Andreas Hofer – Zum 250. Geburtstag des Tiroler Volkshelden

Authentisches Portrait des Oberkommandanten der Tiroler Landesverteidigung, Andreas Hofer, gemalt von Jakob Placidus Altmutter.

Der langjährige Österreich-Korrespondent der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und jetzige Universitätsprofessor Dr. Dr. h.c. Reinhard Olt hat dem SID freundlicherweise nachstehenden Beitrag zur Verfügung gestellt.

Von Reinhard Olt

Die Tiroler verehren ihn als Helden. Ganz gleich, ob sie seiner in Nord- und Osttirol – dem österreichischen Bundesland Tirol – oder im von Italien 1918 annektierten und ihm im Schandvertrag von St. Germain-en-Laye 1919 zugesprochenen südlichen Landesteil – der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol – aus Anlass seines bevorstehenden 250. Geburtstags gedenken: Andreas Hofer gilt ihnen als Volksheld gemeinhin. Und selbst in Welschtirol – der „Provincia autonoma di Trento“, mit der Bozen-Südtirol 1948 durch Schläue und Hinterlist des damaligen italienischen Regierungschefs Alcide De Gasperi in die „Regione autonoma Trentino-Alto Adige“ gezwungen worden war – genießt Hofer über die in den letzten Jahren wieder entstandenen Kompanien des Welschtiroler Schützenbundes hinaus heldische Verehrung.

Lehrjahre des „Sandwirts“

Woher dies rührt? Am 22. November 1767 wurde der Hofer Andrä – nach korrektem Geburtsregistereintrag Andreas Nikolaus Hofer – als jüngstes von sechs Kindern am Sandhof im Passeiertal geboren.

Seine Mutter starb 1770, woraufhin Andreas‘ Vater neuerlich heiratete. Andrä, der nach dem Volkschulbesuch als Knecht, Stallbursche und Dienstbote Erfahrung für seinen späteren Beruf als Gastwirt und Bauer sammelte und zudem die italienische Sprache erlernen sollte und wollte, verdingte sich zwischen 1780 und 1785 im benachbarten Welschtirol: zum einen in Cles, dem Hauptort des Nonsbergs, zum andern in dem Dörfchen Ballino, einem der Knotenpunkte für den Nord-Süd-Handel mit Pferden, Wein und Getreide auf der südwestlichen Handelsroute durch Judikarien nach Oberitalien.

Das gesamte Tirol, einschließlich Welschtirols (des heutigen „Trentino“), beteiligte sich im Freiheitskampf der Tiroler

Bei der adeligen Familie von Miller in Cles und danach im Gasthof Armani-Zanini in Ballino erlernte Hofer nicht nur den lokalen italienischen Dialekt, sondern knüpfte auch Freundschaften, welche ihm später bei der Mobilisierung  von Kämpfern im Trientinischen von Nutzen sein sollten. So avancierte beispielsweise der mit Hofer eng befreundete Marco Zanini aus Ballino zu einem der Anführer der Welschtiroler Aufständischen und rückte 1796 als einer der Kommandanten lokaler Schützenvereinigungen zur Verteidigung Tirols gegen die Franzosen am Tonale-Pass ein, wo auch Hofer einen seiner ersten militärischen Einsätze als Passeirer Schütze hatte. Die Familie von Miller unterstützte die  Erhebung finanziell und logistisch. Daher blieben die Welschtiroler verlässliche Waffenbrüder Hofers im Kampf gegen die Fremdherrschaft; das  Streben Trentiner und Triestiner Irredentisten nach Loslösung vom Habsburgerreich (Risorgimento) lag damals noch in weiter Ferne.

Im Lande unterwegs

Nach des Vaters Tod 1774 war Andreas Hofer gleichsam automatisch in die Position des Hoferben gerückt. Er war nämlich der einzige Sohn, denn aus der ersten Ehe des Vaters  waren lediglich drei Schwestern, aus der zweiten eine Stiefschwester hervorgegangen. Als er das 20. Lebensjahr erreicht hatte,  übernahm Andrä Wirtshaus und den aufgrund von Schäden durch Überschwemmungen  im Tal der Passer verschuldeten Hof. Von nun an war er „der Sandwirt“, bei dem  Säumer und Wanderhändler  ebenso einkehrten wie Fuhrleute, die von Nord gen Süd (vice versa) unterwegs waren und in seinem Stall Ochsen- und Pferdegespanne unterstellten. Der Weg von Sterzing über den Jaufenpass  durch das Passeiertal nach Meran galt damals als wichtige Verbindung und Teilstrecke auf der Brennerroute, worüber der größte Teil des Handels zwischen Süd und Nord (vice versa) abgewickelt wurde.

Neben seiner Existenz als Bauer und Wirt – er hatte 1789 die um zwei Jahre ältere Anna Gertraud Ladurner aus Algund geheiratet und mit ihr sechs Mädchen und einen Sohn gezeugt – betätigte sich Andreas Hofer als Händler. Dieses Geschäft betrieb er vor allem mit den „Walschen“ im benachbarten Trentino,  wie die Italiener bisweilen heute noch von Tirolern genannt werden, das ja Teil der gefürsteten Grafschaft Tirol war. Aus Hofers eigenen Aufzeichnungen geht hervor, dass er mit Pferden, Ochsen, Kleinvieh, Wein und Branntwein handelte. Meist bezog er Vieh aus dem ungarischen Reichsteil, nicht selten aus „Oberungarn“, der heutigen Slowakei. Auf seinem Rückweg aus dem Inntal fasste er Salz aus der Saline in Hall, damals ein kostbares, nahezu mit Gold aufgewogenes Gut.

Von ersten Gefechten…

Sohin viel unterwegs, war Hofer über die Lage im von Napoleon bedrängten Habsburgerreich sowie über die Stimmung in seiner von des französischen Eroberers bayerischen Vasallen unmittelbar bedrohten Heimat bestens im Bilde. In ersten militärischen Berührungen kämpfte der Korporal Andreas Hofer 1796 in einer Meraner Kompanie gegen Napoleons Truppen, die von Oberitalien ins südliche Tirol zogen. Im August desselben Jahres stellte die gesamte Talschaft eine eigene Schützenkompanie auf, in welcher der Sandwirt als „Oberleutnant vom Schießstand Passeier“ aufscheint. Im Jahr darauf führte er als Hauptmann eine Landsturmkompanie nach Meran, rückte gegen das oberhalb von Bozen gelegene Jenesien vor und nahm  an Gefechten gegen die Franzosen teil, die sich zur Räumung Bozens gezwungen sahen und nach Brixen retirierten.

Von 1806 an gehörte Tirol zu Bayern, weil Österreich es im Frieden von Preßburg (26. Dezember 1805) an Napoleons Verbündeten hatte abtreten müssen. Die wirtschaftliche Lage spitzte sich zu, was naturgemäß auch Wirte und Händler zu spüren bekamen. Hofer weihte befreundete Wirte in seine und seiner bedeutendsten Mitstreiter – Josef Speckbacher, seine „rechte Hand“, sowie Peter Mair, „Wirt an der Mahr“ – Aufstandspläne ein und verschaffte sich Bundesgenossen im Passeiertal, im Vinschgau, im Etschtal sowie am Nonsberg und am Sulzberg. Im Januar 1809 brach Hofer nach Wien zu seinem Unterstützer Erzherzog Johann auf, um sich dessen Fürsprache beim Kaiser für einen neuen Krieg gegen Napoleon zu versichern.  Obwohl der kaiserliche Hof und die Militärs einem Volksaufstand misstrauisch gegenüberstanden, brach im April 1809 die Rebellion im „Heil‘gen Land Tirol“ los. Wenngleich Hofers Schützen schlecht ausgerüstet waren, so gelang ihnen doch bei Sterzing ein erster Sieg über die bayerischen Truppen. Auch in Innsbruck war die Erhebung erfolgreich, und in Welschtirol fanden seine Aufrufe starken Anklang: kaiserliche Truppen und Passeirer Schützen eroberten Trient, woraufhin die Franzosen bis zur südlichen Landesgrenze ausweichen mussten und Rofreit/Rovereto  für Tirol zurückgewonnen ward.

…zum Volksaufstand

Wenngleich weniger Welschtiroler als Nord- und Südtiroler dem Aufruf Hofers zu den Waffen gefolgt waren, so verfolgten doch auch sie dasselbe Ziel, nämlich Bajuwaren und Franzmänner aus dem Lande zu treiben. Der bayerische Landesherr hatten nicht nur neue Steuern eingeführt, sondern auch das Landlibell Kaiser Maximilians von 1511 außer Kraft gesetzt, das den Tirolern das Recht verbrieft hatte, ausschließlich für die Verteidigung der eigenen Landesgrenzen eingesetzt zu werden.

Das „Landlibell“, ein Grundstein Tiroler Freiheit und Wehrhaftigkeit, sowie eine alte Schützenfahne der Schwazer Bergknappen.

Die Bayern führten hingegen die allgemeine Wehrpflicht ein; damit wurden junge Tiroler gezwungen, in den Heeren Napoleons an Fronten in ganz Europa und Russland zu kämpfen. Auch die aufklärerischen Ideen der bayerischen Regierung im Sinne Josefs II. wie die Streichung kirchlicher Festtage und religiöser Bräuche kamen bei den streng katholischen Tirolern schlecht an. Weshalb der Volksaufstand aus der Sicht derer, die sich „kritische Historiker“ nennen, als „rückwärtsgewandt“ gilt: den Tirolern sei es vornehmlich um die Wiederherstellung der alten Ordnung gegangen.

Das alte Vorrecht der Tiroler: Alle Stände der Tiroler (auch die Bauern waren in Tirol ein freier Stand) waren zur Verteidigung der eigenen Heimat verpflichtet, mussten aber keinen Kriegsdienst außerhalb der Landesgrenzen leisten. (Links: Colorierter Kupferstich von Placidus Altmutter. rechts: Fahnenblatt der Fahne der Vinschgauer Schützenkompanie von 1809).

„Landesregent Hofer“

Nach Scharmützeln deutsch- und welschtiroler Schützen Anfang Mai 1809 im Etschtal gegen französische Einheiten kam es zur Monatsmitte zu ersten Gefechten am Bergisel. Unmittelbar davor hatte Hofer ein Aufgebot von 5000 gut bewaffneten Schützen gen Norden abmarschieren lassen. Deren erstes Aufeinandertreffen mit bayerischen Truppenkontingenten  endete mit einem Sieg der Tiroler.

Ein weiteres Gefecht am 29. Mai brachte keine Entscheidung; gleichwohl zogen die Bayern  ins Unterinntal ab. Kaiser Franz sicherte daraufhin den aufständischen Tirolern weitere Unterstützung zu. Eine bayerische Interventionsarmee wurde in der zweiten Schlacht am Bergisel bei Innsbruck zurückgeschlagen.

Die Helden des Freiheitskampfes: Andreas Hofer, Josef Speckbacher und Pater Joachim Haspinger. Anlässlich der Jahrhundertfeier 1909 gedruckte Postkarte.

Doch unterdessen verpflichtete sich Österreich gegenüber Napoleon, sämtliche Truppen aus Tirol, wozu damals auch Vorarlberg gehörte, abzuziehen, was bis heute nicht zu Unrecht als Verrat Wiens an Hofer gilt. Dessen Gefolgsleute waren damit faktisch auf sich allein gestellt. Dennoch kesselten sie in unzugänglichen Schluchten des Landes gegnerische Truppenverbände ein und fügten dem Feind schwere Verluste zu.

