Staatsterror gegen die Herz-Jesu-Feiern

Vor 100 Jahren: Landesteilung Tirols 1920 – der Weg in die Knechtschaft!

Die Unterdrückung von Freiheitsbekundungen und das Aufbegehren der Bevölkerung

Unmittelbar nach der Besetzung Südtirols durch italienische Truppen im November 1918 wurden alle Bestrebungen der Südtiroler Bevölkerung unterdrückt, ihren Willen zur Erhaltung der Landeseinheit kundzutun.

In Nordtirol konnte die Bevölkerung ihren Gefühlen und Forderungen noch Ausdruck verleihen. Im Juni 1919 versammelte sich eine unübersehbare Menschenmenge auf dem Bergisel oberhalb von Innsbruck vor dem Andreas-Hofer-Denkmal, um für die Landeseinheit Tirols zu demonstrieren.

Der Tiroler Landeshauptmann Schraffl appellierte in seiner Rede an die Siegermächte: „Gebt uns Gerechtigkeit, gebt uns das freie Selbstbestimmungsrecht, wir werden niemanden bedrohen und keinen Frieden stören. Die Vergewaltigung Tirols, die Knechtung einer Viertelmillion Deutscher und Ladiner wird niemals zu einem dauernden Frieden führen.“ (Aus: „Allgemeiner Tiroler Anzeiger“, Innsbruck, vom 14. Juni 1919)

Dann bewegte sich der Demonstrationszug hinunter nach Innsbruck und durch den Burggraben zur Hofkirche, die bei weitem nicht alle Teilnehmer fassen konnte. Vor dem Grabmal Andreas Hofers endete die Kundgebung mit einer Ansprache des Geistlichen und Dichters Msgr. Anton Müller („Bruder Willram“) und dem gemeinsamen Absingen des Andreas Hofer-Liedes.

Die damalige Stimmung im Lande gab ein Lied wieder, dessen Text die Innsbrucker Ärztin Dr. Ehrentraut Lanner verfasste und der am 3. Juli 1919 von der Tageszeitung „Allgemeiner Tiroler Anzeiger“ erstmals auf der Titelseite als „Südtiroler Trutzlied” veröffentlicht wurde. Dieses Lied wurde vielfach publiziert, erlangte rasch Berühmtheit und wurde zu einem Volkslied in ganz Tirol.

Südlich des Brenners herrschte bereits Unterdrückung. Zeitungen durften über das Thema Selbstbestimmung nicht schreiben, öffentliche Auftritte waren verboten und sogar in den Gaststuben der Wirtshäuser lauerten Spitzel, die Äußerungen mit Freiheitsbekundungen den Behörden meldeten.

Die Zensur schlug bei den Zeitungen zu.

Trotz dieser Repressionsmaßnahmen hatten Vertreter aller 172 Gemeinden Südtirols bis Ende März 1919 heimlich eine Denkschrift unterzeichnet, welche dem amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson übermittelt wurde.

Aus: „Allgemeiner Tiroler Anzeiger“, Innsbruck,  vom 18. Juni 1919

In dieser Denkschrift hieß es: „Wir – alle Gemeinden Deutsch-Südtirols – wenden uns  … mit diesem Hilferuf an die ganze Welt … zu jedem Opfer sind wir bereit – wenn es so sein muss – , nur unser heiliges Selbstbestimmungsrecht darf nicht verletzt werden, deutsche Tiroler müssen wir bleiben, wir werden für Italien sichere Nachbarn sein – wir wären ihm tief unglückliche, verbitterte Untertanen!“ (Zitiert aus: „Allgemeiner Tiroler Anzeiger“, Innsbruck,  vom 18. Juni 1919)

Dr. Karl Renner musste am 10. September 1919 in St. Germain den Friedensvertrag unterzeichnen.

Nichterfüllung der Autonomie-Forderungen

Nachdem aber 1919 auf der Friedenskonferenz in Paris die Abtrennung Südtirols beschlossen worden war und der österreichische Staatskanzler Dr. Karl Renner am 10. September 1919 den aufgezwungenen Schandvertrag unterzeichnen musste, forderten die deutschen Parteien Südtirols, dass dem Lande zumindest eine eigene Autonomie mit weitgehender Selbstverwaltung gewährt werden möge. Es kam zu großen Demonstrationen im Lande, die zu unterdrücken dir Behörden zunächst nicht wagten.

Die Kundgebung „Heraus mit der Autonomie“ der „Tiroler Volkspartei“ am 18. April 1920 auf dem Domplatz in Brixen.

Trotz aller Repressionsmaßnahmen traten am 9. Mai 1920 in Meran vor dem Andreas-Hofer-Denkmal laut einem Bericht der deutschen „Reclams Universum Weltrundschau“ an die „15.000 Vertreter der Gemeinden des Burggrafenamtes Passeier, Ulten und Vinschgau zusammen, um der italienischen Regierung zu bekunden, dass die deutschen Südtiroler unbeugsam auf dem Rechte der Selbstbestimmung bestehen, und solange dieses nicht durchführbar ist, eine deutsche Selbstverwaltung fordern.“ („Reclams Universum Weltrundschau, 1920)

Autonomieversammlung in Meran am 9. Mai 1920, an der mehr als 10.000 Menschen aus dem Burggrafenamte teilnahmen. (Bild aus: „Reclams Universum Weltrundschau, 1920)

Die deutschen Parteien des Landes hatten sich zum „Deutschen Verband“ zusammengeschlossen, welcher in Rom vorstellig wurde und der Regierung einen fertigen Autonomieentwurf überreichte. Es wurde die Schaffung einer Provinz Südtirol unter Einschluss der Ladiner mit eigener Landesverwaltung und eigener Gesetzgebungskompetenz eines frei zu wählenden Landtages gefordert.

Dagegen liefen in der Folge die Trentiner mit Alcide Degasperi, dem späteren Ministerpräsidenten Italiens nach dem Zweiten Weltkrieg, erfolgreich Sturm. Die Regierung kam unter diesem Druck den Südtiroler Forderungen nicht nach.

Angesichts der bevorstehenden gesetzlichen Annexion Südtirols und angesichts der Vorenthaltung der verlangten Autonomieregelung war nun im Lande eine gespannte Stimmung entstanden.

Die römische Angst vor den Herz-Jesu-Feiern

Angesichts dieser Situation sahen die italienischen Behörden den bevorstehenden Feiern zum Herz-Jesu-Sonntag im Juni 1920 mit Spannung und mit Furcht entgegen.

Um dies erklären zu können, ist ein kurzer geschichtlicher Rückblick notwendig.

Die alljährlichen Herz-Jesu-Feiern Tirols gehen auf den Beschluss der Tiroler Landstände vom 1. Juni 1796 zurück, angesichts der drohenden Kriegsgefahr das Land mit einem Gelöbnis dem „Heiligsten Herzen Jesu“ anzuvertrauen und zu versprechen, in aller Zukunft das Fest des göttlichen Herzens Jesu als Festtag zu begehen. Dieses Gelöbnis rief damals einen großen Zustrom von Freiwilligen zu den Waffen hervor, die das Land erfolgreich verteidigten.

Andreas Hofer wiederholte 1809 vor der Bergisel-Schlacht dieses Gelöbnis.

Bis heute werden in Südtirol jedes Jahr am dritten Samstag oder Sonntag nach Pfingsten zur Bekräftigung des Bundes Tirols mit dem Herzen Jesu außer den Gottesdiensten auch Höhenfeuer entzündet und Prozessionen abgehalten. Die Höhenfeuer stehen in der Tradition der früheren „Kreidfeuer“, mit denen das Landesaufgebot zu den Waffen gerufen wurde.

Es entspricht dem geschichtlichen Ursprung dieses Brauchtums, dass es neben einem religiösen Bekenntnis auch eine Bekundung des Freiheitswillens des Landes ist.

Tausende von Flammen über den Tiroler Bergen

Aus diesem Grund sahen die italienischen Behörden den Herz-Jesu-Feiern, die nach dem Krieg nun im Jahre 1920 wiederum begangen werden sollten, mit äußerstem Argwohn entgegen.

Der Kaiserjägeroffizier des Ersten Weltkrieges, Träger der Goldenen Tapferkeitsmedaille, und kurzzeitige Tiroler Nationalratsabgeordnete der Republik Deutsch-Österreich, Dr. Eduard Reut-Nicolussi, schildert in seinem Buch „Tirol unterm Beil“, wie er die Herz-Jesu-Nacht des Jahres 1920 erlebte:

„Juninacht. Wie einen goldübersäten blausamtenen Mantel breitet sich das funkelnde Firmament über Tirol. Auch die Erde glimmt und leuchtet mit Tausenden von Flammen. Ist ein Sternenregen auf die Tiroler Berge niedergegangen? Sind unzählige Brände über Berg und Tal entzündet?

Ich stehe mit einer Gesellschaft auf dem Höhenweg von Lengmoos am Ritten. Wir schauen über das Land. Da ist keine Spitze, auf der nicht ein heller Schein aufblitzt, kein Hang, über den es nicht feurig sprüht. Ist es ein Gaukelspiel, eine Sinnestäuschung?

Nein, das ist eine Feier Tirols, Herz-Jesu-Sonntag, aus schwerer Kriegszeit her durch fromme Angelobung der Tiroler Stände geheiligt und alljährlich durch Feuer auf allen Höhen begangen. … Im alten Glanze flammt die Glut, auf Zinnen und Graten brennen Lichterreihen über Hänge und Felsabstürze. ….

Aus dem Jahre 1920 sind keine Fotos der nächtlichen Herz-Jesu-Feuer überliefert. Stellvertretend dafür zeigt dieses Bild die Feuer der Herz-Jesu-Nacht des Jahres 1946 über Bozen, als eine ähnliche Stimmung der Sehnsucht nach Freiheit im Lande herrschte.

In der Gesellschaft, die mit mir auf den Ritten gefahren ist, um dieses gewaltige Feuermeer tirolischer Begeisterung zu bewundern, befindet sich auch die Witwe eines österreichischen Offiziers, der auf dem Hochlande der sieben Gemeinden sein Grab hat. Sie gibt sich der Größe dieser sang- und feuererfüllten Juninacht hin. Nach einer Weile übermannt sie die Ergriffenheit und unter Tränen sagt sie mir: ‚Nun weiß ich wenigstens, wofür mein Mann sein Leben gelassen hat.‘“ (Eduard Reut-Nicolussi: „Tirol unterm Beil“, München 1930, S. 55f)

Die Italiener befürchten einen Volksaufstand

Reut-Nicolussi berichtet weiter: „Anders sahen die Italiener vom Tale herauf. Sie hatten schon vorher davon erfahren. Ein Rundschreiben der Tiroler Volkspartei war ihnen in die Hände gefallen, worin zur Wiederaufnahme des alten Brauches aufgefordert wurde. Der letzte Satz, der als poetischer Abschluss gedacht war, lautete: ‚Von Kufstein bis Salurn mögen die Flammenzeichen lodern, die Nacht unserer Knechtschaft erhellend.‘

Der Sekretär der Partei, ein jugendlich warm empfindender Mensch, hatte es geschrieben. Den Italienern flößten diese Worte große Besorgnisse ein: hier war etwas im Zuge, wahrscheinlich die Erhebung Tirols. Alle Karabinieristationen erhielten genaue Weisungen, dem Militär wurde Bereitschaft anbefohlen, und als der Herz-Jesu-Sonntag anbrach, standen vor der Bozener Pfarrkirche, im Hofe des Postgebäudes Maschinengewehre.“ (Eduard Reut-Nicolussi: „Tirol unterm Beil“, München 1930, S. 56)

„Marietta, du siehst mich nie wieder!“

Wie groß die Angst auf italienischer Seite war, schildert Reut-Nicolussi anhand eines Beispiels: „In der Familie eines italienischen Stabsoffiziers in Bozen wurde an diesem Tage ein freudiges Ereignis erwartet. Mitten in die Vorbereitungen platzte eine Ordonanz des Regimentskommandanten, der baldige Vater habe sich schleunigst in die Kaserne zu begeben, da strenge Bereitschaft angeordnet sei. In größter Bestürzung wirft sich der Offizier am Lager seiner Gattin nieder und nimmt herzzerreißenden Abschied: ‚Lebe wohl, Marietta, du siehst mich nie wieder!‘“ (Eduard Reut-Nicolussi: „Tirol unterm Beil“, München 1930, S. 62)

Wie auch die „Bozner Nachrichten“ später am 18. Juni 1920 berichteten, hatten italienische Militärpersonen „am Vorabend von ihren Angehörigen Abschied genommen …, als ob es in einen neuen Weltkrieg ginge; von 20.000 bis an die Zähne bewaffneten Bauern wurde gemunkelt“.

Infanterie und Maschinengewehre in Bozen

Historische Postkarte mit dem Bild von Bozen

Wie die „Bozner Nachrichten“ vom 15. Juni 1920 berichteten, fand am 14. Juni 1920 in der Bozener Pfarrkirche ein feierlicher Gottesdienst statt. Die italienischen Behörden hatten den teilnehmenden Vereinen den Aufmarsch mit Fahnen verboten und „eine Infanteriekompanie  mit Maschinengewehren aufgeboten, welche bei der Talferbrücke Aufstellung nahm.“

Italien ließ mitten in Bozen Maschinengewehre auffahren und bewaffnete Carabinieri in den Straßen patrouillieren.

Die in Bozen erscheinende Tageszeitung „Der Tiroler“ berichtete am 15. Juni 1920 ebenfalls über die behördlichen Maßnahmen in Bozen: Aufgebot einer Kompanie mit Maschinengewehren, Carabinieri in voller Ausrüstung, Offiziere und Mannschaften mit schwerster Bewaffnung.

Links: Text aus „Der Tiroler“ vom 15. Juni 1920. Rechts: Carabinieri-Patrouille.

Die Bevölkerung in Bozen blieb friedlich

Die Bevölkerung Bozens blieb jedoch friedlich, wie die „Bozener Nachrichten“ vom 15. Juni 1920 weiter berichteten. „Anlässlich des Herz-Jesu-Festes war auch nach altem Brauch eine Bergbeleuchtung zu erwarten. Eine ungeheure Volksmenge zog hinaus zur Talferbrücke, zur Wassermauerpromenade und anderen Aussichtspunkten, um sie dieses seltene Schauspiel anzusehen. Gegen 10 Uhr abends leuchtete es auf in zauberischem Glanze. Herrlich schön lag sie da, die Bergwelt, die Bozens paradiesischen Kessel umschließt.

Da aus dem Jahre 1920 keine Bilder zur Verfügung stehen, werden hier Bilder aus dem Jahre 1946 gezeigt.

Mächtig lohende Feuer, feurige Herzen und Kreuze und dazwischen das Zischen der Raketen und der Böller. … Bis gegen Mitternacht leuchteten die Flammenzungen ins Etschtal herein, dann ward es wieder stille, jedoch beim Volke bleibt die süße Erinnerung im Herzen. Der Ehrentag Tirols war vorüber.“ („Bozener Nachrichten“ vom 15. Juni 1920)

Schikanen, willkürliche Verhaftungen – Aufbegehren des Volkes in Tramin

Wie die Bozener Tageszeitung „Der Tiroler“ am 17. Juni 1020 meldete, war es in mehreren Orten Südtirols zu behördlichen Schikanen gekommen. Die Behörden wagten angesichts der Stimmung im Lande nicht mehr, gegen die Veröffentlichungen mit der Zensur vorzugehen. So konnte die Zeitung berichten: „Verbot um Verbot wurde aus den Trientiner Kanzleien nach Südtirol herausgespien. Das Führen von Fahnen in den Landesfarben, Pöllerschießen, Musik, Prozessionen, ja an einem Ort sogar die Abhaltung des feierlichen Gottesdienstes – wurden von den Carabinieri untersagt.“ Die Carabinieri hätten vielfach gegenüber der Bevölkerung erklärt: „Wir sind Carabinieri und können tun, was wir wollen.“ Die Carabinieri nahmen zahlreiche willkürliche Verhaftungen vor.

In Tramin wurde am 12. Juni 1920 eine Reihe von Bürgern verhaftet. Dagegen gab es ein Aufbegehren des Volkes. „Der Tiroler“ berichtete am 17. Juni 1920, dass der Zeitung Folgendes schriftlich mitgeteilt worden sei: „Als der Fackelzug … auf dem Rathausplatze sein Ende fand, blieb die Menge beisammen, demonstrierte vor der im Rathause untergebrachten Wachstube der Carabinieri, indem unter starker Erregung die Freigabe der Verhafteten gefordert wurde. Es mochten ungefähr 2.000 Mann beisammen gewesen sein. Da begingen die Carabinieri die Unklugheit mit aufgepflanztem Bajonett die Wachstube zu verlassen und davor mit Gewehr fertig Aufstellung zu nehmen. Als der Kommandant nun die Menge aufforderte, sich augenblicklich zu zerstreuen, widrigenfalls das Feuer eröffnet werden würde, erreichte die Erregung der Menge ihren Höhepunkt. Die allgemeine Erbitterung über dieses unwillkürlich als Herausforderung aufgefasste Vorgehen der Carabinieri kam mit elementarer Gewalt zum Durchbruch. Es flogen Steine gegen die Carabinieri, die sich auf das hin wieder in ihre Wachstube zurückzogen und die Eingangstür abriegelten.

