Österreichische Bundesregierung soll Farbe bekennen!

Bild Parlament: Thoodor (talk) via wikipedia.org, CC BY-SA 3.0 at, Link 

Am 24. Februar 2021 reichten der FPÖ-Südtirolsprecher Peter Wurm und weitere FPÖ-Nationalratsabgeordnete drei parlamentarische Anträge an die österreichische Bundesregierung ein, deren Inhalt in Wien für Kopfschmerzen sorgen wird:

I) Amnestie für die letzten Südtiroler Freiheitskämpfer

Zur Erläuterung:

Die nach Bayern und Österreich geflüchteten Südtiroler Freiheitskämpfer Heinrich Oberleiter, Sepp Forer und Siegfried Steger können bis heute nicht in ihre Heimat zurück. Sie sind gemäß der in Italien immer noch in Geltung befindlichen faschistischen Strafprozessordnung in menschenrechtswidrigen Abwesenheitsverfahren zu lebenslanger Haft verurteilt worden.

Von links nach rechts: Heinrich Oberleiter - Sepp Forer - Siegfried Steger
Von links nach rechts: Heinrich Oberleiter – Sepp Forer – Siegfried Steger

Auch der ehemalige Freiheitskämpfer und österreichische Staatsbürger Univ.-Prof. Dr. Erhard Hartung erlitt das gleiche Schicksal und kann bis heute Südtirol, das Land seiner Vorfahren, nicht betreten, will er nicht in einem düsteren süditalienischen Kerker enden. In Österreich wurde er in einem ordentlichen Gerichtsverfahren in Anwesenheit von den gegen ihn erhobenen italienischen Vorwürfen freigesprochen.

Der Historiker und Militärfachmann Oberst Mag. Dr. Hubert Speckner von der österreichischen Landesverteidigungsakademie hat 2013, lange Zeit nach der Verurteilung in Italien, anhand der bislang unter Verschluss gestandenen österreichischen sicherheitsdienstlichen Akten und aufgrund eigener fachlicher Untersuchungen akribisch nachgewiesen, dass Dr. Hartung sowie seine damaligen Mitangeklagten mit einem ihm von italienischer Seite vorgeworfenen angeblichen Sprengstoffanschlag auf der Porzescharte 1967 nichts zu tun gehabt haben konnten.

Der österreichische Historiker und Militärfachmann Oberst Mag. Dr. Hubert Speckner
Der österreichische Historiker und Militärfachmann Oberst Mag. Dr. Hubert Speckner

Er hat dies in einer Dokumentation in deutscher Sprache (2013) und in italienischer Sprache (2015) publiziert, die in Österreich in allen wichtigen Tageszeitungen besprochen und gewürdigt wurde und die auch in Südtirol großes Aufsehen erregt hat. Unter anderem hat die Tageszeitung „Dolomiten“ ausführlich und eindeutig berichtet.

Speckners Werk trägt den Hauptitel „Von der Feuernacht zur Porzescharte“ und den Untertitel „Das ‚Südtirolproblem‘ der 1960er Jahre in den österreichischen sicherheitsdienstlichen Akten“. Die italienische Ausgabe erschien unter dem Titel „La Strage del Passo di Cima Vallona“.
Speckners Werk trägt den Hauptitel „Von der Feuernacht zur Porzescharte“ und den Untertitel „Das ‚Südtirolproblem‘ der 1960er Jahre in den österreichischen sicherheitsdienstlichen Akten“. Die italienische Ausgabe erschien unter dem Titel „La Strage del Passo di Cima Vallona“.

Titel eines Berichtes in den „Dolomiten“ vom 2. August 2013.
Titel eines Berichtes in den „Dolomiten“ vom 2. August 2013.

Weiters liegen neueste Erkenntnisse und Gutachten gerichtlich beeideter und zertifizierter Sprengstoff-Sachverständiger wie Dr. Ing. Melzer, Mag. Ruspeckhofer und Ing. Hasler vor, welche die Erkenntnisse von Mag. Dr. Speckner ebenfalls nachweisen, dass Dr. Hartung in Italien zu Unrecht in Abwesenheit gerichtlich verfolgt und verurteilt worden ist.

Univ.-Prof. Dr. Erhard Hartung (rechts im Bild) zusammen mit dem österreichischen Justizminister Univ.-Prof. Dr. Hans Klecatsky
Univ.-Prof. Dr. Erhard Hartung (rechts im Bild) zusammen mit dem österreichischen Justizminister Univ.-Prof. Dr. Hans Klecatsky

Es war bereits lange zuvor bei dem Außenministertreffen vom Aldo Moro und Kurt Waldheim in Kopenhagen 1969 vereinbart worden, dass in jedem Einzelfall die Berechtigung der Strafverfolgung seitens Italiens überprüft werden sollte. Das ist in der Folge jedoch weder bei Oberleiter, Forer, Steger, noch bei Dr. Hartung erfolgt. Es blieb auf italienischer Seite bei den schönen Worten und auch die österreichischen Politiker engagierten sich leider nicht mehr.

Auch einige weitere Freiheitskämpfer mit österreichischer oder bundesdeutscher Staatsbürgerschaft wurden in Abwesenheit von italienischen Gerichten verurteilt und erfuhren zum Teil erst aus der Presse von ihren Prozessen und Verurteilungen.

Alle diese Betroffenen sind bis heute nicht bereit, Gnadengesuche mit Schuldbekenntnissen an den italienischen Staatspräsidenten zu richten, da sie der Auffassung sind, dass sie angesichts der schweren Menschenrechtsverletzungen durch Italien damals berechtigten Widerstand gegen Unrecht geleistet hatten. Ihrer Auffassung nach, die sie mehrfach öffentlich geäußert haben, sollte Italiens Staatsoberhaupt von sich aus mit einer Annullierung der menschenrechtswidrigen Abwesenheitsverurteilungen den gebotenen Schlussstrich ziehen.

Im Jahre 2019 hatte der österreichische Bundespräsident Van der Bellen versprochen, sich dafür einzusetzen. Seitdem hat man nichts mehr darüber gehört.

Man darf gespannt sein, wie sich die österreichische Bundesregierung nun zu dieser Frage stellen wird.

Ein aktueller Beitrag über das damalige Unrecht:

Am 4. März 2021 erschien in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ ein Bericht, in dem es hieß:

„… Der französische Präsident Emmanuel Macron hat am Dienstagabend (2.03.2021) vier Enkel des 1957 gestorbenen algerischen Unabhängigkeitskämpfer Ali Boumendjel im Elysée-Palast empfangen und ihnen eingestanden, was seine Vorgänger im Namen der Republik nicht auszusprechen wagten: Ihr Großvater beging nicht Selbstmord, wie offiziell behauptet worden war, sondern wurde auf Anweisung des französischen Generals Paul Aussaresses in Algier gefoltert und starb an den Folgen der Verletzungen. In einem am späten Abend versandten Kommuniqué betont Macron, dass er das Eingeständnis als „Geste der Anerkennung“ verstanden wissen wolle, die „kein Einzelfall“ bleiben solle. In der Verlautbarung fehlt indessen der Hinweis darauf, dass der Präsident die Enkel um Vergebung für das Verbrechen gebeten habe.“

Daraufhin schrieb Univ.-Prof. Dr. Erhard Hartung einen Leserbrief, der am 10. März 2021 in der FAZ veröffentlich wurde:

II) Selbstbestimmung

Zur Erläuterung: Selbstverwaltung ist nicht Selbstbestimmung!

Die Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes ist ein plebiszitärer Vorgang. Das Volk stimmt ab. Eine Volksabstimmung über die künftige staatliche Zugehörigkeit oder Eigenständigkeit ist nicht gleichzusetzen mit eingeschränkten gesetzgeberischen und verwaltungsmäßigen Befugnissen eines Landtages und einer Landesregierung im Rahmen von oben her auferlegten Bestimmungen.

Univ.-Prof. Dr. Franz Gschnitzer: „Selbstverwaltung ist nicht Selbstbestimmung!“
Univ.-Prof. Dr. Franz Gschnitzer: „Selbstverwaltung ist nicht Selbstbestimmung!“

Bereits am 9. September 1946 hatte der Innsbrucker Nationalratsabgeordnete, Universitätsprofessor, Richter und spätere Staatssekretär Dr. Franz Gschnitzer (ÖVP) in dem ÖVP-Organ „Tiroler Nachrichten“ in einem Artikel unter dem Titel „Selbstbestimmung nicht Selbstverwaltung“ klargestellt, dass „Selbstbestimmung zu den Grundrechten der Selbstherrschaft (Demokratie)“ gehört. Auf dieses Recht könne kein Volk verzichten. „Selbstverwaltung ist nicht Selbstbestimmung! So wenig ein Verwalter, der nicht verfügen kann, Eigentümer ist.“

III) Ortsnamen

Man darf gespannt sein, wie die österreichische Bundesregierung und die ihr parteipolitisch verbundenen Volksvertreter mit diesen Anträgen verfahren werden.

Es ist zu hoffen, dass nicht eine Politik des Auf-die-lange-Bank-Schiebens verfolgt werden wird.

Man wird sehen und der SID wird wieder berichten.




Gedenken an Peter Mayr

Jedes Jahr gedenken wir am 20. Februar des Todestages von Andreas Hofer im Jahr 1810. Am gleichen Tag und fast zur gleichen Stunde wurde, unweit der Talferbrücke in Bozen, Andreas Hofers enger Kampfgefährte Peter Mayr, der „Wirth an der Mahr“, ebenfalls erschossen. Diesem redlichen und unbeugsamen Mann, der zu Unrecht weitgehend in Vergessenheit geraten ist, ist die nachstehende Dokumentation gewidmet.

„Ich will mein Leben durch keine Lüge erkaufen!“

Ein historischer Bericht von Georg Dattenböck

„Nein, eine Grenze hat Tyrannenmacht, // Wenn der Gedrückte nirgends Recht kann finden, // Wenn unerträglich wird die Last – greift er // Hinauf getrosten Muthes in den Himmel, // Und hohlt herunter seine ewgen Rechte, // Die droben hangen unveräusserlich // Und unzerbrechlich wie die Sterne selbst …“ (Friedrich Schiller, Drama Wilhelm Tell)

Peter Mayr und seinen Mitstreiter war es im Freiheitskampf von 1809 vor allem um Folgendes gegangen:

  • um die Bewahrung der verbrieften Freiheiten, niedergelegt im „Tiroler Freiheitsbrief“;
  • um den Erhalt der Wehrhoheit, niedergelegt im Landlibell von 1511;
  • um den Erhalt der kulturellen und damit auch religiösen Identität des Volkes;
  • um den Erhalt des von Napoleon erstmals 1808 abgeschafften Landesnamens Tirol.

Der „Tiroler Freiheitsbrief“ vom 28. Jänner 1342 ist ein einzigartiges historisches Dokument der frühen, demokratisch-fortschrittlichen Landesentwicklung unter Einbeziehung eines freien Bauernstandes.
Der „Tiroler Freiheitsbrief“ vom 28. Jänner 1342 ist ein einzigartiges historisches Dokument der frühen, demokratisch-fortschrittlichen Landesentwicklung unter Einbeziehung eines freien Bauernstandes.

Peter Mayrs Familiengeschichte wurde erforscht

Peter Mayr wurde am 15. August 1767 am Köhlhof in Siffian am Ritten (nördlich Bozens) als Sohn des Peter Mayr (1741–1806) und seiner Frau Maria Unterhofer (1743–1815) die vom Hof Doppelbauer in Oberbozen stammte, geboren.

In der von Königin Maria Theresia 1774 im Land eingeführten Grundschule lernte Peter das Lesen und Schreiben und erhielt eine religiöse Bildung.

Stammbaum der Mayr von Sulz (Staffler) am Ritten
Stammbaum der Mayr von Sulz (Staffler) am Ritten

Peter Mayr, „Wirth an der Mahr“
Peter Mayr, „Wirth an der Mahr“

Wie der Stammbaum der Familie zeigt, stammte Peter Mayr aus einem alten Tiroler Bauerngeschlecht. Das Wappen erhielt die Familie von Kaiser Karl V. im Jahre 1555 verliehen, als Dank für geleistete Dienste. Die Familie brachte immer wieder Männer hervor, die das Richteramt ausübten, so auch Peters Vater, der als letzter Blutbannrichter am Ritten wirkte.

 

Das Wirtshaus an der Mahr

Der von der rätischen Sprachwurzel „la’mara“ hergeleitete Name Mahr, in der Bedeutung „Erdrutsch, Überschwemmungsgebiet“, ist über ein mittelhochdeutsches „Mette“ in der tirolerischen Mundart zu „Mahr“ geworden. Das Gebiet um und das Wirtshaus an der Mahr weist eine lange Geschichte auf:

1173 schenkte Frau Gisela von Latzfons „in der Merre“ dem Kloster Neustift Leibeigene;

1212 wird eine Kirche zum hl. Jakob an der Mahr genannt;

1225 fand ein Ritterturnier in „ein velt din merre“ zwischen dem Minnesänger Ulrich von Lichtenstein und Udalschalk von Potzen statt; der Bozner verlor dabei einen Finger;

1396 wird ein Weingut des Niderchoflacher an der Maerre genannt;

1656 war Ulrich Rändl der „Wirt an der Märe“;

1780 war Claudia Peer Besitzerin des Mahrerwirt;

1803 waren Johann und Maria Öler die Wirtsleute an der Mahr;

1804 am 8. November, erwarb Peter Mayr, Kölensohn in Siffian Am Ritten, das Wirtshaus, nachdem er vorher das Wirtshaus „Zum Weißen Kreuz“ (genannt „beim Schober“) südlich von Klausen gelegen, besessen hatte.

Alte Ansicht vom Gasthaus Wirth an der Mahr
Alte Ansicht vom Gasthaus Wirth an der Mahr

Das uralte Wirtshaus an der Mahr wurde ein Treffpunkt all jener Tiroler, die sich über die französische Besatzung und deren maßlose Übergriffe: die zwangsweise Aushebung von Rekruten, über Diebstähle, Raub, Vergewaltigungen und Morde, über die verhasste Abschaffung alter Rechte, über die vielen neuen Steuern, über die Verbote religiösen Brauchtums und über das provokant-anmaßende Verhalten der neuen Obrigkeiten empörten.

Geheime Zusammenkünfte fanden im „Schmiedhäusl“ neben dem Mahrwirt statt, an denen auch Andreas Hofer teilnahm: so beim „Bauernkonvent“ am 25. November 1807, auf dem beschlossen wurde, Anordnungen der Besatzer betreffend kirchlicher Angelegenheiten nicht zu befolgen und „die Schänder der Gotteshäuser“ zum Schutze des Glaubens aus dem Lande zu vertreiben. Eine zunächst friedlich an den bayerischen König Max I. gerichtete Bittschrift wurde von den Behörden beschlagnahmt und die Unterzeichner wurden verwarnt.

Das blutige Drama des Tiroler Aufstandes war somit von den Franzosen selbst und deren willigen, bayerischen Vasallen vorprogrammiert.

Die historischen Grundlagen des Tiroler Schützenwesens

Die Adler-Fahne des Tiroler Aufgebotes von 1499 (Aus: „Deutsches Soldaten-Jahrbuch“, München 1987)
Die Adler-Fahne des Tiroler Aufgebotes von 1499 (Aus: „Deutsches Soldaten-Jahrbuch“, München 1987)

In einer Urkunde Kaiser Maximilians I. vom 23. Juni 1511 wurde, mit der Zustimmung der Tiroler Landstände bestimmt, daß die Tiroler, jedoch nur zur Verteidigung ihres Landes, Kriegsdienst zu leisten hatten. Dieses sogenannte Landlibell regelte die Aufstellung eines Schützenaufgebots und eines Landsturms und war bis zum Jahr 1918, im Lauf der Zeit mit einigen Änderungen, immer ein Teil der Tiroler Landesverfassung.

Die Schützenkompanie Ritten mit der Adler-Fahne im Jahr 1913. (Aus: „Deutsches Soldaten-Jahrbuch“, München 1987)
Die Schützenkompanie Ritten mit der Adler-Fahne im Jahr 1913. (Aus: „Deutsches Soldaten-Jahrbuch“, München 1987)

Erstmals trat Peter Mayr in das Licht der Öffentlichkeit, als er sich als Kommandant der Schützen am Ritten bewährte. Das Schützenaufgebot vom Ritten unter seinem Kommando wehrte bereits am 3. April 1797 die versuchte Besetzung des Ritten durch eine französische Einheit ab, die Franzosen mussten sich nach Bozen zurückziehen. Die damals entstandenen Kampflieder der Schützen sind provokant und mobilisierend, wie z. B. das „Lied im Franzosen-Rummel 1796“, dessen Text (hier folgend die ersten drei von acht Strophen) lautet:

Den Stutzen hear, beym Soggara.
Was wöll’n denn d’Franzosen?
Hö! moanen sie mit ihrem Gschroa,
Mier haben ’s Hearz in d’Hosen!
An schwanzigen Tyrolar Bua
Darfst du nit dreymal fragn;
Weard er dir wirsch, aft schau nur zue,
Er nimpt di glei bam Kragen.

Die Walschen! ja, daß Gott erbarm,
seyn freila pure Heiter,
Sihst afa den Tyrolar Arm?
Huj! nur koan Schritt mea weiter.
Ja, sproz nur einer Tuifelsboan,
Mier wöll’n dirs schon drahnen,
Was ’s Stutzl nit derthuet: der
thoan die Stoaner-Krafellahnen.

Für üns ists krad a Kirchtatanz.
Denn mier – mier halten zsamen,
und lieben Gott und Kaiser Franz
Und ünser Landl Amen.
A hab’n mier ünsrer Alten Lehr
Bey weiten nit vergessen,
Die haben sich mit Ruam und Ehr,
Mit zwean auf oamal gmessen.

(Aus: Sandra Hupfauf/Silvia Maria Ebner: „Liedgeschichten. Musik und Lied in Tiroler Politik und Gesellschaft 1796-1848“, Innsbruck 2013)

Der Aufstand 1809

Über die Erhebung der Tiroler im Jahre 1809 berichtete die „Innsbrucker Zeitung“ ausführlich.

Faksimile der „Innsbrucker Zeitung“ vom Freitag, 21. April 1809
Faksimile der „Innsbrucker Zeitung“ vom Freitag, 21. April 1809

Damals wurden 380 Schützenkompanien in den Standeslisten des Jahres 1809 aufgeführt. Das waren an die 36.000 Schützen mit Gewehren und rund 40.000 Stürmer, die jedoch nur mit Hacken, Sensen, Morgensternen und Picken sehr mangelhaft bewaffnet waren.

Die 1809 erfolgte Aufhebung des Landlibells durch die Franzosen bzw. deren bayrische Vasallen, sowie die Zwangsaushebung von Tiroler Rekruten in Axams für den Dienst in der französischen Armee, führte geradewegs in den Aufstand.

In der „Festschrift zur Wiedererrichtung des Peter Mayr Denkmals in Bozen 21. Februar 2010“ (Herausgeber: Schützenkompanie Bozen), die hier vom Verfasser zu den folgenden Zitierungen herangezogen wird, ist über das Schicksal von Peter Mayr u.a. zu lesen:

„Als dann Anfang April 1809 der Aufstand losbrach, war Peter Mayr an den beiden ersten Befreiungen des Landes im April und im Mai beteiligt. In den beiden Bergiselschlachten am 25. und 29. Mai befehligte er die Pfeffersberger. Ebenso bedeutend wie seine militärische Rolle war in dieser Zeit seine politische als gewählter Vertrauensmann der Stadt und Umgebung von Brixen.

Bei der dritten Befreiung Tirols, der eigentlichen Ruhmestat von 1809, wurde Peter Mayr dann zu einer entscheidenden Führerpersönlichkeit. Nach der Niederlage von Wagram hatte Erzherzog Karl im Waffenstillstand von Znaim (11. Juli 1809) Napoleon die militärische Räumung Tirols zusagen müssen. Nach dem Abzug der regulären österreichischen Truppen waren die Tiroler auf sich allein gestellt, viele verzagten und wollten den Kampf aufgeben. Nichts schien die französischen und bayerischen Truppen aufhalten zu können, die beinahe kampflos in Innsbruck einrückten und sich anschickten, auch den Süden des Landes zu besetzen. In dieser aussichtslosen Lage trafen sich am 2. August 1809 der Mahrwirt Peter Mayr und der Sternwirt Peter Kemenater von Schabs beim Kreuzwirt Martin Schenk in Brixen. In ihrem als „Schwur der Drei“ bekannten Treffen gelobten sie sich Treue im Kampf um die Freiheit Tirols und bereiteten den Widerstand in der Sachsenklemme vor, der die entscheidende Wende brachte.“

Bild von Albin Egger-Lienz: Der Schwur der Drei. In Hemdärmeln sieht man Peter Mayr, rechts Peter Kemenater, im Hintergrund, die Rechte zum Schwur erhoben, Martin Schenk. Auf dem Tisch liegt ein Säbel, die rechten Hände der Männer sind über der Waffe ineinandergelegt.
Bild von Albin Egger-Lienz: Der Schwur der Drei. In Hemdärmeln sieht man Peter Mayr, rechts Peter Kemenater, im Hintergrund, die Rechte zum Schwur erhoben, Martin Schenk. Auf dem Tisch liegt ein Säbel, die rechten Hände der Männer sind über der Waffe ineinandergelegt.

In der Festschrift heißt es weiter: „Die Tiroler konnten am 4. und 5. August unter der Führung von Peter Mayr, Pater Joachim Haspinger und Josef Speckbacher die vor allem aus Sachsen und Thüringern bestehende Division Rouyer, die von Innsbruck nach Süden durchstoßen wollte, nördlich von Franzensfeste zurückwerfen und ihr schwere Verluste zufügen. Von 2000 Soldaten waren 1000 gefallen oder, zumeist verwundet, in Gefangenschaft geraten. Die Tiroler hatten kaum 100 Mann verloren. Dieser beachtliche Erfolg (wie auch der ähnlich verlaufene Kampf bei der Pontlatzer Brücke im Oberinntal) rüttelte das ganze Land auf und ließ die Zahl der Kampfeswilligen rasch wieder ansteigen. Auch Marschall Lefebvre, der mit 7000 Mann den Durchbruch nach Süden doch noch erzwingen wollte, scheiterte nach erbitterten Kämpfen in der Gegend von Sterzing und zog sich schließlich nach Innsbruck zurück.

Der tagelang anhaltende Widerstand der Tiroler wäre nicht möglich gewesen, wenn Peter Mayr nicht den Nachschub bestens organisiert hätte. Der verfolgte Lefebvre musste sich am 13. August bei Innsbruck zum Kampf stellen. Diese dritte Bergiselschlacht, in der Peter Mayr mit Pater Haspinger das Zentrum kommandierte, endete mit einem Aufsehen erregenden Erfolg der zahlenmäßig unterlegenen Tiroler gegen die erfolgsgewohnten Franzosen und Bayern. Marschall Lefebvre mußte abziehen, Tirol war wieder frei.“

Gemälde von Defregger: Heimkehr der Sieger
Gemälde von Defregger: Heimkehr der Sieger

 In der Festschrift heißt es weiter: „Der zum Unterkommandanten ernannte Peter Mayr widmete sich in der folgenden Zeit der Regentschaft Hofers der Hilfe für die vom Krieg schwer getroffene Bevölkerung vor allem im Unterinntal. In Brixen betrieb er die Wiedererrichtung des Priesterseminars. Mit dem am 14. Oktober 1809 in Wien geschlossenen Frieden, der die Abtretung Tirols bestätigte, hatte Napoleon aber die Hände frei, um Tirol mit einem gewaltigen Truppenaufgebot endgültig zu unterwerfen.

