich. Er bedankte sich für meinen Mut, dass ich als Österreicher bereit war, solche gefährlichen Einsätze mitzumachen.“ (Gedächtnisprotokoll Peter Kienesberger vom 6. 8. 1996. In: Otto Scrinzi (Hrsg.): „Chronik Südtirol 1959 – 1969“ Graz-Stuttgart 1996, S. 170)

  

Die Freiheitskämpfer Peter Kienesberger aus Gmunden in Oberösterreich und Georg Klotz aus Walten im Passeier.
Die Freiheitskämpfer Peter Kienesberger aus Gmunden in Oberösterreich und Georg Klotz aus Walten im Passeier.

Freiheitskämpfer im nächtlichen Einsatz.
Freiheitskämpfer im nächtlichen Einsatz.

Über solche Begebenheiten und auch über ihre Unterstützungstätigkeit hatten Molden, Bacher und Pfaundler ihren amerikanischen Freunden gegenüber jedoch keine Berichtspflicht mehr, denn sie waren ja aus der Führungsebene des BAS ausgestiegen. Man darf im Rückblick ihre damalige Entscheidung als wohl als richtig, notwendig und anständig bezeichnen

Eine letzte Warnung vor der Kursänderung der USA

Im Juli 1961 warnte in Oberösterreich ein gewisser Arnold Strigl, Mitarbeiter des eng mit den Amerikanern zusammen arbeitenden „Bundesnachrichtendienstes“ (BND), den ihm aus Kriegstagen eng befreundeten Obmann des oberösterreichischen Bergiselbundes Richard von Helly.

Richard von Helly (links im Bild im hellen Mantel) auf einer Kundgebung des Bergisel-Bundes in Linz.
Richard von Helly (links im Bild im hellen Mantel) auf einer Kundgebung des Bergisel-Bundes in Linz.

Strigl hatte im deutschen und amerikanischen Auftrag ein Nachrichtennetz bis in den Ostblock hinein aufgebaut und er hatte Richard von Helly anzuwerben versucht. Dieser hatte seinem alten Freund und Weltkriegskameraden jedoch mit Rücksicht auf seine Familie – Helly hatte erst unlängst wieder geheiratet – abgesagt.

Nun warnte Strigl seinen alten Freund, der enge Kontakte zu Südtiroler Patrioten unterhielt. Er erklärte, dass die Amerikaner sich auf die italienische Seite geschlagen hätten. (Quelle: Mitteilung von Dr. Helmut Golowitsch, welcher damals Mitglied des Bergisel-Bundes und ein Mitarbeiter von Richard von Helly war.)

Tatsächlich gingen die alliierten Dienste in der Folge mit allen Mitteln gegen die Südtiroler Freiheitskämpfer vor und hatten dabei die österreichische Staatspolizei und die Justiz zumeist – aber nicht immer –  auf ihrer Seite.

Dieser Rückblick zeigt, wie sehr und wie tief die Amerikaner in das damalige Geschehen verwickelt waren. Manche Dinge erscheinen nun in neuem Licht.

Angesichts der hier sichtbar gewordenen Dimensionen ist zu bewundern, dass die Südtiroler Freiheitskämpfer – wenn auch unter großen Opfern – letztendlich doch so erfolgreich waren, dass mit dem „Paket“ von 1969 eine neue und wesentlich verbesserte Autonomie erreicht werden konnte.




„Geheimdienste, Agenten, Spione. Südtirol im Fadenkreuz fremder Mächte“

Der Journalist und Historiker Christoph Franceschini hat der Öffentlichkeit ein sensationelles neues Werk vorgelegt.

Buchbesprechung von Georg Dattenböck

Über die Person des Autors:

17 Jahre lang, von 1996 bis 2013, war Christoph Franceschini (*22.12.1964 in Eppan) sehr erfolgreich als Journalist der „Neuen Südtiroler Tageszeitung“ in dem Bereich Politik tätig, wo ihm die Aufdeckung großer Skandale gelang. Er hatte an der Uni Innsbruck Geschichte, Philosophie und Politikwissenschaft studiert.

Seit 1984 ist Franceschini freier Mitarbeiter des RAI Südtirol und publiziert seine Artikel und Reportagen auf der Nachrichten-Website salto.bz, wo er von 2016 bis 2019 auch als Chefredakteur arbeitete.

Franceschini gilt als einer der am besten vernetzten politischen Journalisten Südtirols und vor allem zeichnet ihn aus, dass er forschend zu den Quellen geht, die anderen bislang verborgen geblieben sind. Dadurch hat er sich auch als herausragender Zeithistoriker qualifiziert.

Er ist auch Autor von mehreren TV-Dokumentationen, darunter der 2004 zusammen mit Helmut Lechthaler vollendeten, sechsteiligen Serie „Bombenjahre – Geschichte der Südtirol-Attentate“. Für ihre Arbeit, deren Ausstrahlung zunächst durch politische Interventionen verzögert worden war, erhielten die beiden 2005 den „Prof. Claus Gatterer-Preis“. Neben seiner Tätigkeit als Journalist war Franceschini lokalpolitisch in seiner Heimatgemeinde Eppan in einer Bürgerliste aktiv.

Eine fesselnde Lektüre

Es ist in der Tat eine Ausnahme, daß einen Rezensenten wie mich ein Buch derart in den Bann zieht wie dieses, sodass ich es kaum mehr aus der Hand legen konnte! Zugegeben werden muss, daß eigenes, „sicheres Wissen“, durch das Lesen dieses, mit vielen Dokumenten belegten zeitgeschichtlichen „Thrillers“, auch revidiert werden mußte. Und inhaltlich stimmt völlig, was am Buchumschlag über die zwölf Hauptkapitel des Buches behauptet wird:

„Selten erhält man einen so tiefen Einblick in die Arbeit von Agenten, Informanten und Spionen: Decknamen und deren Träger, Treffpunkte und Übergabemethoden, Korrespondenzen und Augenzeugenberichte. Nach 1945 ist Südtirol ein Hotspot der Nachrichtendienste. Die Stadt Bozen wird zum Schauplatz länderübergreifender Operationen US-amerikanischer, italienischer österreichischer und deutscher Geheimdienste. Aber auch örtliche Nachrichtendienste ziehen von hier aus ihre Fäden. In der heißen Phase der Attentate in den 1960er-Jahren spitzt sich diese Situation noch deutlich zu. Akribisch hat Christoph Franceschini Akten ausgewertet, zum Großteil Dokumente aus bisher verschlossenen Archiven. Dieses Buch deckt Doppelagenten auf, zeigt die Verflechtung der Dienste und legt viele Namen offen.“

Geheimpolizei und Geheimdienste waren in Südtirol allgegenwärtig - und sind es heute noch.
Geheimpolizei und Geheimdienste waren in Südtirol allgegenwärtig – und sind es heute noch.

Zusätzlich sehr stark aufgewertet wird das Buch durch den sicherlich besten Geheimdienst-Fachmann, Erich Schmidt-Eenboom, welcher das lesenswerte Vorwort verfaßte.

Eenboom bezeichnet dieses Buch als eine „Pionierarbeit“ und benennt Südtirol als „einen Tummelplatz für Nachrichtendienste“, wo die „Kurierlinien deutscher, österreichischer, italienischer und anderer Geheimdienste entlang von Eisack und Etsch verliefen… In den späten 1940er-Jahren schon stütze sich auch eine Funklinie der ‚Organisation Gehlen‘ (Org.)  nach Rom auf eine Station nahe dem Brenner, die ein Pater betrieb…“

Nach Eenboom war Südtirol „in bisher unbekanntem Ausmaß Ausgangspunkt und Zielgebiet von Geheimdienstoperationen von oft multinationaler Reichweite“, u.a. des tschechischen Geheimdienstes „Statni bezpecnost“, der im frühen Kalten Krieg ein Netzwerk von elf Südtirolern und ihren Zuträgern vorwiegend zur Militärspionage vor seinen Karren spannen konnte.

Die NATO hatte die Kommandogewalt über die Grenzzone

Als im April 1949 die NATO gegründet wurde, gehörte Italien zu den Gründungsmitgliedern. Franceschini dazu:

„In dem streng geheimen Schreiben teilt der oberste italienische Militärbefehlshaber mit, daß aufgrund eines Abkommens zwischen der italienischen Regierung und dem Oberbefehlshaber der NATO-Truppen die territoriale Befehlsgewalt über die nördlichste Grenze Italiens neu festgelegt wurde: In einem Gebiet von 150 Kilometer östlich und westlich des Brenners und südlich bis nach Lavis bei Trient gehe das territoriale militärische Recht an das alliierte Oberkommando über. (…) Dieses Dokument ist in der italienischen Öffentlichkeit bis heute kaum jemanden bekannt. (…) Denn nach diesen eindeutigen Vorgaben gibt Italien nicht nur die militärische Hoheit über Südtirol und das halbe Trentino ab, sondern es wird an der Grenze zum damals noch besetzten Österreich auch eine Art extraterritoriale Pufferzone geschaffen. In den vergangenen Jahrzehnten wurde in Italien immer wieder über die durch die USA ‚eingeschränkte Souveränität‘ diskutiert, dieser Verzicht auf die militärische und territoriale Befehlsgewalt in und um Südtirol ist nun ein weiterer Mosaikstein in dieser Lesart.“ (S. 50ff)

Die Amerikaner duldeten und unterstützten anfangs den „Befreiungsausschuss Südtirol“ (BAS)

Anfang der Sechzigerjahre war für die Strategen der NATO und des CIA noch nicht klar, ob Italien durch Wahlen schließlich in das kommunistische Fahrwasser gelangen oder westlich orientiert bleiben würde. Die CIA wollte mit ihrer „Karte BAS“ und einem vorgeplanten Partisanenkampf in Südtirol, ein kommunistisch gewordenes Italien destabilisieren können und die militärstrategisch entscheidenden Alpenpässe fest in der eigenen Hand behalten.

Südtirol, so kann der Leser eindeutig schließen, war deshalb damals noch nicht für Österreich abgeschrieben und die Chancen auf eine Wiedervereinigung Tirols standen nicht schlecht. Diese „Großwetterlage“ änderte sich jedoch rasch, als Italien die Kommunisten mehrheitlich abwählte.

Ein sehr wichtiges „Standbein“ hatten die amerikanischen Geheimdienste „Counter Intelligence Corps“ (CIC) und „Central Intelligence Agency“ (CIA) sowie italienische Dienste im Vatikan, der ab der sich 1943 abzeichnenden Niederlage Hitlers auf westlichen Kurs gegen den Kommunismus einschwenkte. Was sich hier in Kirchenkreisen abspielte, schildert Franceschini spannend und mit vielen Details belegt.

Nicht nur der US-Geheimdienst CIA, sondern viele dem CIA untergeordnete westliche Geheimdienste, wie der deutsche „Bundesnachrichtendienst“ (BND) und vor allem auch italienische Dienste, waren durch ihre Agenten über aktuelle Entwicklungen innerhalb des Südtiroler Widerstandes unterrichtet.

Es ist auch im Nachhinein noch bestürzend, dass diese Dienste auch über die Absichten und Charaktere führender Persönlichkeiten des innersten Kreises der „Südtiroler Volkspartei“ (SVP), darunter auch Landeshauptmann Dr. Silvius Magnago, immer bestens im Bilde waren. Franceschini dazu „Wie gut man über Interna aus der Südtiroler Volkspartei informiert ist, wird am Bericht mit dem Titel ‚Besondere Situation in Südtirol – Kommentar der SVP zur Ernennung des neuen US-Botschafters in Italien‘ vom 8. Dezember 1956 klar (…)“.(S. 103):

Über Ansichten und Absichten des Südtiroler Landeshauptmannes Dr. Silvius Magnago (Bild links) waren die Nachrichtendienste gut informiert. Die Frau des BAS-Unterstützers LR Dr. Aloys Oberhammer (Bild rechts) wurde durch einen italienischen Agenten ausgehorcht.
Über Ansichten und Absichten des Südtiroler Landeshauptmannes Dr. Silvius Magnago (Bild links) waren die Nachrichtendienste gut informiert. Die Frau des BAS-Unterstützers LR Dr. Aloys Oberhammer (Bild rechts) wurde durch einen italienischen Agenten ausgehorcht.

„Plaudertanten“, wie die zu redselige Gattin des untadeligen Nordtiroler BAS-Unterstützers und Landesrates Dr. Aloys Oberhammer (ÖVP), lieferten einem Meisteragenten namens Alfredo Zanella, der sogar Mitglied des „Berg-Isel-Bundes“ werden konnte, wertvollste Informationen (Franceschini´, S. 193).

Unter dem Decknamen ‚Mumelter‘ übermittelt ein weiterer Agent namens Bernardo Zanetti, der für das Präsidium des Regionalrates „Trentino-Südtirol“ als Übersetzer arbeitet, auch interne SVP-Dokumente nach Rom. So etwa Resolutionen für die entscheidende Landesversammlung zum ‚Paket‘ am 21./22. November 1969 im Meraner Kursaal. Aus den Akten geht eindeutig hervor, daß Carlo Bernardo Zanetti die Texte bereits nach Rom übermittelt hatte, bevor sie von der Parteileitung beschlossen worden waren.

Die CIA wusste über den BAS Bescheid

Der BAS plante die Sprengung vieler Strommasten (unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Schonung von Menschenleben) zur Lahmlegung des norditalienischen Strom-Netzes, was dann dem BAS vom 11. auf 12. Juni 1961 Großteils gelang. Die gesamte Weltöffentlichkeit wurde auf den, seit der militärischen Besetzung und anschließenden Okkupation Südtirols durch den italienischen Staat, eiskalt und planmäßig durchgeführten kulturellen Völkermord (Ethnozid) sowie auf die soziale und politische Unterdrückung in Südtirol aufmerksam gemacht.

Die Mastensprengungen der Herz-Jesu-Nacht des Jahres 1961 rüttelten auch die italienische Öffentlichkeit auf.
Die Mastensprengungen der Herz-Jesu-Nacht des Jahres 1961 rüttelten auch die italienische Öffentlichkeit auf.

Bereits 15 Monate vor (!!!) der „Feuernacht“ des Jahres 1961 wusste die CIA über den Plan des BAS sehr gut Bescheid – und unternahm dagegen nichts! Damals bestand noch die Gefahr, dass Italien in das kommunistische Lager kippen könnte und dann wäre die Tätigkeit des BAS durchaus im Sinne der Westmächte gewesen.

Auch die österreichische Staatspolizei (STAPO) war bereits im März durch einen Waffenfund, in einer von dem BAS-Aktivisten und Journalisten Wolfgang Pfaundler gemieteten Wohnung in Innsbruck, über die kommenden Ereignisse gut im Bilde. Die österreichische Polizei hatte im Zuge einer Hausdurchsuchung Waffen, Munition, Sprengstoff sowie eine Karte beschlagnahmt, auf welcher zahlreiche Strommasten als Attentatsziele eingezeichnet waren. Franceschini dazu:

„Demnach hätte man die BAS-Aktion behindern und auch verhindern können. Daß das aber nicht passiert, dafür sorgen BAS-Sympathisanten in den Reihen der Innsbrucker Polizei. Ein Polizist läßt die Karte aus der Asservatenkammer der Innsbrucker Stapo verschwinden und gibt sie Tage nach der Hausdurchsuchung einem Nordtiroler BAS-Mann zurück. (…) Die besagte Karte landet somit auch nie in den offiziellen Beweismitteln für den Prozeß, der 1962 in Graz gegen Wolfgang Pfaundler über die Bühne geht. Pfaundler wird deshalb auch freigesprochen.“ (S. 287ff).

Dank wohlwollender Unterstützung durch die österreichische Staatspolizei konnte Wolfgang Pfaundler einen gerichtlichen Freispruch in Österreich erreichen.
Dank wohlwollender Unterstützung durch die österreichische Staatspolizei konnte Wolfgang Pfaundler einen gerichtlichen Freispruch in Österreich erreichen.

Die Frage, wie viel die italienischen Behörden im Voraus wussten, beantwortet Franceschini so: „Der italienische Geheimdienst und das Innenministerium sind besser informiert, als man bisher glaubte. Wie präzise man die Situation in Südtirol in Rom bereits Anfang der 1960er-Jahre einschätzt, zeigt ein Bericht aus dem Archiv des ‚Ufficio per le Zone di Confine‘ (UZC). Der Bericht mit dem Betreff ‚Situation in Südtirol‘, datiert mit 20. Juni 1960, ist als ‚Riservatissimo‘ (streng vertraulich) gekennzeichnet und hat einen besonderen Aufkleber: ‚Man ersucht um Aufmerksamkeit‘. (…)

Im Bericht heißt es: (…) Nach dieser Quelle sind nämlich Vorbereitungen im Gang – ausgehend vom bekannten Befreiungsausschuß Südtirol (B.A.S.), also dem Komitee zur Befreiung Südtirols, einer Ausgeburt des Bergisel-Bundes – die darauf abzielen, einen bewaffneten Kampf gegen weitere Zugehörigkeit Südtirols zu Italien zu entfachen.

Das Hauptziel dieser Vorbereitungen ist – als entscheidender psychologischer Effekt und deshalb als unverzichtbar definiert -, der Weltöffentlichkeit die Unabwendbarkeit einer radikalen und definitiven Lösung der Südtirolfrage aufzuzeigen, zur Umsetzung einer Volksabstimmung, die es der deutschsprachigen Bevölkerung Südtirols und der angrenzenden Gebiete (Fassatal Livinallongo, Cortina) erlaubt, ihren Willen frei zu bekunden und selbst über ihre Zukunft zu entscheiden.“ (S.162)

Und in der Tat: der weithallende Donnerschlag des BAS schaffte es, daß US-Präsident Kennedy umgehend als „Morgenlektüre“, jedoch sehr einseitig aus italienischer Sicht, auf Südtirol aufmerksam gemacht wurde.

Franceschini schreibt: „Unmittelbar nach der Feuernacht landete das Südtirol-Problem im täglichen CIA-Bulletin an den US-Präsidenten. Am 23. Juni 1961 beschäftigte sich John F. Kennedy mit Südtirol. (…) Zusammengestellt von der CIA werden in diesem mit ‚top-secret‘ klassifizierten Bericht die wichtigsten globalen Ereignisse aus der Sicht der Nachrichtendienste zusammen gefasst und bewertet. (…) Der besondere Wert des Schriftstückes: Der Inhalt wird vorab sowohl im Außen- als auch vom Verteidigungsministerium abgesegnet. (…) Im Inhaltsverzeichnis steht unter Punkt 10: ‚Italien: Innenminister besorgt über umfangreiche Sabotage in Südtirol‘. (…) Dieser Bericht des CIA macht deutlich, daß der Fokus des CIA auf Italien liegt und auf den möglichen Auswirkungen der Südtirol-Attentate auf die politische Stabilität des NATO-Verbündeten.“ (S. 268)

In der „Feuernacht“ gesprengter Mast in Südtirol.
In der „Feuernacht“ gesprengter Mast in Südtirol.

Die Aufmerksamkeit der gesamten Welt auf Südtirol zu richten, gelang in der Folge des Donnerschlages auch durch den persönlichen Einsatz des damaligen österreichischen Außenministers Dr. Bruno Kreisky vor der UNO.

Kreisky, der große Sympathien für den Tiroler Widerstand zeigte, war über den BAS und dessen Ziele bestens unterrichtet: u.a. durch den, im BAS gut vernetzten Nordtiroler Parteifreund und Landeshauptmann-Stellvertreter Rupert Zechtl (SPÖ), der auch Informant der Organisation Gehlen (BND) war. (Franceschini, S. 287).

Außenminister Dr. Bruno Kreisky (links) war durch seinen Parteifreund LR Rupert Zechtl, welcher ein persönlicher Vertrauter des Südtiroler BAS-Gründers Sepp Kerschbaumer war, bestens über den BAS und dessen Planungen informiert.
Außenminister Dr. Bruno Kreisky (links) war durch seinen Parteifreund LR Rupert Zechtl, welcher ein persönlicher Vertrauter des Südtiroler BAS-Gründers Sepp Kerschbaumer war, bestens über den BAS und dessen Planungen informiert.

Die „Feuernacht“ bewirkte eine Wende

Auf Grund dieses massiven Widerstandes breitester Kreise der Süd- und Nordtiroler Bevölkerung und des übrigen Österreich und des den Staat Italien erschütternden Feuerschlages begann Italiens Regierung im September 1961, im Rahmen der innerstaatlichen „Neunzehner-Kommission“, ernsthafte Vorschläge auszuarbeiten, die in einer österreichisch-italienischen Expertenkommission sodann verhandelt wurden. Hier einigte man sich auf das sogenannte Autonomie-„Paket“ und – leider ohne eine wirksame international-rechtliche Verankerung.

