Welschtirol und der italienische Irredentismus (Teil 1)

Der Begriff „Irredenta“ bezeichnete eine politische Bewegung zur Schaffung eines italienischen Nationalstaates und der Angliederung aller von Italienern bewohnten Gebiete an diesen. „Terre irredente“ heißt auf Deutsch: „Unerlöste Gebiete“.

Diese Bewegung musste zwangsläufig zur Konfrontation mit Österreich, beziehungsweise „Österreich-Ungarn“ führen.

Teil I: Hinweis auf ein wichtiges Buch und die Geschichte des Irredentismus

 von Georg Dattenböck

 Dr. Michael Mayr: „Der italienische Irredentismus. Sein Entstehen und seine Entwicklung vornehmlich in Tirol“, Innsbruck 1916, Verlagsanstalt Tyrolia, Brixen Bozen“

Dr. Michael Mayr: „Der italienische Irredentismus. Sein Entstehen und seine Entwicklung vornehmlich in Tirol“, Innsbruck 1916, Verlagsanstalt Tyrolia, Brixen Bozen“ Verlag Nabu Press, ISBN-10: 1149323272; ISBN-13: 978-1149323274; € 28,17

Im Jahre 1916 verfasste der Historiker Dr. Michael Mayr (Staatsarchivdirektor und Professor an der Universität Innsbruck) ein Standardwerk über den italienischen Irredentismus. Ein Schwerpunkt dieser Arbeit waren die Verhältnisse in Tirol – in Welschtirol, welches heute den von den Faschisten verpassten Namen „Trentino“ trägt.

Dieses kritische Werk, welches durchaus auch die von der österreichischen Politik und Verwaltung begangenen Fehler behandelt, ist im Jahre 2010 in einer Neuauflage erschienen:

 

Dr. Michael Mayr: „Der italienische Irredentismus. Sein Entstehen und seine Entwicklung vornehmlich in Tirol“

Es ist es wert, dass man sich mit seinem Inhalt auseinander setzt.

Ein Wort zum Verfasser des Werkes
„Der italienische Irredentismus. Sein Entstehen und seine Entwicklung vornehmlich in Tirol“

Dr. Michael Mayr
Dr. Michael Mayr

Michael Mayr wurde am 10. April 1864 in Adlwang in Oberösterreich als Sohn eines Bauern geboren. Er besuchte das Gymnasium der Jesuiten in Linz, maturierte jedoch 1895 im Benediktinerstift in Kremsmünster. Anschließend studierte er Geschichte und Geographie an der Universität in Wien, absolvierte 1889-1891 das „Institut für Österreichische Geschichtsforschung“, war 1891 Stipendiat am „Österreichischen Historischen Institut in Rom“ (Erforschung der Nuntiaturberichte 1560-1572) und wurde 1890 promoviert.

Beamter, Historiker, Abgeordneter

Nach kurzer Tätigkeit im Archiv des k.u.k. Finanzministeriums war Mayr ab 1892 Beamter des Statthaltereiarchivs in Innsbruck und dessen Direktor von 1897 bis 1920.

Im Jahre 1900 wurde Mayr Professor für Neue Geschichte an der Universität Innsbruck.

Mayr war von seiner ursprünglichen politischen Einstellung her ein Liberaler, trat aber dann der „Christlichsozialen Partei“ bei. Er begann seine politische Laufbahn als Abgeordneter zum Reichstag in Wien von 1907 bis 1911, um anschließend von 1908 bis 1914 als Abgeordneter im Tiroler Landtag tätig zu werden. Mayr war 1918 auch Mitglied der „Konstituierenden Nationalversammlung“ Deutschösterreichs.

Als Gesandter Tirols verhandelte Mayr in der Schweiz 1918/19 mit Abgesandten der Siegermächte über eine eigene Republik oder einen Freistaat Tirol.

Um die Einheit Tirols zu wahren, verlangte Mayr damals in der Provisorischen Nationalversammlung mit anderen Abgeordneten das Recht Tirols auf Loslösung von Österreich.

Staatssekretär, Verfassungsrechtler und Staatskanzler

Der erste Staatskanzler der neu gegründeten Republik Deutschösterreich, Dr. Karl Renner, Mitglied der „Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Österreichs“ (SDAPÖ), berief Mayr zum Staatssekretär für die Arbeiten an einer gesamtösterreichischen Verfassung, die Mayr zusammen mit Hans Kelsen, einem der bedeutendsten Rechtsgelehrten, schuf.

Dr. Michael Mayr wurde am 7. Juli 1920 in Nachfolge von Dr. Karl Renner zweiter Staatskanzler bzw. ab 10. November 1920 erster Bundeskanzler Österreichs und ab 22. Oktober, als die Sozialdemokraten aus der Regierung austraten, wurde er zugleich auch Außenminister.

Am 20. November 1920 wurde die Bundesregierung Mayr II, eine Minderheitenregierung der Christlichsozialen mit Unterstützung der Großdeutschen gewählt.

Da sich die österreichische Regierung im Friedensvertrag von Saint-Germain im Jahr 1919 verpflichten mußte, Österreich von Deutschland unabhängig zu erhalten, trat Bundeskanzler Dr. Mayr wegen einer in der Steiermark beabsichtigten Abstimmung über einen Anschluss an das Deutsche Reich von seinem Amt zurück, führte jedoch die Geschäfte bis zur Angelobung der neuen Bundesregierung unter Bundeskanzler Johann Schober am 21. Juni 1921 weiter.

Dr. Michael Mayr starb an einem Herzinfarkt am 21. Mai 1922 in Waldneukirchen bei Steyr, nur 58 Jahre alt, beim Besuch am Hofe seiner Schwester.

Sein Geschichtswerk über den italienischen Irredentismus

Dieses sehr wichtige Buch berichtet über eine über 100jährige Vorgeschichte der Zerreißung Tirols im Jahre 1918. Ohne die Kenntnis dieser Vorgeschichte versteht man die italienische Begehrlichkeit auf Tirol und die erfolgte Aggression kaum. Wer die Tiroler Geschichte vor 1918 kennenlernen und vor allem wissen will, welche Kräfte die Fäden zur Zerstörung der Landeseinheit spannen, kann nicht umhin, Mayrs gründliche Analyse zu lesen. Es ist ein Werk, welches bereits 1916 um Jahrzehnte zu spät erschien und seine Wirkung nicht mehr entfalten konnte, wie man heute im Rückblick bedauernd festhalten muss.

In seinem Vorwort schrieb Mayr, daß

„die deutsche Geschichtsschreibung und die österreichische und deutsche Politik sich um das Wesen und die Entwicklung des italienischen Irredentismus in Österreich in seinem ganzen Zusammenhange bisher verhältnismäßig wenig gekümmert haben, obwohl er bereits die Kriege Italiens gegen Österreich in den Jahren 1848/49, 1859, 1866 und den Verrat Italiens an seinen Bundesgenossen im gegenwärtigen Weltkriege verursacht hat“.

Diese Gedanken sind aus der damaligen Notsituation mitten im Krieg verständlich. Im Abstand von 100 Jahren ist es jedoch auch geboten, die österreichische Politik sehr kritisch zu hinterfragen.

Dazu bitte ich den Leser, den nächsten Beitrag zu lesen!




Welschtirol und der italienische Irredentismus (Teil 2)

Eine kritische Betrachtung der geschichtlichen Entwicklung

 von Georg Dattenböck

Vor dem Ersten Weltkrieg

Als am 21. November 1916, nach einer Regierungszeit von nahezu 68 Jahren, der greise österreichische Kaiser Franz Joseph I. aus dem Haus Habsburg-Lothringen, König von Böhmen und Apostolischer König von Ungarn in Wien starb, ging ein geschichtliches Zeitalter zu Ende: Tirol gehörte seit der Zeit der Völkerwanderung zum Herzogtum Bayern und seit 1363, als Margarete Maultasch von Tirol ihr Land im Einvernehmen mit den Landständen ihrem nächsten Verwandten, dem Habsburger Rudolf, dem Stifter übergab, zu Österreich.

Franz-Josef wurde am 2. Dezember 1848, nachdem sein Vater auf das Amt verzichtete, auf Wunsch der kaiserlichen Familie und nach den revolutionären Erhebungen breiter Volksschichten, im Alter von achtzehn Jahren Kaiser von Österreich. Als erste Maßnahme und als ein Menetekel, hob der junge Kaiser alle gegebenen Verfassungszugeständnisse auf und regierte ab 1851 wieder absolutistisch und zentralistisch. Die Regierung wollte nicht mehr oder weniger, als das abgewirtschaftete und verhasste „System Metternich“ wieder in Kraft setzen.

Das erwachende Nationalbewusstsein der Völker

Als Flammenschrift an der politischen Wand standen an erster Stelle bereits die soziale Frage, dann der Freiheitswille und auch der (teilweise von außen) geschürte Nationalismus der vielen Völkerschaften der Monarchie.

Niemand wollte und konnte damals diese Flammenschrift, Vorbote des zermalmenden Orkans von 1914, lesen und die Botschaft verstehen. Auch dann noch nicht, als der für die ungarischen Aufständischen 1848 als Schneidergeselle arbeitende János Libényi am 18. Februar 1853 auf der Bastei in Wien ein Messerattentat auf den jungen Kaiser verübte.

Das Attentat auf Kaiser Franz Joseph I. am 18. Februar 1853. Ölgemälde v. J. J. Reiner, 1853.
Das Attentat auf Kaiser Franz Joseph I. am 18. Februar 1853. Ölgemälde v. J. J. Reiner, 1853.

Die politischen Feinde der Monarchie im Untergrund jubelten: Am 18. März 1853 erschien die anonyme Schmähschrift eines Italieners und in Wien sang der verhetzte Mob:

Auf der Simmeringer Had (Heide) hat’s an Schneider verwaht.  Es g’schieht ihm scho‘ recht, warum sticht er so schlecht?“

1859 erfolgte die Niederlage der österreichischen Armee im „Sardinischen Krieg“. Sardinien-Piemont wollte das Königreich Lombardo-Venetien von österreichischer Herrschaft befreien und sich selbst einverleiben. Das Vorhaben gelang, Österreich verlor den Krieg in blutigen Schlachten.

Am 3. Juli 1866 folgte die schwere Niederlage der österreichischen Armee bei Königgrätz gegen Preußen im Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland. Der Kaiser wurde dadurch  zum Ausgleich mit den aufsässigen Ungarn und zur Umwandlung des bislang von Wien aus regierten Kaiserstaates Österreich in zwei konstitutionelle Monarchien gezwungen: Die Doppelmonarchie Österreich-Ungarn entstand, unter törichter Missachtung der nationalen Wünsche aller anderen Völkerschaften.

Das Werden Italiens von 1859 bis 1870
Das Werden Italiens von 1859 bis 1870

Bewegungen im Untergrund: „Carbonari“ und Freimaurer

Italien war seit dem Ende des antiken Römischen Reiches im Jahre 476 bis zum letzten Drittel des 19. Jahrhunderts nur ein geographischer Begriff, aber keine Nation, kein staatsrechtlicher Begriff.

Im 18. Jahrhundert entstanden vor allem in Süditalien geheime Sekten mit radikaler politischer Tendenz, die radikalste Gruppierung waren die „Carbonari“, deren Riten sich an jene der Freimaurerei anlehnten.

An Stelle der Loge trat bei den „Köhlern“ die „Hütte“, in denen den ‚guten Vettern‘, so nannten sich die Mitglieder, als heiligste Pflicht der Kampf gegen die Tyrannei verkündet wurde, oder, wie die Carbonari das in ihrer symbolischen Sprache ausdrückten: ‚die Jagd auf die Wölfe des Waldes‘. Man hat in der Folge oft behauptet, die Carboneria sei mit der Freimaurerei identisch gewesen. Aber das ist nicht der Fall.“ [Lennhof/Posner: Internationales Freimaurerlexikon; unveränderter Nachdruck der Ausgabe 1932, Spalte 760ff, Wien-München 1980].

Italienische Freimaurerloge im 19.
Italienische Freimaurerloge im 19. Jahrhundert

Die italienische Freimaurerei vertrat nicht wie die deutsche Freimaurerei eine utopische Vorstellung eines Weltbürgertums, sondern war nicht nur aus der Sicht der österreichischen Behörden durchaus irredentistisch/nationalistisch. Dies wird durch viele freimaurerische Bekundungen dokumentiert, wie zum Beispiel durch die feierliche Enthüllung des Dante-Alighieri-Denkmal in Trient, welches als sogenanntes Trienter „Trutzdenkmal“ die Italianität Welschtirols unterstreichen sollte.

Der bekannteste Freimaurer seiner Zeit war der Irredentist und Revolutionär Giuseppe Garibaldi. Er wurde später Großmeister des ‚Grande Orients d’Italia‘. Andere waren Camillo Cavour, Schöpfer der italienischen Verfassung, Giuseppe Mazzoni, auch ein berühmter Großmeister, oder der Revolutionär Giuseppe Mazzini.

Den Irredentisten im italienisch-sprachigen Teil der Monarchie, die Teile des Bürgertums, kleinere Teile des Adels, der Geistlichkeit und Arbeiterschaft, aber kaum die Bauernschaft umfassten, kann man Gewandtheit, oft List und Ausdauer sowie Unerschütterlichkeit nicht absprechen:

Sie waren Meister im ununterbrochenen Kleinkrieg gegen die österreichischen Behörden. Letztere waren gewiß nicht immer konsequent; sie zeigten aber, besonders an Verhältnissen nach dem ersten Weltkrieg gemessen, im allgemeinen und meistens eine Milde, Nachsicht und Geduld sowie Fairness, über die man heute noch staunt. Dank und Anerkennung ist ihnen von der Gegenseite dafür nicht geworden“ [Hans Kramertz: „Das Dante-Aligherie-Denkmal in Trient im Rahmen des italienischen Irredentismus“; in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Band 58, Dezember 1950].

Umgangssprachen in Österreich-Ungarn nach: William R. Shepherd, Distribution of Races in Austria-Hungary, Historical Atlas, 1911. Bei der letzten Volkszählung 1910, wurden 768.422 Italienischsprechende, das waren 1,5 Prozent der Gesamtbevölkerung der Monarchie, gezählt.
Umgangssprachen in Österreich-Ungarn nach: William R. Shepherd, Distribution of Races in Austria-Hungary, Historical Atlas, 1911. Bei der letzten Volkszählung 1910, wurden 768.422 Italienischsprechende, das waren 1,5 Prozent der Gesamtbevölkerung der Monarchie, gezählt.

Ein späterer Faschist als Vorkämpfer imperialistischer Unterdrückung

Die ohne Zweifel für das Schicksal Tirols unheilvollste Person war der 1865 in Rovereto geborene Ettore Tolomei. Er studierte in Florenz Geschichte und Geographie, wurde ein glühender Nationalist und Mitglied der ‚Dante Alighieri Gesellschaft‘.

Bild links: Ettore Tolomei. Bild rechts: Tolomei im Jahre 1925 inmitten eines faschistischen Umzugs in Bozen.
Bild links: Ettore Tolomei. Bild rechts: Tolomei im Jahre 1925 inmitten eines faschistischen Umzugs in Bozen.

Ettore Tolomei, der von seinem geliebten „Duce“ Mussolini ehrenhalber zum faschistischen Senator befördert werden sollte, sah seine Lebensaufgabe darin, die Grenzen Italiens auf den Alpenhauptkamm zu verlegen, dadurch das historisch gewachsene Tirol zu zerstören und die Ladiner und die Deutschen südlich des Brenner unter italienische Fremdherrschaft zu bringen. Er scheute dabei vor keinen historischen und Ortsnamen-Fälschungen, zurück, die teilweise skurrilen und lächerlichen Charakter annahmen.

Seine erlogene „Erstbesteigung“ des eher unbedeutenden, aber am nördlichsten im Alpenhauptkamm gelegenen Glockenkarkopfes mit der grotesken Umbenennung des Gipfels in „Vetta d’Italia“ („Gipfel Italiens“) hatte historische Bedeutung. Bei den Pariser Friedensverhandlungen am Ende des Weltkrieges wurde von der italienischen Delegation eine Landkarte mit diesem Namen vorgelegt. Dies machte angeblich großen Eindruck  – oder politisch willkommenen und vorgetäuschten Eindruck – auf den US-Präsidenten Wilson. Auch hier darf man Verlogenheit und Täuschung nicht ausschließen.

Erstmals 1906 veröffentlichte Tolomei die Zeitschrift „Archivio per l’Alto Adige“, in welcher er die von ihm erfundenen italienischen Namen für deutsche und ladinische Orte in Südtirol propagierte.
Erstmals 1906 veröffentlichte Tolomei die Zeitschrift „Archivio per l’Alto Adige“, in welcher er die von ihm erfundenen italienischen Namen für deutsche und ladinische Orte in Südtirol propagierte.

Bereits in der ersten Ausgabe der von ihm gegründeten Zeitschrift „La Nazione Italiana“ hatte Tolomei seine unheilvolle Lügenpropaganda begonnen. In der Zeitschrift „Archivio per l’Alto Adige“ präsentierte Tolomie seine geschichtlichen Lügen und gefälschten Ortsnamen, womit er die „Italianität“ des deutschen und ladinischen Südtirols „wissenschaftlich“ begründete.