Auf Intervention des Bürgermeisters wurde lediglich ein Häftling freigelassen. „Im Ganzen wurden am Sonntag 16 Verhaftungen vorgenommen. Um 1 Uhr nachts wurden die Verhafteten nach Neumarkt abtransportiert.“ Insgesamt wurden in Tramin an die 30 Personen verhaftet. („Der Tiroler“ vom 17. Juni 1920)

Die Verhafteten wurden zum Teil misshandelt, wie die „Bozener Nachrichten“ nach der Freilassung mehrerer Verhafteter am 23. Juni 1920 berichteten:

Branzoll: Schüsse auf Gäste im Gastgarten

In Branzoll wurden am Herz-Jesu-Sonntag der Gemeindevorsteher und fünf junge Männer verhaftet. In der Carabinieri-Kaserne wurden sie an eine Kette gehängt und mussten so die Nacht verbringen, bis sie am nächsten Tag in Ketten nach Trient abtransportiert wurden. Am Abend kam es zwischen einem Einheimischen und einem Leutnant namens Telaro zu einer Auseinandersetzung. Dieser zog seine Pistole und feuerte auf Gäste im Garten des Restaurants mehrere Schüsse ab, wobei er einen Gast verletzte. Daraufhin verdroschen einige junge Männer den Leutnant.

„Der Tiroler“ am berichtete 17. Juni 1920 darüber: Abends gab es Schießerei mit Revolver und Gewehren. Den Anfang dazu hat der Leutnant gemacht, indem er mit seiner Pistole auf die Gäste in den Garten des Bahnhofsrestaurants einigemale hineingefeuert hat. Verwundeter wurde bisher einer gemeldet. Der Offizier wurde verprügelt.“

Aus: „Der Tiroler“ vom 17. Juni 1920.

In Branzoll kam es daraufhin zu zahlreichen Verhaftungen

70 Verhaftete nach den Herz-Jesu-Feiern – Haft unter schlimmen Bedingungen

Am 18. Juni 1920 berichteten auch die „Bozener Nachrichten“ unter dem Titel „Unverantwortlichkeiten“ über Ausschreitungen der italienischen Behörden anlässlich der Herz-Jesu-Feiern. Es seien an die 70 Verhaftungen vorgenommen worden. Die Verhafteten seien in Ketten nach Trient verschleppt worden.

Aus „Bozener Nachrichten“ vom 18. Juni 1920.

Aus dem Jahre 1920 gibt es keine Fotos der in Ketten verschleppten Verhafteten. Dieses Bild aus der Zeit des Faschismus zeigt den italienischen Brauch, Verhaftete an langen Ketten zusammenzuschließen.

Ein Teil der Verhafteten wurde nach einigen Tagen wieder freigelassen. Andere verblieben jedoch in Haft und zwar unter unwürdigen Bedingungen, wie das „Tiroler Volksblatt“ vom 29. Juni 1920 berichten musste:

„Das Gesetz ist für Alle gleich“

In italienischen Gerichtssälen prangt üblicherweise über dem Richterstuhl die Inschrift „La Legge e uguale per tutti“ – „Das Gesetz ist für Alle gleich“.

Das stimmt natürlich auf dem Papier. Es gibt nur ein Strafgesetzbuch. Eine andere Frage ist freilich die Anwendung dieses Gesetzes. Und diese fällt manchmal ein wenig unterschiedlich aus. In diesem Fall ging es um die gerichtliche Rechtfertigung der italienischen Repressionsmaßnahmen und um die Schuldzuweisungen an die Südtiroler.

Am 3. September 1920 begann in Schwurgerichtssaal des Gerichtes in Trient die Hauptverhandlung gegen 18 Traminer „wegen des Verbrechens der öffentlichen Gewalttätigkeit, wie die „Bozner Nachrichten“ am 5. September 1920 berichteten. Es ging vor allem um die Teilnahme an der Demonstration gegen die Carabinieri-Kaserne. Der Staatsanwalt sprach von einer „Revolte“, die vorbereitet worden sei.

Die Tageszeitung „Der Tiroler“ berichtete am 5. September 1920 über den Prozess: „Trotz aller Bemühungen des Vorsitzenden, die Angeklagten dahin zu bringen, weitere belastende Aussagen zu machen, gelingt ihm dies nicht. Die Angeklagten betonen immer wieder ihre völlige Unschuld. Sie erklären klipp und klar, dass sie an den Vorgängen in keiner Weise beteiligt waren. Sie haben zwar gesehen, wie Steine flogen, gehört, dass die Leute gegen die Carabinieri Schimpfworte ausstießen, seien aber nicht imstande, auch nur einen Namen zu nennen.“

Das Gericht verurteilte 10 Angeklagte zu Strafen zwischen 5 und 7 Monaten schweren Kerkers, „mit monatlicher einmaliger Abschließung“, wie „Der Tiroler“ vom 5. September 1920 zu berichten wussten. Ein Angeklagter wurde freigesprochen, die restlichen Angeklagten wurden zu jeweils ein bis zwei Wochen Haft verurteilt.

Am 7. Dezember 1920 kommentierte „Der Tiroler“ unter dem Titel „Gerechtigkeit“ das Urteil: „Nicht umsonst haben wir stets schärfsten Protest eingelegt, dass Leute aus unserem Lande als Gefangene durch die Straßen Trients geschleppt und vor trentinische Gerichtshöfe geschleift werden. Nicht umsonst haben wir darauf hingewiesen, dass wir nicht das mindeste Vertrauen in die Trentiner Justiz haben können.“ Der Staatsanwalt Grandi habe vor Gericht erklärt: „Er wolle die Herren vom Gerichtshofe nicht mit Einzelheiten über die Schuld jedes Angeklagten aufhalten.“

Der vorsitzende Richter namens Guido Emer sei „seinerzeit einer der geheimen irredentistischen Führer“ in Trient gewesen, schrieb die Zeitung.

Als Hasser des Deutschtums stand er schon vor dem Kriege bei seinen Landsleuten in hohem Ruf. Während des Krieges wurde er in gerichtliche und ehrengerichtliche Untersuchung gezogen. Daher war er offenbar … der geeignetste Mann, um einem Prozess mit politischem Gepräge gegen die den Trentinern so verhassten Südtiroler vorzustehen. … Junge Burschen werden in das Verließ geworfen, obwohl die Aussagen der Entlastungszeugen dartaten, dass die Behauptungen, auf welche die Anklage sich gründete, auf durchaus schwachen Füßen standen. … Aber freilich, wozu bedarf es juristische Gründe: es ist ein Verbrechen, ein Südtiroler zu sein und sich als solcher zu fühlen.

„Der Tiroler“ schloss mit den Worten: „Wir lassen uns aber dadurch nicht beugen. Wir widerstehen schmeichelnden Lockungen wie brutaler Gewalttätigkeit mit jener Ruhe und Kraft, die uns das Vertrauen auf unser gutes Recht verleiht.“

Am 2. Dezember 1920 wurden von dem Schwurgericht in Trient in einem weiteren Prozess vier Branzoller zu Strafen „schweren verschärften Kerkers“ zwischen 10 Monaten und 3 Jahren verurteilt. Wie die „Bozner Nachrichten“ am 4. Dezember 1920 berichteten, hatte der Staatsanwalt „die Demonstration als eine der Folgen der antiitalienischen Politik des alten Österreich sowie der Aufreizung durch die südtirolischen Pangermanisten“ bezeichnet.

Diese Ereignisse des Jahres 1920 waren der Beginn des Weges in eine schlimme Knechtschaft. Bald setzte auch die Zensur wieder ein. Die von der Zeitung „Der Tiroler“ beschworene Unbeugsamkeit der Südtiroler sollte in den kommenden Jahren des Faschismus auf die härtesten Proben gestellt werden – sich letztendlich aber bewähren.




Die Kriegserklärung Italiens 1915: Standschützen und Freiwillige Schützen als Retter in höchster Not

Der Dolchstoß in den Rücken des eigenen Verbündeten: Kriegseintritt Italiens gegen Österreich-Ungarn im Jahre 1915.

Von Georg Dattenböck

Angesichts der horrenden Schrecken und unfasslichen Verlustzahlen an Gefallenen, Vermissten und Schwerstversehrten des 1. Weltkrieges, hat heute jeder geschichtskundige Friedenswillige in Italien und Österreich den Wunsch, daß derart Schreckliches nie wieder geschehen soll. Immer wieder gibt auch heute noch das schmelzende Eis an den ehemaligen Frontabschnitten mumifizierte Gefallene frei und der Wanderer entdeckt vielfach noch die Hinterlassenschaften dieses Krieges.

Das italienische Volk beklagte am Ende rund 600.000 tote junge Männer, die Zahl der Vermissten und Schwerstversehrten ist dem Verfasser unbekannt. Dies war der traurige „Siegespreis“, den das italienische Volk, welches in großer Mehrheit nicht kriegsbegeistert und nicht schuldig war, für diesen von einer fanatischen Minderheit geplanten Angriffskrieg gegen Österreich zahlen mußte. Auch auf Seiten Österreich-Ungarns waren die Verluste gewaltig. Etwa 30.000 Mann wurden alleine durch Lawinen und die widrigen Witterungsverhältnisse des Hochgebirges getötet.

Mit einer starken, antiösterreichischen Stimmungsmache, Hetzreden, einer Befürwortung und Heroisierung des Krieges, stach damals unter vielen anderen Kriegshetzern der italienische Dichter Gabriele d’Annunzio, Redner bei Freimaurerfesten und zugleich einer der Ideengeber des aufkommenden Faschismus, besonders hervor.

D’Annunzio (rechts im Bild) im Gespräch mit Benito Mussolini.

Er verherrlichte den Krieg, machte den von ihm und seinen Anhängern geübten „Saluto Romano“ populär, bis dieser zum offiziellen faschistischen – und nationalsozialistischen – Parteigruß wurde und ließ sich sein Leben in einer beschlagnahmten Villa am Gardasee von dem faschistischen Regime finanzieren.

Als nach dem Ersten Weltkrieg aufgrund des Londoner Geheimabkommens von 1915 Teile Kroatiens an Italien fielen, Rijeka – von den Italienern auch Fiume genannt – jedoch nicht zu den abzutretenden Gebieten gehörte, besetzte D’Annunzio gegen den Willen der eigenen Regierung an der Spitze militärischer Freischärler die Stadt und rief dort die „Repubblica di Fiume“ aus. Er verfolgte damit die gleiche Annexionspolitik, die in Bezug auf Südtirol angewandt wurde. Nur diesmal passte sie nicht in das Konzept der Regierung in Rom.

Gabriele D’Annunzio(X)  mit seinen Freischärlern in Rijeka – Briefmarke des Freistaates Fiume mit Abbildung des Kopfes von D‘Annunzio.

D’Annunzio musste 1920 nach einem Militäreinsatz der italienischen Regierung den „Freistaat“ verlassen. 1924 einigten sich Italien und Serbien darauf, dass Fiume von Italien annektiert werden konnte. Nach dem Zweiten Weltkrieg sollte die Stadt dann an Jugoslawien fallen.

D’Annunzio wurde von Rom jedoch für seine Tätigkeit belohnt, indem man ihm zu äußerst kulanten Bedingungen eine Villa mit Park in Gardone Riviera am Gardasee überließ, die zuvor der deutschen Familie Thode gehört hatte und die von der italienischen Regierung als „deutsches Feindgut“ beschlagnahmt worden war. D’Annunzio gab dem geraubten Anwesen den Namen „Il Vittoriale degli Italiani“ („Siegesdenkmal der Italiener“) und stellte in dem Park Flugzeuge, Kanonen, ein Torpedoboot und andere  militärische Erinnerungsstücke aus.

Die prunkvolle und fast geschenkte Villa am Gardasee.

Bis heute stellt „Il Vitoriale“ einen sorgsam gepflegten Museumskomplex zur Kriegsverherrlichung dar.

Die „Neue Zürcher Zeitung“ berichtete auf ihrer Internetseite am 23. Dezember 2019, dass D’Annunzio ein „Choreograf des Faschismus“ gewesen sei, von Mussolini finanziert wurde und stolz verkündet habe: „Das Beste des Faschismus stammt von mir“. (https://www.nzz.ch/international/dichter-dandy-und-duce-wie-gabriele-dannunzio-zum-choreografen-des-faschismus-wurde-ld.1529897)

Mussolini und sein Schüler und Bewunderer Adolf Hitler.

Von besonderer Bedeutung für Südtirols Schicksal wurde der sozialistische Journalist und Chefredakteur Benito Mussolini, der sich zu Beginn des Ersten Weltkrieges von einem linksradikalen Pazifisten in einen nationalistischen Hetzer und Kriegstreiber verwandelte. Der Grund für diesen Wandel war unter anderem, daß er von der italienischen Regierung, der Waffenindustrie und ausländischen Diplomaten eine Zeitung („Il Popolo d’Italia“) für seine kriegstreiberische Propaganda finanziert bekam. Mussolinis geistiger Schüler und Bewunderer, sowie einer der politischen Totengräber Südtirols wurde später Adolf Hitler. (Siehe ausführlich dazu: „Hitler und Südtirol“ im „Südtirol-Informationsdienst“ v. 15.6.2016   http://suedtirol-info.at/page/11/).

Die Haltung der italienischen Freimaurerei zur Frage des Kriegseintrittes

Interessant ist die Haltung der italienischen Freimaurerei. Diese hatte bei der „Wiederauferstehung“ („Risorgimento“), der Einigung Italiens, eine bedeutende Rolle gespielt. Führende „Irredentisten“ waren zugleich Freimaurer gewesen und das erzkatholische Haus Habsburg wurde von der antiklerikalen italienischen Freimaurerei ohnedies als Feind gesehen. Im Gegensatz zu den weltbürgerlich orientierten Großlogen anderer Staaten Europas, war die italienische Freimaurerei aufgrund ihrer besonderen Geschichte zutiefst nationalistisch eingestellt. Sie war erfüllt vom Gedanken, daß alle Italienischsprachigen unter der Trikolore eines geeinten Königreiches Italiens leben sollten. Diese Freimaurerei war irredentistisch und damit antiösterreichisch eingestellt.

Aus dieser Gesinnungslage erklärt sich eine Stellungnahme der Großloge am 30. Juli 1914, in welcher der italienische Großmeister von der Gefährdung der nationalen Interessen Italiens und von der Möglichkeit der Vervollständigung der nationalen Einheit sprach. Das war letztlich nichts anderes als die Befürwortung dessen, was bald geschehen sollte.

Als am 5. Mai 1915 ein Denkmal der tausend Garibaldiner, die 1860 Neapel erobert hatten, in Quarto bei Neapel eingeweiht wurde, hielt der Dichter Gabriele d’Annunzio eine nationalistische Festrede. Der Festplatz wurde von den Fahnen von 400 italienischen Logen umrahmt. Neun Tage nach diesem Logenfest trat Italien in den Weltkrieg ein. Der Großorient Italiens sprach in seiner Botschaft zum Kriegseintritt von einem lang erwarteten Ereignis, das er begrüßte. Der Irredentismus und glühende Nationalismus der italienischen Freimaurerei wurde in der Folge schlecht gelohnt: Der aufblühende Faschismus unter Benito Mussolini hatte die Freimaurerei von Beginn an nicht neben sich geduldet und sollte der Großloge Italiens in einem kurzen und heftigen Kampf bald ein offizielles Ende bereiten.

Der Dreibund-Vertrag

Am 20. Mai 1882 hatte Italien mit Österreich-Ungarn und Deutschland den Dreibund-Vertrag geschlossen, ein Verteidigungsbündnis, in dessen Artikel I es hieß: „Die hohen vertragschließenden Parteien versprechen sich wechselseitig Frieden und Freundschaft und werden kein Bündnis und keine Verpflichtung eingehen, die sich gegen einen dieser Staaten richtet.“

Der Artikel II sah vor, dass der Bündnisfall einzutreten habe, „wenn eine oder zwei der hohen vertragschließenden Parteien ohne unmittelbare Herausforderung ihrerseits angegriffen werden sollten …“

Der Artikel IV sah vor, dass in dem Falle, dass ein Vertragspartner einer anderen Macht den Krieg erklären sollte, die anderen Vertragspartner eine „wohlwollende Neutralität zu beobachten“ hätten.