Mitte Juli 1809 war der Kommandant der Wehrverbände des südlichen Tirol Hofer zum Oberkommandanten  des ganzen Landes ernannt worden. Am 13. August kam es zum dritten Bergisel-Gefecht, bei dem Hofers Mannen noch einmal einen knappen Sieg über Bayern und Franzosen errangen.

Schlacht am Bergisel bei Innsbruck am 13. August 1809, Gouache von Jakob Placidus Altmutter.

Zwei Tage danach übernahm der Sandwirt im Namen des Kaisers die Regierung des Kronlandes Tirol und zog als „Landesregent“ in die Innsbrucker Hofburg ein. In diese Position verhalfen ihm nicht militärisches oder diplomatisches Geschick, sondern sein Charisma: seine Landsleute akzeptierten ihn als einen von ihnen und ordneten sich ihm unter.

Bergisel-Kämpfe

Im Frieden von Schönbrunn hatte Österreich neuerlich die Abtretung Tirols akzeptieren müssen. Anschließend ließ Napoleon 56.000 Mann aus verschiedenen Richtungen aufmarschieren. Unmittelbar  nach dem mit der Verheiratung seiner Tochter Maria Luise besiegelten Friedensschluss des österreichischen Kaisers Franz I. mit Napoleon (14. Oktober 1809) verließ „Landesregent“ Hofer die Innsbrucker Hofburg und war entschlossen, sich zu unterwerfen, ließ sich aber dann doch umstimmen.

Das letzte Aufgebot. Gemälde von Franz von Defregger 1874.

Am 1. November stürmten bayerische Truppen die Verschanzungen am Bergisel. Einige Gefechte endeten für die Tiroler Schützen zwar noch erfolgreich, Hofer musste aber flüchten.

Während er sich in Matrei am Brenner aufhielt, endete das letzte Gefecht am Bergisel mit völliger Niederlage der Tiroler. Hofer, der seine Landsleute dennoch neuerlich zu den Waffen rief, musste sich die folgenden Wochen in Verstecken verborgen halten, da auf seinen Kopf ein beträchtliches Lösegeld ausgesetzt war. Verraten von einem Landsmann, wurde er dann am 28. Januar 1810 verhaftet und nach Mantua überstellt. Unmittelbar davor hatte er in einem Brief an Erzherzog Johann seine Enttäuschung darüber geäußert, „von Österreich im Stich gelassen worden zu sein“. Am 20. Februar 1810 wurde Andreas Hofer in Mantua füsiliert.

„Zu Mantua in Banden …“

Der Fama zufolge soll er während der Gefangenschaft den Liedtext „Ach Himmel, es ist verspielt“ gedichtet haben. Angeblich auch habe er – nach zwölf Schüssen des aus sechs Soldaten bestehenden Exekutionskommandos – noch ausgerufen: „Ach, wie schießt ihr schlecht“; woraufhin ihn dessen befehligender Offizier mittels Kopfschusses vom Leben in den Tod befördert haben soll.

Andreas Hofers letzter Gang: (Postkarte anlässlich der Hofer-Gedenkfeiern 1909).

Hofers Erschießung in Mantua am 20. Februar 1810 (Gemälde von Leopold Pullacher um 1820).

Immerhin nahm der Vogtländer Dichter Julius Mosen diese Sentenz in die abschließende 6. Strophe seines 1831 verfassten Gedichts „Zu Mantua in Banden“ auf, das Leopold Knebelsberger 1844 vertonte und das seit 1948 als „Andreas-Hofer-Lied“ die gesetzlich fixierte Tiroler Landeshymne ist. Für die Mehrheitspartei SVP im Landtag zu Bozen war es indes kein Ruhmesblatt, als sie 2004 die Zustimmung verweigerte, dem Lied Hymnen-Charakter zu verleihen; jedoch wird es auch in Südtirol zu offiziellen Anlässen gespielt und gesungen.

Der Dichter Julius Mosen und das von ihm gedichtete Lied, welches heute die Landeshymne Tirols ist.

Nach der Exekution wurde Hofer im Mantuaner Friedhof  bestattet, jedoch 1823 in einer Nacht- und-Nebel-Aktion von fünf österreichischen Kaiserjägern unter Führung des aus Freiburg im Breisgau (gehörte bis zum Preßburger Frieden zu Vorderösterreich) stammenden Offiziers Georg Hauger exhumiert; die sterblichen Überreste befinden sich seitdem in der Innsbrucker Hofkirche.

Zeitgenössische Darstellung von Hofers Exhumierung in Mantua und sein Grab in der Hofkirche zu Innsbruck. Seine Fahne trägt auch heute noch einen schwarzen Trauerflor, welcher entfernt werden wird, wenn die Landesteilung aufgehoben ist.

Fünf  Jahre zuvor war der einstige Tiroler „Landesregent“ auf Drängen seines Sohnes Johann Stephan nachträglich in den einfachen Adelsstand erhoben worden. Seine Nachkommen durften  sich seitdem „Edle/r von Hofer“ nennen und ein Familienwappen führen. Drei Jahre nach Abschaffung der Adelsprädikate und -privilegien durch die Republik Österreich starb die männliche Hofer-Linie 1921 aus; die weibliche ist indes bis heute, allerdings unter anderen Familiennamen, vertreten.

Verehrung und Verunglimpfung

250 Jahre nach seiner Geburt  und nach bald 210 Jahren seit dem Aufstand gegen den französischen Usurpator und die bayerischen Besatzer bleibt der Volksheld Andreas Hofer eine durchaus schillernde, aber nichtsdestoweniger verehrte Figur. Verständlicherweise vereinnahmt  die Politik den Sandwirt aus Passeier nur zu gerne. Dessen Erhöhung, Glorifizierung und Mythisierung setzte bereits zu Lebzeiten ein. Seit seinem Tod musste Hofer – je nach politischem Gebrauchswert – für zahlreiche Rollen herhalten. Zuerst als Märtyrer im Tiroler Freiheitskampf gefeiert, stand später seine Kaisertreue im Vordergrund. Die Großdeutschen erhoben ihn zum gesamtdeutschen Nationalhelden, die Nationalsozialisten sahen in ihm einen „deutschen Kämpfer“, für viele Südtiroler wurde Hofer nach dem Zweiten Weltkrieg zum Symbol für den Kampf um die seit der Teilung des Landes 1918/1919 verweigerte Selbstbestimmung.

Ein Denkmal auf dem Bergisel bei Innsbruck erinnert bis heute an den Freiheitshelden Andras Hofer. Am 1. Oktober 1961 wurde das Denkmal – wie sich später herausstellte – von italienischen Neofaschisten mit geheimdienstlichen „Gladio“-Hintergrund der Organisation „Giovane Italia“ gesprengt. Es wurde in der Folge wieder restauriert.

Anno 2009 gedachte man zu Innsbruck in einer Landesfeier bei volksfestartiger Beteiligung zehntausender Menschen des Volksaufstands sowie der Bergisel-Kämpfe von 1809. Zum Unmut der in Rom, Bozen, Innsbruck und Wien Regierenden nahmen patriotische Kräfte dies zum Anlass, um demonstrativ den Südtiroler Freiheitskampf der 1950er bis 1970er Jahre sowie die zweimal verweigerte Selbstbestimmung miteinzubeziehen. Linke Publizisten und geschichtsvergessene Politiker stellten alldem den bärtigen Passeirer Schützen und einstigen Oberkommandanten Tirols  als „Alpen-Taliban“ gegenüber und verunglimpften damit  aus ideologischer Verblendung und um der schieren Schmähung willen eine historisch bedeutsame Persönlichkeit, der  Väterglaube, angestammte Heimat  und Landeseinheit über alles ging.

 

Die Südtiroler Schützen ließen es sich nicht nehmen, zum Unmut mancher Politiker 2009 in Innsbruck für die Selbstbestimmung ihres Landes zu demonstrieren. Auch das Geschwätz einiger linker Volksbelehrer beeindruckte sich nicht.

Diese Tiroler Schützenscheibe von 1918 drückt die seitdem nie erstorbene Sehnsucht nach der Aufhebung der Landesteilung aus.

Schützenscheibe von 1918




Neues aus dem Mafia-Land

Bild: In Südtirol plakatierte die „CasaPound“-Bewegung die Losung „Bolzano ist Italien“ und rief zu Demonstrationen für den Erhalt der faschistischen Denkmäler auf.

In dem schönen Badeort Ostia vor den Toren Roms hat die Mafia fest Fuß gefasst. Der bekannte Mafia-Boss heißt Carmine Spada und wurde im vergangenen Jahr zu einer zehnjährigen Gefängnisstrafe wegen Erpressung und Mafia-Zugehörigkeit verurteilt. Insgesamt wurden 7 Mitglieder des wegen Gewalttätigkeit berüchtigten Spada-Clans bereits zu Freiheitsstrafen von insgesamt 56 Jahren Haft verurteilt. Es sind aber noch Mitglieder des Clans sehr unbehelligt tätig, wie ein Ereignis jüngst zeigte.

Der Spada-Clan pflegt gute Freundschaft zu Repräsentanten der neofaschistischen „CasaPound“-Bewegung, welcher ein spektakulärer Wahlsieg in Ostia gelang.

Es gibt Bilder, welche herzliche Umarmungen zwischen „CasaPound“-Politikern und Spada-Clan-Leuten zeigen.

Jetzt aber bewegen neue Fernsehbilder die italienische Öffentlichkeit: Der für den Sender RAI recherchierende Reporter Daniele Piervincenzi wollte Roberto Spada, den Bruder des Bosses Carmine Spada in Ostia nach seinen Verknüpfungen zur neofaschistischen „CasaPound“-Bewegung befragen.

Roberto Spada antwortete, indem er – unbeeindruckt von der Fernsehkamera – nach vorne sprang und dem Journalisten mit einem Kopfstoß die Nase brach.

Danach ergriff Roberto Spada einen Schlagstock, prügelte auf den Reporter ein und jagte ihn die Straße entlang.

Der Reporter hatte eine gebrochene Nase und andere Gesichtsverletzungen davongetragen, sowie auch Hiebe auf den Rücken einstecken müssen.

Die italienische Justiz reagierte auf ihre Weiser: Roberto Spada blieb auf freiem Fuß. Die von ihm verursachten Verletzungen wurden als nicht ausreichend schwerwiegend beurteilt.

Da können auch die zuständigen Staatsanwälte und Richter in der Nacht ruhig schlafen und müssen sich keine Sorgen machen, wenn es an der Tür klingelt.




Ein vorbildliches Werk der Heimatpflege!

Außer den Freiheitskämpfen von 1809 hat kaum ein Geschehen die Tiroler Identität so geprägt, wie die tragischen Ereignisse des Ersten Weltkrieges. Nach einem unglaublich blutigen Opfergang im Osten sah sich das Land Tirol dem hinterlistigen Überfall durch den bisherigen Verbündeten Italien ausgesetzt. Diesem neuen Feind hatte Tirol zunächst nichts entgegen zu stellen, als die für den regulären Militärdienst zu jungen Burschen und zu alten Männer, die nun als Standschützen die Heimat verteidigten.

Standschütze, Michael Senn
Der mit 76 Jahren älteste Standschütze, Michael Senn, „immer noch der beste Schütze in und um ganz Meran“, der bereits 1859 und 1866 gedient hatte. Auf 2.700 Meter Höhe stieg er noch hinauf, er gab den ersten Schuß gegen die anstürmenden Aggressoren ab. Links: In eisiger Höhe eine Feldmesse für die Standschützen.