Die Abschaffung des wahren und geschichtlichen Namens Tirol sowie die Umwandlung aller deutschen und ladinischen Orts- und Flurnamen in erfundene italienische Namen war sein Programm. Für die Landesbezeichnung griff Tolomei auf den kurzzeitig unter Napoleon verwendeten Namen „Alto Adige“ – „Hoch-Etsch“ – zurück.

Es gelang Tolomei und seinen Helfern jedoch trotz vieler Anstrengungen bis Mitte des 1. Weltkrieges nicht, die italienische Wissenschaft, besonders die „Geographische Gesellschaft“ und sogar die Mehrheit der politischen Führung Italiens, vom „wissenschaftlichen“ Wert seiner Publikationen zu überzeugen. Erst als er trotz heftiger Proteste Mitglied der „Geographischen Gesellschaft“ wurde, sollte sich dann unter dem Eindruck des gewonnenen Krieges und vor allem unter dem Einfluss des Faschismus rasch die Einstellung dieser Vereinigung wandeln.

In Österreich hatte man die Entwicklung und die drohenden Gefahren nicht rechtzeitig erkannt

Der italienische Anarchist und Mörder Luigi Lucheni
Der italienische Anarchist und Mörder Luigi Lucheni

Die lodernde Flammenschrift an der Wand war vom Kaiser Franz Joseph und seinem Führungskreis, trotz vieler ernsthafter Warnungen, immer noch nicht verstanden worden, als der italienische Anarchist Luigi Lucheni die Gattin Franz Josephs, Kaiserin Elisabeth („Sissy“), am 10. September 1898 in Genf mittels einer Feile mit eiskaltem Vorbedacht ermordete. [Luigi Lucheni / Santo Cappon: Ich bereue nichts! Die Aufzeichnungen des Sissi-Mörders; Taschenbuch, 2000]

Zeitgenössische Darstellung vom Mord an Kaiserin Elisabeth in Genf am 10.9.1898
Zeitgenössische Darstellung vom Mord an Kaiserin Elisabeth in Genf am 10.9.1898

Lucheni hatte sich den russischen Adeligen und Anarchistenführer Michail Alexandrowitsch Bakunin (*1814, †1876 in Bern) als anarchistisches Vorbild gewählt. Bakunin hatte 1861 mit Guiseppe Garibaldi Verbindung aufgenommen und sich 1864 in Italien niedergelassen. Er war durch Empfehlungsschreiben von G. Mazzini und Aurelio Saffi in die revolutionären italienischen Kreise eingeführt worden und hatte 1864 in Italien die „Internationale Bruderschaft“, die Keimzelle der Anarchisten Italiens, begründet.

Der Historiker Otto Weiß stellte in einem historischen Beitrag „Deutschlandbild der Italiener von der Schlacht bei Königgrätz bis zur Reichsgründung“ [In: „Deutsche Italienbilder und italienische Deutschlandbilder in der Zeit der nationalen Bewegungen 1830-1870“, Berlin 1991] die Frage:

„Wie sahen die ‚Deutschen‘ im Urteil und Empfinden der Italiener zwischen 1866 und der deutschen Reichsgründung aus? Als Quellen für seine gründliche Analyse untersuchte Weiß die gesamte damalige Presse, „dann auch programmatische Artikel in Zeitschriften und Flugschriften, die sich speziell mit Deutschland, insbesondere mit dem Verhältnis Deutschlands zu Italien befassen“.

Auf S. 257 zitierte Weiß eine hier im Kontext dieses Buches wichtige italienische Flugschrift des Jahres 1869, worin u.a. zu lesen ist:

Damit die beiden Völker ihrer Aufgabe nachkommen könnten (…) müssten sie gemeinsam Tirol von Österreichern befreien. Der Brenner soll zur Grenze, nein zum Ort der Begegnung beider Völker werden.“ 

(Diese durchaus heuchlerische Interpretation des Brenners als „Ort der Begegnung“ hört und liest der aufmerksame Zeitgenosse auch heute noch in vielerlei Abwandlungen in den Medien! In erster Linie nicht von Seiten italienischer Politiker, sondern vor allem von den politischen Repräsentanten der Republik Österreich und Südtirols, die damit seit Jahrzehnten ihre ständige Verzichtspolitik in Südtirol-Fragen rechtfertigen und als moralischen Fortschritt verkaufen.)

Die Ermordung des Thronfolgers

Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich-Este.
Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich-Este.

Am 28. Juni 1914 wurden der seit 1896 zum Thronfolger bestimmte Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich-Este und seine Gattin, Sophie Gräfin Chotek v. Chotkowa und Wognin, seit 1909 Herzogin von Hohenberg, in Sarajevo vom 19jährigen Schüler Gavrilo Princip mit Hilfe der Untergrundorganisation „Mlada Bosna“ und der serbischen Geheimorganisation „Schwarze Hand“ mit Pistolenschüssen ermordet.

 

Gavrilo Princip erschießt Erzherzog Franz Ferdinand und dessen Frau Gräfin Chotek. Nachempfundene Illustration von Achille Beltrame in der italienischen Zeitung La Domenica del Corriere am 12. Juli 1914
Gavrilo Princip erschießt Erzherzog Franz Ferdinand und dessen Frau Gräfin Chotek. Nachempfundene Illustration von Achille Beltrame in der italienischen Zeitung La Domenica del Corriere am 12. Juli 1914

Der 19jährige Attentäter Gavrilo Princip.
Der 19jährige Attentäter Gavrilo Princip.

 

Auch zu diesem Zeitpunkt kam es zu keinem entschlossenen und eigenverantwortlichen Handeln der dazu unfähigen Regierung in Wien. Zudem hatte sich wegen des Jahrzehnte langen politischen Versagens der maßgeblichen Eliten die „politische Großwetterlage“ bereits gegen das österreichische Kaiserhaus gewandt. Der überforderte alte Kaiser erklärte Serbien den Krieg, die lange aufgestellten Fallen schnappten zu, der 1. Weltkrieg entbrannte.

Die nationalistischen Kräfte des mit Österreich-Ungarn und mit dem deutschen Reich im „Dreibund“ verbündeten Italien hatten auf eine solche Situation gewartet. Nun entbrannte die Kriegstreiber-Propaganda mit voller Wucht, bis es 1915 zum Bündnis-Bruch seitens Rom und zum italienischen Überfall auf den eigenen Verbündeten kam.

Was gemäß Hofzeremoniell als wichtig erschien – während der Staat dem Zerfall entgegen wankte

Die absolute Starrheit und der moralische Verfall des kaiserlichen Hofstaates in Wien hatten sich beim schäbigen Begräbnis des ermordeten designierten kaiserlichen Ehepaares dokumentiert:

Die Trauerfeiern wurden vom Hof wegen der nicht standesgemäßen Heirat bewusst bescheiden gehalten, die Presse sprach von einem ‚Begräbnis III. Klasse‘. Ein vollständiges Staatsbegräbnis kam für einen Thronfolger ohnehin nicht in Frage, dies stand nur dem Monarchen selbst zu. Für die Herzogin von Hohenberg war eine Bestattung in der Kapuzinergruft nicht möglich, und eine Ausnahmeregelung durch Kaiser Franz Joseph war nicht zu erwarten. Er konnte dem Thronfolger die morganatische Ehe gegen seinen Willen nicht verzeihen.
Da Franz Ferdinand dies gewusst hatte, aber unter allen Umständen an der Seite seiner Gattin begraben werden wollte, hatte er bereits zu Lebzeiten vorgesorgt und in seinem Schloss Artstetten eine Gruft errichten lassen. 
[Austria-Forum: „Franz Ferdinand von Österreich-Este“].

Der ermordete Thronfolger hatte ein modernes Staats-Konzept vertreten

Der Ermordete hatte als einer der wenigen Mitglieder des Kaiserhauses die vielen Zeichen an der Wand gesehen: Er hatte die Monarchie grundlegend neugestalten und die Völker Österreichs in einer Föderation auf ethnischer Grundlage vereinen wollen. Das war ein modernes Konzept gewesen, welches zu einer Lösung der ethnischen Fragen durch einen Föderalismus ähnlich jenem der Schweiz hätte führen können. Seine Ermordung 1914 und der Tod des greisen Kaisers 1916, sowie die Niederlage von Österreich-Ungarn 1918 waren das tragische Ende eines großen Staates, einst die vielhundertjährige Führungsmacht Deutschlands im Herzen Europas.

Feldmarschall Conrad von Hötzendorf hatte die italienische Gefahr erkannt gehabt

Conrad v HötzendorfÖsterreichs Feldmarschall Conrad von Hötzendorf, bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 der Chef des Generalstabes für die gesamte bewaffnete Macht Österreich-Ungarns, hatte mehrmals einen Präventivkriege der Monarchie gegen die erkannten Gefährder Italien und Serbien gefordert gehabt. Conrad spielte eine wichtige Rolle in der Julikrise, die zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges führte. Er urteilte über den Irredentismus [“Aus meiner Dienstzeit 1906-1918“, S. 24, Wien-Berlin-Leipzig-München 1921]:

So gering die Zahl der Italiener in Österreich-Ungarn auch war, so bedeutungsvoll wurde sie durch die hartnäckige Agitation ihrer politischen Führer, die letzten Endes die Vereinigung der von Italienern bewohnten österreichisch-ungarischen Gebiete mit dem Königreich Italien anstrebten. Sie fanden bei Italien die lebhafteste Unterstützung.

Zwar nötigte das zwischen Österreich-Ungarn und Italien bestehende Bündnis die offiziellen Kreise Italiens, die Beziehungen zur irredentistischen Bewegung nach außen hin zu verleugnen, nichtsdestoweniger fanden sie italienischerseits vollste Förderung“

„Von den (Im Jahre 1890) 697.000 Italienern Österreich-Ungarns bewohnten 22.000 das Gebiet von Fiume, 16.000 Dalmatien, 294.000 das Küstenland, 362.000 Tirol. Im Küstenland bildeten sie hauptsächlich die Bevölkerung der Städte (Triest, Görz, Pola, Parenzo, Rovigno etc.), während das Land rings um diese von Slawen bewohnt war; in Tirol hatten sie den Süden des Landes inne, davon große Teile, die einst deutsch waren, allmählich aber verwelscht wurden.

Die italienische Landbevölkerung, dann auch der Adel waren zum größten Teile österreich-patriotisch gesinnt, ein Großteil der reicheren Gutsbesitzer (signori) sowie der bürgerlichen Kreise aber war ausgesprochen dem Irredentismus ergeben, der überdies auch im Klerus und selbst in der Beamtenschaft seine Vertreter fand.

Die Tendenzen dieser Partei hatten so sehr die Vereinigung mit Italien zum unverrückbaren Ziele, daß jedes Entgegenkommen, jeder versöhnliche Versuch ein vergebenes Bemühen war, ja jede Konzession die irredentistischen Bestrebungen nur zu fördern vermochte. Trotzdem ging die Regierung, in großer Schwäche, diesen Weg. Italien versäumte es nicht, den Irredentismus wach zu erhalten, ihn auszunützen und dem großen Ziele einer wesentlichen territorialen Erweiterung auf Kosten Österreich-Ungarns dienstbar zu machen.

Ein österreichischer Offizier berichtet über die italienische geheimdienstliche Wühlarbeit

Ein ehemaliger österreichischer Offizier, der seit 1906 mit Unterbrechungen in „einem Grenzort Südtirols, der eine bekannte Hochburg der Irrendenta war“, seinen Militärdienst im Abwehr- und Nachrichtendienst verrichtete, beschrieb anschaulich das dort von ihm Erlebte [„Kämpfer an vergessenen Fronten“, bearbeitet und herausgegeben von Wolfgang Foerstner. S. 558ff, Berlin 1931].

Er berichtete u.a.:

Italienische Offiziere sagen Krieg voraus

„In den meisten Geschäftsauslagen waren Büsten des italienischen Königs oder Garibaldis, niemals aber ein Bild unseres eigenen Herrschers zu sehen. (…) Während meiner mehrjährigen Abwesenheit von Tirol hatten die Italiener so ziemlich alle Grenzübergänge mit Sperrforts versehen, die aber alle in ihrer Anlage den offensiven Charakter erkennen ließen. (…)  Von italienischen Offizieren konnte man nach dem Tripoliskrieg
[Anm. Hg.: dieser begann mit der italienischen Kriegserklärung am 29. September 1911 und endete mit dem Frieden von Ouchy am 18. Oktober 1912. In ihm trat das Osmanische Reich Tripolitanien, die Cyrenaika und den Dodekanes an Italien ab.]
vielfach die Äußerung hören, der Tripoliskrieg sei nur als Vorschule für den nun bald kommenden Krieg gegen Österreich, den man zu Erlangung von Trient und Triest führen werde, anzusehen.

Steigerung der Spionagetätigkeit

Tatsächlich war damals in Südtirol auch eine wesentliche Steigerung der italienischen Spionagetätigkeit zu verzeichnen, was immer ein Zeichen ist, daß sich irgendetwas vorbereitet. (…)
Wie es diesbezüglich aussah, lässt wohl am besten die Tatsache erkennen, daß damals in einem Monat in Südtirol vierzig italienische Offiziere zugleich auf Urlaub weilten, die sich in unserem Grenzbereich als Touristen herumtrieben und dabei nicht nur selbst auskundschafteten, sondern auch unsere italienische Grenzbevölkerung verhetzten und zur Spionage verleiteten. (…)

In den letzten Jahren vor dem Ausbruch des Weltkrieges arbeitete der italienische Nachrichtendienst in Tirol mit Hochdruck und bediente sich dabei mit großem Erfolg jener Bewegung, welche man als Irredenta bezeichnete, und welche sich die Losreißung der von Italienern bewohnten Grenzgebiete der Monarchie zum Ziele gesetzt hatte. (…)

Da wir mit Italien im Dreibundvertrag standen und offiziell das herzlichste Einvernehmen zwischen unseren Staaten herrschte, durfte unser Abwehrdienst nur mit größter Rücksichtnahme vorgehen, um den Nachbar durch ein zu scharfes Vorgehen nicht zu verstimmen, und konnte daher nur in ganz krassen Fällen von Spionage einschreiten. (…)

Die Benutzung irredentistischer Vereinigungen

Der italienische Nachrichtendienst bediente sich zu seinen Zwecken aber auch in sehr geschickter Weise der zahlreichen irredentistischen Vereine auf unserem Gebiet. So konnten wir feststellen, daß der „Klub Alpino Tridentino“ im Auftrage des „Touring Club Italiano“, der vom italienischen Generalstab für Spionagezwecke eine jährliche Subvention von 25.000 Lire bezog, eine genaue Wegekarte des ganzen Grenzgebietes anlegte und alle im Grenzgebiete vorhandenen Hochgebirgswege bis zur Grenze markierte, welche Markierung dann auf italienischer Seite von den Alpinitruppen fortgesetzt wurde. Der Verein baute auch an einigen wichtigen Übergangspunkten des Grenzgebietes eigene Schutzhütten, die immer reichlich mit Lebensmittel versehen waren, so daß sie sehr brauchbare Depots darstellten.
Die in Südtirol bestehenden Sportvereine waren fast ausschließlich irredentistisch und standen ganz unter dem Einfluss der Vereine des benachbarten Königreichs.
[Anmerkung: Unter „Südtirol“ wurde im alten Österreich nicht das heutige Südtirol verstanden, sondern Welschtirol, das heutige „Trentino“.]
Diese Vereine ließen sich im Laufe der Zeit alle eigene Uniformen anfertigen, die selbstverständlich in Schnitt und Farbe ganz der italienischen Uniform nachgebildet waren, so daß jeder, der so einen Verein sah, den Eindruck hatte, daß es ein reichsitalienischer sei. Derartig uniformierte Vereine gab es in Südtirol etwa 75. (…)

Horten von Waffen

Eine von der Abwehrstelle im Frühjahr 1914 durchgeführte Überprüfung der im südlichen Landesteil ausgegebenen Waffenpässe ergab, daß in den drei an Italien grenzenden Bezirken Pässe für 6000 Gewehre und 5000 Revolver und Pistolen ausgestellt worden waren. Diese Menge war hinreichend, um die genannten uniformierten Vereine vollkommen mit Waffen auszurüsten. Italien konnte also damit rechnen, daß es in einem Kriege mit uns in Südtirol gleich ein ganz italienisch uniformiertes und dabei auch noch bewaffnetes Freikorps zur Verfügung haben werde, das einen Aufmarsch unserer Truppen im südlichen Landesteil empfindlich stören, wenn nicht gar verhindern konnte“.