Als Österreich-Ungarn 1914 Serbien den Krieg erklärte, konnte sich Italien auf den Artikel IV berufen und sich für neutral erklären.

Das nicht akzeptierte Angebot Österreich-Ungarns an Italien

Rom nutzte nun die militärstrategische Notlage Österreich-Ungarns zu erpresserischen Gebietsforderungen. Am 11. April 1915 übermittelte der italienische Botschafter in Wien ein Memorandum, in welchem Rom neben Welschtirol auch noch das halbe heutige Südtirol forderte. Wohlweislich forderte Rom keine Volksabstimmung in diesen Gebieten, sondern die Abtretung.

Die österreichisch-ungarischen Regierung war daraufhin bereit gewesen, Welschtirol (das heutige Trentino) an Italien abzutreten und einem Sonderstatus für Triest zu zuzustimmen, der dessen italienischen Charakter sichern sollte. Strikt verweigert wurde jedoch die Abtretung deutschtiroler Gebiete.

(Anmerkung: Die Bezeichnung „Trentino“ für Welsch-Tirol war ab dem Jahre 1848 als Kampfparole gegen die Landeseinheit von den Irredentisten verbreitet worden. Trient hatte noch zur Zeit des Konzils (1545-1563) als eine halbdeutsche Stadt gegolten und das deutsche Sprachgebiet hatte vordem in kleineren und größeren Sprachinseln bis Verona und Vicenza gereicht.)

Um den Krieg zu vermeiden: Österreichs freiwilliges Angebot an Italien über das abzutretende Gebiet.  (Aus: Helmut Golowitsch: „Und kommt der Feind ins Land herein… Schützen verteidigen Tirol und Kärnten“, Schriftenreihe zur Zeitgeschichte Tirols; Band 6, Nürnberg 1985)

Der Bündnisverrat

Zu dem Zeitpunkt des österreichischen Angebots waren allerdings hinter den Kulissen die Würfel schon gefallen. Die italienische Regierung hatte am 26. April 1915 mit England und Frankreich in London einen Geheimvertrag abgeschlossen, wonach Italien bei dem von den Alliierten geforderten schnellen Seitenwechsel innerhalb eines Monats, Tirol bis zum Brenner, sowie fast ganz Dalmatien zugesprochen erhielt.

Der Kriegstreiber General Graf Luigi Cadorna

Dem gewandten Redner, General und Chef des Generalstabes Luigi Cadorna war es gelungen, mit zu optimistischen Vorhersagen über einen Kriegsverlauf mit Österreich das italienische Parlament auf die Seite der Kriegspartei zu ziehen.

Damit war ein eklatanter Bündnisverrat gegeben, denn in dem Artikel I des Dreibundvertrages hatte es geheißen, dass die vertragschließenden Parteien sich Frieden und Freundschaft versprechen und kein Bündnis eingehen würden, welches sich gegen einen Bündnispartner richte. Und der Artikel IV hatte „wohlwollende Neutralität“ der anderen Bündnispartner vorgesehen, falls einer der Bündnispartner einer anderen Macht den Krieg erklären sollte.

Im August 1914 hatte sich das mit Österreich-Ungarn und dem Deutschen Reich im Dreibund verbündete Königreich Italien zunächst für neutral erklärt. Dieses Verhalten war noch vertragskonform gewesen. Der Kriegseintritt Italiens an der Seite der Ententemächte war jedoch nichts anderes als ein heimtückischer Dolchstoß in den Rücken betrogener Vertragspartner. Am 3. Mai 1915 trat Italien aus dem „Dreibund“ aus und erklärte am 23. Mai 1915 Österreich-Ungarn den Krieg. Dem Deutschen Reich erklärte Italien erst im Jahre 1916 den Krieg.

Der Wortlaut der italienischen Kriegserklärung vom 23. Mai 1915

Am 25. Mai 1915 veröffentlichte die „Bozner Zeitung“ dann auf ihrer Titelseite nachstehende Mitteilung:

Vor 105 Jahren, am 23. Mai 1915, erfolgte die Kriegserklärung Italiens an Österreich-Ungarn.

Die Kriegserklärung Italiens
Wien, 23 Mai. Amtlich wird verlautbart:

Der italienische Botschafter, Herzog von Avarna überreichte heute nachmittags dem Minister des Aeßern Baron Burian die Kriegserklärung, in welcher es u. A. heißt:

Italien gab am 4. Mai der österreichisch-ungarischen Regierung die schwerwiegenden Gründe bekannt, weshalb Italien im Vertrauen auf sein gutes Recht den Bündnisvertrag mit Österreich-Ungarn, der von der österreichisch-ungarischen Regierung verletzt wurde, für nichtig und wirkungslos erklärt. Da Italien nun seine volle Handlungsfreiheit wieder erlangt hat und fest entschlossen ist, mit allen Mitteln für die Wahrung der italienischen Rechte und Interessen Sorge zu tragen, erachtet es die italienische Regierung als ihre Pflicht, alle Maßregeln zu ergreifen gegen jede gegenwärtige und zukünftige Bedrohung seiner nationalen Aspirationen. Der König betrachtet sich von morgen ab als im Kriegszustande mit Österreich-Ungarn befindlich.“

 Die Antwort von Kaiser Franz Josef

Ebenfalls am 25. Mai 1915 veröffentlichte die „Bozner Zeitung“ auf ihrer Titelseite die Antwort des Kaisers auf die Handlungsweise der italienischen Regierung:

Die Einleitungssätze des von der „Bozner Zeitung“ veröffentlichten Manifestes „An meine Völker“ von Kaiser Franz Josef.

„An meine Völker!

Der König von Italien hat mir den Krieg erklärt! Ein Treubruch, dessen Gleichen die Geschichte nicht kennt, ist vom Königreiche Italien an seinen beiden Verbündeten begangen worden. Nach einem Bündnis von mehr als 30jähriger Dauer, während dessen es einen territorialen Besitz mehren und sich zu einer ungeahnten Blüte entfalten konnte, hat uns Italien in der Stunde der Gefahr verlassen und ist mit fliegenden Fahnen in das Lager unserer Feinde übergegangen.

Wir haben Italien nicht bedroht, sein Ansehen nicht geschmälert, seine Ehre und seine Interessen nicht angetastet; wir haben Unseren Bündnispflichten stets getreu entsprochen und ihm Unsern Schirm gewährt, als es ins Feld zog. – Wir haben mehr getan: Als Italien seine begehrlichen Blicke über Unsere Grenzen sandte, waren Wir, um das Bundesverhältnis und den Frieden zu erhalten, zu großen und schmerzlichen Opfern entschlossen, zu Opfern, die Unserem väterlichen Herzen besonders nahe gingen.

Aber Italiens Begehrlichkeit, das den Moment nützen zu sollen glaubte, war nicht zu stillen.

Und so muss sich das Schicksal vollziehen. …

Mit diesen vor wahrnehmbarer Empörung bebenden Sätzen des Manifestes wandte sich Kaiser Franz Josef an die Völker Österreich-Ungarns.

Es sei vom Verfasser angemerkt, daß der seit 2. Dezember 1848 regierende Kaiser und seine vielen, wechselnden Regierungen, sich zu keiner Zeit über die sehr langfristig angelegte Strategie Italiens im Klaren waren und nur halbherzige Maßnahmen dagegen trafen. Trotz der Attentatsversuche auf den Kaiser und dessen Familie, der Kriege von 1848/49, 1859 und 1866 in Italien, trotz des Verlustes der Lombardei und Venetiens und des von außen geschürten Nationalismus der Völkerschaften der Monarchie, hatte sich wenig an der eklatanten Vernachlässigung der Wehrfähigkeit der k. u. k.-Armee und an dem Ignorieren von Warnungen geändert. Die umfassenden Pläne zur Erneuerung der Monarchie durch den designierten Nachfolger, Erzherzog Franz Ferdinand, waren durch dessen Ermordung und den Ausbruch des Weltkrieges nicht mehr zur Durchführung gelangt.

Ein Wort des Verfassers in eigener Sache: Mein persönlicher Bezug zu diesem tragischen Geschehen

Mit dem, was in der Folge nun geschah, bin ich nicht nur durch mein historisches Interesse, sondern auch durch meine Familiengeschichte verbunden. Dieser Krieg hatte auch für meine Großväter eine einschneidende Bedeutung: Der Großvater väterlicherseits (*1897) wurde zum salzburgisch-innviertlerischen Infanterie-Regiment 59 („Die Rainer“) eingezogen. Er musste u.a. am verhängnisvollen Monte Cimone schwerste Kämpfe durchleiden und wurde dort zweimal ausgezeichnet.

Kriegspostkarte der „Rainer“ – „Dir Salzburg – Oberösterreich: Treu bis zum Tod.“

Kampfstellung mit Infanteriegeschütz auf dem Monte Cimone

Mein Großvater mütterlicherseits, bei der Kriegserklärung Italiens noch nicht einmal 17 Jahre alt, meldete sich als Freiwilliger zu den Oberösterreichischen Freiwilligen Schützen. Sein Schicksal soll uns hier im Bericht Begleiter sein.

Die Freiwilligen

Über das weitere Geschehen zitiere ich aus einem zeitgeschichtlichen Werk (Helmut Golowitsch: „Und kommt der Feind ins Land herein… Schützen verteidigen Tirol und Kärnten“, Schriftenreihe zur Zeitgeschichte Tirols; Band 6, Nürnberg 1985)

„Als Italien den Krieg erklärte, standen zwei Drittel der italienischen Armee an der österreichischen Grenze. Vom Ortler über das Etschtal, die Sieben Gemeinden, die Dolomitenpässe bis hin zu den Pässen und Tallinien der Karnischen und Julischen Alpen schienen die Italiener auf kaum besetzte Grenzen zu stoßen. Der Durchmarsch bis Wien und das Diktat eines mitteleuropäischen Friedens durch das siegreiche Italien schienen in greifbare Nähe gerückt. Wer weiß, welche auch aus heutiger Sicht schmerzhaften Gebietsopfer über die Abtrennung Südtirols hinaus ein solcher italienischer Durchbruch für Österreich gebracht hätte.

Alpini marschieren an die Front.

In der Tat schien Italien mit dem Krieg nicht viel zu wagen. Das Feldheer stand in Galizien und in den Karpaten. Die plötzlich zur Front gewordene Südgrenze war von Truppen entblößt. Die Luftlinie der österreichischen Grenze vom Stilfser Joch bis zu den Julischen Alpen betrug 600 km. Offiziere des österreichischen Generalstabes errechneten, daß die tatsächliche Länge der Stellungslinien aufgrund des Geländes und der Höhenunterschiede mit mindestens 3.500 Kilometern anzusetzen war, ohne Einschluss der Isonzo-Front.

An dieser Grenze standen im Mai 1915 in Tirol nur einige Landsturm- und Marschbataillone sowie die Festungsbesatzungen zur Verfügung. Allein an der 100 Kilometer langen Dolomitenfront marschierten aber 160.000 Mann Italiener auf, die unter Generalleutnant Nava die 4. Armee bildeten.

Insgesamt standen in Tirol 21 improvisierten, kaum ausgebildeten Heeres- und Landsturmbataillonen die gesamte 1. und 4. italienische Armee mit etwa 180 Bataillonen gegenüber.

In Kärnten standen die Dinge nicht viel besser. Der offenen und entblößten Grenze gegenüber marschierten die 2. und die 3. italienische Armee sowie das 12. Korps, noch verstärkt durch 16 Alpinibaone, zum Angriff auf.

Demgegenüber hatte der österreichische General Goiginger nur 12 Bataillone zur Verfügung. Die Einnahme Trients und Bozens, der Durchstoß in das Pustertal, der Einbruch über Plöcken und Naßfeld nach Kärnten und der Vormarsch bis Wien hätten nach menschlichem Ermessen ohne Schwierigkeiten gelingen müssen, wenn nicht zwei Dinge geschehen wären:

Der italienische Oberbefehlshaber Graf Cadorna überschätzte Zustand und Stärke der österreichischen Festungen maßlos. Statt an bestimmten Punkten seine Kräfte zu massieren und diese in energischem Stoß in das österreichische Hinterland zu führen, zögerte Cadorna in unbegreiflicher Weise mit dem Ansetzen punktueller Großangriffe und begnügte sich zunächst damit, alle seine Kräfte in die Ausgangsstellungen entlang der österreichischen Linien heranzuführen und durch nachrückenden Ersatz und durch Artillerie zu verstärken. Dann begann Cadorna, die von ihm so gefürchteten österreichischen Festungen tagelang sturmreif zu schießen.

Bild links: Schweres italienisches Belagerungsgeschütz. Bild rechts: Das zerschossene und immer noch nicht eingenommene Werk Verle auf der Hochfläche von Folgaria-Lavarone.

Das zweite Ereignis, das gerade wegen der Zaghaftigkeit des italienischen militärischen Führers einen raschen italienischen Erfolg verhinderte, war das Auftreten freiwilliger Formationen, die dann Cadorna das Tor schlossen, durch welches er bis nach Wien zu gelangen gedachte. Buchstäblich wie aus dem Nichts  tauchten in Tirol 38.000 zusätzliche Landesverteidiger auf. Innerhalb von nur 3 Tagen stellten Tirol und Vorarlberg ein gesamtes zusätzliches Armeekorps an die Grenze, bestehend aus blutjungen oder alten Männern, deren Alter außerhalb der Wehrpflicht lag.

Auszug der Bozener Standschützen an die Front (Gemälde des Südtiroler Malers Albert Stolz, der mit den Bozener Standschützen an die Front oberhalb Riva del Garda gegangen war.)

Bild links: Meraner Standschützen fahren an die Front. Bild rechts: Der Marsch in die Stellungen.

Die Ultener Standschützen auf der Cima Fratta Secca in Welschtirol (Tonale-Gebiet).

Als die ersten italienischen Patrouillen gegen die österreichischen Stellungen vorfühlten, schlug ihnen von Gipfeln und Graten ein gut gezieltes Scharfschützenfeuer entgegen.

Diese Verteidiger waren die Standschützen, über die das italienische Generalstabswerk ‚La Conquista del Col di Lana‘ (‚Die Eroberung des Col di Lana‘) vermerkt:

‚Die Standschützen setzten sich aus Freiwilligen von Tirol und Vorarlberg zusammen. Lang nicht alle waren militärisch ausgebildet. Die meisten waren überhaupt viel zu jung oder viel zu alt dazu, doch sie erwiesen sich für die Verteidigung ihres Landes sehr wertvoll. Diese rauhen Jäger und unermüdlichen Gebirgler hingen mit seltener Liebe an ihren Bergen, mit denen und ihrem alten Kaiser sie von Jugend auf verwachsen waren. Sie wurden gleich unsere erbittertsten Feinde‘.

Den Standschützen traten dann auf der Hochfläche von Folgaria-Lavarone noch freiwillige Schützen aus Oberösterreich zur Seite, hauptsächlich Jugendliche im Alter unter 18 Jahren.

In Kärnten geschah wie in Tirol ein Wunder. Ein Wunder der Heimatliebe und des Opfermutes.

12.000 freiwillige Schützen tauchten auf gespenstische Weise auf und besetzten die Gipfel, Grate und Hangstellungen der Karnischen und Julischen Alpen. Schüler und Studenten aus der Steiermark, Bauernbuben, Lehrlinge und Gymnasiasten aus Salzburg stiegen, unter der Last ihrer Rüstungen fast zusammenbrechend, in die Höhenstellungen und wehrten dem Feind das Eindringen in das Land. Von ihnen waren aber allein 8.422 Kämpfer aus Kärnten, die mit ihren Leibern die engere Heimat deckten.

Bild links: Der OÖ Freiwillige Schütze Albin Prokesch war im Alter von 16 Jahren eingerückt und war zwei Jahre später mit der „Goldenen Tapferkeitsmedaille“ ausgezeichnet worden. – Bild rechts: Salzburger Freiwillige Schützen.

Steirische Freiwillige Schützen in der Höhenstellung.

