Abschied von Dr. Bruno Hosp

Am 12. Juli 2023 verstarb der langjährige SVP-Landesrat Dr. Bruno Hosp in Bozen.

Er wurde in zahlreichen Nachrufen auch von ehemaligen politischen Wettbewerbern ehrend gewürdigt. Dr. Hosp war drei Legislaturen lang unter Landeshauptmann Luis Durnwalder Landesrat für deutsche und ladinische Kultur sowie Denkmalpflege gewesen. Auch als Landtags- und Regionalratsabgeordneter und Vizepräsident des Regionalrats hatte sich Dr. Hosp große Verdienste für die Bewahrung und Pflege der deutschen und ladinischen Kultur erworben.

Der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB) weist in einem Nachruf auf eine bislang nur einem kleinen Kreis bekannte Tatsache hin: Dr. Bruno Hosp hatte als Student zu den Freiheitskämpfern des „Befreiungsausschusses Südtirol“ (BAS) gehört.

Während der Zeit seiner politischen Tätigkeit hatte man sinnvollerweise dies nicht öffentlich erörtert. Jetzt kann man offen darüber sprechen.

Nachstehend der berührende Nachruf des SHB:

Dr. Bruno Hosp ist verstorben – Ein treuer Sohn der Heimat, ist von uns gegangen

Ein Nachruf von Roland Lang, Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB)

Am 12. Juli 2023 erreichte uns die traurige Nachricht, dass Dr. Bruno Hosp uns für immer verlassen hat. Er wurde Opfer eines Herzinfarktes.

Am 22. April 2023 hatte noch ich mit Dr. Bruno Hosp die 58. Bundesversammlung des Südtiroler Schützenbundes besucht. Er saß während der Veranstaltung an meiner Seite.

Elmar Thaler (ehemaliger Landeskommandant des Südtiroler Schützenbundes), Luis Pixner (SHB-Obmannstellvertreter), Roland Lang (SHB-Obmann) und Dr. Bruno Hosp.
V. l. n. r.: Elmar Thaler (ehemaliger Landeskommandant des Südtiroler Schützenbundes), Luis Pixner (SHB-Obmannstellvertreter), Roland Lang (SHB-Obmann) und Dr. Bruno Hosp.

Dr. Bruno Hosp wurde am 21.Oktober 1938 in Klobenstein am Ritten, Südtirol, geboren. Er maturierte in Meran und wurde zum 1967 zum Dr. rer. pol. in Wien mit einer Dissertation über „Die Rolle des italienischen Verfassungsgerichtshofes in der Erfüllung des Pariser Südtirol-Abkommens“ promoviert. Sein „Doktorvater“ war der berühmte Univ. Prof. Dr. Felix Ermacora. Er war 1958 Gründungsmitglied der Schützenkompanie Peter-Mayr-Ritten und wurde später mit dem Range eines Ehrenmajors des Südtiroler Schützenbundes ausgezeichnet.

Bereits in seiner Schulzeit war der junge Hosp an handgreiflichen Auseinandersetzungen mit Neofaschisten beteiligt und wurde in der Folge „unsanften Polizeiverhören“ unterzogen, wie er berichtete.

Im August 1957 lernte der Student Bruno Hosp seine Freunde Luis Amplatz und Sepp Kerschbaumer, den Gründer des „Befreiungsausschusses Südtirol“, kennen. So entstand am Ritten eine eigene BAS-Gruppe, der Bruno Hosp angehörte.

Am 27. November 1957 fand die große Südtiroler Volkskundgebung auf Schloss Sigmundskron statt. Darüber hat Bruno Hosp später in einem Interview berichtet: „Damals war ich mit meiner ganzen Meraner Maturaklasse, ohne Ausnahme, mit einem großen Spruchband was wir in der Nacht vorher selber konstruiert hatten, aus zwei Leintuchfetzen die wir aneinander genäht haben, mit der Aufschrift „Tirol den Tirolern – Weniger Worte, mehr Taten“. Mit dem sind wir aufmarschiert. Ich hatte mich natürlich auch mit Luis Amplatz besprochen und mit Sepp Kerschbaumer und verschiedenen Freunden aus Gries und Bozen.“ (Zeitzeugengespräch mit Bruno Hosp von Dr. Franz J. Haller, Meran)

Ganz links im Bild: Der damalige Student Bruno Hosp als Träger der Transparentstange.
Ganz links im Bild: Der damalige Student Bruno Hosp als Träger der Transparentstange.

Der BAS-Gründer Sepp Kerschbaumer brachte Tiroler Fahnen zur BAS-Gruppe rund um den Studenten Bruno Hosp und dieser berichtete darüber später: „Und wir haben dann auch Fahnen gehisst. Wir hatten dann unsere Freude daran, wie man mit diesen Fahnen umgegangen ist. Beispielsweise im Jahr 1960 kann ich mich gut erinnern, am Fronleichnamstag, haben wir eine Fahne am Prozessionsweg zwischen Lengmoos und Klobenstein auf eine hohe Lärche hinauf gebracht und eben dort gehisst. Während des Prozessionszugs waren die Carabinieri dabei, diese Fahne herunterzunehmen. Es ist ihnen fast nicht gelungen. Wir haben dann am Herz-Jesu-Sonntag wieder eine Fahne gehisst. Aber da haben wir eine Lärche genommen und haben dann die ersten zehn Meter hinauf alle Äste beim Heruntergehen eingesägt. Das war dann wirklich ein Schauspiel, denn während der ganzen Nachmittagsprozession am Herz-Jesu-Sonntag waren da drei Carabinieri beschäftigt Ast für Ast hinaufzuklettern und immer wieder ist ein Ast gebrochen. Und erst am nächsten Tag mit Hilfe eines italienischen Burschen vom Dorf und zweier Holzarbeiter, war es ihnen dann gelungen die Fahne einzuholen. Amplatz hat uns dafür sehr gelobt.“

1960 wurde die Gruppe um Bruno Hosp mit Sprengstoff ausgestattet. Darüber berichtete Hosp im Interview jedoch nichts Näheres, sondern erklärte nur sehr allgemein: „Natürlich, es wurden Waffen und Sprengstoff gesammelt, es wurden in Südtirol Lager angelegt, es wurden Zellen gegründet. Es wurde kurzum etwas vorbereitet, das die Weltöffentlichkeit auf das Unrecht das den Südtirolern geschehen ist, aufmerksam machen sollte. Das ist dann auch gelungen in der Herz-Jesu Nacht im Jahre 1961.“ (Zeitzeugengespräch mit Bruno Hosp von Dr. Franz J. Haller, Meran)

Als die Freiheitskämpfer Luis Amplatz und Georg Klotz nach Österreich fliehen mussten, kümmerte sich der in Wien studierende Bruno Hosp in aufopfernder Weise um sie, besorgte Unterkunft, Unterstützung und Arbeit sowie anwaltliche Beratung durch den berühmten Rechtsanwalt Dr. Stern, welcher kein Honorar verlangte.

Der Student Bruno Hosp im Jahre 1965 zusammen mit dem im österreichischen Exil lebenden Freiheitskämpfer Georg Klotz.
Der Student Bruno Hosp im Jahre 1965 zusammen mit dem im österreichischen Exil lebenden Freiheitskämpfer Georg Klotz.

Nach seinem vollendeten Studium betätigte sich Dr. Bruno Hosp als Lehrer; Rundfunk- und Fernsehpublizist. Er machte sich um den Aufbau des Südtiroler Schützenwesens sehr verdient und wurde zum Ehrenmajor ernannt.

Als SVP-Politiker vergaß und verriet er niemals seine Grundsätze. Er trat als Bürgermeister der Gemeinde Ritten, als Generalsekretär der Südtiroler Volkspartei (SVP), als Landtagsabgeordneter und Kulturlandesrat sowie als Vorsitzender des SVP-Clubs der Altmandatare stets und unermüdlich für die volkstumspolitischen Anliegen seiner Heimat ein.

Auf der SVP-Landesversammlung des Jahres 1975 forderte Dr. Bruno Hosp die öffentliche Würdigung der Südtiroler Freiheitskämpfer durch die SVP, „um diesen Männern ihr Ansehen zurückzugeben und sie, die kompromisslose Hingabe an die Heimat gezeigt haben, zu rehabilitieren.“

Auf der SVP-Landesversammlung von 1982 wiederholte Dr. Hosp diese Forderung und betonte, „dass ein Eintreten für die Männer eine Geste der humanitären Gerechtigkeit wäre, deren sich niemand zu schämen hätte.“ Hosp forderte die SVP auf, sich für die Begnadigung der im Exil lebenden Freiheitskämpfer durch den italienischen Staatspräsidenten einzusetzen.

Das Anliegen der Aufhebung dieser menschenrechtswidrigen Abwesenheitsurteile vertrat Dr. Bruno Hosp auch in den kommenden Jahren immer wieder in enger und guter Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Freiheitskämpfer Univ. Prof. Dr. Erhard Hartung. Er setzte sich auch für die in Bozen entstehende BAS-Ausstellung ein.

Es ist Dr. Hosp zu verdanken, dass die von ehemaligen Südtiroler Freiheitskämpfern mitbegründete Ausstellung „BAS – Opfer für die Freiheit“ an zentraler Stelle in Bozen errichtet werden konnte. Von Beginn an war Dr. Bruno Hosp Ausstellungsbeirat und dessen Sprecher. Seit einem Jahr hatte er sich aktiv um eine Vergrößerung der Ausstellung und deren inhaltliche Erweiterung eingesetzt, für einen Zeitraum des Freiheitskampfes von 1809 unter Andreas Hofer bis zum Südtiroler Freiheitskampf der 1960er Jahre.

Es könnten noch viele weiteren Beispiele für die Haltung und den Einsatz von Dr. Bruno Hosp angeführt werden.

Wir trauern um einen großen und treuen Sohn unserer Heimat und hoffen, dass sein Wirken nachfolgenden Generationen als Vorbild dienen möge.

Roland Lang
Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB)




Das angebliche „Gemetzel“ und „Blutbad“ auf der Porze-Scharte

Die Aufrechterhaltung einer staatlichen Lüge

Wie jedes Jahr veranstaltete die „Nationale Alpini-Vereinigung“ („Associazione Nazionale Alpini“ – ANA) auf der Porze-Scharte („Passo di Cima Vallone“) eine Gedenkveranstaltung auf der Porzescharte in der Provinz Belluno nahe der italienischen Staatsgrenze zu Österreich. Wie die staatliche italienische Propaganda seit Jahrzehnten behauptet, hätten dort österreichische „terroristi“ am 25. Juni 1967 mithilfe von Tretminen ein Gemetzel („eccidio“) und Blutbad („strage“) angerichtet, bei dem 4 italienische Soldaten umgekommen seien.

Links: Ankündigung der diesjährigen Alpini-Gedenkveranstaltung auf der Porze-Scharte. Rechts: Eine der vielen italienischen Publikationen, in denen das Geschehen von 1967 als „Blutbad auf der Porze“ („La Strage di Cima Vallona“) dargestellt wird.
Links: Ankündigung der diesjährigen Alpini-Gedenkveranstaltung auf der Porze-Scharte. Rechts: Eine der vielen italienischen Publikationen, in denen das Geschehen von 1967 als „Blutbad auf der Porze“ („La Strage di Cima Vallona“) dargestellt wird.

Es war um eine Erpressung Österreichs gegangen

Italien hatte damals das angebliche durch österreichische „Terroristen“ angerichtete „Gemetzel“ zum Anlass genommen, ein Veto gegen den Beitritt Österreichs zur „Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft“ (EWG) einzulegen. Rom hatte gefordert, dass die österreichische Bundesregierung Italien helfen sollte, die „terroristi“ mit aller Härte zu verfolgen. Die italienische Regierung hatte behauptet, dass auch weitere Vorkommnisse, bei denen Italiener zu Tode gekommen waren, den „terroristi“ zuzuschreiben seien. Wien war willig eingeknickt und hatte sich allen italienischen Forderungen gebeugt.

Ein österreichischer Militärhistoriker deckte ein Lügengebäude auf

Der österreichische Militärhistoriker Oberst Mag. Dr. Hubert Speckner, Lehrer an der Österreichischen Landesverteidigungsakademie, hatte bereits 2013 in der Dokumentation „Zwischen Porze und Roßkarspitz …“ anhand sicherheitsdienstlicher und persönlicher „Tatort“-Begehungen nachgewiesen, dass ein angeblicher Anschlag österreichischer Täter auf der Porzescharte mit vier italienischen Opfern am 25. Juni 1967 so nicht stattgefunden haben konnte, wie es die offiziellen italienischen Darstellungen schilderten. Zudem konnten die von Italien beschuldigten und in der Folge in Abwesenheit verurteilten Österreicher Speckners Untersuchungen zufolge auf keinen Fall die „Täter“ gewesen sein.

Am 28. November 2016 stellte der österreichische Militärhistoriker Oberst Mag. Dr. Hubert Speckner von der Österreichischen Landesverteidigungsakademie einem interessierten Fachpublikum in Wien ein neues Buch brisanten Inhalts vor: „Von der Feuernacht zur Porzescharte“ mit dem Untertitel „Das ‚Südtirolproblem‘ der 1960er Jahre in den österreichischen sicherheitsdienstlichen Akten“.

Speckner hatte Zugang zu allen relevanten und Jahrzehnte lang geheimen sicherheitsdienstlichen Unterlagen der Republik, welche sich mit Anschlägen in Südtirol während der Zeit des Freiheitskampfes befassten.

Das Ergebnis der Aktenauswertung ist sensationell: Bei einer Reihe von Anschlägen, welche gezielt auch Zivilbevölkerung in Gefahr gebracht hatten oder hätten bringen können, hatten offenbar italienische „Dienste“ ihre Hand mit im Spiel gehabt. Hier war es darum gegangen, die „terroristi altoatesini“ als gewissenlose und verruchte Täter darzustellen, welche auf die Vernichtung von Menschenleben abzielten.

In anderen Fällen ließ sich eine provokatorische Steuerung im Hintergrund erkennen. Speckner dokumentiert auch Anschläge, die von italienischen Neofaschisten verübt worden waren und bei denen versucht worden war, sie Österreichern in die Schuhe zu schieben.

Speckners Enthüllungen bewirkten und bewirken kein Eingeständnis Roms

Wie Oberst Mag. Speckner anhand österreichischer und italienischer Akten und örtlicher Begehungen nachwies, spricht alles dafür, dass auf der Porze-Scharte offenbar eine geheimdienstliche Aktion stattgefunden hatte, bei der ein künstlicher „Tatort“ geschaffen worden war.

Es bleibt somit der damals schon von Zeitzeugen geäußerte Verdacht bestehen, dass eine italienische Geheimdienstmanipulation vorlag, wonach Opfer einer italienischen militärischen Verminungsübung der Öffentlichkeit als Opfer blutrünstiger  „Südtirol-Terroristen“ präsentiert wurden. Der damalige, parteiunabhängige österreichische Justizminister Univ.-Prof. Dr. Heinz Klecatzky nannte 2010 als Verursacher des Vorfalls eine „ inneritalienische Manipulation“. Der renommierte Präsident der Belluneser Anwaltskammer, Dott. Peppino Zangrando, kam nach jahrelangen Recherchen ebenfalls zum Ergebnis, dass der Vorfall auf der Porzescharte sich so nicht zugetragen haben kann, wie von Italien offiziell dargestellt wird.

Keine italienische Regierung war bis heute bereit, dies einzugestehen, obwohl mittlerweile Speckners Forschungsergebnisse auch in italienischer Übersetzung als Buch vorliegen.

Die Zerstörung eines Lügengebäudes

Im November 2022 legte der Historiker und Militärsachverständige Oberst Mag. Dr. Hubert Speckner ein neues sensationelles Werk vor:

Hubert Speckner:
„Pfitscherjoch, Steinalm, Porzescharte – Die drei „merkwürdigen Vorfälle“ des Höhepunktes der Südtiroler Bombenjahre in den Jahren 1966 und 1967“

EFFEKT-Verlag in Neumarkt/Südtirol
Umfang: 284 Seiten, Preis ab Verlag: ab EURO 25,00
Hier geht es zur Internet-Seite des EFFEKT-Verlages:
https://effekt-shop.it/shop/buecher/pfitscherjoch-steinalm-porzescharte/

Anhand von wissenschaftlichen Untersuchungen und Durchführung von Sprengversuchen wurde durch gerichtlich beeidete Sachverständige bestätigt, dass einige angebliche „Terrorakte“ des „Befreiungsausschusses Südtirol“ (BAS) der Jahre 1966 und 1967 in Wahrheit getürkt waren. Es dürfte sich bei den italienischen toten Militärpersonen um Opfer tragischer Unfälle gehandelt haben, die nachträglich zu Opfern von „Anschlägen“ erklärt wurden.

Auch in Bezug auf das angebliche Geschehen auf der Porze-Scharte waren die Ergebnisse der Untersuchungen und Sprengversuche eindeutig: Die italienischen Darstellungen stimmen nicht.

Den Forschungsergebnissen zufolge dürften die toten italienischen Soldaten auf der Porze-Scharte vermutlich vielmehr Opfer einer missglückten Verminungsübung auf einem nahe gelegenen militärischen Übungsgelände geworden sein. Nachträglich seien sie dann offenbar zu „Opfern“ der Südtiroler Freiheitskämpfer umfunktioniert worden. Zu diesem Zweck wurde offenbar ein künstlicher „Tatort“ geschaffen.

Die Buchvorstellung in Wien – ein „Lügengebäude“ und „die Stimme der Wahrheit“

Am 9. Mai 2023 wurde das neue Buch im Cafe Landtmann in Wien einem interessierten Publikum vorgestellt. Der ehemalige Südtiroler Landtagsabgeordnete und Regionalratspräsident Dr. Franz Pahl („Südtiroler Volkspartei“ – SVP) führte zu dem neuen Werk unter anderem aus:

„Der Militärhistoriker Dr. Hubert Speckner hat mit seinem Werk drei besonders auffällige Anschläge der Jahre 1966/67 in den Blick genommen, es sind die Anschläge auf dem Pfitscherjoch, der Steinalm und auf der Porzescharte. Sie sind deshalb von Bedeutung, weil  das nationalistische Italien jener Zeit – und unverändert bis heute, wenn auch kaum noch nachdrücklich, – die Anschläge mit italienischen Opfern als Tat der so genannten „Südtiroler Terroristen“ darstellte.

Für Italien konnte und durfte es nicht anders sein, denn es wäre politisch undenkbar gewesen, irgendwelche Zweifel an dieser These zuzulassen. Die Zweifler an der italienischen Version wurden schnell als Terroristenfreunde gebrandmarkt. …

Dr. Franz Pahl bei seiner Ansprache
Dr. Franz Pahl bei seiner Ansprache

 Der Militärhistoriker Dr. Speckner ließ nicht beeindrucken und begann Nachforschungen. Es kam zutage, dass es sich bei den italienischen Darstellungen nicht um Wahrheit, sondern um ein Lügengebäude handelt.

Schließlich wurden an Ort und Stelle von kompetenter Seite Erhebungen angestellt und der Ablauf nachgestellt. Die italienische Propaganda ist als solche entlarvt. Auffallend in diesem Zusammenhang, dass Italien es diesmal vorzog, alles mit Schweigen zu übergehen, um nicht etwa durch Proteste in unangenehme Diskussionen um die Beweislage verwickelt zu werden.