Die vierte Bergisel-Schlacht am 1. November 1809 war angesichts der Übermacht der Feinde rasch verloren. Viele Landesverteidiger sahen die Sinnlosigkeit weiteren Widerstandes ein und gaben auf. Andreas Hofer selbst schwankte zwischen Aufgabe und Fortsetzung des Kampfes.“

Das dramatische Ende des Aufstandes

Nur mehr tief Verzweifelte konnten nach der letzten, verlorenen Bergisel-Schlacht noch ernsthaft an einen Sieg gegen eine übermächtige französische Armee denken. Ein Mann namens Johann Nepomuk Maria von Kolb (*1757 in Innsbruck, †Petra 1813), war einer Jener, die Andreas Hofer sogar unter Gewaltandrohung drängten, den bereits aussichtslosen Kampf fortzusetzen. Der Zeitzeuge, Freiherr von Hormayr, charakterisierte Kolb u.a. so:

„… Commandant von Lienz, Nepomuk von Kolb, aus einer guten Familie, ehehin ständischer Steuereinnehmer, aber um unordentlicher Verwaltung willen von diesem Amt entfernt, ein hirnverbrannter Anarchist von den tollsten Einfällen…“ (Joseph von Hormayr: „Geschichte Andreas Hofer’s, Sandwirths aus Passeyr, Oberanführer der Tyroler im Kriege 1809; 2. Theil, 2. Auflage Brockhaus Leipzig 1845, S. 361)

Hormayr berichtete schonungslos über die damalige Lage, wonach Hofer, auch auf Grund der Einwirkungen von Fanatikern, den Überblick verlor:

„Alle die nachfolgenden schwankenden und widersprechenden Schritte Hofer’s tragen das Gepräge seiner eigenthümlichen Unentschlossenheit, Leichtgläubigkeit und Kurzsichtigkeit, des heftigen Widerstreites der verschiedenen Parteien und Persönlichkeiten, die ihn hin und her rissen… Einige Verworfene, des Tyroler Namens unwürdig, wollten fortgesetzten Widerstand, um ihre Schäfchen ins Trockene zu bringen und ihre Flucht zu decken…

Der Vicekönig (Eugen Napoleon) sendete den General Rusca ins Pusterthal. Am 3. November rücken diese in Sillian ein. Den Oberbefehl führt Baraguey d’Hilliers, der die Unruhen in Krain gestillt hatte. Kolb predigte noch immer und zwar unter Androhung der Todesstrafe den hartnäckigsten Widerstand gegen diese ‚letzte Anstrengung der ohnmächtigen Feinde‘. Die Mutter Gottes sei ihm erschienen, sie werde helfen. Der Commandant Stöger, der zur Niederlegung der Waffen ermahnt hatte, sei ein vom Feinde mit 20,000 Fl. erkaufter Verräther und vogelfrei. Wirklich mußte sich Stöger zu den Franzosen flüchten. Seine warnenden Briefe an Hofer fing Kolb auf und belog den guten Sandwirth: der Erzherzog Johann rücke schon gegen Sachsenburg heran, man höre schon im Pusterthale den Donner seines Geschützes. – Die Bauern zogen sich in die Mühlbacher Klause zurück und dieselben befehligte Peter Mayr, Wirth in der Mahr; Kolb tobte und brüllte… An Lebhaftigkeit, Gewandtheit und Keckheit, an volksthümlicher Beredsamkeit gebrach es ihm gar nicht, eben so wenig an einer ledernen Stirn, wenn er auf der Lüge ertappt war.“ (Joseph von Hormayr: „Geschichte Andreas Hofer’s, Sandwirths aus Passeyr, Oberanführer der Tyroler im Kriege 1809; 2. Theil, 2. Auflage Brockhaus Leipzig 1845, S. 495ff)

Andreas Hofer, aber auch Peter Mayr, durch lokale Siege in einigen Gefechten und durch Kolb und Andere ermutigt, erhofften sich ein nochmaliges Eingreifen der österreichischen Armee. Mayr wollte das Eisack- und Pustertal halten und die Aufrufe zum Widerstand fanden wieder Gehör. General Moreau wurde mit 2000 Mann in Brixen eingeschlossen und Peter Mayr versuchte, noch am 25. November, Brixen zu stürmen: es war vergeblich, Mayr gab den Kampf schließlich auf.

Kolb, der fanatisch noch weiterkämpfte, flüchtete, nachdem er die Aussichtslosigkeit begriff, nach Wien. Dort wurde er als politisch Unwillkommener von den Wiener Behörden nach Brünn abgeschoben und unter Polizeiaufsicht gestellt. Er ließ sich schließlich in Petra bei Konstantinopel nieder, wo er 1813 an der Cholera starb.

Die grausame Rache der Franzosen

Die Bozner Schützen berichten in ihrer Festschrift: „Die Rache von General Severoli war schrecklich. Er ließ rings um Brixen 150 Höfe und Ansitze in Brand stecken, die Bewohner mußten sämtliche Habseligkeiten in den Häusern lassen und zusehen wie sie verbrannten. In Vahrn wurde dabei das junge Besitzerehepaar des Gallhofes erschossen. Nun richtete sich die Verfolgung gegen alle, die in der zweiten Novemberhälfte und Anfang Dezember noch gekämpft hatten. Vizekönig Eugene Beauharnais hatte am 12. November verkündet, daß jeder, der fünf Tage nach dieser Kundmachung noch mit der Waffe in der Hand angetroffen werde, erschossen werde.

Mehrere Aufständische, die bei den letzten Gefechten um Brixen in Gefangenschaft geraten waren, wurden in Bozen erschossen, 30 von ihnen wurden zu lebenslänglicher Festungshaft verurteilt und starben meist in den Gefängnissen. Drei Führer der Aufständischen, Johann Kircher von St. Leonhard, Bartlmä Pichler von Milland und Ignaz Haller von Neustift wurden am Brixner Domplatz erschossen, auf Kolb und Mayr wurde ein Kopfgeld ausgesetzt.“

Auch Peter Mayr fiel, wie Andreas Hofer, dem Verrat zum Opfer

Der von den Franzosen gesuchte Mayr verbarg sich im Leitererhäusl in Feldthurns, nur ein wenig oberhalb seines Wirtshauses. Jedermann wußte in Feldthurns vom Versteck, es dauerte trotzdem Wochen, bis ein Verräter namens Johann Pichler ihn an die Franzosen um 50 Gulden Judaslohn verriet. Am 8. Februar 1810 wurde Mayr festgenommen und am nächsten Tag in die Fronfeste St. Afra nach Bozen verbracht, wo schon Hofer kurz inhaftiert war. Ein Kriegsgericht verurteilte Peter Mayr am 14. Februar zum Tod.

Seine schwangere Frau Maria, die mit den Kindern nach Bozen kam um Peter beizustehen, richtete an den kommandierenden General Louis Baraguey d’Hilliers ein Gnadengesuch.

General Louis Baraguey d’Hilliers wollte Peter Mayr retten

Als Randnotiz muss hier vom Verfasser auf die Rolle des General Baragueys, als damaliger Oberbefehlshaber der französischen Truppen in Südtirol, bei der erstmals durchgeführten Erhebung der Sprachen, Sprachgrenzen und Sprecherzahlen in Südtirol und im Norden Italiens, durch das „Büro für Statistik“ im französischen Innenministerium hingewiesen werden. Von diesem Pariser Ministerium aus wurde von 1806 bis 1812 an „einer umfassenden Erhebung von Daten über alle im Kaiserreich gesprochenen Sprachen und Dialekte“ gearbeitet. (siehe dazu: Sven Koedel „Die napoleonische Sprachenerhebung in Tirol und Oberitalien in den Jahren 1809 und 1810“, in der vom Ladinischen Institut „Micurá de Rü“ herausgegebenen Zeitschrift „Ladinia 2010“, S. 11-49)

Als Ziel wurde für Tirol die die Beschaffung von Informationen über die Sprachgrenzen und die deutschen Sprachinseln angegeben. „So berichtet Baraguey d’Hilliers in einem Brief v. 4. April 1810, in der Administration des Etschkreises einen lebhaften Eifer für die Nachforschungen über die Dialekte der Valsugana entfacht zu haben“. (Koedel, a. a. O., S. 30)

Jedenfalls gibt diese sehr wertvolle Arbeit von Koedel einen tiefen Einblick in die damaligen Verhältnisse!

General Louis Baraguey d’Hilliers
General Louis Baraguey d’Hilliers

General Louis Baraguey d’Hilliers (1764-1813) legte im Gegensatz zu anderen französischen Generälen den aufständischen Tirolern gegenüber ein anständiges Verhalten an den Tag. Im Dezember 1809 verzichtete er auf einen Einmarsch in den Vinschgau, nachdem eine Ergebenheitserklärung abgegeben wurde. Der Ehefrau und dem Sohn von Andreas Hofer schenkte er nach deren Festnahme bald wieder die Freiheit und er besuchte Andreas Hofer in der Haft in Bozen. 1810 wurde der General von Napoleon nach Katalonien versetzt, anschließend kämpfte er in Napoleons Angriffskrieg gegen Russland, er starb 1812 in Ungnade als Gouverneur in Berlin.

Die Gattin des Generals wollte helfen

Die Gattin des Generals Baraguey, eine deutsche Frau aus Mainz, befreundete sich mit Anna von Giovanelli aus Bozen. Anna war die Tochter des Johann von Vintler zu Platsch und Runkelstein und Gattin des Ritters Josef von Giovanelli zu Gerstburg und Hörtenberg, welcher dem Herren- und Ritterstand angehörte. Die lombardische Familie Giovanelli stammte ursprünglich aus Bergamo.

Während der Kriegsjahre von 1796 bis 1801 und 1805 hatte sich Josef von Giovanelli um die Landesverteidigung von Tirol verdient gemacht. Als der Aufstandsplaner Josef von Hormayr, dessen Großmutter eine Elise von Giovanelli war, mit den Spitzen der österreichischen Armee Bozen erreichte, nahm ihn Josef von Giovanelli in seinem Haus auf. Von dort aus koordinierte Hormayr den Aufstand und das Haus Giovanelli wurde eines der Zentren der Tiroler Patrioten um Andreas Hofer. (Joseph von Hormayr: „Geschichte Andreas Hofer’s, Sandwirths aus Passeyr, Oberanführer der Tyroler im Kriege 1809; 2. Theil, 2. Auflage Brockhaus Leipzig 1845)

Baragueys Frau wirkte auf Grund des Drängens ihrer Freundin Anna von Giovanelli stark auf ihren Gatten zu Gunsten von Peter Mayr ein. Dies zeigte Wirkung, denn der General selbst war bereits zweimal von französischen Revolutionären verhaftet worden und immer nur knapp Hinrichtungen entgangen. Er hatte wohl auch deshalb Verständnis für Mayrs triste Lage. Durch die Feldzüge und seine Ehefrau hatte er aber auch das redlich-offene Wesen der Mehrheit aller Deutschen sehr zu schätzen gelernt.

Die „Staats- und Gelehrtenzeitung des Hamburgischen unparteyischen Korrespondenten“ gehörte damals zu den größten und einflussreichsten Zeitungen (erschienen 1712 bis 1934). Sie vertrat Glaubhaftigkeit, Sachlichkeit und, soweit unter der Besatzung möglich, auch eine Unparteilichkeit. In Nr. 41 v. 13.3.1810 schrieb diese Zeitung über General Baragueys Gattin:

„Die edle Gemahlin von Baraguey d’Hilliers genießt hier allgemeine Liebe und Achtung. Diese durch Kopf und Herz vortreffliche Dame hilft, wo sie kann, tröstet und unterstützt die Unglücklichen – jedermann hat zu ihr freien Zutritt.“

Der General hob das Urteil auf – Peter Mayr wollte keine Lüge sagen

General Baraguey und seinen Offizieren war auch die meist sehr gute Behandlung französischer Verwundeter und Gefangener durch die Tiroler bestens bekannt.

Deshalb hob er unter dem Vorwand eines Formfehlers das bereits ergangene Urteil gegen Peter Mayr auf. Baraguey wollte damit auch die Tiroler Bevölkerung für sich gewinnen und die angespannte Lage beruhigen.

Mayr wurde über seinen Anwalt eine Erklärung nahegelegt, daß er vom Erlass des Vizekönigs Eugen Napoleon vom 12. November keine Kenntnis gehabt habe. Mayr, so der Gedanke von General Baraguey, sollte durch diese Notlüge vor Gericht sein Leben retten.

Das war der Originalbefehl des Vizekönigs von Italien an die Tiroler vom 12. November 1809, wonach das Tragen von Waffen bei Todesstrafe verboten ist.
Das war der Originalbefehl des Vizekönigs von Italien an die Tiroler vom 12. November 1809, wonach das Tragen von Waffen bei Todesstrafe verboten ist.

Wie auch andere Männer in der Geschichte in ähnlicher Lage, lehnte Peter Mayr dieses Ansinnen jedoch ab:

„Die Erfüllung der für meine Rettung gestellten Bedingung ist unmöglich. Ich habe von den Friedensbestimmungen gewußt und eben deshalb zu den Waffen gegriffen, um einen Verzweiflungskampf zu wagen; ich bin der Wahrheit und den Geboten Gottes treu geblieben mein Leben lang und werde nie durch eine Lüge mein Leben erkaufen…“. (Zitiert nach Johann Staffler: „Das deutsche Tirol und Vorarlberg, topographisch mit geschichtlichen Bemerkungen“ Bd.II, S. 104, Innsbruck 1847)

(Dazu eine Anmerkung des Verfassers: Der griechische Staatsmann Perikles (490 – 429 v. Chr.) sagte in einer Rede auf die Gefallenen: „Ich rede nicht dem Wahn das Wort, daß der Tod vor dem Feind köstlich sei. Ich rede einer Wahrheit das Wort, daß es zu allen Zeiten unentrinnbarer Zwang ist, das, was man liebt, verteidigen zu müssen. Auch mit dem Leben.“)

Peter Mayrs religiöser Glaube, der ihm vor dem Tod die Angst nahm, seine tiefe Liebe zum freien Land der Väter und – trotz aller erlebten bitteren Enttäuschungen – seine Treue zum Kaiserhaus in Wien sowie sein Beharren auf dem moralischen Recht zum Widerstand gegen die Vergewaltigung seines Landes, zwangen ihn wohl, im Angesicht des nahen Todes nicht zu lügen.

Die Hinrichtung des unbeugsam Wahrheitsliebenden

Der 43jährige Wirt an der Mahr wurde um die Mittagszeit des 20. Februar 1810, unweit der Talferbrücke in Bozen und fast zur gleichen Zeit wie Andreas Hofer in Mantua, von einem Exekutionskommando der Franzosen erschossen. Den überlieferten Berichten nach nahm Peter Mayr, wie auch sein Oberkommandant Hofer, das über ihn verhängte Todesurteil sehr gefasst entgegen. Gelassen ging Mayr auf den Richtplatz, mit einem Kreuz in der Hand und seinem Hut unter dem Arm. Der Tiroler Aufstandsplaner und Zeitzeuge Josef von Hormayr schrieb über diese Haltung in Bezug auf Hofers Ende:

„So wenig Hofer das Todeswort des Kriegsgerichts erwartet hatte, vernahm er dieses Urtheil doch ohne die Miene zu verändern mit erhebender, alle Anwesenden sichtbar überraschender Gelassenheit und religiöser Resignation“ (Joseph von Hormayr: „Geschichte Andreas Hofer’s, Sandwirths aus Passeyr, Oberanführer der Tyroler im Kriege 1809; 2. Auflage Brockhaus Leipzig 1845, S. 514)

Eine feindliche Zeitung berichtete über das Ende von Peter Mayr

Die dem bayrischen Königshaus und damit dem Bündnis mit Frankreich verpflichtete „Münchner politische Zeitung“ vom 5. März 1810 berichtete über die Exekution von Peter Mayr und das Schicksal von Tiroler Aufständischen:

„Der reiche Wirth von der Mahr unweit Brixen, bey der Talferbrücke, Namens Peter Mayer, welcher am 20. d. dieß nach dem Urtheilspruch eines Kriegsgerichts vor hiesiger Stadt erschossen wurde, war ein Vater von 5 lebendigen Kindern, und das 6te trägt sein trostloses Weib noch unter dem Herzen. Aus seinen Verhören ergab sich, daß er ein Gespann des verruchten Kolb war, der in der Gegend von Brixen so viel angerichtet hat. Peter Mayer gestand in den Verhören immer mehr, als man von ihm zu wissen verlangt, und erklärte wiederholt, daß er den Tod nicht fürchte. Wirklich ging er sehr entschlossen, mit einem Kruzifix in der Hand, und mit dem Hut unter dem Arm, von einer großen Menge Volks begleitet, auf den Richtplatz. Nachmittags wurde er auf dem Gottesacker begraben. Seinem Beichtvater gab er den Auftrag, die Gemeinden um Brixen herum wegen Allem, was er ihnen Leid gethan, um Verzeihung zu bitten: Sein Weib erhielt die Erlaubniß, mit ihren Kindern wieder auf die Wirthschaft zu ziehen; diese ist aber rein ausgeplündert. – Der Sohn des Sandwirths Hofer, der bisher als Gefangener im hiesigen Spital lag, und zu seinem Vater nach Mantua abgeführt werden sollte hat nunmehr auf vielseitige Fürbitte die Erlaubniß erhalten, zu seiner Mutter nach der Heimath zurückzukehren. – Die Insurgenten von Bozen und Gries, die im verflossenen September als Kriegsgefangene nach Mantua abgeführt wurden, sitzen noch daselbst. Mehrere derselben sind inzwischen bereits gestorben.“ 

Faksimile aus „Münchener Politische Zeitung“ vom Montag, 5. März 1810.
Faksimile aus „Münchener Politische Zeitung“ vom Montag, 5. März 1810.

Anmerkungen sind zu dieser Meldung nötig: Abgesehen von geographischer Unkenntnis des Schreibers über die Lage des Gasthofs Wirth an der Mahr ist der psychologisch ausgefeilte und suggestive Versuch bemerkenswert, dem Leser nahezubringen, daß Mayr der „reiche Wirth“ war, der seine in tiefe Not geratene Familie ganz offensichtlich ohne einen Funken von Gewissen kaltblütig im Stich gelassen hatte.

Die Schuld an dem Unheil, welches über das Land gekommen war, wurde in diesem Bericht den Aufständischen zugewiesen und es wurde auch verschwiegen, wer das Wirtshaus an der Mahr ausplünderte.

Es wurde auch verschwiegen, daß es die deutsche Gattin des Generals Baraguey war, die sich bei ihrem Gemahl für die Heimkehr von Hofers Sohn zu seiner Mutter stark gemacht hatte.

Die Benennung der Aufständischen als „Kriegsgefangene“ hingegen liest man sonst sehr selten und auch der letzte Satz berichtet eine Wahrheit: kerngesunde Männer, die noch kurz zuvor die Kraft hatten, die ungeheuren Strapazen der schweren Kämpfe durchzustehen, starben im Kerker wie die Fliegen. Der Hunger, die Kälte des Steinbodens auf dem sie schlafen mussten, die generell sehr harte Behandlung und die bangen Gedanken der Eingekerkerten an die ungewisse, düstere Zukunft ihrer Höfe und Familien, hatte sie schnell dahin gerafft. Hunderte waren eingekerkert, dutzende wurden erschossen und viele Tausende starben in den Kämpfen oder an den Folgen von schweren Verwundungen und Krankheiten.

Die Gedenkstätten für Peter Mayr

Gedenkstein vor dem Wirtshaus an der Mahr

Nach seinem Tod wurde Peter Mayr vom Tiroler Volk und den Patrioten des übrigen Österreich keinen Tag vergessen. An historischer Stelle, vor seinem Wirtshaus an der Mahr wurde, 100 Jahre nach seinem Tod, ein Gedenkstein für ihn errichtet, am Wirtshaus selbst und in Mayrs Geburthaus in Siffian am Ritten wurden Gedenktafeln enthüllt.

Historische Postkarte vom Gasthaus an der Mahr und dem davor stehenden Denkmal für Peter Mayr, welches am 25. September 1910 eingeweiht wurde.
Historische Postkarte vom Gasthaus an der Mahr und dem davor stehenden Denkmal für Peter Mayr, welches am 25. September 1910 eingeweiht wurde.

Blinder Hass: Ein Gedenk-Kranz muss in Stücke gehackt werden

Daß die Südtiroler Bevölkerung auch nach dem Zweiten Weltkrieg nicht bereit war, sich willenlos mit der Landesteilung abzufinden, wurde am Abend des 20. Februar 1946 sichtbar, als einem Bericht des SVP-Organs „Volksbote“ zufolge anlässlich des Gedenkens an den Tod Andreas Hofers im Lande „überall die Feuer zum Himmel“ loderten. Es „schien am 20. Februar abends das ganze Land in Brand gesteckt zu sein. Durch das Etschtal zwischen Bozen und Meran brannten zahllose Feuer im Tal herunten und an den Hängen. … Von Meran aus gesehen war es so, als wenn die Berge rings um die Stammburg Tirol zu brennen und zu lohen begännen …

Raketen und Feuer rund um Brixen. (Bild aus der Festschrift: Michael Gamper: „Südtirol im Jubeljahr seines Bundes 1976-1946“, Brixen 1946)
Raketen und Feuer rund um Brixen. (Bild aus der Festschrift: Michael Gamper: „Südtirol im Jubeljahr seines Bundes 1976-1946“, Brixen 1946)

Im Talkessel von Brixen brannten hunderte von Feuern in allen Berghöhen … Tausende von Raketen stiegen zum Himmel, da und dort Inschriften und Sinnbilder mit Feuer gezeichnet.

Das gleiche Schauspiel durch das ganze Pustertal. Von Mühlbach angefangen überall stiegen Raketen auf, vielfach sah man die tirolischen Symbole, ein flimmerndes Herz Jesu oder dergl. … Von St. Lorenzen her wetterleuchtete es förmlich und die Gegend von Bruneck war ein Feuerbecken. Auf einer Höhe über Bruneck standen in Flammenschrift der Landesnamen und darüber wiederum das Zeichen des Herzens Jesu. Im Hochpustertal war es nicht anders … Wiederum hat das Volk wie so oft in seiner Geschichte mit Feuerzeichen in den Himmel geschrieben was seine Seele zu tiefst bewegt.“ („Volksbote“ vom 28. Februar 1946)

Gegen diese landesweiten, feurigen Bekundungen hatten die italienischen Behörden nichts unternehmen können, denn diese Äußerungen des Volkswillens waren zu mächtig. Bei einer kleineren, lokalen Aktion wurden sie jedoch umgehend tätig. In der Nacht vom 20. auf den 21. Februar 1946 war von Unbekannten ein Kranz aus Nadelzweigen – auf Tirolerisch „Taxenkranz“ genannt – am Denkmal von Mayr niedergelegt worden.

Der Kranz trug eine Schleife in den Tiroler Farben und auf einem Stück Karton die Inschrift:

„Des Helden Vermächtnis an unser Geschlecht:
‚Für Glaube und Heimat, für Sitte und Recht!‘‘“

Wie das SVP-Organ „Volksbote“ am 28.2.1946 berichtete, erschienen am 21. Februar 1946 die Carabinieri und zwangen die Wirtsleute des Gasthauses an der Mahr, den Kranz in Stücke zu hacken.

Dies war einer der vielen täglichen Nadelstiche, Gemeinheiten und Tiefschläge, die damals von den Südtirolern zu ertragen waren und die dazu beitrugen, den überhitzten Dampfkessel Südtirol in der „Feuernacht“ des Jahres 1961 platzen zu lassen, mit einem Donnerschlag, welcher die internationale Öffentlichkeit auf die unerträglichen Verhältnisse in Südtirol aufmerksam machte.

Ein Denkmal in Bozen

Bereits am 30. September 1900 wurde, nach einem Entwurf des Architekten Ritter Georg von Hauberisser, am Pfarrplatz in Bozen, wo Peter Mayr bestattet worden war, ein Denkmal enthüllt, das unter einem neugotischen, mit einem Kruzifix geschmückten Oberbau ein Relief trug, das die Gefangennahme Mayrs durch die Franzosen darstellte. Die Einweihung des Denkmals am 30.9.1900 wurde, trotz Regens, zu einem großen patriotischen Fest, wobei besonders die Rede des Historikers Hirn beeindruckte.

Das 1900 errichtete und später restaurierte Peter Mayr-Denkmal in Bozen sowie Bericht aus der „Bozner Zeitung“ vom 1. Oktober 1900.
Das 1900 errichtete und später restaurierte Peter Mayr-Denkmal in Bozen sowie Bericht aus der „Bozner Zeitung“ vom 1. Oktober 1900.

Unter dem Relief war folgender Text angebracht:

„Hier ruht Peter Mayr, Wirth an der Mahr. Im Jahr 1809 Landsturm-Commandant, geboren zu Siffian am 15. August 1767. Von den Franzosen am 20. Februar 1810 auf der Holzreife zu Bozen standrechtlich erschossen, nachdem er es verschmäht hatte, Leben und Freiheit durch eine Lüge zu erkaufen. R.I.P.“

An den Seiten des Denkmals sind Weggefährten und Kampfgenossen Peter Mayrs angeführt, die ebenfalls in Bozen erschossen wurden: Am 17.12.1809 waren am Johannesplatz (heute Waltherplatz) die Anführer Georg Ganeider, Zellenwirt in Villnöß, und Simon Rieder, Plankelbauer in Feldthurns, hingerichtet worden.

Am 21.12.1809 hatten hier Franz Burger aus Österreich, Matthias Frener, Schmied aus Pardell, Heinrich Koch aus Württenberg und Josef Markreich aus Ungarn ihr Leben gelassen.

Diese ehemaligen Soldaten hatten als „Sandwirts-Dragoner“ vor allem berittene Kurierdienste für Andreas Hofer geleistet und hatten mit Peter Mayr am 8.11.1810 in der Mühlbacher Klause gekämpft und dort die Kanonen der Tiroler bedient und waren beim Gefecht am 5.12.1810 in Klausen den Franzosen in die Hände gefallen.

Verbot der Einweihungsfeier für das restaurierte Denkmal und eine Prügelorgie

Bei der Bombardierung Bozens im Zweiten Weltkrieg war 1943 der helmförmige Aufsatz zerstört und das Denkmal schwer beschädigt worden. Es wurde wieder restauriert. Die für Samstag, 20.2.1960 geplante Einweihungsfeier zum Abschluss des Gedenkjahres „150 Jahre Freiheitskrieg“ wurde vom Regierungskommissar im Auftrag Roms kurzfristig verboten!

Nicht verbieten konnte er den Gedenkgottesdienst am Sonntag, 21. Februar 1960, der mit über 2000 Teilnehmern gefeiert wurde. Als die Besucher aus der Kirche strömten, legten die Grieser Schützen, sowie Fahnenträger der Katholischen Jugend und Nachkommen von Peter Mayr am Denkmal einen Kranz nieder.