Die Soldaten der italienischen Armee: 1: Bersaglieri; 2: Alpini; 3: Askari; 4: Lanciere: 5. Infanterie-Offizier (Bild entnommen aus: „Die Geschichte des Weltkrieges“, III. Band, Hg.: Oberst Alois Veltze, Wien o.J.).

Rund 3,5 Millionen gut ausgebildeter Soldaten konnte Italien zum Angriff auf das Kaiserreich bereitstellen. Bei Kriegsbeginn waren die regulären Tiroler Regimenter Großteils an der russischen Front eingesetzt. Zur Landesverteidigung meldeten sich in der ersten Kriegswoche 12.000 Freiwillige, darunter 1.500 Männer zwischen 65 und 70 Jahren und in Masse noch nicht wehrpflichtige Knaben von 12 bis 17 Jahren. Diese Mannschaften hielten in den folgenden Monaten dem ersten Ansturm auf Tirol und auch auf Kärnten stand.

Mit einem Werk, welches vordergründig ein Lokalgeschehen – das „Schicksal der Gemeinde Kiens im Ersten Weltkrieg“ – behandelt, ist dem Herausgeber, der Schützenkompanie Ehrenburg, in Wahrheit eine kulturhistorische und heimatpflegerische Großtat gelungen.

Schützenkompanie Ehrenburg

Am Beispiel des Südtiroler Gemeindeverbandes Kiens entrollt sich vor dem Auge des Lesers die ganze damalige Tragödie des Landes Tirol, welches in der Folge zerrissen werden sollte und dessen südlicher Teil der Knechtschaft und der Unterdrückung durch den Faschismus ausgeliefert wurde.

Georg Dattenböck stellt dieses von Rupert Gietl unter der Mithilfe von Juri Oberlechner, Karl Pfeifhofer, Efrem Oberlechner und anderen Schützenkameraden gestaltete wertvolle Buch unseren Lesern vor.

„Unsere Helden – Schicksal der Gefallenen der Gemeinde Kiens im Ersten Weltkrieg“

Wer heute, irgendwo im deutschen Sprachraum lebend, nun meinen sollte, daß ihn dieses 2017 erschienene Buch, das „den Kriegsteilnehmern und insbesondere der Gefallenen von Kiens, Ehrenburg, St. Sigmund, Getzenberg und Hofern gewidmet“ ist, kaum berühren wird, weil es eine kleine (33,84 km²) Gemeinde im Pustertal bei Bruneck, mit einer Einwohnerzahl von nur 2806 Tirolern betrifft und er diesen Ort vielleicht auch gar nicht kennt, dem muß der Rezensent sagen: Du irrst Dich schwer! Es betrifft uns alle, wer und wo wir auch sind! Auch im Zusammenhang der derzeit geteilten, aber nie teilbaren Heimat, betrifft es unsere Gegenwart und Zukunft!

Juri Oberlechner, einer der sehr verdienstvollen Autoren und Schützenhauptmann, berichtet zu seinem und zum Antrieb seiner vielen ehrenamtlich tätigen Kameraden, dieses Werk zu verfassen:

Genau hundert Jahre nach der Kriegserklärung Italiens an Österreich-Ungarn hielt die Schützenkompanie Ehrenburg am 23. Mai 2015 in Kiens eine Gedenkfeier ab. Im Besonderen gedachte die Bevölkerung der Tiroler Standschützen, die gemeinsam mit dem deutschen Alpenkorps die angreifenden Italiener an der neu entstandenen Tiroler Front in Schach hielten. Sie waren das so genannte letzte Aufgebot, denn die regulären Truppen Tirols waren größtenteils an der Ostfront im Einsatz. Erinnert wurde auch der tapferen Kaiserjäger, Landesschützen und Landsturmmänner. Viel zu viele von ihnen verloren in den Schlachtfeldern Europas ihr junges Leben, zu viele von ihnen verbluteten im Abwehrkampf an der Südfront oder starben an den Strapazen und Krankheiten in russischer oder italienischer Kriegsgefangenschaft. Beim anschließenden Heldengedenken am Kriegerdenkmal wurde jeder einzelne Name der damals bekannten 129 Kriegstoten der Pfarre Kiens verlesen. Es war ein sehr bewegender Moment.

 

 In den darauffolgenden Wochen ließen uns die Gedanken an unsere Landesverteidiger nicht mehr los. Welche Schicksale stehen hinter diesen vielen Namen, wo kämpften und starben sie, wo liegen sie heute begraben, hinterließen sie Kinder und Frauen? Fragen über Fragen, die es zu beantworten galt. Die Idee zu einem Gedenkbuch für unsere Helden war geboren. (…)

Über zwei Jahre ehrenamtlicher Arbeit, unzählige Stunden und viel Herzblut stecken in diesem Buch. Mit diesem Werk hat die Schützenkompanie Ehrenburg einen Ihrer Aufträge wahrgenommen, sie hat einen wichtigen Teil unserer Landes- und Gemeindegeschichte aufgearbeitet. Wir können uns schwer vorstellen, was unsere Vorfahren alles durchmachen mußten (…)

Dieser sinnlose blutige Krieg nahm für uns Tiroler auch ein bitteres politisches Ende. (…) Gegen den Willen der Bevölkerung wurde eine über Jahrhunderte währende Einheit zerstört. Unser Land wurde annektiert und eine Unrechtsgrenze mitten durch Tirol gezogen. Die Opfer des Ersten Weltkrieges wiegen besonders schwer, denn diese Unrechtsgrenze lebt bis heute fort. Die Kriegerdenkmäler in unserer Gemeinde sollen uns mahnen, den Frieden zu leben, sie sollen uns aber auch ermutigen, für Freiheit und Gerechtigkeit einzustehen…“

 Rupert Gietl, der Verfasser, berichtet: „Es war von Anfang unser Ziel, Geschichte und Geographie des Ersten Weltkrieges aufs Engste miteinander zu verknüpfen. Die zahllosen Namen, welche mit den Menschen und Geschehnissen verbunden sind, sollten einen festen Platz auf der Karte Europas und darüber hinaus bekommen. Dadurch entstand aus der losen Reihe der Gefallenen eine Fortsetzungsgeschichte, die uns von den Schüssen von Sarajevo bis in die 1920er Jahre führte.  (…)

Mit unglaublicher Hilfsbereitschaft wurden uns aus vielen Teilen Europas und darüber hinaus Informationen zur Verfügung gestellt und Hinweise gegeben. Manch ein Helfer machte sich sogar selbst auf den Weg, um ein Grab aufzusuchen oder einen Namen auf einem Friedhof zu ermitteln (…). Am Schluß bleibt uns die Gewißheit, einen kleinen Beitrag gegen das Vergessen geleistet zu haben, auf daß sich solches Leid nie mehr wiederholen möge“.

Der Leser wird am Beginn des Buches, dokumentiert mit vielen uralten Fotos, die friedliche Welt der kleinen Tiroler Weiler und Dörfer in der Gemeinde Kiens im Pustertal vor dem Jahre 1914 nahegebracht, eine Welt, die man sich erst vorstellen und erarbeiten muß.

In weiteren Kapiteln wird dann der interessierte Leser über Tirol und die bewaffnete Macht in den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg, über die Streitkräfte Österreich-Ungarns, über die allgemeine Wehrpflicht und die Heeresreformen in Tirol, sowie die Militäreinheiten in Tirol bei Kriegsausbruch, unterrichtet.

Im Kapitel „Die Biographien“ werden u.v.a. die Auswahlkriterien der wichtigsten Quellen, die Listen der Gefallenen, die Truppen- und Kappenabzeichen, dutzende Übersichtskarten über die Todesorte der Gefallenen an allen Kriegsschauplätzen (!!!) abgedruckt, ein Literatur-, Namens-, Orts- und Hofverzeichnis (!!!) gibt eine vorzüglich recherchierte Auskunft. Der Rezensent zählte an die 540 Abbildungen aller Art.

 

Unendliche Mühe wurde sichtlich auf die Sammlung der Sterbebilder der Gefallenen aufgewendet und auf den erstellten Landkarten sieht man den Namen des Gefallenen, hier: Peter Sitzmann, Leitnersohn in Lothen bei St. Lorenzen, Landesschütze im 3. Landesschützenregiment, der beim Kampf unterhalb des Buole-Passes schwer verwundet wurde und am Hilfsplatz bei Zugna gestorben ist.

Dieses Buch geht mit einer Eindringlichkeit, mit einer historischen Ehrlich- und Genauigkeit und einer sehr spürbaren Liebe zur Gemeinschaft der lebenden und gefallenen Tiroler unter die Haut.

Erstmals sehen womöglich viele Familien Gesichter von damals gefallenen Angehörigen wieder, die scheinbar bereits dem immerwährenden Vergessen anheimgefallen wären.

Der Großvater des Rezensenten hatte im Salzburgisch-OÖ. Infanterie-Regiment 59 „Rainer“, den südlichsten Punkt der Tiroler Verteidigungsstellung, den Monte Cimone, auch noch nach der Sprengung eines Teiles des Gipfels durch italienische Mineure, mit verteidigt. Er war mit seinem Regiment, der letzten geordnet abziehenden österreichischen Truppe, mit dem Zuruf an die Bozener: „wir kommen wieder“ nach Hause gezogen.

Der Rezensent wünscht sich in Einklang mit der Gesinnung seines verstorbenen Großvaters, daß dieses Buch viele Auflagen und Leser erleben und daß es Vorbild für ähnliche Projekte in vielen Gemeinden werden möge.

Rupert Gietl:
„Unsere Helden – Schicksal der Gefallenen der Gemeinde Kiens im Ersten Weltkrieg“

Verlag Effekt! Buch 2017
ISBN: 978-88-97053-42-2
€ 29,90




Wissenschaftliche Studie zur Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler

Bild: „Süd-Tiroler Freiheit“

Der Landtagsklub der Süd-Tiroler Freiheit hatte im Oktober 2015 in Bozen eine internationale Tagung mit dem Titel „Doppelte Staatsbürgerschaft als Mittel des Minderheitenschutzes im europäischen bzw. internationalen Vergleich“ veranstaltet. Auf einer Pressekonferenz wurde nun am 29. September 2017 der mit aktuellen Fachbeiträgen angereicherte Tagungsband zu der damaligen Veranstaltung vorgestellt. Er soll Universitäten zu weiteren Forschungen, aber vor allem der Politik zur Umsetzung der doppelten Staatsbürgerschaft dienlich sein.

In einer Presseerklärung der „Süd-Tiroler Freiheit“ heißt es: In zwölf Beiträgen wird das Thema doppelte Staatsbürgerschaft aus diversen (rechtlichen, länderspezifischen, minderheitenbezogenen) Perspektiven beleuchtet.

Die Autoren, die aus den unterschiedlichsten Regionen der Europas und der restlichen Welt stammen, sind oft selbst Angehörige einer Minderheit und sind politische Vertreter, hohe Beamte, Juristen, Wissenschaftler an Universitäten oder Vertreter von Kulturvereinen.