Zwar ist den meisten der gegenwärtigen italienischen Politiker die Zeit der Attentate in Südtirol nur noch sehr ungefähr und nur in der Weise des angeblichen „Südtirolterrorismus“ geläufig. Dennoch gibt es bei der so genannten Carabinieriwaffe, also den Einheiten der Militärpolizei, die in Italien kapillar Ordnungsfunktionen bis ins letzte Dorf innehaben, noch immer eine Erinnerung und ein Bewusstsein dafür, dass man trotz aller äußeren Ruhe achtsam bleiben müsse. Aber auch von dieser Seite gibt es wohlkalkuliertes Schweigen. Wo immer ein Buch mit südtirolpolitischer Brisanz mit Bezug auf die Sechzigerjahre erscheint, landen Nachrichten davon sofort auf den Schreibtischen von Bozen und Rom. Die italienischen Konsulate und die Botschaft wirken mit Eifer mit.

Würde Italien nicht wohlbedacht alles einfach übergehen, würde das eine arge Erschütterung hervorrufen. Wenn es darauf ankommt, sind sich alle italienischen Parteien bei den nationalen Prioritäten einig, zwar unterschiedlich im Ton, aber der Nationalismus tritt schnell wieder hervor.

Der Autor Dr. Speckner hat eine breite Bresche in die italienische Falschdarstellung geschlagen. Die Bücher sind veröffentlicht, die Fakten erläutert und fachkundig belegt.

Diesen Werken und dem Bemühen und der Mitwirkung aller, die in ihrem Handeln und in ihrer Haltung als Österreicher südtirolpolitisches Bewusstsein beweisen, ist es zu verdanken, dass die Stimme für die Wahrheit nicht verstummt. Sie hat Langzeitwirkung.“

Die in Italien in Abwesenheit verurteilten Österreicher sind unschuldig

Die von Italien beschuldigten und in einem menschenrechtswidrigen Abwesenheitsverfahren 1972 in Florenz verurteilten Österreicher Univ.-Prof. Dr. Erhard Hartung, Peter Kienesberger und Egon Kufner können demnach keine „Täter“ in dem tatsächlich manipulierten Geschehen auf der Porze-Scharte sein.

Die Genannten wurden übrigens in Österreich vor Gericht gestellt und in einem ordentlichen Verfahren in Anwesenheit (und nicht menschenrechtswidrig in Abwesenheit wie in Italien), eingehend einvernommen und 1971 freigesprochen.)

Die Angeklagten (v.l.n.r.) Egon Kufner, Univ.-Prof. Dr. Hartung und Peter Kienesberger wurden in Österreich freigesprochen.
Die Angeklagten (v.l.n.r.) Egon Kufner, Univ.-Prof. Dr. Hartung und Peter Kienesberger wurden in Österreich freigesprochen.

Zu der Überzeugung der Sprengsachverständigen war auch Oberst Mag. Dr. Hubert Speckner gelangt, wie er bei der Buchpräsentation in einem Interview mit dem Südtiroler Internetportal UT24 erklärte:

„Ich hatte mich ja schon vor Jahren für mein damaliges Buch „Von der Feuernacht zur Porzescharte“ damit beschäftigt und weiter daran geforscht. Nun gibt es neue Erkenntnisse durch Sachverständige, die ich unter die Leute bringen möchte, weil es einfach wichtig ist, öffentlich zu machen, dass das alles so, wie es dargestellt wird, nicht gewesen sein kann. Die Akten geben etwas völlig anderes her und die neuen Erkenntnisse ein sehr interessantes Bild, vor allem durch jene der Sachverständigen Ruspeckhofer und Hasler.

Oberst Dr. Mag. Hubert Speckner zusammen mit den Sprengsachverständigen Harald Hasler und Max Ruspeckhofer.
Oberst Dr. Mag. Hubert Speckner zusammen mit den Sprengsachverständigen Harald Hasler und Max Ruspeckhofer.Porzescharte, Steinalm und Pfitscher Joch

Ich war selbst mehrmals auf der Porzescharte, am Pfitscherjoch und auf der Steinalm. …

In der offiziellen Darstellung stimmt von vorne bis hinten nichts, sie KANN so gar nicht stimmen, wie die Sachverständigen dargestellt haben. Leichen liegen falsch, Daten über Sprengungen, die so technisch gar nicht passiert sein können, usw.

Die Taten wurden ja bekanntlich dem BAS angedichtet, der es aber nach diesen Darstellungen gar nicht gewesen sein kann. Sachverständige vor Ort haben dies nun bestätigt. So zum Beispiel Dr. Hasler, der diese Fälle nachgesprengt und mit Dummys nachgestellt hat.

Nun stellt sich die Frage: Wer war es dann? Das könnten wir erst beantworten, wenn Italien seine Archive öffnet, was es aber meiner Befürchtung nach nicht so schnell tun wird. Italien ist Meister darin, Dinge zu verschleiern und auszusitzen, um sich nicht damit zu beschäftigen.“

Bis heute ist keine offizielle Rehabilitation der damals zu Unrecht Beschuldigten erfolgt

Univ.-Prof. Dr. Erhard Hartung (stehend) bei seiner Wortmeldung im Österreichischen Parlament in Wien
Univ.-Prof. Dr. Erhard Hartung (stehend) bei seiner Wortmeldung im Österreichischen Parlament in Wien

Einen Tag vor der Veranstaltung im Cafe Landtmann in Wien hatte Univ.-Prof. Dr. Erhard Hartung im Österreichischen Parlament in Wien am 8. Mai 2023 den Parlamentsdirektor und die Südtirol-Sprecher der Parlamentsklubs getroffen und ihnen gegenüber erklärt:

„Ich erlaube mir, als auch persönlich davon betroffener Tiroler, den Wunsch all jener Personen vorzutragen, die von Österreich ob ihres politischen Südtirol-Engagements während der 1960er Jahre juristisch verfolgt und bis zu mehreren Jahren in Untersuchungshaft gesperrt worden waren oder die, um einer weiteren Freiheitsberaubung zu entgehen, als Flüchtlinge im Ausland im politischen Asyl leben mussten, ohne jemals in Österreich rechtskräftig verurteilt zu werden. Unser, ohne größere Schwierigkeiten oder Kosten zu erfüllender Wunsch ist einzig und allein eine öffentliche Rehabilitierung durch unser Vaterland Österreich. Innigst ersuche ich Sie, dafür tätig zu werden.“

Univ.-Prof. Dr. Erhard Hartung wies auch noch darauf hin, dass es den Betroffenen hier nicht um finanzielle Wiedergutmachung gehe. Für diese Wortmeldung erhielt er viel Applaus.

Man wird jedoch sehen, ob sich tatsächlich etwas an der bisherigen opportunistischen Haltung der österreichischen Regierung in Wien ändern wird. Bisher hatte man dort immer sorgfältig darauf Wert gelegt, die italienischen „Freunde“ in Rom ja nicht zu verärgern.




Hungerstreik aus Solidarität mit einer Südtirolerin, die als Österreicherin sterben will

Am 11. Juni 2021 stellte die am 23. April 1919 als österreichische Staatsbürgerin in Kurtatsch geborene Hermine Aloisia Orian (geborene Mair) im Alter von 102 Jahren den Antrag an die Republik Österreich, ihr die österreichische Staatsbürgerschaft wieder zu verleihen. Sie wünscht sich, als österreichische Staatsbürgerin zu sterben, da sie 1919 als österreichische Staatsbürgerin geboren wurde.

Die Antragstellerin war in der Zeit des Faschismus als „Katakombenlehrerin“ tätig gewesen und hatte die Gefahr von Verhaftung und Verbannung auf sich genommen.

Der Vorstand des Andreas Hofer-Bundes (v. l.: AHBT-Obmannstellvertreter Hermann Unterkircher, AHBT-Obmann Alois Wechselberger, Hermine Orian und AHBT-Südtirol-Beauftragte Edith Weinreich) besuchten Frau Orian an ihrem 103. Geburtstag in ihrem kleinen Haus in Schenna bei Meran.
Der Vorstand des Andreas Hofer-Bundes (v. l.: AHBT-Obmannstellvertreter Hermann Unterkircher, AHBT-Obmann Alois Wechselberger, Hermine Orian und AHBT-Südtirol-Beauftragte Edith Weinreich) besuchten Frau Orian an ihrem 103. Geburtstag in ihrem kleinen Haus in Schenna bei Meran.

Aus Wien kam keine Antwort. Obwohl die italienische Gesetzeslage eine Doppelstaatsbürgerschaft zulässt und sich auch die Südtiroler Volkspartei (SVP) wiederholter Maßen für die Möglichkeit einer Doppelstaatsbürgerschaft der Südtiroler ausgesprochen hat, stieß dieses Vorhaben auf die strikte Ablehnung der Regierungspartei ÖVP.

Rom wollte und will keine engere Anbindung der Südtiroler an Österreich und die Lakaien in Wien waren und sind gehorsam.

Der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB) und der Nordtiroler „Andreas Hofer-Bund Tirol“ (AHBT) setzten sich in der Folge für das Anliegen der Frau Oria ein und richteten zahlreiche Schreiben an die österreichischen Regierungsstellen.

Insbesondere der AHBT-Obmann Mag. Alois Wechselberger wurde hier unermüdlich tätig. Er wurde von den Behörden – wohl auf Weisung von oben – in die Irre und im Kreis geschickt. Man schickte ihn von Pontius zu Pilatus und letztlich lehnte jede Regierungs- Landes- und Magistratsstelle die Zuständigkeit ab.

Auch eine Demonstration Tiroler Schützen in Wien vor dem Innen- und dem Außenministerium in Wien, darunter Schützen der Kompanie „Major Guiseppe de Betta“ aus Trient, bewirkte nichts.

Der Außenminister Schallenberg reagierte auf schriftliche Eingaben einfach nicht.

Mittlerweile wurde Frau Orian am 23. April 2023 104 Jahre alt und es ist offensichtlich, dass man in Regierungskreisen in Wien hofft, dass sich das lästige Problem bald von selbst erledigt.

In dieser Situation erreicht uns folgender Pressedienst des „Andreas Hofer-Bundes Tirol“ (AHBT):

Österreichische Bundesregierung gefährdet 2 Menschenleben!

104jähriger Südtirolerin wird die Vergabe der österr. Staatsbürgerschaft verwehrt! AHBT-Obmann Wechselberger, der Frau Orian im Wort steht, greift zum Mittel der moralischen Notwehr: zum Hungerstreik!

Sehr geehrte Damen und Herren,

in der seit Jahren strittigen Frage der österreichsichen Staatsbürgerschaft für die im 105. Lebensjahr stehende Südtirolerin, ehemalige Katakomben-Lehrerin, Urgroßmutter Hermine Orian (geb. Mayr) ist nun unser Obmann, Mag. Alois Wechselberger, in den Hungerstreik getreten.

Das Innenministerium hat uns, dem Andreas Hofer-Bund Tirol (AHBT), mehrfach zugesagt, den Fall Orian – noch vor der Sommerpause (!!!) – in den Ministerrat zu bringen. Bis zur parlamentarischen Sommerpause sind es nur noch knapp drei Wochen!

Unsere zahlreichen Anfragen in den letzten Wochen bestätigten jedoch, dass der Fall Orian durch Innenminister Karner (ÖVP) persönlich blockiert wird: Der Ministerratsdienst des Bundeskanzleramts und auch andere mit der Sache befassten Ministerien und Regierungsstellen bestätigten, dass es bis dato keine Vorbereitungen getroffen wurden, um die Staatsbürgerschaftsfrage im Ministerrat endgültig zu behandeln und abzuschließen.

Wir vom AHBT und auch Frau Hermine Orian sind offenbar durch Beamte und Minister über Wochen und Monate hinweggetäuscht worden. Wir lehnen eine von der Regierung angesteuerte „biologische Lösung“ – durch gezielte Verschleppung einer Entscheidung – im Fall Orian kategorisch ab!

Wie bereits in einer Presseaussendung angekündigt, hat unser Obmann als Mittel der äußersten moralischen Notwehr den Hungerstreik gewählt. Seit 10. Juni 2023 ist unser Obmann im Hungerstreik!  Es liegt nun an der Bundesregierung in Wien den Fall Orian rasch abzuschließen, um die (bereits angeschlagene) Gesundheit bzw. das Leben unseres Obmannes sicherzustellen. Für die seelischen Qualen der altersbedingt sehr gebrechlichen Frau Hermine Orian und für die körperliche Unversehrtheit unseres Obmannes machen wir die Regierung Nehammer-Kogler (namentlich Herrn Innenminister Karner)  persönlich verantwortlich!

Während die sogenannte freien und unabhängigen österreichischen Medien zur Causa Orian (noch!!!) schweigen, berichtet bereits die italienische Nachrichtenagentur ANSA.

Übersetzung:

Hungerstreik für die italienisch-österreichische Staatsbürgerschaft

Der Promoter nimmt nur Flüssigkeiten zu sich, „es ist die letzte Form der Selbstverteidigung“

(ANSA) – BOZEN, 13. JUNI – Seit Jahren kämpft Alois Wechselberger vom Andreas-Hofer-Bund für Hermine Orian, einer 104-jährigen Südtirolerin, um die österreichische Staatsbürgerschaft.

Nun ist er in einen Hungerstreik getreten.

„Seit Sonntag nehme ich nur noch Flüssigkeit und etwas Traubenzucker zu mir“, sagte Wechselberger gegenüber ANSA.

Der Österreicher begründet die Entscheidung damit, dass „trotz der Zusage des Wiener Innenministeriums, die Sache Orian bis Ende Juni dem Ministerrat vorzulegen, bislang nichts passiert ist“.

Bis zur Sommerpause werde es nur noch zwei Ministerratssitzungen geben, betont Wechselberger.

„Offensichtlich wird im Fall Orian weiter Obstruktionspolitik betrieben, die mit Unwahrheiten auf eine biologische Lösung abzielt“, sagt der Initiator der Klage, der dem Innenministerium in Wien vorwirft, das Dossier nicht an das Außenministerium weitergeleitet zu haben.

„Der Andreas-Hofer-Bund hat in diesen zwei Jahren weder Zeit noch Kosten gescheut. Angesichts des Umgangs Wiens mit Frau Orian im Besonderen und den Südtirolern im Allgemeinen ist es dringend geboten, mit einem Hungerstreik auf dieses Unrecht aufmerksam zu machen – wie eine letzte Form der Selbstverteidigung“, schlussfolgert Wechselberger.

Mit Gesamttiroler Gruß zeichnen für den AHBT-Vorstand:

Johann Moser e.h.
z.Zt. geschäftsf. Obmann des AHBT
und
Wilfried Nothegger e.h.
Obmann-Stv. des AHBT




„An der Seite des Volkes“: Buchpräsentation in Brixen und Salzburg

Eine bewegende Dokumentation über den Widerstand der Südtiroler Geistlichen gegen die faschistische Entnationalisierung.

Helmut Golowitsch:
AN DER SEITE DES VOLKES
Südtiroler Geistliche unter dem Faschismus 1918 – 1939

EFFEKT! Verlag, Neumarkt
ISBN 978-88-97053-95-8
474 Seiten, reich bebildert
Ab EURO 28,90

Mit Vorworten des Landeskuraten des Südtiroler Schützenbundes, P. Christoph Waldner OT und des Kapitular-Kanonikus DDr. Johann Enichlmayr.

Das Titelbild zeigt den Südtiroler Kanonikus Michael Gamper, der den geheimen „Katakombenunterricht“ in Südtirol ins Leben gerufen hatte.

Hier geht es zur Verlagsseite: https://effekt-shop.it/shop/buecher/an-der-seite-des-volkes/

Dem geplanten Untergang der deutschen und der ladinischen Volksgruppe und ihrer Kultur stellten sich in der Faschistenzeit die Priester in Südtirol mutig entgegen und nahmen dafür manche Verfolgung auf sich. Sie verteidigten und bewahrten den Gebrauch der unterdrückten deutschen Sprache in den Kindergärten, im Schul- und Religionsunterricht und im öffentlichen Leben. An ihnen und dem von ihnen unterstützten geheimen „Katakombenunterricht“ scheiterte der staatlich geplante Ethnozid, der kulturelle Volksmord.

Aus einer Denkschrift deutscher Priester Südtirols vom 11. Mai 1925 an den Trienter Fürstbischof Celestino Endrici:

„Wo es um vom Naturrecht – und damit von Gott – zuerkannte Güter geht, um die Erziehung der Kinder, um das zukünftige Geschlecht, um die Sicherung des religiösen Unterrichtes in Schule und Kirche, da ist für den Priester nur eine Stellung denkbar: die an der Seite des ihm anvertrauten, hartbedrängten Volkes, dem er Helfer und Tröster und, wenn es sein muss, auch Verteidiger der von Natur und Gott demselben zuerkannten Rechte zu sein hat – gegenüber dem mit allen irdischen Machtmitteln ausgestatteten Bedränger.“

Buchvorstellung in Brixen

Ein Bericht von Gerald Danner M.A.

An die 60 interessierte Besucher waren am 5. Mai in der Stadtbibliothek in Brixen erschienen um das neue Werk des Historikers Dr. Helmut Golowitsch „An der Seite des Volkes – Südtiroler Geistliche unter dem Faschismus 1918-1939“, erschienen im Südtiroler Effekt!-Verlag, kennenzulernen.

Eingeladen hatte der Schützenbezirk Brixen des Südtiroler Schützenbundes. In dessen Namen begrüßten Bezirksmajor Florian Lechner sowie Bezirkskulturreferent Helmut Larcher alle Anwesenden.

Der Autor wandte sich mit einer Videobotschaft an das interessierte Publikum.

Der Autor bei seiner Video-Botschaft.
Der Autor bei seiner Video-Botschaft.

Die Initiative für dieses neue Buch gewann Golowitsch durch eine Broschüre „Die Seelennot eines bedrängten Volkes“ aus dem Jahre 1927, welche Kanonikus Michael Gamper seinerzeit nur unter dem Decknamen „Athanasius“ und außerhalb Südtirols in Innsbruck herausgeben konnte. Diese handelte „von der nationalen und religiösen Unterdrückung in Südtirol“.

Gamper hatte in dieser Schrift den in vollem Gang befindlichen Widerstand der Südtiroler Geistlichkeit gegen den faschistischen Versuch der kulturellen Auslöschung des Deutschtums dargestellt. Diese Schrift bewegte den Historiker Dr. Helmut Golowitsch, das Thema näher zu untersuchen.

Bild links: Titelseite der von Kanonikus Michael Gamper im Jahre 1927 unter dem Pseudonym „Athanasius“ veröffentlichten Broschüre. Bild rechts: Aus diesen Kindern sollten begeisterte Italiener geformt werden. Dieser Versuch scheiterte am Widerstand der Familien und der deutschen Priester.
Bild links: Titelseite der von Kanonikus Michael Gamper im Jahre 1927 unter dem Pseudonym „Athanasius“ veröffentlichten Broschüre. Bild rechts: Aus diesen Kindern sollten begeisterte Italiener geformt werden. Dieser Versuch scheiterte am Widerstand der Familien und der deutschen Priester.

Das Ergebnis: So gut wie ausnahmslos hatten alle deutschen und ladinischen Geistlichen Südtirols schwerste Verfolgungen erlitten oder riskiert.

Das Ziel der italienischen und vor allem der faschistischen Politik nach dem Ersten Weltkrieg war die Schaffung einer italienischen Einheitsnation gewesen. In dieser sollten die ethnischen Minderheiten unter Aufgabe ihrer eigenen Identität aufgehen.

Um dieses Ziel zu erreichen, wurde versucht, bereits den Kindern in Kindergarten und Schule den Gebrauch der Muttersprache zu nehmen.