Siegfried Steger auf dem Landesfestzug 1984 in Innsbruck
Siegfried Steger auf dem Landesfestzug 1984 in Innsbruck

Über das, was dann geschah, berichtet der Südtiroler Freiheitskämpfer der 1960er Jahre Siegfried Steger in seinem Buch: „Die Puschtra Buibm“:

„Es folgte Provokation auf Provokation. Vereinzelte Anschläge sorgten nicht für ein Nachdenken der italienischen Politik, sondern ließ diese noch härter vorgehen. Nach einem Anschlag im Vinschgau im Februar 1960 wurden sämtliche Veranstaltungen im ganzen Land verboten, das war gezielt gegen die Andreas-Hofer-Feiern gerichtet. Für Bozen war dies besonders schlimm, weil für den Sonntag, 21. Februar, die Einweihung des neuen Peter-Mayr-Denkmals bei der Pfarrkirche vorgesehen war. Der Bozner Dom war an diesem Tag zum Bersten voll, auch ich hatte es mir nicht nehmen lassen, zu diesem Ereignis nach Bozen zu fahren. Als wir – an die 2000 Kirchgänger – nach der Messe aus dem Dom strömten, stimmten wir das Andreas-Hofer-Lied an, beim Peter-Mayr-Denkmal wurde ein Kranz niedergelegt.

Die Prügel-Carabinieri treten in Aktion
Die Prügel-Carabinieri treten in Aktion

Das genügte, um die Polizei zum Zuschlagen zu bewegen. Von allen Seiten kamen die ‚Celere‘, die schnellen Einsatzautos der Polizei, mit Sirenengeheul angefahren, die Polizisten sprangen herab und schlugen mit Gummiknüppeln auf die Leute ein. Fotoapparate wurden abgenommen, mehrere Kirchgänger verhaftet. Im darauffolgenden Strafverfahren wollte der Staatsanwalt die Verteidigung nicht einmal zu Wort kommen lassen, diese setzte sich aber durch. Drei der Festgenommenen wurden zu bedingten Strafen verurteilt, die anderen freigesprochen. Gegen das Fehlverhalten der Polizei wurde aber nie ermittelt.

Der als ‚Knüppelsonntag‘ in die Südtiroler Geschichte eingegangene Übergriff der Polizei hatte mich tief erschüttert. Mir selbst war nichts passiert, aber unmittelbar in meiner Nähe lag ein junger Bursch in Tracht auf dem Boden, während auf ihn eingeschlagen wurde. Diese Hilflosigkeit gegenüber der staatlichen Macht konnte ich fast nicht ertragen. Am Abend erzählte ich Heinrich Oberlechner davon, spontan rief er aus: ‚Diese Besatzer machen mit uns, was sie wollen!‘ Jetzt weihte ich ihn in alle meine Pläne ein: ‚Da mache ich gerne und sofort mit‘, antwortete er ohne Zögern. Heinrich war bei uns fast wie zu Hause, er war zu dieser Zeit mit meiner Schwester Anna befreundet.“ (Siegfried Steger: „Die Puschtra Buibm“, 2. Aufl., Bozen 2014, S. 56f)

Heinrich Oberlechner beteiligte sich in der Folge in sehr entschlossener Weise an dem Südtiroler Freiheitskampf der 1960er Jahre.

Auch die Tageszeitung „Dolomiten“ berichtete ausführlich über die Prügelorgie, welche als „Knüppelsonntag“ in die Geschichte eingegangen ist.
Auch die Tageszeitung „Dolomiten“ berichtete ausführlich über die Prügelorgie, welche als „Knüppelsonntag“ in die Geschichte eingegangen ist.

Aus Anlass der 200jährigen Wiederkehr des Todestages von Peter Mayr und seiner Mitstreiter im Jahre 2009 ließ die Schützenkompanie Bozen das Peter Mayr-Denkmal wiederum restaurieren und in seinen ursprünglichen Zustand versetzen.

Weitere Denkmäler

1909 wurde in Brixen eine „Jahrtausendsäule“ eingeweiht, an der ein Bronzerelief die Szene mit Mayrs Frau zeigt, die ihn im Kerker vergeblich zur Notlüge überreden will. 1959 wurde in Brixen, als Ersatz für eine von den Faschisten entfernte Gedenktafel für drei am Domplatz erschossene Anführer von 1809, eine neue Tafel enthüllt, die auch an Peter Mayr erinnert.

Im Gedenkjahr 1984 brachte die Brixner Schützenkompanie „Peter Mayr“ beim Loaterer, wo Mayr gefangen genommen wurde, eine Gedenktafel an.

Im Bozner Stadtteil Gries, im Meraner Stadtteil Untermais sowie im Innsbrucker Stadtteil Wilten wurden Straßen nach Peter Mayr benannt.

Gedenken und Mahnung

Das Gedenken an die Freiheitskämpfer von 1809 schärft auch den kritischen Blick auf die heutigen Verhältnisse und lässt den Gedanken an Selbstbestimmung und Freiheit nicht untergehen. Über die eigene Zukunft entscheiden letztendlich doch die Menschen, die in dem Lande leben.

Für alle Zeiten, auch für uns Heutige und unsere Nachkommen, ist nach wie vor gültig, was Indiens erfolgreicher Freiheitsheld Mahatma Gandhi aussprach:

„Kein Volk kann auf Dauer unterworfen werden, wenn es nicht irgendwann an seiner Unterjochung mitwirkt.“

Diese Schützenfahne sagt, worum es geht!
Diese Schützenfahne sagt, worum es geht!




„Ich Kerschbaumer“ – Erlebbare Geschichte im Internet

Josef Kerschbaumer, Landwirt und Kaufmann in Frangart, hatte angesichts der Entrechtung und Unterdrückung seiner Volksgruppe Ende der 1950er Jahre den „Befreiungsausschuss Südtirol“ (BAS) gegründet, welcher dann 1961in der „Feuernacht“ die Protestanschläge gegen Strommasten durchführte, nachdem Rom ein Vertreibungsgesetz gegen unbotmäßige Südtiroler im Parlament beschließen wollte.

Das Vertreibungsprojekt landete auf dem Müllhaufen der Geschichte und letztendlich konnte 1969 eine wesentlich verbesserte Autonomie für Südtirol erreicht werden. Sepp Kerschbaumer aber war mit vielen seiner Kameraden verhaftet und schrecklich gefoltert worden. Er verstarb am 7. Dezember 1964 im Kerker von Verona.

„Ich Kerschbaumer“

Das virtuelle „Haus der Tiroler Geschichte“ in Bozen www.hausdergeschichte.tirol hat jetzt folgende Pressemitteilung gemacht:

„Ich, Kerschbaumer“: neues Online-Projekt vom Haus der Tiroler Geschichte gibt Einblicke in die heißen 60er Jahre

Sepp Kerschbaumer aus Frangart war unbestritten eine der herausragenden Tiroler Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. In die Geschichte eingegangen ist er als Persönlichkeit, die nie müde geworden ist, für Recht und Gerechtigkeit in seiner Heimat zu kämpfen. Er war der Kopf des Widerstandes in Südtirol in den 50er und 60er Jahren – einer, der lange in seiner politischen Arbeit mit Leserbriefen und Gesprächen auf die damalige Rechtlosigkeit der Deutschen und Ladiner in Südtirol aufmerksam gemacht hat, bis er selbst zu Sprengstoff gegriffen hat. Aber auch als einer der vielen Widerstandskämpfer, die schwer gefoltert und im Mailänder Prozess zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt worden sind. Sepp Kerschbaumer starb mit nur 51 Jahren im Gefängnis von Verona.

Nun steht Kerschbaumer gewissermaßen als Pate für ein neues Online-Projekt. In „Ich, Kerschbaumer“, das vom Verein Südtiroler Geschichte bzw. vom Haus der Tiroler Geschichte initiiert wurde, „erzählt“ Sepp Kerschbaumer virtuell in einer Art Tagebucheinträge mehrmals wöchentlich in wenigen Sätzen, was vor genau 60 Jahren geschehen ist.

„So erfahren die User über WhatsApp, Facebook und Instagram, was in Südtirol in diesen besonders ereignisreichen und spannungsgeladenen 60er Jahren los war und warum es dazu kommen konnte“, erklärt die Historikerin Margareth Lun, Leiterin des virtuellen Hauses der Tiroler Geschichte und der BAS-Ausstellung „Opfer für die Freiheit“ über die 60er Jahre in den Bozner Lauben Nr. 9.

Die Historikerin Margareth Lun in der ständigen BAS-Ausstellung des „Vereins Südtiroler Geschichte“ in Bozen, Lauben 9.
Die Historikerin Margareth Lun in der ständigen BAS-Ausstellung des „Vereins Südtiroler Geschichte“ in Bozen, Lauben 9.

„Das Projektteam hat sich dafür entschieden, die Informationen in der „Ich-Form“ Sepp Kerschbaumers zu vermitteln. Dabei erheben diese Mitteilungen inhaltlich Anspruch auf den Wahrheitsgehalt, was genau an diesem Datum vor 60 Jahren passiert ist. Formal hingegen entsprechen sie einem fingierten Tagebuch“, so Lun.

Ausschnitte aus der  der Internetseite www.hausdergeschichte.tirol

Ausschnitte aus der  der Internetseite www.hausdergeschichte.tirol
Ausschnitte aus der  der Internetseite www.hausdergeschichte.tirol

„Ich, Kerschbaumer“ lehnt sich an ein sehr erfolgreiches und international ausgezeichnetes digitales Projekt des Bayrischen Rundfunks an („Ich, Eisner“). Es wurde vom Verein Südtiroler Geschichte bzw. vom Haus der Tiroler Geschichte umgesetzt. Wissenschaftlich betreut wird „Ich, Kerschbaumer“ von mehreren Südtiroler Historikern. Vor allem aber arbeiten auch Menschen, die in den 60er Jahren politisch aktiv waren und Informationen aus erster Hand beisteuern können, an diesem digitalen Projekt mit.

Die Aktion „Ich, Kerschbaumer“ läuft auf der Homepage www.hausdergeschichte.tirol, über WhatsApp und Instagram. Will man die Mitteilungen von „Sepp Kerschbaumer“ auf WhatsApp erhalten, so muss man die Nummer +39 0471 214 169 als „Ich, Kerschbaumer“ in den eigenen Kontakten am Handy speichern und an diese Nummer eine WhatsApp-Nachricht mit „Kerschbaumer abonnieren“ schicken.

Um Sepp Kerschbaumer auf Facebook zu folgen, likt man die Seite ichkerschbaumer. Dasselbe gilt für Instagram.

Soweit die Presseaussendung des virtuellen „Hauses der Tiroler Geschichte“

Medienspiegel

In den Medien hat das Projekt bereits Niederschlag gefunden. Die „Neue Südtiroler Tageszeitung“ veröffentlichte darüber einen Artikel:

Der Südtiroler Freiheitskampf der 1960er Jahre war damals von vielen Welschtirolern mit Sympathie und Anteilnahme verfolgt und von einigen sogar tatkräftig unterstützt worden.

Aus diesem Grunde hat das Internetportal „Unser Tirol24“ einen „link“ vorgesehen, über welchen man zur italienischsprachigen Version gelangt.

Ausschnitt aus dem italienischsprachigen Internet-Portal.
Ausschnitt aus dem italienischsprachigen Internet-Portal.




Gedenken an den Freiheitskämpfer Georg Klotz

Stefan Zelger, Mitglied der Landesleitung und Fraktionssekretär der Landtagspartei „Süd-Tiroler Freiheit“ im Landtag und Regionalrat hat dieser Tage einen berührenden Nachruf auf den Freiheitskämpfer Georg Klotz veröffentlicht.

Die „Süd-Tiroler Freiheit“ ist nicht nur eine wahlwerbende Partei, sondern auch eine ideelle Bewegung, welche im Herbst 1989 u.a. von Dr. Eva Klotz, der Tochter von Georg Klotz, und dem Landesrat Dr. Alfons Benedikter, gegründet um für die Unabhängigkeit Süd-Tirols von Italien einzustehen. Sie vertritt bis heute den Freiheitsgedanken, für den Georg Klotz vielfach das Leben aufs Spiel gesetzt hatte.

Wir bringen diesen Nachruf, ergänzt durch einige historische Bilder:

Stefan Zelger: 

In ehrendem Gedenken: Vor 45 Jahren starb Jörg Klotz

„Familienvater, Schützenmajor, Freiheitskämpfer, Staatsfeind: Vor 45 Jahren, am 24. Jänner 1976, starb Georg Klotz (von vielen Jörg genannt) im Nord-Tiroler Exil. Klotz war einer der wichtigsten Akteure des Freiheitskampfes der 1960er-Jahre. Die Süd-Tiroler Freiheit erinnert in Demut und Dankbarkeit an Jörg Klotz und seinen Kampf für die Freiheit Süd-Tirols.

Jörg Klotz wuchs im vom Faschismus geprägten und unterdrückten Süd-Tirol auf. Im Zweiten Weltkrieg kam Klotz als Unteroffizier der Wehrmacht in Norwegen, an der Eismeerfront und in Russland zum Einsatz.

Bild links: Jörg Klotz im Jahre 1941 als Gefreiter der Deutschen Wehrmacht in Norwegen. Bild rechts: Jörg Klotz als junger Schmied nach seiner Rückkehr in die Heimat. (Bilder aus: Eva Klotz: „Georg Klotz - Freiheitskämpfer für die Einheit Tirols“, Wien 2002)
Bild links: Jörg Klotz im Jahre 1941 als Gefreiter der Deutschen Wehrmacht in Norwegen. Bild rechts: Jörg Klotz als junger Schmied nach seiner Rückkehr in die Heimat. (Bilder aus: Eva Klotz: „Georg Klotz – Freiheitskämpfer für die Einheit Tirols“, Wien 2002)

Georg Klotz spielte eine maßgebliche Rolle bei dem Wiederaufbau des Schützenwesens in Südtirol. Dieses Bild zeigt ihn als Waltener Schützenhauptmann mit seinen Kameraden bei der Andreas-Hofer-Feier beim Sandwirt in St.Leonhard am 20.Februar 1958. Wenige Tage später, am 2.März, wurde er anlässlich der Gründungsversammlung des Südtiroler Schützenbundes zum Landeskommandanten-Stellvertreter gewählt. Von da an war er der Schützenmajor Klotz. (Bild: Dr. Bruno Hosp)
Georg Klotz spielte eine maßgebliche Rolle bei dem Wiederaufbau des Schützenwesens in Südtirol. Dieses Bild zeigt ihn als Waltener Schützenhauptmann mit seinen Kameraden bei der Andreas-Hofer-Feier beim Sandwirt in St.Leonhard am 20.Februar 1958. Wenige Tage später, am 2.März, wurde er anlässlich der Gründungsversammlung des Südtiroler Schützenbundes zum Landeskommandanten-Stellvertreter gewählt. Von da an war er der Schützenmajor Klotz. (Bild: Dr. Bruno Hosp)

Nach US-amerikanischer Kriegsgefangenschaft kehrte Klotz in die Heimat zurück und widmete sich mit voller Leidenschaft dem Wiederaufbau des Schützenwesens. Klotz schloss sich dem „Befreiungsausschuss Südtirol“ (BAS) unter Sepp Kerschbaumer an, denn Süd-Tirol wurde von Italien nach wie vor unterdrückt und majorisiert. Die faschistische Politik wurde im demokratischen Italien mit subtileren Mitteln fortgesetzt.

Bild links: Der Freiheitskämpfer Georg Klotz. Bild rechts: Georg Klotz (Bildmitte) zusammen mit Freunden vor seiner Köhlerhütte. (Bilder aus: Eva Klotz: „Georg Klotz - Freiheitskämpfer für die Einheit Tirols“, Wien 2002)
Bild links: Der Freiheitskämpfer Georg Klotz. Bild rechts: Georg Klotz (Bildmitte) zusammen mit Freunden vor seiner Köhlerhütte. (Bilder aus: Eva Klotz: „Georg Klotz – Freiheitskämpfer für die Einheit Tirols“, Wien 2002)

Um Verhaftung und Folter zu entgehen, floh Klotz nach der Feuernacht nach Österreich, um von jenseits der Unrechtsgrenze den Freiheitskampf fortführen zu können. Für Italien wurde Klotz zum Staatsfeind Nummer 1. Einen von Italien geplanten Mordanschlag auf einer Hütte im Passeiertal überlebte Klotz schwer verletzt. In Österreich stand Klotz unter der Beobachtung der Staatspolizei und wurde mehrere Male verhaftet. In Italien wurde er in Abwesenheit zu insgesamt 52 Jahren Haft verurteilt. Von der Politik im Stich gelassen, zog er sich als Köhler ins Ruetztal zurück. Am 24. Jänner 1976 ereilte ihn der frühe Tod. Tausende Landsleute erwiesen Klotz die letzte Ehre.

Ein unübersehbarer kilometerlanger Trauerzug von etwa 6.000 Menschen geleitete Georg Klotz zur letzten Ruhe. (Bilder: Gerald Danner)
Ein unübersehbarer kilometerlanger Trauerzug von etwa 6.000 Menschen geleitete Georg Klotz zur letzten Ruhe. (Bilder: Gerald Danner)

Die Süd-Tiroler Freiheit dankt Jörg Klotz und allen Freiheitskämpfern für die Opfer, die sie für die Heimat erbrachten. Auch wenn es nicht ihr Ziel war, so würde es die Autonomie in dieser Form ohne die Freiheitskämpfer heute nicht gegeben. Die Bewegung wird sich auch weiterhin mit voller Kraft für das Ziel einsetzen, das auch Klotz und seine Mitstreiter hatten: die Loslösung Süd-Tirols von Italien!“

Soweit der ehrende Nachruf der „Süd-Tiroler Freiheit“.

Wir dürfen zur Ergänzung einem seiner damaligen Mitkämpfer das Wort geben:

Peter Kienesberger war mehrfach mit Georg Klotz im Einsatz
Peter Kienesberger war mehrfach mit Georg Klotz im Einsatz

Peter Kienesberger aus Gmunden war in den Jahren des Freiheitskampfes mit Georg Klotz im bewaffneten Einsatz. Ihr Ziel war es nicht, italienische Soldaten zu verletzen oder zu töten. Sie hatten sich aber bewaffnet und waren gewillt, sich nicht widerstandslos festnehmen zu lassen, um dann Folterknechten übergeben zu werden.

 

Laut Kienesberger hatten Fritz Molden und Wolfgang Pfaundler, die bereits im antinazistischen Widerstand Erfahrungen gesammelt hatten, sowie Georg Klotz und die Gruppe der „Pusterer Buam“ dieses Konzept von Anfang an vertreten und in der Folge auch umgesetzt. Dem war damals von der Gruppe um Kerschbaumer entgegen gehalten worden, daß eine solche Kampfesweise im dicht besiedelten Mitteleuropa nicht möglich sei.

Aus späterer Sicht, sagt Kienesberger, müsse man jedoch sagen, dass Pfaundler und Molden die Situation richtig eingeschätzt hätten. Das Nichtobsiegen dieser Linie sei im Rückblick eine große Fehlentscheidung im BAS gewesen. Es sei mit den Verhaftungen nach der Herz-Jesu-Nacht dann alles so gekommen, wie Pfaundler, Molden und auch Klotz es befürchtet hätten: Einer nach dem anderen wurden die Attentäter ausgehoben und verhaftet. Zwei Einsätze, bei denen Kienesberger zusammen mit Georg Klotz im Sommer und Herbst 1961 dabei war, hätten nachträglich bewiesen, daß die von Pfaundler und Molden vorgeschlagene Kampfart durchaus möglich war.

Freiheitskämpfer im nächtlichen Einsatz
Freiheitskämpfer im nächtlichen Einsatz

Auch nach ihrem offiziellen Ausscheiden aus der Führungsebene des BAS hielten Molden, Pfaundler und Bacher weiterhin Kontakt zu tatkräftigen Einsatzgruppen und unterstützten diese.

Beispielsweise sei es 1961 zu einem denkwürdigen Treffen gekommen, das Kienesberger so schildert:

Im August und September 1961 hätten Klotz und er zwei militärisch geplante Einsätze im Passeier und Rabenstein durchgeführt, wobei es auch zu einem Feuerwechsel mit italienischen Truppen gekommen sei. Die Freiheitskämpfer hätten absichtlich über die Köpfe der italienischen Soldaten hinweg geschossen, diese dadurch aber in Deckung gezwungen und sich so ihren ungehinderten Abzug erkämpft.

 Bild link: Von Klotz und Kienesberger gesprengter Mast im Passeier. Bild rechts: Peter Kienesberger (links) mit einem Mitstreiter im nächtlichen Biwak in einer Almhütte.
Bild link: Von Klotz und Kienesberger gesprengter Mast im Passeier. Bild rechts: Peter Kienesberger (links) mit einem Mitstreiter im nächtlichen Biwak in einer Almhütte.

 Dann ging es wieder über die Grenze zurück. Kienesberger schildert:

„Klotz und ich wurden einige Zeit nachher nach Alpbach gebracht. Mit dabei waren Pfaundler, Schimpp, Schwarzenbacher (ein Zollbeamter; Anm. d. Red.) und Franz Sigmund. Pfaundler war schon in Alpbach, der Rest fuhr in den Autos von Schimpp und Sigmund. In Alpbach wurden wir Molden und Bacher (dem späteren ORF-Generalintendanten und Mitarbeiter Fritz Moldens; Anm. d. Red.) vorgestellt, bzw. ich. Klotz kannte beide schon.

Schon bei der Fahrt wurden wir über die Bedeutung des Treffens informiert. Es ging vor allem darum, ausführlich zu schildern, wie diese beiden Partisanenaktionen durchgeführt worden waren. … Molden begrüßte Klotz überschwänglich herzlich und auch mich. Er bedankte sich für meinen Mut, daß ich als Österreicher bereit war, solche gefährlichen Einsätze mitzumachen. Er ließ sich von Klotz ausführlich den gesamten Einsatz schildern, Ausrüstung, Grenzübergang, Verhalten der Bevölkerung, Verpflegung aus der Bevölkerung, Gegenmaßnahmen der Italiener. … Besonders imponierte Molden die Schilderung, daß wir oft tagelang unsere schweren Rucksäcke nicht tragen mußten, weil sich immer wieder Bauern fanden, die uns stückweise begleiteten und weiterreichten. Molden sagte auch immer wieder, dies sei der Beweis, daß seine (und Pfaundlers Ansichten) richtig waren. Molden bedankte sich am Ende nochmals, bot, dies auch an die anderen Teilnehmer weiterzusagen, und ließ sich von Klotz die geheime Anschrift geben. (Scheibenhof Mutters). Er sandte auch unmittelbar eine Kiste besonders guten Wein zu Klotz als Zeichen des persönlichen Dankes für diese Einsätze.“ (Gedächtnisprotokoll Peter Kienesberger vom 6. 8. 1996, in: Otto Scrinzi, Hrsg.: „Chronik Südtirol“, Graz – Stuttgart 1996, S. 170)

Die Tochter Dr. Eva Klotz schrieb die Biographie ihres Vaters

Im September 2002 stellte die Südtiroler Landtagsabgeordnete Dr. Eva Klotz auf dem Bergisel bei Innsbruck die von ihr verfasste Biographie ihres Vaters vor: Eva Klotz: „Georg Klotz – Freiheitskämpfer für die Einheit Tirols“.

Der Verleger war der ehemalige antinazistische Widerstandskämpfer Fritz Molden, der als Freund, Unterstützer und Mitstreiter ihres Vaters nun das Erinnerungsbuch in seiner Wiener „Molden Verlag GmbH“ herausbrachte.

Er saß bei der Buchpräsentation auch zusammen mit der Tochter und dem Innsbrucker Rechtsanwalt und Stadtrat Dr. Wilhelm Steidl am Präsidiumstisch.

Von links nach rechts: Dr. Wilhelm Steidl, Dr. Eva Klotz, Fritz Molden
Von links nach rechts: Dr. Wilhelm Steidl, Dr. Eva Klotz, Fritz Molden

Zur Buchvorstellung waren auch ehemalige Kampfgefährten von Georg Klotz gekommen: Peter Kienesberger und die „Pusterer Buam“ Siegfried Steger und Sepp Forer.

Von links nach rechts: Peter Kienesberger, Siegfried Steger, Sepp Forer.
Von links nach rechts: Peter Kienesberger, Siegfried Steger, Sepp Forer.

In ihrem Buch schreibt Dr. Eva abschließend über ihren Vater:

„Jörg Klotz ist heimgekehrt. Er hat nicht umsonst gekämpft, er hat dazu beigetragen, die tödliche Zuwanderung aus dem Süden zu stoppen. Er hat mit verhindert, daß die Südtiroler in ihrer Heimat zur bedeutungslosen Minderheit und völlig an den Rand gedrängt werden.

Die Freiheitskämpfer haben die Heimat gerettet, haben mit ihrem Opfer den Grundstein für eine bessere Zukunft gelegt.“

Die von seiner Tochter verfasste Lebensgeschichte von Georg Klotz bietet eine Fülle von zeitgeschichtlichem Material und ist fesselnd zu lesen.

Zu den Mitstreitern von Georg Klotz gehörte auch der Innsbrucker Universitätsassistent Dr. Norbert Burger, welcher dem Gründerkreis des Nordtiroler Zweiges des „Befreiungsausschusses Südtirol“ (BAS) angehört hatte und der den im Exil Lebenden finanziell unterstützte, wie seine Tochter Eva in der Lebensgeschichte ihres Vaters berichtet. (S. 335 in der Biographie)

Dr. Norbert Burger (links) und Georg Klotz
Dr. Norbert Burger (links) und Georg Klotz

Ein ehemaliger „Kurier“ von Georg Klotz berichtet

Der ehemalige Südtiroler Freiheitskämpfer Univ.-Prof. Dr. Erhard Hartung berichtet, dass er als damaliger Jungmediziner für Georg Klotz heimliche Kurierdienste nach Südtirol geleistet hatte. Er schrieb an unsere Redaktion:

„In der Zeit zwischen 1963 und 1967 habe ich Jörg wiederholt sowohl in Innsbruck und Umgebung als auch in Wien getroffen.