Den Buben und den alten Männern in Tirol kam als erste Hilfe das deutsche Alpenkorps zur Unterstützung herangeeilt, ausgestattet mit Kampferfahrung, vortrefflicher Disziplin und hervorragender Gebirgsartillerie. Dann kamen österreichische Truppen des Feldheeres. Wochenlang aber lag die Last der Verteidigung allein auf den Schultern von Knaben und Greisen, die zum Teil von Mädchen, Kindern und Bauersfrauen aus dem Tale in ihren Höhenstellungen versorgt wurden. Die Freiwilligen aber, die man seitens der obersten Heeresleitung anfangs lediglich für fähig gehalten hatte, bei der Verteidigung von Stellungen mitzuwirken, entwickelten sich zu hervorragenden Sturmtruppen die man in Sturmkursen technisch und taktisch ausbildete und bis zum Zusammenbruch 1918 an den Brennpunkten des Geschehens auch operativ einsetzte.“

(Helmut Golowitsch: „Und kommt der Feind ins Land herein… Schützen verteidigen Tirol und Kärnten. Schriftenreihe zur Zeitgeschichte Tirols; Band 6, Nürnberg 1985, S. 14ff)

Zum Abschluss eine Erinnerung aus der Familiengeschichte des Verfassers:

Der schreckliche Tod des ehemaligen Freiwilligen Schützen Josef Beyerl

Der Großvater des Verfassers, Josef Beyerl, der im Juli 1898 im Mühlviertel, in Mardetschlag (Bezirk Freistadt), geboren wurde, hatte sich als Sechzehnjähriger zu den Freiwilligen OÖ Schützen gemeldet.

Die Verabschiedung der Freiwilligen OÖ Schützen auf dem Hauptplatz in Linz am 11. Juli 1915.

Bild links: Die Einwagonnierung der OÖ Schützen in Linz – Bild rechts: Einer von ihnen war der junge Josef Beyerl aus Mardetschlag im Mühlviertel.

Als Josef Beyerl aus den verlustreichen Kämpfen in die Heimat zurückkehrte, musste er feststellen, dass der Erste Weltkrieg auch hier ein schreckliches Erbe hinterlassen hatte. Das ausgehungerte, ausgeblutete und von den siegreichen Alliierten nochmals ausgeraubte Österreich versank im Elend. Soziale Kämpfe und das Entstehen radikaler totalitärer Kräfte waren die Folge. Ein Opfer dieser tragischen Entwicklung sollte er selbst werden.

Am 27. Juli 1934 meldete sich der Gendarmerie-Rayonsinspektor Josef Beyerl in seinem nunmehrigen Heimatort Wilhering auf Grund der Erkrankung eines Kameraden freiwillig zum Dienst.

Der sogenannte „Juli-Putsch“ der NSDAP war in den Aufstandszentren Wien, Steiermark und Kärnten schon längst zusammengebrochen, als einige von tiefem Hass erfüllte junge „Volksgenossen“ um 3 Uhr morgens, aus finsterem Hinterhalt, mit 4 Karabinerschüssen dem Leben des 37jährigen ehemaligen Freiwilligen Schützen ein jähes Ende bereiteten. Ein Schuss zerfetzte seine Leber.

Die sofort alarmierte Familie, Gattin und Kinder (11 und 8 Jahre alt), lief schreiend und in heller Panik im Nachtgewand rund 1,5 Kilometer weit auf der Bundesstraße 129 zu dem neben dem Straßengraben liegenden Mann und Vater, der vor ihren Augen in seinem Blut langsam verröchelte.

Im Morgengrauen wurden unweit der Mordstelle 35 Mannlicher-Gewehre gefunden: 25 waren geladen, zehn davon waren noch in Papier verpackt. Die Mörder konnten nicht festgestellt werden und wurden nie abgeurteilt. Gerüchte liefen später um, dass die Täter eigentlich einem anderen Gendarmen hatten auflauern wollen und dass Josef Beyerl somit das Opfer einer Verwechslung geworden war. Das machte freilich die Tat nicht besser.

Unter größter öffentlicher Anteilnahme wurde der besonnene und in Wilhering äußerst beliebte Mann am 30. Juli 1934 zur letzten Ruhe geleitet. In diesem blutigen Jahr 1934 hatte er zwischen den ständig aufeinander schießenden Bürgerkriegsparteien immer wieder ausgleichend wirken wollen und war dann selbst zum Opfer geworden.

Bundespräsident Wilhelm Miklas verlieh ihm posthum die „Goldene Medaille für Verdienste um den Bundesstaat“.

Bild links: Das Denkmal für Josef Beyerl – Bild rechts: Der hoch dekorierte Kriegsteilnehmer Dr. Heinrich Gleißner nahm an der Errichtung des Denkmals für den ehemaligen Kriegskameraden teil.

Am 11. November 1934 fand eine Denkmalenthüllung am Sterbeplatz des Erschossenen statt, unter Anwesenheit von Landeshauptmann Dr. Heinrich Gleißner, der einst auch ein Kämpfer an der Front in Tirol gewesen und mit der Großen Goldenen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet worden war.

Die Einweihung des Denkmals in Anwesenheit des Landeshauptmannes Dr. Heinrich Gleißner

Junge Idealisten wie Josef Beyerl hatten ehrlichen Herzens bei der Verteidigung der Heimat ihr Bestes gegeben. Als sie aus einem schrecklichen Krieg zurückkehrten, war ihnen der Friede nicht vergönnt. Im südlichen Tirol brach nach der Landesteilung auch noch der Terror des Faschismus über die Unterworfenen herein. Der Oberösterreicher Josef Beyerl starb 1934 in einem beginnenden Bürgerkrieg einen tragischen Tod. Viele seiner Kameraden mussten Diktatur, Verfolgungen, und einen weiteren Weltkrieg erleben.

Wir gedenken anlässlich des Jahrestages der italienischen Kriegserklärung der Tiroler Landesverteidiger und ihrer Kameraden wie des Freiwilligen Schützen Josef Beyerl, die reinen Herzens gehandelt und alles für das Vaterland und ihre Mitmenschen gegeben hatten.




Menetekel „Los von Rom“

Der Historiker und ehemalige Österreich-Berichterstatter der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Olt, hat uns dankenswerter Weise nachstehenden Beitrag zur Verfügung gestellt.

In Südtirol leuchten Feuerschriften auf und die Stimmung schlägt um

 Von Reinhard Olt

(Alle Fotos: SSB)

Im Lande an Eisack und Etsch gärt es. Feuerschriften leuchten auf. „Jetzt reicht‘s“ verkünden brennende Fackel-Schriftzüge zwischen Pustertal, Burggrafenamt und Vinschgau. „Freistaat“ heißt ein Verlangen auf Spruchbändern. „Kurz, hol uns heim“ fordern Aufschriften auf an Brücken befestigten Tüchern als Wunsch an den österreichischen Bundeskanzler. Und in Weinbergen, an Felswänden, Heustadeln und Gartenzäunen prangt auf Spruchtafeln, was des Nachts Flammenschriften  an Bergrücken bekunden: „Los von Rom“.

Die Folgen der Corona-Krise zeitigen im südlichen Teil Tirols, von Italien 1918 annektiert und ihm im Vertrag von St. Germain 1919 als Belohnung für seinen Seitenwechsel 1915 zugesprochen, einen markanten Stimmungsumschwung in der Bevölkerung. Der öffentlich vernehmliche Unmut gegen das Dasein im fremdnationalen Staat, und der Rückgriff auf das „Los von Rom“, einer Losung, welche die 1950er  Jahren maßgeblich beherrschte, in den 1960er und 1970er Jahren aber infolge der Autonomie- und „Paket“-Politik, in welcher das „Los von Trient“ dominierte, eher schwand, und allenfalls noch von austro-patriotischen, in ganz geringem Maße auch von deutschnationalen Kräften als Ziel hochgehalten wurde, hat in den „Corona-Wochen“ durch Maßnahmen, wie sie dem typischen römischen Zentralismus immer wieder eigen sind, einen enormen Auftrieb erhalten.

Unübersehbar war und ist, dass selbst die Südtiroler Volkspartei (SVP), seit 1945 dominante und mehr oder weniger unangefochtene politische Kraft in der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol, von diesem demoskopisch greifbaren und allerorten zu vernehmenden Umschwung erfasst zu sein scheint. Eine SVP, deren (seit Abgang der „Alten Garde“) janusköpfige Führung – hie Parteiobmann Philipp Achammer, da Landeshauptmann Arno Kompatscher – seit Amtsantritt 2014  stets mehr Italophilie zeigte denn von historisch gebotener Österreich-Empathie  berührt ist. Die Auswirkungen der Corona-Krise, insbesondere das notorisch zu nennende zentralstaatliche Gebaren Roms, das der – von der SVP bisweilen verabsolutierten – Autonomie Hohn spricht und die Südtiroler „Selbstverwaltung“ ad absurdum führt(e) – setzten quasi über Nacht eine Kurswende in Gang. So beschloss die SVP-Parteiführung, als sie gewahrte, dass sich der Stimmungsumschwung in Wirtschaft und Gesellschaft Südtirols letztlich auch zu ihren machtpolitischen Ungunsten auswirken würde, eine Kehrtwende. Sie  bekundete, die von ihr geführte Landesregierung werde nicht einfach mehr die als abschnürend empfundenen Dekrete von Ministerpräsident Conte in vom Landeshauptmann  quasi übersetzte  Anordnungen kleiden, sondern durch ein eigenes – in autonomer Zuständigkeit aufgrund primärer Zuständigkeit vom Landtag zu verabschiedendes – Landesgesetz  ersetzen, welches den Bedürfnissen der Bevölkerung zwischen Brenner und Salurner Klause Rechnung trage.

„Für uns ist es nicht akzeptabel, das unsere Autonomie weiter eingeschränkt wird“, hatte Kompatscher nach einer Videokonferenz des Regionenministers Francesco Boccia mit den Regierungschefs  der Regionen und autonomen Provinzen sowie mit Zivilschutz-Chef Angelo Borrelli und dem außerordentlichen Covid-19-Notstands-Kommissar Domenico Arcuri dargelegt. Boccia hatte bekräftigt, dass Sonderwege für Gebietskörperschaften erst vom 18. Mai an zulässig seien. Daher, so Kompatscher, werde Südtirol nicht nur den „schwierigen gesetzgeberischen Weg gehen, um Schritt für Schritt das wirtschaftliche Leben wieder in Gang zu bringen“, sondern gemäß dem einmütigen Beschluss des SVP-Führungsgremiums auch die römischen Parlamentarier der Partei  veranlassen, die (ohnehin labile) Regierung Contes – nach Hinauswurf  Salvinis und der Lega von dem im linken Parteienspektrum angesiedelten Partito Democratico (PD) und der Movimento 5 Stelle (M5S; „Bewegung 5 Sterne“) sowie einer PD-Abspaltung unter dem früheren Ministerpräsidenten Renzi mehr schlecht als recht getragen – nicht länger zu unterstützen.

Der gesetzgeberische Akt Südtirols wird letztlich zwangsläufig zu einem Konflikt führen, der nicht allein bis zum römischen Verfassungsgerichtshof reichen würde, wenn Rom auf seiner trotz aller schönfärberischen Lobhudeleien, die zwischen Rom und Bozen, aber auch zwischen Wien und Rom ob der „weltbesten Autonomie“ und der „friedlichen gutnachbarschaftlichen Lösung des seit Ende der Teilung Tirols 1919/20 bestehenden Südtirolkonflikts“ durch die Streitbeilegungserklärung gegenüber den Vereinten Nationen 1992 fortbestehende „Ausrichtungs- und Koordinierungsbefugnis“ (AKB) seiner Zentralgewalt besteht und den Landtagsbeschluss für null und nichtig erklärt. Was nach aller historisch-politischen Erfahrung geschehen dürfte.

Doch unabhängig davon, ob Rom dann eine Art Zwangsverwaltung über Südtirol verhängt – denn selbst bis zu einer „Eilentscheidung“ des römischen Verfassungsgerichtshofs, die erfahrungsgemäß kaum zugunsten Südtirols ausfallen dürfte, würde wohl eine erhebliche Zeitspanne verstreichen – oder nicht, könnten  alle damit verbundenen Akte wohl kaum ohne erhebliche Spannungen realisiert werden. Eigentlich sieht ja das in vielen damaligen Verhandlungen vereinbarte und 1969 gutgeheißene „Südtirol-Paket“ und das darauf fußende Zweite Autonomiestatut von 1972 rechtsverbindlich vor, dass alle von Rom hinsichtlich Südtirols zu treffenden Maßnahmen stets nur im Einvernehmen mit den dortigen Gremien in Kraft gesetzt werden können. Notfalls steht es Bozen zu, Wien sozusagen als „Schutzmacht“ anzurufen; lediglich der Gang vor den Internationalen Gerichtshof (IGH) ist im Zuge der damaliger Verhandlungen nicht als Vertragsbestandteil fixiert worden, was sich, wenngleich in Wien und Bozen von manchen seinerzeit mahnend verlangt, als kaum mehr gutzumachendes Hemmnis für die Südtiroler Sache insgesamt erweist.

Die SVP – in der Anfang 2019 gebildeten Landesregierung  auf die Südtiroler Provinzorganisation der starken Lega  angewiesen – hat dabei nicht allein  ihren Koalitionspartner an der Seite; die Lega ist seit dem „Hinauswurf“ ihres demoskopisch  erfolgsverwöhnten römischen Vormanns Salvini mit der römischen Regierung ohnedies auf striktem Konfliktkurs. Auch auf die deutschtiroler Oppositionskräfte im Landtag, Freiheitliche Partei (FPS) und Süd-Tiroler Freiheit (STF), kann sie in dieser Sache  zählen, wenngleich beiden die im  Landesgesetz fixierten Erleichterungen nicht in allen Punkten zusagen oder sie für zu wenig weitreichend erachten; Hauptsache man setzt Zeichen für ein gemeinsames Aufbäumen gegen Rom und dessen  scheibchenweiser Aushöhlung der autonomen Zuständigkeiten Südtirols. Diese sind längst  weit von der seit 1992 von der SVP erstrebten „dynamischen Autonomie“ entfernt , ganz zu schweigen von der von ihr einst als hehres Ziel proklamierten „Vollautonomie“, von der in letzter Zeit kaum noch die Rede gewesen ist.

Dass die SVP sozusagen „in letzter Minute“ die (nicht allein in Feuerschriften aufflammenden und auf Transparenten ersichtlichen) „Zeichen der Zeit“ erkannte – und allem Anschein nach damit zudem einen bisweilen an die Öffentlichkeit drängenden  Rivalitätskonflikt Achammer – Kompatscher  einzuhegen trachtete – ist unverkennbar auf  auch vernehmliches innerparteiliches Rumoren  zurückzuführen. Die (laut)stärkste Stimme in dieser Situation war/ist die der Wirtschaft, die in der von Interessenbünden geprägten SVP – Wirtschaft, Bauern, Arbeitnehmern, als den gewichtigsten – die Melodie vorgab, verstärkt durch die Tageszeitung „Dolomiten“, die sich allzugerne als SVP-„Wegweiser“ geriert, wenn nicht bisweilen gar als deren Quasi-Parteiorgan  fungiert. Markant auch der Mahnruf Christoph Mastens. Der langjährige SVP-Wirtschaftsfunktionär, seit 40 Jahren Parteimitglied, bedient sich seines Internet-Organs VOX-News Südtirol, um der jetzigen Parteiführung und insbesondere dem Landeshauptmann  sowie den SVP-Landesräten (Ministern) in griffigen Anklagen nicht nur fehlendes Führungsmanagement , Misswirtschaft, Versagen vorzuhalten, sondern auch „gewissenlosen Verrat an der Südtirol- Autonomie und am Südtiroler Volk zu unterstellen – gipfelnd in zündenden VOX-Losungen wie „Jetzt Vollautonomie oder Freistaat“.

Dass solche Stimmen nicht nur in austro-patriotischen Verbänden wie dem Südtiroler Heimatbund (SHB), der Vereinigung ehemaliger Freiheitskämpfer der 1960er bis 1980er Jahre, und des Südtiroler Schützenbundes (SSB) Resonanz finden und verstärken  – SSB- Kompanien waren maßgeblich an der Organisation der weithin ersichtlichen und Rom, wo natürlich reflexartig  von Separatismus-Bestrebungen die Rede war, erzürnenden Parolen und Leuchtfeuern beteiligt – sondern in „Los von Rom“-Stimmung münden, liegt auf der Hand.

Ebenso lässt gleichlautende Flammenschriften bzw. der aus weithin im Lande lodernden Fackeln konfigurierte Tiroler Adler „Gänsehaut“ bei vielen Leuten entstehen  – just eingedenk signifikanter Parallelität zum Tiroler Freiheitskampf des Andreas Hofer wider französische und bayerische Fremdherrschaft bis hin zu den 1960er und 1970er Jahren, da sich in Gestalt der Freiheitskämpfer des BAS (Befreiungsausschuss Südtirol) der „Tiroler Adler gegen den italienischen Staat“ erhob.