Als persönliche Anmerkung darf ich dazu sagen: Die Versuche mancher Historiker, den Widerstand des BAS als eine kontraproduktive Bewegung darzustellen, da sich die Entwicklung bereits vor der „Feuernacht“ auf einem positivem Weg befunden habe, dürfen als kläglich bezeichnet werden. Diese Leute liefern für ihre Behauptungen nicht einen einzigen Beweis.

Zeitzeugen wie Silvius Magnago haben demgegenüber öffentlich festgestellt, dass der Freiheitskampf sehr wohl einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung einer besseren Autonomie geleistet hat.

Rom verstand damals eindeutig nur die Sprache der Lichtblitze und Donnerschläge!

Führende BAS-Männer arbeiteten mit den USA zusammen

Franceschini schildert spannend und ausführlich den Hintergrund führender österreichischer BAS-Männer, u.a. jenen des Zeitungsherausgebers Fritz Molden, des Journalisten Wolfgang Pfaundler und des späteren ORF-Generals Gerd Bacher, alle entschiedene Gegner Hitlers und Patrioten, die seit langer Zeit bereits freiwillig dem CIA und damit der USA im Kampf gegen den die Welt bedrohenden Sowjet-Kommunismus zur Seite standen.

(Zu diesem Hintergrund und der sehr wichtigen Rolle Moldens in- und außerhalb des BAS wird es in Kürze einen eigenen SID geben. Tragen Sie sich jetzt kostenlos in unseren Newsletter ein, um nichts zu versäumen!) 

Wolfgang Pfaundler, der das geheime CIA-Ausbildungsprogramm für einen „Stay-Behind-Agenten“ absolviert hatte (Franceschini, S. 264), wollte den BAS in „Freiheits-Legion Suedtirol“ (FLS) umbenennen. Dies war wahrscheinlich mit der CIA vorher abgesprochen worden. Er ließ mit dieser neuen Benennung bereits tausende Flugblätter mit einem Aufruf zum Aufstand drucken. Dies wusste die CIA viel früher als der allseits anerkannte BAS-Führer in Südtirol, Sepp Kerschbaumer. Franceschini berichtet dazu: „Sepp Kerschbaumer und die Führung des Südtiroler BAS“ fahren „wutentbrannt nach Innsbruck. Kerschbaumer macht im Rahmen einer bewegten Sitzung klar, daß die Bewegung BAS heiße und keinen anderen Namen brauche“ (Franceschini, S. 258).

„Wolfgang Pfaundler ist von Anfang an einer von denen innerhalb des BAS, die sich nicht lange mit demonstrativen Anschlägen gegen Sachen aufhalten wollen. Der Nordtiroler Publizist und Fotograf plant einen Partisanenkampf in Südtirol. (…) Diese Gangart führt bereits 1960 zu einem Zerwürfnis mit dem Chef des Südtiroler BAS Sepp Kerschbaumer, das nie mehr gekittet wird.“ (Franceschini S. 285)

Ein italienischer Geheimdienstmann schlägt nach der „Feuernacht“ zu

Bild links: Der berüchtigte Geheimdienstchef Silvano Russomanno - Bild rechts: Der Freiheitskämpfer Georg Klotz konnte noch fliehen.
Bild links: Der berüchtigte Geheimdienstchef Silvano Russomanno – Bild rechts: Der Freiheitskämpfer Georg Klotz konnte noch fliehen.

Der berüchtigte italienische Geheimdienstmann Silvano Russomanno wurde zum bösen Schicksal sehr vieler Tiroler Widerstandskämpfer. Nach der „Feuernacht“ gelang es ihm innerhalb weniger Tage, beinahe den gesamten Südtiroler BAS zu verhaften. Franceschini berichtet dazu: „Ausgangspunkt für die Verhaftungswelle ist ein Verhör mit dem Meraner Ingenieur und „Alto Adige“-Journalisten Benno Steiner. Steiner erinnert sich vor der Polizei an ein Treffen mit Jörg Klotz und dem Vinschger BAS-Mann Franz Muther. Klotz flieht, Muther wurde verhaftet und innerhalb von zehn Tagen folgen über 100 weitere Verhaftungen (…). Silvano Russomanno ist in den Jahren danach immer wieder an verdeckten Geheimoperationen in und um Südtirol beteiligt. (…) 1978 wird der Südtirol-Fachmann zum stellvertretenden Direktor des neuen italienischen Inlandsgeheimdienstes SISDE berufen.“ (Franceschini, S. 219ff)

Enthüllung strategischer Hintergründe

Sehr beeindruckend waren für den Rezensenten die ebenfalls von Franceschini bestens erforschten Fakten über den Hintergrund, warum US-Raketenbasen ausgerechnet in Südtirol stationiert werden sollten. (S. 273ff) Rom hatte deshalb daran ein Interesse, weil es damit im amerikanischen Interesse liegen würde, dass Südtirol bei Italien bleibt.

Franceschini berichtet, dass der BAS-Mann Dr. Norbert Burger über seine Kontakte zu dem Mussolini-Befreier und späteren CIA-Agenten Otto Skorzeny die USA warnen und davon abbringen wollte, dieses Raketenbasen in Südtirol zu errichten. (Franceschini. (S. 276)

Franceschini weist auch penibel recherchiert nach, daß alle in Südtirol involvierten Geheimdienste sich nicht scheuten, Kriegsverbrecher, ehemalige SS-Männer, überzeugte Faschisten und Nazis und viele Hochkriminelle zur Ausspähung und Ausschaltung des Tiroler Widerstandes einzusetzen.

Fazit: Wer sich über die Südtirol-Politik jener Jahre und den Freiheitskampf der Südtiroler informieren will, sollte diese wertvolle „Pionierarbeit“ lesen! Hut ab, Herr Christoph Franceschini!

 Dem Buch ist weiteste Beachtung zu wünschen!

Geheimdienste, Agenten, Spione Südtirol im Fadenkreuz fremder Mächte

Christoph Franceschini: „Geheimdienste, Agenten, Spione – Südtirol im Fadenkreuz fremder Mächte“
Verlag: Edition Raetia
Preis: 27,50 Euro
Erhältlich u. a. im „Freilich-Buchladen“




Soll ein umstrittener Politiker wie Leopold Figl in den Stand eines kirchlich „Seligen“ erhoben werden?

Unter diesem Titel nahm der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB), eine von ehemaligen Freiheitskämpfern und politischen Häftlingen gegründete Vereinigung, welche für die Selbstbestimmung Südtirols eintritt, Stellung gegen ein Vorhaben eines hohen Kirchenfürsten.

Es handelt sich um den niederösterreichischen St. Pöltener Diözesanbischof Dr. Alois Schwarz, welcher auf seiner Internetseite angekündigt hat, einen nicht unumstrittenen österreichischen Politiker als „Seligen“ kirchlich verehren zu lassen.

Diese Mitteilung wurde zunächst unkommentiert von zahlreichen Medien übernommen, darunter auch von der Südtiroler Tageszeitung „Dolomiten“.

Links: Meldung in den „Dolomiten“ vom 24. 12. 2020. Rechts: Ankündigung auf der Internetseite der niederösterreichischen Diözese St. Pölten.
Links: Meldung in den „Dolomiten“ vom 24. 12. 2020. Rechts: Ankündigung auf der Internetseite der niederösterreichischen Diözese St. Pölten.

Daraufhin veröffentlichte der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB) nachstehenden Pressedienst, der hier vollständig wiedergegeben ist:

Laut Medienberichten und eigenen Äußerungen auf seiner Internetseite hat der St. Pöltener Diözesanbischof Dr. Alois Schwarz die Absicht, den ehemaligen österreichischen Bundeskanzler und Außenminister Leopold Figl in den Stand der „Seligen“ erheben zu lassen. Aus diesem Anlass hat der „Südtiroler Heimatbund“ einen „Offenen Brief“ an den Bischof gerichtet. Dieser lautet:

Sehr geehrter Herr Bischof!

Den Medien und der Internetseite Ihrer Diözese entnehmen wir, dass Sie den Seligsprechungsprozess für den ehemaligen österreichischen Bundeskanzler und Außenminister Leopold Figl eingeleitet haben.

Wir Südtiroler haben in mehreren Jahrzehnten unsere Erfahrungen mit Politikern gemacht und warnen davor, diese religiös verehren zu lassen.

Auch Leopold Figl hatte verschiedene Seiten, die nicht alle positiv zu werten sind.

In der Zeit des austrofaschistischen Ständestaates war der Direktor des „Reichsbauernbundes“ Leopold Figl zugleich Gauführer der „Ostmärkischen Sturmscharen“ in Niederösterreich.

Die „Sturmscharen“ waren eine schwer bewaffnete, christlichsoziale Bürgerkriegstruppe, die auch rassistisch antisemitisch ausgerichtet war.

Leopold Figl, Gauführer der „Ostmärkischen Sturmscharen“
Leopold Figl, Gauführer der „Ostmärkischen Sturmscharen“

Wie das österreichische Magazin „PROFIL“ vom 14. Mai 2015 berichtete, beschossen die „Ostmärkischen“ Sturmscharen im Bürgerkrieg des Jahres 1934 die Arbeiterwohnungen in den Gemeindebauten am Gaudenzdorfer Gürtel in Wien-Meidling. „Sturmschärler“ fungierten in der Folge auch als Bewacher im Anhaltelager Wöllersdorf. (Siehe: „Schuschniggs Sturmschar“, in: „Der Standard“ vom 23. April 2004)

Angehörige der „Ostmärkischen Sturmscharen“
Angehörige der „Ostmärkischen Sturmscharen“

Unter dem NS-Regime wurde Figl dann selbst ins Konzentrationslager eingesperrt, machte eine schlimme Zeit mit und wurde schwer misshandelt.

Nach dem Krieg begann seine neuerliche politische Karriere als Parteiobmann der ÖVP und Bundeskanzler der Republik Österreich.

Er blieb leider seinem alten Gedankengut treu. Das „PROFIL“ vom 14. Mai 2015 berichtete darüber: Er versammelte am 25. Juli 1945 ehemalige Dollfuß-Mitarbeiter in seiner Wohnung, um an dessen elftem Todestag des Putsch-Kanzlers zu gedenken. ‚Wir bleiben treu‘, schreibt man danach ins Gästebuch.“

Über Figls Einstellung gegenüber jüdischen NS-Opfern berichtete das „PROFIL“: „Leopold Figl wird in seiner ersten Amtszeit als Kanzler immer wieder mit jüdischen Restitutionsforderungen konfrontiert, stets vorgetragen von der amerikanischen Besatzungsmacht. Figl ist selbst ein Opfer, vielleicht fehlt es ihm gerade deshalb an Empathie. Als etwa im Jänner 1947 wieder einmal eine Forderung im Ministerrat diskutiert wird, meint er: ‚Die Juden wollen halt rasch reiche Leute werden. Die Österreicher sind nicht so geschäftstüchtig.‘“

Zu Figls Verhalten in der Südtirol-Frage gibt es Einiges anzumerken: In der Zeit des Austrofaschismus hatte die Wiener Regierung Südtirol der Freundschaft mit dem faschistischen Regime in Rom geopfert.

Figl setzte diese Politik fort, die nun den Interessen der Westmächte diente, welche die Politik Roms unterstützten, um Italien rasch in das westliche Militärbündnis einbinden zu können.

Die aus ehemaligen KZ-Gefangenen und politischen Häftlingen gebildete ÖVP-Kameradschaft „Bund demokratischer Freiheitskämpfer Österreichs“ verfolgte eine andere Linie und übermittelte am 31. Mai 1946 dem Bundeskanzler eine Resolution, in welcher die „Wiedergutmachung des 1919 an Österreich verschuldeten Unrechts, begangen durch die Widerrechtliche und widernatürliche Lostrennung Südtirols und des Canaltales“ verlangt wurde.

Die von Figl missachtete Resolution der ehemaligen NS-Opfer
Die von Figl missachtete Resolution der ehemaligen NS-Opfer

Figl ignorierte diese Initiative seiner ehemaligen Schicksalsgenossen. Vielmehr ließ Figl den italienischen Ministerpräsidenten Degasperi durch einen Vertrauensmann insgeheim darüber informieren, dass die Regierung in Wien sich mit einer Autonomielösung zufrieden geben würde, während offiziell noch die Selbstbestimmung verlangt wurde. Es gab in der Folge mehrere Geheimtreffen Figl-Degasperi, auf denen diese Politik mit Übergehung der Volksvertretung und Regierungsinstanzen abgesprochen und vertieft wurde. Der Öffentlichkeit gegenüber betonte Figl jedoch immer wieder, dass ihm Südtirol ein Herzensanliegen sei.

Degasperi (links) und Figl (rechts) bei einem Geheimtreffen in Kärnten.
Degasperi (links) und Figl (rechts) bei einem Geheimtreffen in Kärnten.

Im Jahre 1956, als Italien seine Entnationalisierungspolitik in Südtirol hemmungslos auf die Spitze trieb, löste der Außenminister Figl eine Welle der Empörung in Österreich und Südtirol aus, als er bei einem Staatsbesuch in Rom erklärte, dass das was Österreich von Italien trenne „unendlich geringfügig“ sei „gegenüber dem, was uns eint.“ (Siehe: „Dolomiten“ vom 17. März 1956)

Sehr geehrter Herr Bischof! Wir wissen, dass Politiker auch oft unter Druck und Zwang gegen ihr eigenes Gewissen handeln. Bitte erheben Sie eine umstrittene Person wie Leopold Figl aber nicht auf das Verehrungspodest eines „Seligen“. Er war ein vielfach irrender Mensch mit guten und schlechten Seiten. Seine Verehrung würden zumindest hier bei uns in Tirol viele Gläubige nicht verstehen. Und bitte präsentieren Sie keine übernatürlichen „Wunder“, welcher dieser Mann bewirkt haben soll!

 Mit vorzüglicher Hochachtung!

 Roland Lang
Obmann des Südtiroler Heimatbundes (SHB)

Nachtrag der Redaktion des SID zu der Presseaussendung des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB):

Figl hatte nach der Machtübernahme Hitlers in Österreich Schweres zu erleiden. Die zeitgeschichtliche Forschung hat darüber berichtet:

Als führender Funktionär des Ständestaates wurde er am 12. März 1938 verhaftet und am 1. April in das KZ Dachau überstellt. Dort wurde er einer Prügelstrafe unterzogen. Er wurde über einen Prügelbock gelegt und mit einem mit Wasser getränkten Ochsenziemer 25mal auf den Rücken geschlagen. Als diese fürchterliche Tortur zu Ende war, lag er bewusstlos und zerschlagen auf dem Bock. An den Spätfolgen dieser Brutalität litt er ein Leben lang. Er erhielt zusätzlich 6 Monate Dunkelhaft in einer fensterlosen Zelle mit nur zweimal wöchentlich Wasser und Brot. 1945 entging er einer Anklage wegen Hochverrats Gott sei Dank durch den Zusammenbruch des NS-Systems.

Ihm gebührt angesichts dieses Leidens ehrendes Gedenken, so wie auch Millionen weiterer Opfer der NS-Diktatur und anderer totalitärer Regime, deren Erhebung in den Stand der kirchlich „Seligen“ nicht erwogen wird. Es ehrt Leopold Figl, dass er als Politiker nach dem Krieg nicht an Rache dachte, sondern den Weg der Aussöhnung beschritt. Es schmälert seine Verdienste nicht, wenn auch darauf hingewiesen wird, dass er als Kind turbulenter Zeiten sich als das erwiesen hat, was wir wohl alle sind: Als Mensch, der auch irren und mitunter falsche Wege einschlagen kann.

Politisches Handeln muss der freien Erörterung zugänglich sein und auch der Kritik unterliegen können. Das ist das Wesen der Demokratie. Es sollte daher auch nicht unter den Schutzschirm einer religiösen „Seligkeit“ gestellt werden.

Für die Redaktion des SID:
Georg Dattenböck

Wie Leopold Figl im Sinne der Westalliierten hinter dem Rücken seiner eigenen Landsleute eine Geheimdiplomatie mit Rom betrieb, die gegen die Südtiroler Selbstbestimmung gerichtet war und die auf die endgültige Zuerkennung Südtirols an Italien abzielte, ist in einem zeitgeschichtlichen Werk unter Wiedergabe bislang unbekannter Dokumente eingehend beschrieben:

Helmut Golowitsch:
„Südtirol – Opfer für das westliche Bündnis“
Schriftenreihe zur Südtiroler Zeitgeschichte, Band I
Leopold Stocker Verlag, Graz- Stuttgart 2017
ISBN 978-3-7020-1708-8




Gesundheit und Glück!

Dies wünschen wir zum Weihnachtsfest 2020 unseren Lesern in aller Welt und vor allem unseren Brüdern und Schwestern in Südtirol!

Möge auch das kommende Jahr 2021 für Europa und besonders für unser Land Tirol ein glückliches werden!

 Niemals dürfen wir vergessen, was Landeshauptmann Eduard Wallnöfer von uns allen moralisch forderte:

 „Wir wissen, daß wir die staatliche Unrechtsgrenze nicht mit Gewalt ändern können. Aber keiner kann von uns erwarten, daß wir jemals dieses Unrecht Recht heißen und das wir jemals aufhören werden, leidenschaftlich unsere ganze Kraft einzusetzen für das Recht in Nord-, Süd-, Ost- und Welschtirol.“

 Die Redaktion des SID




Gedenken an Sepp Kerschbaumer und seine Mitstreiter

Mit einer landesweiten Plakataktion erinnerten der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB), eine von ehemaligen Freiheitskämpfern und politischen Häftlingen gegründete Vereinigung, und der „Südtiroler Schützenbund“ Anfang Dezember an die Freiheitskämpfer der 1960er Jahre und deren selbstlosen Einsatz für die Heimat.

Die Plakate zeigen das Antlitz von Sepp Kerschbaumer, des Gründers des „Befreiungsausschusses Südtirol“ (BAS), welcher zusammen mit seinen Mitverschworenen in der legendären „Feuernacht“ des Jahres 1961 zahlreiche Hochspannungsmasten in die Luft jagte, um mit diesem Donnerschlag die Welt auf die Unterdrückung Südtirols aufmerksam zu machen.

In Welschtirol, heute „Trentino“ genannt, wurden in italienischer Sprache gehaltene Plakate mit Unterstützung der Welschtiroler Schützenkompanien angebracht.

Während aus der Welschtiroler Bevölkerung durchaus zustimmende Reaktionen zu vermerken waren, stiegen die Extremnationalisten Italiens auf die Barrikaden. Allen voran forderten der Parlamentsabgeordnete Francesco Lollobrigida und der Regionalrats- und Landtagsabgeordnete Alessandro Urzi von der Partei „L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia“ (auf Deutsch: „Das Alto Adige im Herzen – Brüder Italiens“), dass Heimatbund und Schützenbund in Zukunft keinerlei Förderungsmittel seitens der Gemeinden und des Landes mehr erhalten dürften, weil sie die „cultura terrorista“ verherrlichten.

Dies veranlasste Roland Lang, den Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ zu nachstehender Presseerklärung:

Gedenken an Sepp Kerschbaumer

Sepp Kerschbaumer. Gemälde von Rudolf Comploier.

Am 7. Dezember 1964 starb im Gefängnis von Verona ein unvergessener Landsmann eines viel zu frühen Todes, der für die Freiheit seines Landes ein wahres Martyrium auf sich genommen hatte.

Der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB) und der „Südtiroler Schützenbund“ erinnerten jetzt öffentlich mit Plakaten an das Opfer des verstorbenen Freiheitskämpfers, damit sein Andenken nicht der Vergessenheit anheimfalle.

Das rief Schmähungen von italienischer extremnationalistischer Seite hervor. Um diese nicht unwidersprochen zu lassen, sei nachstehend über das Leben und Sterben Sepp Kerschbaumers berichtet:

Sepp Kerschbaumer wurde am 9. November 1913 in Frangart bei Bozen geboren. Am 10. September 1934 wurde der 22 Jahre alte Kaufmannsohn, wie damalige Zeitungsberichte belegen, mit weiteren 9 Burschen und zwei Mädchen von Geheimagenten und Carabinieri verhaftet und in Ketten in das Bozner Gefängnis eingeliefert. Die Jugendlichen wurden beschuldigt, am Tag vorher, am Sonntag, den 9. September, beim Wiesenfest der Musikkapelle St. Pauls verbotene deutsche Lieder gesungen zu haben. Mitte Oktober 1934 wurden die Burschen und Mädchen ohne Verteidigung von der faschistischen Verbannungskommission einvernommen und verurteilt. Die beiden Mädchen wurden für fünf Jahre unter Polizeiaufsicht gestellt. Die zehn Burschen wurden zu mehreren Jahren Verbannung nach Süditalien verurteilt. Sepp Kerschbaumer war zu zwei Jahren Verbannung nach Lagonegro in Süditalien verurteilt worden.