Georg Klotz war auch der österreichischen Regierungspolitik unbequem und wurde auf Drängen der Italiener einige Male nach Wien verbannt.1965 durfte er die Freude erleben, dass die zu einer Südtirol-Gedenkfeier nach Wien angereisten Amraser Schützen ihn baten, an der Spitze ihrer Kompanie im Festzug zu gehen.
Georg Klotz war auch der österreichischen Regierungspolitik unbequem und wurde auf Drängen der Italiener einige Male nach Wien verbannt.1965 durfte er die Freude erleben, dass die zu einer Südtirol-Gedenkfeier nach Wien angereisten Amraser Schützen ihn baten, an der Spitze ihrer Kompanie im Festzug zu gehen.

 Zumeist war ich im Auftrag von Jörg als Kurier tätig und habe verschiedene Unterlagen und auch „Pakete“ für ihn nach Südtirol transportiert. Da ich zu diesen Zeitpunkt weder den österreichischen noch italienischen Behörden als BAS-Aktivist bekannt war, konnte ich stets unbeschwert über den Brenner nach Südtirol fahren. Dort habe ich die mir von Jörg mitgegebene „Post“ entweder an vereinbarter Stelle deponiert oder bestimmten Personen persönlich übergeben.

Damals waren die Carabinieri allgegenwärtig
Damals waren die Carabinieri allgegenwärtig

Ein Beispiel: Laut meiner Erinnerung wurde ich 1966 im kleinen Ort Frauenfeld (liegt in der Nähe von Sterzing) von italienischen Militär beobachtet als ich einen Bauern (sein Hof liegt recht abseits) aufsuchte. Dieser Bauer stand in Kontakt zu Jörg und hatte zu dem total gesperrten Militärbereich zum Mähen Zutritt. In diesem Bereich unterhielt damals das italienische Militär ein Depot – dieses wollte Jörg mit anderen Freiheitskämpfern „entsorgen“. Diesbezüglich führte ich das Gespräch mit dem Bauern, der Zutritt hatte, wurde aber vom Militär beobachtet und letztlich angehalten und auf die lokale Carabinieri-Station gebracht. Wegen meiner mangelhaften italienischen Sprachkenntnisse und der Tatsache, dass niemand vom Militär gut deutsch sprach, forderte der lokale Carabiniere aus Bozen Unterstützung an. Es kam ein sehr gut deutsch sprechender Maresciallo mit zwei anderen Uniformierten. Sie befragten mich über etwa zwei Stunden zum Grund meines Aufenthaltes und verhielten sich mir gegenüber korrekt. Die Zeit von meiner Festnahme bis zum Kommen dieser Militärpersonen nutzte ich, um mir einen sehr plausiblen, nicht widerlegbaren Grund für mein Gespräch mit dem Bauern auszudenken. Das hat funktioniert und ich durfte wieder gehen.

Univ.-Prof. Dr. Erhard Hartung hatte als junger Medizinstudent im Auftrag von Georg Klotz als geheimer Kurier auch den Kontakt zu dessen Ehefrau Rosa gehalten.
Univ.-Prof. Dr. Erhard Hartung hatte als junger Medizinstudent im Auftrag von Georg Klotz als geheimer Kurier auch den Kontakt zu dessen Ehefrau Rosa gehalten.

Öfters habe ich in diesen Jahren im Auftrag von Jörg seine Frau in ihrem Haus in Walten im Passeier unbeobachtet zu Fuß aufgesucht. Später habe ich Eva als junges Mädchen in Deutschland, wo ich bis Mai 1975 im Exil lebte, kennen gelernt. Mit allen Mitgliedern der Familie Klotz hatte ich eine bis heute anhaltende gute, kameradschaftliche, ja sogar freundschaftliche Beziehung und wir freuten uns stets darüber. Wir treffen uns in größeren Abständen zu bestimmten Anlässen. In unseren Herzen tragen wir die Erinnerung an unseren Jörg.“




Die CIA und der Südtiroler Freiheitskampf

Von links nach rechts: Bacher, Molden, Pfaundler.

Im letzten SID war ein mit Recht Aufsehen erregende Buch vorgestellt worden. Christoph Franceschini: „Geheimdienste, Agenten, Spione. Südtirol im Fadenkreuz fremder Mächte“, Bozen 2020

Der Leser wird in diesem Buch damit konfrontiert, dass die USA anfangs den „Befreiungsausschuss Südtirol“ (BAS) duldeten und sogar unterstützten. Sie taten dies über Mittelsmänner, die für sie aus voller Überzeugung im Kampf gegen den Kommunismus tätig waren, mit derselben Überzeugung und Kraft aber auch für die Freiheit Südtirols eintraten. Dieser Aspekt wird nachstehend hier noch ausführlicher behandelt:

von Christian Plaickner

Die Rolle von Fritz Molden, Wolfgang Pfaundler und Gerd Bacher im „BAS“

Der junge Fritz Molden – Widerstandskämpfer und amerikanischer Geheimagent

Der 1924 geborene Fritz Molden war Sohn des Wiener Historikers und Redakteurs der „Neuen Freien Presse“, Ernst Molden und der Dichterin Paula von Preradovic, der Verfasserin der österreichischen Bundeshymne.

Ernst Molden war einer von insgesamt 44 Redakteuren der Zeitung. „Neue Freie Presse“, welche bei den Nationalsozialisten verhasst war.

Der 13jährige Fritz Molden wurde politisch auch dadurch geprägt, daß er im Jahre 1938 im Zuge des „Anschlusses“ erleben mußte, daß sein Vater und sein älterer Bruder kurzfristig inhaftiert wurden und die Wohnung von nationalsozialistischen Rabauken verwüstet wurde, wobei seine Mutter Fausthiebe abbekam.

Der junge Fritz Molden gegen Kriegsende
Der junge Fritz Molden gegen Kriegsende

Der junge Molden selbst wurde eine Zeit lang von der Gestapo inhaftiert, für „politisch unzuverlässig“ erklärt und in ein „Bewährungsbataillon“ gesteckt. Im Jahre 1944 desertierte Fritz Molden in Oberitalien und schlug sich in die Schweiz durch. Er wurde zunächst vom schweizerischen militärischen Nachrichtendienst als Agent rekrutiert und nach seiner Bewährung im Einsatz an den amerikanischen Geheimdienst „Office of Strategic Services“ (OSS) weitergereicht.

 

Als OSS-Agent erledigte er, ausgestattet mit falschen deutschen Militärpapieren, waghalsige Aufträge in Oberitalien, Wien und Tirol. Dort kam er auch mit der Familie Heuberger in Innsbruck konspirativ zusammen, die dem Widerstand angehörte und mit der Familie Molden verwandt war.

Projekt einer prowestlichen Regierung

Im Dezember 1944 betrieb Fritz Molden, zweifellos im Auftrag des US-Geheimdienstes, maßgeblich die Gründung eines „Provisorischen Österreichischen Nationalkomitee“ (POEN), welches als politische Vertretung der in Ansätzen existierenden Widerstandsbewegung 05 ( Null für O, 5 für E, den 5. Buchstaben im Alphabeth = OE) den Kern einer späteren prowestlichen österreichischen Regierung darstellen sollte. Dieses westlich orientierte POEN wurde jedoch gegen Kriegsende von der Gestapo zerschlagen und seine Reste wurden von der einmarschierenden Roten Armee mißachtet. Statt dessen wurde die den Russen – vermeintlich – ergebene Regierung Renner installiert.

Verbindungsoffizier zu den Westalliierten

Die Verbindung zwischen dem POEN und den westlichen Alliierten hatte Fritz Molden über die US-Geheimdienstmission in Bern zu halten. Seine Ernennung zum alliierten Verbindungsoffizier im Rang eines US-Colonels (Obersten) wurde in Bern von dem Leiter der US-Geheimdienstmission, Allen Dulles, persönlich vorgenommen. Dulles wurde nach dem Krieg Leiter des neuen Geheimdienstes „Central Intelligence Agency“ (CIA), welcher an die Stelle des OSS trat.

Die Installierung Karl Grubers als Landeshauptmann

Anfang Mai 1945 fuhr Fritz Molden nach der Kapitulation der deutschen Streitkräfte in Oberitalien – in amerikanischer Offiziersuniform mit einem Jeep über den Brenner, mitten durch zurückflutende Truppen. Er unterstützte die örtliche Widerstandsbewegung in Innsbruck, welcher der amerikanische Geheimagent Karl Gruber angehörte, bei der Machtübernahme, wodurch eine sinnlose Verteidigung Innsbrucks durch die Wehrmacht und damit auch die Bombardierung und Zerstörung der Stadt verhindert wurde.

Er half bei der Installierung Karl Grubers als Landeshauptmann von Tirol und amtierte für kurze Zeit als US-Sicherheitschef in Nordtirol.

Der amerikanische Geheimagent Dr. Karl Gruber (hier im Bild) wurde mithilfe des amerikanischen Geheimagenten Fritz Molden als Tiroler Landeshauptmann installiert.
Der amerikanische Geheimagent Dr. Karl Gruber (hier im Bild) wurde mithilfe des amerikanischen Geheimagenten Fritz Molden als Tiroler Landeshauptmann installiert.

Man muss die Zusammenarbeit mit den Amerikanern unter Betrachtung der damaligen internationalen Lage sehen. Die Widerstandskämpfer gegen die NS-Diktatur konnten keinesfalls gewillt sein, den kommunistischen Machtbestrebungen gegenüber teilnahmslos zu sein.

Ende Juli 1945 wurde Fritz Molden in Zell am See, wo die Zentrale des „OSS“ in Österreich offiziell ihr Hauptquartier aufgeschlagen hatte, offiziell mit einer 3 Tage und 3 Nächte dauernden fulminanten Feier als US-Offizier aus dem aktiven Dienst verabschiedet. Er erhielt außerdem eine hohe US-Auszeichnung verliehen, die „Medal of Freedom“. Er zog die Uniform aus. Wie wir sehen werden, erledigte er ohne Uniform weiterhin wesentliche Aufgaben für die Amerikaner.

Sekretär des Tiroler Landeshauptmannes

Fritz Molden wurde sodann Sekretär des Tiroler Landeshauptmannes Karl Gruber und lieferte in dieser Zeit als Agent laufend Berichte, auch über Südtirol, wie der Historiker Christoph Franceschini anhand der von ihm eingesehenen OSS-Akten der National Archives in Washington berichtet. (Christoph Franceschini: „Geheimdienste, Agenten, Spione. Südtirol im Fadenkreuz fremder Mächte“, Bozen 2020, S. 249)

Einflussnahme auf das Geistesleben

Fritz Molden half seinem Bruder Otto Molden, der ebenso wie sein Bruder Fritz OSS-Agent gewesen war, das erste Treffen eines neugegründeten „Österreichischen College“ in dem kleinen Nordtiroler Ort Alpach zu gründen. Diese „Internationalen Hochschulwochen“ des späteren „Europäischen Forum Alpach“ waren ins Leben gerufen worden, um die Vertreter des österreichischen Geisteslebens, vor allem die Studenten und Professoren der österreichischen Universitäten, eng an das Geistesleben der westlichen Staatenwelt und an seine demokratischen Traditionen anzubinden. Auch diese Aktion lag im Interesse der USA. Der „Kalte Krieg“ lag schon in der Luft.

Die Länderkonferenz und das „Pariser Abkommen“

Die nächste wesentliche Aufgabe war die Vorbereitung der sogenannten „Länderkonferenz“ in Salzburg, auf welcher die Vertreter der westlichen Bundesländer den Vertretern der von den Sowjets in Wien eingesetzten Regierung Renner die Forderung unterbreiteten, Vertreter der westlichen Bundesländer in die Bundesregierung aufzunehmen, damit diese von den Westalliierten anerkannt werden könne. Eine weitere Forderung war die nach Ansetzung baldiger freier Nationalratswahlen. Hier ging es darum, zu verhindern, daß in Wien eine reine sowjetische Satellitenregierung entstünde.

Man einigte sich und Dr. Karl Gruber wurde als Repräsentant des Westens zum Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten (Außenminister) in der Provisorischen Regierung Renner bestellt, woraufhin die Regierung auch von den Westalliierten anerkannt wurde. Eine wesentliche Aufgabe Grubers war es, zu verhindern, daß die Ausbreitung der Macht der österreichischen Regierung auf die westlichen Bundesländer zu einer „Sowjetisierung“ Westösterreichs führte.

Die „Freunde der Amerikaner“ im Außenministerium

An der Seite Grubers, der dann nach den gesamtösterreichischen Nationalratswahlen Außenminister wurde, zog Fritz Molden als sein Sekretär in das Außenministerium ein.

Im Jahr 1988 hatte der amerikanische Historiker Professor Robert Edwin Herzstein von der University of South Carolina anhand von US-Geheimakten, die er mit einer Sondergenehmigung der US-Regierung einsehen durfte, enthüllt, daß Gruber noch mindestens bis in die frühen fünfziger Jahre zuerst als Landeshauptmann und dann als österreichischer Außenminister nachrichtendienstlich für die Amerikaner gearbeitet habe:

„Sowohl Gruber als auch Molden hatten starke Bindungen an den US-Nachrichtendienst… Gruber begann im Frühling 1945 Informationen und Dokumente an die 430. Abteilung des US-Counter-Intelligence Corps zu liefern. (Er führte dies zumindest bis in die frühen fünfziger Jahre fort.)“ (Robert Edwin Herzstein: „Waldheim. – The missing years“., London, Glasgow, Toronto, Sydney, Auckland 1988, S. 168)

Links: Dr. Karl Gruber. Rechts: Der Historiker Robert Edwin Herzstein.
Links: Dr. Karl Gruber. Rechts: Der Historiker Robert Edwin Herzstein.

Das Counter Intelligence Corps (CIC) war ein Geheimdienstzweig, der sich vorwiegend mit Spionageabwehr befaßte, aber auch gelegentlich wie die CIA offensiv aufklärte.

Herzstein fährt fort:

„Das Außenministerium wurde… von Karl Gruber geleitet und von seinem Assistenten Fritz Moldendie beide für die 430. Abteilung des amerikanischen Counter Intelligence Corps arbeiteten. Eine ihrer Hauptinteressen war, die Kommunisten von der Kontrolle über das neu organisierte Ministerium fernzuhalten. Sie hatten außerdem den Auftrag, ihre amerikanischen Freunde mit Informationen über die Sowjets und die Jugoslawen zu versehen.“ (Robert Edwin Herzstein: a.a.O., S. 258)

Molden blieb aber nicht im Außenministerium. Bald sollten neue Aufgaben an ihn herantreten.

Krieger im „Kalten Krieg“: „Stay behind“

Fritz Molden quittierte im Frühjahr 1946 den Dienst im Außenministerium. Eine neue und sehr wesentliche Aufgabe wartete auf ihn: der Aufbau einer bewaffneten antikommunistischen Widerstandsbewegung in Österreich.

Im Herbst 1946 versammelte sich eine illustre Runde im Restaurant „Kronenhalle“ am Zürcher Bellevueplatz. Es ging bei Rösti und Steaks um nichts weniger als um die Organisation des Widerstandes im Falle eines „von den Sowjets unterstützten kommunistischen Staatsstreichversuchs in Wien und in Ostösterreich“ und die Errichtung einer kommunistisch dominierten Bundesregierung, welche auch Einfluss auf die westlichen Zonen nehmen könnte. (Fritz Molden: „Vielgeprüftes Österreich“, Wien 2007, S. 61)

Damals baute das „OSS“ (ab 1947 „Central Intelligence Agency“ – CIA) in ganz Europa geheime militärische Strukturen einschließlich geheimer Waffenlager auf und rekrutierte die Partisanen einer künftigen Untergrundarmee. Bei den Amerikanern hieß das gesamte Unternehmen „stay behind“, für die einzelnen Länder gab es andere Decknamen: „Gladio“ in Italien, „easeful“ in Österreich. Ähnliche Strukturen wurden in insgesamt 16 europäischen Ländern aufgebaut, darunter auch in neutralen Staaten wie Schweden und der Schweiz.

Das Züricher Treffen diente nun dazu, die Schaffung einer „stay behind“-Struktur in Österreich auf sicherem Terrain – auf neutralem Boden – vorzubereiten. Hier war man vor sowjetischer Bespitzelung weitgehend sicher. Es war von dem Schweizer Major (später Oberst) Max Waibel organisiert worden, dem Chef des militärischen Nachrichtendienstes im Generalstab der Schweizer Armee. Er hatte im Zweiten Weltkrieg eng mit der amerikanischen OSS-Residentur in Bern zusammen gearbeitet. Ein weiterer Mitorganisator der Verschwörerrunde, die den antikommunistischen Partisanenkrieg in Österreich vorbereiten sollte, war Fritz Dickmann, der Leiter der Österreich-Abteilung des Schweizerischen Militärgeheimdienstes. Er hatte im Krieg eng mit Fritz Molden und dem „OSS“ zusammengearbeitet. Nun saß Fritz Molden wieder an seiner Seite als Schlüsselmann für Österreich.

Die USA waren vertreten durch Howard Chapin, US-Colonel und während des Krieges Chef des OSS bei dem Oberkommando der 5. US-Armee in Caserta sowie durch Gero von Gaevernitz, Deutschamerikaner und Mitglied der OSS-Residentur in Bern. Gaevernitz hatte auch als Führungsoffizier Moldens fungiert und sich mit diesem persönlich befreundet.

Das Gespräch der Herren kam rasch zur Sache: Wie Fritz Molden in seinen Erinnerungen berichtet, ging es um „mögliche Bemühungen, im ostösterreichischen sowjetisch besetzten Teil Widerstandsmaßnahmen zu treffen.“ (Fritz Molden: „Vielgeprüftes Österreich“, Wien 2007, S. 59ff)

Die Untergrundorganisation

Darüber, was in der Folge geschah, berichtete Molden Jahrzehnte später:

„Kurz danach (nach der Züricher Besprechung; Anm. d. Red.) wurde von mir und meinen Freunden, mit Wissen der Regierung, der aktive und geheime Widerstand gegen die Sowjets organisiert. Durchgesetzt wurde der Widerstand von Franz Olah, Karl Gruber und dem Staatssekretär im Innenministerium, Ferdinand Graf. Die Brücken zur CIA wurden von Gruber und mir gebaut.(Fritz Molden im Magazin „NEWS“ Nr. 4/1996)

Eine wichtige Arbeit besorgte der sozialdemokratische Innenminister Oskar Helmer mit der Hilfe seines dienstlichen Apparates. Helmer erlangte nicht nur Kenntnisse über sowjetische Truppenbewegungen, sondern auch relevante staatspolizeiliche innenpolitische Erkenntnisse über Putschabsichten der Kommunisten.

Innenminister Oskar Helmer war eine wichtige Schlüsselperson bei der Abwehr kommunistischer Umsturzbewegungen
Innenminister Oskar Helmer war eine wichtige Schlüsselperson bei der Abwehr kommunistischer Umsturzbewegungen

Helmer war ein entschiedener Gegner des Kommunismus. Er hatte in Niederösterreich und Wien die Gewalttaten des sowjetischen Militärs gegenüber der Zivilbevölkerung erleben müssen, wobei auch sein eigenes familiäres Umfeld betroffen war. Der österreichische Außenminister Dr. Karl Gruber berichtete darüber: „Soldaten der ersten russischen Angriffswelle hatten Helmers Bruder im Keller erschlagen, als er seine Familie schützen wollte.“ (Karl Gruber: „Meine Partei ist Österreich“, Wien-München 1988, S. 83)

Der sozialdemokratische Bauarbeiter-Gewerkschaftsführer Franz Olah schließlich gründete einen von der CIA finanziell und mit der Lieferung von Funkgeräten unterstützten „Wander-, Sport- und Geselligkeitsverein“ (WSGV), der die Struktur für eine Partisanentruppe von bis zu 2.700 Mann schuf. (Siehe: Erwin A. Schmidl: „Österreich im frühen Kalten Krieg 1945–1958: Spione, Partisanen, Kriegspläne“, Wien 2000, S. 111)

Bild links: Der Gewerkschaftsführer und spätere Innenminister Franz Olah war an dem Aufbau von „stay behind“ in Österreich maßgebend beteiligt. Bild rechts: In Wien brachen 1950 schwere Straßenkämpfe aus. Der kommunistische Putschversuch wurde aber niedergeschlagen.
Bild links: Der Gewerkschaftsführer und spätere Innenminister Franz Olah war an dem Aufbau von „stay behind“ in Österreich maßgebend beteiligt. Bild rechts: In Wien brachen 1950 schwere Straßenkämpfe aus. Der kommunistische Putschversuch wurde aber niedergeschlagen.

Die Amerikaner und auch die Engländer legten für den Widerstandskampf vorsorglich eine große Anzahl von Waffen- und Sprengstofflagern an, die erst im Jahr 1996 der österreichischen Regierung bekannt gegeben wurden, welche dieselben dann entsorgte.

Einige Vorratslager waren übersehen worden. So wurde noch im Jahr 2014 durch Zufall ein geheimes Waffendepot in Österreich entdeckt
Einige Vorratslager waren übersehen worden. So wurde noch im Jahr 2014 durch Zufall ein geheimes Waffendepot in Österreich entdeckt

Die wesentlichste Tätigkeit von Franz Olah aber war die Organisation und Motivation seiner gewerkschaftlich organisierten Holz- und Bauarbeiter zur Niederschlagung von kommunistischen Putschversuchen. Im Jahr 1950 sollte die Bewährungsprobe erfolgen: Olahs Rollkommandos schlugen den Kommunistenputsch mit Brachialgewalt zusammen und verhinderten die Errichtung einer „Volksdemokratie“ in Österreich.

Auf offizieller Ebene wurde eine kleine Reservearmee in Form der B-Gendarmerie geschaffen, die zum Keim des späteren Bundesheeres wurde.

Aufbau einer prowestlichen Presse

Den Zeitungsmann Ernst Molden, den Vater von Fritz Molden, zog es nach Ende des Zweiten Weltkrieges mit aller Macht wieder zur Publizistik. In Fortführung der alten Tradition der „Neuen Freien Presse“ gründete er nun mit der finanziellen Hilfe einiger österreichischer Industrieller die Zeitung „Die Presse“.

Die Herausgeberlizenz hatte Fritz Molden von den Amerikanern besorgt, welche das liberale und antikommunistische Blatt auch mit dem begehrten Papierkontingent versorgten. Als die Zeitung 1949 in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet, rettete Fritz Molden mit Hilfe einer amerikanischen Bankgarantie das väterliche Unternehmen. Fritz Molden arbeitete ab nun selbst bei der väterlichen Zeitung und wurde deren Verlagsdirektor.

Entdeckung und Flucht

Im Mai 1948 mussten Molden und seine Freunde entdecken, daß die Sowjets in ihr Netz eingedrungen waren und im sowjetisch besetzten Ostösterreich mit Verhaftungen und Entführungen die Untergrundorganisation aufrollten.

Im August 1948 musste Fritz Molden selbst fliehen, um einer Verhaftung durch die sowjetische Geheimpolizei NKWD zu entgehen.

Die Amerikaner flogen ihn mit einem kleinen Flugzeug von der Heiligenstädter Lände als improvisierter Rollbahn nach Salzburg aus. Von dort ging es weiter nach New York, wo Molden im Auftrag des Außenministers Gruber im „Österreichischen Informationsdienst“ tätig war und von dort aus „Aufgaben erfüllen konnte, die ja in keiner direkten Verbindung mit der österreichischen Regierung und dem diplomatischen Dienst stehen durften.“ (Fritz Molden: „Besetzer, Toren, Biedermänner“, Molden-Taschenbuch 1980, S. 136)

Der amerikanische Geheimdienstchef Allen Dulles, mit dem Fritz Molden geheimdienstlich wie privat eng verbunden war.
Der amerikanische Geheimdienstchef Allen Dulles, mit dem Fritz Molden geheimdienstlich wie privat eng verbunden war.

Im Klartext: Molden war wieder einmal als geheimdienstlicher Verbindungsmann zu den Amerikanern tätig. In diesem Jahr 1948 heiratete er die Tochter des amerikanischen CIA-Chefs Allen Dulles.

1956: Mission in Budapest

Erst Ende 1949 erklärten die Sowjets der österreichischen Regierung, daß Fritz Molden ungefährdet wieder nach Österreich zurück kehren könne, was dieser mit gemischten Gefühlen tat. Im Jahre 1950 scheiterte der kommunistische Putsch, im Jahre 1955 war der Staatsvertrag erreicht.

Am 23. Oktober 1956 brach der antikommunistische Aufstand in Budapest aus, der siegreich zu sein schien, weil sich die sowjetischen Truppen zunächst zurück zogen.

Bereits am 31. Oktober traf Fritz Molden in Györ, dem alten Raab, zu Besprechungen mit ungarischen Journalisten ein, um den Aufbau einer nichtkommunistischen freien Presse in Angriff zu nehmen. Molden war bereit, aus seinem eigenen Besitz umgehend 4 Setzmaschinen aus der Druckerei am Fleischmarkt in Wien nach Ungarn bringen zu lassen. Weiters wollte er eine komplette Zeitungsrotationsdruckmaschine aus Deutschland oder der Schweiz nach Ungarn liefern. (Fritz Molden: „Besetzer, Toren, Biedermänner“, Molden-Taschenbuch 1980, S. 170)

Demonstration der Aufständischen in Budapest 1956.
Demonstration der Aufständischen in Budapest 1956.

Wer die Finanziers gewesen wären, dürfte wohl nicht schwer zu raten sein. Am 3. November 1956 – die Sowjettruppen rückten bereits wieder vor – fuhr Fritz Molden mit seinem eigenen Auto wiederum nach Ungarn, offiziell um das Medikament Gammaglobulin nach Miskolc zu bringen, wo eine Kinderlähmungsepidemie ausgebrochen war.