So kam es bereits bald nach dem Einmarsch der italienischen Truppen zu Umwandlungen deutscher Kindergärten und Schulen in italienische Institutionen. Die deutsche Priesterschaft stellte sich mutig dagegen und hielt trotz Verfolgungen, Misshandlungen, Kerkerhaft und Verbannungen in den Pfarrhöfen den verbotenen deutschen Unterricht ab.

Der Verleger Elmar Thaler stellte das Buch vor und verlas einzelne eindrucksvolle Schilderungen über die Gewaltmaßnahmen örtlicher Faschisten du der Staatsmacht gegen die Priester, die entgegen staatlichen Weisungen in den Pfarrhöfen weiterhin den Religionsunterricht in deutscher Sprache hielten.
Der Verleger Elmar Thaler stellte das Buch vor und verlas einzelne eindrucksvolle Schilderungen über die Gewaltmaßnahmen örtlicher Faschisten du der Staatsmacht gegen die Priester, die entgegen staatlichen Weisungen in den Pfarrhöfen weiterhin den Religionsunterricht in deutscher Sprache hielten.

Unzählige Fälle von Schikanen, Beschimpfungen und auch tätlichen Angriffen auf Südtiroler Geistliche durch Faschisten und die italienische Obrigkeit konnte Golowitsch aus den Unterlagen der Diözesanarchive von Trient und Brixen nachweisen, berichtete der Verleger und Ehrenlandeskommandant des Südtiroler Schützenbundes Elmar Thaler. Der Klerus war es, der sich in der Zeit des Faschismus schützend vor die Bevölkerung stellte, als der offizielle Schulunterricht und beinahe der gesamte öffentliche Alltag in deutscher Sprache verboten war. Der von Kanonikus Michael Gamper ins Leben gerufene geheime deutsche Sprachunterricht in den Katakombenschulen wurde vielfach von den Ortspfarrern unterstützt.

Der Landeskurat des Südtiroler Schützenbundes, Pater Christoph Waldner O.T., betonte, dass es sich bei dem Einsatz der deutschen Priesterschaft für die Bewahrung der deutschen Muttersprache für die Kinder um die Wahrung eines göttlichen Naturrechtes gehandelt habe.
Der Landeskurat des Südtiroler Schützenbundes, Pater Christoph Waldner O.T., betonte, dass es sich bei dem Einsatz der deutschen Priesterschaft für die Bewahrung der deutschen Muttersprache für die Kinder um die Wahrung eines göttlichen Naturrechtes gehandelt habe.

Pater Christoph Waldner O.T., Landeskurat des Südtiroler Schützenbundes, der zur Buchvorstellung in Brixen ebenfalls anwesend war, sprach von einem neuerlichen Standardwerk des Historikers Helmut Golowitsch, der eine Unzahl der Vorfälle in diesem Buch zusammentrug und damit eine Dokumentation und ein Nachschlagewerk für Vorkommnisse in den einzelnen Orten und Dörfern Südtirols geschaffen hat. Wie der Autor in seiner Video-Grußbotschaft betonte, wäre dies ohne die Unterstützung der Verlagsleitung unter Elmar Thaler nicht gelungen, der die Erhebungen in den Diözesanarchiven von Trient und Brixen durchführen ließ und dem Verfasser mehr als 800 Seiten Kopien wichtiger Dokumente beschaffte.

Einige der mehr als 800 Seiten von Dokumenten aus den Diözesanarchiven.
Einige der mehr als 800 Seiten von Dokumenten aus den Diözesanarchiven.

Diese Karte zeigt mit Ortsangaben und Datum dokumentierte Übergriffe und Gewalttaten auf.
Diese Karte zeigt mit Ortsangaben und Datum dokumentierte Übergriffe und Gewalttaten auf.

Einen lebhaften Eindruck und einen Einblick ins Buch konnten die Besucher durch ausgewählte Textstellen mit Ereignissen aus dem Raum Brixen gewinnen, die während der Vorstellung vorgetragen wurden.

Das Buch ist reich bebildert und mit zahlreichen Faksimiles von Dokumenten ausgestattet.

Das Buch ist reich bebildert und mit zahlreichen Faksimiles von Dokumenten ausgestattet.
Das Buch ist reich bebildert und mit zahlreichen Faksimiles von Dokumenten ausgestattet.

Die in der Faschistenzeit verfolgten Priester traten 1945 mit einer Unterschriftenaktion für die Rückkehr Südtirols zu Österreich ein und riskierten damit weitere Verfolgung.
Die in der Faschistenzeit verfolgten Priester traten 1945 mit einer Unterschriftenaktion für die Rückkehr Südtirols zu Österreich ein und riskierten damit weitere Verfolgung.

 

Berichterstattung in den „Dolomiten“ vom 10. Mai 2023:

Buchvorstellung in Salzburg

Am 9. Mai 2023 fand die Buchvorstellung in Salzburg statt. Eingeladen hatte der „Neue Klub“ unter seinem Obmann Dr. Wolfgang Caspart.




Letzter Abschied von Florian Weissteiner – dem Vorletzten der „Pfunderer Buam“

Am 10. April 2023 verstarb Florian Weissteiner in Obervintl im Pustertal im Alter von 86 Jahren. Er war der vorletzte noch Lebende der sieben „Pfunderer Buam“, die 1956 verhaftet, schwer misshandelt und 1957 und 1958 einem unglaublichen Justizverfahren unterworfen worden waren.

 

Roland Lang, der Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB), drückte in einem Schreiben der Familie sein Mitgefühl aus und veröffentlichte dann eine Dokumentation, die nachstehend wiedergegeben ist.

Dokumentation:

Politische Justiz im Nachkriegs-Italien – Was Florian Weissteiner und seine Freunde erleiden mussten

In der Nacht des 15. August 1956 waren 7 junge Bauernburschen in Pfunders, einem kleinen Gebirgsort in einem Seitental des Pustertals, vor einer Arbeiterkantine in eine Rauferei mit zwei italienischen Finanzern geraten, die wie sie vorher ausgiebig in der Kantine gezecht hatten. Einer der Finanzer, der schwer alkoholisierte Raimondo Falqui, war davon gerannt und in der Dunkelheit von einer Brücke ohne Geländer 3 Meter tief in den ausgetrockneten und mit Felsbrocken ausgestatteten Roanerbach gestürzt.

Von dieser Brücke ohne Geländer war der schwer alkoholisierte Raimondo Falqui in den ausgetrockneten Roanerbach gestürzt. (Bild aus der Illustrierten „DER STERN“.)
Von dieser Brücke ohne Geländer war der schwer alkoholisierte Raimondo Falqui in den ausgetrockneten Roanerbach gestürzt. (Bild aus der Illustrierten „DER STERN“.)

Bei seinem Sturz hatte sich Falqui offensichtlich an einem Stein die Stirne eingeschlagen. Die spätere Untersuchung ergab, dass Falqui 1,7 Promille Alkohol im Blut gehabt hatte, also schwer betrunken gewesen war.

Die vor der Kantine Zurückgebliebenen hatten Falquis Sturz nicht mitbekommen und gingen ebenso wie dessen Kollege nach Hause und schliefen ihren Rausch aus. Am nächsten Tag wurden die 7 Burschen als „Mörder“ verhaftet. Bereits die Ermittlungen wurden so geführt, dass sie eine Mordanklage stützen sollten.

* Die Voruntersuchung wurde durch keine Mordkommission durchgeführt, sondern nur durch einfache Carabinieri.

* Es wurden keine Spuren am „Tatort“ erhoben und dadurch auch der Stein, an dem sich Falqui bei seinem Sturz mutmaßlich den Schädel eingeschlagen hatte, nicht als Beweismittel gesucht und gesichert.

* Die Leiche wurde ohne jede Spurensicherung abtransportiert und es wurde nicht einmal der Fundort dokumentiert.

* Dadurch konnten später widersprüchliche Angaben über die Fundstelle der Leiche nicht abgeklärt werden.

* Der Gemeindearzt von Rasen-Olang, Dr. Karl Kofler, welcher den eingetretenen Tod des Falqui feststellte und als Erster dessen mutmaßlich durch den Sturz in das Geröll des Bachbetts verursachte Kopfverletzung sah, wurde trotz Antrags der Verteidigung in beiden Instanzen nicht als Zeuge vor Gericht zugelassen und nicht einvernommen. Die Begründung: Das Gericht wisse ohnehin, dass er nichts Sachdienliches auszusagen habe.

* Die Einvernahme einiger anderen wichtigen Zeugen wurde ebenfalls abgelehnt.

* Der Gerichtsmediziner Professor Franchini stellte in seinem Obduktionsbefund fest, dass Falqui bei der vorangegangenen Schlägerei nur geringfügige und oberflächliche Verletzungen wie Hautabschürfungen und Blutergüsse erlitten hatte. Lediglich eine einzige Verletzung am Schädel war die tödliche gewesen und so beschaffen gewesen, dass sie mutmaßlich von einem Sturz mit Aufschlag auf einen Stein herrührte. Professor Franchini kam daher in seiner Untersuchung zu dem Schluss, dass die wissenschaftlich annehmbarste Hypothese diejenige sei, dass Falqui in das Bachbett gestürzt sei und sich dabei an einem Stein die tödliche Schädelverletzung zugezogen habe.

* Professor Franchini stellte im Blut des Toten einen Alkoholgehalt von 1,7 Promillen fest und erklärte in seinem Befund, dass Falqui sich im Zustand einer „akuten alkoholischen Intoxikation“ befunden und zum Zeitpunkt seines Wegrennens in die Dunkelheit mit größter Wahrscheinlichkeit an Gleichgewichtsstörungen gelitten hatte.

Über dieses Untersuchungsergebnis des amtlich bestellten Gerichtsmediziners setzte sich das Gericht einfach hinweg.

Die „Pfunderer Buam“ waren Opfer – nicht Täter!

Die These der Vernehmenden und später des Gerichtes lautete, dass Falqui zu Tode geprügelt und dann in das Bachbett geworfen worden sei. Daher wurden die Burschen, wie sie später vor Gericht aussagten, so lange geschlagen, bis sie die italienischen Protokolle, deren Inhalt sie nicht verstanden, unterschrieben hatten. Diese Protokolle enthielten „Geständnisse“, die zur Grundlage der Verurteilung der Burschen wurden.

Der Prozess gegen die Pfunderer Burschen begann am 8. Juli 1957 und fand vor dem Schwurgericht in Bozen statt.

In Ketten wurden die Pfunderer Burschen in das Gefängnis nach Bozen gebracht.
In Ketten wurden die Pfunderer Burschen in das Gefängnis nach Bozen gebracht.

Den Angeklagten half es nichts, dass sie aussagten, bei den Verhören geschlagen und zur Unterschrift der in italienischer Sprache abgefassten Protokolle erpresst worden zu sein. Das Gericht verwarf ihren Widerruf im Gerichtssaal. Die Verhandlung wurde nur in italienischer Sprache geführt. Die angeklagten Bauerburschen konnten weder den Aussagen der Zeugen noch der Beweisführung der Ankläger folgen.

Der Staatsanwalt Dott. Mario Martin erklärte: „Ich verlange von euch Richtern eine Mutprobe! Euer Schuldspruch stimme überein mit dem Gefühl des Volkes, von dem ihr delegiert worden seid.“ (Zitiert nach dem Bericht in: „Justiz in Südtirol“, Hrsg. Österreichische Liga für Menschenrechte, Sektion Tirol, Innsbruck 1958, S. 19f)

Der Staatsanwalt Dott. Mario Martin war ein Mann mit faschistischer Vergangenheit, der offenbar seine Gesinnung nicht gewechselt hatte. Er sollte 1961 nach der „Feuernacht“ als Untersuchungsrichter die grausamen Folterungen Südtiroler Häftlinge decken, deren Klagen ignorieren und die Gefolterten mit zusätzlichen Verleumdungsklagen bedrohen.
Der Staatsanwalt Dott. Mario Martin war ein Mann mit faschistischer Vergangenheit, der offenbar seine Gesinnung nicht gewechselt hatte. Er sollte 1961 nach der „Feuernacht“ als Untersuchungsrichter die grausamen Folterungen Südtiroler Häftlinge decken, deren Klagen ignorieren und die Gefolterten mit zusätzlichen Verleumdungsklagen bedrohen.

Noch ungeheuerlicher äußerte sich die Vertretung der Privatanklage. Sie nannte die Angeklagten „Hyänen“, „Bestien“ und „hündische Meute“. Alle Bewohner des „finsteren und zurückgebliebenen Südtiroler Tales Pfunders“ hätten, politisch von der einheimischen Presse verhetzt, im sardischen Finanzer Falqui „den Bringer des Fortschritts und der Kultur“ gehasst und mit Mordlust verfolgt.

Der Nebenkläger Dott. Vigilio Dadea aus Mailand beschimpfte unter wohlwollender Duldung des Gerichtsvorsitzenden Dott. Leone Borzaga die Bauernburschen als „Ränkeschmiede mit dem finsteren Blick des Verbrechers, abgefeimte Delinquenten unter der Maske der Naivität, halbe Kannibalen, Wegelagerer und Mörder.“

Die Pfunderer Burschen vor Gericht.
Die Pfunderer Burschen vor Gericht.

Am 16. Juli 1957 wurden die 7 Pfunderer Burschen zu Strafen zwischen 24 und 10 Jahren verurteilt. Florian Weissteiner erhielt 16 Jahre Kerker.

Die „Liga für Menschenrechte“ veröffentlichte im Jahre 1958 eine Broschüre, in welcher der Skandalprozess gegen die Pfunderer Burschen eingehend untersucht und dargestellt wurde. Auf dem Umschlagbild ist der junge Pfunderer Alois Ebner zu sehen. (Österreichische Liga für Menschenrechte, Sektion Tirol (Hrsg.): „Justiz in Südtirol“, Innsbruck 1958)
Die „Liga für Menschenrechte“ veröffentlichte im Jahre 1958 eine Broschüre, in welcher der Skandalprozess gegen die Pfunderer Burschen eingehend untersucht und dargestellt wurde. Auf dem Umschlagbild ist der junge Pfunderer Alois Ebner zu sehen. (Österreichische Liga für Menschenrechte, Sektion Tirol (Hrsg.): „Justiz in Südtirol“, Innsbruck 1958)

Mit rasselnden Ketten wie Vieh aneinandergehängt, wurden die Pfunderer Buam zur zweiten Verhandlung nach Trient gebracht.
Mit rasselnden Ketten wie Vieh aneinandergehängt, wurden die Pfunderer Buam zur zweiten Verhandlung nach Trient gebracht.

Aus der Illustrierten „DER STERN“. Der Zweite von links: Florian Weissteiner.
Aus der Illustrierten „DER STERN“. Der Zweite von links: Florian Weissteiner.

Am 27. März 1958 wurde in der Berufungsverhandlung in Trient nach fünfstündiger Beratung neuerlich das Urteil gesprochen. Die Südtiroler Tagezeitung „Dolomiten“ berichtete, dass im Gerichtssaal Totenstille herrschte. Als das Wort „ergastolo“, „lebenslänglich“, als verkündete Strafe für Alois Ebner fiel, waren im Publikum „halberstickte Laute des Entsetzens“ zu hören.

Die jungen Burschen, die nur ihre Tiroler Mundart und kein Italienisch sprachen, hatten dem Gang der nur in italienischer Sprache geführten Verhandlung kaum folgen können. Fassungslos vernahmen sie nun das Urteil, mit welchem Florian Weissteiner 17 Jahre und 10 Monate Kerker erhielt. Die Angeklagten standen kreidebleich zwischen den Carabinieri. Den Schuldspruch zu übersetzen, hielt man nicht für nötig. Sie waren fassungslos, wie geistesabwesend, als ihnen die Carabinieri die Handschellen anlegten. Keiner sprach ein Wort, dann wurden sie mit Ketten aneinandergefesselt hinausgeführt.

Titelseite der „Dolomiten“ vom 28. März 1958
Titelseite der „Dolomiten“ vom 28. März 1958

Am 1. April 1958 veröffentlichten die „Dolomiten“ eine Entschließung der „Südtiroler Volkspartei“ (SVP), in welcher es hieß, dass „mit diesem Urteil nicht eine gerechte Strafe“ für eine begangene Tat gefunden worden sei, „sondern es wurde Rache geübt, die zur Beschaffenheit der Tat und den offenbaren Absichten der Täter in keinem Verhältnis steht und an die dunkelsten Zeiten unmenschlicher Strafjustiz erinnert.“

Zahlreiche österreichische und bundesdeutsche Zeitungen prangerten die Methoden der  italienischen Justiz an. Links im Bild auf der Titelseite des „Wiener Echo“ der zu lebenslanger Haft verurteilte Alois Ebner.
Zahlreiche österreichische und bundesdeutsche Zeitungen prangerten die Methoden der  italienischen Justiz an. Links im Bild auf der Titelseite des „Wiener Echo“ der zu lebenslanger Haft verurteilte Alois Ebner.

Das Urteil rief in ganz Tirol Entsetzen hervor. Am 1. April 1958 ruhte in ganz Nordtirol von 10 Uhr bis 10.05 Uhr alle Arbeit zu einem Gedenken an die unglücklichen Pfunderer Burschen.

Landeshauptmann Dr. Hans Tschiggfrey.
Landeshauptmann Dr. Hans Tschiggfrey.

Der Nordtiroler Landeshauptmann Dr. Hans Tschiggfrey erklärte während dieser Gedenkminuten über den Rundfunk:

„In diesen Augenblicken ruht die Arbeit in Stadt und Land. In Häusern und Fabrikshallen schweigt  der Lärm. Das Tiroler Volk denkt, von tiefstem Leid erfasst, an jene sechs jungen Bauernsöhne eines entlegenen Südtiroler Bergdorfes, deren Leben durch einen Richterspruch ganz oder teilweise vernichtet wird.“

Am 13. Mai 1960 wurden die Burschen auseinander gerissen und auf verschiedene Kerker im Süden Italiens verteilt. Auch die Brüderpaare Ebner und Unterkircher durften nicht zusammen bleiben.

Das Martyrium der Pfunderer Buam sollte 12 lange Jahre dauern. In Rom war man sich dessen bewusst, dass es sich bei dem Fall der Pfunderer Buam um einen politischen Fall gehandelt hatte. Im Zuge der abschließenden Verhandlungen zum Südtirol-Autonomiepaket kam Rom daher den Südtirolern entgegen. Am 18. Dezember 1968 begnadigte der italienische Staatspräsident Giuseppe Saragat die inhaftierten Burschen mit Ausnahme von Luis Ebner, der erst am 25. November 1969 begnadigt nach Hause zurückkehren konnte.




„An der Seite des Volkes“

Im Südtiroler EFFEKT! Verlag in Neumarkt ist ein neues Buch erschienen, welches ein bislang weitgehend unerforschtes Kapitel der Südtiroler Landesgeschichte offenbart.

Dem geplanten Untergang der deutschen und der ladinischen Volksgruppe und ihrer Kultur stellten sich in der Faschistenzeit die Priester in Südtirol mutig entgegen und nahmen dafür manche Verfolgung auf sich. Sie verteidigten und bewahrten den Gebrauch der unterdrückten deutschen Sprache in den Kindergärten, im Schul- und Religionsunterricht und im öffentlichen Leben. An ihnen und dem von ihnen unterstützten geheimen „Katakombenunterricht“ scheiterte der staatlich geplante Ethnozid, der kulturelle Volksmord.

Helmut Golowitsch:
AN DER SEITE DES VOLKES
Südtiroler Geistliche unter dem Faschismus 1918 – 1939

EFFEKT! Verlag Neumarkt
ISBN 978-88-97053-95-8
474 Seiten, reich bebildert
Ab EURO 28,90

Mit Vorworten des Landeskuraten des Südtiroler Schützenbundes, P. Christoph Waldner OT und des Kapitular-Kanonikus DDr. Johann Enichlmayr.