Sepp Kerschbaumer (Bildmitte) zusammen mit Freunden auf einer Radtour im Jahre 1934

Aus einem Bericht der Innsbruck erscheinenden Zeitung „Der Südtiroler“ vom 1. Dezember 1934
Aus einem Bericht der Innsbruck erscheinenden Zeitung „Der Südtiroler“ vom 1. Dezember 1934

Nach einem Jahr, im November 1935, wurden die jungen Südtiroler nach dem Besuch von Benito Mussolini in Bozen amnestiert.

Die Zeit des Faschismus und die Fortführung der faschistischen Entnationalisierungspolitik nach 1945 in Südtirol prägten Kerschbaumer zutiefst.

Ab 1957 protestierte Kerschbaumer mit Flugzetteln gegen die römische Politik der Unterdrückung und geförderten Massenzuwanderung aus dem Süden, er hisste die verbotene Tiroler Fahne auf dem Kirchturm in Frangart und letztendlich gründete er zusammen mit verzweifelten Landsleuten, die keinen anderen Ausweg mehr sahen, den „Befreiungsausschuss Südtirol“ (BAS). Es kam zu den Verzweiflungsanschlägen der Herz-Jesu-Nacht des Jahres 1961, die letztlich auf lange Sicht eine gewaltige Wende in der Politik einleiten sollten, zunächst aber zu Massenverhaftungen und schweren Folterungen führten.

Die verbotene Tiroler Fahne auf dem Kirchturm in Frangart. Für das öffentliche Zeigen der Tiroler Farben wurde Sepp Kerschbaumer nach Paragraph 654 des immer noch Geltung befindlichen faschistischen Strafgesetzbuches (Codice Penale“ von 1930) wegen „aufhetzender Kundgebung“ zu 10 Tagen Haft verurteilt. Der Staatsanwalt hatte in der Verhandlung die Tiroler Fahnen als „stracci“ – als „Fetzen“ – bezeichnet.

Verhaftung und Folterung Sepp Kerschbaumers

Am 15. Juli 1961 wurde der Gründer und Kopf des Befreiungsausschusses Südtirol (BAS), der Frangarter Gemischtwarenhändler und Kleinbauer Sepp Kerschbaumer, verhaftet, in die Carabinieri-Kaserne von Eppan gebracht und schwerstens misshandelt.

Der ebenfalls verhaftete Josef Fontana aus Neumarkt im Unterland wurde Sepp Kerschbaumer am 17. Juli 1961 um 17 Uhr abends gegenübergestellt. Der Eindruck, den Kerschbaumer auf ihn machte, konnte er kaum in Worte fassen. Was er sah, war „ein Mensch in seiner tiefsten Erniedrigung.“ (Josef Fontana / Hans Mayr: „Sepp Kerschbaumer“, Bozen 2000, S. 146)

Sepp Kerschbaumer wurde aus dem Kreis seiner Familie gerissen. Vor ihm lagen Folter, Haft und Tod.
Sepp Kerschbaumer wurde aus dem Kreis seiner Familie gerissen. Vor ihm lagen Folter, Haft und Tod.

Martin Koch aus Bozen und Sepp Kerschbaumer (rechts) sind verhaftet worden und werden nun in die Carabinieri-Kaserne eingeliefert.
Martin Koch aus Bozen und Sepp Kerschbaumer (rechts) sind verhaftet worden und werden nun in die Carabinieri-Kaserne eingeliefert.

Sepp Kerschbaumer hat das, was mit ihm geschehen war, am 4. September 1961 in einem Schreiben geschildert, welches keinen Adressaten trug und aus dem Gefängnis hinaus geschmuggelt und der Südtiroler Volkspartei übergeben wurde.

Der Brief liegt heute im Südtiroler Landesarchiv in Bozen unter den Archivalien der Südtiroler Volkspartei.

Der Briefanfang

Der Brief lautet:

„Gefängnis Bozen, 4. September 1961
Schildere hier die Mißhandlungen, die ich beim Verhör durch die Karabinieri von Eppan und dort selbst erleiden mußte. Sofort nach der Verhaftung am 15. Juli 1961 als ich in der Frühe um 6-7 Uhr in die Kaserne eingeliefert wurde, wurden an mich verschiedene Fragen gestellt die ich verneinte.
Daraufhin wurde ich in ein anderes Lokal geführt, wo ich sofort mit Hände hoch stehen mußte, in dieser Position mußte ich von 7 Uhr früh bis 2 Uhr Nachmittag, um welche Zeit ich dann bis 6 Uhr abends in die Zelle gesperrt wurde. Dann ging es wieder von 6 Uhr abends bis 3 Uhr in der Früh gleich wie zuvor.
So mußte ich im ganzen 16 Stunden mit erhobenen Händen stehen. Als ich die Arme nicht mehr ganz in die Höhe halten konnte, riß man sie mir wieder empor, zu alldem wurde ich in dieser Zeit immer wieder im Gesicht in der Brust und am Rücken mit der flachen Hand oder den Fäusten geschlagen, zudem wurde ich immer wieder auf das gemeinste verspottet, nicht nur ich, sondern besonders auch unser ganzes Volk samt Führung, in der letzten Zeit der Mißhandlung war ich so mit meinen Kräften darnieder, daß ich mich nur mehr mit der größten Mühe aufrecht erhalten konnte.
Ich schwitzte und zitterte am ganzen Leibe und war so erschöpft, daß ich nur mehr einen Wunsch hatte, nämlich zu sterben. Als ich den Karabinieri sagte, sie sollen mich frisch umbringen, wurden sie erst recht prutal.
Beim späteren Verhör wurde mir immer wieder mit der Streckbank gedroht.
Dies entspricht alles der reinen Wahrheit und ich kann es gar nicht so schrecklich schildern, wie es in Wirklichkeit sich alles zugetragen hat.
Sepp Kerschbaumer, geb. am 9. 11. 1913 in Frangart“ (Wörtliche Wiedergabe des Originalbriefes. SVP-Archivalien, Landesarchiv Bozen)

Das Ende des Briefes

Wie es den Verhafteten und ihren Familien erging, schildert in sehr berührender Weise die Autorin Astrid Kofler in einer Dokumentation:

„In zwei, drei Tagen und Nächten sind die Männer andere geworden. Bei ihrem Anblick war jeder Vorwurf, der den Frauen auf den Lippen stand, wie weggewischt. Die Frauen hatten auch zu ertragen, dass ihre Männer gefoltert worden waren. Wenn sie den Brief liest, in dem ihr Mann die Folter beschreibt, sagt eine Häftlingsfrau, kommt ihr jetzt noch das Entsetzen, nach über 40 Jahren, nach hundertmal Lesen. Sepp Kerschbaumer, so erzählt seine älteste Tochter, die ihn als erste sehen durfte, ‚hat nur geweint‘“. (Astrid Kofler: „Zersprengtes Leben“, Edition Raetia 2003, S. 45f)

Mit ihm sein Land Tirol

Kerschbaumer weinte freilich nicht über sein eigenes Schicksal, er weinte über das Leid seiner Familie und das der anderen Häftlingsfamilien.
Im Ersten Mailänder Südtirolprozeß im Jahre 1964 wuchs Sepp Kerschbaumer als Hauptangeklagter über sich hinaus.
Er verwandelte das Gerichtsverfahren in ein Tribunal über die römische Politik in Südtirol und er beeindruckte damit nicht nur die deutschen und österreichischen Medien, sondern auch die Weltpresse.

Auch im Ausland begann man nun die Südtiroler Frage und den Freiheitskampf mit anderen Augen zu sehen.

Seinen inhaftierten Kameraden gab das Beispiel dieses Mannes die Würde wieder, die man ihnen in den Folterkammern zu rauben versucht hatte.
Alle Mitangeklagten, ausnahmslos, traten als stolze und freie Männer vor die Schranken des Gerichtes und verteidigten das Recht ihres Volkes.
Josef Fontana sagte später über Kerschbaumer:

„Er hat uns vor allem eines beigebracht, was wir schon fast verlernt hatten: den aufrechten Gang.“ (Elisabeth Baumgartner – Hans Mayr – Gerhard Mumelter: „Feuernacht“, Bozen 1992, S. 137)

Sepp Kerschbaumer wurde in Mailand am 16. Juli 1964 zu 15 Jahren und 11 Monaten Haft verurteilt und nach dem Prozess in das Gefängnis von Verona verlegt. Dort starb er am 7. Dezember 1964 im Alter von 51 Jahren – viel zu früh – der Herztod, für den wohl auch die erlittene Folter mit ursächlich gewesen war.

Sein Rechtsanwalt, Dr. Hermann Nicolussi-Leck aus Kaltern, fuhr nach Verona, um aus dem Gefängnis die wenigen privaten Habseligkeiten Kerschbaumers für dessen Familie abzuholen. Nicolussi-Leck berichtet darüber:

„Und wie ich diese paar Dinge einpacke, da ist der Gefängnisdirektor hergekommen und hat mich gefragt, ob er nicht einen der Rosenkränze haben dürfe, die der Kerschbaumer selbst gemacht hat. Sie waren aus Spagat hergestellt. Metall durfte ja nicht verwendet werden. Ich hab ihm einen gegeben und er hat ihn tiefbewegt zu sich genommen.“ (Elisabeth Baumgartner – Hans Mayr – Gerhard Mumelter: „Feuernacht“, Bozen 1992, S. 137)

Totenwache für Sepp Kerschbaumer - ein Kranz der Familie Klotz
Totenwache für Sepp Kerschbaumer – ein Kranz der Familie Klotz

So wie Kerschbaumers Auftreten vor Gericht geriet auch sein Begräbnis zur Anklage gegen den italienischen Staat. Sein Sarg wurde von ehemaligen Häftlingen getragen. Einer der vielen mitgetragenen Kränze trug die Aufschrift: „Mit ihm sein Land Tirol“. Mehr als 20.000 Menschen säumten in stiller Trauer und wohl auch in stillem Zorn Kerschbaumers letzten Weg von Frangart bis zu dem Friedhof in St. Pauls und schlossen sich dem Trauerzug an. Die „Dolomiten“ schrieben:

„So weit das Auge reichte, sah man nur eine wogende Menschenmenge, die die ganze Straßenbreite einnahm.“

Der Trauerzug erstreckte sich soweit das Auge reichte.
Der Trauerzug erstreckte sich soweit das Auge reichte.

Zu Kerschbaumers Begräbnis war neben dem Bürgermeister und dem Gemeinderat auch die hohe Politik gekommen: Landeshauptmann Magnago, Senator Sand, die Kammerabgeordneten Mitterdorfer, Dietl und Vaja sowie nahezu alle Landtagsabgeordneten. Es war wie eine dritte Volkskundgebung von Sigmundskron. In dem Friedhof hatte nur ein kleiner Teil der Trauergemeinde Platz. Zu Tausenden verharrten die Menschen in stillem Gebet vor den Friedhofsmauern. Als das das Lied vom Guten Kameraden und dann das Andreas Hofer – Lied erklangen, standen tausenden Menschen die Tränen in den Augen.

Dieses Bild Sepp Kerschbaumers, das ihn vor der Kulisse von Schloß Sigmundskron zeigt, ist heute als Postkarte in ganz Tirol weit verbreitet und erinnert an diesen selbstlosen und heldenhaften Mann.
Dieses Bild Sepp Kerschbaumers, das ihn vor der Kulisse von Schloß Sigmundskron zeigt, ist heute als Postkarte in ganz Tirol weit verbreitet und erinnert an diesen selbstlosen und heldenhaften Mann.

Der „Südtiroler Heimatbund“ will auf gehässige Polemiken italienischer Extremnationalisten nicht näher eingehen. Er erinnert aber die eigenen Landsleute daran, dass Sepp Kerschbaumer uns als geistiges Vermächtnis hinterlassen hat, stets für die Heimat und ihre Anliegen einzutreten. Dass dies nun im Rahmen und mit den Mitteln der Demokratie möglich ist, haben wir dem Opfer Kerschbaumers und seiner Mitstreiter zu verdanken.

 Ehre ihrem Andenken!

Roland Lang
Obmann des Südtiroler Heimatbundes (SHB)

Gedenkfeier in St. Pauls

Angesichts der behördlichen Auflagen für Versammlungen konnten der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB) und der „Südtiroler Schützenbund“ am 8. Dezember 2020 eine im Vergleich zu den vergangenen Jahren auf dem Friedhof in St. Pauls nur kleine für 70 Personen zugelassene Gedenkfeier zur Erinnerung an Sepp Kerschbaumer und seine Kameraden abhalten. Sie verlief jedoch äußerst würdig und rührte an die Herzen.

Die einführenden Worte sprach Roland Lang, der Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB):

„Wir verneigen uns vor Sepp Kerschbaumer. Er bleibt jenen, die ihn kannten, als aufrechter Tiroler in Erinnerung, der nicht mit ansehen konnte, wie die Italianisierung voranschritt und die Staatsgewalt nur ein Ziel kannte: die Südtiroler in ihrer angestammten Heimat in die Minderheit zu drängen und ihren Freiheitswillen zu unterdrücken.“

Links: Roland Lang, Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB). Rechts: Schützenmajor Renato des Dorides, stellvertretender Landeskommandant des „Südtiroler Schützenbundes“.
Links: Roland Lang, Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB). Rechts: Schützenmajor Renato des Dorides, stellvertretender Landeskommandant des „Südtiroler Schützenbundes“.

Nach einem einfühlsamen Wortgottesdienst von Pater Benedikt Sperl folgte die Gedenkrede des Landeskommandant-Stellvertreters des Südtiroler Schützenbundes Major Renato des Dorides. Er hatte in den 60er Jahren die Familien der gefangenen Freiheitskämpfer tatkräftig mit finanziellen Mitteln unterstützt.

Des Dorides forderte, dass der italienische Staat endlich einen versöhnlichen Schlussstrich unter das damalige tragische Geschehen ziehen möge:

„Wir gedenken heute auch der aktiven Freiheitskämpfer der 60er Jahre, die noch im Exil fern der Heimat leben und immer noch vom italienischen Staat verfolgt werden. Ihre Sehnsucht, die Heimat wieder zu sehen, für die sie gekämpft und ihr Leben riskiert haben, ihre Freunde und Nachbarn zu besuchen, an den Gräbern der Eltern und Familienangehörigen zu verweilen – diese große Sehnsucht berührt uns alle tief im Herzen.

Es ist Zeit, dass dieser sogenannte „demokratische Italienische Staat“ – in dem immer wieder Verbrecher, politische Attentäter und Mörder großmütig begnadigt werden, die noch wenigen im Exil lebenden Südtiroler Freiheitskämpfer nach über 50 Jahren Entbehrungen ohne weitere Verfolgung zurück in die Heimat lässt. Es wäre ein menschlicher Akt der Versöhnung von einem Staat, der sich vor aller Welt rühmt, vorbildlich für Freiheit, Demokratie, Völkerrecht und Menschlichkeit zu stehen“.

Dann spielte ein Musikant aus Eppan das Lied vom „Guten Kameraden“.

Am Gedenkstein für Sepp Kerschbaumer und seine Mitstreiter auf dem Friedhof in St. Pauls wurden dann Kränze niedergelegt. Gedacht wurde hierbei der Männer wie Franz Höfler, Anton Gostner, Luis Amplatz, Jörg Klotz, Kurt Welser und all jener Kameraden, die eine Strecke des Weges mit ihnen gegangen waren.

Die Schützenkompanie „Sepp Kerschbaumer“ aus Eppan feuerte die Ehrensalve ab.

Abschließend richtete Landeskommandant des „Südtiroler Schützenbundes“, Jürgen Wirth Anderlan einen mahnenden Appell an die Landespolitiker:

„Wir Südtiroler durften in diesem Jahr für ungefähr 70 Tage unser Heim nicht verlassen. Dann gibt es da noch drei Männer, die seit 19.000 Tagen ihr Heim nicht mehr betreten dürfen. Geschätzte Landesvertreter! Zeigt uns, dass ihr kein Rückgrat aus Gummi habt und holt Heinrich Oberleiter, Josef Forer und Siegfried Steger endlich heim. Viel Zeit habt ihr nicht mehr!“

Landeskommandant Wirth Anderlan bei seiner mahnenden Schlussrede.
Landeskommandant Wirth Anderlan bei seiner mahnenden Schlussrede.

Abgeschlossen wurde die sehr würdige Gedenkfeier mit der Tiroler Landeshymne und der österreichischen Bundeshymne.

Wir werden sehen, um mit Landeskommandant Wirth Anderlan zu sprechen, über welches Rückgrat die Landespolitiker verfügen und welche dieser Volksvertreter sich für die in der Verbannung lebenden Landsleute einsetzen werden. 

(Bilder: SHB und Südtiroler Schützenbund)




Es ging um die Bewahrung der Kriegsbeute „Alto Adige“

Wie die Südtiroler 1945 und 1946 mithilfe von Terror wieder unter die italienische Herrschaft gezwungen wurden

Dieser Tage ist im Südtiroler EFFEKT-Verlag ein neues Buch erschienen, welches Aufsehen erregt:

Helmut Golowitsch: „Repression – Wie Südtirol 1945/46 wieder unter das Joch gezwungen wurde“

Mit einem Vorwort von Dr. Franz Pahl, ehem. SVP-Landtagsabgeordneter und Präsident des Regionalrats der Region Trentino-Südtirol.

Der Historiker Dr. Helmut Golowitsch hat bislang weitgehend unbekannte Dokumente in den Landesarchiven Nord- und Südtirols sowie im Österreichischen Staatsarchiv gefunden.

Erschütternde Zeitzeugnisse schildern ein dramatisches Geschehen der unmittelbaren Nachkriegszeit, das weitgehend in Vergessenheit geraten ist.

Die deutschen und ladinischen Südtiroler wurden nicht nur durch Kundgebungsverbote der Regierung in Rom, sondern auch durch behördlich geduldeten Terror bis hin zu Mordtaten weitgehend daran gehindert, öffentlich für die Selbstbestimmung einzutreten.

Für die politisch bestimmenden Kräfte in Italien ging es 1945 parteienübergreifend um die Bewahrung der Kriegsbeute aus dem Ersten Weltkrieg, um den Verbleib Südtirols bei Italien. Dieses Ziel verfolgte auch der vordergründig antifaschistische italienische „Befreiungsausschuss“ CLN („Comitato di Liberazione Nazionale“), der rasch auch ehemalige Faschisten in seine Reihen aufnahm, sich tatkräftig an der Repression der Südtiroler Bevölkerung beteiligte und die alte faschistische Entnationalisierungspolitik und die gezielte italienische Unterwanderung Südtirols fortzuführen begann.

Staatlich geduldeter Terror von „Nachkriegspartisanen“ und uniformierter Banditen trugen dazu bei, die Südtiroler Bevölkerung in Schach zu halten.

Während die damalige oberste Parteispitze der „Südtiroler Volkspartei“ sich unentschlossen und ängstlich verhielt, traten Fürstbischof Dr. Johannes Geisler, sein Kanonikus Michael Gamper, der gesamte Klerus und der SVP-Organisationsreferent Dr. Friedl Volgger und der junge SVP-Parteisekretär Dr. Toni Ebner unerschrocken öffentlich für die Wiedergewinnung der Landeseinheit Tirols ein. Leider vergeblich. Das ablehnende Diktat der alliierten Siegermächte wog schwerer.

Fürstbischof Dr. Johannes Geisler, Kanonikus Michael Gamper, Dr. Friedl Volgger und Dr. Toni Ebner traten unerschrocken für die Landeseinheit ein. Sie organisierten gegen den Willen der obersten Parteiführung der SVP die Unterschriftensammlung für die Rückkehr Südtirols zu Österreich, die mit den rund 155.000 Unterschriften so gut wie aller Wahlberechtigen einer Volksabstimmung gleichkam.
Fürstbischof Dr. Johannes Geisler, Kanonikus Michael Gamper, Dr. Friedl Volgger und Dr. Toni Ebner traten unerschrocken für die Landeseinheit ein. Sie organisierten gegen den Willen der obersten Parteiführung der SVP die Unterschriftensammlung für die Rückkehr Südtirols zu Österreich, die mit den rund 155.000 Unterschriften so gut wie aller Wahlberechtigen einer Volksabstimmung gleichkam.