Die italienische Freimaurerei beteiligte sich intensiv an den Kriegsvorbereitungen

Daß auch die italienische Freimaurerei am Kriegseintritt Italiens 1915 nicht unbeteiligt war, erkennt man an den Worten des damaligen Großmeisters der italienischen Logen. Bereits am 14. Juli 1914 sprach er von der Gefährdung der nationalen Interessen, von der Möglichkeit der Vervollständigung der nationalen Einheit (…)  Auf eine Anfrage des Deutschen Großlogenbundes vom 5. November 1914, ob die in den Zeitungen veröffentlichten Mitteilungen über dreibundfeindliche Kundgebungen der italienischen Maurer wahr seien, antworteten diese zunächst vieldeutig (…)

Als am 5. Mai 1915 das Denkmal der tausend Garibaldiner in Quarto eingeweiht wurde – Gabriele d’Annunzio hielt die die Festrede – umrahmten die Fahnen von 400 italienischen Logen den Festplatz. Neun Tage später trat Italien in den Weltkrieg ein. Der Großorient sprach in einer Botschaft von einem lang erwarteten Ereignis, das er begrüßte“ [Lennhof/Posner: Internationales Freimaurerlexikon; unveränderter Nachdruck der Ausgabe 1932, Spalte 765, Wien-München 1980].

So sollte die Landkarte nach den Vorstellungen der italienischen Irredentisten und Faschisten nach dem 1. Weltkrieg aussehen: Nicht nur der Alpenhauptkamm, sondern Teile von Frankreich und Monaco, ganz Istrien und das kroatische Dalmatien standen auf der Wunschliste. Benito Mussolini proklamierte in einer Rede am 21.6.1921, daß die Einheit Italiens erst dann vollendet sei, wenn auch das schweizerische Tessin italienisch sei.
So sollte die Landkarte nach den Vorstellungen der italienischen Irredentisten und Faschisten nach dem 1. Weltkrieg aussehen: Nicht nur der Alpenhauptkamm, sondern Teile von Frankreich und Monaco, ganz Istrien und das kroatische Dalmatien standen auf der Wunschliste. Benito Mussolini proklamierte in einer Rede am 21.6.1921, daß die Einheit Italiens erst dann vollendet sei, wenn auch das schweizerische Tessin italienisch sei.

Wie lebendig das damalige, von Hass und Vernichtungswillen geprägte Gedankengut der Irredentisten auch heute noch ist, erkennt man im Gedenken an das Leben und Sterben des Irredentisten Cesare Battisti: Seine Gedenktafel in Rom, seine Büsten im „Siegesdenkmal“ in Bozen und in Verona, die Gedenkplatte an seinem Geburtshaus in Trient und sein Grabmal im Battisti-Mausoleum in Trient dokumentieren die ungebrochene Verehrung des am 11. Juli 1916 in Trient gehängten sozialistischen Irredentisten.

Battisti hatte – im Gegensatz zum Faschisten Ettore Tolomei – nicht den Alpenhauptkamm als Italiens Grenze gefordert, sondern eine Grenzziehung entlang der realen Sprachgrenze.

Dieser Forderung von Battisti können sich heute noch alle am Frieden und guter Nachbarschaft interessierten Österreicher  und Italiener anschließen.

Im Ersten Weltkrieg hatte der österreichische Staatsbürger Battisti als Offizier im italienischen Heer gegen Österreich-Ungarn gekämpft und war von den Östereichern gefangen genommen worden.

Es war eine menschliche Tragödie und politische Kurzsichtigkeit, dass dieser Mann nach seiner Gefangennahme als österreichischer Deserteur hingerichtet und nicht begnadigt wurde. Diese Engstirnigkeit der österreichischen Militärjustiz und der österreichischen Staatsführung wirkt in tragischer Weise bis heute nach. Ausgerechnet das Gedenken an einen Mann, der keine Unterdrückung anderer Nationalitäten anstrebte, wird heute von italienischen Nationalisten und Faschisten dazu missbraucht, die „Heiligkeit“ der Brennergrenze zu behaupten.

 Cesare Battisti auf dem Weg zu seiner Hinrichtung in Trient. Foto aus: „Kämpfer an vergessenen Fronten“, S. 569; Berlin 1931.
Cesare Battisti auf dem Weg zu seiner Hinrichtung in Trient. Foto aus: „Kämpfer an vergessenen Fronten“, S. 569; Berlin 1931.

Schrift auf Battisti Denkm

Benito Mussolini hatte 1935 auf dem Doss Trento ein Denkmal für Cesare Battisti errichten lassen und damit das Andenken an diesen Mann für faschistisch-nationalistische Zwecke missbraucht.

Unbekannte Welschtiroler schrieben in einer Nacht folgenden Text auf das Denkmal:

„O kleiner Cesare, du bist umsonst gestorben, weil das Trentino nie italienisch war und nie italienisch sein wird.“

In der Folge wurde der Text auch als Flugblatt verbreitet.

Welschtiroler Schützen verteidigten Tirol

Welschtiroler Schützenkompanien verteidigten im 19. und im 20 Jahrhundert mehrmals heldenhaft ihre Heimat gegen italienische Einfälle.

Veteranen dekoriert

Scannen0006

Scannen0005

Chwvts

LEAD Technologies Inc. V1.01

Bis heute in Welschtirol und in Südtirol keine Volksabstimmung!

In Italien wird immer stolz betont, dass die Einigung des Stiefel-Staates durch Volksabstimmungen in den jeweils dazu gewonnenen Gebieten legitimiert wurde.

Dabei ist Folgendes interessant:

Es gab nach dem Ersten Weltkrieg in Südtirol und in Welschtirol keine Volksabstimmung über die Zugehörigkeit zu Italien.

Ganz offenbar befürchtete man nach dem Ersten Weltkrieg in Rom, dass in Welschtirol vor allem die Landbevölkerung mit ladinischen und deutschen Wurzeln mehrheitlich gegen einen Anschluss an das Königreich Italien stimmen würde. Welschtirol

Die Stimmen italienisch-nationalistisch gesonnener städtischer Intellektueller und Gewerbetreibender wären nicht ausreichend für einen römischen Sieg in einem Plebiszit gewesen.

Rom zog also die Vorsicht vor – bis heute!!!

Denn in Welschtirol erwacht wieder eine Rückbesinnung auf ladinische und deutsche Wurzeln.

Die Rückbesinnung auf die alten Wurzeln

 Tyrol

Um diese Rückbesinnung verstehen zu können, ist ein Blick auf die Geschichte der Bevölkerungsentwicklung notwendig.

Welschtirol war in den ländlichen Gebieten vorwiegend ladinisch undvor allem in den Rodungsgebieten der Seitentäler seit dem 12. und 13. Jahrhundert auch deutsch geprägt. Lediglich in größeren Orten und Städten setzte sich ein vergleichsweise kleiner aus dem Süden zugewandeter italienischer Bevölkerungsanteil fest: Intellektuelle, Kaufleute und Handwerker.

Sprachenkarte

Eine Sprachenkarte Gesamttirols mit der Darstellung der Situation um 1500 verdeutlicht dies:

Scannen0004

(Aus: Wilhelm Rohmeder: „Die ehemalige Ausdehnung des Deutschtums in den italienisch-sprachigen Bezirken Tirols“, Innsbruck 1908)
(Aus: Wilhelm Rohmeder: „Die ehemalige Ausdehnung des Deutschtums in den italienisch-sprachigen Bezirken Tirols“, Innsbruck 1908)

Die Namen der Trentiner Bischöfe

Auch ein Blick in das Namensregister der Bischöfe von Trient ist interessant:

Um 800 nach Christi Geburt finden wir einen Hiltigard, um 827 einen Heimpert, um 850 einen Udalschalk, um 880 einen Adelgis. Dann folgen die Bischöfe Fridebert, Gisulf, Bertald, Konrad.

Weitere Bischofsnamen absolut nicht italienischer Herkunft: Lantram, Arnald, Rainoard, Udalrich, Hatto, Heinrich, Bernward, Gebhard, Adelpret, Altmann, Eberhard und so fort und so weiter. Bis in das 19. Jahrhundert finden wir zahlreiche solche deutschen Namen. Erst ab der Mitte des 19. Jahrhunderts folgen ausschließlich italienische Namen.

Bis heute hat sich auch in einigen Sprachinseln ein alter bajuwarischer Dialekt, das sogenannte „Zimbrische“ erhalten:

ZimbrischSprachliche Italianisierung durch italienischen Klerus

Das ladinische und deutsche Siedlungsgebiet reichte einst auch weit über das südliche Tirol hinaus in den oberitalienischen Raum hinein. Es erstreckte sich bis zum alten Berne (Verona). Germanische Einwanderungswellen der Langobarden, Franken und Bajuwaren prägten diesen Kulturkreis bis über das Mittelalter hinaus. In der Folge wurden immer wieder neue Einwanderer aus dem Norden zur Rodung weiter Waldgebiete und zur Schaffung einer bäuerlichen und städtischen Kulturlandschaft ins Land gerufen.

Eine hervorragende Darstellung hat  dazu Bernhard Wurzer in seinem Standardwerk „Die deutschen Sprachinseln in Oberitalien“ (Athesia-Verlag Bozen, 5. Auflage 1983) geliefert.

Das Titelbild seines Buches zeigt die Ortschaft Palai im Fersental.
Das Titelbild seines Buches zeigt die Ortschaft Palai im Fersental.

Wenn in früheren Zeiten Priestermangel herrschte, so rief man vor allem deutsche Priester aus dem Norden ins Land, welche die Sprache der deutschen Einwohner sprachen. Das änderte sich radikal, als im deutschen Norden der Protestantismus um sich griff.

Nun zogen die Bischöfe von Triernt es vor, Priester aus dem italienischen Süden ins Land zu holen, die nicht von dem von Martin Luther verbreiteten Bazillus angesteckt waren.

Diese Priester sprachen Italienisch, predigten Italienisch, tauften die Kinder auf italienische Vornamen und italianisierten in den Tauf- und Sterberegistern auch die Familiennamen.

So wurde beispielsweise aus dem in Welschtirol weit verbreiteten Familiennamen „Nikolaus“ der Familienname „Nicolussi“. Seitenlinien dieser „Nicolussi“ behielten bis heute vielfach deutsche Zusatznamen bei: Reut-Nicolussi, Nicolussi-Leck.
Auch der von Grundschulunterricht wurde in italienischer Sprache gehalten.
Im 19. Jahrhundert mögen auf der Seite dieser Priester auch noch nationalistische Antriebe die sprachlichen Italianisierungsmaßnahmen verstärkt haben.

Heute erstarkt das Bewußtsein eigener Identität

In Welschtirol in Umlauf befindlicher Aufkleber: „Trentino ist Österreich“
In Welschtirol in Umlauf befindlicher Aufkleber: „Trentino ist Österreich“

Der Welschtiroler Schützenbund gründet neue Kompanien oder nimmt Wiedergründungen ehemaliger Kompanien vor. Das Tirol-Bewußtsein südlich der Salurner Klause erstarkt deutlich.

 SK Destra Ades 1900

 

Die Welschtiroler Schützenkompanie Destra Ades um 1900 und im Jahre 2016
Die Welschtiroler Schützenkompanie Destra Ades um 1900 und im Jahre 2016

 Die Tiroler Farben, der Tiroler Adler und ein Bild Andreas Hofers schmücken das Schützenheim der Welschtiroler Schützenkompanie Trient. Ein Aufschrift an der Wand besagt, dass Trauer herrscht, solange Tirol nicht vereinigt ist.

 

 

 Die Tiroler Farben, der Tiroler Adler und ein Bild Andreas Hofers schmücken das Schützenheim der Welschtiroler Schützenkompanie Trient. Ein Aufschrift an der Wand besagt, dass Trauer herrscht, solange Tirol nicht vereinigt ist.
Die Tiroler Farben, der Tiroler Adler und ein Bild Andreas Hofers schmücken das Schützenheim der Welschtiroler Schützenkompanie Trient. Ein Aufschrift an der Wand besagt, dass Trauer herrscht, solange Tirol nicht vereinigt ist.

Die Geschichte auch dieses Landesteils ist in Bewegung!
Die Geschichte auch dieses Landesteils ist in Bewegung!

In zahlreichen Internet-Portalen betonen immer mehr Welschtiroler, dass sie sich als Tiroler und Österreich zugehörig fühlen:

Willkommen

Tirol bis Borghetto

Sudtirolo e Austria

Stolz stellt eine Familie einen alten österreichischen Reisepass ins Internet.
Stolz stellt eine Familie einen alten österreichischen Reisepass ins Internet.

8 Jahrhunderte

„Tirol ist nicht Italien“, verkündet diese Darstellung im Internet. Und: „93 Jahre löschen nicht 8 Jahrhunderte aus“




Gedenken an einen Südtiroler Freiheitskämpfer

 Anton Gostner vor seiner Verhaftung

Der Südtiroler Heimatbund (SHB), eine von ehemaligen politischen Häftlingen Südtirols gegründete Vereinigung, welche für die Selbstbestimmung Südtirols eintritt, erinnert an den tragischen Tod eines vorher von den Carabinieri schwer gefolterten Südtiroler Freiheitskämpfers und hat dazu nachstehende Pressemitteilung veröffentlicht:

Gostner bei seiner Einlieferung in das Gefängnis.
Gostner bei seiner Einlieferung in das Gefängnis.

Vor 55 Jahren starb Anton Gostner

Der Südtiroler Heimatbund erinnert in diesen Tagen an die 55. Wiederkehr des Todes des Südtiroler Freiheitskämpfers Anton Gostner aus St. Andrä bei Brixen. Der heimatliebende Eisacktaler war an den Sprengstoffanschlägen auf Strommasten beteiligt und von den Carabinieri festgenommen und in den Militärkasernen von Brixen und Eppan schwer gefoltert, misshandelt und psychischer Gewalt durch Schläge ausgesetzt worden. Er starb am 7. Jänner 1962 im Gefängnis von Bozen, berichtet Obmann Roland Lang.

Obwohl er schwer herzkrank war, wurde keine Rücksicht auf seine schwache und angeschlagene Gesundheit genommen. Die Mitgefangenen wie beispielsweise der Ultner Gemeindearzt Josef Sullmann forderten Arzneimittel für eine kurz- bis mittelfristige Besserung des Gesundheitszustands und die Einlieferung ins Krankenhaus, doch dieser Forderung wurde aus menschenverachtenden Gründen keineswegs Folge geleistet, so der SHB.

Sepp Mitterhofer, ein ehemaliger Mithäftling Gostners, erlebte den Tod Gostners.
Sepp Mitterhofer, ein ehemaliger Mithäftling Gostners, erlebte den Tod Gostners.

„Als am 7. Jänner 1962 die Häftlinge im Hof des Kerkers spazieren gingen, klagte Gostner über ein beklemmendes Gefühl in der Brust und einen starken Schmerz im linken Arm. Auf der Krankenstation wurde er kurz behandelt und in die Zelle zurückgebracht. Ich konnte noch ein paar Worte mit dem Brixner sprechen, ehe es ihn nach hinten riss. Nach Luft ringend, wurde er blau im Gesicht und starb. Nach dem die Wärter den toten Freiheitskämpfer und stets fürsorglichen, fünffachen Familienvater forttrugen, blieben die drei anderen Häftlinge völlig niedergeschlagen und sprachlos zurück“, erinnert sich SHB-Ehrenobmann Sepp Mitterhofer.

Nicht zu vergessen ist auch der Hungerstreik der Südtiroler Häftlinge in Bozen und Trient. Eine Woche nach dem Ableben von Gostner begann eine Aktion, mit der die Einsetzung einer internationalen Untersuchungskommission verlangt wurde. Doch dieser Forderung, welche auch von Südtiroler Politikern geteilt wurde, wurde auf keinen Fall stattgegeben. Als Gegenleistung der sarkastischen Art und Weise wurden einige Häftlinge nach Verona und Vicenza strafversetzt.

Lebhaft in Erinnerung blieb auch der Trauerzug von der Kirche in St. Andrä, von der die schwarze Trauerfahne wehte. Der Sarg Gostners wurde von Schützen getragen. Brixens Bürgermeister Valerius Dejaco überreichte als Sprachrohr „einer vieltausendköpfigen, stummen Menge“, die sich aus allen Teilen Südtirols zusammengeströmt war, dem Toten den letzten Gruß der „blutenden Herzens vom ganzen Tiroler Volk gesprochen wurde“, berichtet Lang.

Bericht in der „Bunten Illustrierten“
Bericht in der „Bunten Illustrierten“

 

 

Unübersehbar lang war der Trauerzug
Unübersehbar lang war der Trauerzug

Begräbnis 1 Ausschnitt

Als heutzutage unvorstellbar könnte man die Aktion der italienischen Behörden bezeichnen. Eine Abordnung der Nordtiroler Landesregierung mit Landeshauptmann Tschiggfrey und den Landesräten Wallnöfer und Zechtl wurde letzterer am Brenner an der Weiterreise nach Brixen gehindert. Die Delegation zelebrierte dann in der Hofkirche in Innsbruck einen Gedenkgottesdienst für Gostner, so Lang.

Einreiseverbot

Anton Gostner war nach dem Burggräfler Franz Höfler das zweite Opfer der polizeilichen Gewalt gegen Südtiroler, die sich gegen das System und für die Heimat einsetzten. Mögen die Taten der Freiheitskämpfer, die allzu früh ihr Leben lassen mussten, niemals vergessen und ihnen ein ehrendes Andenken gewährt werden, schließt Lang.

Roland Lang
Roland Lang

Roland Lang
Obmann des Südtiroler Heimatbundes (SHB)




Dokumentation: Die Folterung des Anton Gostner

Am 16. August 1961 berichtet der Südtiroler Freiheitskämpfer und fünffache Familienvater Anton Gostner in einem Brief an seinen Rechtsanwalt Dr. Egger über schwere Misshandlungen, die er in italienischen Kerkern erdulden musste:

„Sehr geehrter Herr Dr. Egger!