Hier geht zur Verlagsseite: https://effekt-shop.it/shop/buecher/an-der-seite-des-volkes/

Buchvorstellungen in Innsbruck und Linz

Das neue zeitgeschichtliche Werk wurde unlängst in Innsbruck und in Linz vorgestellt. Aus Nord- und Südtirol waren zahlreiche Freunde gekommen, die sich lebhaft an den Diskussionen beteiligten.

Von links nach rechts: Schützenmajor Efrem Oberlechner, langjähriger Medienreferent des Südtiroler Schützenbundes – Prof. Dr. Erhard Hartung, ehemaliger Freiheitskämpfer – Elmar Thaler, ehemaliger Landeskommandant des Südtiroler Schützenbundes und Verleger – Pater Christoph Waldner OT, Landeskurat des Südtiroler Schützenbundes.
Von links nach rechts: Schützenmajor Efrem Oberlechner, langjähriger Medienreferent des Südtiroler Schützenbundes – Prof. Dr. Erhard Hartung, ehemaliger Freiheitskämpfer – Elmar Thaler, ehemaliger Landeskommandant des Südtiroler Schützenbundes und Verleger – Pater Christoph Waldner OT, Landeskurat des Südtiroler Schützenbundes.

Von links nach rechts: Die aus Südtirol stammende Nordtiroler Landtagsabgeordnete und Enkelin des Freiheitskämpfers Georg Klotz, Gudrun Kofler - Der Südtiroler Landtagsabgeordnete Sven Knoll – Die ehemalige Südtiroler Landtagsabgeordnete Dr. Eva Klotz, Tochter des Freiheitskämpfers Georg Klotz – Der ehemalige Nationalratsabgeordnete und parlamentarische FPÖ-Südtirolsprecher Werner Neubauer.
Von links nach rechts: Die aus Südtirol stammende Nordtiroler Landtagsabgeordnete und Enkelin des Freiheitskämpfers Georg Klotz, Gudrun Kofler – Der Südtiroler Landtagsabgeordnete Sven Knoll – Die ehemalige Südtiroler Landtagsabgeordnete Dr. Eva Klotz, Tochter des Freiheitskämpfers Georg Klotz – Der ehemalige Nationalratsabgeordnete und parlamentarische FPÖ-Südtirolsprecher Werner Neubauer.

Bei diesen Buchpräsentationen schilderte der Verfasser, dass ihn eine heute weitgehend in Vergessenheit geratenen Publikation dazu gebracht hatte, sich mit der Rolle der Südtiroler Priester in der Faschistenzeit näher zu beschäftigen.

Im Jahre 1927 war in Innsbruck ein Buch mit dem Titel „Die Seelennot eines bedrängten Volkes – Von der nationalen zur religiösen Unterdrückung in Südtirol“ erschienen. Der Verfasser hieß „Athanasius“. Das war der Deckname für den Bozner Kanonikus Michael Gamper, der selbst faschistische Verfolgung zu befürchten hatte.

Gamper hatte in dieser Schrift den in vollem Gang befindlichen Widerstand der Südtiroler Geistlichkeit gegen den faschistischen Versuch der kulturellen Auslöschung des Deutschtums dargestellt. Diese Schrift bewegte den Historiker Dr. Helmut Golowitsch, das Thema näher zu untersuchen.

Das Ergebnis war sensationell: So gut wie ausnahmslos hatten alle deutschen und ladinischen Geistlichen Südtirols schwerste Verfolgungen erlitten oder riskiert.

Es war der Verleger und ehemalige Landeskommandant des Südtiroler Schützenbundes, Elmar Thaler, der mithilfe befreundeter Priester unglaubliches Aktenmaterial aus den Diözesanarchiven von Trient und Brixen beschafft und dem Verfasser mehr als 800 Seiten Kopien von Dokumenten zur Bearbeitung geliefert hatte. Darunter waren amtliche Verfolgungsbescheide sowie zahlreiche Berichte von Priestern an ihre Bischöfe in Brixen und Trient, in denen sie schilderten, wie sie von Faschisten überfallen und misshandelt und von den staatlichen Behörden verfolgt und schikaniert wurden. Die Dokumente hatten Jahrzehnte lang in den kirchlichen Archiven geschlummert, ohne dass sie je bearbeitet und veröffentlich worden waren.

Der Verfasser bei seinem Vortrag in Innsbruck und einige Blätter der mehr als 800 Dokumentenseiten aus den Diözesanarchiven.
Helmut Golowitsch bei seinem Vortrag in Innsbruck.

Bei der Buchvorstellung in Linz: Wolfgang Grabmayr (Fraktionsobmann der FPÖ-Linz), Dr. theol, Dr. habil Johann Enichlmayr (Kapitular-Kanonikus in Mattighofen und Pastoraltheologe), Dr. Helmut Golowitsch (Autor), Karl Winkler (ÖLM) und Werner Neubauer (FPÖ-Nationalrat a.D.)

Helmut Golowitsch beim Signieren seines neusten Buches in Linz.

 

Der Verfasser bei seinem Vortrag in Innsbruck und einige Blätter der mehr als 800 Dokumentenseiten aus den Diözesanarchiven.
Einige Blätter der mehr als 800 Dokumentenseiten aus den Diözesanarchiven.

Der Verfasser schilderte, worum es damals gegangen war. Das Ziel der italienischen und vor allem der faschistischen Politik nach dem Ersten Weltkrieg war die Schaffung einer italienischen Einheitsnation in einem Einheitsstaat. In diesem Konzept war das Weiterbestehen ethnischer Minderheiten nicht vorgesehen. Sie hatten unter Aufgabe ihrer eigenen Identität sprachlich und kulturell in der verordneten Einheitsnation aufzugehen.

Den älteren Generationen, die im Krieg die Landesgrenzen verteidigt hatten, konnte man wohl kaum eine innerlich akzeptierte italienische Identität verpassen. Ihnen gegenüber konnte man nur Zwangsmaßnahmen anwenden. Um die künftigen Generationen im Sinne der „Einheitsnation“ geistig zu formen, wurde versucht, den Kindern in Kindergarten und Schule den Gebrauch der Muttersprache zu nehmen.

So kam es bereits bald nach dem Einmarsch der italienischen Truppen zu Umwandlungen deutscher Kindergärten und Schulen in italienische Institutionen.

Die deutsche Priesterschaft stellte sich mutig dagegen und hielt trotz Verfolgungen, Misshandlungen, Kerkerhaft und Verbannungen in den Pfarrhöfen den verbotenen deutschen Unterricht ab. Sie beriefen sich am 11. Mai 1925 in einer Denkschrift an den Trienter Fürstbischof Celestino Endrici auf das Naturrecht:

„Wo es um vom Naturrecht – und damit von Gott – zuerkannte Güter geht, um die Erziehung der Kinder, um das zukünftige Geschlecht, um die Sicherung des religiösen Unterrichtes in Schule und Kirche, da ist für den Priester nur eine Stellung denkbar: die an der Seite des ihm anvertrauten, hartbedrängten Volkes, dem er Helfer und Tröster und, wenn es sein muss, auch Verteidiger der von Natur und Gott demselben zuerkannten Rechte zu sein hat – gegenüber dem mit allen irdischen Machtmitteln ausgestatteten Bedränger.“

Zu diesem Thema nahmen bei den Buchpräsentationen in Innsbruck und Linz auch die Priester Stellung, welche Vorworte zu dem Buch geschrieben hatten. Auch sie unterstrichen, dass die Bewahrung von Volksgruppen in ihrer kulturellen Identität zur Wahrung göttlichen Naturrechtes gehört.

Links: Pater Christoph Waldner OT, Landeskurat des Südtiroler Schützenbundes, Superior des Deutschordenskonventes in Lana und Pfarrer von Siebeneich. Rechts: Dr. theol, Dr. habil Johann Enichlmayr, Kapitular-Kanonikus in Mattighofen und Pastoraltheologe.
Links: Pater Christoph Waldner OT, Landeskurat des Südtiroler Schützenbundes, Superior des Deutschordenskonventes in Lana und Pfarrer von Siebeneich. Rechts: Dr. theol, Dr. habil Johann Enichlmayr, Kapitular-Kanonikus in Mattighofen und Pastoraltheologe.

Eine Mahnung an den Landeshauptmann von Südtirol

Von links nach rechts: Schützenbund-Geschäftsführer Egon Zemmer, Landeshauptmann Arno Kompatscher und Schützen-Landeskommandant Roland Seppi.
Von links nach rechts: Schützenbund-Geschäftsführer Egon Zemmer, Landeshauptmann Arno Kompatscher und Schützen-Landeskommandant Roland Seppi.

Am 16. Februar 2023 besuchten der neue Landeskommandant des Südtiroler Schützenbundes, Roland Seppi, und sein Bundesgeschäftsführer Egon Zemmer den Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher und überreichten ihm das Buch „An der Seite des Volkes“ – „mit dem Wunsch, sich dieses Leitmotivs zu beherzigen“. Darüber berichteten mehrere Südtiroler Medien wie die „Dolomiten“, die „Neue Südtiroler Tageszeitung“ und das Internetportal „Unser Tirol 24“.

Dokumentation über den Inhalt:

Eine Buchbesprechung von Dr. Franz Pahl

Dr. Franz Pahl, ehemaliger Abgeordneter der „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) im Südtiroler Landtag und im Regionalrat Trentino-Südtirol, Vizepräsident der Regionalregierung und Präsident des Regionalrats der Region Trentino-Südtirol.
Dr. Franz Pahl, ehemaliger Abgeordneter der „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) im Südtiroler Landtag und im Regionalrat Trentino-Südtirol, Vizepräsident der Regionalregierung und Präsident des Regionalrats der Region Trentino-Südtirol.

An der Seite des Volkes

Der Kampf der Südtiroler Geistlichkeit gegen faschistischen Entnationalisierungsterror. Ein weiteres Standardwerk des österreichischen Historikers Helmut Golowitsch.

Der faschistische Terror gegen die deutsche Volksgruppe in Südtirol versuchte Sprache und Kultur auszurotten und die Südtiroler zu unterwürfigen Staatsitalienern zu machen. Dies misslang, weil das ganze Volk sich widersetzte und ein geheimer deutscher Sprachunterricht organisiert wurde. Doch die Abwanderung im Zuge des Hitler-Mussolini-Abkommens riss eine große Lücke. Erst der 2. Weltkrieg stoppte die Abwanderung ins Dritte Reich.

Mut der Ortsgeistlichen

Doch alle Bemühungen mutiger Männer und Frauen hätten nicht ausgereicht, wenn sich nicht von allem Anfang auch die deutsche Geistlichkeit Südtirols geschlossen gegen den Druck der Staatsmacht gestellt hätte, unter großen Nachteilen für sich und ständigen Bedrohungen ausgesetzt.

Das ist im Allgemeinen bewusst. Aber erst der bekannte österreichische Historiker Helmut Golowitsch hat ein umfangreiches Werk dazu vorgelegt. Es beruht auf peniblen Recherchen und vielen unbekannten Quellen. Längst wäre es Aufgabe der Diözesanhistoriker gewesen, diesen mutigen, beharrlichen Kampf der Südtiroler Pfarrer und Kapläne systematisch zu untersuchen und zu rechtfertigen, als unauslöschliches Merkmal der Südtiroler Kirchengeschichte vorzustellen und auch der Gegenwart als Beispiel vorzustellen.

Es geschah nicht. Die vielen leuchtenden Beispiele des geistlichen Widerstandes, der sich aus der katholischen Lehre speiste, blieben viel zu unbekannt. Kein Bischof ermunterte die nicht geringe Zahl von fähigen kirchlichen Historikern, sich mit dem geistlichen Widerstand gegen den faschistischen Kulturterror zu befassen. Man hat sich wohl gescheut, um die italo-nationalistische Sichtweise nicht zu belästigen. Sie ist nie völlig erstorben und bis heute unterschwellig virulent geblieben. Da will man ein Ruhmesblatt der Ortskirche lieber vergessen lassen, als es in das kirchliche Bewusstsein zu rufen oder gar – mehr als berechtigt – mit dem gläubigen Volk dieses Kampfes zu gedenken.

Kanonikus Michael Gamper organisierte zusammen mit Mitverschworenen den geheimen Schulunterricht in deutscher Sprache – den „Katakombenunterricht“
Kanonikus Michael Gamper organisierte zusammen mit Mitverschworenen den geheimen Schulunterricht in deutscher Sprache – den „Katakombenunterricht“.

Eine Ausnahme machte man immer nur mit ganz wenigen Namen: Kanonikus Michael Gamper, den der Athesiakonzern aus familiären und publizistischen Gründen bis heute immer wieder verdienstvoll ins Bewusstsein ruft, und Josef Noldin, der als weltlicher Lehrer wegen seines Einsatzes für die deutsche Schule auf die Insel Lippari verbannt worden war. Und wenige andere mehr, die hin und wieder erwähnt werden.

Standardwerk gegen das Vergessen

Eine systematische Darstellung der Haltung der Südtiroler Ortsgeistlichen gegen die Unterdrückung des Deutschtums blieb aus. Der Historiker Helmut Golowitsch hat es unternommen. Seit Jahrzehnten hat er sich durch historische Werke ausgezeichnet, die historische Wahrheiten gegen die parteipolitische Feigheitsopportunität entschleierten. Diesmal wird dem Kampf der Südtiroler Ortsgeistlichen das verdiente Denkmal gesetzt und dem fahrlässigen Vergessen entrissen.

Helmut Golowitsch ist ein systematischer Forscher, der alle zugänglichen, aber kaum oder gar nicht genutzten Quellen auswertet, Aussagen belegt und Vorkommnisse in ihrem größeren Zusammenhang beschreibt. Zahllos sind die Beispiele, die Namen, die den geistlichen Widerstand in praktisch jeder Pfarrei, in kirchlichen Einrichtungen und Schulen leisteten. Aus dem christlichen Geist, der nicht dulden wollte, dass der faschistische Staatsterror die Muttersprache des katholischen Südtiroler Volkes sogar noch im Religionsunterricht – auch nach dem Konkordat von 1929 mit dem Vatikan – eliminieren wollte.

Amtlicher Bescheid gegen einen Südtiroler Geistlichen mit Verbot, Religionsunterricht zu erteilen.
Amtlicher Bescheid gegen einen Südtiroler Geistlichen mit Verbot, Religionsunterricht zu erteilen.

Verteidigung der Muttersprache aus dem Glaubensgrund

Die Ortsgeistlichen handelten nicht aus allgemeinen menschenrechtlichen Überlegungen, sondern konkret aus dem Recht des katholischen Volkes, das treu zur Kirche stand. Der Glaube an Gott, so erklärten die mutigen Geistlichen ihren Gläubigen, findet seinen notwendigen Ausdruck in der Verteidigung der Würde des Menschen. Dieser Grundsatz muss seine Geltung immer in der konkreten Situation (in seinem „Sitz im Leben“, würde der Theologe es bildhaft nennen) finden. Das Recht auf den Schutz der Muttersprache ist grundlegender Teil der Menschenwürde und darum unverzichtbar. Der Kampf um die Menschenwürde ist konsequente christliche Nächstenliebe, die sich aus dem Glauben an den liebenden Gott herleitet.

Der nach Österreich geflüchtete ehemalige Südtiroler Parlamentsabgeordnete Dr. Eduard Reut-Nicolussi würdigte 1932 auf einer Kundgebung in Innsbruck den Einsatz der Südtiroler Priester. (Aus der Rede von Dr. Reut-Nicolussi. Wiedergegeben in „Tiroler Anzeiger“, Innsbruck, 18. Oktober 1932.)
Der nach Österreich geflüchtete ehemalige Südtiroler Parlamentsabgeordnete Dr. Eduard Reut-Nicolussi würdigte 1932 auf einer Kundgebung in Innsbruck den Einsatz der Südtiroler Priester. (Aus der Rede von Dr. Reut-Nicolussi. Wiedergegeben in „Tiroler Anzeiger“, Innsbruck, 18. Oktober 1932.)

Religionsunterricht als Sprachpflege

Die Südtiroler Ortsgeistlichen haben ihre Nächstenliebe gegen jeden Versuch der ethnischen Entrechtung der Südtiroler gelebt und danach gehandelt. Sie wurden deswegen angefeindet, bekämpft, schikaniert, drangsaliert, gewalttätig angegriffen, konfiniert und in ihrer pastoralen Tätigkeit behindert.

Auch Südtiroler Priester wie der Kooperator Michael Summerer aus Lüsen (Bild links) wurden in Ketten geschlagen und wie andere politische Verfolgte auf kahle Felseninseln wie die Insel Lipari im Mittelmeer verbannt.
Auch Südtiroler Priester wie der Kooperator Michael Summerer aus Lüsen (Bild links) wurden in Ketten geschlagen und wie andere politische Verfolgte auf kahle Felseninseln wie die Insel Lipari im Mittelmeer verbannt.

Der Religionsunterricht in der Muttersprache war ja über die Glaubensvermittlung hinaus automatisch und oft gezielt auch Sprachunterricht, der sich dem faschistischen Kulturmord entgegenstellte. Der Südtiroler Historiker Josef Fontana weist in seinem Buch Unbehagen – Südtirol unter der Zivilverwaltung (Innsbruck, 2010) darauf hin, dass jeder Ortspfarrer nicht nur Seelsorger, sondern auch politischer Führer oder zumindest politischer Ratgeber war. Deutscher Religionsunterricht forderte den Gewaltstaat des Tyrannen Mussolini heraus. Er hatte die deutschen Schulen und jede deutsche Kulturtätigkeit, alle deutschen Vereine (sogar die Feuerwehren) verboten und die deutsche Gemeindeverwaltung ausgelöst. Das alles aber reichte dem Terrorstaat nicht. Er setzte auch die Kurien der Diözese Trient (wegen des deutschen Anteils) und die Diözese Brixen unter Druck, missliebige Ortsgeistliche zu versetzen, ihre Tätigkeit zu hemmen oder ganz zu verbieten. Im Trentiner Bischof Celestino Endrici fand die Staatsmacht einen nicht ungeneigten Helfer, der Jahre lang nicht die Geistlichen schützte, sondern sich dem Staat beugte.

Gewaltmaßnahmen seit 1919 – Bischof Endrici schwieg zu lange

Bereits nach dem 1. August 1919 breitete sich ein nationalistisches Kesseltreiben gegen die Geistlichkeit aus. Die ehemals große Diözese Brixen hatte durch die Landesteilung Tirols den Großteil ihres Gebietes an die Apostolische Administratur Innsbruck-Feldkirch verloren. Die Diözese Brixen war auf ihre wenigen Gebiete südlich des Brenners zusammengeschrumpft. Fürstbischof Johannes Raffl setzte sich entschieden für das Deutschtum in Südtirol ein. Doch in der Diözese Trient hatten es die zehn deutschen Dekanate viel schwerer. Bischof Endrici entpuppte sich bald als recht willfähriger Diener des Machtstaates.

Verweigerung der Staatsbürgerschaft für einen Pfarrer, der Kinder in deutscher Sprache unterrichtete.
Verweigerung der Staatsbürgerschaft für einen Pfarrer, der Kinder in deutscher Sprache unterrichtete.