Daß es nicht nur um den Impfstoff gegangen sein mag, können wir der Tatsache entnehmen, daß Molden in Budapest ein Gespräch mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Imre Nagy und dem Verteidigungsminister Pal Maleter führte. (Fritz Molden: „Besetzer, Toren, Biedermänner“, Molden-Taschenbuch 1980, S. 176)

Molden erlebte die Niederschlagung der ungarischen Freiheitsbewegung durch sowjetische Panzer und entkam knapp nach dem Westen. Als während der Ungarn-Krise 1956 die Gefahr bestanden hatte, dass die Sowjets mit der Roten Armee nach Zentraleuropa einfallen könnten, hatte Pfaundler im Auftrag der CIA „stay behind“-Waffenlager im Gebirge in Österreich angelegt. (Christoph Franceschini: „Geheimdienste, Agenten, Spione. Südtirol im Fadenkreuz fremder Mächte“, Bozen 2020., S. 270f)

Die Entlarvung der „Weltjugendfestspiele“

Im Juni des Jahres 1959 traf sich Fritz Molden in Meran mit einigen bedeutenden politischen Persönlichkeiten, darunter Dr. Bruno Kreisky, Staatssekretär im Außenamt, Peter Strasser, der Führer österreichischen Sozialistischen Jugend und einige andere Herren. Mit zugegen war C.D. Jackson, Vizepräsident des Time-Life-Konzerns in New York.

In Wien stand die „Siebenten Weltjugendfestspiele für Frieden und Freundschaft“ vor der Tür, eine kommunistische Veranstaltung, die aber nicht als solche ausgegeben wurde, sondern die sich überparteilich gab.

In ernster Beratung (von links nach rechts): Dr. Bruno Kreisky, Otto Molden, Fritz Molden.
In ernster Beratung (von links nach rechts): Dr. Bruno Kreisky, Otto Molden, Fritz Molden.

Die Meraner Runde beriet nun darüber, wie man dem kommunistischen Propagandaspektakel mit einer „Gegendemonstration der Freiheit“ begegnen könnte. Immerhin wurden zehntausende Jugendliche aus aller Welt erwartet. Das Ergebnis der Meraner Beratungen konnte sich sehen lassen. Eine in sieben Sprachen herausgegebene tägliche Zeitung namens „Wiener Nachrichten“, die gratis verteilt wurde, informierte die Besucher über die kommunistischen Verbrechen in aller Welt und stellte das demokratische Leben im Westen vor.

Es wurden die Festivalbesucher gratis mit Bussen zum Eisernen Vorhang gefahren und eine Vielzahl von Veranstaltungen klärte über die Unterschiede zwischen dem westlichen und dem östlichen politischen System auf. Die „Weltjugendfestspiele“ wurden zum Fiasko für die Kommunisten. Die notwendigen Geldmittel waren zu einem erheblichen Teil „durch unsere amerikanischen und westeuropäischen Freunde“ aufgebracht worden. (Fritz Molden: „Besetzer, Toren, Biedermänner“, Molden-Taschenbuch 1980, S. 284)

Molden, Pfaundler und Bacher – Mitbegründer des BAS

Bereits auf der Großkundgebung von Sigmundskron am 17. November 1957 war der Kreis um den Frangarter Kaufmann Sepp Kerschbaumer mit Flugblättern in Erscheinung getreten, die mit „Befreiungsausschuß Südtirol“ (BAS) gezeichnet waren. Ab diesem Zeitpunkt begannen Patrioten auch in Nordtirol den BAS aufzubauen.

Zu diesen Leuten zählten vor allem der Nordtiroler Obmann des Bergisel-Bundes, der Landeshistoriker Dr. Eduard Widmoser, die Innsbrucker Universitätsassistenten Dr. Helmut Heuberger und Dr. Norbert Burger, der bekannte Tiroler Schriftsteller Dr. Heinrich Klier, der Kaufmann Kurt Welser, sowie der akademische Bildhauer Klaudius Molling und seine Frau, die Kunsthistorikerin Dr. Herlinde Molling.

Eine besondere Rolle spielten drei Persönlichkeiten, die sich in Zusammenarbeit mit den Amerikanern auch gegen den internationalen Kommunismus engagiert hatten.

Von links nach rechts: Bacher, Molden, Pfaundler.
Von links nach rechts: Bacher, Molden, Pfaundler.

Einer dieser Freunde war der Journalist, Volkskundler und Historiker Wolfgang Pfaundler von Hadermur aus Innsbruck, der aus einer der berühmtesten alteingesessenen Tiroler Familien stammte. Er hatte während der Zeit des 3. Reiches auch die Verfolgung seiner eigenen Familie miterleben müssen, was ihn dazu bewogen hatte, als 20-Jähriger den Widerstand im Ötztal zu organisieren, welcher in Zusammenarbeit mit der Innsbrucker Widerstandsgruppe den kampflosen Abzug der deutschen Truppen aus Nordtirol erwirkte.

Hierbei war Pfaundler auch mit Fritz Molden und dem OSS in Kontakt gekommen. Wie der Historiker Christoph Franceschini aufgrund der Aktenlage berichtet, hatte Pfaundler auch über einen angeheirateten Verwandten „enge und dauerhafte Kontakte zur amerikanischen CIA und zum deutschen ‚Bundesnachrichtendienst‘ (BND)“. (Christoph Franceschini: „Geheimdienste, Agenten, Spione. Südtirol im Fadenkreuz fremder Mächte“, Bozen 2020, S. 252ff und 259ff)

Zu diesem Freundeskreis zählte auch der Journalist und spätere ORF-Generalintendant Gerd Bacher. Im Frühjahr 1958 brachte Wolfgang Pfaundler seine Freunde Fritz Molden und Gerd Bacher, zu dem BAS-Gründer Sepp Kerschbaumer. Auch Bacher hat laut Franceschini „in US-amerikanischem Interesse“ gearbeitet. (Christoph Franceschini: a. a. O., S. 250)

Sepp Kerschbaumer, ein Bauer und Kleinkaufmann aus Frangart leitete den BAS in Südtirol.
Sepp Kerschbaumer, ein Bauer und Kleinkaufmann aus Frangart leitete den BAS in Südtirol.

Ab diesem Zeitpunkt gehörten auch Molden und Bacher zum engsten Kreis der Freiheitskämpfer. Fritz Molden war auch ein Vetter 1. Grades des Innsbrucker Widerstandskämpfers gegen das NS-Regime und späteren Universitätsprofessors Dr. Helmut Heuberger. Dieser war am Ende des Zweiten Weltkrieges zusammen mit ihm im Widerstand tätig geworden und hatte einen maßgebenden Anteil an der Machtergreifung des Widerstandes in Innsbruck und an der Rettung der Stadt vor einer sinnlosen Verteidigung und Verwüstung gehabt. Heuberger nahm zusammen mit Molden, Pfaundler, Bacher und anderen Mitverschworenen wie Erhard Hartung tätig am Südtiroler Freiheitskampf der 1960er Jahre teil.

Dieses mehr als 10 Jahre alte Bild zeigt zwei Universitätsprofessoren, die beide im Südtiroler Freiheitskampf ihr Bestes gegeben haben: Links Univ.-Prof. Dr. Helmut Heuberger, rechts Univ.-Prof. Dr. Erhard Hartung.
Dieses mehr als 10 Jahre alte Bild zeigt zwei Universitätsprofessoren, die beide im Südtiroler Freiheitskampf ihr Bestes gegeben haben: Links Univ.-Prof. Dr. Helmut Heuberger, rechts Univ.-Prof. Dr. Erhard Hartung.

Der Mitverschworene Fritz Molden war es, der eine Meinungsumfrage des Demoskopischen Institutes in Allensbach finanzierte, die dann 1960 erschien und offen legte, daß die Freiheitskämpfer bei einsetzendem Widerstand von einem erheblichen Teil der Südtiroler Bevölkerung unterstützt werden würden.

Molden sorgte zusammen mit Wolfgang Pfaundler für bedeutende Finanzierungen des Widerstandes. Das Jahr 1959 verging mit der Beschaffung von Geld, Waffen und Sprengstoff und mit dem Aufbau der Kampfgruppen in Nord und Süd.

Eine moraltheologische Beurteilung des Südtiroler Freiheitskampfes

In diesem Zusammenhang ist auch zu erwähnen, dass Molden, Pfaundler, Dr. Heuberger sowie Dr. Burger sich zu Beginn des Südtiroler Freiheitskampfes an den berühmten katholischen Moraltheologen der Universität Regensburg, Univ.-Prof. DDr. Franz Klüber, gewandt und ihn um eine fachliche Stellungnahme zu dem Widerstandsrecht der Südtiroler gebeten hatten. Der angesehene Verfasser zahlreicher Werke über christliche Soziallehre und katholische Gesellschaftslehre erfüllte diese Bitte und Fritz Molden konnte 1964 in seiner Wiener Großdruckerei die fundierte Arbeit des Theologen herausbringen, welche den Südtiroler Freiheitskämpfern und ihren Helfern das Recht auf Widerstand zusprach und damit großes Aufsehen erregte.

In der Schrift heißt es unter anderem:

Unsere Überlegungen kamen zu dem Ergebnis, daß aktiver Widerstand geboten ist, wenn durch Missbrauch der Staatsgewalt die Lebensrechte eines Volkes missachtet werden, wenn der Bestand einer Gemeinschaft bedroht ist und die Wiederaufrichtung des Rechtes auf andere Weise nicht zu erwarten ist. … Es ist aber unbestritten, daß die Maßnahmen des italienischen Staates das Lebensrecht der Südtiroler Volksgruppe als ethnischer und kultureller Einheit verneinen und darauf zielen, sie in ihrem Bestand und Gefüge zu treffen. Damit ist die Lebensordnung eines Volkes in Frage gestellt. Da andere Mittel versagt haben und zudem das Volkstum der Südtiroler Volksgruppe nunmehr aufs höchste bedroht ist, ergibt sich aus dieser Situation das Recht zum aktiven Widerstand. Die Entscheidung für den aktiven Widerstand ist nicht nur rechtlich erlaubt, sondern moralisch von höchstem Wert, weil hier der einzelne sich mit dem Risiko seiner ganzen Existenz in den Dienst der Gemeinschaft stellt. Die Südtiroler Volksgruppe hat das Recht, entweder der italienischen Staatsgewalt so lange aktiven Widerstand entgegenzusetzen, bis der Schutz ihres Volkstums durch rechtlich-institutionelle Sicherungen gewährleistet ist, oder den Kampf weiterzuführen bis zur vollen Herauslösung Südtirols aus dem italienischen Staatsverband.“ (DDr. Franz Klüber: ,,Moraltheologische und rechtliche Beurteilung aktiven Widerstandes im Kampf um Südtirol“, Schriftenreihe des Mondseer Arbeitskreises Nr. 2, Verlag Molden, Wien 1964, S. 65)

Ein halbamtliches Weißbuch zur Südtirol-Frage

Südtirol war für Wolfgang Pfaundler ein sehr ernstes Anliegen. Im Jahre 1958, als sich die Lage zuzuspitzen begann, versammelte sich unter Pfaundlers Leitung als Herausgeber die geistige wissenschaftliche und politische Elite ganz Tirols zu einer großen Aufgabe: Zur umfassenden Darstellung der Geschichte Südtirols, seiner Entwicklung seit der Abtrennung vom Mutterland, der brennenden wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Probleme, der Volkstumssituation der deutschen und ladinischen Volksgruppe und der daraus erwachsenden Lösungsvorschläge und politischen Forderungen.

Dieses Werk Wolfgang Pfaundler (Hrsg.): „Südtirol – Versprechen und Wirklichkeit“ war eine Art halbamtliches Weißbuch zur Südtirolfrage. Es war in Abstimmung mit der Nordtiroler Landesregierung, der Südtiroler Volkspartei (SVP) und der österreichischen Bundesregierung entstanden. Zu den Autoren des Buches zählten Persönlichkeiten wie Univ.-Prof. Staatssekretär Dr. Franz Gschnitzer und der Obmann der Südtiroler Volkspartei Dr. Silvius Magnago.

Man kann sagen, dass Pfaundler zu jener Zeit der herausragende wissenschaftlich-publizistische Vorkämpfer für die Rechte der Südtiroler war. Sein Buch war das Handbuch für die Argumentation auf allen politischen und publizistischen Ebenen. (Wolfgang Pfaundler (Hrsg.): „Südtirol – Versprechen und Wirklichkeit“, Wien 1958)

Die damals instabile Lage in Italien

Interessant ist es, die damalige politische Lage in Italien zu betrachten, welche instabil war. Es drohte eine Linksregierung unter Einschluss der mächtigen Kommunisten. Damals war für die Strategen der NATO und des CIA noch nicht klar, ob Italien durch Wahlen schließlich in das kommunistische Fahrwasser gelangen oder westlich orientiert bleiben würde.

Heute wissen wir, daß für einen derartigen Fall die Mobilisierung der Untergrundarmee „Gladio“ geplant war.

Und was wäre in Südtirol geschehen, dem Land, welches die strategisch wichtigen Übergänge über die Alpen kontrolliert und in dem US-Atomraketen stationiert waren?

In dieser Situation hätte wahrscheinlich auch eine Südtiroler Untergrundbewegung, die katholisch und strikt antikommunistisch eingestellt war, den amerikanischen Interessen dienlich sein können. Daher war es für die Amerikaner wichtig, im Fall des Falles Einfluss auf den BAS zu haben.

Die CIA hätte mithilfe des BAS einen Partisanenkampf in Südtirol unterstützen, ein kommunistisch gewordenes Italien destabilisieren und die militärstrategisch entscheidenden Alpenpässe unter Kontrolle halten können.

Die politische Lage in Italien stabilisiert sich – die Südtiroler beschließen den Kampf – Molden, Bacher und Pfaundler steigen offiziell aus

Die Wahlen vom 25. und 26. Mai 1958 brachten zwar eine Mehrheit von Christdemokraten und Sozialisten an die Regierung, die politische Lage stabilisierte sich jedoch nach mehreren Krisen im Juli 1960 unter Ministerpräsident Fanfani, dessen christdemokratische Regierung die Unterstützung dreier Mittelparteien erhielt.

Ab nun konnte die Unterstützung und selbst die Duldung einer regierungsfeindlichen aufständischen Untergrundbewegung in Südtirol nicht mehr im amerikanischen Interesse liegen, sondern mußte als Gefahr für die NATO-Interessen betrachtet werden. Die Situation hatte sich vollkommen umgedreht.

Zur gleichen Zeit verschärfte sich das politische Klima zwischen den USA und der Sowjetunion. Die Berlinkrise mit dem Bau der Mauer und die Kubakrise warfen ihre Schatten voraus.

Am 8. Dezember 1960 teilte die Südtiroler BAS-Gruppe um Sepp Kerschbaumer auf einem Treffen mit den Nordtiroler Freunden in Innsbruck mit, dass sie nun den Kampf mit Waffen und Sprengstoff aufnehmen wolle.

In dieser Situation erklärte Fritz Molden, der bislang sogar geholfen hatte, Waffen zu beschaffen, daß es zu früh zum Losschlagen sei und legte seine Funktionen im BAS nieder. (Christoph Franceschini: „Der Aluminiumduce beim Kreisky“, in „Südtirolillustrierte FF“, Nr. 14/91, S. 17 f)

Molden selbst berichtet dazu in seiner Autobiographie:

„Am 8. Dezember 1960 kam es zu einer Konferenz aller führenden BAS-Leute, in der abgestimmt wurde, ob endlich losgeschlagen werden sollte oder nicht. Eine klare und eindeutige Mehrheit stimmte für das Losschlagen. Lediglich eine Minderheit wie etwa Gerd Bacher und ich schlugen vor, noch ein Jahr zuzuwarten und den Bemühungen der österreichischen Regierung, Zugeständnisse zu erreichen, noch eine Frist zu geben. Wir konnten uns nicht durchsetzen, und wie sich in den folgenden Jahren und Jahrzehnten herausgestellt hat, war die Entscheidung loszuschlagen richtig.“ (Fritz Molden: „Vielgeprüftes Österreich. Meine politischen Erinnerungen“, Wien 2007, S. 150)

Weiter mit einem Fuß im BAS – keine Berichtspflicht mehr gegenüber den Amerikanern

Tatsächlich zogen sich Fritz Molden, Gerd Bacher und Wolfgang Pfaundler aber nicht zur Gänze aus dem BAS zurück. Sie unterstützten den Freiheitskampf weiterhin mit Rat und Tat, mit Waffen, Sprengstoff und Geld. Vor allem unterstützten sie die Gruppen um Georg Klotz und Luis Amplatz. Sie gehörten aber nicht mehr der oberen Führungsebene an.

Peter Kienesberger, ein Mitstreiter des Freiheitskämpfers Georg Klotz,  hat später, als diese Offenheit keinen Schaden mehr anrichten konnte, Details über ein Treffen mit Molden und Bacher berichtet. In einem Gedächtnisprotokoll von ihm heißt es:

„Im August und September 1961 haben Klotz und ich zwei militärisch geplante Feuerüberfälle im Passeier und Rabenstein durchgeführt. … Klotz und ich wurden einige Zeit nachher nach Alpbach gebracht. Mit dabei waren Pfaundler, Schimpp, Schwarzenbacher (ein Zollbeamter) und Franz Sigmund. … In Alpbach wurden wir Molden und Bacher vorgestellt, bzw. ich. Klotz kannte beide schon. Schon bei der Fahrt wurden wir über die Bedeutung des Treffens informiert. …

Molden begrüßte Klotz überschwänglich herzlich und auch mich. Er bedankte sich für meinen Mut, dass ich als Österreicher bereit war, solche gefährlichen Einsätze mitzumachen.“ (Gedächtnisprotokoll Peter Kienesberger vom 6. 8. 1996. In: Otto Scrinzi (Hrsg.): „Chronik Südtirol 1959 – 1969“ Graz-Stuttgart 1996, S. 170)

  

Die Freiheitskämpfer Peter Kienesberger aus Gmunden in Oberösterreich und Georg Klotz aus Walten im Passeier.
Die Freiheitskämpfer Peter Kienesberger aus Gmunden in Oberösterreich und Georg Klotz aus Walten im Passeier.

Freiheitskämpfer im nächtlichen Einsatz.
Freiheitskämpfer im nächtlichen Einsatz.

Über solche Begebenheiten und auch über ihre Unterstützungstätigkeit hatten Molden, Bacher und Pfaundler ihren amerikanischen Freunden gegenüber jedoch keine Berichtspflicht mehr, denn sie waren ja aus der Führungsebene des BAS ausgestiegen. Man darf im Rückblick ihre damalige Entscheidung als wohl als richtig, notwendig und anständig bezeichnen

Eine letzte Warnung vor der Kursänderung der USA

Im Juli 1961 warnte in Oberösterreich ein gewisser Arnold Strigl, Mitarbeiter des eng mit den Amerikanern zusammen arbeitenden „Bundesnachrichtendienstes“ (BND), den ihm aus Kriegstagen eng befreundeten Obmann des oberösterreichischen Bergiselbundes Richard von Helly.

Richard von Helly (links im Bild im hellen Mantel) auf einer Kundgebung des Bergisel-Bundes in Linz.
Richard von Helly (links im Bild im hellen Mantel) auf einer Kundgebung des Bergisel-Bundes in Linz.

Strigl hatte im deutschen und amerikanischen Auftrag ein Nachrichtennetz bis in den Ostblock hinein aufgebaut und er hatte Richard von Helly anzuwerben versucht. Dieser hatte seinem alten Freund und Weltkriegskameraden jedoch mit Rücksicht auf seine Familie – Helly hatte erst unlängst wieder geheiratet – abgesagt.

Nun warnte Strigl seinen alten Freund, der enge Kontakte zu Südtiroler Patrioten unterhielt. Er erklärte, dass die Amerikaner sich auf die italienische Seite geschlagen hätten. (Quelle: Mitteilung von Dr. Helmut Golowitsch, welcher damals Mitglied des Bergisel-Bundes und ein Mitarbeiter von Richard von Helly war.)

Tatsächlich gingen die alliierten Dienste in der Folge mit allen Mitteln gegen die Südtiroler Freiheitskämpfer vor und hatten dabei die österreichische Staatspolizei und die Justiz zumeist – aber nicht immer –  auf ihrer Seite.

Dieser Rückblick zeigt, wie sehr und wie tief die Amerikaner in das damalige Geschehen verwickelt waren. Manche Dinge erscheinen nun in neuem Licht.

Angesichts der hier sichtbar gewordenen Dimensionen ist zu bewundern, dass die Südtiroler Freiheitskämpfer – wenn auch unter großen Opfern – letztendlich doch so erfolgreich waren, dass mit dem „Paket“ von 1969 eine neue und wesentlich verbesserte Autonomie erreicht werden konnte.




„Geheimdienste, Agenten, Spione. Südtirol im Fadenkreuz fremder Mächte“

Der Journalist und Historiker Christoph Franceschini hat der Öffentlichkeit ein sensationelles neues Werk vorgelegt.

Buchbesprechung von Georg Dattenböck

Über die Person des Autors:

17 Jahre lang, von 1996 bis 2013, war Christoph Franceschini (*22.12.1964 in Eppan) sehr erfolgreich als Journalist der „Neuen Südtiroler Tageszeitung“ in dem Bereich Politik tätig, wo ihm die Aufdeckung großer Skandale gelang. Er hatte an der Uni Innsbruck Geschichte, Philosophie und Politikwissenschaft studiert.

Seit 1984 ist Franceschini freier Mitarbeiter des RAI Südtirol und publiziert seine Artikel und Reportagen auf der Nachrichten-Website salto.bz, wo er von 2016 bis 2019 auch als Chefredakteur arbeitete.

Franceschini gilt als einer der am besten vernetzten politischen Journalisten Südtirols und vor allem zeichnet ihn aus, dass er forschend zu den Quellen geht, die anderen bislang verborgen geblieben sind. Dadurch hat er sich auch als herausragender Zeithistoriker qualifiziert.

Er ist auch Autor von mehreren TV-Dokumentationen, darunter der 2004 zusammen mit Helmut Lechthaler vollendeten, sechsteiligen Serie „Bombenjahre – Geschichte der Südtirol-Attentate“. Für ihre Arbeit, deren Ausstrahlung zunächst durch politische Interventionen verzögert worden war, erhielten die beiden 2005 den „Prof. Claus Gatterer-Preis“. Neben seiner Tätigkeit als Journalist war Franceschini lokalpolitisch in seiner Heimatgemeinde Eppan in einer Bürgerliste aktiv.

Eine fesselnde Lektüre

Es ist in der Tat eine Ausnahme, daß einen Rezensenten wie mich ein Buch derart in den Bann zieht wie dieses, sodass ich es kaum mehr aus der Hand legen konnte! Zugegeben werden muss, daß eigenes, „sicheres Wissen“, durch das Lesen dieses, mit vielen Dokumenten belegten zeitgeschichtlichen „Thrillers“, auch revidiert werden mußte. Und inhaltlich stimmt völlig, was am Buchumschlag über die zwölf Hauptkapitel des Buches behauptet wird:

„Selten erhält man einen so tiefen Einblick in die Arbeit von Agenten, Informanten und Spionen: Decknamen und deren Träger, Treffpunkte und Übergabemethoden, Korrespondenzen und Augenzeugenberichte. Nach 1945 ist Südtirol ein Hotspot der Nachrichtendienste. Die Stadt Bozen wird zum Schauplatz länderübergreifender Operationen US-amerikanischer, italienischer österreichischer und deutscher Geheimdienste. Aber auch örtliche Nachrichtendienste ziehen von hier aus ihre Fäden. In der heißen Phase der Attentate in den 1960er-Jahren spitzt sich diese Situation noch deutlich zu. Akribisch hat Christoph Franceschini Akten ausgewertet, zum Großteil Dokumente aus bisher verschlossenen Archiven. Dieses Buch deckt Doppelagenten auf, zeigt die Verflechtung der Dienste und legt viele Namen offen.“

Geheimpolizei und Geheimdienste waren in Südtirol allgegenwärtig - und sind es heute noch.
Geheimpolizei und Geheimdienste waren in Südtirol allgegenwärtig – und sind es heute noch.

Zusätzlich sehr stark aufgewertet wird das Buch durch den sicherlich besten Geheimdienst-Fachmann, Erich Schmidt-Eenboom, welcher das lesenswerte Vorwort verfaßte.

Eenboom bezeichnet dieses Buch als eine „Pionierarbeit“ und benennt Südtirol als „einen Tummelplatz für Nachrichtendienste“, wo die „Kurierlinien deutscher, österreichischer, italienischer und anderer Geheimdienste entlang von Eisack und Etsch verliefen… In den späten 1940er-Jahren schon stütze sich auch eine Funklinie der ‚Organisation Gehlen‘ (Org.)  nach Rom auf eine Station nahe dem Brenner, die ein Pater betrieb…“

Nach Eenboom war Südtirol „in bisher unbekanntem Ausmaß Ausgangspunkt und Zielgebiet von Geheimdienstoperationen von oft multinationaler Reichweite“, u.a. des tschechischen Geheimdienstes „Statni bezpecnost“, der im frühen Kalten Krieg ein Netzwerk von elf Südtirolern und ihren Zuträgern vorwiegend zur Militärspionage vor seinen Karren spannen konnte.