Es sind daher nicht mehr nur, wie seither eher die Oppositionsanhänger, wenige Südtiroler, die vom römischen Zentralismus, ja von der nicht selten unter dem Gebot des „friedlichen Miteinanders“ erzwungenen Unterwerfung unter die Lupa Romana genug haben. Mehr und mehr Bewohner des Landes zwischen Dolomiten und Reschen halten die bisher praktizierte Form der Südtirol-Autonomie für gescheitert, sehen im politkommunikativen Gesäusele von der die Teilung Tirols überwindenden „Zukunft  durch EUropäisierung“, praktiziert in einem mehr oder weniger papierenen Gebilde  namens „Europaregion Tirol“, nurmehr Augenauswischerei.  Der latente Krisenzustand der EU, wie er besonders während der „Coronitis“ dadurch augenfällig wurde, dass der Rückfall in nationalstaatliches Gebaren als Überlebensnotwendigkeit erachtet und vor aller Augen sichtbar wurde, verstärkte dies Empfinden. Der Gedanke, sich nicht nur „stärker von Rom zu lösen“, sondern sich nach nunmehr 100 Jahren der Zwangseinverleibung, zweimal verweigertem Selbstbestimmungsrecht und idenitätszerstörendem Assimilationsdruck tatsächlich in aller Form und Konsequenz von Italien zu verabschieden, für das  namhafte  Gesellschaftswissenschaftler ohnedies prognostizieren, seine Auflösung sei kaum mehr aufzuhalten und für die EU eine „Zeitbombe“; bricht sich  Bahn.

Bei Protestfeuern, lodernden Tiroler-Adler-Silhouetten und Spruchbändern mit dem schneidenden Verlangen „Kurz, hol uns heim“ wird es wohl nicht bleiben.




Bericht aus TAIWAN bestätigt die Analyse des Südtiroler Altmandatars Dr. Franz Pahl im letzten SID

In der letzten Ausgabe des SID hat der Südtiroler Altmandatar und SVP-Politiker Dr. Franz Pahl in Bezug auf die CORONA-Krise in einer gründlichen Analyse das Versagen europäischer Regierungen dargelegt. Ein Versagen, welches sich in anfänglicher Unterschätzung der Situation und dann in panischen Überreaktionen manifestierte. Ein Versagen, welches sich auch darin äußerte, dass man seit Jahren aus vorangegangenen Virus-Epidemien keine Konsequenzen in Form von Vorsorgemaßnahmen für die Zukunft gezogen hatte. Dr. Franz Pahl hat in seinem Beitrag auch auf das positive Beispiel Taiwans verwiesen. Dort hatte man aus vorangegangenen Epidemien gelernt gehabt und sowohl materiell wie planerisch Vorsorgen getroffen gehabt.

Am 20. April 2020 erschien in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ ein Bericht darüber, wie der international nur wenig anerkannte Staat Taiwan („Republik China“) die CORONOA-Situation gemeistert hat und wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) dies anerkennen musste, obwohl Taiwan mit Rücksicht auf die Volksrepublik China nicht deren Mitglied sein kann.

Die staatsrechtliche Situation der Insel Taiwan ist bis heute nicht geklärt. Die Volksrepublik China betrachtet Taiwan als zu ihrem Territorium gehörig, während die Regierung von Taiwan (Republik China“) auf der Unabhängigkeit beharrt.

Die „Republik China“ ist de facto ein souveräner Staat, scheiterte aber mit einem Versuch, der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als Beobachter beizutreten, am Widerstand der Volksrepublik China.

Ungeachtet der politischen Differenzen zwischen den beiden Staaten besteht eine erfolgreiche wirtschaftliche Zusammenarbeit einschließlich eines intensiven Reiseverkehrs mit Linienflügen.

Am 25. April 2020 veröffentlichte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ nun eine Zuschrift von Wei-Ta Chang, des diplomatischen Vertreters von Taiwan in der Bundesrepublik Deutschland, welcher die Handlungsweise Taiwans in der CORONA-Krise darstellt und damit in allen Punkten die Analyse von Dr. Franz Pahl bestätigt.

Wir möchten deshalb diesen Bericht hier nachstehend unseren Lesern zur Kenntnis bringen:

Italien wie es singt und lacht – CORONA hilft der Mafia

Wir möchten aber auch eine weitere Ergänzung des CORONO-Geschehens in Italien unseren Lesern nicht vorenthalten. Aus medizinischen Vorsorgegründen wurde die massenhafte vorzeitige Entlassung von Gefangenen verfügt, die nur noch geringere Reststrafen zu verbüßen hatten. So weit so gut. Wie das italienische Nachrichtenmagazin „L’Espresso“ am 21. April 2020 berichtete, haben nun italienische Richter auch die Entlassung höchstrangiger Mafia-Bosse aus der Haft und deren Überführung in den Hausarrest verfügt. Darunter befinden sich wegen mehrfachen Mordes zu 20 Jahren bis lebenslanger Haft verurteilte Schwerverbrecher, denen auf diesem Weg faktisch viele Jahre beziehungsweise sogar der Rest ihrer Strafe erlassen wird.

Für die Richter, welche die Entscheidungen über die Heimsendung der Mafia-Bosse zu treffen hatten, ist es sicherlich tröstlich, zu wissen, dass ihre eigenen Familien in Sicherheit leben dürfen und nicht durch Anschläge oder Entführungen durch Mafia-Mitglieder gefährdet sind.




Ein Virus als Sensenmann in Europa

Stellungnahme von Dr. Franz Pahl zu den politischen Maßnahmen in Bezug auf die „Corona“-Seuche:

Ein beispielloser Schrecken hat die Menschheit erfasst. Der Virus-Tod trifft selbst manche Jungen in blühendem Alter. Heimtückisch bedroht er die Alten und Schwachen. Als im chinesischen Wuhan die Seuche schon wütete und selbst die chinesische Folterdiktatur diese Tatsache einräumen musste, wiegte sich Europa noch in Sicherheit. Das Robert-Koch-Institut (RKI), das sich für den letzten Schluss virologischer Weisheit hält, erklärte noch im Februar, es sei „unwahrscheinlich“, dass der Corona-Virus eine Gefahr für Deutschland darstellen könne. Nur der Virologe Alexander Kekulé riet schon im Jänner dazu, die ankommenden Flugpassagiere auf den Flughäfen auf Fieber zu testen.

Prof. Dr. Alexander S. Kekulé, Inhaber des Lehrstuhls für Medizinische Mikrobiologie und Virologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie des Universitätsklinikums Halle, hatte schon im Jänner kontrollierende Maßnahmen auf Flughäfen empfohlen.

Andere Länder wie Taiwan, Südkorea, Singapur, handelten schnell, testeten jeden Einreisenden aus China und isolierten die Erkrankten. Taiwan stoppte die Flüge aus Wuhan bereits am 31. Dezember 2019. Insgesamt wurden 124 Maßnahmen ergriffen. Es wurde kein Aufwand gescheut, die Ansteckungsketten zurückzuverfolgen. Sofort teilte Taiwan seine Erkenntnisse und alle Maßnahmen der Fachwelt mit, indem es sie im renommierten „Journal of American Medical Association“ publizierte. Die Betriebe arbeiteten aber weiter, und auch die totale Ausgangssperre wurde nicht verhängt. Masken zu tragen stört in Asien niemanden.

China handelte mit Verspätung

Durch ihre späten, dann aber drakonischen Maßnahmen rettete die chinesische Diktatur vermutlich Hunderttausenden das Leben. Schon im März 2019 hatte Peng Zhou aus Wuhan aufgrund seiner Untersuchungen gewarnt, dass China wegen der biologischen Verhaltensweise der Corona-Viren in den Fledermäusen bald eine neue Pandemie erleben werde. Nur den Zeitpunkt könne er nicht angeben. Als der Augenarzt Li Wenliang aufgrund seiner Beobachtungen auf die akute Gefahr hinwies, wurde er vom Regime noch mundtot gemacht. Allerdings hatte China, in dem SARS zuerst auftrat, ein Überwachungsprogramm installiert, welches eine auffällige Häufung atypischer Lungenentzündungen so früh wie möglich melden sollte. Als die ersten 27 Fälle atypischer Pneumonie ohne Todesfall festgestellt wurden, informierten die chinesischen Behörden die WHO. Die Welt kümmerte sich nicht darum. Kein europäischer Gesundheitsminister fand die Lage beunruhigend. Die amerikanische und europäische Politik nahm sich kein Beispiel an Taiwan, Singapur oder Hongkong. Man wusste wie immer alles besser, verharmloste und ließ die Zeitspanne verstreichen, in der man das Unheil noch hätte verhindern können. Ein entsetzliches Versagen der politisch Verantwortlichen, die sich jetzt als Krisen-„Manager“ gerieren.

Die dreifache Schuld der leichtfertigen Regierungen

Europäische Staatenlenker, die sich inzwischen mit ihren drakonischen Maßnahmen als Landesretter feiern lassen, haben das heutige Ausmaß durch ihr Nichtreagieren überhaupt erst möglich gemacht. Ihr schweres Versäumnis zuzugeben, fällt ihnen aber nicht ein.

Keine Regierung hat aus SARS (China, 2003), MERS (2012), EBOLA (Westafrika, 2014/15), SCHWEINEGRIPPE (2009); VOGELGRIPPE (2004) und Cholera (Neapel, 1973) etwas gelernt. Kein westlicher Staat stellte eine strategische Reserve an Schutzmasken, Desinfektionsmitteln und Beatmungsgeräten bereit. Während die westlichen Demokratien Jahrzehnte lang um die Wette eiferten, ihre lebenswichtigen Fabriken in China produzieren zu lassen, anstatt die heimische strategische Produktion zu begünstigen, dachte nur China voraus und legte Reserven an, von denen jetzt Europa zehrt. Alle raufen sich darum. Der Wettkampf lockt aber auch chinesische Betrüger an.

Fähigkeit zur Eigenproduktion nicht genützt

Das zweite Versagen besteht darin, nicht sofort nach Ausbruch der Epidemie die technischen Ressourcen zur Eigenproduktion energisch genützt zu haben. Kein Wirtschaftsminister hat gleich am Beginn der Pandemie, als der Spitalsnotstand und der Mangel an sanitärem Material absehbar war, unverzüglich die bereitwilligen heimischen Firmen mit langfristigen Abnahmegarantien zu breit angelegter Eigenproduktion und nötigen Umstellungen veranlasst. In Bergamo gingen rasch die Beatmungsmaschinen für die Patienten aus, und Pfleger und Ärzte starben mangels Schutzkleidung am Virus der Patienten, die sie betreuten. Noch heute sind die Versuche zur Selbsthilfe den Firmen allein überlassen. Es gibt keinen strategischen Förderungsplan, nur vages Palavern, dass man dies und jenes in der Zukunft müsste, wie etwa eine österreichische Ministerin verlauten ließ.

Selbstschutzfähigkeit der Betriebe ignoriert

Das dritte Versagen ist, im späten, panischen Schutzeifer nicht zwischen den wirklichen Gefahrenorten und selbstschutzfähigen Produktionsbereichen zu unterscheiden. Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen sind verheerend. Es war richtig, die vermeidbaren persönlichen Kontakte radikal zu begrenzen. Das Veranstaltungsverbot, die Sperrung von Sport- und Freizeitanlagen und Ausgangsbeschränkungen waren vernünftig. Aber unnötig und sozial unverantwortlich war und ist es, auch alle nicht „System relevanten“, jedoch zum Selbstschutz fähigen Wirtschaftsbereiche abzuschnüren. Eine Überprüfung der Gepflogenheiten etwa in Lebensmittelbetrieben, Supermärkten, bei Tankstellen und Postämtern würde schnell bestätigen, was man ja schon vom täglichen Augenschein begreift: Betriebe, die Schutzmaßnahmen ergreifen und ihre Kunden zum Gleichen anhalten, stellen keine Gefährdung dar. Andernfalls wäre ihr Personal längst schon auf den Intensivstationen der Krankenhäuser in Betreuung. Nach dem gleichen Grundsatz könnten andere Betriebe weiterarbeiten. Auch die kleinen Lockerungen, z.B. in Italien seit dem 14. April für Papier- und Buchhandlungen, Kinderkleidung und Babyartikel, sind kein Ersatz für die Rettung der anderen Existenz bedrohten Betriebe. Aber es wird sich erneut zeigen, dass dank der internen Schutzmaßnahmen keine Gefahr ausgeht. Nach dem gleichen Prinzip hätte die Produktion generell nie eingestellt werden dürfen. Das scheint insgeheim den Verantwortlichen in Südtirol zu dämmern. Sie heimsen Kritik ein. LH Kompatscher mahnt Rom – allzu sanft und ohne autonomistischen Nachdruck gegenüber der sich über alles erhebenden römischen Zentrale – und wünscht mehr Eigenständigkeit in den Entscheidungen. Wirtschaftslandesrat und SVP-Landesparteiobmann Achammer steuert seine häufigen digitalen Tröstungen für die Wirtschaftstreibenden bei. Doch Initiativen fehlten von Anfang an. Sogar die Präsidenten der Lombardei (Attilio Fontana) und des Veneto (Luca Zaia) fordern nun zu mehr „Vertrauen“ in die Wirtschaft auf.

In Österreich forderte FPÖ-Obmann Hofer am 16. April eine gleiche Behandlung aller Betriebe. Damit erhebt sich die Opposition aus ihrer Denkstarre und fordert mehr Kohärenz – auch weil sie nach den Bedenken von Verfassungsjuristen und der abnehmenden Geduld in der Bevölkerung den Mut findet, den sie von Anfang an hätte zeigen sollen.

Confindustria und FederlegnoArredo fordern die Öffnung

Der Verband der italienischen Möbelindustrie, FEDERLEGNOARREDO, hat am 10. April in einem detaillierten Memorandum glaubwürdig belegt, dass die Holzbetriebe samt und sonders zu einem effektiven Schutz der Belegschaft willens und fähig sind, wenn man sie nur arbeiten ließe. Im „manifesto“, das Präsident Emanuele Orsini am 14. April mit einem 8-Punkteplan vorstellte, garantiert man die Sicherheit der Arbeiter, ohne die Überlebensfähigkeit der Betriebe in Frage zu stellen (salvaguardare la sicurezza dei lavoratori senza compromettere ancora di più la sopravvivenza…). Auf den gleichen Sachverhalt hat der Industriellenverband CONFINDUSTRIA generell für alle Produktionsbetriebe verwiesen.

Auf ihrer Internetseite hat die größte italienische Industriellenvereinigung Confindustria ihre Vorschläge dargelegt, die von der Politik jedoch weitgehend ignoriert wurden.

Alle Handelsbetriebe sind zu gleichen Maßnahmen bereit. Doch die Regierungen haben sich blind und uneinsichtig in ihre Zusperr-Ideologie verbohrt und denken an keine nüchterne Überprüfung ihrer Haltung. Sie weichen, wohl auch aus schlechtem Gewissen, stattdessen auf einen Plan zum langsamen „Hochfahren“ der Wirtschaftssektoren aus. Mehr erlaube die noch zu langsame Abschwächung der Pandemie nicht. Diese nimmt aber weder zu noch ab wegen der blindwütigen Betriebsschließungen, sondern wegen der vernünftigen Verhinderungen von Massenansammlungen und vermeidbaren Kontakten. Wiederum wird wertvolle Zeit verloren und es werden Schulden angehäuft.

Zuerst Unterschätzung – dann panische Maßnahmen

Die Europäer waren gewarnt. Sie ließen aber wertvolle Zeit verstreichen, um die Infektionsherde zu beherrschen. Am 9. März handelte die italienische Regierung mit totalen Ausgangssperren. Am 22. März wurden die Maßnahmen verschärft, ohne Rücksicht auf ihre logische Berechtigung. Auffallender Weise wurden aber keineswegs alle nicht „lebenswichtigen“ („System relevant“ nennt sich das im politischen Kauderwelsch) Betriebe geschlossen. Zwar stand der wesentliche Teil von Produktion und Handel still, ausgenommen in jenen Betrieben, die mit unmittelbaren Lebensbedürfnissen zu tun haben. Bezeichnend aber: die Rüstungsbetriebe durften weiterarbeiten. Diese Ausnahme tarnt sich verschämt unter der Ziffer 84 des ATECO-Verzeichnisses (ATtivitàECOnomica) der wirtschaftlichen Tätigkeiten, wo die Landesverteidigung („Difesa“) zusammen in einem mit der Öffentlichen Verwaltung und der Sozialversicherung angeführt ist. Die Rüstungsbetriebe in Norditalien zeigen, wozu jeder Betrieb fähig wäre: Bei entsprechenden Schutzmaßnahmen geht keine Gefahr von ihnen aus, was erneut die Regierungsthese der notwendigen Sperrungen widerlegt. Nebenbei stand und steht auch kein Krieg bevor, trotz der kantigen Kriegs-Rhetorik der Seuchen-Politiker, die mit ihren verbalen Parolen die echte Kriegswahrheit verharmlosen. Die mangelnde Sprachzucht wurde aber bedenklich begleitet vom Sieg blinder Irrationalität der Maßnahmen. Das hält bis heute an und hat auch einige andere europäische Staaten angesteckt.