Nachstehend eine kurze Auswahl von Aussagen der Autoren:

Peter Hilpold, Innsbruck:

„Es gibt völkerrechtlich überhaupt keine Notwendigkeit mehr, im Verhältnis zwischen Italien und Österreich eine Mehrstaatigkeit zu verhindern.“

 Everton Altmayer, Dreizehnlinden:

„Die brasilianisch-österreichischen Doppelstaatsbürger besitzen das Wahlrecht bei den Bundespräsidentenwahlen, Nationalratswahlen und Europawahlen.“

Norbert Rasch, Schlesien:

„Als Kardinal Karol Wojtyła 1978 zum Papst gewählt wurde, wurde er polnisch-vatikanischer Doppelstaatsbürger. Polen fing an, Doppelstaatsbürgerschaften zu dulden. Im Grunde hatte es auch keine andere Wahl, denn den Papst sozusagen einzusperren, wenn er nach Polen kommt, wäre sicher vermessen gewesen.“

 Roza Hovhannesyan, Jerewan:

„Das Institut für die doppelte Staatsbürgerschaft hat sich die einseitige Verpflichtung der Republik Armenien auferlegt, Armenien, im Rahmen des Völkerrechts, zur geistigen Heimat für alle Armenier zu machen, zur Stärkung der Beziehungen zur Diaspora beizutragen, ebenso zum Erhalt des armenischen historischen und kulturellen Erbes im Ausland sowie zur Entwicklung des armenischen Bildungs- und Kulturlebens.“

 Koloman Brenner, Budapest:

„Im Zusammenhang mit der Entstehung des ungarischen Minderheitengesetzes und somit in der kurzen Zeitspanne von 1990 und 1993 wurde auch über die doppelte Staatsbürgerschaft diskutiert. Der damalige deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl machte einen vorsichtigen Vorstoß für eine zusätzlich deutsche Staatsbürgerschaft für die Ungarndeutschen.“

 Maurizio Tremul, Capodistria:

„Die Wiedererlangung der italienischen Staatsbürgerschaft hat für uns einen besonderen moralischen Wert. Sie unterstreicht die Verbundenheit zwischen der Mutternation Italien und den Italienern von Kroatien und Slowenien und sie trägt dazu bei, dass die italienische Identität, Sprache und Kultur gestärkt und intensiver gelebt werden.“

 Julijan Čavdek, Görz:

„Es ist vielmehr eine emotionale Angelegenheit, wenn der slowenische Staat, die slowenische Nation endlich unser Referenzstaat, unsere Mutternation und Heimat ist, und zwar für alle Slowenen, das heißt, für die slowenischen Minderheiten in Italien, Österreich, Kroatien und Ungarn sowie für die Ausgewanderten einschließlich der politischen Diaspora.“

Ernő Fancsali, Klausenburg:

„Ungarn hat sein Gesetz zur Staatsbürgerschaft im Jahr 2010 geändert. Dieses ermöglichte es ehemaligen ungarischen Staatsbürgern und deren Nachkommen, die ungarische Staatsbürgerschaft zu erlangen, ohne dabei in Ungarn leben zu müssen.“

 Daniel Turp, Quebec:

„Die Gesetzeslage ist somit im Wandel begriffen, und der Schutz eines Bürgers im anderen Staat, dessen Staatsangehörigkeit dieser Bürger besitzt, könnte zukünftig erlaubt sein, wenn bei ihm die Staatsbürgerschaft dieses Staates vorherrschend ist.“

 Jan Diedrichsen, Baistrup:

„Seit dem 1. September 2015 erkennt Dänemark die doppelte Staatsangehörigkeit im Verhältnis zu anderen EU-Mitgliedsstaaten an. Wenn sich deutsche Staatsangehörige in Dänemark einbürgern lassen möchten, müssen sie weder ihre deutsche Staatsbürgerschaft aufgeben noch eine Beibehaltungsgenehmigung vorlegen.“

 Andrea Carteny, Rom:

„Das neue ungarische Staatsbürgerschaftsgesetz gestattete es den außerhalb des ungarischen Staatsgebietes siedelnden Ungarn, nicht nur die ungarische Staatsbürgerschaft zu erwerben, sondern auch, einige Rechte zuerkannt zu bekommen, insbesondere das Recht, ungarischer Herkunft zu sein, und dies unter Beibehaltung der nicht-ungarischen Staatsbürgerschaft.“

 Andrea Carteny, Rom:

„Die Tschechen beantragen die slowakische Staatsbürgerschaft, oder die Slowaken beantragen die tschechische.“

 Andrea Carteny, Rom:

„Alle, die nach dem Abstammungsprinzip nachweisen können, dass sie zurück bis zur dritten Generation rumänische Vorfahren haben, können die rumänische Staatsbürgerschaft beantragen.“

 Alexandra von Schantz, Åland:

„Befürchtungen, dass eine doppelte Staatsbürgerschaft die Gesellschaft spalten könnte, haben sich nirgends bewahrheitet. Im Gegenteil: Die Gesellschaft wird nicht gespalten, sondern gestärkt, weil durch die doppelte Staatsbürgerschaft die Minderheiten mehr Anerkennung erfahren. Finnland und Åland sind gute Beispiele dafür. Vielmehr sind es die Nicht-Akzeptanz und die Unterdrückung von Minderheiten, die zu einer Spaltung der Gesellschaft führen.“

Franz Watschinger, Innsbruck:

„Das Wahlrecht für Südtiroler hätte einerseits den Vorteil, dass die Südtiroler das Gemeinwesen mitgestalten könnten, auch mehr Interesse hätten an Österreich. Andererseits müsste sich Österreich umgekehrt mehr um die Angelegenheiten der Südtiroler kümmern und deren Befindlichkeiten berücksichtigen.“

Dies kurzen Auszüge aus den Beiträgen geben eine Vorstellung davon, dass in den meisten Staaten der EU sowie weltweit die doppelte Staatsbürgerschaft längst Realität ist und sich auch international zum Schutz von Minderheiten bewährt hat. Durchgehend stellt sich heraus, dass die doppelte Staatsbürgerschaft einen Mehrwert darstellt und sie nirgends zu einer Spaltung der Gesellschaft geführt hat, sondern, im Gegenteil, sich als probates Mittel des Minderheitenschutzes, der Befriedung zwischen Mehrheit und Minderheit sowie der Bereicherung für jede Minderheit bewährt hat.

Mit der Tagung und dem nun vorliegenden Tagungsband wurde der Süd-Tiroler Freiheit von einem namhaften Referenten und Koautor, Prof. Daniel Turp von der Universität Montréal, attestiert, dass sie wissenschaftliches Neuland betreten hat. In der Tat war und ist es das Ziel der Süd-Tiroler Freiheit, das Thema doppelte Staatsbürgerschaft auf eine akademische Ebene zu heben und dabei eine Reihe von Halb- und Unwahrheiten auszuräumen.

 Tagungsband für österreichische Nationalratsabgeordnete

Die Süd-Tiroler Freiheit wird nun den Tagungsband allen Abgeordneten im österreichischen Parlament, aber auch den Landtagsabgeordneten im Bundesland Tirol und in Südtirol zukommen lassen. Er soll eine wissenschaftliche Grundlage für eine sachliche Diskussion bilden, gerade im Hinblick auf die Umsetzung der doppelten Staatsbürgerschaft für die Südtiroler.

Die Süd-Tiroler Freiheit ist überzeugt: Die Wiedererlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft wäre ein Meilenstein in der Südtirol-Politik und langfristig die beste Absicherung der Autonomie. Die Südtirol-Autonomie ist nämlich eine rein ethnische Autonomie zum Schutze der österreichischen Minderheit in Italien. Mit der doppelten Staatsbürgerschaft wären die Südtiroler auch rechtlich wieder österreichische Staatsbürger, und deren Anspruch auf die Autonomie wäre somit außer Zweifel gestellt.

Mehr dazu in dieser Dokumentation.

Im Zeichen der doppelten Staatsbürgerschaft steht auch die am 8. Oktober stattfindende Brennerkundgebung der Süd-Tiroler Freiheit.




Auf zur Kundgebung am Brennerpass: Sonntag, 8. Oktober 2017

Nachdem die Südtiroler und ihre Freunde und Unterstützer in Österreich in der Frage der Doppelstaatsbürgerschaft von den österreichischen Bundesregierungen seit nunmehr 8 Jahren an der Nase herumgeführt werden, hat die Landtagspartei „Süd-Tiroler Freiheit“ (STF) nun zu einer Kundgebung am Brenner aufgerufen. Alle Freunde Südtirols sind dazu eingeladen.

Es ist zu hoffen, dass diese Kundgebung dazu beitragen wird, den berechtigten Anliegen unserer Südtiroler Landsleute in Österreich wieder mehr Gewicht zu geben.

Die Dokumentation „Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler“ zeigt auf, worum diese Forderung wichtig und berechtigt ist.

Kundgebung am Brennerpass für doppelte Staatsbürgerschaft

Kundgebung am Brennerpass für doppelte Staatsbürgerschaft




Dokumentation: Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler

von Hans Fingeller

Der Wunsch der Südtiroler

Zusammen mit Vertretern der „Süd-Tiroler Freiheit“ und der „Freiheitlichen“ erklärten im Dezember 2009 die Parlamentsabgeordneten der „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) Dr. Siegfried Brugger und Dr. Karl Zeller, dass sie sich eine doppelte – italienische und österreichische – Staatsbürgerschaft für die Südtiroler wünschten.

Rechtlich sowohl seitens Italiens wie seitens Österreichs möglich

 

Dr. Karl Zeller
Dr. Karl Zeller

Rechtlich sei dies durch eine Ausnahmeregelung im österreichischen Staatsbürgerschaftsrecht ohne weiteres möglich, erklärte der Südtiroler Parlamentarier und Rechtsexperte Dr. Karl Zeller.

Auch Italien ermögliche den im Ausland lebenden Minderheiten italienischer Sprachzugehörigkeit derartige Doppelstaatsbürgerschaften und habe etwa viele kroatische (Nicht-EU-) Staatsangehörige aus Dalmatien zu EU-Bürgern gemacht. Es seien sogar 18 Sitze im Senat und in der Abgeordnetenkammer diesen  „Auslandsitaliener“ vorbehalten.

Das italienische Staatsbürgerschaftsgesetz von 1992 erlaube zudem italienischen Staatsbürgern den Erwerb einer zweiten Staatsbürgerschaft, ohne dass sie dabei die italienische abgeben müssten. Dies gelte natürlich auch für die Südtiroler. Von staatlich italienischer Seite gebe es daher keine Hindernisse.

Unterstützung durch FPÖ – Ablehnung durch ÖVP

Volle Unterstützung erhielt das Südtiroler Begehren durch die „Freiheitliche Partei Österreichs“ (FPÖ) und deren Südtirolsprecher und Nationalratsabgeordnete Werner Neubauer.

Ebenso umgehend nahm damals der Nordtiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) gegen den Wunsch der Südtiroler Stellung. Just zu Weihnachten, am 24. Dezember 2009 erschien in der Südtiroler Tageszeitung „Dolomiten“ ein Interview mit ihm, in welchem er den Vorschlag der Südtiroler vehement ablehnte: „Ich sehe darin mehr einen Vorwand für eine neuerliche Diskussion um die Verschiebung der Staatsgrenzen.“ Eine solche zu verlangen, zeuge von Verantwortungslosigkeit und mangelndem Geschichtsbewusstsein.“

War es schon seltsam genug, aus dem Mund eines Nordtiroler ÖVP-Landeshauptmannes zu hören, dass die Aufrechterhaltung der Unrechtsgrenze am Brenner eine moralische Pflicht sei, so wurde im Jänner 2010 die Situation noch skurriler. Der sogenannte Südtirolsprecher der ÖVP, Hermann Gahr, lehnte die Doppelstaatsbürgerschaft öffentlich ab. Dies veröffentlichte die „Tiroler Tageszeitung“ am 5. Jänner 2010.

Der ÖVP-Seniorenobmann Andreas Khol erteilte in der „Tiroler Tageszeitung“ vom 15. Jänner 2010 der Doppelstaatsbürgerschaft eine Absage, führte dafür eine Reihe von fadenscheinigen Begründungen an und behauptete, dass diese dem Geist des Pariser Vertrages widerspreche. Besser hätte dies kein römischer Politiker argumentieren können.