Die NATO hatte die Kommandogewalt über die Grenzzone

Als im April 1949 die NATO gegründet wurde, gehörte Italien zu den Gründungsmitgliedern. Franceschini dazu:

„In dem streng geheimen Schreiben teilt der oberste italienische Militärbefehlshaber mit, daß aufgrund eines Abkommens zwischen der italienischen Regierung und dem Oberbefehlshaber der NATO-Truppen die territoriale Befehlsgewalt über die nördlichste Grenze Italiens neu festgelegt wurde: In einem Gebiet von 150 Kilometer östlich und westlich des Brenners und südlich bis nach Lavis bei Trient gehe das territoriale militärische Recht an das alliierte Oberkommando über. (…) Dieses Dokument ist in der italienischen Öffentlichkeit bis heute kaum jemanden bekannt. (…) Denn nach diesen eindeutigen Vorgaben gibt Italien nicht nur die militärische Hoheit über Südtirol und das halbe Trentino ab, sondern es wird an der Grenze zum damals noch besetzten Österreich auch eine Art extraterritoriale Pufferzone geschaffen. In den vergangenen Jahrzehnten wurde in Italien immer wieder über die durch die USA ‚eingeschränkte Souveränität‘ diskutiert, dieser Verzicht auf die militärische und territoriale Befehlsgewalt in und um Südtirol ist nun ein weiterer Mosaikstein in dieser Lesart.“ (S. 50ff)

Die Amerikaner duldeten und unterstützten anfangs den „Befreiungsausschuss Südtirol“ (BAS)

Anfang der Sechzigerjahre war für die Strategen der NATO und des CIA noch nicht klar, ob Italien durch Wahlen schließlich in das kommunistische Fahrwasser gelangen oder westlich orientiert bleiben würde. Die CIA wollte mit ihrer „Karte BAS“ und einem vorgeplanten Partisanenkampf in Südtirol, ein kommunistisch gewordenes Italien destabilisieren können und die militärstrategisch entscheidenden Alpenpässe fest in der eigenen Hand behalten.

Südtirol, so kann der Leser eindeutig schließen, war deshalb damals noch nicht für Österreich abgeschrieben und die Chancen auf eine Wiedervereinigung Tirols standen nicht schlecht. Diese „Großwetterlage“ änderte sich jedoch rasch, als Italien die Kommunisten mehrheitlich abwählte.

Ein sehr wichtiges „Standbein“ hatten die amerikanischen Geheimdienste „Counter Intelligence Corps“ (CIC) und „Central Intelligence Agency“ (CIA) sowie italienische Dienste im Vatikan, der ab der sich 1943 abzeichnenden Niederlage Hitlers auf westlichen Kurs gegen den Kommunismus einschwenkte. Was sich hier in Kirchenkreisen abspielte, schildert Franceschini spannend und mit vielen Details belegt.

Nicht nur der US-Geheimdienst CIA, sondern viele dem CIA untergeordnete westliche Geheimdienste, wie der deutsche „Bundesnachrichtendienst“ (BND) und vor allem auch italienische Dienste, waren durch ihre Agenten über aktuelle Entwicklungen innerhalb des Südtiroler Widerstandes unterrichtet.

Es ist auch im Nachhinein noch bestürzend, dass diese Dienste auch über die Absichten und Charaktere führender Persönlichkeiten des innersten Kreises der „Südtiroler Volkspartei“ (SVP), darunter auch Landeshauptmann Dr. Silvius Magnago, immer bestens im Bilde waren. Franceschini dazu „Wie gut man über Interna aus der Südtiroler Volkspartei informiert ist, wird am Bericht mit dem Titel ‚Besondere Situation in Südtirol – Kommentar der SVP zur Ernennung des neuen US-Botschafters in Italien‘ vom 8. Dezember 1956 klar (…)“.(S. 103):

Über Ansichten und Absichten des Südtiroler Landeshauptmannes Dr. Silvius Magnago (Bild links) waren die Nachrichtendienste gut informiert. Die Frau des BAS-Unterstützers LR Dr. Aloys Oberhammer (Bild rechts) wurde durch einen italienischen Agenten ausgehorcht.
Über Ansichten und Absichten des Südtiroler Landeshauptmannes Dr. Silvius Magnago (Bild links) waren die Nachrichtendienste gut informiert. Die Frau des BAS-Unterstützers LR Dr. Aloys Oberhammer (Bild rechts) wurde durch einen italienischen Agenten ausgehorcht.

„Plaudertanten“, wie die zu redselige Gattin des untadeligen Nordtiroler BAS-Unterstützers und Landesrates Dr. Aloys Oberhammer (ÖVP), lieferten einem Meisteragenten namens Alfredo Zanella, der sogar Mitglied des „Berg-Isel-Bundes“ werden konnte, wertvollste Informationen (Franceschini´, S. 193).

Unter dem Decknamen ‚Mumelter‘ übermittelt ein weiterer Agent namens Bernardo Zanetti, der für das Präsidium des Regionalrates „Trentino-Südtirol“ als Übersetzer arbeitet, auch interne SVP-Dokumente nach Rom. So etwa Resolutionen für die entscheidende Landesversammlung zum ‚Paket‘ am 21./22. November 1969 im Meraner Kursaal. Aus den Akten geht eindeutig hervor, daß Carlo Bernardo Zanetti die Texte bereits nach Rom übermittelt hatte, bevor sie von der Parteileitung beschlossen worden waren.

Die CIA wusste über den BAS Bescheid

Der BAS plante die Sprengung vieler Strommasten (unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der Schonung von Menschenleben) zur Lahmlegung des norditalienischen Strom-Netzes, was dann dem BAS vom 11. auf 12. Juni 1961 Großteils gelang. Die gesamte Weltöffentlichkeit wurde auf den, seit der militärischen Besetzung und anschließenden Okkupation Südtirols durch den italienischen Staat, eiskalt und planmäßig durchgeführten kulturellen Völkermord (Ethnozid) sowie auf die soziale und politische Unterdrückung in Südtirol aufmerksam gemacht.

Die Mastensprengungen der Herz-Jesu-Nacht des Jahres 1961 rüttelten auch die italienische Öffentlichkeit auf.
Die Mastensprengungen der Herz-Jesu-Nacht des Jahres 1961 rüttelten auch die italienische Öffentlichkeit auf.

Bereits 15 Monate vor (!!!) der „Feuernacht“ des Jahres 1961 wusste die CIA über den Plan des BAS sehr gut Bescheid – und unternahm dagegen nichts! Damals bestand noch die Gefahr, dass Italien in das kommunistische Lager kippen könnte und dann wäre die Tätigkeit des BAS durchaus im Sinne der Westmächte gewesen.

Auch die österreichische Staatspolizei (STAPO) war bereits im März durch einen Waffenfund, in einer von dem BAS-Aktivisten und Journalisten Wolfgang Pfaundler gemieteten Wohnung in Innsbruck, über die kommenden Ereignisse gut im Bilde. Die österreichische Polizei hatte im Zuge einer Hausdurchsuchung Waffen, Munition, Sprengstoff sowie eine Karte beschlagnahmt, auf welcher zahlreiche Strommasten als Attentatsziele eingezeichnet waren. Franceschini dazu:

„Demnach hätte man die BAS-Aktion behindern und auch verhindern können. Daß das aber nicht passiert, dafür sorgen BAS-Sympathisanten in den Reihen der Innsbrucker Polizei. Ein Polizist läßt die Karte aus der Asservatenkammer der Innsbrucker Stapo verschwinden und gibt sie Tage nach der Hausdurchsuchung einem Nordtiroler BAS-Mann zurück. (…) Die besagte Karte landet somit auch nie in den offiziellen Beweismitteln für den Prozeß, der 1962 in Graz gegen Wolfgang Pfaundler über die Bühne geht. Pfaundler wird deshalb auch freigesprochen.“ (S. 287ff).

Dank wohlwollender Unterstützung durch die österreichische Staatspolizei konnte Wolfgang Pfaundler einen gerichtlichen Freispruch in Österreich erreichen.
Dank wohlwollender Unterstützung durch die österreichische Staatspolizei konnte Wolfgang Pfaundler einen gerichtlichen Freispruch in Österreich erreichen.

Die Frage, wie viel die italienischen Behörden im Voraus wussten, beantwortet Franceschini so: „Der italienische Geheimdienst und das Innenministerium sind besser informiert, als man bisher glaubte. Wie präzise man die Situation in Südtirol in Rom bereits Anfang der 1960er-Jahre einschätzt, zeigt ein Bericht aus dem Archiv des ‚Ufficio per le Zone di Confine‘ (UZC). Der Bericht mit dem Betreff ‚Situation in Südtirol‘, datiert mit 20. Juni 1960, ist als ‚Riservatissimo‘ (streng vertraulich) gekennzeichnet und hat einen besonderen Aufkleber: ‚Man ersucht um Aufmerksamkeit‘. (…)

Im Bericht heißt es: (…) Nach dieser Quelle sind nämlich Vorbereitungen im Gang – ausgehend vom bekannten Befreiungsausschuß Südtirol (B.A.S.), also dem Komitee zur Befreiung Südtirols, einer Ausgeburt des Bergisel-Bundes – die darauf abzielen, einen bewaffneten Kampf gegen weitere Zugehörigkeit Südtirols zu Italien zu entfachen.

Das Hauptziel dieser Vorbereitungen ist – als entscheidender psychologischer Effekt und deshalb als unverzichtbar definiert -, der Weltöffentlichkeit die Unabwendbarkeit einer radikalen und definitiven Lösung der Südtirolfrage aufzuzeigen, zur Umsetzung einer Volksabstimmung, die es der deutschsprachigen Bevölkerung Südtirols und der angrenzenden Gebiete (Fassatal Livinallongo, Cortina) erlaubt, ihren Willen frei zu bekunden und selbst über ihre Zukunft zu entscheiden.“ (S.162)

Und in der Tat: der weithallende Donnerschlag des BAS schaffte es, daß US-Präsident Kennedy umgehend als „Morgenlektüre“, jedoch sehr einseitig aus italienischer Sicht, auf Südtirol aufmerksam gemacht wurde.

Franceschini schreibt: „Unmittelbar nach der Feuernacht landete das Südtirol-Problem im täglichen CIA-Bulletin an den US-Präsidenten. Am 23. Juni 1961 beschäftigte sich John F. Kennedy mit Südtirol. (…) Zusammengestellt von der CIA werden in diesem mit ‚top-secret‘ klassifizierten Bericht die wichtigsten globalen Ereignisse aus der Sicht der Nachrichtendienste zusammen gefasst und bewertet. (…) Der besondere Wert des Schriftstückes: Der Inhalt wird vorab sowohl im Außen- als auch vom Verteidigungsministerium abgesegnet. (…) Im Inhaltsverzeichnis steht unter Punkt 10: ‚Italien: Innenminister besorgt über umfangreiche Sabotage in Südtirol‘. (…) Dieser Bericht des CIA macht deutlich, daß der Fokus des CIA auf Italien liegt und auf den möglichen Auswirkungen der Südtirol-Attentate auf die politische Stabilität des NATO-Verbündeten.“ (S. 268)

In der „Feuernacht“ gesprengter Mast in Südtirol.
In der „Feuernacht“ gesprengter Mast in Südtirol.

Die Aufmerksamkeit der gesamten Welt auf Südtirol zu richten, gelang in der Folge des Donnerschlages auch durch den persönlichen Einsatz des damaligen österreichischen Außenministers Dr. Bruno Kreisky vor der UNO.

Kreisky, der große Sympathien für den Tiroler Widerstand zeigte, war über den BAS und dessen Ziele bestens unterrichtet: u.a. durch den, im BAS gut vernetzten Nordtiroler Parteifreund und Landeshauptmann-Stellvertreter Rupert Zechtl (SPÖ), der auch Informant der Organisation Gehlen (BND) war. (Franceschini, S. 287).

Außenminister Dr. Bruno Kreisky (links) war durch seinen Parteifreund LR Rupert Zechtl, welcher ein persönlicher Vertrauter des Südtiroler BAS-Gründers Sepp Kerschbaumer war, bestens über den BAS und dessen Planungen informiert.
Außenminister Dr. Bruno Kreisky (links) war durch seinen Parteifreund LR Rupert Zechtl, welcher ein persönlicher Vertrauter des Südtiroler BAS-Gründers Sepp Kerschbaumer war, bestens über den BAS und dessen Planungen informiert.

Die „Feuernacht“ bewirkte eine Wende

Auf Grund dieses massiven Widerstandes breitester Kreise der Süd- und Nordtiroler Bevölkerung und des übrigen Österreich und des den Staat Italien erschütternden Feuerschlages begann Italiens Regierung im September 1961, im Rahmen der innerstaatlichen „Neunzehner-Kommission“, ernsthafte Vorschläge auszuarbeiten, die in einer österreichisch-italienischen Expertenkommission sodann verhandelt wurden. Hier einigte man sich auf das sogenannte Autonomie-„Paket“ und – leider ohne eine wirksame international-rechtliche Verankerung.

Als persönliche Anmerkung darf ich dazu sagen: Die Versuche mancher Historiker, den Widerstand des BAS als eine kontraproduktive Bewegung darzustellen, da sich die Entwicklung bereits vor der „Feuernacht“ auf einem positivem Weg befunden habe, dürfen als kläglich bezeichnet werden. Diese Leute liefern für ihre Behauptungen nicht einen einzigen Beweis.

Zeitzeugen wie Silvius Magnago haben demgegenüber öffentlich festgestellt, dass der Freiheitskampf sehr wohl einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung einer besseren Autonomie geleistet hat.

Rom verstand damals eindeutig nur die Sprache der Lichtblitze und Donnerschläge!

Führende BAS-Männer arbeiteten mit den USA zusammen

Franceschini schildert spannend und ausführlich den Hintergrund führender österreichischer BAS-Männer, u.a. jenen des Zeitungsherausgebers Fritz Molden, des Journalisten Wolfgang Pfaundler und des späteren ORF-Generals Gerd Bacher, alle entschiedene Gegner Hitlers und Patrioten, die seit langer Zeit bereits freiwillig dem CIA und damit der USA im Kampf gegen den die Welt bedrohenden Sowjet-Kommunismus zur Seite standen.

(Zu diesem Hintergrund und der sehr wichtigen Rolle Moldens in- und außerhalb des BAS wird es in Kürze einen eigenen SID geben. Tragen Sie sich jetzt kostenlos in unseren Newsletter ein, um nichts zu versäumen!) 

Wolfgang Pfaundler, der das geheime CIA-Ausbildungsprogramm für einen „Stay-Behind-Agenten“ absolviert hatte (Franceschini, S. 264), wollte den BAS in „Freiheits-Legion Suedtirol“ (FLS) umbenennen. Dies war wahrscheinlich mit der CIA vorher abgesprochen worden. Er ließ mit dieser neuen Benennung bereits tausende Flugblätter mit einem Aufruf zum Aufstand drucken. Dies wusste die CIA viel früher als der allseits anerkannte BAS-Führer in Südtirol, Sepp Kerschbaumer. Franceschini berichtet dazu: „Sepp Kerschbaumer und die Führung des Südtiroler BAS“ fahren „wutentbrannt nach Innsbruck. Kerschbaumer macht im Rahmen einer bewegten Sitzung klar, daß die Bewegung BAS heiße und keinen anderen Namen brauche“ (Franceschini, S. 258).

„Wolfgang Pfaundler ist von Anfang an einer von denen innerhalb des BAS, die sich nicht lange mit demonstrativen Anschlägen gegen Sachen aufhalten wollen. Der Nordtiroler Publizist und Fotograf plant einen Partisanenkampf in Südtirol. (…) Diese Gangart führt bereits 1960 zu einem Zerwürfnis mit dem Chef des Südtiroler BAS Sepp Kerschbaumer, das nie mehr gekittet wird.“ (Franceschini S. 285)

Ein italienischer Geheimdienstmann schlägt nach der „Feuernacht“ zu

Bild links: Der berüchtigte Geheimdienstchef Silvano Russomanno - Bild rechts: Der Freiheitskämpfer Georg Klotz konnte noch fliehen.
Bild links: Der berüchtigte Geheimdienstchef Silvano Russomanno – Bild rechts: Der Freiheitskämpfer Georg Klotz konnte noch fliehen.

Der berüchtigte italienische Geheimdienstmann Silvano Russomanno wurde zum bösen Schicksal sehr vieler Tiroler Widerstandskämpfer. Nach der „Feuernacht“ gelang es ihm innerhalb weniger Tage, beinahe den gesamten Südtiroler BAS zu verhaften. Franceschini berichtet dazu: „Ausgangspunkt für die Verhaftungswelle ist ein Verhör mit dem Meraner Ingenieur und „Alto Adige“-Journalisten Benno Steiner. Steiner erinnert sich vor der Polizei an ein Treffen mit Jörg Klotz und dem Vinschger BAS-Mann Franz Muther. Klotz flieht, Muther wurde verhaftet und innerhalb von zehn Tagen folgen über 100 weitere Verhaftungen (…). Silvano Russomanno ist in den Jahren danach immer wieder an verdeckten Geheimoperationen in und um Südtirol beteiligt. (…) 1978 wird der Südtirol-Fachmann zum stellvertretenden Direktor des neuen italienischen Inlandsgeheimdienstes SISDE berufen.“ (Franceschini, S. 219ff)

Enthüllung strategischer Hintergründe

Sehr beeindruckend waren für den Rezensenten die ebenfalls von Franceschini bestens erforschten Fakten über den Hintergrund, warum US-Raketenbasen ausgerechnet in Südtirol stationiert werden sollten. (S. 273ff) Rom hatte deshalb daran ein Interesse, weil es damit im amerikanischen Interesse liegen würde, dass Südtirol bei Italien bleibt.

Franceschini berichtet, dass der BAS-Mann Dr. Norbert Burger über seine Kontakte zu dem Mussolini-Befreier und späteren CIA-Agenten Otto Skorzeny die USA warnen und davon abbringen wollte, dieses Raketenbasen in Südtirol zu errichten. (Franceschini. (S. 276)

Franceschini weist auch penibel recherchiert nach, daß alle in Südtirol involvierten Geheimdienste sich nicht scheuten, Kriegsverbrecher, ehemalige SS-Männer, überzeugte Faschisten und Nazis und viele Hochkriminelle zur Ausspähung und Ausschaltung des Tiroler Widerstandes einzusetzen.

Fazit: Wer sich über die Südtirol-Politik jener Jahre und den Freiheitskampf der Südtiroler informieren will, sollte diese wertvolle „Pionierarbeit“ lesen! Hut ab, Herr Christoph Franceschini!

 Dem Buch ist weiteste Beachtung zu wünschen!

Geheimdienste, Agenten, Spione Südtirol im Fadenkreuz fremder Mächte

Christoph Franceschini: „Geheimdienste, Agenten, Spione – Südtirol im Fadenkreuz fremder Mächte“
Verlag: Edition Raetia
Preis: 27,50 Euro
Erhältlich u. a. im „Freilich-Buchladen“




Soll ein umstrittener Politiker wie Leopold Figl in den Stand eines kirchlich „Seligen“ erhoben werden?

Unter diesem Titel nahm der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB), eine von ehemaligen Freiheitskämpfern und politischen Häftlingen gegründete Vereinigung, welche für die Selbstbestimmung Südtirols eintritt, Stellung gegen ein Vorhaben eines hohen Kirchenfürsten.

Es handelt sich um den niederösterreichischen St. Pöltener Diözesanbischof Dr. Alois Schwarz, welcher auf seiner Internetseite angekündigt hat, einen nicht unumstrittenen österreichischen Politiker als „Seligen“ kirchlich verehren zu lassen.

Diese Mitteilung wurde zunächst unkommentiert von zahlreichen Medien übernommen, darunter auch von der Südtiroler Tageszeitung „Dolomiten“.

Links: Meldung in den „Dolomiten“ vom 24. 12. 2020. Rechts: Ankündigung auf der Internetseite der niederösterreichischen Diözese St. Pölten.
Links: Meldung in den „Dolomiten“ vom 24. 12. 2020. Rechts: Ankündigung auf der Internetseite der niederösterreichischen Diözese St. Pölten.

Daraufhin veröffentlichte der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB) nachstehenden Pressedienst, der hier vollständig wiedergegeben ist:

Laut Medienberichten und eigenen Äußerungen auf seiner Internetseite hat der St. Pöltener Diözesanbischof Dr. Alois Schwarz die Absicht, den ehemaligen österreichischen Bundeskanzler und Außenminister Leopold Figl in den Stand der „Seligen“ erheben zu lassen. Aus diesem Anlass hat der „Südtiroler Heimatbund“ einen „Offenen Brief“ an den Bischof gerichtet. Dieser lautet:

Sehr geehrter Herr Bischof!

Den Medien und der Internetseite Ihrer Diözese entnehmen wir, dass Sie den Seligsprechungsprozess für den ehemaligen österreichischen Bundeskanzler und Außenminister Leopold Figl eingeleitet haben.

Wir Südtiroler haben in mehreren Jahrzehnten unsere Erfahrungen mit Politikern gemacht und warnen davor, diese religiös verehren zu lassen.

Auch Leopold Figl hatte verschiedene Seiten, die nicht alle positiv zu werten sind.

In der Zeit des austrofaschistischen Ständestaates war der Direktor des „Reichsbauernbundes“ Leopold Figl zugleich Gauführer der „Ostmärkischen Sturmscharen“ in Niederösterreich.

Die „Sturmscharen“ waren eine schwer bewaffnete, christlichsoziale Bürgerkriegstruppe, die auch rassistisch antisemitisch ausgerichtet war.

Leopold Figl, Gauführer der „Ostmärkischen Sturmscharen“
Leopold Figl, Gauführer der „Ostmärkischen Sturmscharen“

Wie das österreichische Magazin „PROFIL“ vom 14. Mai 2015 berichtete, beschossen die „Ostmärkischen“ Sturmscharen im Bürgerkrieg des Jahres 1934 die Arbeiterwohnungen in den Gemeindebauten am Gaudenzdorfer Gürtel in Wien-Meidling. „Sturmschärler“ fungierten in der Folge auch als Bewacher im Anhaltelager Wöllersdorf. (Siehe: „Schuschniggs Sturmschar“, in: „Der Standard“ vom 23. April 2004)

Angehörige der „Ostmärkischen Sturmscharen“
Angehörige der „Ostmärkischen Sturmscharen“

Unter dem NS-Regime wurde Figl dann selbst ins Konzentrationslager eingesperrt, machte eine schlimme Zeit mit und wurde schwer misshandelt.

Nach dem Krieg begann seine neuerliche politische Karriere als Parteiobmann der ÖVP und Bundeskanzler der Republik Österreich.

Er blieb leider seinem alten Gedankengut treu. Das „PROFIL“ vom 14. Mai 2015 berichtete darüber: Er versammelte am 25. Juli 1945 ehemalige Dollfuß-Mitarbeiter in seiner Wohnung, um an dessen elftem Todestag des Putsch-Kanzlers zu gedenken. ‚Wir bleiben treu‘, schreibt man danach ins Gästebuch.“

Über Figls Einstellung gegenüber jüdischen NS-Opfern berichtete das „PROFIL“: „Leopold Figl wird in seiner ersten Amtszeit als Kanzler immer wieder mit jüdischen Restitutionsforderungen konfrontiert, stets vorgetragen von der amerikanischen Besatzungsmacht. Figl ist selbst ein Opfer, vielleicht fehlt es ihm gerade deshalb an Empathie. Als etwa im Jänner 1947 wieder einmal eine Forderung im Ministerrat diskutiert wird, meint er: ‚Die Juden wollen halt rasch reiche Leute werden. Die Österreicher sind nicht so geschäftstüchtig.‘“

Zu Figls Verhalten in der Südtirol-Frage gibt es Einiges anzumerken: In der Zeit des Austrofaschismus hatte die Wiener Regierung Südtirol der Freundschaft mit dem faschistischen Regime in Rom geopfert.

Figl setzte diese Politik fort, die nun den Interessen der Westmächte diente, welche die Politik Roms unterstützten, um Italien rasch in das westliche Militärbündnis einbinden zu können.

Die aus ehemaligen KZ-Gefangenen und politischen Häftlingen gebildete ÖVP-Kameradschaft „Bund demokratischer Freiheitskämpfer Österreichs“ verfolgte eine andere Linie und übermittelte am 31. Mai 1946 dem Bundeskanzler eine Resolution, in welcher die „Wiedergutmachung des 1919 an Österreich verschuldeten Unrechts, begangen durch die Widerrechtliche und widernatürliche Lostrennung Südtirols und des Canaltales“ verlangt wurde.

Die von Figl missachtete Resolution der ehemaligen NS-Opfer
Die von Figl missachtete Resolution der ehemaligen NS-Opfer

Figl ignorierte diese Initiative seiner ehemaligen Schicksalsgenossen. Vielmehr ließ Figl den italienischen Ministerpräsidenten Degasperi durch einen Vertrauensmann insgeheim darüber informieren, dass die Regierung in Wien sich mit einer Autonomielösung zufrieden geben würde, während offiziell noch die Selbstbestimmung verlangt wurde. Es gab in der Folge mehrere Geheimtreffen Figl-Degasperi, auf denen diese Politik mit Übergehung der Volksvertretung und Regierungsinstanzen abgesprochen und vertieft wurde. Der Öffentlichkeit gegenüber betonte Figl jedoch immer wieder, dass ihm Südtirol ein Herzensanliegen sei.

Degasperi (links) und Figl (rechts) bei einem Geheimtreffen in Kärnten.
Degasperi (links) und Figl (rechts) bei einem Geheimtreffen in Kärnten.