Ein erklärendes Video zu dem Buch „Repression“, weitere Informationen des Verlages und allenfalls Buchbestellung direkt beim Effekt-Verlag.

Der Autor

Dr. Helmut Golowitsch, geb. 1942, studierte Publizistik und Volkskunde in Wien; anschließend langjährige journalistische Tätigkeit. Als Zeithistoriker hat er zahlreiche Arbeiten zur Zeitgeschichte Südtirols publiziert, so u. a. über das Zustandekommen und die Hintergründe des Pariser Vertrags von 1946, den Gebirgskrieg am Ortler 1915–1918 sowie den Südtiroler Freiheitskampf der 1960er Jahre. Zuletzt sind drei von ihm verfasste zeitgeschichtliche Darstellungen über die jüngere Geschichte Südtirols bis zur Gegenwart erschienen. Jetzt liegt die erschütternde und spannende Dokumentation „Repression“ vor.

Über die Neuerscheinung „Repression“ hat der Historiker und Publizist Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Olt einen Beitrag verfasst, der hier nachstehend wiedergegeben ist:

Unters Joch zwingen

 Wie Staaten usurpierte Völker zu entnationalisieren trachten, zeigt Helmut Golowitsch am Beispiel Südtirols

 von Reinhard Olt

„Um Völker auszulöschen, beginnt man damit, sie ihrer Erinnerung zu berauben. Man zerstört ihre Bücher, ihre Kultur, ihre Geschichte, ihre Symbole, ihre Fahne. Andere schreiben dann ihre Bücher, geben ihnen eine andere Kultur, erfinden für sie eine andere Geschichte und zwingen ihnen andere Symbole und eine andere Fahne auf. Danach beginnt das Volk zu vergessen, wer es gewesen ist, wenn nicht die geschichtliche Erinnerung von neuem geweckt wird.“

Als Gabriele Marzocco, der verstorbene wortmächtige Historiker und publizistische Streiter für die Wahrung ethnischer Identitäten zu dieser Feststellung gelangte, hatte er gewiss nicht allein seine neapolitanischen Mitbürger im Blick gehabt, für deren volkliche Eigenarten und Eigenständigkeit er sich in der von ihm gegründeten Zeitschrift „Nazione Napoletana“ vehement einsetzte. Selbstverständlich war ihm auch das Schicksal derer vertraut, die sich Italien insbesondere nach dem Ersten Weltkrieg einverleibte und – ganz gleich, ob in Rom faschistische Schwarzhemden oder demokratische Weißhemden bestimmten – seiner rücksichtslosen Entnationalisierungspolitik mit dem Ziel der „ewigen Italianità“ unterzog.

Markantestes Beispiel dafür ist der südliche Landesteil Tirols, den es 1918 besetzte, wegen seines 1915 vollzogenen Seitenwechsels im schändlichen „Friedensvertrag“ von Saint-Germain-en-Laye 1919 als Kriegsbeute zugesprochen bekam und 1920 auch förmlich annektierte. Das faschistische Italien suchte dann ab Oktober 1922 alles auszumerzen, was zwischen Brenner und Salurn auch nur im Entferntesten an die in Jahrhunderten entstandene deutsch-österreichische kulturelle Prägung erinnerte. Denn wer dem eigenen fremdes Territorium einverleibt, muss der angestammten Bevölkerung die Identität rauben, soll die Annexion Bestand haben.

Der Entnationalisierung sind die zugefügten immateriellen Schäden auf Dauer besonders förderlich, wenn zuvorderst die Umbenennung von Namen, die an Orten, Plätzen, Siedlungen, Wegen, Bächen, Flüssen und Bergen haften, angeordnet und – bis hin zu Vor- und Familiennamen, selbst auf Grabstätten – unerbittlich durchgesetzt wird. Seit der Machtübernahme Mussolinis war Südtirol Exerzierfeld römischer „Umvolkungspolitiker“. Unter seinem Getreuen Ettore Tolomei, der dies an der Spitze einer Gruppe fanatischer geistiger Eroberer von Bozen aus ins Werk setzte, wurde bis zum zweiten Seitenwechsel Italiens 1943 das gesamte Namensgut des „Alto Adige“ („Hoch-Etsch“) italianisiert. Mit den willkürlich gebildeten identitätsverfälschenden Namen sollte der fremdgeprägte Kulturraum nicht etwa nur geistig Italien unterworfen werden, sondern nach außen hin wurde der sprachliche Vergewaltigungsakt als „Re-Italianisierung“ ausgegeben.

Mitteilung der Zeitung „Der Landsmann“ (Vormals „Der Tiroler“) vom 24. Oktober 1925 über den zwingend vorgeschriebenen Gebrauch der italienischen Ortsnamens-Erfindungen
Mitteilung der Zeitung „Der Landsmann“ (Vormals „Der Tiroler“) vom 24. Oktober 1925 über den zwingend vorgeschriebenen Gebrauch der italienischen Ortsnamens-Erfindungen

Dafür musste, neben dem prinzipiellen Verbot der deutschen Sprache in der Öffentlichkeit, in Ämtern, auf Behörden, in Zeitungen, Zeitschriften und sonstigen Publikationen, vor allem das Schulwesen herhalten, wo der faschistisch-brachiale Umerziehungsfuror am rigorosesten wütete. Die von einer Autorengruppe unter Ägide des vom Verein Südtiroler Geschichte zusammengestellte und in einem im effekt!-Verlag (Neumarkt/Etsch) unlängst als Buch erschienene Dokumentation, veranschaulicht dies, versehen mit aussagestarken authentischen Beispielen, die auch für Gegenwart und Zukunft Mahnung sind, auf prägnante Weise. Im  Buchtitel „Die Deutschen brauchen keine Schulen“ steckt der Hauptteil einer bereits ein Jahr nach der Einverleibung Südtirols in den italienischen Staatsverband vom damaligen italienischen Vizepräfekten der Provinz Bozen, Giuseppe Bolis, getätigten symptomatischen Äußerung, die gleichsam als Richtlinie für das  faschistische Erziehungswesens galt: „Die Deutschen brauchen keine Schulen, und wir brauchen auch keine Deutschen“.

Als sich alle kolonialistischen Zwangsmaßnahmen, die Bevölkerung des „Hochetsch“ („Alto Adige“, gemäß damals verordneter, alleingültiger Benennung) zu assimilieren, als fruchtlos erwiesen, zwangen die „Achsenpartner“ Mussolini und Hitler die Südtiroler in einem perfiden Abkommen, entweder für das Reich zu optieren und über den Brenner zu gehen oder bei Verbleib in ihrer Heimat schutzlos der gänzlichen Italianità anheim zu fallen. Obschon die meisten für Deutschland optierten, verhinderte der Zweite Weltkrieg die kollektive Umsiedlung. 1946 lehnten die Alliierten die Forderung nach einer Volksabstimmung in Südtirol ab. Woraufhin sich in Paris die Außenminister Österreichs und Italiens auf eine Übereinkunft verständigten, von welcher  Bozen, Innsbruck und Wien die verbriefte Gewähr für die autonome Selbstverwaltung des Gebiets sowie den Erhalt der Tirolität seiner Bevölkerung gesichert wissen glaubten.

Doch Alcide DeGasperi bog die im Abkommen mit Karl Gruber vom 5. September 1946 gegebenen Zusagen so um, dass die versprochene Autonomie nicht speziell für die Provinz Bozen, sondern für die Region Trentino-Alto Adige galt, in die beide Provinzen verbunden wurden. Das schiere Übergewicht des italienischen Bevölkerungselements bewirkte zwangsläufig die Majorisierung des deutsch-österreichischen sowie des ladinischen Tiroler Volksteils und führte die für Bozen eigenständig auszuüben versprochene politisch-administrative und kulturelle Selbstverwaltung ad absurdum.

Das Niederhalten der Südtiroler durch Terror – dokumentiert anhand bislang unveröffentlichter Zeugenberichte

Schon als sich die Niederlage NS-Deutschlands in Umrissen abgezeichnet hatte, setzten im Gebiet der „Operationszone Alpenvorland“, zu der das südliche Tirol nach Absetzung Mussolinis und Seitenwechsels Italiens 1943 gehörte, italienische Partisanen aus dem „befreiten Italien“  alles daran, Fakten zu schaffen, welche von vornherein für die Zeit nach Kriegsende den Verbleib Südtirols im Stiefelstaat  gewährleisten sollten. Es ist das bleibende Verdienst des Historikers Helmut Golowitsch, anhand einer Fülle archivierten Materials in seinem soeben erschienenen Buch „Repression. Wie Südtirol 1945/46 wieder unter das Joch gezwungen wurde“ (Neumarkt/Etsch, Effekt! Verlag 2020, ISBN-9788897053682)   eindrücklich und mustergültig dokumentiert zu haben, wie diese Insurgenten operierten, um die Südtirol-Frage auf ihre Art und Weise ein für alle Mal zugunsten des abermaligen Kriegsgewinnlers Italien zu beantworten.

Bislang unbekannte Berichte betroffener Terror-Opfer, welche damals von Pfarrämtern und SVP-Ortsgruppen protokolliert und als Originale oder Kopien auf gefährlichen Wegen über die Berge nach Nordtirol gebracht worden waren
Bislang unbekannte Berichte betroffener Terror-Opfer, welche damals von Pfarrämtern und SVP-Ortsgruppen protokolliert und als Originale oder Kopien auf gefährlichen Wegen über die Berge nach Nordtirol gebracht worden waren

Man fragt sich, warum diese zum einen im Bozner, zum andern im Innsbrucker Landesarchiv sowie nicht zuletzt im Österreichischen Staatsarchiv zu Wien frei zugänglichen Sammlungen authentischer Berichte aus dem während des faktischen „Interregnums“ von massiven Repressalien überzogenen südlichen Landesteil Tirols sich unbesehen in dunklen Archivmagazinen befanden, bis sie der Publizist ans Licht hob, minutiös aufbereitete und 75 Jahre nach Kriegsende der (zumindest interessierten) Öffentlichkeit jetzt präsentiert.

Und kann sich eigentlich nur eine naheliegenden Antwort geben, nämlich dass die herkömmliche (und zumindest in Teilen ideologisch dogmatisierende universitäre) Zeitgeschichtsforschung zum Südtirol-Konflikt dieses authentischen Quellenmaterial ignorierte, weil dessen bestürzender Inhalt der in der Zunft dominanten zeitgeistigen politisch-korrekten „Opinio comunis“, insbesondere hinsichtlich einer quasi kanonisierten Betrachtungen über „bella Italia“, zuwiderläuft.

Wie stellt sich nun das Ergebnis der Kärrnerarbeit Golowitschs für uns Nachgeborene dar, und welche gewinnbringende Erkenntnis vermögen wir daraus zu ziehen? Gegen Kriegsende keimte in Südtirol die Hoffnung auf Wiederangliederung an Nord- und Osttirol und damit auf Rückkehr zu Österreich. Alle Kundgebungen, auf denen diesem Wunsch Ausdruck gegeben werden sollten, liefen den Interessen der westlichen Siegermächte zuwider, die, den niedergehenden „Eisernen Vorhang“ und den auf Stalins rigider Machtpolitik zur Absicherung des Moskowiter Vorhofs dräuenden Ost-West-Konflikt vor Augen, Italien, wo zudem die KPI zusehends an Anhängerschaft gewann, in ein Bündnis einbauen wollten, weshalb insbesondere Washington die römische Politik tatkräftig unterstützte. Mithin unterlagen in Südtirol alle Bemühungen, dem Wiedervereinigungsverlangen öffentlich Stimme und Gewicht zu verleihen, den vom amerikanischen Militär angeordneten Kundgebungsverboten. Überdies wurden alle Versuche, die zum Ziel hatten, weithin vernehmlich einzutreten für die Selbstbestimmung und für das Recht, sie zu ermöglichen, durch behördlich geduldete Terroraktionen gegen die Bevölkerung unterbunden.

Der Terror importierter „Nachkriegspartisanen“ und uniformierter Plünderer

Carabinieri und Alpini in Südtirol schritten nicht gegen den Terror ein - Uniformierte beteiligten sich zum Teil sogar daran
Carabinieri und Alpini in Südtirol schritten nicht gegen den Terror ein – Uniformierte beteiligten sich zum Teil sogar daran

An massiven Übergriffen auf Proponenten von Selbstbestimmung und Rückgliederung  sowie gegen die prinzipiell zu Nazis gestempelten deutsch- österreichischen und ladinischen Bevölkerungsteile Südtirols waren neben marodierenden und gleichsam in Banden umherziehenden Trägern italienischer Uniformen vor allem auch Angehörige des sich „antifaschistisch“ gebenden italienischen Befreiungsausschusses  CLN (Comitato di Liberazione Nazionale) beteiligt. In dessen „Resistenza“-Formation reihten sich vormalige Faschisten ein, die rasch die Montur, aber nicht die Stoßrichtung gewechselt hatten, nämlich die beschleunigte Fortführung der Unterwanderung mit dem Ziel der unauslöschlichen Verwandlung Südtirols in einen in jeder Hinsicht rein italienischen Landstrich.

Italienische Bewaffnete zu Kriegsende - unter ihnen zahlreiche „Nachkriegspartisanen“
Italienische Bewaffnete zu Kriegsende – unter ihnen zahlreiche „Nachkriegspartisanen“

Im Mittelpunkt der Publikation Golowitschs stehen daher die gegen Personen(gruppen) und Sachen verübten Gewalttaten sowie die im südlichen Tirol zwischen (den Wirren und der eher unübersichtlichen Lage bis zum) Kriegsende 1945 und der Entscheidung der alliierten Außenminister vom 1. Mai 1946, die Forderung Österreichs nach Rückgliederung Südtirols abzuweisen, insgesamt obwaltende Repression. „Nachkriegspartisanen“ sowie Gewalttäter aus den Reihen des die amerikanischen Besatzungstruppen ablösenden italienischen Militärs, wie etwa der „Kampfgruppe Folgore“ und der „Kampfgruppe Friuli“, bedrohten die deutsche und ladinische Bevölkerung, plünderten, raubten, mordeten ungesühnt und hielten damit die aus persönlichem Erleben wie kollektiver Erfahrung seit 1918 eher verängstigte Südtiroler Bevölkerung nieder.

Soldaten der Kampfgruppe „Folgore“ - auf Deutsch: „Blitz“
Soldaten der Kampfgruppe „Folgore“ – auf Deutsch: „Blitz“

Mit sozusagen von oben begünstigtem, weil staatlich gebilligtem Terror konnte daher im „demokratischen Italien“ die nahezu bruchlose Fortführung der faschistischen Politik einhergehen.

Es gab eine Reihe Südtiroler Mordopfer. Die an ihnen begangenen Untaten wurden nie gesühnt.
Es gab eine Reihe Südtiroler Mordopfer. Die an ihnen begangenen Untaten wurden nie gesühnt.

Die Refaschisierung des Landes

Frühere Faschisten wurden weithin in ihre vormals bekleideten Ämter und Funktionen wiedereingesetzt, sodass sich im öffentlichen Leben allmählich eine faktische Refaschisierung einstellte. Golowitschs Dokumentation fördert klar zutage, wie eben just ab 1945 die römische Zwischenkriegspolitik des Ethnozids im neuen, aber kaum anders gestrickten Gewande fortgesetzt wurde. Deren Bestimmung war es, durch staatlich geförderte Zuwanderung aus dem Süden Italiens die zuvor von Mussolini und seinen Getreuen bis an die „Grenze des Vaterlandes“, wie es das geschichtsfälschende faschistische „Siegesdenkmal“ in Bozen propagierte,  ins Werk gesetzte Auslöschung der deutschen und ladinischen Teile des Tiroler Volkskörpers zu vollenden und das Land an Eisack und Etsch gänzlich der Italianità anzuverwandeln.

Um nur eines von vielen markanten Beispielen aus der Fülle der in der Dokumentation ausgebreiteten  zeitgenössischen Zeugnisse zu nennen, sei hier jener aufschlussreiche Vermerk vom September 1945 erwähnt, worin es heißt, die am 8. Mai 1945 gegründete (und bis heute im Lande dominante) Südtiroler Volkspartei (SVP) habe wöchentlich mehrere Überfälle, Diebstähle, Raub, Plünderung und Mord bezeugende Tatberichte erhalten. Der „Volksbote“, das SVP-Parteiorgan, meldete am 21. März 1946, in einer einzigen Eingabe an die zuständigen Behörden seien 60 teils blutige, teils unblutige Überfälle aufgezählt gewesen.

Die nach Innsbruck auf gefährlichen Wegen verbrachten Berichte enthüllen ein erschütterndes Geschehen.
Die nach Innsbruck auf gefährlichen Wegen verbrachten Berichte enthüllen ein erschütterndes Geschehen.

Eine geduckte politische Führung in Südtirol – nur der Klerus stellte sich auf die Seite des Volkes

Zu denen, die derartige Geschehnisse ereignis- und ablaufgetreu wiedergaben sowie nicht selten selbst schriftlich festhielten, in Berichtsform abfassten und an sichere Gewährsleute übergaben, die sie nach Innsbruck brachten, gehörten in vielen Fällen katholische Geistliche.

Die Geistlichkeit rief zu „Gebetsstürmen“ und Wallfahrten für die Landeseinheit auf. (Bericht in der „Tiroler Tageszeitung“ vom 20. April 1946)
Die Geistlichkeit rief zu „Gebetsstürmen“ und Wallfahrten für die Landeseinheit auf. (Bericht in der „Tiroler Tageszeitung“ vom 20. April 1946)

So gut wie alle Ortspfarrer Südtirols unterschrieben Petitionen, in denen die Wiedervereinigung Tirols und die Rückkehr zu Österreich gefordert wurden.
So gut wie alle Ortspfarrer Südtirols unterschrieben Petitionen, in denen die Wiedervereinigung Tirols und die Rückkehr zu Österreich gefordert wurden.

Indes fördert Golowitschs Publikation auch von Ängstlichkeit, Unterwerfung und Arrangement hervorgerufene Leisetreterei zutage, die sich nicht anders denn als politisches Fehlverhalten charakterisieren lässt. So fürchteten Parteigründer und erster SVP-Obmann Erich Amonn und sein Parteisekretär Josef Raffeiner eigener Aussage zufolge für den Fall, dass sie die ihnen aus Ortsgruppen ihrer Partei zugegangenen Tatberichte öffentlich gemacht hätten, Anklage und Verurteilung wegen des strafbewehrten Delikts „Schmähung der italienischen Nation und der bewaffneten Streitkräfte“ aus dem trotz Regimewechsels nach wie vor in Kraft befindlichen faschistischen „Codice Penale“. Weshalb Sie die Berichte zwar verwahrten, aber verschwiegen. Selbst Vertreter der alliierten Siegermächte, die ja der Form nach die eigentliche Gewalt im Lande hätten innehaben und ausüben müssen, wozu gehört hätte, die offenkundigen italienischen Umtriebe zu unterbinden, setzten sie nur mündlich davon in Kenntnis und konnten allenfalls ein Achselzucken erwarten.

Dasselbe gilt, wie Golowitsch darlegt, auch für Politiker der unter Viermächte-Statut der alliierten Besatzer stehenden und zwischen 27. April und 20. Dezember 1945 gebildeten Provisorischen Regierung zu Wien, der, unter Leitung des sozialistischen Staatskanzler Karl Renner, zu gleichen Teilen Vertreter von ÖVP, SPÖ und KPÖ angehörten. Und ganz besonders gilt es für die aus der ersten Nationalratswahl (25.11.1945) hervorgegangene und vom 20. 12. 1945 bis 8.11. 1949 amtierende Regierung unter ÖVP-Kanzler Leopold Figl mit sieben Ministern der ÖVP, fünf Ministern (ab 24.11.1947 deren sechs) der SPÖ und (bis 24.11.1947) einem von der KPÖ gestellten Minister.