Bittschrift der Dekanate

Die deutschen Dekanate wandten sich darum im Mai 1922 mit einer Bittschrift an Papst Pius XI um die Angliederung des großen deutschen Anteils an die Diözese Brixen. Der Papst entsprach der Bitte schon im August 1922. Die Mussolini-Regierung intervenierte und setzte durch, dass die Angliederung an Brixen rückgängig gemacht wurde. Schwer zu verstehen ist, dass es erst 19 Jahre nach dem 2. Weltkrieg zur Vereinigung mit der neuen Diözese Bozen-Brixen kam. Das ist nicht anders zu erklären, als dass die Brixner Kurie allzu große Sanftheit gegenüber dem Vatikan pflegte und das Anliegen nicht kämpferisch genug verfolgte, obwohl dem demokratischen Italien längst jede Möglichkeit einer Intervention dagegen genommen war.

Ortspfarrer wie Feinde behandelt

Aus „Tiroler Anzeiger“, Innsbruck, 2. März 1933.
Aus „Tiroler Anzeiger“, Innsbruck, 2. März 1933.

Im Unterland und in Ladinien wurde der Entnationalisierungsdruck schon 1919 spürbar. Die Ortspfarrer bekamen es gleich zu spüren. Der Pfattner Kurat Clementi und der Margreider Pfarrer Magagna wurden Schikanen ausgesetzt. Der zivile Generalkommissar für die Venetia Tridentina, Credaro, verlangte die Entfernung dieser Geistlichen aus dem Amt. Beide mussten weichen. Zur Versetzung von Geistlichen kam es noch in zahlreichen anderen Fällen im Laufe der zwei faschistischen Jahrzehnte.

Kurat Bartholomäus Clementi aus Leifers und Pfarrer Paul Magagna aus Margreid
Kurat Bartholomäus Clementi aus Leifers und Pfarrer Paul Magagna aus Margreid

Faschistischen Druck gab es praktisch in jeder Pfarrei, die sich nicht fügen wollte. Keine beugte sich freiwillig. Der Autor bringt eine Fülle von Beispielen, die sich in alten Pressezeugnissen und Archiven finden. Sie alle aufzuzählen, ist in dieser kurzen Buchbesprechung nicht möglich. Die näheren Schilderungen wird die Lektüre liefern.

Es sei jedoch auf die wesentlichen Bereiche verwiesen, die dem Faschismus mit seiner bereitwilligen Heerespolizeimacht der Carabinieri, die jeden Ort unter Kontrolle zu halten trachteten, besonders ein Dorn im Auge waren:

  • Der deutsche Religionsunterricht, generell und selbst in den Räumlichkeiten der Pfarren
  • Die deutschen Ordensschulen, kirchliche Kindergärten
  • Der verbotene „Katakombenunterricht“, also der geheime Unterricht auf einsamen Bauernhöfen oder in Privathäusern in der Stadt
  • Deutsche Kirchenlieder mit einem patriotischen Hintergrund
  • Prozessionen mit deutschen Gebeten und Gesängen, besonders, wenn sie noch einen leisen Bezug zum österreichischen Kaiserhaus durchschimmern ließen. Das galt vor allem für Herz-Jesu-Feiern und die damit verbundenen abendlichen Bergbeleuchtungen und Fronleichnamsprozessionen

Willkür in jeder Pfarrei – Prozessionen behindert

Willkürliche Verhaftungen, Bedrohungen, Verhöre, behördliche Anzeigen gegen Geistliche waren System. Einige Beispiele seien genannt: In Leifers wurde Pfarrer Bartholomäus Clementi und der Kaplan Jakob Plattner angezeigt, weil eine Gruppe in Tracht mit einer Kirchenfahne an der Herz-Jesu-Prozession teilgenommen hatte. Wegen eines ähnlichen „Deliktes“ wurde in Welschnofen Pfarrer Remigius Kaltenegger angezeigt, weil die Musikkapelle und die Schützen an der Prozession teilgenommen hatten. Es reichte auch schon, Fahnen am Herz-Jesu-Sonntag auszuhängen oder dem Brauch gemäß ein paar Böller abzuschießen, um Geistliche vor Gericht zu bringen.

Prozessionen – womöglich in Landestracht – waren den Behörden ein Dorn im Auge.
Prozessionen – womöglich in Landestracht – waren den Behörden ein Dorn im Auge.

Die Herz-Jesu-Prozession wurde als „Akt feindlicher Gesinnung“ betrachtet. In Branzoll stürzte sich am Herz-Jesu-Sonntag 1920 eine Heerschar von Carabinieri auf die Prozessionsteilnehmer, misshandelte und verhaftete eine Menge von ihnen wie gefährliche Aufrührer. Der Protest der deutschen Behördenvertreter wurde vom Generalkommissar Credaro abgewiesen. Das war noch das vor dem Faschismus „demokratische Italien.“ Schon ein weiß-rotes Tuch auf einem Altar genügte, um den Zorn der Carabinieri zu erregen.

Das Herz Jesu-Fest ein Dorn im Auge

Wo immer ein Priester zur Teilnahme am Herz-Jesu-Tag aufrief – und das sehr oft der Fall – hatte es Schikanen und Bedrohungen zur Folge. Dennoch flammten am Abend des Herz-Jesu-Sonntages in vielen Orten die Bergfeuer auf. Da sie verboten waren, nahmen sie erst recht einen politischen Charakter an.

In Bozen fuhren in der Herz Jesu-Nacht des Jahres 1920 Maschinengewehre auf, da die Italiener einen Volksaufstand befürchteten.
In Bozen fuhren in der Herz Jesu-Nacht des Jahres 1920 Maschinengewehre auf, da die Italiener einen Volksaufstand befürchteten.

Die Farben Rot und Weiß sollten auch in geistlichen Gewändern wie etwa für Ministranten nicht vorkommen. Bereits eine Feuerwehrkluft erschien als politische Provokation, selbst im Rahmen von kirchlichen Festen. Deutsch sollte auch als Gebetssprache bei religiösen Prozessionen verschwinden. Ein Beispiel: in Prad im Vinschgau wurde eine Antoniusprozession verboten, weil der Pfarrer die Gläubigen deutsch beten lassen wollte. Ein Aufgebot faschistischer Miliz verhinderte die Prozession, die der Pfarrer trotz Verbot abhalten wollte. Der Tiroler Anzeiger berichtete darüber am 6. September 1932. Das Tiroler Bundeslied, Auf zum Schwur, Tiroler Land‘, das mit dem Herz-Jesu-Gelöbnis der Franzosenkriege verbunden wird, konnte nirgendwo polizeiliche Gnade finden.

Nationalismus im Exzess

Das ganze Unheil brach herein, als der Faschismus die Macht ergriff und die Gewaltmaßnahmen bis zum Exzess steigerte.

Faschisten in Bozen – Misshandlung eines Pfarrers in Salurn.
Faschisten in Bozen – Misshandlung eines Pfarrers in Salurn.

Nun waren Sachbeschädigungen an Pfarrhäusern, Schmähparolen und Abschiebungen von Priestern an der Tagesordnung. Der Faschismus hatte leichtes Spiel. Er brauchte nur den ohnehin schon gewalttätigen Staatsnationalismus noch systematischer ausarten lassen. Er brauchte den Nationalismus, der nun die offizielle politische Staatsideologie des „Partito Fascista Italiano“ Mussolinis war,  als Staatsziel. Auch Hitler hat seinen Judenhass nicht erfunden. Er fand ihn schon allgemein vor, nachdem die christlichen Kirchen ihn 2000 Jahre lang verbreitetet und geschürt hatten.

Muttersprache ist ein Natur- und Menschenrecht

Die Geistlichkeit war auch rege im katholischen Verlagswesen tätig. Die Katholische Aktion mit Pater Dr. Alfons Ludwig unterstützte darum von allem Anfang den Kampf der Ortsgeistlichen mit dem katholischen Schrifttum.

Pater Alfons Ludwig – in Kinderzeitschriften wurde den Kleinen die deutsche Sprache vermittelt.
Pater Alfons Ludwig – in Kinderzeitschriften wurde den Kleinen die deutsche Sprache vermittelt.

Die Katholische Aktion war 1925 gegründet worden, um die Jugend dem staatlichen Zugriff zu entziehen und fest an die katholische Hierarchie zu binden. Diese war natürlich, dem Geist der Zeit entsprechend, streng konservativ ausgerichtet, ließ aber an der Verteidigung der Muttersprache keinen Zweifel. Sie gehörte zum katholischen Selbstverständnis. Glauben und deutsche Kultur und Sprache waren eines. Pater Alfons Ludwig kämpfte an vorderster Front für den deutschen Religionsunterricht.

Bischof Endrici schaute zu und schwenkte dann um

Das Trientner Ordinariat hatte hingegen lange nichts einzuwenden. Der Staat gab sich kirchenfreundlich, da interessierte die deutsche Sprache nicht. Die Südtiroler sollten italienische Katholiken werden. Bischof Endrici kam die faschistische Ausrichtung nicht ungelegen. In einem Rundschreiben von 1912, als seine Diözese noch Teil der österreichisch-ungarischen Monarchie war, hatte er das Bestreben, in italienischen Gebieten deutsche Privatschulen zu errichten, noch als „Entnationalisierung“ gebrandmarkt. Als die deutsche Schule und sogar der deutsche Religionsunterricht verboten wurden, fanden die deutsche Geistlichen lange Zeit kein Gehör.

Der Trienter Fürstbischof Endrici stand nicht zu dem verfolgten Klerus
Der Trienter Fürstbischof Endrici stand nicht zu dem verfolgten Klerus

Als reihenweise Pfarrer und Katecheten wegen der deutschen Muttersprache in der Religionslehre Unterrichtsverbot erhielten, hatte Bischof Endrici allzu lange nichts daran auszusetzen. Der Papst hingegen ließ den Dekan des Domkapitels der Diözese Brixen, Josef Mutschlechner, wissen, der Heilige Vater wünsche ausdrücklich den deutschen Religionsunterricht. Der italo-nationale Endrici schwenkte schließlich auf die päpstliche Linie ein. Der Religionsunterricht wurde ab 1928/29 durchwegs in den Pfarrhäusern, in der Kirche oder Räumlichkeiten der Pfarrei erteilt. Die faschistischen Pressionen endeten damit nicht. Unter dem Vorwurf, die Geistlichen würden den deutschen Religionsunterricht zum deutschen Sprachunterricht umfunktionieren, ging man nun gegen die „religiösen Geheimschulen“ vor. Nun vollzogen aber die beiden Diözesanbischöfe von Brixen und Trient einen Schulterschluss und erreichten das päpstliche Verbot gegen die Tätigkeit von italienischen Priestern aus anderen Diözesen.

Proskriptionslisten wie im alten Rom

Die Verfolgungsmaßnahmen wurden dennoch fortgesetzt. Die deutschen Jugendverbände wurden sämtlich aufgelöst. Deutsche Kinder wurden in die faschistischen Balilla-Gruppen gezwungen und öfters auch militarisiert, wie es ähnlich bei der Hitler-Jugend im Deutschen Reich der Fall war.

Eine geheime Proskriptionsliste erfasste die „pangermanisti“ und „antiitaliani“ unter den Priestern. Auch der Name „Michele Gamper“ (Kan. Michael Gamper) durfte nicht fehlen. In Sarnthein ließ der Maresciallo (Postenkommandant der Carabinieri) Schulkinder hart unter Druck setzen, um sie zu lügnerischen Aussagen gegen den Deutschordenspriester P. Polycarp Obkircher zu zwingen. Sie sollten sagen, er habe sie veranlasst, das Hitlerkreuz an Zaunlatten zu malen. Die Kinder weigerten sich mutig.

Österreich hilflos – dann Verbündeter Mussolinis

Österreich konnte nicht helfen, weil es auf das Wohlwollen Italiens angewiesen war, um über den Völkerbund Finanzhilfen zu erlangen. Dafür verlangte Italien Schweigen über das bereits „lange gelöste Problem“ Südtirol. Mit der Machtergreifung Hitlers 1933 wandte sich der Austrofaschismus Italien zu, um Schutz gegen Hitler-Deutschland zu finden. Kanzler Dollfuß und der Duce Mussolini trafen sich in Riccione und demonstrierten Freundschaft. Nach der Einverleibung Österreichs 1938 begann die neue Ära der politischen Zweckfreundschaft mit dem Reich. Das Auswanderungsabkommen sollte das Problem von selbst lösen. Fürstbischof Johannes Geisler wollte als „Hirte mit seiner Herde“ gehen.

Seelsorger baten um Wiedervereinigung mit Tirol

Nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches unterzeichneten die Südtiroler Ortspfarrer im August 1945 fast wortgleiche Erklärungen, in der sie, ermutigt durch Bischof Geisler, die Wiederherstellung der Einheit Tirols forderten. Geisler sandte die Erklärungen an die Alliierten und die Tiroler Landesregierung. Jeder Pfarrer schrieb den Text der Erklärung eigenhändig.

So schrieb beispielsweise Johann Wolf, Pfarrer vom Mauls: „Als Seelsorger von Mauls bezeuge ich, dass die einheimische Bevölkerung von Südtirol aus ganzem Herzen die Wiedervereinigung mit dem übrigen Tirol ersehnt.“

Standardwerk gegen Opportunismus

Der weltliche Historiker Helmut Golowitsch hat dem verschämten Zögern und Vergessenlassen der geistlichen Historiker sein verdientes Werk entgegengesetzt. Was die geistlich-diözesane Geschichtsforschung nur punktuell unternommen hat, fügte der Historiker zu einem umfassenden Gesamtbild zusammen. Es ist das Standardwerk über den katholischen Widerstand gegen faschistische Unterdrückung von Sprache und Kultur in Südtirol. Im heutigen opportunistischen Bücklingsmodus der politischen Kurientheologie steht der geistliche Widerstand gegen die faschistische Unterdrückung von Muttersprache und Kultur wie ein großartiges Zeichen am Horizont des letzten Jahrhunderts da.

Vielen Südtiroler Geistlichen, die ihre gute Gesinnung nach wie vor bewahrt haben, wird diese Dokumentation eine Bestätigung ihrer Haltung sein. Das hilft uns allen.

(Diese Buchbesprechung erschien in dem Südtiroler Online-Portal „Unser Tirol 24“)

Das Buch ist hier direkt beim Verlag erhältlich: https://effekt-shop.it/shop/buecher/an-der-seite-des-volkes/

Nachstehend eine Einladung zu der Buchpräsentation in Brixen:




Gedenken an Paul Bacher – einen unermüdlichen Streiter für Recht und Selbstbestimmung (Teil 2/2)

Dokumentation über die Tätigkeit und die Leistungen des „Südtiroler Schützenbundes“ unter der Kommandantschaft von Paul Bacher

 Teil II: 2009 bis 2011

2009: Andreas-Hofer-Feier in Meran – Gelöbnis auf die Heimat

Über 1.000 Schützen aus allen Landesteilen sowie zahlreiche Zivilpersonen waren am 22. Februar 2009 der Einladung des Südtiroler Schützenbundes zur Andreas-Hofer-Landesfeier nach Meran gefolgt. Landeskurat Kanzler Prof. Dr. Paul Rainer hielt den Gedenkgottesdienst. „Wenn man das gesamte Land Tirol im Blick hat, dann ist Gott mitten unter uns.“

Alt-Landeshauptmann Dr. Alois Partl bei seiner Rede, neben ihm Landeskommandant Paul Bacher.
Alt-Landeshauptmann Dr. Alois Partl bei seiner Rede, neben ihm Landeskommandant Paul Bacher.

Die Gedenkrede hielt der Alt-Landeshauptmann Dr. Alois Partl in Schützentracht. Darin sagte er, dass jeder einzelne angehalten sei, das Gelöbnis auf die Heimat, die Familie als Grundzelle von Volk, Staat und Kultur, die Würde des Menschen und die Achtung vor dem Herrgott zu erneuern. Partl betonte, dass er mit großer Bewunderung vor der Tatsache stehe, dass sich die Deutschen und Ladiner im südlichen Tirol trotz 90-jähriger Trennung ihre Lebens- und Eigenart bewahrt haben.

2009: „Gegen Faschismus – Für Tirol“ – Kundgebung in Bruneck

Flugblatt des Schützenbundes mit Aufruf zur Kundgebung.
Flugblatt des Schützenbundes mit Aufruf zur Kundgebung.

Am 25. April 2009 versammelten sich in Bruneck, einem Aufruf des „Südtiroler Schützenbundes“ folgend, an die 6.000 Menschen in Bruneck, um für die Landeseinheit Tirols und gegen das faschistische Alpini-Denkmal in Bruneck zu demonstrieren, welches den Völkermord in Äthiopien verherrlicht.

Kundgebung in Bruneck.
Kundgebung in Bruneck.

Der Landeskommandant des „Südtiroler Schützenbundes“, Paul Bacher, forderte in seiner Ansprache den Abriss aller „faschistischen Schandmäler“ und erklärte in Bezug auf die Zukunft Südtirols: „Unser Volk muss endlich selbst bestimmen können, wo es seine Zukunft sieht; in einem Freistaat Süd-Tirol oder in der Rückkehr zum Vaterland Österreich.“

Auf zahlreichen Transparenten wurde die Landeseinheit Tirols gefordert.
Auf zahlreichen Transparenten wurde die Landeseinheit Tirols gefordert.

Zum Abschluss der Kundgebung wurde von zwei Jugendlichen ein Manifest verlesen, in welchem es hieß: „Niemals, zu keinem Zeitpunkt, darf dem Tiroler Volk südlich des Brenners das Recht auf Selbstbestimmung vorenthalten werden. Südtirol hat nie den Verbleib bei Italien angestrebt. Die Autonomie ist nur eine Zwischenlösung. Das Selbstbestimmungsrecht aber ist und bleibt ein Grundrecht eines jeden Volkes. Wir fordern deshalb die Unabhängigkeit und Freiheit.“

2009: Sonderausstellung „Heimat 1809-2009“ in Villanders

In der Zeit vom 24. Juni bis zum 12. Juli 2009 fand im Kulturhaus von Villanders eine von der Schützenkompanie Villanders gestaltete Sonderausstellung mit dem Thema „Heimat 1809-2009“ statt. In dieser Ausstellung wurden die Kämpfe für Freiheit und Landeseinheit von 1809 bis zur Jetztzeit dokumentiert.

Einen besonderen Schwerpunkt bildete der Teil über den Freiheitskampf der 1960er Jahre, in welchem auch Ausrüstungsstücke damaliger Freiheitskämpfer gezeigt wurden.

2009: „Süd- Tirol Die gestohlene Zukunft“

Im Herbst 2009 gab die „Arbeitsgruppe für Selbstbestimmung“, welcher Landeskommandant Paul Bacher angehörte, eine Broschüre: „Süd- Tirol Die gestohlene Zukunft“ heraus, in deren Vorwort es hieß: „Mit dieser Broschüre, die in Nord-, Ost- und Süd-Tirol erscheint, soll die Bevölkerung in ganz Tirol darüber aufgeklärt werden, wie es wirklich um Süd-Tirol steht und wie notwendig daher eine baldige Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes für Süd-Tirol ist. Als Teil des italienischen Staates wird es für Süd-Tirol nämlich keine Zukunft geben!

Titelblatt der Broschüre.
Titelblatt der Broschüre.

Diese Broschüre wurde als Beilage in Zeitungen in einer Auflage von 200.000 Stück den Tirolern in die Haushalte geliefert.