Im Jahre 1956, als Italien seine Entnationalisierungspolitik in Südtirol hemmungslos auf die Spitze trieb, löste der Außenminister Figl eine Welle der Empörung in Österreich und Südtirol aus, als er bei einem Staatsbesuch in Rom erklärte, dass das was Österreich von Italien trenne „unendlich geringfügig“ sei „gegenüber dem, was uns eint.“ (Siehe: „Dolomiten“ vom 17. März 1956)

Sehr geehrter Herr Bischof! Wir wissen, dass Politiker auch oft unter Druck und Zwang gegen ihr eigenes Gewissen handeln. Bitte erheben Sie eine umstrittene Person wie Leopold Figl aber nicht auf das Verehrungspodest eines „Seligen“. Er war ein vielfach irrender Mensch mit guten und schlechten Seiten. Seine Verehrung würden zumindest hier bei uns in Tirol viele Gläubige nicht verstehen. Und bitte präsentieren Sie keine übernatürlichen „Wunder“, welcher dieser Mann bewirkt haben soll!

 Mit vorzüglicher Hochachtung!

 Roland Lang
Obmann des Südtiroler Heimatbundes (SHB)

Nachtrag der Redaktion des SID zu der Presseaussendung des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB):

Figl hatte nach der Machtübernahme Hitlers in Österreich Schweres zu erleiden. Die zeitgeschichtliche Forschung hat darüber berichtet:

Als führender Funktionär des Ständestaates wurde er am 12. März 1938 verhaftet und am 1. April in das KZ Dachau überstellt. Dort wurde er einer Prügelstrafe unterzogen. Er wurde über einen Prügelbock gelegt und mit einem mit Wasser getränkten Ochsenziemer 25mal auf den Rücken geschlagen. Als diese fürchterliche Tortur zu Ende war, lag er bewusstlos und zerschlagen auf dem Bock. An den Spätfolgen dieser Brutalität litt er ein Leben lang. Er erhielt zusätzlich 6 Monate Dunkelhaft in einer fensterlosen Zelle mit nur zweimal wöchentlich Wasser und Brot. 1945 entging er einer Anklage wegen Hochverrats Gott sei Dank durch den Zusammenbruch des NS-Systems.

Ihm gebührt angesichts dieses Leidens ehrendes Gedenken, so wie auch Millionen weiterer Opfer der NS-Diktatur und anderer totalitärer Regime, deren Erhebung in den Stand der kirchlich „Seligen“ nicht erwogen wird. Es ehrt Leopold Figl, dass er als Politiker nach dem Krieg nicht an Rache dachte, sondern den Weg der Aussöhnung beschritt. Es schmälert seine Verdienste nicht, wenn auch darauf hingewiesen wird, dass er als Kind turbulenter Zeiten sich als das erwiesen hat, was wir wohl alle sind: Als Mensch, der auch irren und mitunter falsche Wege einschlagen kann.

Politisches Handeln muss der freien Erörterung zugänglich sein und auch der Kritik unterliegen können. Das ist das Wesen der Demokratie. Es sollte daher auch nicht unter den Schutzschirm einer religiösen „Seligkeit“ gestellt werden.

Für die Redaktion des SID:
Georg Dattenböck

Wie Leopold Figl im Sinne der Westalliierten hinter dem Rücken seiner eigenen Landsleute eine Geheimdiplomatie mit Rom betrieb, die gegen die Südtiroler Selbstbestimmung gerichtet war und die auf die endgültige Zuerkennung Südtirols an Italien abzielte, ist in einem zeitgeschichtlichen Werk unter Wiedergabe bislang unbekannter Dokumente eingehend beschrieben:

Helmut Golowitsch:
„Südtirol – Opfer für das westliche Bündnis“
Schriftenreihe zur Südtiroler Zeitgeschichte, Band I
Leopold Stocker Verlag, Graz- Stuttgart 2017
ISBN 978-3-7020-1708-8




Gesundheit und Glück!

Dies wünschen wir zum Weihnachtsfest 2020 unseren Lesern in aller Welt und vor allem unseren Brüdern und Schwestern in Südtirol!

Möge auch das kommende Jahr 2021 für Europa und besonders für unser Land Tirol ein glückliches werden!

 Niemals dürfen wir vergessen, was Landeshauptmann Eduard Wallnöfer von uns allen moralisch forderte:

 „Wir wissen, daß wir die staatliche Unrechtsgrenze nicht mit Gewalt ändern können. Aber keiner kann von uns erwarten, daß wir jemals dieses Unrecht Recht heißen und das wir jemals aufhören werden, leidenschaftlich unsere ganze Kraft einzusetzen für das Recht in Nord-, Süd-, Ost- und Welschtirol.“

 Die Redaktion des SID




Gedenken an Sepp Kerschbaumer und seine Mitstreiter

Mit einer landesweiten Plakataktion erinnerten der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB), eine von ehemaligen Freiheitskämpfern und politischen Häftlingen gegründete Vereinigung, und der „Südtiroler Schützenbund“ Anfang Dezember an die Freiheitskämpfer der 1960er Jahre und deren selbstlosen Einsatz für die Heimat.

Die Plakate zeigen das Antlitz von Sepp Kerschbaumer, des Gründers des „Befreiungsausschusses Südtirol“ (BAS), welcher zusammen mit seinen Mitverschworenen in der legendären „Feuernacht“ des Jahres 1961 zahlreiche Hochspannungsmasten in die Luft jagte, um mit diesem Donnerschlag die Welt auf die Unterdrückung Südtirols aufmerksam zu machen.

In Welschtirol, heute „Trentino“ genannt, wurden in italienischer Sprache gehaltene Plakate mit Unterstützung der Welschtiroler Schützenkompanien angebracht.

Während aus der Welschtiroler Bevölkerung durchaus zustimmende Reaktionen zu vermerken waren, stiegen die Extremnationalisten Italiens auf die Barrikaden. Allen voran forderten der Parlamentsabgeordnete Francesco Lollobrigida und der Regionalrats- und Landtagsabgeordnete Alessandro Urzi von der Partei „L’Alto Adige nel cuore – Fratelli d’Italia“ (auf Deutsch: „Das Alto Adige im Herzen – Brüder Italiens“), dass Heimatbund und Schützenbund in Zukunft keinerlei Förderungsmittel seitens der Gemeinden und des Landes mehr erhalten dürften, weil sie die „cultura terrorista“ verherrlichten.

Dies veranlasste Roland Lang, den Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ zu nachstehender Presseerklärung:

Gedenken an Sepp Kerschbaumer

Sepp Kerschbaumer. Gemälde von Rudolf Comploier.

Am 7. Dezember 1964 starb im Gefängnis von Verona ein unvergessener Landsmann eines viel zu frühen Todes, der für die Freiheit seines Landes ein wahres Martyrium auf sich genommen hatte.

Der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB) und der „Südtiroler Schützenbund“ erinnerten jetzt öffentlich mit Plakaten an das Opfer des verstorbenen Freiheitskämpfers, damit sein Andenken nicht der Vergessenheit anheimfalle.

Das rief Schmähungen von italienischer extremnationalistischer Seite hervor. Um diese nicht unwidersprochen zu lassen, sei nachstehend über das Leben und Sterben Sepp Kerschbaumers berichtet:

Sepp Kerschbaumer wurde am 9. November 1913 in Frangart bei Bozen geboren. Am 10. September 1934 wurde der 22 Jahre alte Kaufmannsohn, wie damalige Zeitungsberichte belegen, mit weiteren 9 Burschen und zwei Mädchen von Geheimagenten und Carabinieri verhaftet und in Ketten in das Bozner Gefängnis eingeliefert. Die Jugendlichen wurden beschuldigt, am Tag vorher, am Sonntag, den 9. September, beim Wiesenfest der Musikkapelle St. Pauls verbotene deutsche Lieder gesungen zu haben. Mitte Oktober 1934 wurden die Burschen und Mädchen ohne Verteidigung von der faschistischen Verbannungskommission einvernommen und verurteilt. Die beiden Mädchen wurden für fünf Jahre unter Polizeiaufsicht gestellt. Die zehn Burschen wurden zu mehreren Jahren Verbannung nach Süditalien verurteilt. Sepp Kerschbaumer war zu zwei Jahren Verbannung nach Lagonegro in Süditalien verurteilt worden.

Sepp Kerschbaumer (Bildmitte) zusammen mit Freunden auf einer Radtour im Jahre 1934

Aus einem Bericht der Innsbruck erscheinenden Zeitung „Der Südtiroler“ vom 1. Dezember 1934
Aus einem Bericht der Innsbruck erscheinenden Zeitung „Der Südtiroler“ vom 1. Dezember 1934

Nach einem Jahr, im November 1935, wurden die jungen Südtiroler nach dem Besuch von Benito Mussolini in Bozen amnestiert.

Die Zeit des Faschismus und die Fortführung der faschistischen Entnationalisierungspolitik nach 1945 in Südtirol prägten Kerschbaumer zutiefst.

Ab 1957 protestierte Kerschbaumer mit Flugzetteln gegen die römische Politik der Unterdrückung und geförderten Massenzuwanderung aus dem Süden, er hisste die verbotene Tiroler Fahne auf dem Kirchturm in Frangart und letztendlich gründete er zusammen mit verzweifelten Landsleuten, die keinen anderen Ausweg mehr sahen, den „Befreiungsausschuss Südtirol“ (BAS). Es kam zu den Verzweiflungsanschlägen der Herz-Jesu-Nacht des Jahres 1961, die letztlich auf lange Sicht eine gewaltige Wende in der Politik einleiten sollten, zunächst aber zu Massenverhaftungen und schweren Folterungen führten.

Die verbotene Tiroler Fahne auf dem Kirchturm in Frangart. Für das öffentliche Zeigen der Tiroler Farben wurde Sepp Kerschbaumer nach Paragraph 654 des immer noch Geltung befindlichen faschistischen Strafgesetzbuches (Codice Penale“ von 1930) wegen „aufhetzender Kundgebung“ zu 10 Tagen Haft verurteilt. Der Staatsanwalt hatte in der Verhandlung die Tiroler Fahnen als „stracci“ – als „Fetzen“ – bezeichnet.

Verhaftung und Folterung Sepp Kerschbaumers

Am 15. Juli 1961 wurde der Gründer und Kopf des Befreiungsausschusses Südtirol (BAS), der Frangarter Gemischtwarenhändler und Kleinbauer Sepp Kerschbaumer, verhaftet, in die Carabinieri-Kaserne von Eppan gebracht und schwerstens misshandelt.

Der ebenfalls verhaftete Josef Fontana aus Neumarkt im Unterland wurde Sepp Kerschbaumer am 17. Juli 1961 um 17 Uhr abends gegenübergestellt. Der Eindruck, den Kerschbaumer auf ihn machte, konnte er kaum in Worte fassen. Was er sah, war „ein Mensch in seiner tiefsten Erniedrigung.“ (Josef Fontana / Hans Mayr: „Sepp Kerschbaumer“, Bozen 2000, S. 146)

Sepp Kerschbaumer wurde aus dem Kreis seiner Familie gerissen. Vor ihm lagen Folter, Haft und Tod.
Sepp Kerschbaumer wurde aus dem Kreis seiner Familie gerissen. Vor ihm lagen Folter, Haft und Tod.

Martin Koch aus Bozen und Sepp Kerschbaumer (rechts) sind verhaftet worden und werden nun in die Carabinieri-Kaserne eingeliefert.
Martin Koch aus Bozen und Sepp Kerschbaumer (rechts) sind verhaftet worden und werden nun in die Carabinieri-Kaserne eingeliefert.

Sepp Kerschbaumer hat das, was mit ihm geschehen war, am 4. September 1961 in einem Schreiben geschildert, welches keinen Adressaten trug und aus dem Gefängnis hinaus geschmuggelt und der Südtiroler Volkspartei übergeben wurde.

Der Brief liegt heute im Südtiroler Landesarchiv in Bozen unter den Archivalien der Südtiroler Volkspartei.

Der Briefanfang

Der Brief lautet:

„Gefängnis Bozen, 4. September 1961
Schildere hier die Mißhandlungen, die ich beim Verhör durch die Karabinieri von Eppan und dort selbst erleiden mußte. Sofort nach der Verhaftung am 15. Juli 1961 als ich in der Frühe um 6-7 Uhr in die Kaserne eingeliefert wurde, wurden an mich verschiedene Fragen gestellt die ich verneinte.
Daraufhin wurde ich in ein anderes Lokal geführt, wo ich sofort mit Hände hoch stehen mußte, in dieser Position mußte ich von 7 Uhr früh bis 2 Uhr Nachmittag, um welche Zeit ich dann bis 6 Uhr abends in die Zelle gesperrt wurde. Dann ging es wieder von 6 Uhr abends bis 3 Uhr in der Früh gleich wie zuvor.
So mußte ich im ganzen 16 Stunden mit erhobenen Händen stehen. Als ich die Arme nicht mehr ganz in die Höhe halten konnte, riß man sie mir wieder empor, zu alldem wurde ich in dieser Zeit immer wieder im Gesicht in der Brust und am Rücken mit der flachen Hand oder den Fäusten geschlagen, zudem wurde ich immer wieder auf das gemeinste verspottet, nicht nur ich, sondern besonders auch unser ganzes Volk samt Führung, in der letzten Zeit der Mißhandlung war ich so mit meinen Kräften darnieder, daß ich mich nur mehr mit der größten Mühe aufrecht erhalten konnte.
Ich schwitzte und zitterte am ganzen Leibe und war so erschöpft, daß ich nur mehr einen Wunsch hatte, nämlich zu sterben. Als ich den Karabinieri sagte, sie sollen mich frisch umbringen, wurden sie erst recht prutal.
Beim späteren Verhör wurde mir immer wieder mit der Streckbank gedroht.
Dies entspricht alles der reinen Wahrheit und ich kann es gar nicht so schrecklich schildern, wie es in Wirklichkeit sich alles zugetragen hat.
Sepp Kerschbaumer, geb. am 9. 11. 1913 in Frangart“ (Wörtliche Wiedergabe des Originalbriefes. SVP-Archivalien, Landesarchiv Bozen)

Das Ende des Briefes

Wie es den Verhafteten und ihren Familien erging, schildert in sehr berührender Weise die Autorin Astrid Kofler in einer Dokumentation:

„In zwei, drei Tagen und Nächten sind die Männer andere geworden. Bei ihrem Anblick war jeder Vorwurf, der den Frauen auf den Lippen stand, wie weggewischt. Die Frauen hatten auch zu ertragen, dass ihre Männer gefoltert worden waren. Wenn sie den Brief liest, in dem ihr Mann die Folter beschreibt, sagt eine Häftlingsfrau, kommt ihr jetzt noch das Entsetzen, nach über 40 Jahren, nach hundertmal Lesen. Sepp Kerschbaumer, so erzählt seine älteste Tochter, die ihn als erste sehen durfte, ‚hat nur geweint‘“. (Astrid Kofler: „Zersprengtes Leben“, Edition Raetia 2003, S. 45f)

Mit ihm sein Land Tirol

Kerschbaumer weinte freilich nicht über sein eigenes Schicksal, er weinte über das Leid seiner Familie und das der anderen Häftlingsfamilien.
Im Ersten Mailänder Südtirolprozeß im Jahre 1964 wuchs Sepp Kerschbaumer als Hauptangeklagter über sich hinaus.
Er verwandelte das Gerichtsverfahren in ein Tribunal über die römische Politik in Südtirol und er beeindruckte damit nicht nur die deutschen und österreichischen Medien, sondern auch die Weltpresse.

Auch im Ausland begann man nun die Südtiroler Frage und den Freiheitskampf mit anderen Augen zu sehen.

Seinen inhaftierten Kameraden gab das Beispiel dieses Mannes die Würde wieder, die man ihnen in den Folterkammern zu rauben versucht hatte.
Alle Mitangeklagten, ausnahmslos, traten als stolze und freie Männer vor die Schranken des Gerichtes und verteidigten das Recht ihres Volkes.
Josef Fontana sagte später über Kerschbaumer:

„Er hat uns vor allem eines beigebracht, was wir schon fast verlernt hatten: den aufrechten Gang.“ (Elisabeth Baumgartner – Hans Mayr – Gerhard Mumelter: „Feuernacht“, Bozen 1992, S. 137)

Sepp Kerschbaumer wurde in Mailand am 16. Juli 1964 zu 15 Jahren und 11 Monaten Haft verurteilt und nach dem Prozess in das Gefängnis von Verona verlegt. Dort starb er am 7. Dezember 1964 im Alter von 51 Jahren – viel zu früh – der Herztod, für den wohl auch die erlittene Folter mit ursächlich gewesen war.

Sein Rechtsanwalt, Dr. Hermann Nicolussi-Leck aus Kaltern, fuhr nach Verona, um aus dem Gefängnis die wenigen privaten Habseligkeiten Kerschbaumers für dessen Familie abzuholen. Nicolussi-Leck berichtet darüber:

„Und wie ich diese paar Dinge einpacke, da ist der Gefängnisdirektor hergekommen und hat mich gefragt, ob er nicht einen der Rosenkränze haben dürfe, die der Kerschbaumer selbst gemacht hat. Sie waren aus Spagat hergestellt. Metall durfte ja nicht verwendet werden. Ich hab ihm einen gegeben und er hat ihn tiefbewegt zu sich genommen.“ (Elisabeth Baumgartner – Hans Mayr – Gerhard Mumelter: „Feuernacht“, Bozen 1992, S. 137)

Totenwache für Sepp Kerschbaumer - ein Kranz der Familie Klotz
Totenwache für Sepp Kerschbaumer – ein Kranz der Familie Klotz

So wie Kerschbaumers Auftreten vor Gericht geriet auch sein Begräbnis zur Anklage gegen den italienischen Staat. Sein Sarg wurde von ehemaligen Häftlingen getragen. Einer der vielen mitgetragenen Kränze trug die Aufschrift: „Mit ihm sein Land Tirol“. Mehr als 20.000 Menschen säumten in stiller Trauer und wohl auch in stillem Zorn Kerschbaumers letzten Weg von Frangart bis zu dem Friedhof in St. Pauls und schlossen sich dem Trauerzug an. Die „Dolomiten“ schrieben:

„So weit das Auge reichte, sah man nur eine wogende Menschenmenge, die die ganze Straßenbreite einnahm.“

Der Trauerzug erstreckte sich soweit das Auge reichte.
Der Trauerzug erstreckte sich soweit das Auge reichte.

Zu Kerschbaumers Begräbnis war neben dem Bürgermeister und dem Gemeinderat auch die hohe Politik gekommen: Landeshauptmann Magnago, Senator Sand, die Kammerabgeordneten Mitterdorfer, Dietl und Vaja sowie nahezu alle Landtagsabgeordneten. Es war wie eine dritte Volkskundgebung von Sigmundskron. In dem Friedhof hatte nur ein kleiner Teil der Trauergemeinde Platz. Zu Tausenden verharrten die Menschen in stillem Gebet vor den Friedhofsmauern. Als das das Lied vom Guten Kameraden und dann das Andreas Hofer – Lied erklangen, standen tausenden Menschen die Tränen in den Augen.

Dieses Bild Sepp Kerschbaumers, das ihn vor der Kulisse von Schloß Sigmundskron zeigt, ist heute als Postkarte in ganz Tirol weit verbreitet und erinnert an diesen selbstlosen und heldenhaften Mann.
Dieses Bild Sepp Kerschbaumers, das ihn vor der Kulisse von Schloß Sigmundskron zeigt, ist heute als Postkarte in ganz Tirol weit verbreitet und erinnert an diesen selbstlosen und heldenhaften Mann.

Der „Südtiroler Heimatbund“ will auf gehässige Polemiken italienischer Extremnationalisten nicht näher eingehen. Er erinnert aber die eigenen Landsleute daran, dass Sepp Kerschbaumer uns als geistiges Vermächtnis hinterlassen hat, stets für die Heimat und ihre Anliegen einzutreten. Dass dies nun im Rahmen und mit den Mitteln der Demokratie möglich ist, haben wir dem Opfer Kerschbaumers und seiner Mitstreiter zu verdanken.

 Ehre ihrem Andenken!

Roland Lang
Obmann des Südtiroler Heimatbundes (SHB)

Gedenkfeier in St. Pauls

Angesichts der behördlichen Auflagen für Versammlungen konnten der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB) und der „Südtiroler Schützenbund“ am 8. Dezember 2020 eine im Vergleich zu den vergangenen Jahren auf dem Friedhof in St. Pauls nur kleine für 70 Personen zugelassene Gedenkfeier zur Erinnerung an Sepp Kerschbaumer und seine Kameraden abhalten. Sie verlief jedoch äußerst würdig und rührte an die Herzen.

Die einführenden Worte sprach Roland Lang, der Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB):

„Wir verneigen uns vor Sepp Kerschbaumer. Er bleibt jenen, die ihn kannten, als aufrechter Tiroler in Erinnerung, der nicht mit ansehen konnte, wie die Italianisierung voranschritt und die Staatsgewalt nur ein Ziel kannte: die Südtiroler in ihrer angestammten Heimat in die Minderheit zu drängen und ihren Freiheitswillen zu unterdrücken.“

Links: Roland Lang, Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB). Rechts: Schützenmajor Renato des Dorides, stellvertretender Landeskommandant des „Südtiroler Schützenbundes“.
Links: Roland Lang, Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB). Rechts: Schützenmajor Renato des Dorides, stellvertretender Landeskommandant des „Südtiroler Schützenbundes“.

Nach einem einfühlsamen Wortgottesdienst von Pater Benedikt Sperl folgte die Gedenkrede des Landeskommandant-Stellvertreters des Südtiroler Schützenbundes Major Renato des Dorides. Er hatte in den 60er Jahren die Familien der gefangenen Freiheitskämpfer tatkräftig mit finanziellen Mitteln unterstützt.

Des Dorides forderte, dass der italienische Staat endlich einen versöhnlichen Schlussstrich unter das damalige tragische Geschehen ziehen möge:

„Wir gedenken heute auch der aktiven Freiheitskämpfer der 60er Jahre, die noch im Exil fern der Heimat leben und immer noch vom italienischen Staat verfolgt werden. Ihre Sehnsucht, die Heimat wieder zu sehen, für die sie gekämpft und ihr Leben riskiert haben, ihre Freunde und Nachbarn zu besuchen, an den Gräbern der Eltern und Familienangehörigen zu verweilen – diese große Sehnsucht berührt uns alle tief im Herzen.

Es ist Zeit, dass dieser sogenannte „demokratische Italienische Staat“ – in dem immer wieder Verbrecher, politische Attentäter und Mörder großmütig begnadigt werden, die noch wenigen im Exil lebenden Südtiroler Freiheitskämpfer nach über 50 Jahren Entbehrungen ohne weitere Verfolgung zurück in die Heimat lässt. Es wäre ein menschlicher Akt der Versöhnung von einem Staat, der sich vor aller Welt rühmt, vorbildlich für Freiheit, Demokratie, Völkerrecht und Menschlichkeit zu stehen“.

Dann spielte ein Musikant aus Eppan das Lied vom „Guten Kameraden“.

Am Gedenkstein für Sepp Kerschbaumer und seine Mitstreiter auf dem Friedhof in St. Pauls wurden dann Kränze niedergelegt. Gedacht wurde hierbei der Männer wie Franz Höfler, Anton Gostner, Luis Amplatz, Jörg Klotz, Kurt Welser und all jener Kameraden, die eine Strecke des Weges mit ihnen gegangen waren.

Die Schützenkompanie „Sepp Kerschbaumer“ aus Eppan feuerte die Ehrensalve ab.

Abschließend richtete Landeskommandant des „Südtiroler Schützenbundes“, Jürgen Wirth Anderlan einen mahnenden Appell an die Landespolitiker:

„Wir Südtiroler durften in diesem Jahr für ungefähr 70 Tage unser Heim nicht verlassen. Dann gibt es da noch drei Männer, die seit 19.000 Tagen ihr Heim nicht mehr betreten dürfen. Geschätzte Landesvertreter! Zeigt uns, dass ihr kein Rückgrat aus Gummi habt und holt Heinrich Oberleiter, Josef Forer und Siegfried Steger endlich heim. Viel Zeit habt ihr nicht mehr!“

Landeskommandant Wirth Anderlan bei seiner mahnenden Schlussrede.
Landeskommandant Wirth Anderlan bei seiner mahnenden Schlussrede.

Abgeschlossen wurde die sehr würdige Gedenkfeier mit der Tiroler Landeshymne und der österreichischen Bundeshymne.

Wir werden sehen, um mit Landeskommandant Wirth Anderlan zu sprechen, über welches Rückgrat die Landespolitiker verfügen und welche dieser Volksvertreter sich für die in der Verbannung lebenden Landsleute einsetzen werden. 

(Bilder: SHB und Südtiroler Schützenbund)




Es ging um die Bewahrung der Kriegsbeute „Alto Adige“

Wie die Südtiroler 1945 und 1946 mithilfe von Terror wieder unter die italienische Herrschaft gezwungen wurden

Dieser Tage ist im Südtiroler EFFEKT-Verlag ein neues Buch erschienen, welches Aufsehen erregt:

Helmut Golowitsch: „Repression – Wie Südtirol 1945/46 wieder unter das Joch gezwungen wurde“

Mit einem Vorwort von Dr. Franz Pahl, ehem. SVP-Landtagsabgeordneter und Präsident des Regionalrats der Region Trentino-Südtirol.

Der Historiker Dr. Helmut Golowitsch hat bislang weitgehend unbekannte Dokumente in den Landesarchiven Nord- und Südtirols sowie im Österreichischen Staatsarchiv gefunden.

Erschütternde Zeitzeugnisse schildern ein dramatisches Geschehen der unmittelbaren Nachkriegszeit, das weitgehend in Vergessenheit geraten ist.

Die deutschen und ladinischen Südtiroler wurden nicht nur durch Kundgebungsverbote der Regierung in Rom, sondern auch durch behördlich geduldeten Terror bis hin zu Mordtaten weitgehend daran gehindert, öffentlich für die Selbstbestimmung einzutreten.