Viele der Berichte über die Vorgänge in Südtirol gelangten im Original oder in Abschrift nach Nordtirol und von dort auch zur Kenntnis der in Wien Regierenden,  zumal da der auf das Engste mit der Causa „Zukunft Südtirols“ vertraute Außenminister Karl Gruber (ÖVP) Tiroler (mit Wohnsitz in Innsbruck) war. In Wien machte man, auf die Wünsche vor allem der amerikanischen und britischen Besatzungsmächte Rücksicht nehmend, die ja mit den Kommandantura-Sowjets – als den misstrauischsten und sich stets als gegnerische Macht gebärdenden Besatzern – auskommen mussten, den Inhalt der Südtiroler Berichte nicht zugänglich, um öffentliche Sympathiebekundungen für die Südtiroler  und eventuell damit verbundene Aufwallungen gar nicht erst aufkommen zu lassen. Am 5. September 1946, wenige Monate nach Amtsantritt Figls, traf Gruber in Paris jene Vereinbarung mit DeGasperi, die für den von den Siegermächten bestimmten Verbleib Südtirols bei Italien und die damit eingeläutete Nachkriegsentwicklung maßgeblich sein sollte.

Fazit: Wer die dadurch und in den Folgejahren hervorgerufenen Enttäuschungen der Südtiroler Bevölkerung ob ihrer neokolonialistischen Unterjochung durch Rom und ihre zunächst hilflose Wut bis hin zur auch gewaltbereiten und gewalttätigen Auflehnung idealistischer Aktivisten des Befreiungsausschusses Südtirol (BAS) vom Ende der 1950er bis hin in die 1970er Jahre sozusagen von der Wurzel her begreifen will, kommt an Golowitschs höchst ansehnlicher und zutiefst beeindruckender Dokumentation nicht vorbei.

Verlag Effekt! Neumarkt/Südtirol 2020  www.effekt.tirol
ISBN 978-88-97053-68-2
540 Seiten, Preis: EURO 28,90 €

Weitere Informationen des Verlages und allenfalls Buchbestellung hier: https://repression.effekt.tirol/

Zur Person des Rezensenten:

Prof. Dr. phil. Dr. h.c. Reinhard Olt war 27 Jahre politischer Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z.) und von 1994 bis 2012 deren Korrespondent in Wien für Österreich, Ungarn, Slowenien, zeitweise auch für die Slowakei.

Daneben nahm er Lehraufträge an deutschen, österreichischen und ungarischen Hochschulen wahr. Seit 1990 ist er Träger des Tiroler Adler-Ordens, seit 2013 des Großen Adler-Ordens. 1993 erhielt er den Medienpreis des Bundes der Vertriebenen (BdV). 2003 zeichnete ihn der österreichische Bundeskanzler mit dem Leopold-Kunschak-Preis aus, und der österreichische Bundespräsident verlieh ihm den Professoren-Titel. 2004 wurde er mit dem Otto-von-Habsburg-Journalistenpreis für Minderheitenschutz und kulturelle Vielfalt geehrt und ihm das Goldene Ehrenzeichen der Steiermark verliehen. 2012 promovierte ihn die Eötvös-Loránt-Universität in Budapest zum Ehrendoktor (Dr. h.c.), verbunden mit der Ernennung zum Professor, und 2013 verlieh ihm der österreichische Bundespräsident das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst.

Im Jahre 2017 erschien das reich bebilderte und spannend zu lesende Dokumentarwerk: Reinhard Olt: „Standhaft im Gegenwind. Der Südtiroler Schützenbund und sein Wirken für Tirol als Ganzes“




Vereintes Tirol als „Europaregion“ – eine Schimäre

Der aus dem Altgriechischen stammende Begriff „Schimäre“ bezeichnet ein unwirkliches Fabelwesen, das als Trugbild in Erscheinung tritt und den Menschen das Hirn vernebelt.

Nach Auffassung des Historikers und Publizisten Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Olt handelt es sich bei der „Europaregion Tirol“ um eine solche Schimäre. Darüber hat er dankenswerterweise nachstehenden Beitrag zur Verfügung gestellt:

 (Bilder und Bildtexte beigestellt durch SID)

von Reinhard Olt

Niemand fasste die Malaise in treffendere Worte als der vormalige Landeskommandant der Südtiroler Schützen: Dass er seit nunmehr hundert Jahren zum italienischen Staat gehöre, sei für den südlichen Teil Tirols negativ. Demgegenüber müsse, wer einen ungetrübten Blick auf die Geschichte werfe, das Positive darin erkennen, dass „wir nicht von italienischen Politikern, italienischer Verwaltung und italienischen Gewohnheiten, die wir uns angeeignet haben, abhängig waren, als Tirol noch eins war“. Elmar Thaler nahm die alljährlich im Februar stattfindende Landesgedenkfeier für den Volkshelden Andreas Hofer in Meran seinerzeit zum Anlass, um „überbordende Gesetze, ausufernde Bürokratie, Schikanen gegenüber Betrieben, Beschlagnahme von Autos, nur weil ein ausländisches Kennzeichen drauf ist“, zu kritisieren, denen seine Landsleute unterworfen seien.

Der Schützenkommandant Elmar Thaler hinterfragte kritisch die „Europaregion“
Der Schützenkommandant Elmar Thaler hinterfragte kritisch die „Europaregion“

Nicht allein das – als einige Tage zuvor 30 Zentimeter Neuschnee und einige Lawinen den Verkehr über den Brenner lahmgelegt hatten, sodass zwischen Innsbruck und Trient (vice versa) für nahezu 30 Stunden so gut wie nichts mehr ging, habe „jeder, egal ob in Nord- oder Südtirol, dem anderen die Schuld gegeben“, sagte Thaler. Zurecht fragte der damals ranghöchste Repräsentant des nach wie vor uneingeschränkt für die Tiroler Landeseinheit einstehenden Südtiroler Schützenbundes (SSB), wo denn in der winterlichen Notsituation die angeblichen Segnungen der seit einem Vierteljahrhundert in Sonntagsreden vielbeschworenen „Europaregion Tirol“ ihren Niederschlag gefunden hätten.

Fehlanzeige – dieses Gebilde existiere lediglich auf dem Papier; es sei bei den Politikern, die stets davon sprächen, noch nicht angekommen, und beim Volk schon gar nicht, resümierte Thaler. Und was sich im Zusammenhang mit dem „Flüchtlings‘“-Zustrom sowie soeben mit der Corona-Pandemie zutrug/zuträgt bestätigt den Sachverhalt.

Ein niederschmetternder Befund

Das ist ein niederschmetternder Befund, der von der überwiegenden Mehrheit  aller Tiroler zwischen Kufstein und Salurn sowie aller Welschtiroler (Bewohner des Trentino) zwischen Kronmetz (Mezzocorona) und Borghetto geteilt werden dürfte, sofern diese überhaupt etwas mit diesem Begriff respektive dessen schlagwortartiger Verkürzung „Euregio Tirol“ anzufangen wissen.

Diese Skepsis sieht sich in der Umfrage „Jugend und Politik“ des Südtiroler Statistik-Instituts ASTAT vom August 2017 bestätigt, welche ergab, dass sich lediglich 17,1 Prozent der Personen im Alter bis zum 30. Lebensjahr für die „Euregio-Ebene“ interessier(t)en. Dies wiederum ist Beleg genug dafür, dass besagtes Gebilde ohne inhaltliche Tiefe ist und offenkundig weit unter dem bleibt, wofür es stehen und was es eigentlich erbringen soll(te).

Südtirols Jugendliche - hier auf einem Ferienlager des Südtiroler Schützenbundes - können mit der „Euregio“ nur wenig anfangen
Südtirols Jugendliche – hier auf einem Ferienlager des Südtiroler Schützenbundes – können mit der „Euregio“ nur wenig anfangen

Am 1. Januar 1995 war Österreich der Europäischen Union (EU) beigetreten. Damit eröffneten sich neue Chancen und Möglichkeiten in der Südtirol-Politik. Die Teilhabe am EU-Binnenmarkt sowie der 1997 vollzogene  Beitritt zum Schengener Abkommen beendeten trotz formellen Erhalts der Staatsgrenze zwischen den beiden Tiroler Landesteilen das zuvor gängige Grenzregime, womit die historisch stets als „Schandgrenze“ empfundene Teilungskonsequenz aus der aus dem italienischen Seitenwechsel im Ersten Weltkrieg erlangten Kriegsbeute in ihrer Wirkung erheblich an Trennschärfe verlor. Wenngleich der institutionelle Abbau der Grenze eine erhebliche Erleichterung des Alltagslebens auf beiden Seiten sowie eine Intensivierung des grenzüberschreitenden Verkehrs zur Folge hatte, ist das damit von der Politik beidseits des Brenners wie im Mantra beschworene „Zusammenwachsen“ der Landesteile bisher allenfalls ein frommer Wunsch geblieben.

Zusammenwachsen der Landesteile?

Parallel zu den grundstürzenden Veränderungen, welche nach dem Kollaps des Kommunismus, dem Fall der Mauer in Berlin und der Beseitigung des Drahtverhaus quer durch Europa sowie dem Untergang der Sowjetunion und der Auflösung Jugoslawiens die politische Geographie neu zeichneten, stellte man in den Landtagen Tirols und Vorarlbergs sowie Südtirols und des Trentino Überlegungen an, wie man sich möglichst in institutionalisierter Form zunutze machen könnte, was sich – über die nach dem Pariser Vertrag von 1946 zwischen Österreich und Italien mühsamen errungenen sogenannten Accordino-Vereinbarungen (Anmerkung: Abkommen über Warenaustausch, geltend für Tirol, Süd- und Welschtirol) hinaus – an „regionaler Subsidiarität“ bot, wie sie schon EG-Europa begrenzt zuließ.

Insbesondere der 1992 errichtete Vertrag von Maastricht (aus der EG wurde die EU) schuf mit seinem inkorporierten – aber nie politisch konsequent verwirklichten – Konzept eines „Europas der Regionen“ die Voraussetzungen für das inhaltlich und institutionell nur rudimentär ausgefüllte Projekt der „Euregio Tirol“.

Die Idee dazu war am 21. Mai 1991 im Rahmen einer gemeinsamen Sitzung der Landtage der österreichischen Bundesländer Tirol und Vorarlberg sowie der beiden (seit De Gasperis Verwässerung des Pariser Vertrags von 1946 im 1. Autonomiestatut 1948 in einer Region zwangsvereinigten) italienischen Provinzen Südtirol und Trient geboren worden. Obwohl sich Vorarlberg nach der zweiten gemeinsamen Sitzung am 2. Juni 1993 daraus zurückzog, begannen die entsandten Delegierten, das Konzept sukzessiv weiterzuentwickeln. Im Mittelpunkt stand dabei insbesondere die weitere Ausgestaltung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit. Dies schlug sich im 1996 vorgestellten Statut über die künftige politische Marschroute sowie die institutionelle Ausgestaltung der Europaregion Tirol nieder.

Rom legt sich quer

Um den von Beginn an vorherrschenden römischen Vorwurf der Sezession zu entkräften, bewegte sich die institutionelle Ausgestaltung strikt innerhalb geltender verfassungsrechtlicher Rahmenbedingungen sowie auf dem völkerrechtlichen Grundsatz des am 21. Mai 1980 getroffenen Madrider Rahmenübereinkommens bezüglich grenzüberschreitender Zusammenarbeit von Gebietskörperschaften.

Zur Vermeidung von Problemen mit der italienischen Regierung nahm man – zunächst – Abstand von der ursprünglichen Idee, die Europaregion als öffentliche Körperschaft mit eigener finanzieller Ausstattung und Völkerrechtssubjektivität einzurichten.

Die Initiatoren erhofften, dass durch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in Wirtschaft und Politik nicht nur die wirtschaftliche Prosperität der Regionen, sondern damit auch eine Stärkung des Autonomie- und Föderalismusprinzips auf nationaler und EU-Ebene einhergehen würde.

Und insbesondere in Innsbruck und Bozen verband man mit der Europaregion die Hoffnung, dass die Kooperation nicht nur dem soziokulturellen „Auseinanderdriften“ der Landesteile Einhalt gebieten würde, sondern sogar das Gefühl der gemeinsamen Identität wiederaufleben ließe. So beriefen sich führende Politiker beider Landesteile verstärkt auf gemeinsame Herkunft sowie Identität und begrüßten zugleich den faktischen Abbau der trennenden „Unrechtsgrenze“ im Rahmen der Europaregion.

„Sezessionismus, Irredentismus, Pangermanismus“

Dies führte sogleich dazu, dass von den damaligen italienischen Regierungsparteien nicht etwa nur die – aus dem neofaschistischen MSI hervorgegangene – Alleanza Nazionale (AN) unter Fini, sondern auch die von Ministerpräsident Silvio Berlusconi geführte Forza Italia (FI)  immer wieder den reflexartigen Vorwurf des Sezessionismus/Irredentismus erhoben.

Die Partei „Alleanza Nazionale“ (AN) des Außenministers Gianfranco Fini, der auf Wahlplakaten mit dem „Saluto Romano“ - dem faschistischen Gruß - zu sehen war, machte bei jeder Gelegenheit Front gegen die Südtiroler.
Die Partei „Alleanza Nazionale“ (AN) des Außenministers Gianfranco Fini, der auf Wahlplakaten mit dem „Saluto Romano“ – dem faschistischen Gruß – zu sehen war, machte bei jeder Gelegenheit Front gegen die Südtiroler.

Aus anfangs vereinzelten Vorwürfen entwickelte sich ein breiter Proteststurm in Rom, der 1995 in einen handfesten politischen Konflikt mündete. Auslöser war die Absicht der drei Europa-Regionisten, ein gemeinsames Verbindungsbüro in Brüssel einzurichten, um selbständig und überzeugtermaßen effektiver die eigenen regionalen Interessen gegenüber den EU-Institutionen vertreten zu können.

Obwohl Innsbruck ebenso wie Bozen und Trient versicherten, dass man allein föderalistische Absichten verfolge, da das Büro auf ausschließlicher Grundlage von EU-Rechtsbestimmungen geschaffen werde, geriet insbesondere die Südtiroler Landesregierung ins Kreuzfeuer Roms.

Selbst von höchster Ebene wurden offene Vorwürfe oder gar Drohungen gegenüber der Landesregierung geäußert. So etwa von der Generalstaatsanwaltschaft in Trient, die die Südtiroler der „zunehmenden Staatsfeindlichkeit“ bezichtigte. Auch Staatspräsident Luigi Scalfaro drohte Bozen offen an, etwaige Sezessionsabsichten stellten einen evidenten Verstoß gegen die Verfassung dar und zögen schwerwiegende Konsequenzen nach sich. Im internen Jahresbericht des italienischen Innenministeriums wurde das Verbindungsbüro als „provozierend“ und „subversiv“ eingestuft, und zufolge von Anzeigen mehrerer rechter italienischer Parteien, besonders aus deren Südtiroler Dependancen, wonach mit der Europaregion die „Zerstörung der Einheit Italiens“ oder „die Rückgliederung Südtirols nach Österreich“ angestrebt werde, wies Ministerpräsident Lamberto Dini die Staatsanwaltschaft in Rom an, den Vorwürfen nachzugehen. Wenngleich selbst Büros von SVP-Abgeordneten durchsucht wurden, konnten die ermittelnden Staatsanwälte keine Indizien für den Vorwurf des Sezessionismus finden.

Schließlich musste der italienische Verfassungsgerichtshof anno 1997 die Rechtmäßigkeit des Büros anerkennen.

Wie die Internetseite http://www.alpeuregio.org/index.php/de/was-wir-tun zeigt, handelt es sich bei dem Brüsseler Büro um eine wenig revolutionäre Einrichtung.
Wie die Internetseite http://www.alpeuregio.org/index.php/de/was-wir-tun zeigt, handelt es sich bei dem Brüsseler Büro um eine wenig revolutionäre Einrichtung.

Wien verharrt in Passivität

Trotz dieses zwischen 1995 und 1997 das politische Klima zwischen Rom, Trient, Bozen und Innsbruck vergiftenden Konflikts vermied es die österreichische Regierung, zugunsten der Europaregion Tirol Partei zu ergreifen, sondern verharrte am Ballhausplatz in Passivität. In internen Aktenvermerken der Regierungen Vranitzky/Mock bzw. Vranitzky/Schüssel wurde kritisiert, Bozen und Innsbruck hätten es verabsäumt, Wien in ausreichendem Maße über das Vorhaben in Kenntnis zu setzen. Außenminister Alois Mock sowie sein Nachfolger Wolfgang Schüssel vermieden es, öffentlich Stellung zu nehmen. Ihre Partei ÖVP befleißigte sich der Zurückhaltung, wohingegen Grüne und Teile der in großer Koalition mit der ÖVP verbundenen Kanzlerpartei SPÖ sogar offen vor angeblichen Gefahren eines Wiedererstarkens des „pangermanistischen Nationalismus“ warnen zu müssen glaubten.

Lediglich die FPÖ sowie die Schützenverbände Tirols, Südtirols und Welschtirols sprachen sich geschlossen und eindeutig zugunsten der Europaregion aus. Die österreichischen Parteien spielten Italien faktisch in die Hände, indem Rom das Projekt mit dem Hinweis darauf, dass FPÖ wie Schützen zuvor offen das Recht auf Selbstbestimmung für Südtirol eingefordert hätten, als „Föderalismusprojekt von Rechtsaußen“ zu stigmatisieren trachtete, das dem „sezessionistischen Pangermanismus“ diene.

„Aufstand gegen Gleichgültigkeit“

Selbstdarstellung der „Euregio“ mit ihren drei damals amtierenden Landeshauptleuten im Internet, wo man sich durch den Besuch der Internetseite http://www.europaregion.info/de auch über die inhaltliche Qualität der „Euregio“ informieren kann.
Selbstdarstellung der „Euregio“ mit ihren drei damals amtierenden Landeshauptleuten im Internet, wo man sich durch den Besuch der Internetseite http://www.europaregion.info/de auch über die inhaltliche Qualität der „Euregio“ informieren kann.

Selbstdarstellung der „Euregio“ mit ihren drei damals amtierenden Landeshauptleuten im Internet, wo man sich durch den Besuch der Internetseite http://www.europaregion.info/de auch über die inhaltliche Qualität der „Euregio“ informieren kann.

Da es seit der Initiierung eher durch Konflikte mit Rom denn durch signifikante politische Erfolge aufgefallen war, erlangte das Projekt erst mit der nomenklatorischen Prägung „Europaregion Tirol Südtirol Trentino” wieder ein wenig Auftrieb, zumal da sich die drei Landesregierungen verstärkt seiner Erweckung aus dem „Dornröschenschlaf” widmeten.

Ziel war die Stärkung der „Achse Innsbruck-Bozen-Trient“ auf kultureller Ebene sowie der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in Politik und Wirtschaft. Im Kulturellen erhoffte man sich, den seit Jahrzehnten doch recht weit fortgeschrittenen Entfremdungsprozess südlich und nördlich des Brenners zu stoppen.

Obwohl das postulierte Ziel eines „Aufstands gegen die Gleichgültigkeit“ – am 21. Februar 2009 auf Schloss Tirol begrifflich geprägt vom damaligen Trentiner Landeshauptmann Lorenzo Dellai während einer gemeinsamen Sitzung der Landeshauptleute – an sich nicht neu war, erfuhr es in Bozen eine besondere Ausformung. In Anbetracht des Wählerzulaufs  zum oppositionellen Lager der Selbstbestimmungsbefürworter, welcher sich nicht allein in Wahlerfolgen von Süd-Tiroler Freiheit (STF) und Freiheitlicher Partei Südtirols (FPS) abzeichnete, wollte man mit dem Ausbau der Euregio ein alternatives Modell schaffen und möglichst attraktiv machen. So gaben insbesondere SVP und Nordtiroler ÖVP vor, mit der Intensivierung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit werde die politische Unabhängigkeit der Landesteile gegenüber Rom, Wien und Brüssel gestärkt, was dazu beitrage, dass die Teilung Tirols im „europäischen Geiste“ überwunden werde.

Außenminister Kurz: „Ewiggestrige“

Das Werben mit der politischen „Nord-Süd-Achse“ postulierten die Regierungsparteien in Bozen (SVP), Innsbruck (ÖVP) und Wien als „einzige realpolitische Alternative“ zur Freistaatslösung, wie sie die oppositionelle FPS vertritt, und zur Wiedervereinigung mit Tirol, mithin der Rückgliederung zu Österreich nach erfolgreicher Ausübung des Selbstbestimmungsrechts, wie sie die ebenfalls oppositionelle STF auf ihre Fahnen geschrieben hat. Zugleich erhoben die Regierungsvertreter gegenüber den Selbstbestimmungsparteien und -befürwortern scharfe Kritik. Diese nannte der damalige österreichische Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) seinerzeit „Ewiggestrige“, die vom „Aufziehen neuer Grenzen“ träumten.

Sebastian Kurz in der Südtiroler Tageszeitung „Dolomiten“ vom 3./4. Mai 2014.
Sebastian Kurz in der Südtiroler Tageszeitung „Dolomiten“ vom 3./4. Mai 2014.