Anton Gostner vor seiner Verhaftung.
Anton Gostner vor seiner Verhaftung.

Wie Sie mir in Ihrem Brief mitteilten, von dem Geld, das kann ich nicht verstehen und nicht begreifen, denn das muß ein Irrtum sein oder sonst rein von der Luft gegriffen. Ich bin überzeugt, daß es in der ganzen Welt keinen Menschen gibt, der das behaupten kann.
Was meine Mißhandlung betrifft, das möchte ich Ihnen kurz berichten und hier niederschreiben. Ich bin am 20. Mai 1961 verhaftet worden, hier in Bozen.
Wurde beschuldigt, bei Versammlungen im Ausland, bei einem nicht festgesetzten Zeitpunkt teilgenommen zu haben und Geld vom Ausland bekommen zu haben, was alles ein Irrtum oder eine Erfindung ist.
Dann am 18.7.1961 holten mich 3 Carabinieri vom Gefängnis ab und führten mich geschlossen nach Brixen – ohne meine Frage zu beantworten, was mit mir geschehen solle.
Man brachte mich in die Carabinierikaserne von Brixen und verhörte mich dort bis zum nächsten Tag, zirka 10 Uhr. Die Behandlung war nicht gerade die angenehmste. Man gab mir abwechselnd immer mehr oder weniger Schläge. Man stellte mich an die Wand unter die Quarzlampe, mit den Händen immer hoch über dem Kopf, nicht weniger als wenigstens 4 Stunden ununterbrochen, wobei ich drei- oder viermal ohnmächtig wurde.
Man zog mich bei den Haaren auf dem Boden. Man setzte mir Käfer an, auf dem Bauch, deren Gattung ich nicht kenne, sie waren ziemlich groß. Ich denke, sie hatten die Eigenschaft, sich eine Vertiefung zu graben mit den Zangen, was sie auch taten.
Dann brachte man mich nach Eppan, wo es noch weitaus schlimmer war. Man schlug mich so heftig, daß ich oft nicht mehr wußte, wo ich war. Man hat mich nackt ausgezogen, über einen Tisch gelegt, mit dem Kopf nach unten, und schüttete mir drei volle Stunden Salzwasser, vielleicht mit einer Säure gemischt, in den Mund und Nase, daß man fast jede Minute glaubte, ersticken zu müssen, und das immer so lange, bis man ohnmächtig war. Man schlug mich dann nieder, und dann ging es immer wieder auf ein Neues. Man steckte mir brennende Zigaretten in die Nasenlöcher und auf die Stirn, wo man noch heute die Brandwunden erkennen kann. Man riß mir Haare beim Geschlechtsteil aus. So ging es mir mehr oder weniger 10 Tage, bis man mich wieder ins Bozner Gefängnis brachte. Ich möchte Sie bitten, Herr Doktor, sich zu erkundigen, ob das wirklich alles erlaubt ist. Noch dazu mit meinem Herzleiden, was ich habe. Ich könnte es verstehen, wenn ich wirklich ein Verbrecher wäre, aber so kommt es mir schon ein bißchen kraß vor.
Ich danke Ihnen im vorhinaus und grüße Sie
hochachtungsvoll
Gostner Anton.“

(Wiedergegeben in: Helmut Golowitsch: „Für die Heimat kein Opfer zu schwer…“, 2. Auflage, Edition Südtiroler Zeitgeschichte 2012, S. 294ff)

Dol 09 01 62

Die Tageszeitung „Dolomiten“ veröffentlichte Gostners Folterbrief und verlangte Aufklärung
Die Tageszeitung „Dolomiten“ veröffentlichte Gostners Folterbrief und verlangte Aufklärung

Sein Bruder, Engelbert Gostner, schilderte später im 1. Mailänder Prozess eine Gegenüberstellung in Eppan, bei der er zahlreiche Brandwunden im Gesicht seines Bruders sah. Der ebenfalls schwer gefolterte und später nach Österreich geflüchtete Siegfried Graf aus Prad im Vinschgau gab im Oktober 1961 in Österreich eine eidesstattliche Erklärung ab, in der er den weiteren Leidensweg Anton Gostners schilderte:

„Dort wurde er mit dem Kopf über eine Wanne mit ätzender Säure gehalten. Es wurde eine Decke über seinen Kopf geworfen und er in dieser Lage bis zur Bewußtlosigkeit belassen. Noch nach vielen Wochen war er im Gefängnis in Bozen mit tränenden und vereiterten Augen in Behandlung.“ (Walla, Max (Hrsg.): „Die Schändung der Menschenwürde in Südtirol“, 2. Auflage, S. 95)

Hungerstreik 16 01 62aHungerstreik 16 01 62bProtest NT Landesreg cGebet TN 15 01 62Die Proteste der Tageszeitung „Dolomiten“ und die der Nordtiroler Landesregierung konnten keine Haltungsänderung in Italien bewirken. In den Carabinieri-Kasernen wurde weiter gefoltert.

An den Märtyrer der jüngeren Tiroler Zeitgeschichte, Anton Gostner erinnert heute eine Gedenktafel auf dem Friedhof in St. Pauls.

Gedenktafel St Pauls

 




Weihnachtsgrüße der SID-Redaktion

Den Mitbürgern und Freunden alles Gute für Weihnachten und das Neue Jahr 2017!

Wir gehen unsicheren Zeiten entgegen. Italien taumelt finanziell am Abgrund. Die Gefahr der Instabilität wächst und wir werden erst sehen, welche Kräfte mit welchen Heilsversprechungen in Italien das Heft in die Hand nehmen werden.

Es kann sein, dass die Südtiroler dann zusammenstehen müssen, um als Volksgruppe politisch überleben zu können.

Hoffen wir, dass dann im Volk und unter den führenden politischen Persönlichkeiten der Gemeinsinn herrschen wird und dass unter Hintanstellung parteipolitischer Taktik für das Wohl des Landes gearbeitet wird.

In diesem Sinne verbleiben die Mitarbeiter des SID mit den besten Wünschen!




Faschistoide „Staatsreform“ vorläufig beerdigt

Der Südtiroler Parlamentarier Hans Berger in Rom

Rückblick und Ausblick

Am 4. Dezember 2016 haben die Italiener in einem Referendum entschieden, dass sie den Weg zurück in einen faschistoiden Zentralstaat nicht gehen wollen. Auch nicht unter der Führung des Ministerpräsidenten Renzi und unter der zartrosa Flagge der angeblichen Linkspartei „Partito Democratico“ (PD).

Die geplante Abschaffung des Föderalismus, die Errichtung eines Zentralstaates und die Einführung eines Wahlsystems, welche der relativ stärksten Partei eine absolute Mehrheit an Parlamentssitzen sichern sollte – das alles erinnerte sehr an den Beginn der Mussolini-Herrschaft unseligen Angedenkens.

Dass das alles unter dem Banner einer angeblichen Linkspartei hätte geschehen sollen, kann nur jene Mitbürger verblüffen, die nicht wissen, dass auch Benito Mussolini aus dem sozialistischen Lager kam und seine Idee eines „nationalen Sozialismus“ in der Folge auch an seinen gelehrigen Schüler Adolf weitergab.

Die Italiener haben Stiefelweit mit 59,11 Prozent NEIN-Stimmen dieses Projekt abgelehnt und damit vorläufig beerdigt.

Seltsame Haltung der „Südtiroler Volkspartei“ (SVP)

Mehr als seltsam war in diesem Zusammenhang das Verhalten der „Südtiroler Volkspartei“ (SVP). Die Parteiführung hatte im Einklang mit dem Landeshauptmann Arno Kompatscher dazu aufgerufen, die Transformation der Republik in einen autoritären Staat mit JA zu unterstützen. Offensichtlich ist bei dem Referendum ein großer Teil der Parteimitglieder und SVP-Wähler dieser Parteiweisung gefolgt.

Damit hat die SVP in einem bedeutenden Ausmaß dazu beigetragen, dass es in Südtirol 63,69 Prozent JA-Stimmen für das Renzi-Projekt gegeben hat.

Die SVP hat damit „in Nibelungentreue und mit hohem Risiko die Politik des Ministerpräsidenten unterstützt“, urteilte am 6. Dezember 2016 der Chefredakteur der „Dolomiten“, Dr. Toni Ebner, in einem Leitartikel.

Wenn der „Partito Democratico“ (PD) imstande sein sollte, so Dr. Ebner, die Regierungszügel weiterhin in der Hand zu behalten, könnten die Chancen für die SVP und ihre Anliegen in Rom weiterhin gut stehen.

Wenn hingegen nach wahrscheinlichen Neuwahlen im Frühjahr 2017 eine Mitte-Rechts-Regierung an das Ruder kommen sollte, dann „könnte die SVP die Rechnung präsentiert bekommen“, befürchtet der „Dolomiten“-Chefredakteur.

Dr. Toni Ebner bringt das Problem auf den Punkt: „Bei Autonomie-Problemen wird die Frage gestellt werden, was wollt ihr von Rom, wenn ihr beim Referendum für mehr Zentralismus und weniger Föderalismus gestimmt habt?“

Der antideutsche Chauvinismus ist in Italien lebendig – Radiomoderator: „Scheißdreck von Deutsch!“

Mit einer autonomiefeindlichen Haltung dürfte eine Mitte-Rechts-Regierung durchaus auch auf Zuspruch aus der italienischen Bevölkerung rechnen.

Wie sehr vorgestriges Gedankengut heute noch lebendig ist, hat am 9. Dezember 2016 eine Radiosendung der bekannten Rundfunkstation „Radio24“ gezeigt. Dieser Sender gehört zur italienischen Wirtschaftszeitung „Il Sole 24 Ore“ und hat täglich mehr als 2 Millionen Zuhörer.

Im Radioprogramm „La Zanzara“ kommentierte der Radiomoderator Giuseppe Cruciani einen Besuch des Südtiroler Parlamentsabgeordneten Hans Berger bei dem italienischen Staatspräsidenten Mattarella.

Nachdem der Südtiroler Parlamentarier Hans Berger eine Erklärung auf Italienisch abgegeben hatte, richtete er als Vertreter der deutschen Minderheit in Südtirol auch einige Worte in deutscher Sprache an diese.

radio-24

Radiomoderator Giuseppe Cruciani kommentierte dieses seiner Meinung nach staatsfeindliche Verhalten mit folgenden Worten:

„C’è un tizio della Südtiroler Volkspartei che dà un contributo fondamentale, devo dire, alla formazione del nuovo governo, beh certo — il quale parla in tedesco. Parla in te-des-co! Davanti alle telecamere. Parla in tedesco, sono diventato pazzo. Ma come in tedesco? Beh sì, perché dice… si rivolge alla minoranza. No! Esci dal quirinale, parli davanti agli italiani. Poi a casa tua, a Bolzano parli in quella minchia di tedesco di merda. Ma non puoi, cioè… non puoi parlare in tedesco davanti al quirinale. Parli in i-ta-lia-no, non in tedesco. Queste cose mi fanno impazzire.“

Zu Deutsch:

 „Da ist ein Typ der Südtirol Volkspartei, der einen fundamentalen Beitrag zur Bildung der neuen Regierung abgibt, er spricht – natürlich – Deutsch. Er spricht Deutsch! Vor den Fernsehkameras. Er spricht Deutsch, ich werde verrückt. Aber warum Deutsch? Ja, er sagt… er wendet sich an die Minderheit. Nein! Verlass den Quirinals-Palast, du sprichst zu den Italienern. Dann, bei dir zu Hause, in Bozen, kannst du dein Scheißdreck von Deutsch sprechen. Aber du darfst nicht, … du darfst nicht Deutsch im Quirinals-Palast reden. Sprich in I-ta-lie-nisch, nicht in Deutsch. Diese Dinge bringen mich zum Durchdrehen.“

Ein über Telefon zugeschalteter Gesprächspartner pflichtete dem Moderator bei: „Soll er doch zur Merkel gehen. Was macht er hier bei uns? Das ist falsch! Ich verstehe, dass er zweisprachig ist, aber er repräsentiert die italienische Republik, ansonsten soll er zur Merkel abhauen.“

Quelle: Unser Tirol 24. Der akustische Mitschnitt der Sendung und nähere Einzelheiten finden sich hier.




Südtirol und der Faschismus

Vor 90 Jahren nahm das Unheil seinen Lauf

Ein Südtirol-Freund, Herr Wolfgang Schimank, hat aus Anlass dessen, dass sich im Jahr 2016 der Tod des letzten deutschen Bürgermeisters von Bozen zum 90. Mal jährte, nachstehenden Beitrag gesandt, den wir hier gerne veröffentlichen:

Der 90. Todestag des letzten deutschen Bürgermeisters in Bozen

Ich möchte an den letzten deutschen Bürgermeister von Bozen erinnern. Am 17. April 2016 jährt sich sein 90. Todestag.

dr-julius-perathonerJulius Perathoner, geboren am 28. Februar 1849 in Dietenheim bei Bruneck, war von 1894 bis 1922 Bürgermeister der Stadt Bozen.

Bis 1918 gehörten Welsch- und Südtirol zum Habsburger Reich. In Südtirol lebten laut einer Volkszählung im Jahre 1910 Italiener, die lediglich 3% der Bevölkerung ausmachten. Julius Perathoner setzte sich für ein friedliches Zusammenleben der deutschen, der ladinischen und der italienischen Volksgruppen ein.

Am 1. / 2. Oktober 1922 wurde Perathoner durch den Marsch auf Bozen durch italienische Faschisten gewaltsam aus seinem Amt entfernt. Seitdem bekleideten nur noch Italiener dieses Amt in Bozen.

Der „Marsch auf Bozen“ war die Blaupause für Mussolinis Marsch auf Rom. Durch die von den italienischen Faschisten betriebenen Bevölkerungsaustausch hat sich das Antlitz Bozens dramatisch verändert. Heutzutage sind 75% der Bozner italienischer Abstammung. Dieses erdrückende Übergewicht spürt man als Außenstehender nicht, da in Bozen die deutschsprachige Landesregierung mit ihren vielen Ämtern ansässig ist.

Perathoners Vermächtnis des friedlichen Zusammenlebens der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen hat sich bis heute nur ansatzweise verwirklicht.

Bombastische militärische Huldigungen vor dem faschistischen „Siegesdenkmal“
Bombastische militärische Huldigungen vor dem faschistischen „Siegesdenkmal“

Erinnert sei an das Siegesdenkmal, das Alpini-Treffen, an italienische Orts-, Flur- und Straßennamen. In den Geschäften bekommt man fast ausschließlich Produkte zu kaufen, die nur in italienischer Sprache etikettiert sind. Vielen italienischen Boznern sind die Befindlichkeiten der Südtiroler fremd. Immer wieder heißt es „Siamo in Italia!“ (Wir sind in Italien!) Es gibt zwar Gesetze zur Gleichstellung der verschiedenen Sprachen und Volksgruppen. Diese werden von italienischer bzw. von staatlicher Seite schlichtweg ignoriert…

Ein Gipfelpunkt der Lächerlichkeit: Aus Kepler wird Keplero
Ein Gipfelpunkt der Lächerlichkeit: Aus Kepler wird Keplero

Meiner Meinung nach würden die Rechte aller in Südtirol lebenden Volksgruppen besser berücksichtigt, wenn sich diese Region mit Österreich wieder vereinigt oder ein Freistaat Südtirol gegründet wird. Das wäre sicherlich auch im Sinne von Julius Perathoner.

Wolfgang Schimank
Berlin

Der SID hat sich erlaubt, die Ausführungen von Herrn Schimank noch durch einen historischen Rückblick zu ergänzen:

Es begann 1921 mit dem Bozner Blutsonntag:

Europas Weg in das faschistische Verderben – Deutschlands Weg in den Untergang

SID – Dokumentation: Mussolini und Hitler rissen gemeinsam Europa ins Verderben

Generalproben in Bozen – Machtübernahme in Rom

 Faschistische Schlägertrupps in Bozen

Faschistische Schlägertrupps in Bozen

Der Überfall faschistischer Terrortrupps auf den Festzug der Bozner Messe am 24. April 1921, der einen Toten und an die 50 teils schwer verletzte Opfer forderte, zeigte die Ohnmacht des italienischen Staates, der vor der Gewalt kapitulierte und die Täter nicht zu verfolgen wagte.

der-tiroler-b

Der von faschistischen Gewalttätern ermordete Südtiroler Lehrer Franz Innerhofer
Der von faschistischen Gewalttätern ermordete Südtiroler Lehrer Franz Innerhofer

Das ermutigte Mussolini, ein Jahr später, Anfang Oktober 1922, noch einmal die Probe auf das Exempel zu machen. Es folgte der zweite Marsch auf Bozen. Faschistenhorden aus der Lombardei, dem Veneto und der Emilia Romagna besetzten das Rathaus in Bozen. Die Regierung in Rom kam in panischer Eile den Forderungen der Faschisten nach, setzte den deutschen Bürgermeister Perathoner ab und stellte die Stadt unter die Leitung eines Regierungskommissars.