Verluste und Schuldenberg in Südtirol

Südtirol macht die gleichen bedrückenden Erfahrungen der Totalschließungen von Betrieben in den ersten fünf Wochen (9.3. – 13. 4. 2020): Viele Hunderte von Betrieben sind am Rande des Ruins. Mittelständische Unternehmerfamilien verzweifeln. Keine Landeshilfe ist mehr in der Lage, die finanziellen Einbußen angemessen zu ersetzen. Die fehlenden Steuereinnahmen werden, wie LH Kompatscher erklärt („Dolomiten“ vom 15.4.2020), 500 Mio € ausmachen. Dazu kommen 1,5 Milliarden € an Mehrausgaben, zusammen ein knappes Drittel des Landeshaushaltes! Allerdings handelt es sich wesentlich um Kreditgarantien auf Landesrisiko.

Aus „Dolomiten“ vom 15. April 2020

Demokratische Kontrolle an den Rand gedrängt

Die parlamentarische Kontrolle ist bis auf ein paar pro-forma-Übungen nicht nur in Italien an den Rand gedrängt. Mit großem politischem Propagandaaufwand und fahrlässiger Mitwirkung der Medien geben sich widersprüchliche Maßnahmen auch in Österreich als „absolut richtig“ und „alternativlos“ aus. Die Verbotspropaganda wird zum moralischen Glaubenssatz erhoben. In der heimlichen Angst vor kritischen Nachfragen lassen die Regierung in unfehlbarer Selbstinszenierung eine Verordnungsflut auf die eingeschüchterte Bevölkerung niedergehen. Der öffentlich rechtliche Rundfunk huldigt und unterlässt jede nüchterne Prüfung von realer Notwendigkeit und Wirkungsbezug. Die Journalistenprofession zeigt keine Professionalität, wird zum bloßen didaktischen Wiederkäuer der sich jagenden und verschärfenden Verordnungen, die jedes vernünftige Maßhalten unter einer bedrohenden Paragraphenlawine verschütten. Selbst die sonst so selbstbewussten Gewerkschaften ducken sich gehorsam und weichen jeder rationalen, demokratisch-mutigen Sachauseinandersetzung aus. Alte Verfassungsgrundrechte verdunsten im Glutschwall der faktisch polizeistaatlichen Züge der Pandemie-Aktionen. Personengrundrechte werden diskussionslos unwirksam gemacht. Totalbespitzelung mit entsprechender Drohkulisse ist Alltag und präsentiert sich als allwissende Staatsmacht. Zu Untertanen reduzierte Staatsbürger haben ihr zu gehorchen.

Almosenwelle statt Verbotsvernunft

Die ausgeuferten Arbeits- und Produktionsverbote werden ohne Rücksicht auf Verluste mit quasi-feudalen Abfederungsmaßnahme mittels teurer und zugleich unzureichender Finanzhilfen verbunden, auf Kosten der geprellten, mit Berufs-Ausübungsverbot belegten Gegenwartsgeneration und ihrer Nachkommenschaft, die die Zeche zahlen wird. Der deutsche und österreichische Staat zeigen zumindest ihre Effizienz durch schnelle Zuteilung der finanziellen Halbhilfen, die die Schäden aber nicht annährend beheben können und keineswegs allen zugutekommen, die es brauchen. Kein wirtschaftlich versierter Politiker macht die Gegenrechnung auf, keiner – weil inopportun in der Rettungs- und Scheinwohlfahrts-Propaganda -meldet sachkritischen Widerspruch an. Der gepriesene Begriff der „ganzheitlichen Sicht“, die Abwägung aller Auswirkungen, ist dem Kult der Einheitsmeinung gewichen.

Das Phantom „Europaregion Tirol“ als Propagandaschlager entlarvt

Etwas weltfremd propagiert die „Euregio“ auf ihrer Internetseite immer noch ein „Euregio Sport Camp“ im Juli 2020 in Mals im Vinschgau, welches mit großer Wahrscheinlichkeit gar nicht wird stattfinden können.

Wie oft hatten Tirol und Südtirol doch die „Europaregion“ als Realität gesamttirolischen Zusammenwirkens verkauft. Doch unverzüglich wurde die Tiroler Grenze geschlossen. Die VO 35/2020 des Tiroler Landeshauptmannes lässt zwar ausdrücklich den Grenzpendlerverkehr zu Arbeitszwecken zu. Doch eine Grenzpolizeistelle schickte Tiroler Grenzpendler, die in einem grenznahen Südtiroler Ort legal in einem Betrieb mit kommunalem Bezug arbeiten, trotz aller beigebrachten Belege plötzlich mit Strafandrohung in Quarantäne. Die zuständige Bezirkshauptmannschaft sorgte nicht etwa für rasche Respektierung der VO. Sie rechtfertige die Überreaktion und ließ die Pendler und die Firma mit ihren juristisch wohlbegründeten Eingaben kalt abblitzen. Die unterstützende Klarstellung der Tiroler Wirtschaftskammer fegte sie als nicht entscheidungsrelevant vom Tisch, mit der mehrmals wiederholten Phrase, sie könne nicht „contra legem“ handeln, obwohl genau ihre Verhaltensweise dieses „contra legem“ darstellt. Als ihr die Argumente ausgingen, erklärte sie in obrigkeitsstaatlicher Manier, sie sei zu keiner Rechtfertigung, Erläuterung oder Rechtsauskunft verpflichtet. Rechtsstaat Österreich!

Neue Schuldenberge auch in soliden Staaten

Die Staaten verschulden sich hemmungslos. Die Mdme. Lagarde, wie ihr Vorgänger Draghi Spezialistin in der Aushebelung der EU-Vertragsgrundsätze zur Währungsstabilität, setzt auf schwindelerregende Aufkäufe der Staatsanleihen.

Die französische Politikerin Christine Lagarde war vom 19. Juni 2007 bis zum 29. Juni 2011 Ministerin für Wirtschaft und Finanzen. Dann war sie 8 Jahre lang geschäftsführende Direktorin des „Internationalen Währungsfonds“ (IWF). Seit dem 1. November 2019 ist sie Präsidentin der „Europäischen Zentralbank“ (EZB), obwohl sie 2016 von einem Pariser Gericht wegen Fahrlässigkeit im Umgang mit Finanzen in ihrer Amtszeit als französische Wirtschaftsministerin schuldig gesprochen worden war.

De facto wird der Euro der künftigen Inflation ausgeliefert. 20 Milliarden € pro Monat werden an bloßem Buchgeld bereitgestellt, insgesamt sind jetzt schon 1,11 Billionen € für den Aufkauf von Staatsanleihen beschlossen! Nur Illusionisten können glauben, dass Italien seine neuen Riesenschulden je wird zurückzahlen können. Im dritten Quartal 2019 machten die italienischen Staatsschulden ohne „Corona“ schon 2.439,25 Milliarden € aus, was 134,8% des BIP entspricht, bedrohlich weit über der erlaubten Grenze der Staatsschuld von 60% des BIP. Mit der neuen Schuldenaufnahme wird die Schuldenlast nach kritischer Berechnung des Instituts für die Beobachtung der Haushaltspolitik der Università Cattolica (Mailand) zwischen 150-158% des BIP erreichen! Doch Premier Giuseppe Conte ist das europäische Entgegenkommen nicht genug. Barsch und beleidigt fordert er mehr: einen Freibrief fürs Schuldenmachen unter gesamteuropäischer Haftung mittels „Eurobonds“ um 1,5 Billionen €, die administrativ gar nicht sofort verfügbar gemacht werden könnten. Diese Summe würde 44% des deutschen BIP oder 11% des BIP der Eurozone entsprechen.

Auch Italiens Premierminister Giuseppe Conte möchte gerne Italien auf Kosten der europäischen Partner retten. (Text aus „Dolomiten“ vom 8. April 2020)

 

Es ist just der italienische EU-Kommissar und frühere Ministerpräsident Gentiloni, der von Eurobonds abrät. Nach der informellen Bereitschaft der europäischen Finanzmister (Videokonferenz vom Karfreitag, 10. April d.J.) sollen über den Europäischen Stabilitäts-Mechanismus (ESM) für Italien 36 Milliarden, entspricht 2% des italienischen BIP, bereitgestellt werden, formell mit Rückzahlungspflicht. Der Zugang zum ESM soll vereinfacht werden. Der ESM hatte schon Griechenland geholfen, von dem der IWF nüchtern sagt, dass der hellenische Staat seine Schulden auch bei besten Bedingungen nicht aus eigener Kraft werde begleichen können.

Italien ohne Alternative?

Gäbe es nicht das Erfahrungspotential der Staaten, die einen anderen Weg mit weniger kostenreicher und effizienterer Wirkung gewählt hätten und damit erfolgreich sind, könnte man noch in einem Übermaß an Völkergeduld sagen, die Verantwortlichen hätten nach sorgfältiger Prüfung die „alternativlose“ Maßnahme wählen müssen. In Wirklichkeit sind ihre Maßnahmen keineswegs rational durchdacht, sondern panische Fahrlässigkeit ohne Rücksicht auf Verluste. Durch das italienische „Krisenmanagement“ (das unverdiente Wort „Management“ ist in diesem Fall eine euphemistische Irreführung) wird jede demokratische Sachdiskussion verhindert. Eine kühle Bestandsaufnahme, die auch in anderen Verbots-Regierungen fehlt, lässt dies erkennen. Trotz aller oft recht gegensätzlichen wissenschaftsvirologischen Behauptungen sind zwei Tatsachen unbestritten: durch ausreichenden Abstand gibt es keine Ansteckung, und selbst einfache Schutzmasken für den Normalgebrauch der Bürger vermindern die Virusgefahr zusätzlich. Nach diesen zwei Erkenntnissen hätte man nie eine Massenschließung von Betrieben vornehmen dürfen.

Die weltweite Jagd nach Masken – „China hilft!“

Regierungsgenerationen haben blind zugeschaut, wie Firmen die Produktion nach China verlagerten, das nichts umsonst gibt, und sich damit vom reich gewordenen chinesischen Handel wirtschaftlich und politisch abhängig gemacht. Die Abwanderung von notwendigen Firmen hätte man durch entsprechende Steuerpolitik abwenden können.

„China hilft!“ Nein, denn es macht schlicht ein gewaltiges politisches und wirtschaftliches Geschäft. Regierungen raufen sich um die chinesische Ware und lassen sich bereits bezahlte noch wegschnappen. Südtirol wurde mit seiner über Österreich groß inszenierten Maskenlieferung böse hereingelegt und versuchte das zu verharmlosen und zu vertuschen. Nicht den chinesischen Betrug hätte man den Sanitätsverantwortlichen übelgenommen, sondern die bagatellisierende Unehrlichkeit. Für medizinisches Personal eignen sich die Schutzmasken nicht.

Ein Betriebs-Beispiel für viele

Der erfahrene Leiter eines großen Fleischproduktionsbetriebes in Südtirol versicherte mir erst kürzlich: die Belegschaft trägt Schutzmasken, (nicht die perfekten medizinischen Masken), Schutzbrillen und Gummihandschuhe und desinfiziert immer wieder die Hände. Das hat sich schnell eingespielt. Niemand steckt sich an. Nach dem gleichen Modell könnten alle Betriebe weiterarbeiten!

Die bisherigen Erfahrungen in nie geschlossenen Betrieben und Läden hätten die ruinöse Politik längst korrigieren müssen. Die sehr relative Verminderung der Ansteckungen als Begründung der Schritt-für-Schritt-Öffnung ist nicht glaubwürdig. Die Fallzahlen gehen nicht deshalb langsam zurück, weil Betriebe geschlossen und damit in ihrer Existenz bedroht sind, sondern weil – vernünftigerweise – Massenansammlungen und Gruppentreffen verboten sind. Vorsichtshalber die Schulen zu schließen ist eine vertretbare Maßnahme. Sie kostet nichts und ruiniert niemanden. Italien hat das Schuljahr schon für beendet erklärt und alle Schüler mit ein wenig digitalem Unterricht für die nächste Klasse befähigt erklärt.

Betriebsexistenzen en masse gefährdet oder ruiniert

Die eilfertigen Verordnungen des Staates und Landes, Mieten und Schulden zu stunden und Gebührenzahlungen aufzuschieben, retten auch nichts, weder in Betrieben noch für die Normalbürger. Für jene, die als öffentliche Angestellte ihr Gehalt weiterbeziehen, ist es unnötig. Für die Belegschaften in der Ausgleichskasse (in Italien wesentlich geringer ausfallend als in Österreich), reicht in Italien das Resteinkommen nicht. Die neue Massenarbeitslosigkeit und damit nicht selten verbundener dauernder Verlust des Arbeitsplatzes durch Betriebszusammenbrüche haben gravierende finanzielle und psychische Folgen.

Viel zu zaghafte und zu späte Halbkorrekturen

Zu einer Korrektur der verfehlten Panikpolitik sind die Regierenden aber nicht gewillt, auch wenn sie insgeheim längst die von ihren angerichteten Schäden erkannt haben. Der Südtiroler Landeshauptmann, der dies auch erkannt hat und eigentlich immer schon wusste, auch wenn es in den Erklärungen anders zu klingen schien, versucht in seiner neuen Verordnung vom Ostermontag (13.4.) eine – leider zu geringfügige – Korrektur.

Aus „Dolomiten“ vom 14. April 2020.

Gewiss ist der Staat (Gesetz Nr. 400 vom 23. 8. 1988) für Notstandsmaßnahmen zuständig. Aber wenn ein Staat partiell verhängnisvolle Maßnahmen erlässt, dann ist zumindest für ein Land mit Autonomie entschiedener Protest angebracht, und nicht, wie seit dem 9. März gesehen, unterwürfige und widerstandslose Anpassung an Staatsverordnungen. Das ist freilich seit Jahren der Grundtypus der Südtiroler Landespolitik.

Wie Untertanen behandelt

Wochenlang schaute diese Politik in Südtirol ungerührt zu, wie die Staatsorgane geradezu herzlos und widersinnig hohe und höchste Strafen – von 400-300€ verhängten, wenn sie einsame Spaziergänger auf Waldwegen antrafen, wo weit und breit keine Ansteckungsgefahr gegeben ist. Das wünschte der Landeshauptmann von Südtirol nicht, aber die zögerliche Mahnung an die Kontrolleure, bei den Kontrollen Sinn und Zweck zu bedenken, verhallte nicht nur bei den Carabinieri, sondern sogar bei Teilen der heimischen Forstwache. Erst mit der neuen Verordnung wird ein gefahrloser Spaziergang auch in größerer Entfernung ausdrücklich erlaubt. Damit sind bisher widersinnig-maßlose Strafaktionen unmöglich gemacht. Gegen vernünftige und notwendige Kontrollen hat niemand etwas. Für überspannte, bürgerfeindliche Polizeistaatsmethoden unter dem Deckmantel des Gemeinwohls hat man jedoch zu Recht kein Verständnis. Sie werfen sehr ernsthafte Fragen nach rechtsstaatlicher Qualität auf. Es ist bestürzend, dass kein Südtiroler Parlamentarier in Rom und kein Landtagsabgeordneter der Regierungsmehrheit in Bozen – löbliche Ausnahme nur die deutsche Opposition – eine verantwortungsvolle Kritik übte.

Kirchen unterwerfen sich ebenfalls

Kein Wort dagegen, dass die Totalsperre der Kirchen nicht auf diese Art notwendig wäre, wie man vorgibt: Hätten Osterfeierlichkeiten in den großen Domen von Bozen und Brixen und in größeren Dorfkirchen etwa nicht mit einer Teilnehmerzahl stattfinden können, die keinerlei Ansteckungsgefahr hervorgerufen hätte? Ist es denn menschlich, wenn an Begräbnissen nur eine Handvoll Familienmitglieder teilnehmen dürfen, wo doch Friedhöfe groß genug sind, um ohne die geringste Gefährdung eine begrenzte Menschengruppe – jedenfalls die Trauerfamilie mit Verwandten – aufzunehmen? Welche eingebildete Gefahr soll bestehen, wenn ein an normaler Altersschwäche Verstorbener im Sarg daheim aufgebahrt wird, statt anzuordnen, den Sarg flugs in die Totenkapelle zu schaffen und diese abzuschließen, als sei der Mensch an der Pest gestorben? Der Verordnungswahnsinn hat herzlose Methoden, die mit Sicherheit nichts mehr zu tun haben.