Einen Tag später, am 16. Jänner 2010 versuchte Khol den Südtiroler Landsleuten jede Hoffnung zu nehmen, indem er in der Südtiroler Tageszeitung „Dolomiten“ erklärte, dass eine solche Doppelstaatsbürgerschaft Italien provozieren würde und daher „gefährlich“ sei.

Am 18. Jänner 2010 enthüllte der FPÖ-Südtirolsprecher Werner Neubauer in einem Pressedienst, welche pro-italienische und liebedienerische Position die ÖVP in dieser Frage einnahm: Vor seiner Abreise nach Villanders habe er, so Neubauer, Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) persönlich auf die Frage der Doppelstaatsbürgerschaft angesprochen und eine verblüffend offene Antwort erhalten:

‚Spindelegger erklärte mir unverblümt, dass es für ihn nicht in Frage komme, Italien zu verärgern. Auf die von der Südtiroler Volkspartei (SVP) angekündigte große Unterschriftenpetition für den Erhalt einer zusätzlichen österreichischen Staatsbürgerschaft für ladinische und deutsche Südtiroler hat mir Außenminister Spindelegger offen ins Gesicht gesagt, dass er diese Vorgangsweise für blanken Populismus halte und nicht im Entferntesten daran denke, diesem Wunsch der Südtiroler zu entsprechen.‘

Gegenüber den Medien war Spindelegger nicht so deutlich. In einem Interview mit der Südtiroler Tagezeitung „Dolomiten“ vom 12. Februar 2010 erklärte er gewunden, dass man „keine falschen Hoffnungen“ wecken solle. Zunächst müsse man „einen intensiven Prüfungsprozess in Gang setzen“. Von einer Unterschriftenaktion zur Unterstützung der Südtiroler Wünsche, welche von der Landtagspartei „Süd-Tiroler Freiheit“ (STF) angekündigt wurde, riet er ab.

20.000 Unterstützungsunterschriften

Am 18. Februar meldete die Südtiroler Tagezeitung „Dolomiten“, dass die „Süd-Tiroler Freiheit“ (STF) in Österreich 20.000 Unterstützungsunterschriften gesammelt habe, ohne dass diese Südtiroler Landtagspartei in Österreich auf irgendeine Organisationsstruktur oder Medienpräsenz habe zurückgreifen können.

Am 23. Februar 2011 wurden diese Unterschriften – es waren mittlerweile 21.000 geworden – dem Österreichischen Nationalrat übergeben.

Keine verfassungsrechtlichen Bedenken

Am 28. April 2011 teilte das Bundeskanzleramt den Initiatoren der Unterschriftensammlung mit, dass gegen eine Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler mit: „Allgemein verfassungsrechtliche Bedenken gibt es keine.“

Verfassungsrechtsgutachten: Doppelstaatsbürgerschaft möglich

Am 30. Mai 2011 stellte die „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) in Bozen ein Gutachten des österreichischen Verfassungsrechtlers Univ.-Prof. Dr. Walter Obwexer vor, welcher zu eindeutigen Schlüssen gelangt war. Die „Dolomiten“ berichteten darüber am 31. Mai 2011.

Spott und Hohn vom österreichischen Außenminister

Der österreichische Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) hatte dafür nur Spott und Hohn übrig. Man könne Staatsbürgerschaften nicht „wie Briefmarken“ sammeln.

Am 27. Dezember 2011 legten die „Dolomiten“ nach und veröffentlichten über eine ganze Seite einen ausführlichen Bericht darüber, dass Ungarn seinen in anderen Staaten lebenden Volksangehörigen die ungarische Staatsbürgerschaft als Doppelstaatsbürgerschaft gewährt.

Dies beeindruckte natürlich den österreichischen Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP)  in keiner Weise.

Scheinbarer „Durchbruch“ im parlamentarischen Ausschuss in Österreich

Nachdem sich der Südtiroler Landtag am 9. März 2012 mit großer Mehrheit für Doppelstaatsbürgerschaften für Südtiroler ausgesprochen hatte, berichteten die „Dolomiten“ am 23. März 2012 erfreut:

„Rechtlich gibt es keine Hürden für die Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler. Das erklärten Experten gestern unisono vor dem Südtirol-Unterausschuss im Österreichischen Nationalrat. ‚Jetzt ist es nur mehr eine politische Entscheidung, ob der Doppelpass den Südtirolern ermöglicht wird oder nicht‘, erklärt der Südtiroler Parlamentarier Karl Zeller.

Die österreichische Bundesregierung unternahm trotz wiederholten Drängens von Südtiroler Seite nichts.

Am 26. August 2013 protestierten die FPÖ-Nationalratsabgeordneten Werner Neubauer und Mag. John Gudenus in einer Presseaussendung über die „Austria Presse Agentur“ (APA) dagegen, dass vor allem in Wien die Zahl der Einbürgerungen von Ausländern von Jahr zu Jahr ständig steige, hunderte von Staatsbürgerschaftsansuchen von Südtirolern aber unbearbeitet blieben.

Abgeschmettert im Österreichischen Nationalrat – willfährige SVP-Spitze

Am 5. Juli 2013 kam es im Österreichischen Nationalrat zum Offenbarungseid. Ein „Bericht des Bundesministers für europäische und internationale Angelegenheiten an den Nationalrat“  machte deutlich, dass die Bundesregierung keine Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler wünschte. Darin hieß es in bemerkenswert unpräziser Ausdrucksweise,

dass die Einführung eines vereinfachten Erwerbs der österreichischen Staatsbürgerschaft für SüdtirolerInnen“  mit „völkerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Hürden“  verbunden wäre.

Der freiheitliche Südtirol-Sprecher und Nationalratsabgeordnete Werner Neubauer

Die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP schmetterten daher zusammen mit den „Grünen“ den Antrag des freiheitlichen Südtirol-Sprechers und Nationalratsabgeordneten Werner Neubauer ab, mittels Einfügen eines einzigen Absatzes im Staatsbürgerschaftsgesetz, den Südtirolern die doppelte Staatsbürgerschaft zu ermöglichen.

In einer Presseaussendung erklärte der Abgeordnete Werner Neubauer dazu:

Die Bundesregierung hat sich damit gemeinsam mit den Grünen geweigert, unseren Landsleuten südlich des Brenners diesen Herzenswunsch zu erfüllen. Darüber hinaus war das Verhalten der Blockierer von Feigheit geprägt, hatten sie doch nicht einmal den Mut, ihre Position zum ablehnenden Stimmverhalten in einer Wortmeldung zu artikulieren.“

Nun zog auch der mit der ÖVP eng verkungelte Südtiroler Landeshauptmannskandidat und kommende Landeshauptmann Arno Kompatscher den Schweif ein und erklärte, dass auf Südtiroler Seite ohnedies „wenig Begeisterung“ für eine Doppelstaatsbürgerschaft herrsche.

Die „Austria Presse Agentur“ (APA) berichtete darüber:

Meinungsumfrage in Österreich: 89 Prozent befürworten Selbstbestimmung für Südtirol – 83 Prozent sind für Doppelstaatsbürgerschaft

Am 26. Jänner 2015 stellte der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB), eine von ehemaligen Freiheitskämpfern und politischen Häftlingen gegründete Vereinigung, auf einer Pressekonferenz in Wien das Ergebnis einer repräsentativen Meinungsumfrage vor, welche das Institut „Spectra“ durchgeführt hatte.

Auch die „Dolomiten“ berichteten darüber:

Der Rückzug des Südtiroler Landeshauptmannes Kompatscher

In Wiener Regierungskreisen war man wenig erbaut. Am 19. Februar 2015 besuchte der Südtiroler Landeshautmann Arno Kompatscher den ÖVP-Außenminister Sebastian Kurz in Wien besuchte. Kompatscher war brav und wusste, was man seitens der ÖVP von ihm erwartete. Er hatte bereits am Vortag in vorauseilendem Gehorsam über die „Austria Presse Agentur“ (APA) verlautbaren lassen, dass er der Wiener Linie zu folgen gedenke:

Angesichts dessen, dass Kompatscher sich so willfährig zeigte, verlief das Treffen in Wien äußerst harmonisch und programmgemäß ohne praktischen Ergebnisse für die Südtiroler Bevölkerung. In Wien war damit die Sache vom Tisch.

Am 28. Jänner 2015 berichtete die „Neue Südtiroler Tageszeitung“, dass der ÖVP-Südtirolsprecher im Österreichischen Nationalrat, Hermann Gahr, kaum Chancen für eine Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler sehe.

Gegenüber der Öffentlichkeit äußerten sich in der Folge Kurz und Kompatscher gleichlautend. In einem Interview in den „Dolomiten“ vom 2. Juli 2015 sagte Kurz, dass Österreich Doppelstaatsbürgerschaften vermeiden wolle und der folgsame Arno Kompatscher erklärte, dass es sich um eine „schwierige Herzensangelegenheit“ handle, deren Umsetzung aber schwierig sei.

Die vorläufige Beerdigung

Am 28. Jänner 2015 beerdigte der Südtirol-Unterausschuss des Österreichischen Nationalrates mit den Stimmen der ÖVP, der SPÖ und der „Grünen“ den freiheitlichen Antrag, den Südtirolern die Möglichkeit der Doppelstaatsbürgerschaft zu gewähren.

Am 13. Februar 2016 schrieb der Südtiroler Rechtsanwalt Dr. Otto Mahlknecht in den „Dolomiten“ das, was in dieser Frage wohl die meisten Südtiroler denken.

Diese Dokumentation zeigt, dass ÖVP und leider auch SPÖ (Wo sind die Zeiten eines Bruno Kreisky geblieben?) sich das Thema Südtirol endgültig vom Halse schaffen  wollen. Die „Grünen“ hätten für die Südtiroler ohnedies nur dann ein offenes Herz, wenn diese aus Nigeria oder Afghanistan stammen würden.

Man wird nach den Nationalratswahlen sehen, ob es in einer neuen österreichischen Bundesregierung zu einer Änderung der Haltung gegenüber Südtirol und der Frage der Doppelstaatsbürgerschaft kommen wird.




„JA zur österreichischen Staatsbürgerschaft“ – Breite Unterstützungsfront aus allen deutschen Parteien Südtirols

Im August 2015 rückte der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB), eine von ehemaligen Südtiroler Freiheitskämpfern und politischen Häftlingen gegründete Vereinigung, die Frage der Doppelstaatsbürgerschaft mit einer landesweiten Plakataktion „JA zur österreichischen Staatsbürgerschaft für Südtiroler“ in das Rampenlicht. Auf diesen Plakaten wurde darauf hingewiesen, dass laut einer repräsentativen Umfrage 83 Prozent der Österreicher diese Forderung unterstützen. Am 13. August 2015 wurde die Plakataktion bei einem Pressegespräch der Öffentlichkeit vorgestellt und Vertreter aller deutschen Parteien in Südtirol vollzogen in dieser Frage einen Schulterschluss und unterstützten die Forderung nach Doppelstaatsbürgerschaft für Südtiroler.

Mehr dazu:

http://www.suedtiroler-freiheit.com/plakataktion-zur-doppelten-staatsbuergerschaft-vorstellung-mit-allen-deutschen-parteien-in-bozen/




Interview mit Buchautor und Südtirol-Kenner Helmut Golowitsch

Im Gespräch mit Info-DIREKT erzählt Helmut Golowitsch, wie er dem Geheimagenten Rudolf Moser auf die Spur kam und so die doppelbödige Politik der ÖVP in Sachen Südtirol aufdecken konnte. In seinem neusten Buch „Südtirol – Opfer für das westliche Bündnis“ dokumentiert er, anhand bisher nicht bekannter Originaldokumente, welch falsches Spiel die ÖVP-Spitze mit Südtirol betrieben hat.