Für die politisch bestimmenden Kräfte in Italien ging es 1945 parteienübergreifend um die Bewahrung der Kriegsbeute aus dem Ersten Weltkrieg, um den Verbleib Südtirols bei Italien. Dieses Ziel verfolgte auch der vordergründig antifaschistische italienische „Befreiungsausschuss“ CLN („Comitato di Liberazione Nazionale“), der rasch auch ehemalige Faschisten in seine Reihen aufnahm, sich tatkräftig an der Repression der Südtiroler Bevölkerung beteiligte und die alte faschistische Entnationalisierungspolitik und die gezielte italienische Unterwanderung Südtirols fortzuführen begann.

Staatlich geduldeter Terror von „Nachkriegspartisanen“ und uniformierter Banditen trugen dazu bei, die Südtiroler Bevölkerung in Schach zu halten.

Während die damalige oberste Parteispitze der „Südtiroler Volkspartei“ sich unentschlossen und ängstlich verhielt, traten Fürstbischof Dr. Johannes Geisler, sein Kanonikus Michael Gamper, der gesamte Klerus und der SVP-Organisationsreferent Dr. Friedl Volgger und der junge SVP-Parteisekretär Dr. Toni Ebner unerschrocken öffentlich für die Wiedergewinnung der Landeseinheit Tirols ein. Leider vergeblich. Das ablehnende Diktat der alliierten Siegermächte wog schwerer.

Fürstbischof Dr. Johannes Geisler, Kanonikus Michael Gamper, Dr. Friedl Volgger und Dr. Toni Ebner traten unerschrocken für die Landeseinheit ein. Sie organisierten gegen den Willen der obersten Parteiführung der SVP die Unterschriftensammlung für die Rückkehr Südtirols zu Österreich, die mit den rund 155.000 Unterschriften so gut wie aller Wahlberechtigen einer Volksabstimmung gleichkam.
Fürstbischof Dr. Johannes Geisler, Kanonikus Michael Gamper, Dr. Friedl Volgger und Dr. Toni Ebner traten unerschrocken für die Landeseinheit ein. Sie organisierten gegen den Willen der obersten Parteiführung der SVP die Unterschriftensammlung für die Rückkehr Südtirols zu Österreich, die mit den rund 155.000 Unterschriften so gut wie aller Wahlberechtigen einer Volksabstimmung gleichkam.

Ein erklärendes Video zu dem Buch „Repression“, weitere Informationen des Verlages und allenfalls Buchbestellung direkt beim Effekt-Verlag.

Der Autor

Dr. Helmut Golowitsch, geb. 1942, studierte Publizistik und Volkskunde in Wien; anschließend langjährige journalistische Tätigkeit. Als Zeithistoriker hat er zahlreiche Arbeiten zur Zeitgeschichte Südtirols publiziert, so u. a. über das Zustandekommen und die Hintergründe des Pariser Vertrags von 1946, den Gebirgskrieg am Ortler 1915–1918 sowie den Südtiroler Freiheitskampf der 1960er Jahre. Zuletzt sind drei von ihm verfasste zeitgeschichtliche Darstellungen über die jüngere Geschichte Südtirols bis zur Gegenwart erschienen. Jetzt liegt die erschütternde und spannende Dokumentation „Repression“ vor.

Über die Neuerscheinung „Repression“ hat der Historiker und Publizist Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Olt einen Beitrag verfasst, der hier nachstehend wiedergegeben ist:

Unters Joch zwingen

 Wie Staaten usurpierte Völker zu entnationalisieren trachten, zeigt Helmut Golowitsch am Beispiel Südtirols

 von Reinhard Olt

„Um Völker auszulöschen, beginnt man damit, sie ihrer Erinnerung zu berauben. Man zerstört ihre Bücher, ihre Kultur, ihre Geschichte, ihre Symbole, ihre Fahne. Andere schreiben dann ihre Bücher, geben ihnen eine andere Kultur, erfinden für sie eine andere Geschichte und zwingen ihnen andere Symbole und eine andere Fahne auf. Danach beginnt das Volk zu vergessen, wer es gewesen ist, wenn nicht die geschichtliche Erinnerung von neuem geweckt wird.“

Als Gabriele Marzocco, der verstorbene wortmächtige Historiker und publizistische Streiter für die Wahrung ethnischer Identitäten zu dieser Feststellung gelangte, hatte er gewiss nicht allein seine neapolitanischen Mitbürger im Blick gehabt, für deren volkliche Eigenarten und Eigenständigkeit er sich in der von ihm gegründeten Zeitschrift „Nazione Napoletana“ vehement einsetzte. Selbstverständlich war ihm auch das Schicksal derer vertraut, die sich Italien insbesondere nach dem Ersten Weltkrieg einverleibte und – ganz gleich, ob in Rom faschistische Schwarzhemden oder demokratische Weißhemden bestimmten – seiner rücksichtslosen Entnationalisierungspolitik mit dem Ziel der „ewigen Italianità“ unterzog.

Markantestes Beispiel dafür ist der südliche Landesteil Tirols, den es 1918 besetzte, wegen seines 1915 vollzogenen Seitenwechsels im schändlichen „Friedensvertrag“ von Saint-Germain-en-Laye 1919 als Kriegsbeute zugesprochen bekam und 1920 auch förmlich annektierte. Das faschistische Italien suchte dann ab Oktober 1922 alles auszumerzen, was zwischen Brenner und Salurn auch nur im Entferntesten an die in Jahrhunderten entstandene deutsch-österreichische kulturelle Prägung erinnerte. Denn wer dem eigenen fremdes Territorium einverleibt, muss der angestammten Bevölkerung die Identität rauben, soll die Annexion Bestand haben.

Der Entnationalisierung sind die zugefügten immateriellen Schäden auf Dauer besonders förderlich, wenn zuvorderst die Umbenennung von Namen, die an Orten, Plätzen, Siedlungen, Wegen, Bächen, Flüssen und Bergen haften, angeordnet und – bis hin zu Vor- und Familiennamen, selbst auf Grabstätten – unerbittlich durchgesetzt wird. Seit der Machtübernahme Mussolinis war Südtirol Exerzierfeld römischer „Umvolkungspolitiker“. Unter seinem Getreuen Ettore Tolomei, der dies an der Spitze einer Gruppe fanatischer geistiger Eroberer von Bozen aus ins Werk setzte, wurde bis zum zweiten Seitenwechsel Italiens 1943 das gesamte Namensgut des „Alto Adige“ („Hoch-Etsch“) italianisiert. Mit den willkürlich gebildeten identitätsverfälschenden Namen sollte der fremdgeprägte Kulturraum nicht etwa nur geistig Italien unterworfen werden, sondern nach außen hin wurde der sprachliche Vergewaltigungsakt als „Re-Italianisierung“ ausgegeben.

Mitteilung der Zeitung „Der Landsmann“ (Vormals „Der Tiroler“) vom 24. Oktober 1925 über den zwingend vorgeschriebenen Gebrauch der italienischen Ortsnamens-Erfindungen
Mitteilung der Zeitung „Der Landsmann“ (Vormals „Der Tiroler“) vom 24. Oktober 1925 über den zwingend vorgeschriebenen Gebrauch der italienischen Ortsnamens-Erfindungen

Dafür musste, neben dem prinzipiellen Verbot der deutschen Sprache in der Öffentlichkeit, in Ämtern, auf Behörden, in Zeitungen, Zeitschriften und sonstigen Publikationen, vor allem das Schulwesen herhalten, wo der faschistisch-brachiale Umerziehungsfuror am rigorosesten wütete. Die von einer Autorengruppe unter Ägide des vom Verein Südtiroler Geschichte zusammengestellte und in einem im effekt!-Verlag (Neumarkt/Etsch) unlängst als Buch erschienene Dokumentation, veranschaulicht dies, versehen mit aussagestarken authentischen Beispielen, die auch für Gegenwart und Zukunft Mahnung sind, auf prägnante Weise. Im  Buchtitel „Die Deutschen brauchen keine Schulen“ steckt der Hauptteil einer bereits ein Jahr nach der Einverleibung Südtirols in den italienischen Staatsverband vom damaligen italienischen Vizepräfekten der Provinz Bozen, Giuseppe Bolis, getätigten symptomatischen Äußerung, die gleichsam als Richtlinie für das  faschistische Erziehungswesens galt: „Die Deutschen brauchen keine Schulen, und wir brauchen auch keine Deutschen“.

Als sich alle kolonialistischen Zwangsmaßnahmen, die Bevölkerung des „Hochetsch“ („Alto Adige“, gemäß damals verordneter, alleingültiger Benennung) zu assimilieren, als fruchtlos erwiesen, zwangen die „Achsenpartner“ Mussolini und Hitler die Südtiroler in einem perfiden Abkommen, entweder für das Reich zu optieren und über den Brenner zu gehen oder bei Verbleib in ihrer Heimat schutzlos der gänzlichen Italianità anheim zu fallen. Obschon die meisten für Deutschland optierten, verhinderte der Zweite Weltkrieg die kollektive Umsiedlung. 1946 lehnten die Alliierten die Forderung nach einer Volksabstimmung in Südtirol ab. Woraufhin sich in Paris die Außenminister Österreichs und Italiens auf eine Übereinkunft verständigten, von welcher  Bozen, Innsbruck und Wien die verbriefte Gewähr für die autonome Selbstverwaltung des Gebiets sowie den Erhalt der Tirolität seiner Bevölkerung gesichert wissen glaubten.

Doch Alcide DeGasperi bog die im Abkommen mit Karl Gruber vom 5. September 1946 gegebenen Zusagen so um, dass die versprochene Autonomie nicht speziell für die Provinz Bozen, sondern für die Region Trentino-Alto Adige galt, in die beide Provinzen verbunden wurden. Das schiere Übergewicht des italienischen Bevölkerungselements bewirkte zwangsläufig die Majorisierung des deutsch-österreichischen sowie des ladinischen Tiroler Volksteils und führte die für Bozen eigenständig auszuüben versprochene politisch-administrative und kulturelle Selbstverwaltung ad absurdum.

Das Niederhalten der Südtiroler durch Terror – dokumentiert anhand bislang unveröffentlichter Zeugenberichte

Schon als sich die Niederlage NS-Deutschlands in Umrissen abgezeichnet hatte, setzten im Gebiet der „Operationszone Alpenvorland“, zu der das südliche Tirol nach Absetzung Mussolinis und Seitenwechsels Italiens 1943 gehörte, italienische Partisanen aus dem „befreiten Italien“  alles daran, Fakten zu schaffen, welche von vornherein für die Zeit nach Kriegsende den Verbleib Südtirols im Stiefelstaat  gewährleisten sollten. Es ist das bleibende Verdienst des Historikers Helmut Golowitsch, anhand einer Fülle archivierten Materials in seinem soeben erschienenen Buch „Repression. Wie Südtirol 1945/46 wieder unter das Joch gezwungen wurde“ (Neumarkt/Etsch, Effekt! Verlag 2020, ISBN-9788897053682)   eindrücklich und mustergültig dokumentiert zu haben, wie diese Insurgenten operierten, um die Südtirol-Frage auf ihre Art und Weise ein für alle Mal zugunsten des abermaligen Kriegsgewinnlers Italien zu beantworten.

Bislang unbekannte Berichte betroffener Terror-Opfer, welche damals von Pfarrämtern und SVP-Ortsgruppen protokolliert und als Originale oder Kopien auf gefährlichen Wegen über die Berge nach Nordtirol gebracht worden waren
Bislang unbekannte Berichte betroffener Terror-Opfer, welche damals von Pfarrämtern und SVP-Ortsgruppen protokolliert und als Originale oder Kopien auf gefährlichen Wegen über die Berge nach Nordtirol gebracht worden waren

Man fragt sich, warum diese zum einen im Bozner, zum andern im Innsbrucker Landesarchiv sowie nicht zuletzt im Österreichischen Staatsarchiv zu Wien frei zugänglichen Sammlungen authentischer Berichte aus dem während des faktischen „Interregnums“ von massiven Repressalien überzogenen südlichen Landesteil Tirols sich unbesehen in dunklen Archivmagazinen befanden, bis sie der Publizist ans Licht hob, minutiös aufbereitete und 75 Jahre nach Kriegsende der (zumindest interessierten) Öffentlichkeit jetzt präsentiert.

Und kann sich eigentlich nur eine naheliegenden Antwort geben, nämlich dass die herkömmliche (und zumindest in Teilen ideologisch dogmatisierende universitäre) Zeitgeschichtsforschung zum Südtirol-Konflikt dieses authentischen Quellenmaterial ignorierte, weil dessen bestürzender Inhalt der in der Zunft dominanten zeitgeistigen politisch-korrekten „Opinio comunis“, insbesondere hinsichtlich einer quasi kanonisierten Betrachtungen über „bella Italia“, zuwiderläuft.

Wie stellt sich nun das Ergebnis der Kärrnerarbeit Golowitschs für uns Nachgeborene dar, und welche gewinnbringende Erkenntnis vermögen wir daraus zu ziehen? Gegen Kriegsende keimte in Südtirol die Hoffnung auf Wiederangliederung an Nord- und Osttirol und damit auf Rückkehr zu Österreich. Alle Kundgebungen, auf denen diesem Wunsch Ausdruck gegeben werden sollten, liefen den Interessen der westlichen Siegermächte zuwider, die, den niedergehenden „Eisernen Vorhang“ und den auf Stalins rigider Machtpolitik zur Absicherung des Moskowiter Vorhofs dräuenden Ost-West-Konflikt vor Augen, Italien, wo zudem die KPI zusehends an Anhängerschaft gewann, in ein Bündnis einbauen wollten, weshalb insbesondere Washington die römische Politik tatkräftig unterstützte. Mithin unterlagen in Südtirol alle Bemühungen, dem Wiedervereinigungsverlangen öffentlich Stimme und Gewicht zu verleihen, den vom amerikanischen Militär angeordneten Kundgebungsverboten. Überdies wurden alle Versuche, die zum Ziel hatten, weithin vernehmlich einzutreten für die Selbstbestimmung und für das Recht, sie zu ermöglichen, durch behördlich geduldete Terroraktionen gegen die Bevölkerung unterbunden.

Der Terror importierter „Nachkriegspartisanen“ und uniformierter Plünderer

Carabinieri und Alpini in Südtirol schritten nicht gegen den Terror ein - Uniformierte beteiligten sich zum Teil sogar daran
Carabinieri und Alpini in Südtirol schritten nicht gegen den Terror ein – Uniformierte beteiligten sich zum Teil sogar daran

An massiven Übergriffen auf Proponenten von Selbstbestimmung und Rückgliederung  sowie gegen die prinzipiell zu Nazis gestempelten deutsch- österreichischen und ladinischen Bevölkerungsteile Südtirols waren neben marodierenden und gleichsam in Banden umherziehenden Trägern italienischer Uniformen vor allem auch Angehörige des sich „antifaschistisch“ gebenden italienischen Befreiungsausschusses  CLN (Comitato di Liberazione Nazionale) beteiligt. In dessen „Resistenza“-Formation reihten sich vormalige Faschisten ein, die rasch die Montur, aber nicht die Stoßrichtung gewechselt hatten, nämlich die beschleunigte Fortführung der Unterwanderung mit dem Ziel der unauslöschlichen Verwandlung Südtirols in einen in jeder Hinsicht rein italienischen Landstrich.

Italienische Bewaffnete zu Kriegsende - unter ihnen zahlreiche „Nachkriegspartisanen“
Italienische Bewaffnete zu Kriegsende – unter ihnen zahlreiche „Nachkriegspartisanen“

Im Mittelpunkt der Publikation Golowitschs stehen daher die gegen Personen(gruppen) und Sachen verübten Gewalttaten sowie die im südlichen Tirol zwischen (den Wirren und der eher unübersichtlichen Lage bis zum) Kriegsende 1945 und der Entscheidung der alliierten Außenminister vom 1. Mai 1946, die Forderung Österreichs nach Rückgliederung Südtirols abzuweisen, insgesamt obwaltende Repression. „Nachkriegspartisanen“ sowie Gewalttäter aus den Reihen des die amerikanischen Besatzungstruppen ablösenden italienischen Militärs, wie etwa der „Kampfgruppe Folgore“ und der „Kampfgruppe Friuli“, bedrohten die deutsche und ladinische Bevölkerung, plünderten, raubten, mordeten ungesühnt und hielten damit die aus persönlichem Erleben wie kollektiver Erfahrung seit 1918 eher verängstigte Südtiroler Bevölkerung nieder.

Soldaten der Kampfgruppe „Folgore“ - auf Deutsch: „Blitz“
Soldaten der Kampfgruppe „Folgore“ – auf Deutsch: „Blitz“

Mit sozusagen von oben begünstigtem, weil staatlich gebilligtem Terror konnte daher im „demokratischen Italien“ die nahezu bruchlose Fortführung der faschistischen Politik einhergehen.

Es gab eine Reihe Südtiroler Mordopfer. Die an ihnen begangenen Untaten wurden nie gesühnt.
Es gab eine Reihe Südtiroler Mordopfer. Die an ihnen begangenen Untaten wurden nie gesühnt.

Die Refaschisierung des Landes

Frühere Faschisten wurden weithin in ihre vormals bekleideten Ämter und Funktionen wiedereingesetzt, sodass sich im öffentlichen Leben allmählich eine faktische Refaschisierung einstellte. Golowitschs Dokumentation fördert klar zutage, wie eben just ab 1945 die römische Zwischenkriegspolitik des Ethnozids im neuen, aber kaum anders gestrickten Gewande fortgesetzt wurde. Deren Bestimmung war es, durch staatlich geförderte Zuwanderung aus dem Süden Italiens die zuvor von Mussolini und seinen Getreuen bis an die „Grenze des Vaterlandes“, wie es das geschichtsfälschende faschistische „Siegesdenkmal“ in Bozen propagierte,  ins Werk gesetzte Auslöschung der deutschen und ladinischen Teile des Tiroler Volkskörpers zu vollenden und das Land an Eisack und Etsch gänzlich der Italianità anzuverwandeln.

Um nur eines von vielen markanten Beispielen aus der Fülle der in der Dokumentation ausgebreiteten  zeitgenössischen Zeugnisse zu nennen, sei hier jener aufschlussreiche Vermerk vom September 1945 erwähnt, worin es heißt, die am 8. Mai 1945 gegründete (und bis heute im Lande dominante) Südtiroler Volkspartei (SVP) habe wöchentlich mehrere Überfälle, Diebstähle, Raub, Plünderung und Mord bezeugende Tatberichte erhalten. Der „Volksbote“, das SVP-Parteiorgan, meldete am 21. März 1946, in einer einzigen Eingabe an die zuständigen Behörden seien 60 teils blutige, teils unblutige Überfälle aufgezählt gewesen.

Die nach Innsbruck auf gefährlichen Wegen verbrachten Berichte enthüllen ein erschütterndes Geschehen.
Die nach Innsbruck auf gefährlichen Wegen verbrachten Berichte enthüllen ein erschütterndes Geschehen.

Eine geduckte politische Führung in Südtirol – nur der Klerus stellte sich auf die Seite des Volkes

Zu denen, die derartige Geschehnisse ereignis- und ablaufgetreu wiedergaben sowie nicht selten selbst schriftlich festhielten, in Berichtsform abfassten und an sichere Gewährsleute übergaben, die sie nach Innsbruck brachten, gehörten in vielen Fällen katholische Geistliche.

Die Geistlichkeit rief zu „Gebetsstürmen“ und Wallfahrten für die Landeseinheit auf. (Bericht in der „Tiroler Tageszeitung“ vom 20. April 1946)
Die Geistlichkeit rief zu „Gebetsstürmen“ und Wallfahrten für die Landeseinheit auf. (Bericht in der „Tiroler Tageszeitung“ vom 20. April 1946)

So gut wie alle Ortspfarrer Südtirols unterschrieben Petitionen, in denen die Wiedervereinigung Tirols und die Rückkehr zu Österreich gefordert wurden.
So gut wie alle Ortspfarrer Südtirols unterschrieben Petitionen, in denen die Wiedervereinigung Tirols und die Rückkehr zu Österreich gefordert wurden.

Indes fördert Golowitschs Publikation auch von Ängstlichkeit, Unterwerfung und Arrangement hervorgerufene Leisetreterei zutage, die sich nicht anders denn als politisches Fehlverhalten charakterisieren lässt. So fürchteten Parteigründer und erster SVP-Obmann Erich Amonn und sein Parteisekretär Josef Raffeiner eigener Aussage zufolge für den Fall, dass sie die ihnen aus Ortsgruppen ihrer Partei zugegangenen Tatberichte öffentlich gemacht hätten, Anklage und Verurteilung wegen des strafbewehrten Delikts „Schmähung der italienischen Nation und der bewaffneten Streitkräfte“ aus dem trotz Regimewechsels nach wie vor in Kraft befindlichen faschistischen „Codice Penale“. Weshalb Sie die Berichte zwar verwahrten, aber verschwiegen. Selbst Vertreter der alliierten Siegermächte, die ja der Form nach die eigentliche Gewalt im Lande hätten innehaben und ausüben müssen, wozu gehört hätte, die offenkundigen italienischen Umtriebe zu unterbinden, setzten sie nur mündlich davon in Kenntnis und konnten allenfalls ein Achselzucken erwarten.

Dasselbe gilt, wie Golowitsch darlegt, auch für Politiker der unter Viermächte-Statut der alliierten Besatzer stehenden und zwischen 27. April und 20. Dezember 1945 gebildeten Provisorischen Regierung zu Wien, der, unter Leitung des sozialistischen Staatskanzler Karl Renner, zu gleichen Teilen Vertreter von ÖVP, SPÖ und KPÖ angehörten. Und ganz besonders gilt es für die aus der ersten Nationalratswahl (25.11.1945) hervorgegangene und vom 20. 12. 1945 bis 8.11. 1949 amtierende Regierung unter ÖVP-Kanzler Leopold Figl mit sieben Ministern der ÖVP, fünf Ministern (ab 24.11.1947 deren sechs) der SPÖ und (bis 24.11.1947) einem von der KPÖ gestellten Minister.

Viele der Berichte über die Vorgänge in Südtirol gelangten im Original oder in Abschrift nach Nordtirol und von dort auch zur Kenntnis der in Wien Regierenden,  zumal da der auf das Engste mit der Causa „Zukunft Südtirols“ vertraute Außenminister Karl Gruber (ÖVP) Tiroler (mit Wohnsitz in Innsbruck) war. In Wien machte man, auf die Wünsche vor allem der amerikanischen und britischen Besatzungsmächte Rücksicht nehmend, die ja mit den Kommandantura-Sowjets – als den misstrauischsten und sich stets als gegnerische Macht gebärdenden Besatzern – auskommen mussten, den Inhalt der Südtiroler Berichte nicht zugänglich, um öffentliche Sympathiebekundungen für die Südtiroler  und eventuell damit verbundene Aufwallungen gar nicht erst aufkommen zu lassen. Am 5. September 1946, wenige Monate nach Amtsantritt Figls, traf Gruber in Paris jene Vereinbarung mit DeGasperi, die für den von den Siegermächten bestimmten Verbleib Südtirols bei Italien und die damit eingeläutete Nachkriegsentwicklung maßgeblich sein sollte.

Fazit: Wer die dadurch und in den Folgejahren hervorgerufenen Enttäuschungen der Südtiroler Bevölkerung ob ihrer neokolonialistischen Unterjochung durch Rom und ihre zunächst hilflose Wut bis hin zur auch gewaltbereiten und gewalttätigen Auflehnung idealistischer Aktivisten des Befreiungsausschusses Südtirol (BAS) vom Ende der 1950er bis hin in die 1970er Jahre sozusagen von der Wurzel her begreifen will, kommt an Golowitschs höchst ansehnlicher und zutiefst beeindruckender Dokumentation nicht vorbei.

Verlag Effekt! Neumarkt/Südtirol 2020  www.effekt.tirol
ISBN 978-88-97053-68-2
540 Seiten, Preis: EURO 28,90 €

Weitere Informationen des Verlages und allenfalls Buchbestellung hier: https://repression.effekt.tirol/

Zur Person des Rezensenten:

Prof. Dr. phil. Dr. h.c. Reinhard Olt war 27 Jahre politischer Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z.) und von 1994 bis 2012 deren Korrespondent in Wien für Österreich, Ungarn, Slowenien, zeitweise auch für die Slowakei.

Daneben nahm er Lehraufträge an deutschen, österreichischen und ungarischen Hochschulen wahr. Seit 1990 ist er Träger des Tiroler Adler-Ordens, seit 2013 des Großen Adler-Ordens. 1993 erhielt er den Medienpreis des Bundes der Vertriebenen (BdV). 2003 zeichnete ihn der österreichische Bundeskanzler mit dem Leopold-Kunschak-Preis aus, und der österreichische Bundespräsident verlieh ihm den Professoren-Titel. 2004 wurde er mit dem Otto-von-Habsburg-Journalistenpreis für Minderheitenschutz und kulturelle Vielfalt geehrt und ihm das Goldene Ehrenzeichen der Steiermark verliehen. 2012 promovierte ihn die Eötvös-Loránt-Universität in Budapest zum Ehrendoktor (Dr. h.c.), verbunden mit der Ernennung zum Professor, und 2013 verlieh ihm der österreichische Bundespräsident das Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst.

Im Jahre 2017 erschien das reich bebilderte und spannend zu lesende Dokumentarwerk: Reinhard Olt: „Standhaft im Gegenwind. Der Südtiroler Schützenbund und sein Wirken für Tirol als Ganzes“