Der Staat war reif zur Machtübernahme durch die Faschisten. Am 28. Oktober 1922 kam es zum „Marsch auf Rom“. Es gab keinen Widerstand mehr. Der König betraute Mussolini mit der Bildung einer neuen Regierung, die am 30. Oktober erfolgte.

Ein gelehriger Schüler in Deutschland

In München beobachtete ein gelehriger Schüler die Erfolge seines bewunderten Vorbildes Mussolini. Adolf Hitler ließ – dem Beispiel Mussolinis folgend – im Oktober 1922 vorübergehend die Stadt Coburg von 800 SA-Leuten besetzen.

Am 1. November 1922 berichtete der „Völkische Beobachter“ bewundernd über den „Marsch auf Rom“. Am 9. November 1922 versuchte Hitler  mit dem „Marsch zur Feldherrnhalle“ in München die Macht in Bayern an sich zu reißen. Diesem Putsch hätte der „Marsch auf Berlin“ folgen sollen. Die bayerische Polizei und das Militär vereitelten den Staatsstreich. Hitler musste nach kurzer Inhaftierung den längeren Weg der Machterringung durch Wahlen gehen.

„Zwei Völker und ein Kampf“ - „due popoli una guerra“ - NS-Huldigungsbuch für die „Führer“ des Nationalsozialismus und des Faschismus
„Zwei Völker und ein Kampf“ – „due popoli una guerra“ – NS-Huldigungsbuch für die „Führer“ des Nationalsozialismus und des Faschismus

Von Anfang an hatte Hitler in Mussolini und seiner faschistischen Bewegung das große Vorbild gesehen, sogar Italiens Bündnisverrat im 1. Weltkrieg gebilligt und die Preisgabe Südtirols als notwendiges Opfer für die Freundschaft und das Bündnis mit dem Faschismus betrachtet.

Faschisten und Nationalsozialisten aus dem Reich 1932 bei gemeinsamem Auftritt vor dem faschistischen „Siegesdenkmal“ in Bozen

Faschisten und Nationalsozialisten aus dem Reich 1932 bei gemeinsamem Auftritt vor dem faschistischen „Siegesdenkmal“ in Bozen
Faschisten und Nationalsozialisten aus dem Reich 1932 bei gemeinsamem Auftritt vor dem faschistischen „Siegesdenkmal“ in Bozen

Der gelehrige Schüler übernahm alle Ideen seines bewunderten Lehrers – vom totalitären Staat bis hin zur Lebensraumpolitik zu Lasten anderer Völker.

Der Weg war vorgezeichnet, der Europa ins faschistische Verderben und Deutschland in den Untergang führen sollte.

Der Maestro und sein Schüler – der gelehrige Hitler kopierte sein Vorbild Mussolini

Die Partei-Armee

Gemeinsame Symbolik: Altrömische Standarten und der Totenkopf als Warnung für die Gegner
Gemeinsame Symbolik: Altrömische Standarten und der Totenkopf als Warnung für die Gegner

bft1

Mit der Bürgerkriegsarmee zur Macht

Das Original:  

Sturmtruppen – faschistische Miliz

1919: Benito Mussolini gründet die in „Squadre“ gegliederten „Fasci di Combattimento“ („Kampfbünde“), denen zahlreiche ehemalige Soldaten, vor allem Mitglieder der „Arditi“ („Entflammten“, der Sturmtruppen des 1. Weltkrieges angehörten.

Die mit Dolchen und Knüppeln bewaffneten „Squadre“ betätigten sich als Bürgerkriegsarmee und verübten Brandstiftungen, Morde, Massaker.

1921: Umwandlung der „Fasci“ in die „Nationale Faschistische Partei“ („Partito Nazionale Fascista“ – PNF).

1923: Überführung der „Squadre“ in die „Milizia Volontaria per la Sicurezza Nazionale“ (MVSN) („Freiwillige Miliz für die Nationale Sicherheit“) mit polizeilichen Befugnissen.

Später auch militärischer Einsatz.

Hemd als Uniformierung

Das einheitliche Schwarzhemd diente als Uniformierung.

Standarten

Neben Fahnen wurden Standarten als Nachahmung der römischen Legionszeichen eingeführt.

Historische Symbolik

Das altrömische „Rutenbündel“ („Fasces“) als Zeichen römisch-imperialer Macht wird zum Symbol der faschistischen Bewegung und des faschistischen Staates

Die Kopie:

Die „Sturmabteilungen“ (SA)
1920: Gründung der „Sturm-Abteilung“ (SA) als paramilitärischer Verband für öffentliche Demonstrationen, aber auch als Kampftruppe für den Bürgerkrieg.Parallel dazu Gründung der „Schutz-Staffel“ (SS), die später im Krieg militärische Einheiten („Waffen-SS“) stellte.Nach der Machtergreifung Ausübung polizeilicher Funktionen nach faschistischem Vorbild (Verhaftung von Regimegegnern und deren Abführung in Konzentrationslager).

 

 

 

 

 

 

Hemd als Uniformierung

Das einheitliche Braunhemd diente bei der SA als Uniformierung.

Standarten

Neben Fahnen wurden die im deutschen Raum nie üblich gewesenen Standarten nach faschistischem Vorbild eingeführt.

Historische Symbolik

Das germanische Sonnensymbol des „Hakenkreuzes“ wird als Zeichen altgermanischer Größe zum Symbol der nationalsozialistischen Bewegung und des NS-Staates.

Die Ideologie – der korporativ gegliederte Staat

Der Staat wird korporativ bzw. ständisch gegliedert – Absage an den Klassenkampf.

Hierarchische Führungsstruktur mit strikter Befehlskette von oben nach unten.

Der Staat wird korporativ bzw. ständisch gegliedert – Absage an den Klassenkampf.

Hierarchische Führungsstruktur mit strikter Befehlskette von oben nach unten.

Die „Führer“

Links der „Duce“, rechts der „Führer“ (Freundschaftsbesuch Hitlers in Rom)
Links der „Duce“, rechts der „Führer“ (Freundschaftsbesuch Hitlers in Rom)

Der „Duce“ („Führer“)

Mussolini fungierte von Anfang an als „Duce“ („Führer“) der „Fasci“, schließlich als „Duce“ der gesamten Nation und des „Impero“ („Imperium“).

Der „Führer“

Hitler ist der „Führer“ der NSDAP, später des gesamten „Großdeutschen Reiches“.

Die Gleichschaltung – die Einheitspartei

Die Abschaffung der politischen Konkurrenz

Verbot aller Parteien außer des PNF. Die Parteiformationen durchdringen das gesamte öffentliche Leben.

Die Abschaffung der politischen Konkurrenz

Verbot aller Parteien außer der NSDAP. Die Parteiformationen durchdringen das gesamte öffentliche Leben.

Die Staatsjugend

In Südtirol wurden deutsche Kinder in die faschistische Staatsjugend gezwungen
In Südtirol wurden deutsche Kinder in die faschistische Staatsjugend gezwungen

Uniformierte Parteijugend, die zur Staatsjugend umfunktioniert wurde. Uniformierte Parteijugend (HJ und BdM), die zunehmend zur Staatsjugend umfunktioniert wurde.

Der imperiale Gedanke

Noch heute verkündet im faschistischen Freilichtmuseum Südtirol eine Aufschrift auf dem Justizpalast in Bozen, dass man „für das italische Imperium mit Tapferkeit, mit der faschistischen Funktionärs-Hierarchie und mit Zähnen und Klauen“ zu kämpfen habe. (So sah dann auch bis in die späte Nachkriegszeit die Rechtsprechung in diesem Faschistentempel aus!)
Noch heute verkündet im faschistischen Freilichtmuseum Südtirol eine Aufschrift auf dem Justizpalast in Bozen, dass man „für das italische Imperium mit Tapferkeit, mit der faschistischen Funktionärs-Hierarchie und mit Zähnen und Klauen“ zu kämpfen habe. (So sah dann auch bis in die späte Nachkriegszeit die Rechtsprechung in diesem Faschistentempel aus!)

Nach dem Raub- und Eroberungskrieg gegen Abessinien verkündete Mussolini am 9. Mai 1936 die Annexion der besetzten afrikanischen Gebiete und den Beginn eines neuen „Impero“ nach römischem Vorbild. Adolf Hitler verkündete am 1. September 1933 offiziell, dass der von ihm geführte Staat ein „Drittes Reich“ sei, das „tausend Jahre“ dauern werde. Damit wurde der Staat propagandistisch in die Nachfolgetradition des „Römischen Imperiums“ und des „Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation“ gestellt.

Imperialistische „Lebensraum“-Ideologie

Italienische Kolonisation - Siedlungen in Äthiopien und Libyen - Verdrängung der Einheimischen
Italienische Kolonisation – Siedlungen in Äthiopien und Libyen – Verdrängung der Einheimischen

Neuer Lebensraum im nördlichen Afrika für italienische Siedler.

 

Neuer Lebensraum in den eroberten und noch zu eroberten Ostgebieten für deutsche Siedler.

Die Rassenideologie

Faschistische Zeitschrift „La Difesa della Razza“ - „Die Verteidigung der Rasse“ - mit offener Diskriminierung von Farbigen und Juden
Faschistische Zeitschrift „La Difesa della Razza“ – „Die Verteidigung der Rasse“ – mit offener Diskriminierung von Farbigen und Juden

Der Faschismus installierte in seinen afrikanischen Kolonien ein System strenger Rassentrennung und stellte „Rassenschande“ mit Einheimischen unter Strafe. Die Überlegenheit der weißen Rasse wurde propagiert und „Rassenmischung“ gesetzlich verboten. 1938 wurden zusätzliche diskriminierende Rassengesetze erlassen, welche sich direkt gegen die Juden in Italien richteten. Hitler kopierte Mussolinis Ideen mit den „Nürnberger Rassegesetzen“, welche sich – mangels deutscher Kolonien – vor allem gegen Juden und Zigeuner in Deutschland richteten.

Umsiedlung und Vertreibung

abschied-heimal-1939

Option und teilweise Umsiedlung der Südtiroler (nur durch den Krieg gestoppt).

Umsiedlungen und Vertreibungen in Afrika, Istrien, Slowenien.

Option und teilweise Umsiedlung der Südtiroler (nur durch den Krieg gestoppt).

Umsiedlungen und Vertreibungen in den Ostgebieten.

Die Säuberung von Namen aus Geschichte und Geografie

Der Name „Tirol“ musste verschwinden. Aus dem südlichen Tirol wurde „Alto Adige“ („Hochetsch“).

Der Namenshinweis auf das Slawentum musste verschwinden. Aus dem italienisch besetzten südlichen Slowenien wurde die „Provincia di Lubiana“.

Der Name „Österreich“ musste dem Namen „Ostmark“ weichen. Aus „Oberösterreich“ und „Niederösterreich“ wurden „Oberdonau“ und „Niederdonau“.

Der Name „Polen“ musste verschwinden. Aus dem deutsch besetzten Teil Polens wurde das „Generalgouvernement“.

Konzentrationslager – Völkermord

Konzentrationslager El Abiar in der lybischen Wüste - Massenmord in Äthiopien

Konzentrationslager El Abiar in der lybischen Wüste - Massenmord in Äthiopien
Konzentrationslager El Abiar in der lybischen Wüste – Massenmord in Äthiopien

Italienisches Konzentrationslager für Südslawen auf der Mittelmeerinsel Rab
Italienisches Konzentrationslager für Südslawen auf der Mittelmeerinsel Rab

Konzentrationslager in Afrika, Italien und auf Mittelmeerinseln.

Völkermord im nördlichen Afrika.

Konzentrationslager in den besetzten Ostgebieten und auf Reichsgebiet.

Völkermord.

Es ist bis heute in Italien guter Brauch, pauschal „die Deutschen“ als Quelle allen Übels in der Geschichte darzustellen. Dies geht einher mit einer Verharmlosung des italienischen Faschismus, die trotz einschlägiger Gesetze strafrechtlich so gut wie nie geahndet wird.

Ein Ministerpräsident Berlusconi konnte sich erlauben, zu behaupten, dass Mussolini seine politischen Gegner schließlich nur in den Urlaub geschickt habe. Gemeint waren die mit Kerkern bestückten und mit Fieberepidemien ausgestatteten Verbannungsinseln im Mittelmeer.

Der vergleichsweise harmlose Faschismus, so wird bis heute in einer Vielzahl italienischer Medien kolportiert, habe den Fehler des Bündnisses mit den Deutschen 1943 rechtzeitig durch den Bündniswechsel korrigiert und die italienische Nation habe sich damit kollektiv und entschlossen auf die Seite des Guten gestellt.

Die hier vorgelegte Dokumentation hat sich erlaubt, dieser wenig anständigen Interpretation zu widersprechen.

Deutschland hat seit 1945 in einem beispiellosen Ausmaß finanzielle Wiedergutmachung zu leisten versucht. Italien hat in Bezug auf die Völkermordverbrechen des Faschismus bis heute nichts getan.

In Deutschland wird der Nationalsozialismus als Unrechtsregime betrachtet, in Italien gibt es neofaschistische Gruppierungen und Parteien, die sich offen zum Faschismus bekennen.

13/06/2009 - MILANO - UN MILITANTE DELLA DESTRA NAZIONALE MSI IN DIVISA AL CONVEGNO IN VIA LARGA ANGOLO VIA CHIARAVALLE FOTO VINCE PAOLO GERACE - 13/06/2009 - MILANO - UN MILITANTE FA' IL SALUTO ROMANO AL CONVEGNO DELLA DESTRA NAZIONALE MSI IN VIA LARGA ANGOLO VIA CHIARAVALLE FOTO VINCE PAOLO GERACE - Fotografo: GERACE

neofaschisten2

m-kalender-2012

86-2719013886-27190138

Das ist der wahre Unterschied!




Gedenken an Sepp Kerschbaumer und seine Kameraden im Südtiroler Freiheitskampf

Am 8. Dezember 2016, fand in Südtirol auf dem Friedhof in St. Pauls eine Feier zum Gedenken an die Tiroler Freiheitskämpfer der 1950er und 1960er Jahre statt.

Der Südtiroler Schützenbund und der Südtiroler Heimatbund brachten mit dieser Gedenkfeier ihren Respekt, ihre Achtung sowie ihren Dank für den selbstlosen und uneigennützigen Einsatz der Freiheitskämpfer für Volk und Heimat zum Ausdruck.

Der Gedenkgottesdienst wurde von Pater Reinald Romaner OFM in der Pfarrkirche von St. Pauls zelebriert. Die Pfarrkirche war bis auf den letzten Platz gefüllt.

kerschb-d

kerschb-g

In seiner Predigt blickte Pater Reinald Romaner zurück auf Sepp Kerschbaumer. „Von ihm wissen wir, dass er ein tiefgläubiger Mensch gewesen ist. Ohne Wenn und Aber. Er ist es auch im Kerker geblieben. Sein Herz hat für das Land und den Glauben geschlagen.“ Heimatliebe und Glaubensliebe seien für Sepp Kerschbaumer unbedingt eins gewesen.

kerschb-f

Anschließend ging es zum Friedhof, wo die Gedenkfeier stattfand. Es hatten sich mehr als 2000 Teilnehmer, darunter zahlreiche Schützen, eingefunden. Darunter befanden sich auch Abordnungen aus Welschtirol.

kerschb-a

kerschb-b

kerschb-i

Die Begrüßung durch Roland Lang

Roland Lang, der Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB), einer von ehemaligen Freiheitskämpfern und politischen Häftlingen gegründeten Vereinigung, die für die Selbstbestimmung Südtirols eintritt, begrüßte die Erschienenen.

dsc03043

„Jedes Jahr kommen wir zu diesem ernsten, würdigen Gedenken an Sepp Kerschbaumer und seine Mitstreiter zusammen. Wir gedenken beispielhafter Frauen und Männer, die ihr Leben selbstlos in den Dienst der Heimat stellten und Opfer der Staatsgewalt wurden.

 Die Freiheitskämpfer konnten nicht mit ansehen, wie Jahr für Jahr die Italianisierung voranschritt und die Staatsgewalt nur das eine Ziel kannte: Die Südtiroler in ihrer angestammten Heimat in die Minderheit zu drängen. Sie handelten in einer Notsituation, die keinen anderen Ausweg mehr ließ. Dies hat auch Silvius Magnago in seiner Rede vor der SVP-Landesversammlung von 1976 dann ausdrücklich anerkannt.

Das Recht eines jeden Volkes, seine Existenz zu sichern, ist ein Naturrecht aller Völker, auch wenn sie nur als Minderheit in einem fremden Staat leben, der sich noch dazu das Territorium imperialistisch angeeignet hat.

Die Annexion von 1919 bleibt ein Unrecht, wie auch der Südtiroler Landtag vor Jahren in einem Beschluss festgestellt hat. Den Aktionen der Feuernacht, die sich heuer zum 55. Mal jährt, ging das staatliche Ausbürgerungsgesetz voraus. Das Parteiorgan der Democrazia Cristiana, der L’ADIGE, hatte von der Regierung gefordert, sie solle gegen unbequeme, patriotische Südtiroler vorgehen, ihnen die Staatsbürgerschaft entziehen und sie ausweisen. Der von der DC beherrschte Senat verabschiedete am 27. April 1961 das Ausbürgerungsgesetz. Kreisky warnte. Und heimattreue Tiroler handelten!