Herr Golowitsch, wie ist es Ihnen gelungen, an diese entlarvenden Dokumente zu gelangen?

Helmut Golowitsch: 2002 ist ein Buch erschienen, in dem darüber berichtet wurde, dass der Kartonagenfabrikant Rudolf Moser als geheimer Verbindungsmann zwischen Bundeskanzler Figl (ÖVP) und dem italienischen Ministerpräsidenten Degasperi agiert habe. Laut der Buchautorin soll dieser jedoch keinen Einfluss auf den Verlauf der politischen Entwicklung gehabt haben. In mehreren Autobiographien ehemaliger ÖVP-Politiker wurde Moser als guter Freund und Vermittler zu Italien erwähnt. Nirgendwo aber fanden sich nähere Angaben zu seiner Person und Tätigkeit. Das machte mich neugierig und ich begab mich auf die Suche.

Wie sind Sie dabei vorgegangen?

Ganz einfach: Ich rief im Gemeindeamt von Sachsenburg an, wo Rudolf Moser lebte. Dort trug ich meine Bitte als Zeithistoriker vor, mir Näheres über diesen Sohn der Gemeinde zu erzählen. Es stellte sich nun heraus, dass der aus Wien stammende Moser bei seinem Eintritt ins Rentenalter offenbar keine Nachfolger gehabt hatte. Er schloss daher seine Fabrik, verkaufte seine Villa an einen Nachbarn und zog nach Wien, wo er später verstarb.

Wie sind Sie dann an seinen Nachlass und somit an diese Dokumente gekommen?

Helmut Golowitsch
Helmut Golowitsch (Bilder: Info-DIREKT)

Ich setzte mich sofort mit dem Nachbarn, der die Villa gekauft hat, in Verbindung. Dieser erzählte mir bereitwillig, dass Moser ihm auch zwei große Kartons mit Dokumenten und Fotos überlassen habe, die Südtirol beträfen. Ich könne mir diese Unterlagen ansehen und wenn sie für mich brauchbar seien, könne ich sie auch haben. Also fuhr ich nach Kärnten, wo mir der freundliche Unterstützer diese Dokumenten- und Fotosammlung übergab.

Was haben diese Unterlagen ergeben?

Unglaubliches. Es waren Briefkopien von Briefen Mosers an führende ÖVP-Politiker, vor allem an Leopold Figl, aber auch spätere ÖVP-Bundeskanzler sowie an führende italienische Politiker. Es fanden sich auch zahlreiche Originalbriefe dieser Personen an Rudolf Moser. Ergänzt wurde dieses Material durch Notizen, Geheimberichte und Fotos von Geheimtreffen österreichischer ÖVP-Politiker mit italienischen Politikern. Es stellte sich heraus, dass Rudolf Moser ab 1945 bis in die späten 1960er Jahre als Geheimunterhändler zwischen der ÖVP-Bundesspitze und italienischen Spitzenpolitikern tätig gewesen war. Und zwar zum Schaden Südtirols, denn Moser vertrat die Linie, dass Österreich Südtirol in jeder Hinsicht fallen lassen müsse, um die christdemokratische Freundschaft zwischen Rom und Wien nicht zu gefährden. Schließlich müsse man gemeinsam den Kommunismus abwehren.

Ihr Buch platzt mitten in den Wahlkampf. Mit der Feststellung, dass Figl, die Österreicher hinters Licht geführt hat, zeigen Sie, dass es die ÖVP mit Südtirol nicht immer gut gemeint hat.

Dass mein Buch just zur Zeit des Wahlkampfes erschienen ist, hat sich unbeabsichtigt so ergeben.

Setzt sich die ÖVP – unter Sebastian Kurz – jetzt wieder glaubwürdiger für die Südtiroler ein?

Nein! Am 3. Mai 2014 konnte man in der Südtiroler Tageszeitung „Dolomiten“ auf der Titelseite lesen, dass Außenminister Sebastian Kurz anlässlich eines Besuches in Südtirol erklärt hatte, dass Freistaatsfantasien von „Ewiggestrigen“ die Menschen in die Irre führten, denn man könne das Rad der Zeit nicht zurückdrehen. Damit beweist der amtierende Außenminister, dass er vom internationalen Völkerrecht nicht viel versteht.

„Südtirol – Opfer für das westliche Bündnis“ ist mittlerweile ihr viertes Buch über Südtirol. Was verbindet Sie mit Südtirol, dass Sie so engagiert forschen?

Persönliche Erlebnisse, persönliche Freundschaften und die mit dem ehemaligen Nordtiroler Landeshauptmann Wendelin Weingartner geteilte Hoffnung, dass die Geschichte uns eines Tages ein Fenster zur Tiroler Freiheit öffnen wird. Auch die Wiedervereinigung Deutschlands ist von niemandem vorhergesehen worden und dann doch plötzlich erfolgt.

Vielen Dank für das Interview!

Buchpräsentationen durch den Autor:

Helmut Golowischt: "Südtriol - Opfer für das westliche Bündnis"Buchpräsentation in Linz
Mittwoch, 20. September 2017
Beginn: 19:00 Uhr
Volkshaus Kleinmünchen, Dauphinestraße 19, 4030 Linz
Medienpartner: Magazin Info-DIREKT

Buchpräsentation in Innsbruck
Samstag, 23. September 2017
Gasthof Sailer, Saal Tirol, Adamgasse 8, 6020 Innsbruck
Beginn: 19:30 Uhr
Veranstalter: Andreas Hofer Bund Tirol

Nähre Informationen zu der Veranstaltung in Linz finden Sie hier!




Südtiroler Schützen gegen den Jurassic Park des Faschismus

Südtirol besitzt einen Saurier-Jurassic Park. Dieser beherbergt im Gegensatz zu dem Science-Fiction-Horror- und Abenteuerfilm des Regisseurs Steven Spielberg keine wiedererschaffenen lebenden Saurier. Er beherbergt  alte abgestorbene Saurier, nämlich die faschistischen Denkmäler, welche Mussolini zur Verherrlichung seines Regimes in Südtirol hatte errichten lassen. Diese waren auch dazu bestimmt gewesen, der einheimischen Bevölkerung klar zu machen, wer hier in diesem Lande das Sagen hatte.

von Hans Santner

Südtiroler Schützenbund protestiert gegen Renovierung eines Völkermord-Verherrlichungsdenkmals

Vertreter des italienischen Staates und seiner angeblich so ruhmreichen Streitkräfte halten dort nach wie vor nationalistischen Feiern ab und legen beispielsweise vor dem steinernen Alpini-Denkmal in Bruneck – von der einheimischen Bevölkerung wegen seiner Kapuze spöttisch  „Kapuziner-Wastl“ genannt – Kränze zum Andenken an jene italienischen Krieger nieder, welche in Äthiopien eine weitgehend wehrlose Bevölkerung überfallen, gefoltert, massakriert und mittels Giftgas teilweise ausgerottet hatten. Zu diesen wenig ruhmreichen „Kriegern“ hatten die Soldaten der italienischen Alpini-„Divisione Pusteria“ gehört, zu deren „Ehren“ das Andenken errichtet worden war.

Alpini in Äthiopien
Diese in Äthiopien begangenen Verbrechen verdienen wahrlich nicht durch Denkmäler verherrlicht zu werden.

Am 28. August berichtete das Nachrichtenportal UnserTirol24, dass der „Kapuziner-Wastl“ in Bruneck seine Feder an seinem steinernen Hut verloren habe. Ein Unbekannter hatte sie abgebrochen.

Wastl Bruneck
Bild UT 24

In dem Artikel hieß es weiter:

„Es ist nicht die erste Attacke auf den sogenannten „Kapuziner Wastl“. Ursprünglich war das faschistische Denkmal eine überlebensgroße Alpini-Statue, zu deren Füßen, als Sinnbild der Unterjochung ,ein „Eingeborener“ lag. Südtirol-Aktivisten hatten das Monument in den 60ern Jahren mehrmals gesprengt.

Das umstrittene Denkmal wurde zu Ehren der Alpini-Soldaten errichtet, die in den italienischen Kolonialkriegen für die Eroberung und Unterwerfung von Äthiopien gekämpft haben. Bis heute finden dort Kranzniederlegungen statt, die für großen Unmut in der Bevölkerung sorgen.“

Alpini Wastl Bruneck
Das historische Bild links zeigt die Einweihung des den Abessinien-Krieg verherrlichenden Alpini-Denkmals in Bruneck am 2. Juli 1938 durch Mitglieder der königlichen Familie. Das Bild in der Mitte zeigt den „Wastl“ Anfang der 1960er Jahre vor der Sprengung durch Südtiroler Freiheitskämpfer. Das Bild rechts zeigt, was die Sprengung dann von dem „Wastl“ übrig gelassen hatte.

Umgehend meldete sich der italienische Vizebürgermeister der Stadt Bruneck, Renato Stancher, zu Wort und verkündete, dass das Denkmal auf Kosten der Gemeinde Bruneck restauriert würde.

Dagegen protestierte der „Südtiroler Schützenbund“ öffentlich. Der ehemalige Landeshauptmann Durnwalder (SVP) forderte dass möglichst alle faschistischen Denkmäler in Südtirol beseitigt werden sollten und auch der Bürgermeister von Bruneck, Roland Griessmair (SVP) lehnte zusammen mit der Gemeindevertretung die Restaurierung des Faschistendenkmals auf Kosten der Südtiroler ab.

Der Landeskommandant des „Südtiroler Schützenbundes“, Elmar Thaler, begrüßte diese Entscheidung. Das Nachrichtenportal „Unser Tirol 24“ berichtete über Thalers Stellungnahme:

Die Aktion des Vizebürgermeisters sei völlig daneben gewesen, nicht zuletzt auch, weil sich das Denkmal auf Staatsgrund befinde und die Rienzstadt keinen Anlass dazu hätte.

Erfreulich sei in diesem Zusammenhang die Aussage von Alt-Landeshauptmann Luis Durnwalder, wonach das Alpinidenkmal aus der unrühmlichen Zeit des Faschismus in eine Kaserne versetzt werden sollte. Wie richtig Durnwalder mit seiner Aussage liegt, zeigt die Tatsache, dass die winzigen erklärenden Täfelchen vor dem Faschistendenkmal ohne Wirkung geblieben sind. Ansonsten wäre wohl keinem Italiener mehr in den Sinn gekommen, ein menschenverachtendes Denkmal von Schmutz zu befreien und es wieder instand zu setzen – man hätte es dem Verfall preisgegeben, so der Schützenbund in einer Aussendung.

Laut Schützenbund zeigt Stanchers Vorpreschen, dass es in Südtirol immer noch Zeitgenossen gibt, welche sich von den faschistischen Denkmälern nicht trennen können. Somit sei der Kapuziner-Wastl das beste Bespiel dafür, dass eine Historisierung der Relikte aus vergangenen Tagen misslungen sei.