Zugleich verstörten er und seine ÖVP mit der faktisch die Aufgabe des Selbstbestimmungsverlangens markierenden (und von der neuen SVP-Führung unter Philipp Achammer sowie Landeshauptmann Arno Kompatscher stillschweigend-freudig gutgeheißenen) Position alle patriotischen Kräfte, wonach mit der Südtirol-Autonomie „eine besondere Form der Selbstbestimmung verwirklicht“ sei.

Hinsichtlich einer besseren funktionellen  Zusammenarbeit in der „Euregio“ vereinbarten nunmehr die drei Landesregierungen, die bis dato als „träge“ geltenden Entscheidungsprozesse, wie sie etwa im Rahmen der Dreierlandtage gang und gäbe waren, durch neue effektivere und stärker institutionalisierte Mechanismen zu ersetzen. Wenngleich die Treffen der Landtage – trotz ihres gemeinsamen Zusammentretens im Zwei-Jahres-Rhythmus – durchaus einen politischen Fortschritt darstellten, war durch das dort geltende Einstimmigkeitsprinzip die Entscheidungsfindung erschwert. Daher vermied man es, im Rahmen dieses Gremiums strikt, politisch heikle Themen auf die Tagesordnung zu setzen. Dies wiederum führte dazu, dass die realpolitische Bedeutung der gemeinsamen Landtagssitzungen als sehr gering einzuschätzen war und lediglich einen symbolischen Zweck erfüllte. Daher entschieden sich die Landesregierungen am 15. Oktober 2009 zur Einrichtung des sogenannten „Europäischen Verbunds territorialer Zusammenarbeit“ (EVTZ), um die Europaregion mit eigener Rechtspersönlichkeit und damit auch größerer politischer Selbständigkeit auszustatten.

Die „Euregio“ als „EVTZ“

Darstellung der „EVTZ/Europaregion“ auf der Internetseite http://www.europaregion.info/de

Das Konzept fußt auf der Verordnung 1082/2006 des Europäischen Parlaments und verfolgt dabei Ziel und Zweck, „[…] regionalen und kommunalen Behörden (und auch nationalen Behörden in kleineren oder zentralisierten Ländern) sowie öffentlichen Unternehmen aus unterschiedlichen Mitgliedstaaten die Einrichtung von Verbünden mit eigener Rechtspersönlichkeit zur Lieferung gemeinsamer Leistungen“ im Rahmen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zu ermöglichen.

Die Südtiroler Tageszeitung „Dolomiten“ berichtete am 16. Oktober 2009, dass die Landesregierungen von Nord- und Südtirol sowie des Trentino namens der „Euregio" Maßnahmen wie gemeinsames Nachtfahrverbot, einheitliche Mauttarife etc. beschlossen hatten. Davor musste sich Rom freilich nicht fürchten.
Die Südtiroler Tageszeitung „Dolomiten“ berichtete am 16. Oktober 2009, dass die Landesregierungen von Nord- und Südtirol sowie des Trentino namens der „Euregio“ Maßnahmen wie gemeinsames Nachtfahrverbot, einheitliche Mauttarife etc. beschlossen hatten. Davor musste sich Rom freilich nicht fürchten.

Die Gründung der EVTZ rief zwar neuerlich Einspruch seitens der italienischen Regierung hervor; der Protest fiel jedoch weitaus „gemäßigter“ aus als beim ersten Anlauf (s.o.). So trug Rom jetzt lediglich „formelle Bedenken“ vor und zeigte sich zudem bereit, über das Projekt am Verhandlungstisch zu diskutieren. Bereits nach einigen Konsultationen zog sie ihre anfänglichen Vorbehalte zurück und stimmte schlussendlich zu, sodass der  Eröffnung des EVTZ-Büros in Bozen nichts mehr im Wege stand.

Am 4. Mai 2011 konnte die Südtiroler Tageszeitung „Dolomiten“ berichten, dass Rom nun seine Erlaubnis für die „Europaregion“ erteilt habe.

Am 15. Juni 2011 konnte die Tageszeitung „Dolomiten“ berichten, dass mit der Unterzeichnung der Gründungsurkunde durch die drei Landeshauptleute die „Europaregion“ nun durchstarte.
Am 15. Juni 2011 konnte die Tageszeitung „Dolomiten“ berichten, dass mit der Unterzeichnung der Gründungsurkunde durch die drei Landeshauptleute die „Europaregion“ nun durchstarte.

Die Aufgabenfelder der Europaregion à la EVTZ sollten nunmehr eine umfassende politische, wirtschaftliche und soziale Bandbreite abdecken. Dies führte allerdings bereits nach kurzer Zeit zu Bedenken. So befürchtete man sogar in den jeweiligen Landesregierungen, man könne sich dabei, wie schon einmal, politisch übernehmen. Der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher, sonst eher ein glühender EVTZ-Akteur, befand sogar zu Beginn seiner Amtszeit 2014 nüchtern, dass es der Europaregion – mit Ausnahme des im Bau befindlichen Brenner-Basistunnels – an großen „politischen Leuchtturmprojekten“ fehle und mahnte, die EVTZ dürfe „nicht wieder nur zu einem Schlagwortprojekt“ verkommen. Daher stufte die Südtiroler Landesregierung die EVTZ als „Projekt herausgehobener politischer Priorität” ein und stellte dafür zusätzliche Mittel bereit.

Nationalstaatliche Interessen

Nichtsdestotrotz bleibt abzuwarten, welche Entwicklung die Euregio Tirol-Südtirol-Trentino in Zukunft tatsächlich nimmt, und es muss sich auch erst noch herausstellen, ob damit tatsächlich das Wiederzusammenwachsen der seit hundert Jahren getrennten Landesteile begünstigt werden kann. Skepsis ist angesichts des eingangs (mit Bezug auf das winterlich bedingte Verkehrschaos) geschilderten Zuständigkeitsproblems schon im Kleinen angebracht.

Und wenn es um größere Bedürfnisse geht, welche nationalstaatliche Interessen unmittelbar berühren, bleibt von der hehren Euregio wenig mehr als ein matter Schein.

Das zeigte sich 2016 in aller Deutlichkeit, als Österreich im Zuge der sogenannten „Flüchtlingskrise”, die infolge politischen Fehlverhaltens und selbstzerstörerischer Willkommens-Signale in Wahrheit einer Masseninvasion überwiegend junger Männer aus zuvorderst muslimisch geprägten nah- und fernöstlichen sowie afrikanischen Ländern glich, ernstlich erwog, nach der vom damaligen Außenminister Kurz maßgeblich zustande gebrachten Unterbindung des Zustroms über die Balkan-Route auch jenen über die stark frequentierte Italien-Route durch Wiedereinführung von (auch mit militärischen Mitteln unterstützten) Brenner-Kontrollen zu stoppen. Was jedoch unterbleiben konnte, da sich Rom tatsächlich zur Abkehr von zuvor eher laxem „Durchwinke”-Verhalten bequemte. Und mit dem mit der vorgezogenen Parlamentswahl 2018 vollzogenen Machtwechsel hin zu der von der Fünf-Sterne-Bewegung und Lega Nord gebildeten Regierung betrieb Rom – eben im nationalen Interesse des vom einstigen königlichen Regierungschef Antonio Salandra 1915 beim Kriegseintritt Italiens auf der Seite der Entente-Mächte Frankreich und Großbritannien geprägten Prinzips des „Sacro egoismo” – neben den Visegrad-Vier Ungarn, Slowakei, Tschechien und Polen die weitaus strengste Flüchtlings(abweisungs)politik im Rahmen der EU. Das ist „Schnee von gestern“ seit Fünf-Sterne und Sozialisten unter Capo Conte die Regierung bilden.

Institutionell funktionierende „Euregios”, jeweils ausgestattet mit politischer Selbstverwaltung, Regionalparlament und -regierung, welche tatsächlich die vielen ursächlich von der ohne Beachtung der historisch-kulturellen Identität und Volkszusammengehörigkeit sowie der Verweigerung des Selbstbestimmungsrechts gezogenen) Grenzen verschwinden ließen und damit auch die dadurch erst entstandenen und bis heute fortwirkenden Probleme nationaler Minderheiten auf einen Schlag beseitigten, würden wohl nur durch Aufhebung des Nationalstaatsprinzips und demzufolge mit der herbeizuführenden Metamorphose der Nationalstaaten zu einer wirklich politischen EUnion möglich.

Deren Parlament müsste sich aus gewählten Abgeordneten aller Europaregionen konstituieren und aus dessen Mitte die EU-Regierung hervorgehen. Derartigen Träumen, wie sie vielleicht in den 1990er Jahren von einigen in der Minderheiten- und Volksgruppenpolitik Engagierten geträumt worden sein mochten, stehen Entwicklung, Zustand und Lage, in der/dem sich EUropa befindet, diametral entgegen. Es dominieren nationalstaatliche Interessen, um nicht zu sagen Egoismen, und es gewinnen auf Loslösung und Eigenstaatlichkeit bedachte Fliehkräfte – just auch innerhalb der Nationalstaaten (beispielsweise in Spanien, Italien, Belgien, Großbritannien) – ebenso an Attraktivität wie politisches Handeln in nationalstaatlicher Fasson.

Landeseinheit durch Euregio – ein Wunschbild

Wider den in der Europa-Frage gleichsam missionarisch  agierenden österreichischen Schriftsteller Menasse rief der türkisch-deutsche Literat Zafer Senocak ernüchternd den „Abschied vom Fetisch eines politisch vereinten Europa” aus und stellte fest, Europas Zukunft könne nur in der wertgebundenen Zusammenarbeit souveräner Nationalstaaten liegen. Wie diese „wertgebundene Zusammenarbeit“ in Bezug auf die Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino funktioniert, geht aus dem auf den einleitend erwähnten Meraner Andreas-Hofer-Feierlichkeiten getroffenen Befund hervor.

Andreas Hofer-Gedenken in Mantua. Der österreichische Generalkonsul vermeinte, den Tiroler Freiheitshelden als Vorkämpfer für die „Euregio“ darstellen zu müssen.
Andreas Hofer-Gedenken in Mantua. Der österreichische Generalkonsul vermeinte, den Tiroler Freiheitshelden als Vorkämpfer für die „Euregio“ darstellen zu müssen.

Dem stellte der in Mailand residierende österreichische Generalkonsul Wolfgang Spadinger im Beisein von Schützenformationen aus besagter Euregio auf der Gedenkfeier in Mantua am Denkmal des dort einst füsilierten Tiroler Volkshelden entgegen, Andreas Hofer sei ein „früher Vertreter der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino“ gewesen, die heute gut funktioniere.

Wie dem auch sei – unter dem Aspekt der Aufhebung der Teilung des Landes und des nach wie vor nicht aus den Augen zu verlierenden Ziels des Wiedergewinnens seiner Einheit reicht sie kaum über die Wunschbildkontur einer Schimäre hinaus.

Zur Person des Verfassers:

Prof. Dr. phil. Dr. h.c. Reinhard Olt war 27 Jahre politischer Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z.) und von 1994 bis 2012 deren Korrespondent in Wien für Österreich, Ungarn, Slowenien, zeitweise auch für die Slowakei.

Daneben nahm er Lehraufträge an deutschen, österreichischen und ungarischen Hochschulen wahr. Seit 1990 ist er Träger des Tiroler Adler-Ordens, seit 2013 des Großen Adler-Ordens. 1993 erhielt er den Medienpreis des Bundes der Vertriebenen (BdV). 2003 zeichnete ihn der österreichische Bundeskanzler mit dem Leopold-Kunschak-Preis aus, und der österreichische Bundespräsident verlieh ihm den Professoren-Titel. 2004 wurde er mit dem Otto-von-Habsburg-Journalistenpreis für Minderheitenschutz und kulturelle Vielfalt geehrt und ihm das Goldene Ehrenzeichen der Steiermark verliehen. 2012 promovierte ihn die Eötvös-Loránt-Universität in Budapest zum Ehrendoktor (Dr. h.c.), verbunden mit der Ernennung zum Professor, und 2013 verlieh ihm der österreichische Bundespräsident das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst.

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Im Jahre 2017 erschien das reich bebilderte und spannend zu lesende Dokumentarwerk: Reinhard Olt: „Standhaft im Gegenwind. Der Südtiroler Schützenbund und sein Wirken für Tirol als Ganzes“

Neumarkt/Etsch, Effekt! Verlag 2017, 364 Seiten, Hardcover, Format 260×235 mm, illustriert, ISBN 978-88-97053-39-2

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Rückblick auf unterschiedliche Gedenken

Tiroler Landtag 1920 – Ein erschütternder Abschied

Am 10. Oktober 1920 war die offizielle Einverleibung des südlichen Tirols einschließlich Welschtirols in den italienischen Staat vollzogen worden. Weder im heutigen Südtirol noch im heutigen Trentino (Welschtirol) war eine Volksabstimmung durchgeführt worden. Offensichtlich hatte man in Rom wohl zu Recht befürchtet, dass eine solche nicht zugunsten Italiens ausgegangen wäre.

Am 16. November 1920 wurden am Innsbrucker Landhaus, dem Sitz des Tiroler Landtages, schwarze Trauerfahnen gehisst. An diesem Tag leitete Landeshauptmann Josef Schraffl (Christlichsoziale Partei) eine Trauersitzung des Tiroler Landtages, auf welcher die Abgeordneten aus dem südlichen Landesteil verabschiedet wurden. Er sprach: „Heute sind noch die Brüder aus dem Süden des Landes hier versammelt. Erschüttert haben wir ihre Abschiedsworte vernommen, das eiserne Muss des Friedensvertrages zwingt uns in kurzer Zeit, uns zu trennen. Schweren Herzens werden wir in den nächsten Tagen die grausame Pflicht erfüllen, aber wir tun es nicht, ohne schon heute feierlich Protest zu erheben, ohne uns gegenseitig zu geloben, dass wir nie und nimmer ruhen und rasten werden, bis auch uns Tirolern, Deutschen und Ladinern; das Recht der Selbstbestimmung, des völkischen Zusammenschlusses zuteil wird.“ (Stenographische Berichte des verfassungsgebenden Tiroler Landtages. 46. (Trauer-)Sitzung am 16. November 1920 um 10 Uhr vormittags)

Die Trauersitzung des Tiroler Landtages am 16. November 1920
Die Trauersitzung des Tiroler Landtages am 16. November 1920

Einhundert Jahre später, am 16. November 2020 widmete die Südtiroler Tageszeitung „Dolomiten“ der damaligen Trauersitzung des Tiroler Landtages eine ganze Seite mit einem Offenen Brief des langjährigen FPÖ-Nationalrats- und Landtagsabgeordneten Dr. Siegfried Dillersberger an den Nordtiroler Landeshauptmann Günther Platter und die Präsidentin des Nordtiroler Landtages, Sonja Ledl-Rossmann.

In diesem Schreiben berichtete Dr. Siegfried Dillersberger, dass damals sein Großvater Josef Dillersberger als Landtagsabgeordneter Zeuge des traurigen Geschehens war, als sich der Abschied der Südtiroler Mitgleider des Landtages „mit bewegten Worten und Umarmungen, teils unter Tränen“ vollzog.

Dr. Dillersberger erinnert an einen Grundsatzbeschluss des Tiroler Landtages

In dem Brief von Dr. Dillersberger heißt es weiter, der Tiroler Landtag habe am 24. November 1994 „in einer auch von mir initiierten Entschließung festgestellt, dass sich die in der Präambel der Tiroler Landesordnung 1989 genannte geistige und kulturelle Einheit des Landes Tirol auf Nord-, Ost- und Südtirol bezieht. Weiters hat sich der Tiroler Landtag damals auch zum ‚fundamentalen Menschenrecht auf Selbstbestimmung bekannt…“

Chorgesang für die „Europaregion“ und die „weltweit als Vorbild“ dienende Autonomie

Es gab es einen amtlichen Chorgesang für die „Europaregion“. Die ÖVP Tirols veröffentlichte am 9. Oktober 2020 auf ihrer Internetseite eine namentlich nicht gezeichnete Stellungnahme unter dem Titel „Auch wenn die Teilung Tirols immer Unrecht bleiben wird, geht unser Blick nach vorne“.

Darin hieß es: „Die damalige Entscheidung war ein Unrecht und wird immer ein Unrecht bleiben.“ Jedoch diene die Autonomie heute „weltweit als Vorbild“ und die „Euregio führt zusammen und stellt das Gemeinsame vor das Trennende.“ Wie schön!

Dass die Südtiroler Autonomie „weltweit als Vorbild“ diene, ist eine gewagte Aussage angesichts dessen, dass sie international-rechtlich nicht abgesichert ist. LH Platter sei hier empfohlen, sich einmal im Vergleich dazu die Autonomie der Aland-Inseln anzusehen. Dann wird ihm klar werden, wie eine wirkliche Autonomie aussieht.

Wer sich von der Inhaltsleere der „Euregio“ überzeugen will, kann dies durch einen Besuch der Internetseite tun.

 

Auch der Nordtiroler FPÖ-Obmann und Landtagsabgeordnete Markus Abwerzger forderte in einer Stellungnahme auf der Internetseite seiner Partei zunächst nur: „… die Europaregion muss mit echtem Leben erfüllt werden. Wie schön!

Allerdings lag der FPÖ-Südtirolsprecher im Österreichischen Nationalrat Peter Wurm nicht ganz auf der Linie seines Nordtiroler Parteiobmannes. Er erklärte in einer Pressemitteilung am 10. Oktober 2020 immerhin:

„Für jeden aufrechten Tiroler kann es nur die Wiedervereinigung der Landesteile beim Vaterland Österreich geben.“

Daraufhin erklärte Abwerzger mit einem Monat Verspätung in einem Pressedienst:

„Nach 100 Jahren Unrecht leben wir noch immer in einem zerrissenen Land, mit nur äußerlich verheilten Wunden. Die Autonomie sowie die Europaregion können nicht darüber hinwegtäuschen, dass Tirol im Innersten zerrissen ist und bis heute die Volksseele darunter leidet.“ (Internetportal „unsertirol24“ vom 16. November 2020)

Der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP) brach in einer Stellungnahme „eine Lanze für die Europaregion“ und erklärte: „Aufbauend auf einer soliden Wertebasis beschreiten wir gemeinsam den europäischen Weg.“ („Dolomiten“ vom 10. Oktober 2020) Wie schön!

Am 19. November 2020 fand dann im Tiroler Landtag in Innsbruck ein Gedenken an die Landesteilung vor 100 Jahren statt, an welchem die „Euregio“-Landeshauptleute Günther Platter (Nordtirol), Arno Kompatscher (Südtirol) sowie Maurizio Fugatti (Trentino) teilnahmen. In der Pressemitteilung der Nordtiroler Landesregierung wurde keineswegs die Wiedervereinigung Tirols als wünschenswertes Ziel dargestellt, sondern stolz die Erklärung des Landeshauptmannes Platter wiedergegeben, dass die drei Länder „im Rahmen der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino und im Geiste eines geeinten Europas“ verstärkt zusammen arbeiten würden.

Dazu erklärte der freiheitliche Landtagsabgeordnete Christofer Ranzmaier in seiner Eigenschaft als Obmann der Freiheitlichen Jugend in einer Presseaussendung:

„Man versucht den Eindruck zu erwecken, man hätte mit dem Papiertiger ‚Europaregion Tirol‘ die Lösung des Problems geschaffen, verkennt dabei jedoch völlig, dass trotz allem am Brenner noch immer eine Unrechtsgrenze existiert, die sich insbesondere in Krisenzeiten auch als solche manifestiert. Eine Unrechtsgrenze die nicht nur unser Land, sondern ganze Familien auseinanderreißt. Eine Unrechtsgrenze, die das Land nicht für immer trennen darf.“

Was ist die „Europaregion“ in Wahrheit?

Sie ist ein weitgehend inhaltsleeres Papierkonstrukt. Bei der sogenannten „Euregio“ – der „Europaregion Tirol“ – handelt es sich um keine öffentliche Körperschaft mit Rechtsstatus, Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenzen. In einer wissenschaftlichen Arbeit steht dazu treffend und kurz zu lesen: „Die Institutionalisierung der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino scheiterte bereits in den Kindertagen.“ Die Bezeichnung „Europaregion“ sei lediglich der Titel für „eine freiwillige politische Zusammenarbeit, die jederzeit auf gekündigt werden kann.“ (Ivo Eric Graziani in seiner Diplomarbeit „Die Europaregion Tirol-Südtirol/Alto Adige-Trentino“, Universität Wien 2009, S. 121)

Das Verhalten der Medien und der Politiker

In Südtirol sorgte vor allem die Tageszeitung „Dolomiten“ dafür, dass über das Thema der Landesteilung eine breite öffentliche Diskussion stattfand. Die Zeitung selbst gab in mehreren Folgen allen Stimmen aller Richtungen ausreichend Raum.