2009: Der Landesfestzug 2009 – ein großartiges Freiheitsfest

Am 30. August 2008 hatte die Bundesleitung des Südtiroler Schützenbundes beschlossen, bei dem bevorstehenden großen Festumzug 2009 zum Gedenken an den Freiheitskampf unter Andreas Hofer im Jahre 1809 in Innsbruck wieder eine Dornenkrone als Zeichen des Schmerzes über die Landesteilung Tirols mitzutragen. Der Landeskommandant Bacher hatte dies so begründet:

„Mit der Erstellung einer neuen Dornenkrone will man im Gedenkjahr die Leiden symbolisieren, die in zwei Weltkriegen, durch den Faschismus und Nationalsozialismus und in den 1960er Jahren über Land und Leute hereingebrochen sind und eine Zukunft in Frieden und Freiheit anmahnen.“

Der ehemalige österreichische Nationalratspräsident Andreas Khol (ÖVP) war von ÖVP und SVP zum Koordinator des Festumzugs für das Gedenkjahr 2009 bestellt worden. Um Rom ja nicht zu verärgern, lehnte dieser den Wunsches der Südtiroler Schützen ab, wieder – wie schon 1959 und 1984 – eine Dornenkrone als Zeichen des Schmerzes über die Zerreißung des Landes Tirol im Landesfestzug mitzutragen. Auch Transparente mit der Forderung nach Selbstbestimmung sollten untersagt sein.

Der Landeskommandant Paul Bacher und der „Südtiroler Schützenbund“ drohten, angesichts solcher Knebelung lieber zu Hause zu bleiben. Man kam im Innsbrucker Landhaus zur Erkenntnis, dass man das politisch nicht durchstehen würde. Zähneknirschend akzeptierten die Möchtegern-Zensoren letztlich doch das Mittragen einer mit Rosen geschmückten Dornenkrone.

Auch in der Frage der Transparente setzten sich die Südtiroler durch.

Der Landesfestzug wurde durch die Unbeugsamkeit der Südtiroler Schützen zu einem großartigen Freiheitsfest und zu einem machtvollen Bekenntnis des Volkes zur Tiroler Landeseinheit.

An dem Landesfestzug in Innsbruck nahmen dann am 20. September 2009 rund 30.000 Menschen teil und mehr als 70.000 Zuseher säumten die Straßenränder.

Als die Südtiroler Schützen selbstbewusst und stolz ihre Freiheitstransparente durch die Straßen der Landeshauptstadt trugen, wurden sie von aufbrandendem Beifall und Jubel begleitet.

2009: Protest gegen Huldigungen des Faschismus

Am 9. November 2009 richtete der Landeskommandant Paul Bacher ein Schreiben an die Alpini-Vereinigung (ANA) in Mailand, in welchem er dagegen Stellung nahm, dass Vertreter dieser italienischen Veteranenorganisation  vor dem faschistischen „Siegesdenkmal“ in Bozen und vor dem in Montan befindlichen Grabmal des Erzfaschisten und Erfinders der italienischen Ortsnamen Tirols, Ettore Tolomei, Kränze niedergelegt hatten.

Kranzniederlegungen vor dem „Siegesdenkmal“ und dem Grab Tolomeis.
Kranzniederlegungen vor dem „Siegesdenkmal“ und dem Grab Tolomeis.

Aus dem Brief Bachers an die Veteranenorganisation der Alpini.
Aus dem Brief Bachers an die Veteranenorganisation der Alpini.

 

2009: Zerreißung Tirols – „Tag der Trauer“

Mit einer Presseaussendung hatte der „Südtiroler Schützenbund dazu aufgerufen, den 11. November, den Tag, an dem italienische Truppen im Jahre 1918 den Brenner und das Gebiet von Toblach erreichten, und damit die Zerreißung Tirols vollzogen, als Aktionstag „Das Land Tirol in Trauer“ zu begehen. Tatsächlich wurden an diesem Tage in den Ortschaften südlich des Brenners und westlich von Arnbach Tiroler Fahnen mit Trauerflor gehisst und es wurde damit ein Bekenntnis zur Einheit Tirols abgelegt.

2009: Vorstellung des Buches „Für die Heimat kein Opfer zu schwer“ – Gedenken an die verstorbenen Freiheitskämpfer

Am 11. November 2009 stellte der „Südtiroler Schützenbund“ in Neumarkt das Buch von Helmut Golowitsch „Für die Heimat kein Opfer zu schwer“ vor. In diesem Buch wurden erstmals alle Folterbriefe der nach der „Feuernacht“ von 1961 verhafteten Südtiroler politischen Häftlinge veröffentlicht. Bei der Buchvorstellung berichteten die ehemaligen politischen Häftlinge Sepp Mitterhofer, Maya Mayr und Luis Steinegger über ihre schlimmen Erlebnisse.

Das Buch „Für die Heimat kein Opfer zu schwer“ – Luis Steinegger bei der Schilderung der erlittenen Misshandlungen.
Das Buch „Für die Heimat kein Opfer zu schwer“ – Luis Steinegger bei der Schilderung der erlittenen Misshandlungen.

Am 22. November 2009 gedachten an die 300 Schützen des 48. Todestags von Franz Höfler in Lana. Dazu geladen hatte die Schützenkompanie Lana unter Hauptmann Eduard Graber, deren erster Oberjäger Franz Höfler nach der Wiedergründung (1958) gewesen war. Höfler war in der Nacht auf den 23. November 1961 in italienischer Untersuchungshaft aufgrund der erlittenen Folterungen verstorben.

Nach dem Einmarsch mit anschließender Heiligen Messe in der Pfarrkirche beteten die Versammelten am Grab des Freiheitskämpfers mit Schützen-Bezirkskurat Pater Christoph Waldner OT. Dann ergriff Bundesgeschäftsführer Schützenmajor. Elmar Thaler das Wort. „Franz Höfler war ein Vorkämpfer. Er war richtungsweisend“, meinte Thaler in seiner Gedenkrede. „Für uns muss gelten, Höflers Vermächtnis weiterzutragen, einzustehen für die Freiheit. Und gemeinsam, mit allen Menschen guten Willens, an der sicheren Zukunft für ein freies, selbstbestimmtes und wiedervereintes Land zu arbeiten.“

Der junge Franz Höfler wurde von den Carabinieri grausam gefoltert und starb an den Folgen der Misshandlungen. Die Schützen seiner Heimatkompanie ehrten ihn.
Der junge Franz Höfler wurde von den Carabinieri grausam gefoltert und starb an den Folgen der Misshandlungen. Die Schützen seiner Heimatkompanie ehrten ihn.

Am 8. Dezember 2009 kamen in St. Pauls/Eppan in Südtirol an die 1.500 Schützen, zahlreiche Vertreter des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB), der Vereinigung ehemaliger politischer Häftlinge, Politiker und viele andere Patrioten zusammen, um trotz strömenden Regens an der Gedenkfeier für den Freiheitskämpfer Sepp Kerschbaumer teilzunehmen.

Der Freund und Mitkämpfer Sepp Kerschbaumers, der ehemalige Freiheitskämpfer Sepp Mitterhofer (Bildmitte) auf dem Friedhof  von St. Pauls.
Der Freund und Mitkämpfer Sepp Kerschbaumers, der ehemalige Freiheitskämpfer Sepp Mitterhofer (Bildmitte) auf dem Friedhof  von St. Pauls.

2009: Gedenken an Dr. Josef Noldin

Am 14. Dezember 1929 war der Salurner Rechtsanwalt Dr. Josef Noldin an den Folgen von Inhaftierung und Verbannung gestorben. Am 13. Dezember 2009 hielten die Schützen am Grabmal Noldins auf dem Friedhof von Salurn eine Gedenkfeier ab.

Werner Neubauer bei seiner Gedenkrede.
Werner Neubauer bei seiner Gedenkrede.

Der österreichische Nationalratsabgeordnete und FPÖ-Südtirol-Sprecher Werner Neubauer hielt die Gedenkrede, in welcher er unter anderem sagte: „Dr. Noldin hatte die Abtrennung des Landes immer verurteilt, sich um den Erhalt der deutschen Sprache verdient gemacht und ‚Ein Tirol – von Kufstein bis Salurn‘ gefordert. Man wolle den Italienern nichts wegnehmen, aber Italien müsse die Rechte Tirols endlich respektieren, war sein Standpunkt.

Was damals galt, muss heute bei der 80jährigen Wiederkehr des Todestages Noldins erst recht Bedeutung haben, nämlich das unumstößliche Recht zur Landeseinheit.

2010: „Südtirol ohne Italien?“

Am 13. Jänner 2010 fand im Kultursaal von Villanders eine große Podiumsdiskussion zum Thema „Südtirol ohne Italien?“ statt. Organisiert wurde die Veranstaltung von der Schützenkompanie „Anton von Gasteiger“ Villanders.

Der Fraktionsvorsitzender der „Südtiroler Volkspartei“ (SVP), Elmar Pichler-Rolle, sprach sich für die Selbstbestimmung aus. Der FPÖ-Nationalratsabgeordnete und Südtirol-Sprecher Werner Neubauer erklärte, dass die Politik Akzente setzen sollte in Richtung Selbstbestimmung und doppelter Staatsbürgerschaft. Sven Knoll, Landtagsabgeordneter der „Süd-Tiroler Freiheit“; erklärte, dass die Geschichte gezeigt habe, dass keine Minderheit auf die Dauer in einem fremden Staat sich wohl fühle und aus diesem Grund stehe für ihn die Selbstbestimmung an erster Stelle. Ähnlich äußerte sich der Landtagsabgeordnete der Freiheitlichen Partei Südtirols, Pius Leitner.

2010: Andreas-Hofer-Landesgedenkfeier

Am Abend flammten auf den Bergen die Feuer als Symbole der Freiheit.

Am 21. Februar 2010 fand vor dem Gasthof „Sandwirt“ in St. Leonhard im Passeier eine von dem „Südtiroler Schützenbund“ veranstaltete Andreas-Hofer-Landesgedenkfeier statt. In seiner Predigt wies der der Burggräfler Bezirkskurat Pater Christoph Waldner OT darauf hin, dass es den Großen in der Geschichte immer um die Sache, und nicht um Verehrung gegangen war. Auch heute müsse man sich für Glauben und Treue zu den eigenen Wurzeln einsetzen.

Am Abend flammten auf den Bergen die Feuer als Symbole der Freiheit.
Am Abend flammten auf den Bergen die Feuer als Symbole der Freiheit.

2010: Bacher beklagte die Haltung der österreichischen Regierung

In einem Gespräch mit der Austria Presse Agentur (APA) am 22. Mai 2010 beklagte der Landeskommandant Paul Bacher, dass es nur wenig Hoffnung für das Anliegen einer österreichisch-italienischen Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler als auch für die Verankerung der Schutzmachtfunktion in der österreichischen Verfassung gebe. „Scheinbar wird von Seiten Wiens immer wieder abgeblockt.“ Der Landeskommandant der Schützen vermutete auch „Angst vor einem politischen Eklat mit Italien“ in Österreich. Die Schützen würden sich aber weiterhin auch in Zusammenarbeit mit der Südtiroler Volkspartei dafür einsetzen.

2010: Feuerschrift „Freistaat“ – Feuerschrift „Tirol“

Am 21. August 2010 entzündeten die Schützen des Bezirkes Burggrafenamt/Passeier oberhalb von Partschins die Feuerschrift „Freistaat“, um die Diskussion in der Bevölkerung anzuregen. In der Nacht des 27. September 2010 entzündeten die Unterlandler Schützen oberhalb von Auer eine Flammenschrift. In einer Pressemitteilung des „Südtiroler Schützenbundes“ hieß es dazu: „Damit wollen sie aller Opfer gedenken, die diese gewaltsame Teilung in den letzten 90 Jahren gefordert hat. Mit der Flammenschrift sollen die Landsleute auch an die eigene Tiroler Identität erinnert werden.“

2010: Landeskommandant Bacher für „Abnabelung von Italien“

Am 3. September 2010 forderte der Landeskommandant Paul Bacher in einer Presseaussendung die Bevölkerung und die Politiker dazu auf, sich Gedanken über die weitere Entwicklung Südtirols zu machen. Es sei aktueller denn je, öffentlich die Weiterentwicklung Südtirols bis hin zu einer völligen Abnabelung von Italien und zur Wiedervereinigung aller Tiroler Landesteile zu diskutieren.

2010: Meinungsumfrage der „Arbeitsgruppe für Selbstbestimmung“ – 95 Prozent der Südtiroler wollen keine Italiener sein

Am 11. Oktober 2010 wurde in Bozen von der überparteilichen „Arbeitsgruppe für Selbstbestimmung“, welcher auch Landeskommandant Paul Bacher angehörte, eine neue repräsentative Meinungsumfrage zum Identitätsempfinden der Süd-Tiroler vorgestellt, wonach 95 Prozent der befragten Südtiroler angaben, sich nicht als Italiener zu fühlen. In einer Presseerklärung der Arbeitsgruppe hieß es dazu: „Die politische Frage, die aus diesem Umfrageergebnis resultiert, ist daher, welchen Anspruch Italien noch länger auf Süd-Tirol hat, wenn sich 95% der Bevölkerung nicht mit Italien identifizieren?“

2010: Gedenken an den an den Folgen der Folter verstorbenen Franz Höfler – Gedenken an Sepp Kerschbaumer

Der Oberjäger der Schützenkompanie Lana, Franz Höfler, war am 23. November 1961 in der Untersuchungshaft an den Folgen bestialischer Folterungen durch die Carabinieri verstorben. Am 21. November 2010 gedachten an die 300 Schützen auf dem Friedhof in Lana ihres Kameraden. Der Gedenkredner Mjr. Efrem Oberlechner erklärte, dass das Vermächtnis Höflers der Auftrag an alle sei, sich für die Heimat Süd-Tirol einzusetzen, für einen Weg, „von diesem, uns fremden Staat Italien wegzukommen.“

Am 8. Dezember 2010 versammelten sich unzählige Schützen auf dem Friedhof von St. Pauls, um der Freiheitskämpfer der 1960er Jahre und vor allem des Freiheitskämpfers Sepp Kerschbaumer zu gedenken.

2011: Gedenken an den Freiheitskämpfer Georg Klotz

Trotz Eiseskälte kamen am 24. Jänner 2011 rund 400 Schützen und Zivilisten nach St. Leonhard im Passeier, um auf dem Friedhof des 35. Todestages des großen Freiheitskämpfers und Schützenmajors Georg Klotz zu gedenken. Die Südtiroler Historikerin Dr. Margareth Lun sagte in ihrer Gedenkrede: „Jörg Klotz war eine der Leitfiguren des Südtiroler Freiheitskampfes. Seinen Kampf für die Heimat sah Jörg Klotz als Gewissensentscheidung.“ Der heutige Kampf müsse mit der Waffe des Geistes geführt werden, sei aber wie damals eine Frage des Gewissens.

2011: Landesgedenkfeier vor dem Andreas-Hofer-Denkmal in Meran

Am 20. Februar 2011 versammelten sich vor dem Andreas-Hofer-Denkmal in Meran zahlreiche Schützenkompanien aus Süd- und Nordtirol sowie aus Welschtirol.

Landeskommandant Paul Bacher erklärte in seiner Rede, dass die Haltung der italienischen Regierung bestätige, „dass sich Südtirol eher heute als morgen von Italien verabschieden sollte.“

2011: Gedenkfeier für Franz Innerhofer

Am 16. April 2011 fand in Marling eine von dem „Südtiroler Schützenbund“ würdevoll gestaltete Gedenkfeier zum 90. Todestag des von den Faschisten ermordeten Lehrers Franz Innerhofer statt.

Der Landeskommandant Paul Bacher (links) und der Südtiroler Alt-Landeshauptmann Dr. Wendelin Weingartner (rechts) legten in ihren Reden klare Bekenntnisse für die Freiheit Tirols ab.
Der Landeskommandant Paul Bacher (links) und der Südtiroler Alt-Landeshauptmann Dr. Wendelin Weingartner (rechts) legten in ihren Reden klare Bekenntnisse für die Freiheit Tirols ab.

Am 30. April 2011 schied Paul Bacher aus seinem Amt als Landeskommandant, wirkte aber uneigennützig in seiner Kompanie in Gries weiter und unterstützte auch seinen Nachfolger, den Landeskommandanten Elmar Thaler nach Kräften.

Er unterstützte auch den FPÖ-Südtirol-Sprecher Werner Neubauer, der in der Schützenkompanie „Major Josef Eisenstecken“ in Gries sein Schützenkamerad war.

Am 28. April 2012 durfte der neue Landeskommandant Elmar Thaler seinen Vorgänger Paul Bacher ehren und zum Ehrenlandeskommandanten ernennen.

Wir gedenken dieses aufrechten Landsmannes in Trauer und werden sein Andenken stets in Ehren halten!




Gedenken an Paul Bacher – einen unermüdlichen Streiter für Recht und Selbstbestimmung (Teil 1/2)

Paul Bacher (Bild: Südtiroler Schützenbund.)

Am 17. Februar 2023 hat uns die traurige Nachricht erreicht, dass ein großer Patriot und uneigennütziger Landsmann uns für immer verlasen hat. Paul Bacher war nach schwerem Leiden im engsten Familienkreis im Alter von 86 Jahren verstorben.

Am Andreas-Hofer-Tag, den 20. Februar 2023, gaben rund 200 Schützen aus ganz Tirol dem Ehrenlandeskommandanten und Ehrenhauptmann der Schützenkompanie Gries, Paul Bacher, das letzte Geleit. Der Landeskommandant des Südtiroler Schützenbundes, Major Roland Seppi, hielt die Grabrede und würdigte Paul Bacher in bewegender Weise. Das Lebensmotto Bachers habe gelautet:

„Je selbstbewusster und würdevoller sich die deutsche und ladinische Volksgruppe verhaltet, umso mehr wird sie geachtet.“

Der Landeskommandant des „Südtiroler Schützenbundes“ Major Roland Seppi, hielt die Abschiedsrede.
Der Landeskommandant des „Südtiroler Schützenbundes“ Major Roland Seppi, hielt die Abschiedsrede.

Der persönlich bescheidene und nicht ruhmsüchtige Paul Bacher hatte in seiner ruhigen Art viel dazu beigetragen, den Südtiroler Schützenbund in Einheit zusammen zu halten. Dieser wurde zu einer Kraft im Lande, welche das politische Geschehen maßgeblich beeinflusste.

Paul Bacher war 19 Jahre als Mitglied der Bundesleitung des Südtiroler Schützenbundes aktiv gewesen, zehn Jahre davon als Landeskommandant.

Der 1937 in Bozen geborene Paul Bacher hatte als Kind noch die faschistische Unterdrückung erlebt. Bereits als Jugendlicher betätigte sich Paul Bacher in der Schützenkompanie „Major Josef Eisenstecken“ in Gries. Im April des Jahres 2001 wurde er zum Landeskommandanten des Südtiroler Schützenbundes gewählt. Dieses Amt übt er 10 Jahre lang bis 2011 aus. Er war unermüdlich für die Belange seiner Volksgruppe tätig. Unter seiner Leitung kam es zu bedeutenden und wirksamen Einflussnahmen des „Südtiroler Schützenbundes“ auf die Politik.

Am 30. April 2011 gab er sein Amt ab. Neuer Landeskommandant wurde der bisherige Bundesgeschäftsführer Major Elmar Thaler.