Umso schwerer wiegt die damalige Reaktion des Machtstaates gegen die Südtirol-Aktivisten. Umso unentschuldbarer bleibt die grauenhafte Folter- und Mörderpraxis jener staatlichen Institution, die sich bei ihren Untaten durch die zuständigen Minister und den kollektiven Geist der Regierung speziell gedeckt fühlte. Und Rom versucht bis heute, aus Südtirol eine italienische Provinz zu machen.“

dsc03032

Dann kam Lang auf die Gegenwart zu sprechen und warnte die Politiker davor, in der Volkstumspolitik Grundsätze aufzugeben.

„Die jetzige Generation erfährt heute die Segnungen der Zwischenlösung Autonomie. Daran hat der damalige Widerstand des BAS entscheidenden Anteil. Heute sind Deutsche, Ladiner und mit ihnen 130.000 Italiener in Südtirol gemeinsame Nutznießer.

Und es liegt an uns, gemeinsam diese kleine Region im Herzen Europas, in eine freie, selbstbestimmte Zukunft zu führen.

Anschließend an Roland Lang sprach Oskar Niedermair.

Die Gedenkrede des damals jüngsten politischen Häftlings

oskar-niedermair-39

Oskar Niedermair, aus Kortsch, der seit vielen Jahren auf dem Ritten lebt, war damals mit 17 Jahren der jüngste politische Häftling der 1960er Jahre. Schon als Oberschüler hatte er sich im Umkreis des damaligen „Befreiungsausschusses für Südtirol“ (BAS) bewegt.

Da er an Versammlungen des „Bergisel-Bundes“ teilgenommen hatte, wurde er von der italienischen Polizei beschattet und schließlich im Sommer 1961 verhaftet. Damals noch minderjährig, wurde er wegen „Hochverrat, Bandenbildung und Anbahnung eines Blutbades“ angeklagt und musste 2 Jahre und 11 Monate in Untersuchungshaft verbringen. Da absolut nichts gegen ihn vorlag, musste das Schwurgericht in Mailand ihn am 16. Juli 1964 freisprechen.

dsc03036

Oskar Niedermair hielt nun die Gedenkrede zu Ehren von Sepp Kerschbaumer und seiner verstorbenen Mitstreiter:

„Wie alle Jahre stehen wir auch heuer wieder hier am Friedhof von St. Pauls, um eines der Besten zu gedenken, der das vergangene Jahrhundert unseres Landes in markanter Weise mitgeprägt hat. Mit dem Namen von Sepp Kerschbaumer ist die jüngere Geschichte unseres Landes verwoben, mit ihm und seinen Mitstreitern, die eingetreten sind für Freiheit und Gerechtigkeit in unserem Lande.“

52 Jahre sei es nun her, dass Sepp Kerschbaumer im Kerker von Verona mit nur 51 Jahren starb. Schon im Alter von 23 Jahren habe ihm sein Widerstand gegen die Italianisierung eine Verbannung nach Süditalien eingebracht. In den 1950er und 1960er Jahren sei er der Mitbegründer und nachher der Chef des Befreiungsausschusses Südtirol gewesen, als es um den Kampf für die Freiheit Südtirols ging.

Niedermair erklärte den Anwesenden, wofür Sepp Kerschbaumer eingetreten war:

„Sepp ging den Weg des Widerstandes gegen das Unrecht, unter dem unser Land litt. Zuerst in einer Form, die mich an den passiven Widerstand und die Sturheit eines Mahatma Gandhi erinnert. Und später, als all das Rufen nach Gerechtigkeit, nach Einhaltung der Versprechen und Vereinbarungen nichts nützte, verlor er die Geduld, scharte Gleichgesinnte um sich und beschritt den Weg des aktiven Widerstandes.“

Niedermair meinte, Kerschbaumer würde die Südtiroler heute auffordern, etwas zu unternehmen, um die Rückkehr der Pusterer Buam als freie Menschen in ihre Heimat zu erwirken.

„Es ist an der Zeit, dass Rom endlich Einsicht zeigt und einen Schlussstrich zieht. Politiker, ganz egal welcher Partei oder Strömung, sind aufgefordert, sich für die Rückkehr einzusetzen.“

Das Schlusswort des Landeskommandanten des Südtiroler Schützenbundes

20161208-sepp-kerschbaumer-gedenkfeier-redner-oskar-niedermair-25Elmar Thaler, der der Landeskommandant des Südtiroler Schützenbundes hielt ein kurzes Schlusswort: „Nehmen wir die Worte des Gedenkredners mit nach Hause. Sie sollen uns in der Arbeit für unsere Heimat begleiten, denn das Werk und Ansinnen, das die Freiheitskämpfer von damals begonnen haben, ist nie zu Ende. Es heißt immer wachsam zu sein und für die Heimat einzustehen.“

 Danach folgte die Ehrensalve durch die Schützenkompanie „Sepp Kerschbaumer“ Eppan. Mit der Weise des „Guten Kameraden“, einer Kranzniederlegung sowie der Tiroler Landeshymne und der österreichischen Bundeshymne endete die Feier.

Musikalisch umrahmt worden war die Feier auf sehr würdige Weise durch die Musikkapelle Girlan.

kerschb-e

kerschb-h

dsc03044

Vorgestrige Denkschablone im Gehirn

Dass heute noch in den Köpfen mancher italienischer Politiker Denkschablonen eingebaut sind, die an die Mussolini-Zeit erinnern, zeigte die Reaktion von Giorgia Meloni auf die Kerschbaumer-Gedenkfeier.

Die Meloni ist Journalistin und Politikerin der Partei „Fratelli d’Italia“. In Silvio Berlusconis viertem Kabinett war sie von Mai 2008 bis November 2011 italienische Jugend- und Sportministerin.

meloni

Auf facebook verkündete diese Dame nun am 10. Dezember 2016, dass es sich bei der Kerschbaumer-Gedenkfeier in „San Paolo di Appiano“ um eine „Manifestation“ gehandelt habe, deren Zweck „die Wiedererweckung des antiitalienischen Hasses im Alto Adige“ gewesen sei.

Ein weiterer Kommentar dazu erübrigt sich.




„Von der ,Feuernacht‘ zur ,Porzescharte‘. Das ,Südtirol-Problem‘ der 1960er Jahre in den österreichischen sicherheitsdienstlichen Akten“

Militärhistoriker Oberst Mag. Dr. Hubert Speckner

Eine sensationelle Dokumentation beleuchtet die Rolle italienischer „Dienste“ in der Zeit des Südtiroler Freiheitskampfes der 1960er Jahre

Am 28. November 2016 stellte der österreichische Militärhistoriker Oberst Mag. Dr. Hubert Speckner von der Österreichischen Landesverteidigungsakademie einem interessierten Fachpublikum in Wien ein neues Buch brisanten Inhalts vor.

Bereits 2013 hatte ein Werk des Autors Aufsehen erregt. In der Dokumentation „Zwischen Porze und Roßkarspitz …“ hatte Speckner anhand reichlich vorhandener sicherheitsdienstlichen Archivalien Österreichs und mithilfe persönlicher „Tatort“-Begehungen und Beiziehung von Sprengsachverständigen nachgewiesen, dass ein angeblicher Anschlag österreichischer Täter auf der Porzescharte mit vier italienischen Opfern am 25. Juni 1967 nicht so stattgefunden haben konnte, wie es die offiziellen italienischen Darstellungen schilderten. Zudem konnten die von Italien beschuldigten und in der Folge in Abwesenheit verurteilten Österreicher Speckners Untersuchungen auf keinen Fall die „Täter“ gewesen sein.

Buchpräsentation Oberst Dr. Hubert Speckner, "Von der 'Feuernacht' zur 'Porzescharte' …
Buchpräsentation Oberst Dr. Hubert Speckner bei der Buchpräsentation in Wien.

Speckners neues in Wien vorgestelltes Werk trägt den Haupttitel „Von der Feuernacht zur Porzescharte“ und den Untertitel „Das ‚Südtirolproblem‘ der 1960er Jahre in den österreichischen sicherheitsdienstlichen Akten“.

Speckner hatte auch diesmal Zugang zu allen relevanten und Jahrzehnte lang geheimen sicherheitsdienstlichen Unterlagen der Republik, welche sich mit Anschlägen in Südtirol während der Zeit des Freiheitskampfes befassten.

Cover_Gesamt_492x315_Rücken_54.qxp_Cover_Rücken_139Italienische Geheimdienste hatten bei „verwerflichen“ Anschlägen die Hand im Spiel

Das Ergebnis der Aktenauswertung ist sensationell: Bei einer ganzen Reihe von Anschlägen, welche gezielt auch Zivilbevölkerung in Gefahr gebracht hatten oder hätten bringen können, haben offenbar italienische „Dienste“ ihre Hand mit im Spiel gehabt. Hier war es darum gegangen, die „terroristi altoatesini“ als gewissenlose und verruchte Täter darzustellen, welche auf die Vernichtung von Menschenleben abzielten.

Tragische Unfälle, denen Menschenleben zum Opfer gefallen waren, wurden nachträglich in „Terroranschläge“ umgewandelt.

In anderen Fällen ließ sich eine provokatorische Steuerung im Hintergrund erkennen.

Speckner dokumentiert auch Anschläge, die von italienischen Neofaschisten verübt worden waren und bei denen versucht worden war, sie Österreichern in die Schuhe zu schieben.

Als Oberst Dr. Speckner bei der Buchvorstellung einige besonders augenfällige Beispiele brachte und mit österreichischen sicherheitsdienstlichen Erkenntnissen und Unterlagen untermauerte, waren die Zuhörer gepackt und auch erschüttert.

Hochrangige Diskussionsteilnehmer betonten den Wert des Südtiroler Freiheitskampfes

Einführend wurde Speckners Werk von dem langjährigen Österreich-Berichterstatter der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, dem Univ.-Prof. Dr. Reinhard Olt vorgestellt. Am Präsidium saß Roland Lang vom „Südtiroler Heimatbund“ (SHB), einer von ehemaligen politischen Häftlingen Südtirols gegründeten Vereinigung, welche für das Selbstbestimmungsrecht Südtirols eintritt.

An seiner Seite saßen der ehemalige österreichische Außenminister Dr. Peter Jankowitsch (SPÖ), der ehemalige österreichische Generalkonsul in Mailand Dr. Franz Matscher sowie der ehemalige Südtiroler Landesrat Dr. Bruno Hosp (SVP). Im Plenum befanden sich der ehemalige österreichische Justizminister Dr. Harald Ofner (FPÖ) und der ehemalige Verteidigungsminister Dr. DI Helmut Krünes (FPÖ).

Von links nach rechts: Roland Lang, Dr. Peter Jankowitsch, Dr. Franz Matscher, Dr. Bruno Hosp und stehend bei seinem Einführvortrag Univ.-Prof. Dr. Reinhard Olt.
Von links nach rechts: Roland Lang, Dr. Peter Jankowitsch, Dr. Franz Matscher, Dr. Bruno Hosp und stehend bei seinem Einführvortrag Univ.-Prof. Dr. Reinhard Olt.

Diese kompetenten Zeitzeugen lieferten wertvolle Diskussionsbeiträge:

dsc01696Roland Lang betonte die Wichtigkeit der Enthüllungen des Buchautors Oberst Speckner. Er habe zahlreiche Protagonisten des damaligen Geschehens persönlich kennen gelernt. „Ich habe nie geglaubt, dass es sich um ruchlose Mörder gehandelt hat. Man darf Ihnen, Herr Oberst Speckner sagen: Vergelt’s Gott!“

Die Anschläge hätten bewirkt, dass die italienische Seite einer Kompromisslösung habe zustimmen müssen. Das Ergebnis sei die derzeitige Autonomie. Die Freiheitskämpfer seien nach vielen Jahren dann im Rückblick durch Landeshauptmann Dr. Magnago rehabilitiert und ihre Verdienste seien anerkannt worden.

dsc01728Dr. Peter Jankowitsch erklärte, Speckners Forschungsergebnisse seien „ein sehr wichtiger Beitrag zur Aufarbeitung dieser Periode.“

Es sei damals das Bestreben Italiens gewesen, „alles in die Ecke des Pangermanismus zu stellen. Dies wurde durch Außenminister Dr. Bruno Kreisky verhindert, welcher die ungelöste Südtirol-Frage vor die Vereinten Nationen brachte.“ Die Anschläge seien „Verzweiflungsschreie der Südtiroler“ gewesen. „Die Anschläge haben das internationale Interesse geweckt und auch in Italien zu einem Durchbruch geführt.“

Alles was die internationale Aufmerksamkeit erregt habe, sei für die Weiterentwicklung der Südtirol-Frage von größtem Wert gewesen. Beweis dafür sei, dass während der Anschläge die Verhandlungen weitergegangen seien.

„Die Anschläge haben dem Südtirol-Problem sicherlich nicht geschadet, sondern sie haben vielmehr eine Tür geöffnet.“

dsc01703Dr. Franz Matscher erklärte in der Diskussion, dass es damals zwei bedeutende „Paukenschläge“ gegeben habe: Die Bombenanschläge ab 1960 hätten „Rom in Angst versetzt“. Daraufhin habe der Innenminister Scelba eine Autonomie-Kommission zur Ausarbeitung von Vorschlägen eingesetzt. „Die Sprengstoffanschläge haben dazu geführt, dass es zur 19er Kommission kam.“

Der zweite „Paukenschlag“ sei die Befassung der Vereinten Nationen durch den österreichischen Außenminister Dr. Kreisky gewesen.

Die Befassung der UNO und deren Aufforderung zu italienisch-österreichischen Verhandlungen hätten vor der Weltöffentlichkeit deutlich gemacht, dass es sich hier um kein „inneritalienisches Problem“ gehandelt habe. „Ab nun gab es Verhandlungen, vorher waren es unverbindliche Gespräche gewesen.“

Die „Paukenschläge“ hätten dazu geführt, dass es zu einer Autonomielösung kam. „Die Anschläge waren der Auslöser für die Verhandlungen. Ohne Feuernacht wäre es zu den Verhandlungen nicht gekommen.“

dsc01706Dr. Bruno Hosp berichtete, dass er anlässlich der Volkskundgebung auf Schloss Sigmundskron im Jahr 1957 gemeinsam mit den Freiheitskämpfern Kerschbaumer, Amplatz und Klotz im Rahmen des „jungen BAS“ tätig gewesen sei.. In der Folge sei es zu den Anschlägen der Herz-Jesu-Nacht gekommen. In dieser Zeit sei er als Student in Wien. „Ich habe aber dann mit erleben müssen, wie es zu den Verhaftungen und Folterungen kam, bei denen auch von völlig Unbeteiligten Geständnisse erzwungen wurden.“

Von italienischer Seite seien alle Südtiroler Freiheitskämpfer von Beginn an unter den Generalverdacht einer neonazistischen Ideologie gestellt worden. Das habe die Betroffenen geschmerzt und auch die Südtiroler Politik stets behindert. Diese Propaganda sei über die Jahre hinweg betrieben worden

„Die Anschläge hatten für uns jedenfalls einen ganz eklatanten Nutzen für den Fortgang der weiteren Verhandlungen, um zu einer verhältnismäßig guten Autonomie zu kommen, von der man jetzt wieder etwas wegschneiden will.“

In Richtung eines von ihm namentlich nicht genannten Zeithistorikers aus Norddeutschland sagte Dr. Hosp: „Man muss schon vom sehr hohen Norden kommen, um nicht einzusehen, dass die Anschläge der Auslöser zur Inangriffnahme der Verhandlungen waren.“

Dr. Hosp dankte den Freiheitskämpfern und dem ehemaligen Justizminister Dr. Ofner vor allem dafür, dass dieser im Rahmen des „Bergisel-Bundes“ mit einer „Südtirol-Lotterie“ wertvolle soziale Hilfe für die Häftlinge und deren Familien geleistet habe.

Über die neueste Speckner-Dokumentation hat uns Professor Dr. Olt dankenswerter Weise eine Abhandlung zur Verfügung gestellt, die wir nachstehend wiedergeben:

dsc01685
Prof. Dr. Reinhard Olt hielt den Einführungsvortrag bei der Buchvorstellung

Licht auf ein düsteres Kapitel der Zeitgeschichte:

Jüngste Forschungen legen offen, wie Italien während der „Bombenjahre“ in Südtirol manipulierte und täuschte

 Von Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Olt

Geschichte bedarf bisweilen der Revision. Revision heißt, sie aufs Neue in den Blick zu nehmen. Erstmals aufgefundene oder unterbelichtet gebliebene, mitunter auch bisher gänzlich unbeachtete oder dem freien Zugang entzogene Dokumente zeitigen meist erhellende Einblicke und nicht selten ertragreiche Befunde. Wobei die akribische Auswertung und sorgfältige Analyse von ans Licht geholten Fakten jene „Erkenntnisse“ grundlegend erschüttern, worauf die bis dato für sakrosankt erachteten, historiographisch festgeschriebenen wie massenmedial verbreiteten „Wahrheiten“ und/oder Meinungen respektive „Überzeugungen“ beruhten.