Kein Mitleid mit Gefangenen

Warum findet kein Politiker in Staat und Land etwas dabei, dass die Insassen in überfüllten italienischen Gefängnissen verbleiben, wo Abstand und Schutz eine Illusion sind? Keinem Regierungsmitglied –auch keinem Südtiroler Parlamentarier der SVP – ist der Gedanke gekommen, dass es aus humanitären Gründen eigentlich Grund für eine rasche, weitreichende Amnestie gegeben hätte. Ist es nicht auch bezeichnend, dass es selbst keinem Kirchenmann eingefallen ist, an die Situation der Gefangenen zu erinnern, die nicht nur ein paar Monate Beschränkungen der Bewegungsfreiheit unterworfen sind wie der Normalbürger, mit ganz anderen Limitierungen? Psychologen und Psychiater beklagen – nicht zu Unrecht – die möglichen psychischen Folgen irrational-unnötiger Verbote. Aber keine einzige Stimme des Mitgefühls erinnerte in dieser Erfahrung der Freiheitsberaubung an jene Mitmenschen, die oft Jahrzehnte ihres Lebens in ganz anderen Verhältnissen zurechtkommen müssen. Erdogan amnestiert 90.000 Gefangene, ein Drittel der Gesamtzahl, wenn auch bezeichnenderweise die wirklich unschuldigen politischen Gefangenen nicht.

Die Geduld ist begrenzt

Den Verordnungsstrategen dämmert jetzt, dass die übergeduldige Bevölkerung langsam jene Verbote und jene Existenzschädigung satthat, die sich durch nichts rechtfertigen lassen.

Aus „Dolomiten“ vom 14. April 2020.

Nicht zufällig erinnert sich die Unterstaatssekretärin im Kultus- und Tourismusministerium, Lorenza Bonaccorsi, sogar an den gebeutelten Tourismus und meint, es stehe dem Schutz vor dem Virus nicht entgegen, wenn man an geeigneten Badestränden den Zugang erlaube und dabei dafür Sorge, dass der Abstand gewahrt werden könne. Ein zumindest regionaler Tourismus kann ebenfalls diszipliniert ermöglicht werden, mit etwas betrieblicher Phantasie. Hotels können Speisenturnusse anbieten und damit die Gästezahl bei den Essenszeiten reduzieren. Ein völliger touristischer Stillstand mit Massenentlassung der Bediensteten wird auch den Steuerbehörden ein böses Erwachen bescheren.

Die Mafia wartet schon

Als kürzlich eine große deutsche Zeitung angesichts der italienischen Geldforderungen anmerkte, ob damit nicht auch die Mafia angelockt werden könne, reagierte der nicht sonderlich hochgebildete Außenminister Di Maio mit einer harschen Bemerkung und forderte politische Genugtuung.

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) hatte nicht ohne Grund vor der Mafia gewarnt.

Interessant nun, dass Innenministerin Luciana Lamorgese in einem Schreiben vom 11. April davor warnte, die Mafia könne den Notstand ausnützen und sich Betriebe durch Scheingeschenke gefügig machen. Der italienische Polizeichef Franco Gabrielli warnte in einem Schreiben an die 194 Interpol-Staaten ebenfalls davor, dass die Mafia an Gelder für die Landwirtschaft, die Transporte und die Müllentsorgung heranzukommen versuche. Dieses Problem Italiens besteht seit eh und je. Darauf können Polizeiorgane wenigstens reagieren.

Kurzzeitdenken in Italien lebt von der Hand in den Mund

Prof. Giuseppe Conte ergeht sich in lockeren Gedankengängen. Er geht souverän über die Bedingungen des italienischen Beitritts zur Eurozone vom 1.1. 1999 hinweg. Alte Verpflichtungen hält er für „überholt.“ Verträge mit Grundsätzen sind lästig. Die Tagespolitik zählt. Bei den mitregierenden „Grillini“ (Fünf-Sterne-Bewegung) fehlt es an Erfahrung und historischer Verantwortung. Europäische Solidarität versteht Conte als Schuldenfreibrief für Italien mit Gemeinschaftshaftung, also Garantie durch wohlhabendere, diszipliniertere Nordländer. Der Maastricht-Vertragsartikel 104b ordnet an, dass jeder seine Schulden selbst zu verantworten und zu tragen hat und übermäßige öffentliche Defizite zu vermeiden sind. Als Italien trotz eines Schuldenberges von 120 % des BIP in die Eurozone aufgenommen wurde, wusste es das schon. Nun aber machen nationalistische Populisten Stimmung gegen europäische Vernunftregeln. Staatspräsident a.D. Azeglio Ciampi hatte diesen Ungeist schon in der Berlusconi-Ära beklagt. Die neuen „Sovranisti“, die sich in Illusionen wiegen, sind eine verschärfende Neuerscheinung. In der Pandemie treten sie als Don Quijote in der Politik auf.

Doch auch in anderen europäischen Staaten trampelt ideologisierende Regierungs- und Medienpropaganda die notwendige Selbstkritik, die nüchterne und ehrliche Abwägung der Wirkung von zuerst zu späten und dann zu undifferenzierten Maßnahmen nieder. Die „europäischen Werte“ haben sich verabschiedet.

Über den Autor:

Dr. Franz Pahl, von Beruf Lehrer und Publizist, war von 1976 bis 1979 Landesjugendsekretär der Südtiroler Volkspartei (SVP) und von 1983 bis 2008 Abgeordneter im Südtiroler Landtag und im Regionalrat Trentino-Südtirol. Von 1994-99 war er Vizepräsident der Regionalregierung und von 2001-2003 und 2006-2008 Präsident des Regionalrats der Region Trentino-Südtirol.

Journalistisch war Dr. Franz Pahl als Herausgeber der Wochenzeitung „Der Tiroler“ und des „Südtiroljournals“ sowie als Redakteur bei „Radio Südtirol“ tätig. Er verfasste auch eine Reihe von politischen Beiträgen in der Tageszeitung „Dolomiten“.




Kriegsverbrecher und Massenmörder ist Ehrenbürger von Brixen

Seit Dezember 2015 weist Hartmuth Staffler, Präsident des „Geschichtsvereins Brixen“, in Pressemitteilungen darauf hin, dass der Alpini-Offizier Gennaro Sora, der in Äthiopien ein schreckliches Kriegsverbrechen verübt hat, immer noch Ehrenbürger von Brixen ist.

Hartmuth Staffler

Zuletzt veröffentlichte das Internet-Portal „Unser Tirol 24“ am 26. Februar 2020 nachstehende Stellungnahme von Hartmuth Staffler, die der SID hier mit einigen Bildern ergänzt hat:

Gennaro Sora wurde 1892 in der Provinz Bergamo geboren. 1913 trat er bei den Alpini ein. Im Ersten Weltkrieg erwarb sich Sora an der Dolomitenfront, zeitweise gemeinsam mit Cesare Battisti, mit dem er Freundschaft schloss, verschiedene Auszeichnungen. Nach dem Krieg war er als Alpini-Offizier in Brixen stationiert. 1928 nahm er mit acht weiteren Alpini aus der Brixner Garnison an der Nordpol-Expedition von Umberto Nobile teil. Als Nobile mit dem Luftschiff Italia abstürzte, startete Sora auf eigene Faust vom Expeditionsschiff „Città di Milano“ aus eine Rettungsaktion, die kläglich scheiterte, so dass Sora selbst von einem schwedischen Flugzeug gerettet werden musste. Trotzdem bezeichnete Mussolini Gennaro Sora als „eroe del polo“ (Held des Pols). Sora wurde in ganz Italien gefeiert; in Brixen verlieh ihm der faschistische Podestà (Anm.: Bürgermeister) Felice Rizzini die Ehrenbürgerschaft der Stadt.

Bild links: Bericht aus „Der Südtiroler“ vom 1. November 1928. Bild rechts: Der gescheiterte Polar-Held nach seiner Rettung.

1935 war Gennaro Sora im Vinschgau stationiert, wo er das Gebet „Preghiera dell’Alpino“ schrieb. In dieses Gebet baute der überzeugte Faschist auch Fürbitten für den italienischen König und für den Duce Benito Mussolini ein. Erst im Jahr 1949 wurden der König und der Duce aus dem Gebet gestrichen. 1985 wurde das Gebet, trotz seiner zweifelhaften Urheberschaft, offiziell als Gebet der Alpini anerkannt, und zwar in zwei verschiedenen Versionen.

In der nur bei geschlossenen Veranstaltungen der Alpini zu verwendenden Version wird immer noch um den Segen für die Waffen gebetet („Rendi forti le nostre armi…“,) in der etwas entschärften Form für die Öffentlichkeit sind die Waffen verschwunden, es heißt nur noch „rendici forti … (mache uns stark). Allerdings kommt es immer wieder zu Zwischenfällen, weil manche Alpini auch bei öffentlichen Gottesdiensten auf der militärischen Gebetsform bestehen und manchmal sogar aus Protest die Kirche verlassen, wenn ihr Wunsch nicht erfüllt wird.

Nach dem italienischen Vernichtungskrieg gegen Äthiopien (1935-36) gab sich die einheimische Bevölkerung nicht geschlagen. Zahlreiche Freiheitskämpfer, die auf die Unterstützung der Bevölkerung zählen konnten, widersetzten sich der faschistischen Besatzungsmacht. Die Italiener antworteten darauf mit einer brutalen Unterdrückungspolitik, der zehntausende Äthiopier zum Opfer fielen.

Giftgasbomben unter der Tragfläche eines italienischen Kampfflugzeuges

Mit Giftgas getötete Äthiopier

1937 wurde Oberstleutnant Gennaro Sora nach Äthiopien geschickt, um als Kommandant eines Alpinibataillons der 8. Brigade (ehemals Divisione Pusteria) sogenannte „Säuberungsaktionen“ durchzuführen. In Gebieten, in denen die äthiopischen Freiheitskämpfer besonders aktiv waren, wurden Dörfer niedergebrannt, Brunnen vergiftet und Viehherden beschlagnahmt. Eine besonders brutale „Säuberungsaktion“ fand im Frühjahr 1939 in Zentraläthiopien statt. Dabei wurden Dörfer mit Giftgas bombardiert und tausende Menschen in die Flucht getrieben.

Gennaro Sora

Oberstleutnant Gennaro Sora erhielt den Auftrag, eine Flüchtlingskolonne zu verfolgen. Die rund 1500 Frauen, Kinder und Verletzte, begleitet von einigen wenigen Kämpfern, flüchteten in die Höhle von Zeret, deren Eingang auch von wenigen Mann leicht zu verteidigen war. Oberstleutnant Sora forderte daher chemische Waffen an. Er erhielt eine Senfgasbombe, deren Inhalt in Kanister umgefüllt wurde, sowie Arsen-Granaten für seine Artillerie. Am 9. April 1939 wurden die Senfgaskanister an Seilen von oben vor den Eingang der Höhle herabgelassen und zur Explosion gebracht, während gleichzeitig die Artillerie die Arsen-Granaten in die Höhle schoss. Die Flüchtlinge mussten sich ergeben. 800 männliche Flüchtlinge (ab 15 Jahren) wurden in Gruppen zu 50 mit Maschinengewehren erschossen und über einen Abhang geworfen. Die durch das Giftgas schwer verletzten Frauen und Kinder überließ man ihrem Schicksal. Nach italienischen Augenzeugenberichten hat von diesen niemand überlebt.

Ermordete Äthiopier

Im faschistischen Italien machte man sich noch lustig über die Vergasten. Auf dieser Darstellung steht zu lesen: „Bewaffnungen – Hier die geeignetste Waffe“

Dieses Kriegsverbrechen war wie viele andere lange Zeit kaum bekannt. Man sollte und wollte nicht darüber reden. Für die Einheimischen ist das schreckliche Ereignis bis heute ein Tabu, über das sie nicht sprechen wollen. Sie meiden auch die Höhle von Zeret. Erst im Jahr 2008 hat der italienischer Historiker Matteo Dominioni im Buch „Lo sfascio dell’Impero – Gli italiani in Etiopia 1936-1941“ die Ereignisse anhand von Aktenstudien und Augenzeugenbefragungen geschildert. Inzwischen sind auch weitere Augenzeugenberichte aufgetaucht. Erstmals hat sich vor einigen Jahren ein italienischer Archäologe, der die Höhle besichtigte, unter Tränen bei den Einheimischen entschuldigt für das, was seine Landleute dort angerichtet haben. Eine offizielle Entschuldigung gab es noch nicht. Die Gemeinde Brixen könnte ein kleines Zeichen setzen, indem sie dem Kriegsverbrecher Sora die Ehrenbürgerschaft aberkennt, aus Respekt vor den Opfern in Äthiopien und auch vor den übrigen 63 Brixner Ehrenbürgern, darunter Altpapst Benedikt XVI.

Soweit die Darstellung von Hartmuth Staffler, die an Klarheit nichts zu wünschen übrig lässt.

Bürgermeister von Brixen ist Herr Peter Brunner von der „Südtiroler Volkspartei“ (SVP). Der Stadtrat ist von der SVP besetzt.

Bislang haben die SVP-Lokalpolitiker von Brixen nicht regiert und auch nicht Stellung genommen. Das erspart ihnen natürlich eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit den Vertretern der „Grünen“, des „Partito Democratico“ und anderen Gemeinderäten.

Damit haben sich diese „Volksvertreter“ in Brixen sehr schön an die italienischen Verhältnisse angepasst.

Ob dieses Verhalten verantwortungsbewusst ist, mag der Leser entscheiden.

Die Sektion Bergamo der „Nationalen Alpini-Vereinigung“ hält heute noch das Andenken an Gennaro Sora in Ehren und kommt in einer Würdigung auf ihrer Internet-Seite zu folgendem Schluss: „Sora sei nicht für ein ungerechtfertigtes Massaker verantwortlich, sondern er habe sich im Kontakt mit seinen Vorgesetzten stehend an die damals in Äthiopien angewandten militärischen Vorgangsweisen gehalten.“

Dazu passt, dass in seiner Heimatgemeinde Foresto Sparso in der Provinz Bergamo heute noch ein Denkmal an ihn erinnert und es dort auch eine Sora-Straße – „Via Gennaro Sora“ – gibt.

Dokumentation über den faschistischen Vernichtungskrieg und den Völkermord in Ätiopien

Bei dem geschilderten Kriegsverbrechen des Gennaro Sora in Äthiopien handelt es sich nicht um einen vereinzelten grausamen Übergriff, sondern um ein Geschehen, welches sich in eine gewollte Vernichtungsstrategie gegenüber dem äthiopischen Volk einfügte, welches buchstäblich dezimiert wurde.

In Südtirol verherrlichen bis heute faschistische Denkmäler die Kolonialkriege und den Völkermord. Darüber berichtete 2009 die Zeitschrift „Der Tiroler“. In einem Interview forderte der Historiker und Angehörige des äthiopischen Kaiserhauses, Prinz Dr. Asfa Wossen Asserate, dass sich Italien seiner faschistischen Vergangenheit einschließlich des Verbrechens des Völkermordes in Äthiopien endlich stellen sollte. Das Gespräch führte der ehemalige Südtiroler Freiheitskämpfer Univ. Prof. Dr. Erhard Hartung.

All das kann hier in einem PDF der Zeitschrift „Der Tiroler“ nachgelesen werden.




Ein furchtloser Streiter für Südtirol: Richard von Helly

Vor 50 Jahren, am 22. März 1970, beendete ein schwerer Autounfall das Leben eines Mannes, der vor 100 Jahren geboren wurde und dessen Andenken heute nicht der Vergessenheit anheimfallen sollte.

1964: Wechsel in der Obmannschaft des Bergisel-Bundes OÖ

Auf Anregung des Südtiroler „Dolomiten“-Chefredakteurs Kanonikus Michael Gamper war in Österreich 1954 der „Bergisel-Bund“ als „Schutzverband für Südtirol“ ins Leben gerufen worden. In Oberösterreich hatte der hoch dekorierte oberösterreichische Kaiserschützen-Oberleutnant Otto Alteneder als Landesobmann die Leitung des Bundes übernommen.

Das Grab der Familie von Helly auf dem St. Barbara-Friedhof in Linz

Der Fähnrich Otto Altender hatte am 7. Juni 1915 eine der beiden Angriffsgruppen der Landesschützen geführt, die den von den Italienern verteidigten Monte Piano stürmten. Dieses Bild aus dem Erinnerungswerk „Kaiserschützen, Tiroler-Vorarlberger Landsturm und Standschützen“ (Hrsg.: Kaiserschützenbund, Wien undatiert) zeigt den Erzherzog Karl, der im September 1915 die Fronttruppen besuchte und sich dabei von Alteneder (links im Vordergrund) den Kampfverlauf schildern ließ. Anfang der 1960er Jahre, als Otto Alteneder aus Altersgründen den Vorsitz niedergelegt hatte, war dann die Obmannschaft auf den aus einer altösterreichischen Offiziersfamilie stammenden Linzer Richard von Helly übergegangen.