Dokumentation über die Tätigkeit und die Leistungen des „Südtiroler Schützenbundes“ unter der Kommandantschaft von Paul Bacher

 Teil I: 2001 bis 2009

2001: Demonstrative Nichtteilnahme an einem Empfang des Staatspräsidenten Ciampi

Staatspräsident Ciampi in Bozen
Staatspräsident Ciampi in Bozen

Als der italienische Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi Südtirol im Juli 2001 einen offiziellen, zweitägigen Besuch abstattete, nahm der „Südtiroler Schützenbund“ trotz offizieller Einladung an dem Empfang nicht teil. In der „Tiroler Schützenzeitung“ (Nr. 3/Mai 2002) erklärte der Landeskommandant Paul Bacher dazu später:

„In einem offenen Brief an den Staatspräsidenten haben wir unser Verhalten damit begründet, dass sich der italienische Staat noch nie für die Zerreißung Tirols und die faschistische Unterdrückung der Südtiroler entschuldigt hat. Die Rede des Staatspräsidenten im Bozner Regierungskommissariat, u.a. mit der untragbaren Aussage, dass für ihn der Begriff Volksgruppe einen rassischen Widerhall habe, und der Verlauf des gesamten Besuches hat uns Recht gegeben.“

2001, 2002 und 2000: Appell in der Ortsnamensfrage – „Aktion Klockerkarkopf“ – „Arbeitsgruppe für die Ortsnamensfrage“ – Demonstration in Meran

Am 20. November 2001 richtete die Bundesleitung des „Südtiroler Schützenbundes“ einen „Offenen Brief“ an die Landesversammlung der „Südtiroler Volkspartei“, in welchem es hieß. „Die Südtiroler Ortsnamensfrage … harrt nach wie vor einer gesetzlichen Lösung. Im Jahre 2001 bilden faschistische Dekrete … mit dem „Prontuario dei nomi locali dell’Alto Adige“ und seinen 8.350 geschaffenen Namen des Ettore Tolomei immer noch die gesetzliche Grundlage für den amtlichen Gebrauch der Ortsnamen in Südtirol, obwohl Italien eine Empfehlung der UNO gutgeheißen hat, wonach im amtlichen Gebrauch nur die historischen Namen verwendet werden sollen. Die minderheitenfeindliche Ausrichtung dieser Dekrete steht im offenen Widerspruch zu den Grundprinzipien des modernen Völkerrechts und auch der italienischen Verfassung, die in Artikel 6 den Minderheitenschutz ausdrücklich anerkennt.“

Der Schützenbund appellierte an die SVP, diese „überkommenen Reste von Nationalismen“ zu beseitigen.

Am 21. Juli 2002 führte der Schützenbund zusammen mit anderen heimattreuen Vereinen die „Aktion Klockerkarkopf” durch. Diesem Tiroler Gipfel im hintersten Ahrntal hatte der Erzfaschist Ettore Tolomei den frei erfundenen Namen „Vetta d’Italia“ („Gipfel Italiens“) verpasst. Damit hatte Tolomei jene Aktion eingeleitet, die in den faschistischen Dekreten vom März 1923 und vom 10. Juli 1940 ihren Abschluss fand, mit denen alle historisch gewachsenen deutschen und ladinischen Ortsnamen Südtirols italianisiert wurden.

Mehr als 200 Teilnehmer nahmen die Strapazen des beschwerlichen Aufstieges auf sich und bestiegen den Klockerkarkopf, wo der Landeskommandant des „Südtiroler Schützenbundes“, Paul Bacher eine Bronzetafel mit der Inschrift „Klockerkarkopf 2912 m – Mitten in Tirol”, geziert mit dem Tiroler Adler, enthüllte. Der Schützenbund wollte damit die Aufmerksamkeit der Verantwortungsträger des Landes auf das nicht gelöste Problem der Ortsnamensfrage lenken.

Als sich auf politischer Landesebene nichts tat, veröffentlichte der „Südtiroler Schützenbund“ 2003 seine Forderungen und unterstrich diese durch eine Demonstration in Meran.

Auf der Kundgebung mitgetragene Tafeln.
Auf der Kundgebung mitgetragene Tafeln.

2002: Vom „Siegesplatz“ zum „Friedensplatz“ zum „Siegesplatz“ – Protestbrief an den italienischen Vize-Ministerpräsidenten Gianfranco Fini

Unter dem faschistischen Diktator Benito Mussolini war in Bozen das sogenannte „Siegesdenkmal“ in Nachahmung einer römischen Triumphpforte auf dem sogenannten „Siegesplatz“ („Piazza della Vittoria“) zum rühmenden Gedenken an den „Sieg“ über Österreich im Ersten Weltkrieg errichtet worden.

Bei Wahlauftritten liebte Fini es, seine Anhänger mit dem faschistischen Gruß, dem „Saluto Romano“, zu begrüßen. (Hier auf einem Wahlplakat zu sehen.)
Bei Wahlauftritten liebte Fini es, seine Anhänger mit dem faschistischen Gruß, dem „Saluto Romano“, zu begrüßen. (Hier auf einem Wahlplakat zu sehen.)

Im Jahre 2002 wurde der „Siegesplatz“ in „Friedensplatz“ umbenannt, was Erbitterung unter den in Bozen angesiedelten Italienern hervorrief. Nun sollte eine Volksbefragung in der Gemeinde Bozen über die Rückbenennung des Friedensplatzes in „Siegesplatz“ stattfinden. Zur Unterstützung dieses Vorhabens kündigte der stellvertretende Ministerpräsident und Parteiobmann der neofaschistischen „Alleanza Nazionale“, Gianfranco Fini, an, er würde nach Bozen kommen und dort eine Rede halten.

Am 25. September 2002 richtete die Bundesleitung des Südtiroler Schützenbundes einen „Offenen Brief“ an Fini, in welchem es unter anderem hieß: 

„Laut Medien werden Sie am kommenden 1. Oktober vor dem Siegesdenkmal in Bozen zur bevorstehenden Volksabstimmung in der Gemeinde Bozen über die Rückbenennung des Friedensplatzes in „Siegesplatz“ sprechen.

Wir erlauben uns, Sie als Präsidenten der AN, in deren Auftrag Sie diese Wahlrede halten, darauf hinzuweisen, dass Sie vor dem Denkmal an den Faschismus mit all seinen symbolischen Inhalten und Aussagen sowie für die angestammte Bevölkerung provokatorischen und beleidigenden Inschriften auftreten und damit Gefahr laufen, sich mit dem faschistischen Geist dieses Denkmals zu identifizieren und sich somit dazu zu bekennen.“

Natürlich kam Fini nach Bozen, hielt eine alle Neofaschisten begeisternde Rede und in der folgenden Volksbefragung sprachen sich in der vorwiegend von zugewanderten Italienern bevölkerten Stadt Bozen 61,94 Prozent für die Rückbenennung des „Friedensplatzes“ in die vom Faschismus eingeführte Bezeichnung „Siegesplatz“ aus. Die Umbenennung wurde vollzogen.

Fini bei seinem Auftritt in Bozen – bald hieß der Platz wieder „Siegesplatz“.
Fini bei seinem Auftritt in Bozen – bald hieß der Platz wieder „Siegesplatz“.Fini bei seinem Auftritt in Bozen – bald hieß der Platz wieder „Siegesplatz“.

2002 und folgende Jahre: Gedenken an die Freiheitskämpfer

Alljährlich versammelten sich auf dem Friedhof in St. Pauls bei Eppan zahlreiche Mitglieder des „Südtiroler Schützenbundes“, ehemalige Südtiroler Freiheitskämpfer und Mitglieder des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB), um vor einer Gedenktafel der verstorbenen Freiheitskämpfer der 1960er Jahre zu gedenken.

Auch Nord- und Südtiroler Landespolitiker sowie Schützenabordnungen aus Nordtirol und Welschtirol nahmen daran teil.

2002 und 2003: Gedenken an Opfer des Faschismus

Am 24. November 2002 holte der Südtiroler Heimatbund – die Vereinigung ehemaliger Südtiroler Freiheitskämpfer – mit Unterstützung der Schützen sowie der Gemeinde das nach, was das offizielle Südtirol bisher versäumt hatte. Sie brachten in Margreid an dem Geburtshaus der an den Folgen faschistischer Inhaftierung im Jahre 1930 im Alter von 25 Jahren verstorbenen Katakombenlehrerin Angela Nikoletti eine ehrende Gedenktafel an.

2003: Großdemonstration in Bozen „Tirol unterm Beil“

 

Einladungsplakat des Schützenbundes
Einladungsplakat des Schützenbundes

Am 24. April 2003 versammelten sich mehr als 2.500 Schützen auf dem Waltherplatz in Bozen, um mahnend an Machtübernahme des Faschismus vor 80 Jahren erinnern.

Landeskommandant Paul Bacher erklärte in seiner Begrüßungsrede, dass die Schützen für „eine Heimat ohne Grenzen in Freiheit und Recht“ und die „Selbstbestimmung der Völker“ eintreten. Er forderte die Beseitigung der faschistischen Relikte, welche der Welt vormachen sollten, „dass hier immer schon italienisches Land war. Mit diesen faschistischen Relikten wird ein schrecklicher Krieg verherrlicht, der Hunderttausenden von Menschen das Leben gekostet hat. Kriegstote verherrlichen heißt, Kriegstote befürworten!

Machen wir endlich Schluss mit diesen Geschichtslügen!  Denn nur wer bereit ist, auf diese Relikte einer vergangener Diktatur zu verzichten, kann ein Europa der vereinten Völker aufbauen und mitgestalten.“

Bericht in den „Dolomiten“ vom 26. April 2003.
Bericht in den „Dolomiten“ vom 26. April 2003.

2004: Andreas Hofer-Feier in Meran – mahnende Worte des Landeskommandanten Bacher

Landeskommandant Paul Bacher in Meran.
Landeskommandant Paul Bacher in Meran.

Am 22. Februar 2004 sprach Landeskommandant Paul Bacher auf einer großen Andreas Hofer-Feier in Meran mahnende Worte: „Andreas Hofer stand vor einer schier unlösbaren Aufgabe, musste sein Land gegen einen mächtigen Feind verteidigen, bewies Mut und vermochte tausende Tiroler zu begeistern und zu überzeugen, richtig zu handeln, einzutreten für Gott, Kaiser und Vaterland, wie es damals hieß.

Für die gleichen Ideale kämpften die Tiroler Standschützen und verteidigten unsere Heimat gegen einen Feind, der einmal ihr Verbündeter war. Obwohl es diesem nicht gelungen war, sie zu besiegen, wurde unser Land als Kriegsbeute dem Staat Italien zugesprochen. Einem Staat, den wir uns nicht ausgesucht hatten, den wir auch nicht wollten!“

Angesichts der Aushöhlungen der Südtirol-Autonomie durch den italienischen Staat und der „alles eher als guten politischen Zukunftsaussichten für unser Volk und unsere Heimat“ liege es nun an den Südtirolern,

„überall und zu jeder Zeit identitätsstiftende Maßnahmen zu setzen, mit Mut und Zivilcourage Fehlentwicklungen aufzuzeigen, diesbezügliche Aktionen durchzuführen.“

2004: Ein Aufsehen erregendes Memorandum – Aufnahme der Schutzfunktion der Republik Österreich in deren Bundesverfassung gefordert

Am 20. April 2004 wurde in Innsbruck dem Nordtiroler Landeshauptmann Herwig van Staa und dem Nordtiroler Landtagspräsidenten Helmut Mader ein „Südtiroler Memorandum“ überreicht, welches von allen deutschen Abgeordneten, zahlreichen Bürgermeistern und den Vertretern bedeutender Südtiroler Verbände unterzeichnet war. Zu den Unterzeichnern gehörte der Landeskommandant des Südtiroler Schützenbundes Paul Bacher.

Das Memorandum war zur Weiterleitung an den mit der Ausarbeitung einer neuen Bundesverfassung betrauten „Österreich-Konvent“ in Wien bestimmt.

In diesem Memorandum erklären die Südtiroler Unterzeichner: „Auch wir gehören in jahrhundertealter Geschichte zum österreichischen Volk, worin wir uns bisher auf dem Boden internationalen Rechtes, insbesondere des fundamentalen Rechtes auf Selbstbestimmung, auch von der Zweiten österreichischen Republik tätig unterstützt sahen.“

Ausschnitte aus dem Memorandum.
Ausschnitte aus dem Memorandum.

Die Unterzeichner beriefen sich sodann auf die Entschließung des Tiroler Landtages vom 23. November 1994, in welcher sich dieser zu dem Recht auf Selbstbestimmung bekannt hatte. Sie forderten sodann die Übernahme der österreichischen „Schutzstaatsverpflichtung“ gegenüber Südtirol in die Bundesverfassung der Republik Österreich.

2005: Offener Brief an Ministerpräsident Silvio Berlusconi

Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi liebte es, auf Wahlveranstaltungen seiner Partei mit dem faschistischen „Saluto Romano“ zu grüßen.
Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi liebte es, auf Wahlveranstaltungen seiner Partei mit dem faschistischen „Saluto Romano“ zu grüßen.

Als bekannt wurde, dass der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi am 4. November 2005 in Bozen eine Wahlrede halten würde, richtete der Schützen-Landeskommandant Paul Bacher einen „Offenen Brief“ an ihn, in welchem er ihn aufforderte, die faschistischen Symbole und Denkmäler in Südtirol zu beseitigen.

Aus dem „Offenen Brief“ an Berlusconi.
Aus dem „Offenen Brief“ an Berlusconi.

2006: Petition – Österreich soll sich in seiner Verfassung zur Wahrung des Selbstbestimmungsrechtes der Südtiroler bekennen

Aus dem „Offenen Brief“ an Berlusconi.

Die Petition und ein Bericht in den „Dolomiten“ vom 24. Jänner 2006.
Die Petition und ein Bericht in den „Dolomiten“ vom 24. Jänner 2006.

Am 21. Jänner 2006 überreichten der Kulturreferent des Südtiroler Schützenbundes, Peter Piock, und der Landeskommandant der Nordtiroler Schützen, Otto Sarnthein, in Wien dem Nationalratspräsidenten Andreas Khol eine Petition. Darin hieß es:

„Die unterzeichneten Schützenkompanien und Bürgermeister aus allen Teilen des historischen, großen Tirol ersuchen den Nationalrat bei den derzeit  laufenden Beratungen über eine neue österreichische Bundesverfassung auf der Grundlage der Beratungen des Österreich-Konvents in der Präambel einer solchen Verfassung folgende Worte aufzunehmen:

 1) Die Republik Österreich anerkennt die historisch gewachsenen Volksgruppen in Österreich und setzt sich für Schutz und Förderung der mit Österreich geschichtlich verbundenen deutschsprachigen Minderheiten, insbesondere auch der Südtiroler ein.

 2) Die Republik Österreich bekennt sich zur Wahrung des Selbstbestimmungsrechtes des vom Land Tirol abgetrennten Tiroler Volkes deutscher und ladinischer Sprache und zum besonderen Schutz der Rechte der Südtiroler auf der Grundlage des Völkerrechtes.“

Neben den Süd- und Nordtiroler Schützenkompanien hatten in Südtirol 113 von insgesamt 116 Bürgermeistern unterschrieben. Ein Großteil ihrer Nord- und Osttiroler Amtskollegen hatten ebenfalls unterzeichnet.

Die „Österreichische Volkspartei“ (ÖVP) versenkte in der Folge diese Petition. Was bleibt, ist jedoch das dokumentierte Bekenntnis der Schützen und der Bürgermeister Südtirols.

2006: Ehrfurchtsvolle Ehrung des Freiheitskämpfers Georg Klotz

Am 30. Todestag des Freiheitskämpfers Georg Klotz aus Walten im Passeier, hielt Paul Bacher am 23. Jänner 2006 am Grab des Mitbegründers des Schützenbundes und Gründers der Schützenkompanie Walten die Gedenkrede. Er sagte unter anderem:

„In einer Zeit, wo die patriotische Grundausrichtung unseres Volkes immer mehr verloren geht, wo die Politik immer mehr von taktischen Überlegungen geleitet und geprägt wird, braucht es weiter Menschen die sich für Volk und Heimat einsetzen. Die Zeit der Sprengstoffanschläge in Südtirol war ein tragisches Kapitel unserer Geschichte das sich nicht mehr wiederholen soll. Es muss aber auch ganz klar gesagt werden, dass es ohne dieser Anschläge,  heute keine Südtirol-Autonomie geben würde.“

Er schloss mit den Worten: „Lieber Jörg!

Ganz nach deinem Motto „Die Freiheit und das Himmelreich gewinnen keine Halben“ möge Dir der Herr im Himmel den ewigen Frieden geben.“

Die Ehrensalve für Georg Klotz auf dem Friedhof.
Die Ehrensalve für Georg Klotz auf dem Friedhof.

2006: Bekenntnis zur Selbstbestimmung – Überparteiliche Arbeitsgruppe für Selbstbestimmung – „Süd-Tirol – Wo liegt deine Zukunft?“

Am 25. Juni 2006 gab Landeskommandant Paul Bacher der Tageszeitung „Dolomiten“ ein Interview, in welchem er erklärte, dass die Forderung nach Selbstbestimmung jedem Volk zustehe. „Das Ziel des Schützenbundes ist die Einheit Tirols, das Fernziel die Rückkehr zu Österreich.“ Ein „Freistaat Südtirol“ wäre als erster Schritt denkbar, die Rückkehr zu Österreich wäre dann der zweite Schritt.

Am 2. September 2006 führten die Schützen die Aktion „Grenzfeuer“ durch und markierten mit über 200 Feuern die Südgrenze Tirols vom Stilfserjoch über die Ortlergruppe, die Salurner Klause bis hin in die Dolomiten.

Aktion Grenzfeuer.
Aktion Grenzfeuer.

Am 3. September 2006 forderte Paul Bacher auf einer anschließenden Kundgebung auf dem Schlosshügel von  Castelfeder die Wiedervereinigung Tirols.

Bild von der Kundgebung auf Castelfeder.
Bild von der Kundgebung auf Castelfeder.

Am 29. Oktober 2006 pilgerten an die 300 Schützen zum Abschluss der Jahresaktion des Südtiroler Schützenbundes „60 Jahre Friedensvertrag – 60 Jahre verwehrte Selbstbestimmung“ zur Gnadenmutter nach Trens bei Freienfeld.

Bei seiner Predigt gedachte der Landeskurat der Schützen, Prof. Dr. Paul Rainer, der Wallfahrten im Jahre 1946 zur Gottesmutter nach Trens, bei der die Süd-Tiroler Bevölkerung für die Tiroler Landeseinheit beteten. Die Gedenkrede hielt der Landeskommandant des Südtiroler Schützenbundes Mjr. Paul Bacher. „Heute ist es für uns auch im südlichen Tirol ein Bedürfnis, vor der Gottesmutter von Trens dieses Anliegen zu erneuern, indem wir an die Wallfahrt vom 7. Mai 1946 erinnern, bei der 10.000 Südtiroler denselben Wunsch vortrugen.“

Die Wallfahrtskirche Maria Trens bei Freienfeld.
Die Wallfahrtskirche Maria Trens bei Freienfeld.

Am 11. November 2006 jährte sich der Tag, an welchem nach dem Zusammenbruch der österreichisch-ungarischen Monarchie italienische Truppen im Jahre 1918 kampflos den Brenner erreicht, und damit die Zerreißung Tirols vollzogen hatten. An diesem Tag führte der „Südtiroler Schützenbund“ drei Veranstaltungen durch: Eine Gedenkveranstaltung am Brenner, eine Gedenkveranstaltung am Grenzübergang von Winnebach für alle Opfer der Teilung Tirols und eine Podiumsdiskussion „Heimat unter fremden Fahnen“ in Neumarkt.

Einladung und Kundgebungsteilnehmer am Brenner.
Einladung und Kundgebungsteilnehmer am Brenner.

Gedenkveranstaltung in Winnebach.
Gedenkveranstaltung in Winnebach.

Am 14. November 2006 gründete der Landeskommandant Paul Bacher zusammen mit Vertretern anderer Verbände und Parteien die überparteiliche „Arbeitsgruppe für Selbstbestimmung“, welche an alle Haushalte Südtirols eine Broschüre „Süd-Tirol – Wo liegt deine Zukunft?“ verschickte, in welcher für die Selbstbestimmung geworben wurde.