Dem Vorschlag von Ex-Landeshauptmann Luis Durnwalder schließt sich der Südtiroler Schützenbund an und fordert den Staat Italien und die Alpinivereinigung ANA auf, ihr faschistisches Denkmal in die Lugramani-Kaserne zu verlegen, wo es gereinigt und die abgeschlagene Alpinifeder wieder aufgeklebt werden könnte. Dort würden zudem auch die jährlichen Kranzniederlegungen für die Angriffskriege Italiens gegen Abessinien/Äthiopien und Russland die Öffentlichkeit nicht mehr stören.“ (UT24 31. August 2017)

Alpini Wastl Bruneck
Kranzniederlegung vor dem Kriegsverbrecher-Denkmal durch die Alpini-Vereinigung ANA am 26. Jänner 2016 – eine Provokation für die einheimische Bevölkeurng. (Bild UT 24)

Der Protest der Schützen hatte Erfolg gehabt

Auch in der Vergangenheit haben die Schützen wiederholt gegen die zahlreichen in Südtirol bestehenden und von der Staatsmacht behüteten und gepflegten faschistischen Denkmäler protestiert und damit die öffentliche Erörterung dieses für Rom unangenehmen Themas aufrecht erhalten.

Vielen Landsleuten ist noch die große Schützendemonstration von 2008 in Erinnerung.

Plakat Schützen Kundgebung 2008 in Bozen
Mit Flugblättern und Plakaten hatte der Südtiroler Schützenbund zu der großen antifaschistischen Kundgebung aufgerufen.

Am 8. November 2008 fand in Bozen eine denkwürdige Protestkundgebung „Gegen Faschismus für Tirol“, statt zu welcher der „Südtiroler Schützenbundes“ aufgerufen und eingeladen hatte.

Schützen Demo Bozen 2008

Schützen Demo Bozen 2008

Schützen Demo Bozen 2008

Schützen Demo Bozen 2008

Auf dem Bozener Waltherplatz hatte sich eine riesige Menge von etwa 4.000 Schützen und Zivilisten versammelt.

Der Landeskommandant der Südtiroler Schützen, Paul Bacher, erläuterte in seiner Rede, worum es ging – um die in Südtirol immer noch stehenden, zum Teil monumentalen  Denkmäler, die zur Verherrlichung des Faschismus errichtet worden waren:

„Wir haben die Nase voll von einem Staat, der diese Relikte duldet und von Politikern die nichts dagegen unternehmen“, rief Bacher aus. „Italien hat sich als einziges EU-Land nie vom Faschismus distanziert und sich nie für die Verbrechen bei uns Tirolern entschuldigt.“

Der Landeskommandant sprach dann die Schande der faschistischen Denkmäler in Südtirol an, welche alle Jahre wieder von den staatlichen Behörden liebevoll renoviert wurden. Er forderte deren Abriss.

Bozen: Alpini vor Relief
Noch immer ist auf einem riesigen steinernen Fries auf dem heutigen Finanzamt Bozen, dem früheren faschistischen Hauptquartier, der hoch zu Ross reitende „Duce“ Mussolini zu sehen. Zahlreiche Darstellungen auf dem Fries preisen die „Heldentaten“ und „Errungenschaften“ des Faschismus. Dieser Ort war und ist bei der italienischen Alpinitruppe für deren Heldengedenken beliebt.

Mussolini Fries Bozen

Nun protestierten die Schützen vor dem Mussolini-Relief gegen den Faschismus und forderten die Landeseinheit Tirols. Dann zogen die Schützen zu dem sogenannten „Siegesdenkmal“, welches mit faschistischen Liktorenbündeln geschmückt ist und forderten dessen Beseitigung.

Es gab in den letzten Jahren noch zahlreiche weitere öffentliche Aktionen der Schützen gegen den weiterbestehenden faschistischen „Jurassic Park“ in Südtirol.

Weitere Informationen zu den Schützen

Über diese und viele andere mutige Aktionen der Südtiroler Schützen berichtet der bekannte Historiker und Publizist Prof. Dr. Reinhard Olt in einem Dokumentarwerk. Darüber hat er dem Südtiroler Informationsdienst diesen Artikel Stachel im Fleisch der Politik“ zur Verfügung gestellt.

Weitere Informationen zum Alpini-Denkmal in Bruneck

Im Jahre 2009 veröffentlichte der Buchdienst Südtirol eine Dokumentation über das Alpini-Denkmal in Bruneck unter dem Titel „Denkmal der Schande“ und im gleichen Jahre veröffentlichte die Zeitschrift „Der Tiroler“ eine Dokumentation unter dem Titel „Weg mit dem Völkermord-Schandmal“. Beide Dokumentationen können hier als pdf-Dateien aufgerufen und auch abgespeichert werden:

Denkmal der Schande

Weg mit dem Völkermord-Denkmal




Stachel im Fleisch der Politik

Allen Widrigkeiten zum Trotz halten die Schützen im Süden des 1919 geteilten Landes an der Wiedervereinigung Tirols fest.

von Reinhard Olt

Wer sich mit historischen Publikationen zum Thema (Süd-)Tirol befasst und die mediale Berichterstattung der letzten Jahre verfolgt hat, konnte den Eindruck gewinnen, mit der 1969 zustande gekommenen und 1972 statutarisch verankerten Selbstverwaltung für die „Provincia autonoma di Bolzano – Alto Adige“  und dem unlängst in Meran, Bozen und Wien politisch-medial beweihräucherten Rückblick auf „25 Jahre  österreichisch-italienische Streitbeilegung“ von 1992 sei die seit Ende des Ersten Weltkriegs schwärende Wunde der Teilung Tirols ein für allemal geschlossen. Weit gefehlt. Demoskopische Erhebungen förderten zutage, dass  in Österreich – insbesondere im Bundesland Tirol – wie  im von Italien 1918 annektierten südlichen Teil Tirols das Empfinden historischen Unrechts sowie das Gefühl der Verbundenheit und Zusammengehörigkeit nach wie vor ausgeprägt sind.

Teilung Tirols
Nach wie vor wird die Teilung Tirols von vielen Österreichern als zu ändernder Unrechtszustand empfunden

Die große Mehrheit aller Befragten bekundete auch das Verlangen nach (einem Referendum zwischen Brenner und Salurner Klause über die) Ausübung des sowohl nach dem Ersten, als auch nach dem Zweiten Weltkrieg der dortigen Bevölkerung verweigerten Selbstbestimmungsrechts. Dafür sprachen sich sogar viele der befragten ethnischen Italiener in der benachbarten Provinz Trient aus, mit der Bozen-Südtirol in einer „Regione Autonoma Trentino-Alto Adige“ zwangsvereint ist.  In Südtirol selbst waren sich die Befragten – trotz unterschiedlicher Vorstellungen der maßgeblichen politischen Kräfte über die anzustrebende weitere Entwicklung des Landes (Vollautonomie; Freistaat; Rückgliederung an Österreich) –  mehrheitlich darüber einig, dass dessen Zukunft jedenfalls in der Unabhängigkeit von Italien, mithin im „Los von Rom“, zu suchen sei.

Österreicher für Südtirol

Österreicher für Selbstbestimmungsgrecht Südtirols
Im Jänner 2015 stellte der Vorstand des „Südtiroler Heimatbundes“, einer von ehemaligen Südtiroler politischen Häftlingen gegründete Vereinigung, zusammen mit Prof. Dr. Olt (2. von rechts), der Öffentlichkeit eine Aufsehen erregende Meinungsumfrage vor, wonach die überwiegende Mehrheit der Österreicher nach wie vor für die Selbstbestimmung Südtirols eintritt.

Dass Loslösung von Italien im öffentlichen Raum ein Diskussionsthema ist und bleibt, dafür sorgen – neben drei deutschtiroler Oppositionsparteien, die seit der Landtagswahl von 2013 im Parlament zu Bozen zusammen 10 von 35 Abgeordneten stellen – der Südtiroler Heimatbund (SHB), die Vereinigung ehemaliger Freiheitskämpfer, sowie vor allem der Südtiroler Schützenbund (SSB).

Dieser mitgliederstarke Traditionsverband, dessen Wurzeln ins frühe 16. Jahrhundert zurückreichen, tritt in Treue fest für die Bewahrung der Tirolität im fremdnationalen Staat sowie unerschütterlich für die Aufrechterhaltung des Ziels der Landeseinheit ein. Wiewohl politisch gänzlich unabhängig, bilden mehr als 6000 Mitglieder, von denen über 5000 in 140 Schützenkompanien sowie in 3 Schützen(musik)kapellen aktiv sind, mitsamt  Familienangehörigen ein ansehnliches gesellschaftliches Potential.

Wann und wo immer sie aufmarschieren in ihrer pittoresken Montur – sie sind eine Augenweide fürs Publikum. Im alpinen Tourismus würden ihre Farbtupfer fehlen, träten sie nicht in Kompaniestärke oder gar noch größeren Formationen auf, wenn es gilt, gelebte Tradition augen- und ohrenfällig werden zu lassen. Es kommt daher nicht von ungefähr, dass zwischen Oberbayern und Welschtirol (Trentino) beheimatete Schützenformationen an den meisten Urlaubsorten von Besuchern allzu gerne als folkloristische Draufgabe auf ihren wohlverdienten Ferienaufenthalt empfunden werden.

Wer indes einmal einen Blick in eine Ortschronik oder gar in ein Geschichtsbuch wirft, dem wird sich die historische Dimension des Schützenwesens alsbald erschließen. Dies gilt samt und sonders für jene Landstriche im Dreieck zwischen Konstanz, Kufstein und Ala am Gardasee, die einst die „Gefürstete Grafschaft“ respektive das „Land im Gebirg’“, wie es oft in Urkunden bezeichnet wird, mithin das alte Tirol ausmachten. Überall dort geht die Existenz der Schützen auf das sogenannte Landlibell Kaiser Maximilians I. (1459–1519) zurück.

Der „letzte Ritter“, wie man ihn auch nennt, erließ 1511 jenen urkundlich verbrieften Rechtsakt, in welchem er die Freiheiten der Tiroler Stände festlegte und damit zugleich das Wehrwesen und also die Organisation der Landesverteidigung durch Aufgebote städtischer und ländlicher Bewohner mitsamt einer Aufteilung der Mannschaftskontingente regelte. Das Landlibell legte fest, dass die Tiroler nicht verpflichtet waren, für einen Herrscher außerhalb der Landesgrenzen in den Krieg zu ziehen. Dafür sicherten die Stände zu, bei Feindeseinfall Tirol zu verteidigen.

Landlibell
Das „Landlibell“ von 1511 regelte für die kommenden Jahrhunderte die Landesverteidigung Tirols und war die entscheidene Grundlage der Landesverteidigung von 1809

Andreas Hofer

Weithin bekannt wurde das Tiroler Schützenwesen vor allem durch die Abwehrkämpfe während der kriegerischen Einfälle der Bayern 1703 sowie der Franzosen (nebst ihrer bayerischen Verbündeten) in den Jahren 1796/97 und 1809. Die Bergisel-Schlachten unter dem aus dem Südtiroler Passeiertal stammenden Kommandanten und Volkshelden Andreas Hofer – plastisch und drastisch nachzuverfolgen am „Riesenrundgemälde“ im Tirol-Panorama, einem eigens 2010 errichteten Museum am gleichnamigen Berg nahe Innsbruck – trugen wesentlich dazu bei, dass der Mythos vom wehrhaften Bergvolk, das selbst Napoleon trotzte, in ganz Europa bekannt wurde.

Das Landlibell galt im Kern bis zur Einführung der allgemeinen Wehrpflicht, und selbst während des Ersten Weltkriegs wurden Tiroler Standschützen stets nur zur Verteidigung der Heimat und eben nicht auf außertirolischen Kriegsschauplätzen eingesetzt. Daran und an „500 Jahre Landlibell als Geburtsurkunde der Tiroler Schützen“ war  2011 in Innsbruck im Beisein von deren Abordnungen aus eben jenem historischen Tirol – des österreichischen Bundeslandes sowie der italienischen Provinzen Bozen-Südtirol und Trentino – feierlich erinnert worden.