Aus der Titelseite der „Dolomiten“ vom 10. Oktober

Im Innenteil widmeten die „Dolomiten“ dem tragischen Geschehen von 1920 eine ausführliche Berichterstattung
Im Innenteil widmeten die „Dolomiten“ dem tragischen Geschehen von 1920 eine ausführliche Berichterstattung

In Österreich sah es leider anders aus, wie die „Dolomiten“ am 17. Oktober 2020 kritisch berichten mussten. „100 Jahre Annexion Südtirols durch Italien waren im Bundesland Tirol kaum ein Thema“, lautete die Schlagzeile, unter der dann aus der Feder des bekannten Tiroler Journalisten, Historikers und Alpinisten Uwe Schwinghammer zu lesen war: „Während man in Südtirol in den Medien ausführlich des 100. Jahrestages der Annexion Südtirols gedachte, herrschte im Bundesland Tirol weitgehend Schweigen im Blätterwald und bei den Rundfunksendern. Auch in der Politik war das kaum Thema.“

(Wer weiß, wie die Medien Österreichs an dem finanziellen Tropf der hohen Politik – Presseförderung, Inserate – hängen, den wundert dies nicht.)

Der ehemalige Nordtiroler Landeshauptmann Wendelin Weingartner (ÖVP) hielt einen kritischen Rückblick auf die Gedenkveranstaltungen des 10. Oktober, welcher in der Südtiroler Sonntagszeitung „Z – Die Zeitung am Sonntag“ am 18. Oktober 2020 veröffentlicht wurde:

Bekenntnisse zur Landeseinheit

„Dolomiten“ Chefredakteur Dr. Toni Ebner zu dem Thema Selbstbestimmung

Am 10. Oktober 2020 erklärte Dr. Toni Ebner, Chefredakteur der Tageszeitung „Dolomiten“, in der ORF-Dokumentarsendung „100 Jahre Südtirol – Zerrissen zwischen den Mächten“: „Die klassische Frage ‚Selbstbestimmung für Südtirol – wollt ihr zurück zu Österreich‘, hängt von den Umständen ab. Wenn die Umstände so sind, dass die italienische Regierung die Südtiroler drangsaliert, das hat es ja immer wieder gegeben, und Probleme schafft, dann glaube ich, dass eine Mehrheit in Südtirol für eine Rückkehr nach Österreich zustande kommt.

Südtiroler Schützenbund: Rote Leuchtfeuer und Dornenkrone an der Grenze

Am 10. Oktober 2020 wurden in allen sieben Bezirken Feuerschriften mit der Zahl 100 entzündet. Zahlreiche rote Feuer von den Bergeshöhen erinnerten an das Leid, welches Südtirol bislang hatte erdulden müssen.

Am Timmelsjoch hatte der Südtiroler Schützenbund, in Anwesenheit aller drei Landeskommandanten Tirols, eine Dornenkrone errichtet. Sie sollte an das Leiden erinnern, das die Südtiroler im Laufe der Geschichte miterlebt haben.

Der Südtiroler Landeskommandant Wirth Anderlan fand klare Worte
Der Südtiroler Landeskommandant Wirth Anderlan fand klare Worte

Der Südtiroler Landeskommandant Jürgen Wirth Anderlan erklärte dazu, dass für die Zukunft weiterhin die Worte des ehrwürdigen Altlandeshauptmann von Tirol, Eduard Wallnöfer, das Fundament für das Tun und Handeln der Schützen sein werden:

„Wir wissen, dass wir die staatliche Unrechtsgrenze nicht mit Gewalt ändern können. Aber keiner kann von uns erwarten, dass wir jemals dieses Unrecht Recht heißen und das wir jemals aufhören werden, leidenschaftlich unsere ganze Kraft einzusetzen für das Recht in Nord-, Süd-, Ost- und Welschtirol.“

Die Südtiroler Tageszeitung „Dolomiten“ berichtete ausführlich über die Gedenkveranstaltungen und die Leuchtfeuer des Südtiroler Schützenbundes

Südtiroler Schützenbund: Einweihung eines Gedenksteins in der Mitte Tirols

Am 10. Oktober 2020 wurde der durch den Schützenbezirk Brixen und die Schützenkompanie Latzfons errichtete Markstein in der Mitte Tirols nahe der Wallfahrtskirche Latzfonser Kreuz feierlich eingeweiht und gesegnet. Er soll „die Verbundenheit unseres Heimatlandes aufzeigen“, heißt es in einer Mitteilung der Schützen. Die Tageszeitung „Dolomiten“ berichtete darüber am 12. Oktober 2020.

Süd-Tiroler Freiheit: Plakataktion

Die im Südtiroler Landtag vertretene Partei „Süd-Tiroler Freiheit“ sorgte mit einer Plakataktion in Nord-, Süd- und Osttirol für Aufsehen. Sie sollte, hieß es in einer Presseaussendung, die Bevölkerung dafür sensibilisieren, dass Tirol nicht am Brenner aufhört und dass die Teilung unseres Landes überwunden werden kann.

Denn „schöne Sonntagsreden von einer vermeintlichen Europaregion Tirol“ seien nicht genug, erklärte der Landtagsabgeordnete Sven Knoll dann auf einer Pressekonferenz. Die Tageszeitung „Dolomiten“ berichtete darüber am 13. Oktober 2020.

Südtiroler Heimatbund (SHB): Plakataktion in Tirol und ganz Österreich

Der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB) wurde von ehemaligen Freiheitskämpfern und politischen Häftlingen gegründet, um die Forderung nach Selbstbestimmung und Landeseinheit öffentlich zu vertreten. Der heutige Obmann Roland Lang ist in allen seinen Handlungen und Äußerungen dieser Linie treu geblieben. In Nord-, Süd- und Welschtirol sowie in mehreren österreichischen Städten einschließlich Wien verwiesen Plakate auf den 10. Oktober 1920 und die verweigerte Selbstbestimmung.

Das SHB-Plakat bei einer Bushaltestelle in Bozen. Im Hintergrund sieht man das faschistische „Siegesdenkmal“

Andreas Hofer-Bund (AHB) in Trient: Kundgebung für ein vereintes Tirol

Am 100. Jahrestag der Annexion Südtirols fand auch auf dem Domplatz von Trient eine Kundgebung des „Andreas Hofer-Bundes“ für die Tiroler Landeseinheit statt.

Unter den Augen der Carabiniere waren zahlreiche Tiroler und österreichische Fahnen zu sehen, die Musikkapelle intonierte die Tiroler Landeshymne und die alte österreichische Kaiserhymne. Für den 100. Jahrestag wurde eigens eine Dornenkrone aus Edelstahl angefertigt – als Symbol der Trauer und des Schmerzes, als Symbol der römischen Fremdherrschaft!

Der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB) wurde durch dessen Obmannstellvertreter Meinrad Berger vertreten.

Der Obmann Alois Wechselberger vom „Andreas Hofer-Bund Tirol“ sagte unter anderem: „..das alte kaiserliche Österreich gibt es nicht mehr, aber es gibt uns Tiroler deutscher, walscher und ladinischer Zunge. Wir sind gemeinsam Tirol … Ich glaube an Euch, helft uns unserer Heimat zu vereinen und gemeinsam aufzubauen.“

Meinrad Berger bei seiner Ansprache und Kundgebungsteilnehmer in Trient mit der österreichischen Staatsflagge
Meinrad Berger bei seiner Ansprache und Kundgebungsteilnehmer in Trient mit der österreichischen Staatsflagge

Das diesjährige Gedenken an die Landesteilung vor 100 Jahren hat öffentlich gemacht, dass für die derzeitigen Landeshauptleute Nord- und Südtirols das Thema Selbstbestimmung unangenehm ist. Sie wollen sich hier in keine Pflicht nehmen lassen und flüchten sich in leeres Geschwätz über die ebenso leere „Europaregion Tirol“, die dann auch „Euregio“ genannt wird, weil das bedeutungsschwerer klingt.

Zahlreiche Landsleute sehen die Sache aber anders und äußern sich klar und eindeutig. In Südtirol haben die Tageszeitung „Dolomiten“ und die Sonntagszeitung „Z“ in demokratischer Weise der öffentlichen Erörterung sowohl in der Berichterstattung wie auch auf den Leserbriefseiten den von der Bevölkerung gewünschten Raum gegeben.

Zahlreiche österreichische und insbesondere Nordtiroler Medien sollten sich an diesem Verhalten ein Beispiel nehmen. Demokratie zeichnet sich nicht durch ständige mediale Belehrung der Bevölkerung von oben her aus, sondern durch freie öffentliche Diskussion innerhalb des gesetzlichen Rahmens.




Die unglaubliche Leidensgeschichte einer Südtiroler Familie

Der sozial engagierte Südtiroler Historiker Günther Rauch war langjähriger Vorsitzender des Allgemeinen Gewerkschaftsbundes in Südtirol und verfasste zahlreiche Forschungsarbeiten und Aufsätze über die Südtiroler Sozial- und Arbeiterbewegung. Als Historiker vermittelt er neue Zugänge zur Zeitgeschichte Südtirols durch Erforschung neuer historischer Quellen.

Damit bereichert er die Geschichtsschreibung um neue Fakten und Einblicke. Die kommentierende politische Belehrung der Leser von oben herab – das ist nicht seine Sache. Er lässt Tatsachen sprechen.

Bereits 2018 war seine Dokumentation „Italiens vergessenes Konzentrationslager Campo d’Isarco“ erschienen, 1919 gefolgt von der Dokumentation „KZ Campo d’Isarco: Tagebuch eines Wachsoldaten“. (Herausgeber „Südtiroler Heimatbund“ und „Verein Südtiroler Geschichte“, info@suedtiroler-freiheitskampf.net)

Nun liegt sein neuestes Werk vor, welches gleichzeitig fesselt und erschüttert.

Die Tageszeitung „Dolomiten“ berichtete darüber am 22. September 2020:

Am 23. Oktober 2020 wurde das Buch im Kultursaal St. Michael/Eppan vorgestellt. Aus Österreich war der ehemalige Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer erschienen, welcher als alter Freund des Verfassers ein Vorwort zu dem Buch geschrieben hatte und nun Begrüßungsworte sprach. Auch der Südtiroler Altlandeshauptmann Dr. Luis Durnwalder war zur Buchvorstellung gekommen.

Links: Altbundeskanzler Dr. Gusenbauer bei seiner Begrüßungsansprache. Rechts: Der Obmann des Südtiroler Heimatbundes (SHB), Roland Lang (Bildmitte), sprach nach der Veranstaltung mit dem Altlandeshauptmann Dr. Durnwalder (links) und dem Altbundeskanzler Dr. Gusenbauer (rechts) und übergab Begrüßungsgeschenke.

In seinem jüngsten Werk gibt Günther Rauch neben einer wissenschaftlich tiefgreifenden historischen Darstellung anhand bislang kaum bekannter Dokumente und Briefe einer betroffenen und vielfach verfolgten Familie einen unmittelbaren Einblick in das tragische Geschehen in Südtirol seit der Landesteilung von 1920. Der Leser, welchem die Geschichte bisher eher abstrakt bekannt gewesen war, sieht sich nun unmittelbar mit einem dramatischen Geschehen konfrontiert, so als ob er dieses selbst miterlebe.

Das Internetportal „Unser Tirol24“ berichtete dazu am 21. September 2020:

„Rauch zeichnet anhand des ungleichen und erschütternden Lebensweges der Geschwister Valentinotti aus Bozen die schweren Wunden nach, welche zwei Weltkriege und Diktaturen im südlichen Alpenland aufgerissen haben. Zwei der sechs Geschwister Valentinotti ist Schreckliches widerfahren. Davon erfuhren der älteste und jüngste Bruder Karl und Fritz Valentinotti.

Karl, ein hochdekorierter Kaiserjäger, wurde seit 1923 von der italienischen Geheimpolizei als „subversiver Pangermanist“ verfolgt. Fritz war Betriebsmanager einer großen Lodenfabrik in Innsbruck. In einen dramatischen Brief an seine Cousine Mariele Walcher-Dibiasi in Bozen schreibt Fritz: ‚Wie Gott will, wir müssen alles ertragen und aushalten … Jetzt heißt es, die ganzen Kräfte zusammenzuhalten, damit wir die Sache durchstehen. Die Nerven sind halt alle sehr angegriffen.‘

Ihr Bruder Stefan, ein Russland-Spätheimkehrer aus dem Ersten Weltkrieg und viele Jahre Steuerbeamter in Eppan, überzeugter Mussolini- und Hitlergegner und leidenschaftlicher Befürworter eines „Freistaates Südtirol“ wurde er 1944 vom NS-Volksgerichtshof in Potsdam zum Tode verurteilt und in Brandenburg-Görden mit dem Fallbeil hingerichtet. Wenige Tage vor seiner Hinrichtung hatte er erfahren, dass seine Schwester Maria in Sappada (Plodn in Friaul-Julisch Venetien) von italienischen, stalinistisch-kommunistisch gesinnten Partisanen misshandelt und ermordet worden war.“

Der Athesia-Verlag, in welchem das Buch erschienen ist, schreibt über das Werk:

Lautlose Opfer – Eine Familie im Kreuzfeuer faschistischer und nationalsozialistischer Willkür.

Die unglaubliche Leidensgeschichte der Geschwister Valentinotti (1918–1945)

Vieles, was zwischen dem Ersten und Zweiten Weltkrieg an historischen Fakten und Entsetzlichem geschehen ist, wurde in den letzten Jahren durch zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten und Publikationen allgemein und dauerhaft zugänglich gemacht. Dennoch blieb und bleibt noch vieles im Verborgenen. Viele dunkle und schmerzliche Kapitel der Zerreißung Tirols, die Hatz gegen alles Österreichische, die seit 1918 geplante Ausrottung der Südtiroler Volkskultur, Option und Aussiedlung der Südtiroler und andere faschistische und hakenkreuzlerische, aber auch rotgardistische Verbrechen hat man verklärt oder ausgeblendet.

Günther Rauch, einer der besten Kenner der schwarzen und braunen Jahre in Südtirol, zeichnet anhand des ungleichen und erschütternden Lebensweges der Geschwister Valentinotti aus Bozen die schweren Wunden nach, welche zwei Weltkriege und Diktaturen im südlichen Alpenland aufgerissen haben. Vier der sechs Geschwister Valentinotti ist Schreckliches widerfahren. Davon erfuhr auch der jüngste Bruder Fritz Valentinotti, Betriebsmanager einer großen Lodenfabrik in Innsbruck. In einen dramatischen Brief an seine Cousine Mariele Walcher-Dibiasi in Bozen schreibt er: ‚Wie Gott will, wir müssen alles ertragen und aushalten … Jetzt heiß es, die ganzen Kräfte zusammenzuhalten, damit wir die Sache durchstehen. Die Nerven sind halt alle sehr angegriffen.‘

Karl Valentinotti, Kaiserjäger und ältester Bruder, wurde als Handelsagent von den Schwarzhemden seit 1923 in einer Proskriptionsliste von rund 500 „subversiven pangermanistischen Elementen“ festgehalten und von den italienischen Geheimdiensten ständig beschattet. Maria und Stefan Valentinotti wurden 1944 wegen ihres Südtirolerseins von unterschiedlich kolorierter Mörderhand gequält und ermordet. Midi wurde von stalinistisch-kommunistischen Partisanen geschändet und auf einem Kartoffelacker in Zopodn (Cima Sappada) unter dem Gesang „Bandiera Rossa“ erschossen. Ihr Bruder Stefan, ein Rußland-Spätheimkehrer aus dem Ersten Weltkrieg, überzeugter Hitler- und Mussolinigegner und leidenschaftlicher Befürworter eines ‚Freistaates Südtirol‘, erfuhr davon im faschistischen Zuchthaus von Brandenburg-Görden in einem Schreiben seiner Ehefrau wenige Tage vor seiner Hinrichtung mit dem Fallbeil durch die Nationalsozialisten. Seine letzten Worte vor seinem Tod waren: ‚… ich hoffe, dass unser Tun und Schaffen durch so viele Jahre hindurch in unserer Heimat, für das Deutschtum nicht umsonst gewesen ist.‘

Das auf jahrelangen Recherchen und wahren Begebenheiten beruhende Buch gibt auch einen einmaligen und lebensnahen Einblick in die Tragödien, die sich in Tirol und Europa von 1914 bis 1945 vollzogen haben. Die Folgen zeigen sich noch heute.“

ISBN: 978-88-6839-509-4
Seiten: 368, fester Einband, Format: 150 x 225 mm
Preis: 29,90 Euro

Das fesselnde Buch ist erhältlich im Athesia-Verlag

 




100 Jahren geteiltes Tirol: Einheitsfreude und Trennungsschmerz

Einen besonderen Beitrag zu diesem Gedenken hat der Historiker und Publizist Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Olt dankenswerterweise zur Verfügung gestellt.

Anno 2020 erinnert an die Wiedervereinigung Deutschlands 1990, das Trianon-Trauma Ungarns, den Erhalt der Landeseinheit  Kärntens sowie die Annexion des südlichen Tirol durch Italien

 von Reinhard Olt

Der Oktober 2020 zwingt zur Vergewisserung bedeutender Ereignisse, die auf das engste miteinander korrespondieren. Wenngleich nicht auf den ersten Blick zu erkennen, so besteht zwischen der Erinnerung an 30 Jahre Vereinigung der beiden deutschen Rumpfstaaten BRD und DDR, an 100 Jahre Kelsen-Verfassung für Österreich, an 100 Jahre Volksabstimmung in Kärnten, an die territoriale Kastration Ungarns sowie an die formelle Annexion des südlichen Teils des einstigen Kronlandes Tirol durch Italien eine – wenn auch kontrastive, so doch – innere Verbindung.

Die Wiedervereinigung Deutschlands war die glückliche Antwort auf die seit 1945 stets im politischen Raum stehende „Deutsche Frage“. Möglich wurde die deutsche Einheit durch  Erosion und Auflösung des Ostblocks zufolge der Implosion des sowjetkommunistisch-moskowitischen sowie des titoistisch-balkankommunistischen Herrschaftssystems und der zwischen Usedom (Mecklenburg-Vorpommern) und Eichsfeld (Thüringen) raumgreifenden „Abstimmung mit den Füßen“.

Die von dem bedeutenden Völker- und Staatsrechtler Hans Kelsen entworfene  Bundesverfassung, auf die Österreich(er) zurecht stolz ist (sind), manifestierte die Ablösung des über Jahrhunderte bestimmenden monarchischen Herrschaftsprinzips durch den republikanisch-demokratischen Rechtsstaat. Sie markiert(e) damit aber auch die Reduktion des einstigen Staatsgebiets infolge der für die Verlierer des Ersten Weltkriegs in den 1919/1920 unterzeichneten Pariser „Vorortverträgen“ von den Siegermächten, insbesondere von Frankreich, „friedensvertraglich“ diktierten territorialen und materiellen Verluste.

Postkarte aus dem Jahre 1920

Kärnten, wo die Siegermächte auf amerikanischen Druck hin am 10. Oktober 1920 eine Volksabstimmung erlaubt hatten, entging – maßgeblich zufolge des mehrheitlichen Votums der slowenischen Minderheit Südkärntens für Verbleib bei Österreich – der vom jugoslawischen SHS-Staat (Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen) verlangten Landesteilung. Ohne Volksabstimmung wurden hingegen per Vertrag von Saint-Germain-en-Laye (1919) das Mießtal dem SHS-Staat sowie das Kanaltal Italien übereignet.

Die Teilung Tirols

Von dem, was nach kriegsbedingter Auflösung des vormaligen österreichisch-ungarischen Imperiums durch die Herausbildung neuer Nationalstaaten an territorialer Substanz für die zunächst an ihrer Existenzfähigkeit zweifelnde Republik (Deutsch-)Österreich verblieb, war die erzwungene Abtretung Südtirols (mitsamt Welschtirol/Trentino) an Italien zweifellos das für das kollektive Bewusstsein der ohnedies notleidenden Bevölkerung einschneidendste Ereignis.