In dieser Broschüre wurde auch das Ergebnis einer unlängst durch das Innsbrucker Soffi-Institut in Süd-, Ost- und Nordtirol durchgeführten Meinungsumfrage zur Frage der Selbstbestimmung veröffentlicht.

2006: Ein Toter kehrte heim

Der Südtiroler Freiheitskämpfer der 1960er Jahre, Heinrich Oberlechner aus Mühlen in Taufers, war einer der berühmten „Pusterer Buam“. Er verstarb am 15. Dezember 2006 in der Fremde und durfte erst im Sarg nach 40 Jahren wieder in seine Heimat zurückkehren.

Am Brenner wurde sein Sarg von einer Abordnung Schützen in Empfang genommen. Zu seinem Begräbnis in Sand in Taufers waren am 22. Dezember 2006 mehr als 1.000 Schützen erschienen, die ihm das letzte Geleit gaben.

Begräbnis von Heinrich Oberlechner – Worte des Gedenkens von Landeskommandant Paul Bacher in den „Dolomiten“ vom 21. Dezember 2006.
Begräbnis von Heinrich Oberlechner – Worte des Gedenkens von Landeskommandant Paul Bacher in den „Dolomiten“ vom 21. Dezember 2006.

2007: Aufklärungsschrift „Lebendiger Faschismus“ – Gedenken an Landesteilung und Kundgebung auf Schloss Sigmundskron

Im Februar 2007 veröffentlichte der „Südtiroler Schützenbund“ eine aufklärerische Broschüre, in welcher aufgezeigt wird, wie der Geist des Faschismus heute noch gepflegt wird – von der Ortsnamengebung über die liebevolle Kultivierung faschistischer Denkmäler bis hin zu öffentlichen Kundgebungen.

Am 11. November 2007 hielten Schützen am Brennerpass eine denkwürdige Feier im Gedenken an die Zerreißung Tirols im Jahre 1918 ab und am 17. November 2007 veranstalteten sie eine Gedenkfeier auf Schloss Sigmundskron, anlässlich des 50. Jahrestages der großartigen Kundgebung des Jahres 1957, auf welcher das Süd-Tiroler Volk einen Meilenstein in seinen Unabhängigkeitsbestrebungen gesetzt hatte. Mehr als 1.000 Schützen und an die 500 Zivilisten waren gekommen.

Der Landeskommandant Paul Bacher erklärte, dass die Erringung der Tiroler Einheit das Ziel der Schützen sei. Transparente verkündeten: „Österreich unser Vaterland“ und „Ein Tirol“.
Der Landeskommandant Paul Bacher erklärte, dass die Erringung der Tiroler Einheit das Ziel der Schützen sei. Transparente verkündeten: „Österreich unser Vaterland“ und „Ein Tirol“.

2008: „Tiroler Einheit bleibt großes Ziel“

Unter dieser Schlagzeile berichteten die „Dolomiten“ über das „50-Jahr-Jubiläum“ des „Südtiroler Schützenbundes“ vom 26. April 2008. Auf dem Bozner Waltherplatz hatten sich zahlreiche junge Schützen und Marketenderinnen versammelt, um ein Gelöbnis für Treue zu Volk und Heimat abzulegen. Der Landeskommandant Paul Bacher betonte in seiner Rede, dass die Erringung der Tiroler Einheit nach wie vor das Ziel der Schützen sei. Am Abend betonte Bacher auf der Großversammlung von mehr als 1.000 Schützen im Bozner Stadttheater, dass die Vision für die Zukunft „ein Gesamt-Tirol“ bleibe.

Paul Bacher in der Festschrift „50 Jahre Südtiroler Schützenbund“ der „Schützenzeitung“ im Jahre 2008.

Bericht in den „Dolomiten“ vom 28. April 2008.
Bericht in den „Dolomiten“ vom 28. April 2008.

Am 1. Juni 2008 unterstrich die „Arbeitsgruppe für Selbstbestimmung“, der auch Landeskommandant Bacher angehörte, anlässlich der Herz-Jesu-Feiern im Lande mit einem großen Inserat in der Bozner „Z – Zeitung am Sonntag“ die Forderung nach Selbstbestimmung.

2008: „Gegen Faschismus – Für Tirol“

Am 8. November 2008 hielt der „Südtiroler Schützenbund“ in Bozen eine große Kundgebung mit mehr als 4.000 Teilnehmern gegen den immer noch lebendigen Faschismus ab und demonstrierte dabei auch für ein vereintes Tirol, „damit alle Tiroler in einem Vaterland und in einer Heimat ohne Teilungsgrenzen, in einem Europa der freien und selbstbestimmten Völker leben können“, wie es in einem mit tosendem Applaus angenommenen Manifest hieß.

Auf dem Waltherplatz in Bozen hielt Landeskommandant Bacher eine Einführungsrede und erklärte, man habe die Nase voll von einem Staat, der faschistische Relikte dulde, und von Politikern, die nichts dagegen unternähmen. „Italien hat sich als einziges EU-Land nie vom Faschismus distanziert und sich nie für die Verbrechen bei uns Tirolern entschuldigt.“

Flugblatt mit Aufruf zur Kundgebung – Transparent der Schützenkompanie Villanders.
Flugblatt mit Aufruf zur Kundgebung – Transparent der Schützenkompanie Villanders.

Aus „Dolomiten“ vom 10. November 2008.
Aus „Dolomiten“ vom 10. November 2008.

Bei einem anschließenden Marsch durch Bozen wurden die Schützen von rund 500 Neofaschisten angepöbelt und auch bespuckt. Sie ließen sich aber zu keiner handgreiflichen Auseinandersetzung provozieren.

Der zweite Teil dieser Dokumentation erfolgt in Kürze. Abonnieren Sie jetzt unseren > Newsletter < um nichts zu versäumen!




Militärhistoriker deckt auf: „Tatort“ wurde künstlich hergestellt

Es gab 1967 keinen Anschlag der Südtiroler Freiheitskämpfer auf der Porzescharte– der „Tatort“ wurde künstlich hergestellt

 Auch andere dem Befreiungsausschuss Südtirol (BAS) zugeschriebene Anschläge waren erfunden

Dass es sich bei den italienischen Geheimdiensten um keine katholischen Pfadfinderorganisationen handelt, war schon seit längerer Zeit bekannt. Dass aber Unglücksfälle zu „Anschlägen“ Südtiroler Freiheitskämpfer umfunktioniert wurden oder ein „Anschlag“ wie jener auf der Porzescharte im Jahre 1967 offenbar frei erfunden und mit einem künstlich geschaffenen „Tatort“ versehen wurde, das hat ein österreichischer Militärhistoriker in einem neuen Werk dokumentiert.

Am 7. Februar 2023 stellte der Historiker und Militärsachverständige Oberst Mag. Dr. Hubert Speckner im Waltherhaus in Bozen sein neuestes Werk vor.

Blick in den Vortragssaal
Blick in den VortragssaalPorzescharte, Steinalm und Pfitscher Joch

Hubert Speckner:
„Pfitscherjoch, Steinalm, Porzescharte – Die drei ‚merkwürdigen Vorfälle‘ des Höhepunktes der Südtiroler Bombenjahre in den Jahren 1966 und 1967“

EFFEKT-Verlag in Neumarkt/Südtirol
Umfang: 284 Seiten,
Preis ab Verlag: ab EURO 25,00
ISBN: 979-12-5532-004-3

. https://effekt-shop.it/shop/buecher/pfitscherjoch-steinalm-porzescharte/

Der ehemalige Landesrat der „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) Dr. Bruno Hosp schrieb zu diesem Werk ein Vorwort mit dem Titel „Ein Lügengebäude stürzt“ ein und der SVP-Landtagsabgeordnete Dr. Franz Pahl schrieb einen Beitrag unter dem Titel „Tatsachen gegen das Lügennetz“.

Der Südtiroler Alt-Landeshauptmann Luis Durnwalder (SVP) hielt ein viel beachtetes Einführungsreferat.

Der Alt-Landesrat Dr. Bruno Hosp (SVP) berichtete über den Einsturz eines „Lügengebäudes“.

Dann erklärten die gerichtlich beeideten Sprengsachverständigen Dr. Harald Hasler und Mag. Max Ruspeckhofer in einer Doppelconference, dass ihre sprengtechnischen Versuche ergeben haben, dass die italienischen Darstellungen über den angeblichen Anschlag auf der „Porzescharte“ mit Todesfolge für italienische Militärpersonen in keiner Weise stimmen.

Oberst Dr. Mag. Hubert Speckner zusammen mit den Sprengsachverständigen Harald Hasler und Max Ruspeckhofer.
Oberst Dr. Mag. Hubert Speckner zusammen mit den Sprengsachverständigen Harald Hasler und Max Ruspeckhofer.

Diesen Ausführungen zufolge dürften die toten italienischen Soldaten vermutlich vielmehr Opfer einer missglückten Verminungsübung auf einem nahe gelegenen militärischen Übungsgelände geworden sein. Nachträglich seien sie dann offenbar zu „Opfern“ der Südtiroler Freiheitskämpfer umfunktioniert worden. Entsprechend wurde offenbar ein künstlicher „Tatort“ geschaffen.

Die von Italien beschuldigten und in einem menschenrechtswidrigen Abwesenheitsverfahren verurteilten Österreicher Univ.-Prof. Dr. Erhard Hartung, Peter Kienesberger und Egon Kufner können demnach keine „Täter“ im manipulierten Geschehen auf der Porzescharte sein. (Die Genannten wurden übrigens in einem ordentlichen Verfahren in Anwesenheit (und nicht in Abwesenheit wie in Italien) in Österreich vor Gericht gestellt, eingehend einvernommen und freigesprochen.)

Zu der Überzeugung der Sprengsachverständigen war auch Oberst Mag. Dr. Hubert Speckner gelangt, wie er bei der Buchpräsentation in einem Interview mit dem Internetportal UT24 erklärte:

„Ich hatte mich ja schon vor Jahren für mein damaliges Buch „Von der Feuernacht zur Porzescharte“ damit beschäftigt und weiter daran geforscht. Nun gibt es neue Erkenntnisse durch Sachverständige, die ich unter die Leute bringen möchte, weil es einfach wichtig ist, öffentlich zu machen, dass das alles so, wie es dargestellt wird, nicht gewesen sein kann. Die Akten geben etwas völlig anderes her und die neuen Erkenntnisse ein sehr interessantes Bild, vor allem durch jene der Sachverständigen Ruspeckhofer und Hasler.

Ich war selbst mehrmals auf der Porzescharte, am Pfitscherjoch und auf der Steinalm, wo ich bestimmt auch noch hingehen werde. In dieses neue Werk sind neue Erkenntnisse über die drei besonderen Vorfälle dort eingeflossen und es findet sich darin eine prägnante Kurzfassung. In der offiziellen Darstellung stimmt von vorne bis hinten nichts, sie KANN so gar nicht stimmen, wie die Sachverständigen dargestellt haben. Leichen liegen falsch, Daten über Sprengungen, die so technisch gar nicht passiert sein können, usw. Die Taten wurden ja bekanntlich dem BAS angedichtet, der es aber nach diesen Darstellungen gar nicht gewesen sein kann. Sachverständige vor Ort haben dies nun bestätigt. So zum Beispiel Dr. Hasler, der diese Fälle nachgesprengt und mit Dummys nachgestellt hat. Nun stellt sich die Frage: Wer war es dann? Das könnten wir erst beantworten, wenn Italien seine Archive öffnet, was es aber meiner Befürchtung nach nicht so schnell tun wird. Italien ist Meister darin, Dinge zu verschleiern und auszusitzen, um sich nicht damit zu beschäftigen.

Über das Buch Speckners liegt auch eine im SID veröffentlichte Besprechung des bekannten Historikers Reinhard Olt vor. Über diesen „link“ gelangen Sie zu dieser Besprechung: https://suedtirol-info.at/drei-angebliche-terrorakte-der-jahre-1966-und-1967-die-zerstoerung-eines-luegengebaeudes/

Ein wichtiges Nachschlagwerk: „Herzenssache Südtirol“

Bei der Buchpräsentation stellte Oberst Mag. Dr. Hubert Speckner auch noch ein zweites, für die Zeitgeschichtsforschung wichtiges Werk vor:

Hubert Speckner (HG.):
„Herzenssache“ Südtirol …
Südtirol in den Nationalratsitzungen
der Zweiten Republik Österreich
1945 bis 2020

4 Bände

EFFEKT-Verlag in Neumarkt/Südtirol
ISBN 978-88-97053-94-1

https://www.effekt.it/herzenssache-suedtirol/

In den Nationalratssitzungen zwischen Dezember 1945 und Dezember 2020 in wurde in insgesamt 481 Sitzungen die Südtirol-Frage erwähnt. Dies erfolgte in 1.320 parlamentarischen Äußerungen in Form von Wortmeldungen / Berichten / schriftlichen und mündlichen Anfragen / Anfragebeantwortungen / Anträgen, Initiativ- und Entschließungsanträgen sowie Bürgerinitiativen und Petitionen zur Südtirol-Frage. Alle diese parlamentarischen Äußerungen werden in diesem Kompendium vorgestellt und sind im Faksimile-Abdruck im Originaltext zu lesen.

Über die Buchvorstellung berichteten die Tageszeitung „Dolomiten“

und das Internetportal „Unser Tirol 24“: https://www.unsertirol24.com/2023/02/09/herzenssache-suedtirol-2/




Letzter Abschied von einem Südtiroler Freiheitskämpfer

Am 4. Jänner 2023 starb ein ehemaliger Südtiroler Freiheitskämpfer nach einem tragischen Autounfall in Würzburg an den Folgen seiner schweren Verletzungen.

Heinrich Oberleiter wurde im Jahre 1941 in St. Johann im Ahrntal als Sohn einer Bauernfamilie geboren. Er hatte erleben müssen, wie nach dem Weltkrieg die alte faschistische Politik der Zuwanderung aus dem Süden bei gleichzeitiger Unterdrückung der einheimischen Bevölkerung fortgesetzt wurde. In seinem Erinnerungsbuch „Es gibt immer einen Weg“, hat Heinrich Oberleiter beschrieben, wie er sich angesichts dieser staatlichen Bemühungen, die Südtiroler im eigenen Land zur Minderheit zu machen, entschlossen hatte, zusammen mit den anderen „Pusterer Buibm“ Siegfried Steger, Sepp Forer und Heinrich Oberlechner in den aktiven Widerstand zu gehen.

Bild der „Pusterer“ aus „Domenica del Corriere“ vom 11. Juli 1967. Heinrich Oberleiter ist der Zweite von links.
Bild der „Pusterer“ aus „Domenica del Corriere“ vom 11. Juli 1967. Heinrich Oberleiter ist der Zweite von links.

Sie verübten Anschläge auf Strommasten, um die Weltöffentlichkeit „auf die himmelschreienden politischen Zustände in Südtirol aufmerksam zu machen“, wie Heinrich Oberleiter in seinen Erinnerungen schrieb.

Oberleiters Erinnerungsbuch. (Effekt Verlag Neumarkt/Südtirol 2011)
Oberleiters Erinnerungsbuch. (Effekt Verlag Neumarkt/Südtirol 2011)

Sie achteten dabei darauf, dass keine Menschenleben zu Schaden kamen. Heinrich Oberleiter war ein sehr religiöser Mensch und hat dies seinem Freund Roland Lang, Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB), auch persönlich versichert.

Oberleiter musste in der Folge nach Österreich und dann nach Deutschland in die Gegend von Würzburg fliehen, wo er eine Familie gründete, drei eigene und zwei Pflegekinder großzog und einen Bauernhof bewirtschaftete. Er stellte sich auch in den Dienst sozialer Arbeit, betreute in einer SOS-Dorfgemeinschaft Behinderte und war als Wortgottesdienstleiter tätig. Er hat auch viele Jahre lang seine kranke Frau aufopfernd gepflegt.

Da er und seine ehemaligen Kampfgefährten in Italien in Abwesenheit zu zweimal lebenslänglicher Haft verurteilt wurden, war eine Rückkehr in die Heimat auch nach Beendigung des Freiheitskampfes und der Erringung eines verbesserten Autonomiestatutes zunächst ausgeschlossen. Die Italiener hatten ihm und seinen Kampfgefährten die Schuld an dem Tod italienischer Soldaten zugeordnet, obwohl dafür keine Beweise vorlagen und Heinrich Oberleiter stets beteuert hatte, dass diese Unterstellungen falsch waren.

Der SHB-Obmann Roland Lang bei einem Beuch Heinrich Oberleiters im Exil. (Bild: SHB)
Der SHB-Obmann Roland Lang bei einem Beuch Heinrich Oberleiters im Exil. (Bild: SHB)

In einem Interview mit der Tageszeitung „Dolomiten“ vom 1. August 2022 hat Heinrich Oberleiter erklärt:

„Ich habe damals nur für die Gerechtigkeit für uns gekämpft. Aber Hass habe ich nie empfunden. Hass zerstört alles.“

Diese Einstellung gehabt zu haben angesichts dessen, dass damals zahlreiche inhaftierte Freiheitskämpfer schwer gefoltert worden waren, sagt Einiges über den Charakter von Heinrich Oberleiter aus.

Heinrich Oberleiter wollte natürlich wieder in seine Heimat zurückkehren können. Er hatte es jedoch stets abgelehnt, ein Gnadengesuch an den italienischen Staatspräsidenten zu stellen, da er dies als Schuldeingeständnis für nicht begangene Taten angesehen hätte.

An seiner Stelle brachten seine Angehörigen unter Mithilfe des Senators Karl Zeller (SVP) im Jahre 2018 ein solches Gesuch ein und nach über 3 Jahren wurde das Gnadengesuch 2021 von Staatspräsident Sergio Mattarella angenommen.

Nun konnte Heinrich Oberleiter im Juli 2022 endlich wieder seine Heimat besuchen, wo er von der Bevölkerung mit Freuden begrüßt wurde.

Empfang Heinrich Oberleiters in Steinhaus im Ahrntal am 29. Juli b2022. Von links nach rechts: Der Landeskommandant des „Südtiroler Schützenbundes“ Roland Seppi, Heinrich Oberleiter und seine Tochter Sonja Oberleiter. (Bild: Südtiroler Schützenbund.)
Empfang Heinrich Oberleiters in Steinhaus im Ahrntal am 29. Juli b2022. Von links nach rechts: Der Landeskommandant des „Südtiroler Schützenbundes“ Roland Seppi, Heinrich Oberleiter und seine Tochter Sonja Oberleiter. (Bild: Südtiroler Schützenbund.)

Bei einem Besuch seines deutschen Wohnsitzes in der Würzburger Gegend ereilte ihn dann das Schicksal.

Am 12. Jänner 2923 wurde Heinrich Oberleiter in Sachsenheim in Bayern beerdigt. Eine Delegation der Südtiroler Landtagspartei „Süd-Tiroler Freiheit“ war zusammen mit Schützen- und Heimatbund bei der würdigen Begräbnisfeier des Ahrntaler Freiheitskämpfers Heinrich Oberleiter zugegen.

Grabkränze der noch lebenden „Pusterer Buibm“ Sepp Forer und Siegfried Steger.
Grabkränze der noch lebenden „Pusterer Buibm“ Sepp Forer und Siegfried Steger.

Grabkranz des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB).
Grabkranz des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB).

Heinrich Oberleiter wird in der Geschichte seiner Heimat und seines Volkes unvergessen bleiben.