Standschützen
Auch im Ersten Weltkrieg wurden die Standschützen nur zur Verteidigung der Grenzen Tirols eingesetzt

Nirgendwo dort fehlen Schützen bei einer größeren Festveranstaltung. Fast in jeder Gemeinde gibt es eine Kompanie, die bei festlichen Anlässen „ausrückt“ und mittels  Gewehrsalven eines  Schützen-Detachements den Festcharakter lautstark unterstreicht. Heutzutage haben diese Waffen tragenden Tiroler in ihren schmucken, regional und sogar lokal unterschiedlichen Uniformen feindliche Truppen nicht mehr abzuwehren, wenngleich Degen und Karabiner zu ihrer „Standardausrüstung“ gehören. Der wehrhafte Geist ist ihnen indes ganz und gar nicht abhandengekommen, wenn sie sich – im engeren wie im weiteren Sinne – um die „Heimat“ kümmern: Sie initiieren und beteiligen sich aktiv an Renovierungsaktionen für Bauwerke; dasselbe gilt für Reinigungsaktivitäten besonders dort, wo das Wegwerfgut des Massentourismus  zu beseitigen ist.

Vor allem aber engagieren sie sich in der sozialen Fürsorge für ältere Mitbürger. Trotz äußerlicher Verschiedenheit, wie sie an Gewand und Hüten, an Uniform-/Tracht- und Hutschmuck sowie an ihren Fahnen auszumachen ist, eint sie Tradition und Heimatverbundenheit, wie sie sich in den Grundsätzen des Schützenwesens manifestieren (dazu gehören „Treue zu Gott und dem Erbe der Väter“, „Schutz von Heimat und Vaterland“ sowie „Einheit des Landes“).

Letzteres führte mitunter zu  Auseinandersetzungen in und zwischen den drei maßgeblichen Schützenverbänden – sehr stark beeinflusst von den in den Tiroler Landesteilen dominanten politischen Kräften respektive regierenden Parteien, von denen im Bundesland Tirol die ÖVP und in der Provinz Bozen-Südtirol deren Pendant SVP seit dem Zweiten Weltkrieg ununterbrochen an der Macht sind.

Dass Streit über die Landeseinheit mittlerweile als „Schnee von gestern“ gelten darf, ist in erster Linie dem Betreiben des SSB und dessen Landeskommandanten Major Elmar Thaler sowie der Mitwirkung seines Pendants im Norden – Major Fritz Tiefenthaler, Kommandant des Bundes Tiroler Schützenkompanien (BTSK) – zuzuschreiben.

Hieß der übergreifende Grundsatz zwischen Nord und Süd in den 1990er  Jahren „geistige und kulturelle Landeseinheit“, so ist in den letzten Jahren, weitgehend inauguriert vom  SSB, immer stärker auch die „politische Einheit des Landes“ in den Mittelpunkt gemeinsamer Zielsetzungen gerückt. Und mit der  Neugründung eines (die ansonsten eigenständigen Schützenverbände Tirols, Südtirols und Welschtirols) vereinigenden „Verbandes Tiroler Schützen“ (VTS)  wurde  die „Landeseinheit Tirols“  in dessen Statut fixiert. Jedes Jahr übernimmt ein anderer Landeskommandant die Führung der darin vereinten mehr als 20.000 Schützen Gesamttirols.

Sichtbarster Ausdruck der Veränderung vom „unpolitischen“ – und von zeitgeistfrommen Zeitgenossen abschätzig „heimattümelnd“ genannten – Charakter zu einem durchaus ernstzunehmenden politischen Faktor in beiden Teilen Tirols war der  „Freiheitsmarsch“ der Schützen 2012 in Bozen. Damit war erstmals auch die personifizierte gesamttirolische Verbandseinheit dokumentiert worden, indem der Südtiroler Landeskommandant Elmar Thaler, der Nordtiroler Fritz Tiefenthaler und der Welschtiroler Giuseppe Corona an der Spitze den farbenprächtigen Zug von Tausenden ihrer Mannen nebst Marketenderinnen und Sympathisanten in gleichem Schritt und Tritt quer durch die Stadt auf den Platz vor das Landhaus (Landtag) zur Abschlusskundgebung führten.

Schützen Bozen 2012

(„Dolomiten“ vom 16. April 2012)

Am 14. April 2012 hatten die Südtiroler Schützen zu einem großen „Freiheitsmarsch – ohne Rom in die Zukunft“ durch Bozen aufgerufen. An die 6.000 Menschen waren gekommen, unter ihnen Abordnungen der Nordtiroler und der Welschtiroler Schützen. An der Spitze des Zuges marschierten die Landeskommandanten der Schützen. Von links nach rechts: Der Nordtiroler Landeskommandant Major Mag. Fritz Tiefenthaler ( „Bund der Tiroler Schützenkompanien“), Landeskommandant Elmar Thaler („Südtiroler Schützenbund“) und Vize-Landeskommandant Giuseppe Corona („Welschtiroler Schützenbund – Federazione Schützen del Welschtirol“).

Dort fassten sie zusammen, was die einzelnen Kompanien in griffige Parolen gekleidet auf Spruchbändern mit sich geführt hatten und was Ziel des demonstrativen, aber gänzlich unmartialisch verlaufenen Aufmarschs sein sollte: Der „Mut zum Bekenntnis und zur Tat“ gipfelte in dem wider Italien gerichteten Bekenntnis „Unser Staat ist das nicht“, respektive im Verlangen „Schluss mit der italienischen Verwaltung“.

In Anlehnung an den November 1989 in der damaligen DDR hieß es auch auf rotweißen Spruchbändern, die der Tiroler Adler zierte: „Wir sind das Volk“. Womit zugleich das Verlangen nach Wiedervereinigung des seit Ende des Ersten Weltkriegs geteilten Tirols Ausdruck fand. All das verdichtete sich in den beiden markanten Parolen von der „Ausübung des Selbstbestimmungsrechts“ und der „Verabschiedung aus Italien“, mithin dem „Los von Rom“. Es fehlte auch nicht an Schelte für „Politiker, die der Landeseinheit im Wege stehen“. Vom SSB initiierte und organisierte „Unabhängigkeitstag“ in Meran 2013 und in Bruneck 2016,  zu denen sich Vertreter zielgleicher nationaler Minderheiten aus EUropa einfanden, gerieten zu selbstbewussten Manifestationen wider assimilatorische Entnationalisierung sowie des unbedingten Willens zur Selbstbehauptung und des Verlangens nach Verwirklichung des in der UN-Charta verankerten Selbstbestimmungsrechts.

Unabhängigkeitstag in Meran 2013

Unabhängigkeitstag in Meran 2013
Unabhängigkeitstag in Meran 2013

Unabhängigkeitstag in Bruneck 2016

Unabhängigkeitstag in Bruneck 2016
Unabhängigkeitstag in Bruneck 2016

Die Schützen wissen, dass sie mit derartigen Aktivitäten mitunter auf Ablehnung stoßen: nicht allein in Rom (zur Gänze) sowie (weithin) in der politischen Klasse Wiens und Innsbrucks, sondern auch und vor allem bei der SVP. Die 1945 gegründete „Sammelpartei“ hat sich längst  mit den obwaltenden, weil  mitgestalteten Verhältnissen arrangiert. Dem Arrangement fiel das in ihren Parteistatuten als Gründungszweck und hehres Verwirklichungsziel verankerte Selbstbestimmungsbegehr „realpolitisch“ ebenso zum Opfer wie ihr die einst auch von ihr als höchsten Daseinszweck propagierte Landeseinheit faktisch obsolet geworden ist. Dies legte die seit der Streitbeilegung 1992 immer öfter ins Auge stechende, dem Machterhalt dienende und für Funktions- und Amtsträger sowie dem sozial und ökonomisch nutznießenden Teil der eigenen Wählerklientel einträgliche Maxime des „Kompromisses um jeden Preis“ offen. Man tritt der gegenwärtigen SVP-Führung  und dem Gros ihrer Parlamentarier gewiss nicht zu nahe, wenn man sie als italophil bezeichnet.

Dass dies zwangsläufig zu Konflikten mit dem Schützenbund führen muss(te), dessen Wiedergründung ohne Beistand und Rückhalt der SVP 1957 kaum denkbar gewesen wäre und zu dessen erstem Kommandanten infolgedessen der damalige Landeshauptmann Dr. Alois Pupp bestimmt worden war, ist in den letzten Jahren häufig zutage getreten. Das Wiederaufleben des im italienischen Faschismus verbotenen Schützenwesens geschah gegen den hartnäckigen Widerstand des „demokratischen Italiens“, das – in Südtirol übrigens bis heute –  zäh sein geistiges faschistisches Erbe verteidigt.  In Rom war und ist man sich der Bedeutung des Schützenwesens bewusst, dessen traditioneller Daseinszweck auf Bewahrung der Identität und Freiheit der Tiroler sowie auf Wiedererlangen der Landeseinheit gerichtet ist.

Von den 1950er bis zu den frühen 1980er  Jahren herrschte hinsichtlich dieser Ausrichtung weithin Übereinstimmung mit der SVP, zudem bestand  eine gewisse personelle Identität. Man tut wohl niemandem Unrecht, wenn man den SSB bis zur zäsuralen „Schützenrevolte“ auf der denkwürdigen Landesversammlung  (dem Parteitag) 1986 in Meran als eine der SVP-„Vorfeldorganisationen“ charakterisiert. Das hat sich seitdem fundamental geändert. Zwischen SVP und SSB, der sich von ihr emanzipierte und mehr und mehr zum Stachel im Fleische der Politik wurde, ist heute der Bruch unübersehbar.

Die Schützen haben wieder und wieder bewiesen, dass sie trotz (gesellschafts)politischen Gegenwinds an ihrem historisch begründeten und legitimierten Auftrag sowie an ihrem tradierten Wertegefüge festhalten und standfest bleiben. Daher ist es vornehmlich ihnen zu danken, dass das letzte Wort bezüglich der Zukunft (Süd-)Tirols wohl noch lange nicht gesprochen ist.

Standhaft im Gegenwind. Der Südtiroler Schützenbund und sein Wirken für Tirol als Ganzes
Olt, Reinhard: „Standhaft im Gegenwind. Der Südtiroler Schützenbund und sein Wirken für Tirol als Ganzes“ Neumarkt a.d. Etsch (Effekt GmbH) 2017, 364 Seiten, Hardcover, Format 260×235 mm, illustriert, ISBN 978-88-97053-39-2; Preis 25,- Euro

Mein soeben erschienenes Buch „Standhaft im Gegenwind“. Der Südtiroler Schützenbund und sein Wirken für Tirol als Ganzes“ legt all dies faktengesättigt offen. Wobei  eine Fülle exklusiver Informationen aufgeboten werden konnten, die man sowohl in  der journalistischen, als auch in der bisherigen wissenschaftlichen Publizistik vergeblich sucht. Diese facettenreiche Publikation über den Südtiroler Schützenbund stellt daher zugleich eine detaillierte Beschreibung  der  ins österreichisch-italienische Verhältnis eingebetteten politischen Handlungen beider Tirol dar. Mithin schließt die Darstellung auch eine Lücke in der Aufarbeitung der jüngeren Zeitgeschichte.

Reinhard Olt
Prof. Dr. Reinhard Olt bei der Vorstellung seines Buches am 2. Mai 2017 im Bozener Waltherhaus