Das Zerreißen Tirols, die formelle Annexion des südlichen Landesteils am 10. Oktober 1920, kontrapunktorisch und deklarativ just am Tag der Kärntner Volksabstimmung vollzogen, ist und bleibt, wie der in nämlichem Jahr am 4. Juni im Friedensdiktat von Trianon bestimmte Verlust Ungarns von zwei Dritteln (sic!) des Territoriums, eine Wunde, die nicht verheilen kann – denn damit sind nicht nur Menschen- und Selbstbestimmungsrechte verletzt worden, sondern Völker und Seelen.

„Bella Italia“, das von alters her die Sehnsüchte sonnenhungriger nördlicher Hemisphärenbewohner beflügelnde „Land, wo die Zitronen blühen“ (Goethe), muss sich all seinen heutigen beschönigenden und begütigenden politischen Parolen zum Trotz gefallen lassen, nicht allein von historisch bewussten Betrachtern der „Südtirol-Causa“ als hinterhältiger, sich verstellender politischer Akteur eingestuft zu werden. Schon Bismarck ließ mit seiner Bemerkung nach der quasi parallel vollzogenen Einigung Italiens, die ja erst mit der „Presa di Roma“, der Einnahme der Ewigen Stadt 1870, vollendet war, und der maßgeblich von ihm herbeigeführten Reichsgründung 1870/71 aufhorchen, im Gegensatz zum „satten“ (saturierten) preußisch-deutschen Kaiserreich sei das sardinisch-toskanisch-sizilianische Königreich Italien ein „hungriger“ Staat. „Italien hat einen großen Appetit, aber sehr schlechte Zähne“, bemerkte der Reichskanzler über seinen damaligen Verbündeten.

„Großer Appetit, schlechte Zähne“

Vielfach lieferte Italien hernach Beweise für Bismarcks abfälliges Diktum. Um seinen nationalromantisch verbrämten, quasi der Idee des „Imperium Romanum“ verschriebenen und von „sacro egoismo“ („heiligem Eigennutz“) getriebenen „Hunger“ nach territorialer Ausweitung am adriatischen Gegenufer, in Nord(ost)afrika sowie nicht zuletzt entlang der alpinen Wasserscheide zu stillen und stets zielgerichtet auf „Siegesspur“ und Sieger-Seite zu sein, wechselte es nach Belieben die Fronten.

Südtirol war das kontinentale „Tortenstück“ dieses dem Macht- und Landhunger geschuldeten Seitenwechsels von 1915. Das Gebiet zwischen dem heutigen Salurn und dem Brenner-Pass rundete das Risorgimento-Begehr Welschtirol / Trentino, zuvor Bestandteil Gesamttirols, nach Norden hin bis zur stets von den italienischen Nationalisten eingeforderten Grenzziehung an der Wasserscheide ab. Dafür hatte die Königlich Geographische Gesellschaft, der auch jener Deutschenhasser Ettore Tolomei angehörte, der mit der von faschistischen Gewalttaten auch in Bozen begleiteten Machtübernahme ab 1922 Mussolini als Entnationalisierungsfanatiker im südlichen Tirol (kultur)geschichtsfälschend dienstbar war,  das geophysikalische Rüstzeug geliefert.

Der Deutschenhasser und Faschist Ettore Tolomei war der Erfinder der meisten italienischen Namen für deutsche und ladinische Orte in Südtirol. Hier sehen wir seinen faschistischen Parteiausweis.

Nichts von dem, was der einstige Ministerpräsident Luigi Luzzatti nach der Unterzeichnung des Friedensdiktats von St.Germain (10. September 1919) im römischen Parlament sagte – „Es muß eine Ehrenpflicht für die Regierung und für das Parlament sein, den Deutschen, die nur wegen der absoluten Notwendigkeit,  unsere Grenzen verteidigen zu können, angegliedert wurden, ihre autonomen Einrichtungen zu bewilligen“ – wurde zugestanden. Im Gegenteil: selbst die trientinischen (Welsch-)Tiroler Reichsratsabgeordneten Enrico Conci und Alcide DeGasperi – er sollte unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, als den Südtirolern wiederum die Selbstbestimmung verweigert wurde, abermals eine verhängnisvolle Rolle spielen – schlugen Töne an, welche sich nicht im geringsten von jenen der Schwarzhemden unterschieden. So schrieb DeGasperi in einem Artikel unter dem Titel „Tirolo addio“, der am 4.12.1918 in der von ihm herausgegebenen Zeitung „Il Nuovo Trentino“ erschien: „Tiroler, euer Leben war unser Tod, nun wird unser Leben euer Tod sein.“

 Der faschistische Furor

 Mit dem ersten von faschistischen Schlägertrupps am 24. April 1921 in Bozen Getöteten, dem Marlinger Lehrer Franz Innerhofer, nahm die Knechtschaft  der Südtiroler ihren Lauf.

Der von Faschisten getötete Lehrer Franz Innerhofer und eine Gedenktafel in Innsbruck
Der von Faschisten getötete Lehrer Franz Innerhofer und eine Gedenktafel in Innsbruck

Benachteiligung, Erniedrigung, Drohungen, Gewalt, Folter, Mord waren sozusagen an der Tagesordnung. Geschichtsfälschungen und die Italianisierung von Vor- und Familiennamen (bis hin zu jenen auf Grabsteinen) sowie von Orts- und Flurnamen, Verbot öffentlichen Gebrauchs der deutschen Sprache, verbunden mit der massenhaften Ansiedlung von ethnischen Italienern in den eigens aus dem Boden gestampften Industrie- und Gewerbezonen, mit der Zerschlagung von Vereinen und Verbänden mittels Verbots sowie der Installation rein italienischer Strukturen, dem Ersatz gewählter Ortsvorsteher durch faschistische Amtsbürgermeister, dem Austausch des für Sicherheit und Ordnung zuständigen Personals sowie der Kujonierung von Medien und Kultureinrichtungen, schließlich der Errichtung des unsäglichen „Siegesdenkmals“ und vielem mehr hatten zum Ziel, den südlichen Teil Tirols in eine rein italienische Provinz zu verwandeln.

Die feierliche Einweihung des „Siegesdenkmals“ in Bozen, dessen Säulen als faschistische Liktorenbündel gestaltet sind, im Jahre 1928.

Am rigorosesten wütete der faschistische Umerziehungsfuror an den Schulen. In einer höchst ansprechenden, sachkundigen Dokumentation, die der Verein Südtiroler Geschichte zusammenstellte und soeben im effekt!-Verlag (Neumarkt/Etsch) erschien (http://effekt-shop.it/shop/buecher/die-deutschen-brauchen-keine-schulen/ ) ist luzide veranschaulicht, was unter der bereits ein Jahr nach der Einverleibung Südtirols in den italienischen Staatsverband vom damaligen italienischen Vizepräfekten der Provinz Bozen, Giuseppe Bolis, getätigten Aussage zu verstehen gewesenen Richtlinie des faschistischen Erziehungswesens gemeint war: „Die Deutschen brauchen keine Schulen, und wir brauchen auch keine Deutschen“.

Als sich alle kolonialistischen Zwangsmaßnahmen, die Bevölkerung des „Hochetsch“ („Alto Adige“, gemäß damals verordneter, alleingültiger Benennung) zu assimilieren, als fruchtlos erwiesen, zwangen die „Achsenpartner“ Mussolini und Hitler die Südtiroler in einem perfiden Optionsabkommen, sich entweder für das Deutsche Reich zu entscheiden und über den Brenner zu gehen oder bei Verbleib in ihrer Heimat schutzlos der gänzlichen Italianità anheim zu fallen. Obschon die meisten für Deutschland optierten, verhinderte der Zweite Weltkrieg die kollektive Umsiedlung. 1946 lehnten die Alliierten die Forderung nach einer Volksabstimmung in Südtirol ab, woraufhin sich in Paris die Außenminister Österreichs und Italiens auf eine Übereinkunft zugunsten der Südtiroler verständigten, die Bestandteil des Friedensvertrags mit Italien wurde.

Das Gruber-DeGasperi-Abkommen vom 5. September 1946 sah die politische Selbstverwaltung vor, und im Kulturellen wurden muttersprachlicher Unterricht sowie die Gleichstellung der deutschen mit der italienischen Sprache auf allen Feldern des gesellschaftlichen Lebens garantiert. In Südtirol selbst taten italienische Partisanen und Insurgenten alles, um das Gebiet, das nach der Absetzung Mussolinis 1943 als faktisch unter der Suprematie des Obersten Kommissars der „Operationszone Alpenvorland“ und Gauleiter von Vorarlberg-Tirol Franz Hofer stand, quasi der „Riconquista italiana“ den Weg zu bereiten. Der Publizist Helmut Golowitsch hat soeben minutiös dokumentiert, wie diese Insurgenten im Zusammenwirken mit weiterbestehenden Behörden und Carabinieri der Repubblica di Salò, dem verbliebenen Refugium Mussolinis unter militärischer Protektion von Wehrmacht und SS, alles daransetzten, die Südtirol-Frage auf ihre Art und Weise ein für allemal zugunsten des Umfallers und Kriegsgewinnlers Italien zu lösen. Viele der Übergriffe geschahen unter der Verschwiegenheit der neuen politischen Oberschicht Südtirols sowie der Alliierten. (Helmut Golowitsch: „Repression. Wie Südtirol 1945/46 wieder unter das Joch gezwungen wurde“, Neumarkt/Etsch, Effekt! Verlag 2020, ISBN-9788897053682, http://repression.effekt.tirol/)

Lieferbar ab November 2020
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Der Trick des Trientiners DeGasperi

 Zwar erließ Rom dann 1948 das vorgesehene Autonomie-Statut und deklarierte es – wie zwischen Vertragspartnern und Siegermächten verabredet – zum Bestandteil der italienischen Verfassung. Allerdings wurde die Provinz Bozen-Südtirol mit der Nachbarprovinz Trient in einer Region („Trentino – Alto Adige“) zusammengefasst. Dieser Trick des verschlagenen Trientiners DeGasperi führte die Majorisierung der deutschen und der ladinischen Volksgruppe durch die italienische herbei, die im Trentino absolut dominant war.

In der Öffentlichkeit präsentierte sich DeGasperi gerne als frommer betender Christ.
In der Öffentlichkeit präsentierte sich DeGasperi gerne als frommer betender Christ.

Dagegen und gegen die vom „demokratischen Italien“ ungebrochen fortgeführte Ansiedlung weiterer Italiener in ihrer Heimat protestierten die Südtiroler 1957 unter der Parole „Los von Trient“. Mit Anschlägen auf „Volkswohnbauten“ und andere italienische Einrichtungen machte der „Befreiungsausschuss Südtirol“ (BAS) die Welt auf die verweigerte Selbstbestimmung und die uneingelösten vertraglichen Zusicherungen Roms aufmerksam. 1960 trug der damalige österreichische Außenminister Bruno Kreisky den Konflikt vor die Vereinten Nationen, und da Italien trotz zweier UN-Resolutionen nicht einlenkte, erreichten die Anschläge im Sommer 1961 ihren Höhepunkt. Rom verlegte 22.000 Soldaten sowie Carabinieri in den Norden und stellte das Land unter Ausnahmerecht mit all den damit verbundenen rigorosen Gewaltmaßnahmen gegen die Bevölkerung, insbesondere das Foltern von inhaftierten BAS-Aktivisten.

Die Anschläge - vor allem gegen Hochspannungsmasten - erregten internationales Aufsehen und erzwangen eine Verhandlungsbereitschaft Italiens, die zu dem heute geltenden Autonomiestatut führte.
Die Anschläge – vor allem gegen Hochspannungsmasten – erregten internationales Aufsehen und erzwangen eine Verhandlungsbereitschaft Italiens, die zu dem heute geltenden Autonomiestatut führte.

Südtirol rückte infolgedessen auch international in den Mittelpunkt des Weltgeschehens, woran sich heute außer der Erlebnisgeneration und Historikern kaum noch jemand erinnert.

„Paket“ und zweites Autonomiestatut

Nach unzähligen zähen Verhandlungsrunden zwischen Wien und Rom im Beisein von Vertretern beider Tirol einigte man sich auf die Entschärfung des Konflikts, indem man 137 Einzelmaßnahmen an einen „Operationskalender“ band – also an eine zeitliche Vorgabe für die Umsetzung – und in einer sogenannten „Paket-Lösung“ verschnürte. Bevor diese am 20. Januar 1972 als „Zweites Autonomiestatut“ in Kraft treten konnte, musste ihm die Südtiroler Volkspartei (SVP), die seit 1945 maßgebliche politische Kraft im Bozner Landhaus, zustimmen. Auf der SVP-„Landesversammlung“ in der Kurstadt Meran kam 1969  eine knappe Mehrheit dafür zustande.

Es sollte weitere zwanzig Jahre und ungezählte Verhandlungen im Reigen stets wechselnder italienischer Regierungen in Anspruch nehmen, die wesentlichen Bestimmungen über die Selbstverwaltung umzusetzen sowie die annähernde Gleichstellung der deutschen mit der italienischen Sprache im öffentlichen Leben sowie die Stellenbesetzung gemäß ethnischem Proporz zu verwirklichen. Erst 1992 konnte das „Paket“ für erfüllt und am 11. Juni der Südtirol-Konflikt durch Abgabe der „Streitbeilegungserklärung“ vor den Vereinten Nationen formell für beendet erklärt werden. Zuvor hatte der damalige italienische Ministerpräsident Giulio Andreotti im römischen Parlament sowie mittels eines Briefes nach Wien die Zusicherung gegeben, dass Änderungen daran nur mit Zustimmung der Südtiroler vorgenommen werden dürften.

Ohne Perspektive

Letzteres ist seitdem vielfach nicht eingehalten oder im Sinne der von Rom in Anspruch genommenen zentralstaatlichen „Ausrichtungs- und Koordinierungsbefugnis“ (AKB) stark verwässert worden. Die SVP fand sich immer öfter bereit, von Rom dekretierte Änderungen an Substanz und Charakter des Statuts letztlich in „kompromisslerische“ Reduktionsforme(l)n zu kleiden. Sie nahm diese Änderungen  hin, um den Anschein von „Convivenza/Zusammenleben“ aufrecht zu erhalten sowie die von ihr ebenso wie von den jeweils in Rom Regierenden verabsolutierte, angeblich „beste Autonomie der Welt“ nach innen wie außen als „modellhaft“ anzupreisen. Und nicht zuletzt auch, um möglichst die  ihr insbesondere seit den 1980er Jahren zugewachsene politisch-ökonomische  Macht zu erhalten, von deren  ökonomisch-finanziellen wie sozialen Pfründen das Gros ihrer in Gemeinden,  Provinz und Region wirkenden Funktionsträger profitiert.

Von der „Autonomie-Partei“ SVP, deren geduldiger, langwieriger, mitunter bis zur Selbstverleugnung reichendes politisches Wirken für ein erträgliche(re)s Dasein der Südtiroler, zuvorderst für eine prosperierende Wirtschaft und eine geordnete Verwaltung, die den Zuständen in Italien hohnspricht, nicht gering geschätzt werden soll, ist daher insbesondere unter ihrer gegenwärtigen Führung nicht zu erwarten, dass sie je an eine Änderung des Status quo auch nur denkt oder gar einen „Plan B“ in die Schublade legte, um für Eventualitäten gerüstet zu sein. Demgegenüber  weisen alle austro-patriotischen Kräfte beidseits des Alpenhauptkamms und von Vorarlberg bis ins Burgenland völlig zurecht darauf hin, dass in sämtlichen Befunden aus mehreren demoskopischen Erhebungen der letzten Jahre – sowohl in Südtirol, als auch in Österreich selbst – klar zutage tritt, dass sich die weit überwiegende Mehrheit der Befragten stets für die Beseitigung bzw. Überwindung des Teilungszustands ausgesprochen hat.

Dr. Toni Ebner, Chefredakteur der Tageszeitung „Dolomiten“, nahm am 10. Oktober 2020 zu diesem Thema im ORF Stellung und sagte: „Die klassische Frage ‚Selbstbestimmung für Südtirol – wollt ihr zurück zu Österreich‘, hängt von den Umständen ab. Wenn die Umstände so sind, dass die italienische Regierung die Südtiroler drangsaliert, das hat es ja immer wieder gegeben, und Probleme schafft, dann glaube ich, dass eine Mehrheit in Südtirol für eine Rückkehr nach Österreich zustande kommt.“

(Dr. Toni Ebner in der ORF-Dokumentarsendung „100 Jahre Südtirol – Zerrissen zwischen den Mächten“ von Brigit Mosser-Schuöcker)

„100 Jahre Unrecht machen keinen Tag Recht“

Es kann daher nicht verwundern, dass sich Tiroler im Zusammenhang mit dem deutschen Staatsfeiertag  (3. Oktober) zur Erinnerung an die Wiedervereinigung 1990 die Frage stellen, was „das Bundesland Tirol, die Autonome Provinz Bozen-Südtirol und die Republik Österreich zur Vereinigung Süd-, Ost- und Nordtirols unternehmen“. Dabei wissen die derart Fragenden von vornherein, was sie, wenn überhaupt, aus Wien, Innsbruck und Bozen gegebenenfalls zur Antwort erhalten, nämlich dass „die einst trennenden Grenzen seit dem EU-Beitritt Österreichs nicht mehr wahrnehmbar, ja sogar überwunden“ seien und sich die „Landeseinheit durch EUropäisierung verwirklichen“ lasse, was institutionell bereits in der „Euregio Tirol Südtirol Trentino“ bzw. dem „Europäischen Verbund für territoriale Zusammenarbeit“ (EVTZ) seinen Ausdruck finde. Kollektiverfahrungen im Zusammenhang mit Grenzschließungen wegen der Abwehr des Flüchtlingszustroms respektive mit Grenzkontrollen aufgrund der Corona-Pandemie strafen derartige politische Beschönigungen ebenso Lügen wie der Blick auf die unverkennbare Renationalisierung der Staatengemeinschaft EU, deren Monstrosität, Entscheidungsschwäche  und Kraftlosigkeit als internationaler Akteur.

Vereinigungen wie Schützen (SSB), Heimatbund (SHB) und deutschtiroler Landtagsopposition halten indes daran fest, immer wieder – und in diesem Gedenk-Herbst umso mehr – das völkerrechtswidrige Zerreißen Tirols und die stete Verweigerung der Selbstbestimmung ins Gedächtnis zu rufen. Beispielhaft und aller Ehren wert sind in diesem Zusammenhang das „Kenntlichmachen der Mitte Tirols“ durch einen geweihten Markierungsstein, den der Schützenbezirk Brixen in unmittelbarer Nähe des Schutzhauses „Latzfonser Kreuz“ im Gebirge auf Gemeindegebiet von Klausen errichtete, sowie die von Trient bis Wien organisierte Plakataktion des SHB unter der Losung „100 Jahre Unrecht schaffen keinen Tag Recht“.

Plakat des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB) in Bozen, im Hintergrund das faschistische „Siegesdenkmal“
Plakat des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB) in Bozen, im Hintergrund das faschistische „Siegesdenkmal“

Zur Person des Verfassers:

Prof. Dr. phil. Dr. h.c. Reinhard Olt war 27 Jahre politischer Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z.) und von 1994 bis 2012 deren Korrespondent in Wien für Österreich, Ungarn, Slowenien, zeitweise auch für die Slowakei.

Daneben nahm er Lehraufträge an deutschen, österreichischen und ungarischen Hochschulen wahr. Seit 1990 ist er Träger des Tiroler Adler-Ordens, seit 2013 des Großen Adler-Ordens. 1993 erhielt er den Medienpreis des Bundes der Vertriebenen (BdV). 2003 zeichnete ihn der österreichische Bundeskanzler mit dem Leopold-Kunschak-Preis aus, und der österreichische Bundespräsident verlieh ihm den Professoren-Titel. 2004 wurde er mit dem Otto-von-Habsburg-Journalistenpreis für Minderheitenschutz und kulturelle Vielfalt geehrt und ihm das Goldene Ehrenzeichen der Steiermark verliehen. 2012 promovierte ihn die Eötvös-Loránt-Universität in Budapest zum Ehrendoktor (Dr. h.c.), verbunden mit der Ernennung zum Professor, und 2013 verlieh ihm der österreichische Bundespräsident das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst.

Im Jahre 2017 erschien das reich bebilderte und spannend zu lesende Dokumentarwerk: Reinhard Olt: „Standhaft im Gegenwind. Der Südtiroler Schützenbund und sein Wirken für Tirol als Ganzes“

Neumarkt/Etsch, Effekt! Verlag 2017, 364 Seiten, Hardcover, Format 260×235 mm, illustriert, ISBN 978-88-97053-39-2

Zur Bestellseite des Verlags: http://effekt-shop.it/shop/buecher/standhaft-im-gegenwind/