Eine derart „revisionistische“ Umschreibung zeitgeschichtlicher Gewissheiten ist nunmehr aufgrund der neuerlichen Inaugenscheinnahme des an Spannungen reichsten Kapitels der jüngeren österreichisch-italienischen Beziehungen zwingend geboten. Im Allgemeinen ist dieses Kapitel vom Südtirol-Konflikt sowie vom Freiheitskampf mutiger Idealisten und im Besonderen von den sogenannten „Bombenjahren“ geprägt gewesen.

Ein österreichischer Militärhistoriker, der sich wie nie jemand zuvor  intensiv mit den brisantesten Akten seines Landes über die Geschehnissen der 1960er Jahre befasste, legte dazu soeben eine beeindruckende, großformatige Publikation von nahezu 800 Seiten vor, worin er manches zuvor für sicher, weil „wahr“ Gehaltene ins rechte Licht rückt und damit vom Kopf auf die Füße stellt.

Brisante Akten

Cover_Gesamt_492x315_Rücken_54.qxp_Cover_Rücken_139Hubert Speckners Buch „Von der ,Feuernacht‘ zur ,Porzescharte‘. Das ,Südtirolproblem‘ der 1960er Jahre in den österreichischen sicherheitsdienstlichen Akten“  (Wien Verlag Gra&Wis 2016; ISBN 978-3-902455-23-9, EURO 49)

ist Ergebnis und Ertrag disziplinierter langjähriger, umfassender Studien im Österreichischen Staatsarchiv/Archiv der Republik. Darüber hinaus erstreckten sie sich auf die – der Öffentlichkeit nicht zugänglichen – Bestände der Staatspolizei (StaPo) sowie der Justiz sowie auf einschlägige Dokumentationen des Entschärfungsdienstes des Innenministeriums und erfassten schließlich auch „streng geheime“ Bestände des Verteidigungsministeriums über den Einsatz des Bundesheeres an der Grenze zu Italien anno 1967.

Daraus ergab sich für den promovierten, an der Landesverteidigungsakademie in Wien tätigen Offizier der Befund, dass der Truppeneinsatz sozusagen den Höhepunkt der „verstärkten Grenzüberwachung“ der Sicherheitskräfte der Republik Österreich nach der „Feuernacht“ (11./12. Juni 1961) in Südtirol  bildete, in der Aktivisten des „Befreiungssauschusses Südtirol“ (BAS) in einer konzertierten Aktion mittels Sprengung von ungefähr 40 Hochspannungsmasten die Energieversorgung im Bozner Becken zeitweise lahmgelegt und damit der Industrie Norditaliens partiell Schaden zugefügt hatten.

feuernacht-bozen-mast-industriezone-2
Ein gesprengter Mast bei Bozen. Dahinter die Industriezone Bozen. Sie diente dazu, die staatlich geförderte italienische Unterwanderung zu unterstützen und den zuwandernden Süditalienern Arbeitsplätze zur Verfügung zu stellen, welche den Südtirolern in ihrem eigenen Land verweigert wurden.

Von 1961 bis zum Sommer 1967, dem absoluten „Höhepunkt“ der Südtirol-Problematik nach dem Zweiten Weltkrieg,  geriet Österreich unter wachsenden Druck durch Italien. Dies führte nach dem „Vorfall auf der Porzescharte“, zufolge dessen gemäß amtlichen italienischen Verlautbarungen am 25. Juni 1967 vier italienische Soldaten den Tod fanden, einerseits zum Veto Italiens gegen die damaligen EWG-Assoziierungsverhandlungen Österreichs, andererseits zur „verstärkten Grenzüberwachung“ durch sein Militär.

Italienische Grenzpatrouille
Italienische Grenzpatrouille

Dem Geschehen rund um den Vorfall vom Juni 1967 hatte Speckner bereits sein aufsehenerregendes, 2013 ebenfalls im Verlag Gra&Wis zu Wien erschienenes Buch „Zwischen Porze und Roßkarspitz…“ gewidmet. Anschließend nahm er sich aller vorhandenen sicherheitsdienstlichen Akten  zu Südtirol an, denen die maßgebliche zeitgeschichtliche Forschung – entgegen dem weithin erweckten Eindruck, wonach „eigentlich alles gesagt“ sei – ein nur äußerst geringes Interesse entgegengebracht hatte.  Daher seien von den  akribisch aufbereiteten 48   „aktenkundig“ gewordenen Vorfällen  einige exemplarisch vorgestellt,  bei denen die aus den Inhalten der jeweiligen  österreichischen Dokumente  gewonnenen Erkenntnisse massiv von den jeweiligen  offiziellen italienischen Darstellungen abweichen.

Vertuschung des wahren Sachverhalts

So hatte Italien mittels einer „diplomatischen Note“ unverzüglich die angebliche „Untätigkeit der österreichischen Sicherheitsbehörden gegen die Terroristen, die von Österreich aus operieren“ angeprangert, als  es in der Nacht vom 12. auf den 13. September 1965 am Reschenpass angeblich zu einem „Angriff von BAS-Aktivisten gegen eine Alpini-Kaserne“ gekommen sein sollte. Indes ergaben die Nachforschungen der StaPo, dass es sich lediglich um eine während einer Feier in der „Manuela Bar“ in Reschen  unter angetrunkenen  italienischen Soldaten ausgebrochene Streiterei wegen anwesender deutscher Urlauberinnen gehandelt hatte. Einige Soldaten verließen demnach die Bar, holten in der Kaserne ihre Waffen und eröffneten  das Feuer auf das Lokal. Dagegen waren nirgendwo Einschläge oder Schäden durch angeblich von BAS-Leuten geworfene Handgranaten zu registrieren gewesen.  Stattdessen hatte der ebenfalls anwesende und ebenfalls alkoholisierte Kasernenkommandant  am nächsten Morgen einen „Terroristenüberfall“ gemeldet, um den wahren Sachverhalt zu vertuschen. Und Italien überzog Österreich mit Anschuldigungen. Die Schüsse am Reschenpass  wurden fortan und werden bis heute wahrheitswidrig als „BAS-Anschlag“ dargestellt.

Ähnlich verhält es sich hinsichtlich eines Vorfalls, der sich am 23. Mai 1966 am Pfitscherjoch  – am Grenzverlauf zwischen Südtiroler Pfitschtal und Nordtiroler Zillertal – zutrug. Laut  offizieller italienischer Darstellung löste Bruno Bolognesi, Angehöriger der Guardia di Finanza (Finanzwache), beim Betreten der Schutzhütte nahe der Grenze eine 50-kg-Sprengladung aus, die ihn das Leben gekostet habe. Italien verdächtigte sofort die „Pusterer“, vier BAS-Aktivisten aus dem Ahrntal, und führte ohne Beiziehung österreichischer Sicherheitsbehörden im Zillertal Erhebungen durch. Allerdings existiert auch eine vom Bozner Kommando der Guardia di Finanza  zu dem Vorfall angelegte Bilddokumentation, derer die österreichischen Behörden habhaft wurden. Laut unabhängig voneinander vorgenommener Expertisen  von Spreng(stoff)sachverständigen belegen diese Aufnahmen  – ebenso wie das Foto, welches den toten Finanzer zeigt –  allerdings keinesfalls  die Explosion von 50 kg Sprengstoff, sondern  vielmehr eine Gasexplosion in der Schutzhütte. Nach wie vor beschuldigt Italien besagte  BAS-Aktivisten aus dem Ahrntal, weshalb Rom  deren Rehabilitierung stets strikt ablehnt(e). Wohingegen die „Strafverfolgung“ für jene italienischen Neofaschisten ans Lächerliche grenzt, die für zweifelsfrei erwiesene Sprengstoffanschläge auf österreichische Einrichtungen  – wie am 01. Oktober 1961 auf das Andreas-Hofer-Denkmal in Innsbruck oder  am 18. August 1962 auf das „Russendenkmal“ in Wien, respektive den für einen österreichischen Polizisten tödlichen vom 23. September 1963 am Ebensee – verantwortlich waren.

Ein „Attentat“, das keines war

Der spektakulärste und für die damaligen österreichisch-italienischen Beziehungen folgenschwerste Vorfall  trug sich am 25./26. Juni 1967 auf der Porzescharte, am Grenzverlauf zwischen Osttirol und der italienischen Provinz Belluno, zu. Die vorliegenden österreichischen Akten beweisen zweifelsfrei, dass die offizielle italienische Version, wonach die angeblich von drei „Terroristi“ aus Österreich begangene Tat – Sprengung eines Strommastes und Verlegen einer Sprengfalle, bei deren Detonation vier Soldaten getötet und einer schwer verletzt worden sein sollen, so nicht stimmen kann.

In Italien war nach dem „Anschlag“ auf der Porzescharte die staatlich angeheizte Verdammungspropaganda umgehend auf Hochtouren angelaufen. Es konnten ausschließlich österreichische „assassini“ - Mörder - die Täter gewesen sein.
In Italien war nach dem „Anschlag“ auf der Porzescharte die staatlich angeheizte Verdammungspropaganda umgehend auf Hochtouren angelaufen. Es konnten ausschließlich österreichische „assassini“ – Mörder – die Täter gewesen sein.

Darüber hinaus ging aus mehreren Geländebegehungen und Feldstudien sowie aus der Expertise ausgewiesener Sachverständiger  die sprengtechnische Unmöglichkeit dieser bis heute offiziellen Darstellung hervor, was  Italien bis zur Stunde ignoriert. Für die Experten gilt es als gesichert, dass sich dort  mindestens drei Explosionen ereignet haben müssen. Und es zeigt(e) sich mit einiger Deutlichkeit, dass Angehörige der italienischen „Stay behind“-Organisation „Gladio“ im Zuge der von staatsstreichbeseelten Militärgeheimdienstoffizieren verfolgten „Strategie der Spannungen“ als wahre Verursacher der Geschehnisse gelten müssen, deren Machenschaften  in Italien erst zu Beginn der 1990er Jahre publik werden sollten.  Was  für die 1971 in Florenz  zu Unrecht – weil für eine nicht begangene Tat – und darüber hinaus wider die Europäische Menschenrechtskonvention – weil in Abwesenheit – zu lebenslanger Haft verurteilten drei Österreicher, von denen noch zwei am Leben sind, bis zur Stunde folgenlos geblieben ist.

Instrumentalisierte, gezielte Anschuldigungen

Aus dem was Hubert Speckner sorgsam zusammengetragen, gründlich ausgewertet und im Zusammenwirken mit Sachverständigen aufbereitet sowie durch schlüssige Analysen untermauert  hat, lassen sich wichtige Erkenntnisse gewinnen und resümierend einige revisionistische Schlüsse ziehen. So fanden Aktionen des BAS ungefähr zeitgleich eine gewisse Parallelität durch italienische Neofaschisten. Umgehend instrumentalisierte Italien vor allem jene Vorfälle mit bis heute nicht einwandfrei geklärten Hintergründe und nutzte sie politisch wie medial gegen Österreich. Hatte Italien nach dem Zweiten Weltkrieg alles versucht, um die Südtiroler – mit Hinweis auf die zwischen Hitler und Mussolini vereinbarte, aber infolge Kriegsverlaufs verringerte und schließlich zum Stillstand gekommene  „Option“ – zu Nazis abzustempeln, so stellt(e) es seit Ende der 1950er Jahre  alle BAS-Aktivisten in die rechte Ecke und politisch wie publizistisch unter  Generalverdacht des Neonazismus. Was in politischen Milieus Österreichs und Deutschlands von ganz links bis zur Mitte verfing und bis heute anhält und womit den Aktivisten, die aus Verzweiflung ob der kolonialistischen Unterwerfungshaltung auch des „demokratischen“ Nachkriegsitaliens handelten, bis zur Stunde Unrecht geschieht.

Eine mutmaßliche Gasexplosion in einem italienischen Stützpunkt auf der Steinalm wurde von den italienischen Medien umgehend als Anschlag der „terroristi“ dargestellt, obwohl zu diesem Zeitpunkt ein fremder Zugang zu der mit Wachen, Hunden und Stacheldraht gesicherten Hütte nicht möglich und ein ungesehenes Eindringen in das mit Mannschaft besetzte Haus undenkbar gewesen war.
Eine mutmaßliche Gasexplosion in einem italienischen Stützpunkt auf der Steinalm wurde von den italienischen Medien umgehend als Anschlag der „terroristi“ dargestellt, obwohl zu diesem Zeitpunkt ein fremder Zugang zu der mit Wachen, Hunden und Stacheldraht gesicherten Hütte nicht möglich und ein ungesehenes Eindringen in das mit Mannschaft besetzte Haus undenkbar gewesen war.

Der BAS-Grundsatz, wonach  „bei Anschlägen keine Menschen zu Schaden kommen dürfen“,  wurde trotz Eskalation der Gewalt zwischen 1961 („Feuernacht“) und 1969 (mehrheitliche Annahme des Südtirol-„Pakets“ durch die Südtiroler Volkspartei) weitestgehend eingehalten. Der Tod nahezu aller während dieser Jahre gewaltsam ums Leben gekommenen Personen ist  nicht dem BAS als solchem anzulasten, wie dies fälschlicherweise  von der italienischen Justiz und diversen Medien wahrheitswidrig festgestellt sowie verbreitet wurde und noch heute behauptet wird. Stattdessen handelt es sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit um Unfälle – so im Falle des Todes von Bruno Bolognesi in der Pfitscherjoch-Hütte am 23.06.1966 sowie von Herbert Volgger, Martino Cossu und Franco Petrucci am 09.09.1966 auf der Steinalm-Hütte – , um einen Unfall bzw. um eine  Geheimdienstaktion  – so im Falle des Todes von Olivo  Dordi, Francesco Gentile, Mario Di Lecce und Armando Piva auf der Porzescharte am 25./26.06.1967 – und um Geheimdienstaktivitäten wie im Falle des Todes von Filippo Foti und Edoardo Martini im „Alpenexpress“ zu Trient am 30.09.1967. In den Fällen des Todes von Vittorio Tiralongo (03.09.1964) sowie des  Palmero Ariu und des Luigi De Gennaro (26.08.1965), schließlich auch des Salvatore Gabitta und Guiseppe D´Ignoti (24.08.1966) sind die allfälligen Strafverfahren ohne Anklageerhebung infolge nicht ausreichender Erkenntnisse ohnedies eingestellt worden.

Verdrehung der Tatsachen

Für einige im Zusammenhang mit der Südtirol-Frage zwischen 1961 und 1963  in Österreich  geplante und/oder ausgeführte Anschläge ist dem BAS ursprünglich fälschlicherweise die Täterschaft zugeschrieben worden. Es waren dies die Explosion einer am Denkmal der Republik in Wien angebrachten Sprengladung (30.04.1961); die Sprengung es Andreas-Hofer-Denkmals in Innsbruck (01.10.1961); Schüsse auf die italienische Botschaft in Wien (08.10.1961),  Anschlagsversuche am Wiener Heldenplatz (27.12.1961) und auf das sowjetische Ehrenmal („Russendenkmal“) in Wien (18.08.1962) sowie der für den Gendarmen Kurt Gruber todbringende  Sprengstoffanschlag in Ebensee (23.09.1963), bei dem es zudem zwei Schwer- und neun Leichtverletzte gab.

Die Taten waren von italienischen Neofaschisten bzw. von österreichischen Rechtsextremisten, die nicht dem BAS angehörten oder mit ihm in Verbindung standen, begangen  worden. Ein Zusammenhang zwischen den Anschlägen und dem BAS wurde wahrheitswidrig von ideologisierten Personen sowie von (bewusst) falsch informierten/informierenden Medien in Österreich und nicht zuletzt von italienischen Stellen zur Gänze behauptet,  um den  BAS zu diskreditieren.

Ranghohe Diskutanten verleihen der Studie den Rang des offiziellen Standpunktes  Wiens

Der Südtiroler Freiheitskampf der 1960er Jahre war letztendlich erfolgreich und hat entscheidend  zur politischen Lösung des Konflikts („Paket“) beigetragen. Dies ist unlängst  während einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion in Wien einmütig und eindrücklich bestätigt worden, in deren Rahmen Speckners voluminöse Studie erstmals öffentlich vorgestellt wurde.  Zugegen waren neben dem vormaligen Außenminister Peter Jankowitsch  (am Podium),  dem ehemaligen Verteidigungsminister Helmut Krünes und dem einstigen Justizminister Harald Ofner  ranghohe Vertreter des Staatsarchivs, der Präsidentschaftskanzlei sowie die Spitzen des Bundesheers und nicht zuletzt einige noch lebende Freiheitskämpfer. Zurecht schrieben daher die „Salzburger Nachrichten“, die Anwesenheit höchster Repräsentanten der Republik bei der öffentlichen Präsentation dieser die jüngere Zeitgeschichtsschreibung zuhauf korrigierenden Studie des Militärhistorikers verliehen ihr den Status des offiziellen Standpunkts Österreichs.

Autor Speckner unterstreicht, dass zum „Höhepunkt“ des Aufbegehrens der BAS-Aktivisten etwa 15.000 Angehörige italienischer Sicherheitskräfte zusätzlich in Südtirol stationiert wurden und somit dort das Militär auf insgesamt etwa 40.000 Mann aufgestockt worden war. Trotzdem war deren Einsatz letztlich praktisch wirkungslos. Aufgrund dieses Umstands hatte der Ruf des italienischen Militärs stark gelitten. Und wegen dieses Gesichtsverlusts und der zusätzlichen enorm hohen Kosten hätten in der italienischen Politik letztendlich die „Tauben“ über die „Falken“ die Oberhand gewonnen, worauf es zurückzuführen gewesen sei, dass unter Aldo Moro  eine politische Lösung erreicht werden konnte. Damit und untermauert durch die übereinstimmenden  Aussagen der Diskutanten während der Buchpräsentation dürfte auch die von dem Innsbrucker Zeitgeschichtler Rolf Steininger  aufgestellte und wider alle Einwände von Zeitzeugen sowie aus der Oral History vertretene These, dass der Südtiroler Freiheitskampf kontraproduktiv gewesen sei – „Trotz und nicht wegen der Attentate wurde die 19er Kommission eingesetzt“ – als widerlegt gelten.

Die moralische Verpflichtung Roms

Auf italienischen Druck hin und aus angeblicher Staatsräson hatte Wien damals  wider besseres  Wissen in vielen die Südtirol-Frage bestimmenden Angelegenheiten  den römischen Forderungen nachgegeben. Und zum Nachteil von Südtirol-Aktivisten war seinerzeit von beteiligten österreichischen Stellen sozusagen aus vorauseilenden Gehorsam, mitunter aber auch aus bestimmten Interessenlagen Recht gebeugt worden. Es wäre daher nur recht und billig, dass Österreich alles unternähme, um auf die völlige Rehabilitation der in Italien zu Unrecht Verurteilten und in aller Öffentlichkeit Stigmatisierten hinzuwirken. Wien sollte zudem offensiv gegenüber Rom auftreten, damit Italien seine diese Zeit betreffenden Archivalien freigibt  und  seiner moralischen Verpflichtung nachkommt, der Forschung die Möglichkeit zur Revision dieses unsäglich geklitterten Kapitels auch seiner eigenen politischen Geschichte zu gewähren. Schuldig wäre es dies sowohl den fremden wie den eigenen Opfern.

Nachstehend ein Ausschnitt aus dem Medienecho

12

Die Presse

Südtirol und die Geheimdienste in den Sechzigerjahren

Ein österreichischer Militärexperte hat sämtliche Sprengstoffattentate jener Zeit akribisch analysiert und kommentiert.

02.12.2016 | 19:01 | Hans Werner Scheidl (Die Presse)

 

Um 22.45Uhr in der Nacht vom 30. April auf den 1.Mai 1961 explodierte an der Rückseite des Denkmals der Republik am Schmerlingplatz in Wien, unmittelbar neben dem Parlamentsgebäude, eine Sprengladung. Der vor dem Parlament wachhabende Polizist sah eine zweieinhalb Meter hohe Stichflamme emporschießen, „begleitet von einer heftigen Druckwelle“. Beschädigt wurde lediglich der Sicherungskasten für die Beleuchtung des Denkmals. Spuren gab es keine, nicht einmal Reste einer Zündvorrichtung.

Für die Staatspolizei war das Ganze ein Rätsel. Was sollte der maschingeschriebene Zettel, der in nächster Nähe, an einen Laternenmast geheftet, gefunden wurde: „Die Einhaltung der Naturgesetze ist heiligste Pflicht. Rassenmischung ist Rassentod. Rassenmischung führt zur Artauflösung. Die Erbmasse steht unter Naturgesetz“?

So beginnt Hubert Speckners spannendes Opus magnum über die Südtirol-Krise der Sechzigerjahre, die „Feuernacht“ vom Juni 1961, den ungeklärten Mordfall auf der Südtiroler Porzescharte, die Folterungen Südtiroler Einheimischer durch die italienische Polizei und das undurchsichtige Spiel der Geheimdienste in diesem Krimi, der für mehrere Jahre zu einer feindlichen Stimmung zwischen Wien und Rom geführt hat, die erst nach einem Bundesheereinsatz und Bruno Kreiskys Auftritt vor der UN-Generalversammlung nach Jahrzehnten zu einer friedlichen Lösung geführt hat.

Speckner, der über exzellente Kontakte zur Staatspolizei im österreichischen Innenministerium verfügt, kann in seinem neuesten Werk erstmals aus geheimen Informationen zitieren, die nicht an die heimischen Medien gelangen durften. Schon einmal hat er sich des Vorfalles auf der Porzescharte intensiv angenommen (25.Juni 1967) und ist zu dem Schluss gekommen, dass die damals verdächtigten vier Süd- und Nordtiroler Widerstandskämpfer nicht die Mörder an vier Carabinieri gewesen sein konnten.

Nun, nach dreijähriger Recherche, beschreibt Speckner anhand der sicherheitsdienstlichen Akten jeden einzelnen Sprengstoffanschlag jener Zeit. Und das waren sehr viele. Es war nur logisch, dass in diesen hysterischen Jahren der italienische Geheimdienst seine Finger im Spiel hatte. Doch die in Rom lagernden Aktenbestände sind noch immer gesperrt.

Umso deutlicher sind die Lageberichte der Bundespolizeidirektion Graz mit dem Stempel „Streng vertraulich!“ vom Dezember 1961. Da waren bereits mehrere Südtiroler in italienischer Haft. Die dort vorgenommenen Folterungen der Inhaftierten waren immer wieder Themen in den österreichischen Zeitungen. „Die Presse“ war hier führend. Im vertraulichen Lagebericht heißt es dazu: „Das Bekanntwerden der unmenschlichen Verhörmethoden italienischer Sicherheitsdienststellen bei der Vernehmung von in Italien inhaftierten Südtirolern hat in allen Bevölkerungsteilen nicht nur tiefste Empörung, sondern auch Abscheu hervorgerufen… Die italienischen Protestnoten in Wien werden keinesfalls als Rechtfertigung aufgefasst. Vielmehr scheint es, als versuche Rom durch diese diplomatischen Schritte die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit von den Geschehnissen in Südtirol abzulenken…“ Die mehr als 700 Seiten umfassende Dokumentation Hubert Speckners ist keine Apologie auf den Südtiroler Widerstandskampf gegen den italienischen Neofaschismus, aber sie rückt einige Dinge ins richtige Licht. „Seit den frühen Sechzigerjahren“, schreibt er, „sind für einen Gutteil der österreichischen Bevölkerung die damaligen Aktivisten ,rechtslastige‘ Personen. Natürlich gehörte ein Teil der BAS-Aktivisten einer ,nationalen‘ und ,rechten‘ Ideologie an. Beträchtliche Teile des BAS (des Befreiungsausschusses Südtirol) hatten allerdings mit einer derartigen Ideologie absolut nichts am Hut, und es darf daran erinnert werden, dass einige auch bereits im Widerstand gegen das nazistische deutsche Reich unter Adolf Hitler waren.“ Beispiele waren die Südtirol-Aktivisten der ersten Stunde, „Presse“-Herausgeber Fritz Molden und sein Freund und späterer Nachfolger, Gerd Bacher. (hws)

(„Die Presse“, Print-Ausgabe, 03.12.2016)

3

Buchvorstellung in Wien

SHB: “Buch von Hubert Speckner revidiert Geschichtsschreibung”

Mittwoch, 30. November 2016 | 16:14 Uhr

Von links nach rechts: Roland Lang, Dr. Peter Jankowitsch, Dr. Franz Matscher, Dr. Bruno Hosp und stehend bei seinem Einführvortrag Univ.-Prof. Dr. Reinhard Olt.

Wien – Der Südtiroler Heimatbund erinnert in einer Presseaussendung an die Buchvorstellung des neuen Buchs von Militärhistoriker Oberst Dr. Hubert Speckner “Von der Feuernacht zur Porzescharte“, die vor kurzer Zeit in Wien über die Bühne ging.

“Ein sehr hochkarätig besetztes Podium unterstrich die Wichtigkeit der Ergebnisse von Speckner, dass die bisherige Meinung über die Zeit der Feuernacht und danach wohl neu zu sehen sei. Das ist in der Geschichte gut so, und es löst in revidierender Weiser bisher festgesetzte Denkschablonen auf”, betont Roland Lang.

“Dem Autor Dr. Hubert Speckner verdanken wir dieses außerordentlich wichtige Buch über das Südtirol-Problem der 1960er Jahre in den österreichischen sicherheitsdienstlichen Akten Die verfälschenden Versionen, die Italien in die Welt setzte und weiterhin setzt, sind Ausdruck seiner nationalistischen Nachkriegspolitik, an der sich bis heute wenig geändert hat. Italien könnte mit der Öffnung der italienischen Archive über diese Zeit wesentlich zur weiteren Aufklärung der Geschehnisse beitragen. Warum ist Rom dazu nicht bereit? Welche Machenschaften und Intrigen darf die Öffentlichkeit nicht erfahren? Die Salzburger Nachrichten berichteten in einer positiven Weise über das Werk und verliehen ihm den Status des offiziellen Standpunktes Österreichs. Dies wohl auch deshalb, weil sich unter den Anwesenden gleich drei ehemalige österreichische Minister, der frühere Außenminister Peter Jankowitsch sogar vorne in der Diskussionsrunde, befanden”, so der SHB.

Unter den Gästen befanden sich hochrangige Vertreter des Staatsarchives, der Präsidentschaftskanzlei und des Bundesheers. Auch zahlreiche Freiheitskämpfer der sechziger Jahre als direkt Betroffene sah man unter den Anwesenden. Nur ist es nach wie vor eine Frage des (schlechten) Gewissens, aus welchem Grund Italien nicht die Archive zu diesem Thema öffnet. Hat man Angst vor der historischen Wahrheit, oder muss man sich gefallen lassen, Fehler zuzugeben, die damals in der politisch heißen Zeit gemacht worden sind?”, heißt es weiter.

Das Buch wird in Südtirol am Mittwoch, den 14. Dezember um 18.00 Uhr in Bozen, Franziskanertaverne, erneut vorgestellt. Dort sei es auch möglich, Fragen direkt an den Autor zu stellen, so Lang abschließend.

5

Buchvorstellung zur Feuernacht in Wien

Buchvorstellung zur Feuernacht in Wien

November 28, 2016

Am Montag fand in Wien die Präsentation des Buches von Hubert Speckner „Von der Feuernacht zur Porzescharte“ statt. Dabei lud der Autor zusammen mit prominenter Beteiligung zu einer Vorlesung im Cafe Landtmann, an der auch der Obmann des Südtiroler Heimatbundes Roland Lang teilnahm.

Foto: Thomas Hüttner
Foto: Thomas Hüttner

Neben dem Autor und SHB-Obmann Roland Lang umrahmten die Veranstaltung in Wien der ehemalige österreichische Außenminister Peter Jakowitsch, sowie die beiden Völkerrechtler Franz Matscher und Bruno Hosp.

Die Buchvorstellung wurde eingeleitet durch Grußworte von Prof. Reinhard Olt, bevor Hubert Speckner den Anwesenden sein 700 Seiten umfassendes und 1,5 Kilogramm schweres Wert ausführlich präsentierte.

In seinem Buch geht Speckner auf das Südtirol-Problem in besonderer Berücksichtigung der österreichischen sicherheitsdienstlichen Akten ein. Dabei sind klare Differenzen zu den offiziellen Versionen des italienischen Staates zu erkennen, deren Archive bis heute nicht geöffnet wurden – und einer weiteren Aufklärung damit im Wege steht (UT24 berichtete).

SHB-Roland Lang ging bei der Veranstaltung während seiner Rede auf den Passus seines Treffens mit Heinrich Oberleiter ein. Dabei ging er darauf ein, warum die Attentate der 60er Jahre sehr wohl dazu  beigetragen hätten, die Verhandlungen der Südtirol-Autonomie zu beschleunigen.




Liquidierung des lästigen Südtirol-Problems!

Der österreichische Bundesminister Kurz in alter ÖVP-Tradition

Am 29. November 2016 traf der junge SVP-Obmann Philipp Achammer mit dem österreichischen Jung-Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) in Wien zusammen. Zweck des Gespräches war es, eine Unterstützungserklärung des österreichischen Außenministers für die SVP-Wahlempfehlung für das Verfassungsreferendum am 4. Dezember 2016 zu erhalten.

Bekanntlich unterstützen der Südtiroler Landeshauptmann Kompatscher und sein Parteiobmann Achammer zum Entsetzen der früheren Altmandatare der SVP die zentralistische Verfassungsreform der Regierung Renzi. Sie und der darauf vergatterte Parteiausschuss der SVP fordern die Bevölkerung auf, mit einem „JA“ bei der Stimmabgabe die Umwandlung Italiens in einen autonomiefeindlichen Zentralstaat zu unterstützen.

In Wien bekam Achammer die gewünschte Unterstützung durch den Außenminister Kurz.

Unbekümmerte Verkündung der Unwahrheit

Kurz
Im Anschluss an das Treffen wurde von beiden Politikern unbekümmert die Unwahrheit verkündet, dass es „eine allfällige Überarbeitung des Autonomiestatutes nur mit Zustimmung Südtirols und unter Einbeziehung Österreichs geben wird und darf.“ („Dolomiten“ vom 30. 11. 2016)

Nachstehend eine Presseaussendung vom Südtirol-Sprecher der FPÖ, Werner Neubauer:

FPÖ / Neubauer / Südtirol / Bundesregierung

30.11.2016, 14:25 | OTS0200 | Freiheitlicher Parlamentsklub – FPÖ

FPÖ-Neubauer: Bundesminister Kurz leistet Offenbarungseid zum italienischen Verfassungsreferendum

„ÖVP will sich Südtirol-Problem vom Hals schaffen!“

Werner NeubauerWien (OTS) – Der freiheitliche Südtirol-Sprecher NAbg. Werner Neubauer gab heute zur Erklärung des österreichischen Außenministers Kurz zum anstehenden Verfassungsreferendum in Italien folgende Erklärung ab: „Die von Minister Kurz angesprochenen Erklärungen einzelner italienischer Politiker in der jüngsten Vergangenheit zur Südtirol-Autonomie waren lediglich unverbindliche, allgemein gehaltene Absichtserklärungen, ohne rechtliche Bindewirkung für deren Nachfolger. Es handelt sich hier um keine vertraglichen Vereinbarungen, die vor dem IGH in den Haag eingeklagt werden und damit Aussicht auf Erfolg haben könnten. Derartige, unverbindliche Absichtserklärungen hat es seit dem Pariser Vertrag seit 1946 eine ganze Reihe gegeben und sie wurden in der Vergangenheit noch nie eingehalten. Angesichts der jahrzehntelangen Erfahrungen mit einer oft doppelzüngigen italienischen Diplomatie muss man bei allen Vereinbarungen mit Rom auf einer klaren und einklagbaren vertraglichen Regelung bestehen. Ansonsten ist das negative Ergebnis vorprogrammiert.“

„Die Art und Weise, mit der Außenminister Kurz den römischen Wünschen zusammen mit LH Kompatscher entgegenzukommen bereit ist, fügt sich ein in eine jahrzehntelange Tradition der ÖVP, sich das ‚lästige‘ Südtirol-Problem vom Leibe schaffen zu wollen. Der Verweis von Minister Kurz auf die Situation des Jahres 1992 anlässlich der Streitbeilegungserklärung ist völlig unsachlich. Wenn es um ein drittes Autonomiestatut geht und Österreich keine Parteienstellung einnehmen sollte, scheidet Österreich für die Zukunft als Schutzmacht und als Mitspracheberechtigter für die deutsche und ladinische Minderheit in Italien völlig aus. Genau dies scheint aber offenkundig in der Absicht des Außenamtes zu liegen. Jüngste Interpretationen zur Autonomie und Selbstbestimmungsrecht zeigen einen rasanten Kurswechsel“, so Neubauer.

„Für Südtirol ist es eine zusätzliche Tragödie, dass Landeshauptmann Kompatscher an der Beseitigung der Schutzmachtrolle Österreichs aktiv mitwirkt. Mit vollem Recht lehnt sich der Klub der Altmandatare in der SVP daher dagegen auf und erhebt seine warnende Proteststimme. Was die Behauptung des österreichischen Außenministers Kurz betrifft, Rom hätte sich dazu verpflichtet, die künftige Autonomiegestaltung nur im Einvernehmen mit der Südtiroler Bevölkerung vorzunehmen, so ist diese schlicht weg falsch! Bundesminister Kurz dürfte hier wieder einmal ganz schlecht beraten sein. Völkerrechtsexperte Univ. Prof. Dr. Matscher, hat bereits im Jahre 1992 in seinem Gutachten warnend den Finger erhoben, viele, wie Dr. Oskar Peterlini, tut es auch heute noch. Rom lässt sich in Wahrheit eine weitgehende Entscheidungsfreiheit offen!“, so Neubauer und weiter: „Als Südtirolsprecher der FPÖ bitte ich deshalb unsere Landsleute in Südtirol diesem verderblichen Kurs nicht zu folgen und bei dem bevorstehenden Verfassungsreferendum mit ‚Nein‘ zu stimmen.“

Rückfragehinweis:   Freiheitlicher Parlamentsklub   01/ 40 110 – 7012   presse-parlamentsklub@fpoe.at   http://www.fpoe-parlamentsklub.at   http://www.fpoe.at