Eintreten für die Selbstbestimmung – Hilfe für die Südtiroler Häftlingsfamilien

Von Anfang an trat Richard von Helly öffentlich in Wort und Schrift für das Selbstbestimmungsrecht der Südtiroler ein.

Titelüberschrift in den Mitteilungen des „Bergisel-Bundes“ 1967.

Das „Hilfswerk für Südtirol“

Das zweite große Anliegen des Bergisel-Bund-Obmannes Richard von Helly war die finanzielle Unterstützung der in Not geratenen Südtiroler Häftlingsfamilien. Er gründete mit Unterstützung des Nordtiroler Landeshauptmann-Stellvertreters Dr. Hans Gamper ein „Hilfswerk für Südtirol“.

Der Erfolg der Spendensammlung war außerordentlich. Der Landesverband Wien-Niederösterreich hatte sich der Aktion angeschlossen. Außerdem war es gelungen, auch namhafte Tageszeitungen zu bewegen, die Spendenaufrufe zu veröffentlichen.

Eine große Aktion setzte der Chefredakteur und Herausgeber der „Kronen-Zeitung“, Hans Dichand.

Ein Vertreter des oberösterreichischen Bergisel-Bundes hatte zusammen mit dem bereits aus dem Gefängnis entlassenen Südtiroler Häftling Luis Egger den Chefredakteur und Herausgeber Hans Dichand im Pressehaus in Wien besucht und ihm die triste soziale Situation der allein gelassenen Häftlingsfamilien berichtet. Hans Dichand hatte, ohne zu zögern, den Redakteur Ernst Trost nach Südtirol geschickt und vor Ort recherchieren lassen. Das Ergebnis war eine mehrwöchige ergreifende und bedrückende Fortsetzungsserie in Form eines Bildberichtes gewesen. Redakteur Trost hatte mit Bild und Text auch ein schönes Beispiel seiner eigenen Menschlichkeit geliefert.

Der von den Carabinieri nahezu zum Krüppel geschlagene Freiheitskämpfer Luis Egger hatte den Chefredakteur und Herausgeber der „Kronen Zeitung“, Hans Dichand, in Wien besucht und ihm über die Lage der Häftlingsfamilien berichtet. Der mächtige Zeitungsmann ließ die Familien der Geschundenen nicht in Stich und ging seinen Landsleuten mit gutem Beispiel voran.

Hans Dichand eröffnete die Spendensammlung persönlich mit einer namhaften Spende. Und dann veröffentlichte die „Krone“ täglich die ehrenvollen Spendenlisten, die immer länger wurden und in die sich auch namhafte Personen und Firmen eintrugen. Hier zeigte sich, dass nicht nur die Nordtiroler, sondern die Österreicher in allen Bundesländern – vor allem auch in Wien – ein Herz für die in Not geratenen Südtiroler Landsleute hatten. Das Gesamtergebnis lag weit über einer Million Schilling und wurde dem Südtiroler SVP-Abgeordneten Hans Dietl übergeben.

Der Nordtiroler Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Hans Gamper (Tiroler ÖVP) hatte es sich nicht nehmen lassen, in den Mitteilungen des oberösterreichischen Bergisel-Bundes für die Selbstbestimmung Südtirols einzutreten und zur Hilfe für die Häftlingsfamilien aufzurufen.

Richard von Helly ließ auch eine Information zusammen mit einer Häftlingsliste an die Verbandsmitglieder verschicken, damit diese den Gefangenen im Kerker von Trient Unterstützungspakete senden konnten.

BIB Aufruf für Paketsendungen an Häftlinge im Kerker von Trient.

Unerschrockene Südtiroler Helferinnen

Rosa Gutmann (links) und Midl von Sölder (Mitte) riskierten viel, als sie die geheime Verbringung der Spendengelder nach Südtirol zur Übergabe an Hans Dietl (rechts) durchführten. Rosa Gutmann, die Schwester der inhaftierten Südtiroler Freiheitskämpfer Luis und Richard Gutmann aus Söll bei Tramin, hat zusammen mit der ehemaligen Katakombenlehrerin Midl von Sölder viele Spendengelder aus Österreich geholt. Weil es vor allem Spenden waren, welche die Bergisel-Bund-Landesverbände Oberösterreich und Wien-Niederösterreich-Burgenland gesammelt hatten, musste das Geld in Innsbruck geradezu „konspirativ“ übergeben werden. Der Bergisel-Bund galt den Italienern als „terroristische Vereinigung“ und Innsbruck war mit Spitzeln voll. Wären die Treffen bekannt geworden, wären Rosa Gutmann und Midl von Sölder wohl auch hinter Gittern gelandet. In Südtirol wurden die Gelder mit der Hilfe des SVP-Politikers Hans Dietl an die Häftlingsfamilien weitergeleitet. Die beiden Frauen übergaben in Innsbruck auch Berichte über das Los der Familien und ermöglichten es dadurch, dass in Österreich Unterstützung für die Familien organisiert werden konnte.

Richard von Helly erzwingt die Freilassung von Georg Klotz

Richard von Helly nahm sich aber auch der nach Österreich geflüchteten Südtiroler an und versuchte, ihnen nach Kräften zu helfen.

Dieses Bild zeigt links den nach Österreich geflüchteten Südtiroler Freiheitskämpfer Georg Klotz und rechts Richard von Helly.

Am 27. Januar 1966 ließ die österreichische Bundesregierung unter Bundeskanzler Dr. Josef Klaus (ÖVP), auf Ersuchen des italienischen Botschafters in Wien, über den nach Österreich geflüchteten Südtiroler Schützenmajor und Freiheitskämpfer Georg Klotz eine rechtswidrige Schubhaft verhängen. Rechtswidrig deshalb, weil in politischen Fällen gemäß der österreichischen Rechtslage eine Auslieferung und damit auch eine Schubhaft nicht zulässig war. Die Maßnahme wurde von damit begründet, daß Klotz dem deutschen Fernsehen gegenüber Erklärungen über Südtirol abgegeben und einem italienischen Journalisten ein Interview gewährt hatte.

Der Passeirer Schützenmajor und Freiheitskämpfer Georg Klotz (rechts im Bild).

Der in Linz in Schubhaft befindliche Freiheitskämpfer Georg Klotz teilte der Öffentlichkeit über seinen Anwalt mit, daß er sich entschlossen habe,

„zum Protest gegen die von mir sowohl widerrechtlich aus auch unwürdig empfundene Festhaltung mit 20. Februar, dem Jahrestag der Erschießung unseres Tiroler Freiheitshelden Andreas Hofer zu Mantua, in den Hungerstreik zu treten. Gott mit Südtirol!“

Aufgrund seines sich durch den Hungerstreik rapide verschlechternden Gesundheitszustandes mußte Georg Klotz aus dem Polizeigefangenenhaus Linz in das Spital der Barmherzigen Brüder gebracht werden, wo er den Hungerstreik fortsetzte.

Georg Klotz im Spital. Dieses Bild wurde heimlich von einem Journalisten aufgenommen.

Am 4. März 1966 hatte sich sein Gesundheitszustand soweit verschlechtert, dass er die Sterbesakramente erhielt.

Am 5. März 1966 demonstrierten mehrere hundert Menschen in Linz für seine Freilassung. Die Kundgebung, die von oberösterreichischen Bergisel-Bund-Obmann Richard von Helly angeführt wurde, legte den Verkehr der Innenstadt lahm. In Sprechchören wurde gefordert: „Klotz raus, Czettel rein!“ Czettel (SPÖ) war der damalige österreichische Innenminister.

Die Demonstration in Linz wurde von dem Bergisel-Bund-Obmann Richard von Helly (vorne links im Bild im hellen Mantel) angeführt und hatte politisch vollen Erfolg.

Vor der Polizeidirektion wuchs die Menschenmenge auf mehr als 1.500 Personen an.

Die Kundgebung fand ein enormes Echo in der österreichischen Presse und in ganz Österreich kam es zu Protesten gegen die Vorgangsweise der Regierung in Wien. Der Nordtiroler Landeshauptmann Eduard Wallnöfer (Tiroler ÖVP) gab öffentlich die Erklärung ab, dass er sich für die Freilassung des Freiheitskämpfers einsetzen wolle. Nun meldete sich notgedrungen auch der Bundeskanzler Dr. Klaus mit einem Telegramm, in welchem er die Freilassung ankündigte. Daraufhin brach Klotz seinen Hungerstreik ab. Die Schubhaft wurde am 14. März offiziell aufgehoben. Damit stand auch eine allfällige Auslieferung des Freiheitskämpfers an Italien nicht mehr zur Debatte.

Richard von Helly hatte sich jedoch damit den Bundeskanzler Dr. Josef Klaus (ÖVP) nicht zum Freund gemacht und sollte dies in der Folge zu spüren bekommen.

Bericht in den „Oberösterreichischen Nachrichten“ vom 7. März 1966. Die auf dem Foto ersichtliche Bekundung „Klotz ist uns lieber als Czettel“ besagte, dass die Kundgebungsteilnehmer offenbar den Innenminister Czettel und dessen Maßnahmen nicht sehr schätzten.

Richard von Helly würdigt den Südtiroler Freiheitskampf und zeigt die soziale Notlage vieler Südtiroler auf

Schlagzeile in den „Oberöstereichischen Nachrichten“ vom 12. Dezember 1966

Richard von Helly legte am 17. Dezember 1966 in einem vielbeachteten Artikel in der auflagenstärksten westösterreichischen Tageszeitung „Oberösterreichische Nachrichten“ bemerkenswerte Zahlen und Fakten vor: Die von dem italienischen Staat geförderte und durchgeführte Unterwanderung habe den Anteil der Italiener von 3% im Jahre 1918 auf mehr als 36% im Jahre 1960 steigen lassen. Bei den öffentlichen Stellen und weitgehend auch in der Industrie erhielten die Südtiroler keine Arbeitsplätze während die Italiener bei der Staatsbahn bereits 93% der Posten innehätten, bei der Justiz 87 %, bei der Post 79% und bei der Quästur (Polizei) 99%.  Dadurch würden vor allem junge Südtiroler zur Auswanderung gezwungen.

Man schätze derzeit die in der BRD, in Österreich und in der Schweiz beschäftigten Südtiroler Jungarbeiter auf 10.000. Die italienischen Arbeiter der von Mussolini errichteten Industriezone von Bozen, die nach dem Krieg kräftig ausgebaut wurde, bewohnten 96% aller mit Steuergeldern erbauten Volkswohnungen.

Die von Italien „mit der grausamen Waffe der sozialen Benachteiligung geführte Italianisierungspolitik“ hätte bis zum Jahre 1973 rein rechnerisch eine italienische Mehrheit von 51% geschaffen, wenn „nicht etwas Unvorhergesehenes“ eingetreten wäre. Vor diesem brutalen Hintergrund muss man nun die 1961 beginnenden Verzweiflungsaktionen sehen, seit deren Einsätzen die italienische Unterwanderung immerhin nahezu zum Erliegen gekommen ist. Von 1960 bis 1964 hat nämlich der Anteil der Italiener nur mehr um ein Zehntel Prozent zugenommen. Sosehr Italien jetzt auch weiterhin die Verhandlungen verschleppt – die Zeit arbeitet nicht mehr gegen die Südtiroler.“

Auch mit dieser Würdigung des Südtiroler Freiheitskampfes machte sich Richard von Helly keine Freunde in der österreichischen Bundesregierung.

April 1967: Südtirol-Woche des OÖ Bergisel-Bundes: Tausende Oberösterreicher fordern Selbstbestimmungsrecht für Südtirol

Die Teilnehmer an den Veranstaltungen der Südtirolwoche erhielten ein Abzeichen mit der darauf stehenden Forderung nach Selbstbestimmung in Südtirol.

Ankündigung der Südtirolwoche in den Mitteilungen des OÖ Bergisel-Bundes

Zum Abschluss einer Südtirolwoche veranstaltete der Bergisel-Bund unter der Leitung seines Obmannes Richard von Helly am 29. April 1967 eine Großkundgebung in Linz. Mehr als 5.000 Menschen zogen in einem Fackelzug, in dem allein 5 Musikkapellen altösterreichische Märsche spielten, zum Platz vor dem Landhaus. Dabei wurden Transparente mitgetragen die folgende Aufschriften zeigten: „Afrika ist frei, Südtirol eine Kolonie!“, „Tirol – von Kufstein bis Salurn!“. Vor dem Landhaus wuchs die Teilnehmerzahl auf mehr als 8.000 Menschen an.

An der Kundgebung nahmen auch der Südtiroler Jörg Klotz in der Uniform eines Schützenmajors und andere führende Vertreter der Südtiroler Freiheitskämpfer teil. Vor Tausenden Menschen wurde ein Grußtelegramm des stellvertretenden Landeshauptmannes von Nordtirol, Dr. Hans Gamper (Tiroler ÖVP) verlesen. Dort hieß es: „Die natürliche Grenze Italiens verläuft bei Salurn und nicht am Brenner!“

Der Nordtiroler Landeshauptmann-Stellvertreter Dr. Hans Gamper hatte den Kundgebungsteilnehmern eine eindeutige Botschaft gesandt und die von der italienischen Justiz verfolgte Rosa Ebner forderte auf der Abschlusskundgebung das Selbstbestimmungsrecht für ihre Südtiroler Heimat.

Die Südtirolerin Rosa Ebner, Angeklagte im zweiten Mailänder Südtirol-Prozess und Schwester eines Häftlings, rief die Österreicher zu Treue für Südtirol auf und forderte ein entschiedeneres Eintreten für das Selbstbestimmungsrecht.

Bildbericht in den „Oberösterreichischen Nachrichten“ vom 2. Mai 1967.

Richard von Helly informiert die österreichische Bundesregierung über die Folterung von Österreichern – Bundeskanzler Dr. Klaus reagiert nicht

Anfang des Jahres 1968 erfuhr der Bergisel-Bund OÖ, dass die am 12. September 1967 in Südtirol verhafteten Österreicher Karl Schafferer und Hansjürgen Humer sowie der am 20. August 1967 verhaftete Österreicher Andreas Egger von den Carabinieri schwerstens gefoltert worden waren.

Italienische Pressemeldung vom 14. September 1967 über die Verhaftung der Österreicher Schafferer und Humer.

Ein Ende Januar 1968 mit der Mutter des einen Verhafteten, Frau Amalie Humer, in Innsbruck aufgenommenes Protokoll bestätigte den Tatbestand. Am 29. Februar 1968 übersandte Bergisel- Bund-Obmann Richard von Helly das Protokoll an Bundeskanzler Dr. Klaus (ÖVP) und in Ablichtung an Außenminister Kurt Waldheim (ÖVP).

Ausschnitte aus dem Brief an Bundeskanzler Dr. Josef Klaus (ÖVP) und dem beiliegenden Protokoll über die Folterung des Hansjörg Humer.In dem Begleitbrief an Bundeskanzler Dr. Klaus heißt es auch über die Folterung des Österreichers Andreas Egger: „Wie wir von Häftlingsfamilien in Südtirol erfahren konnten, wurde Egger 7 Tage lang von den Carabinieri gefoltert und verhört. Als Egger am 27. August dann in das Gefängnis eingeliefert wurde, bot er einen erbarmungswürdigen Anblick. Er war blutig zerschlagen und seine Kleider waren zerfetzt. In den ersten Tagen war Egger nicht imstande, die ihm erlaubte Stunde Spaziergang im Gefängnishof zu absolvieren. Egger mußte von Kameraden (gefangenen Südtirolern) auf einer improvisierten Tragbahre in den Hof hinuntergetragen werden, damit er überhaupt an die frische Luft kam. Weitere 10 Tage konnte sich Egger nicht fortbewegen, ohne gestützt zu werden. Egger hat mittlerweile Anzeige gegen seine Folterer erstattet und die Staatsanwaltschaft Bozen hat ihn als Antwort wegen Verleumdung geklagt. Wir haben Ihnen, sehr verehrter Herr Bundeskanzler, diese Tatsachen mitgeteilt, da wir der festen Überzeugung sind, daß Sie es nicht dulden werden, daß seitens italienischer Polizeibehörden in derartiger Weise mit unseren Staatsbürgern umgesprungen wird.“

An Außenminister Waldheim schrieb Richard von Helly: „Wir setzen unser ganzen Vertrauen in Sie, Herr Minister, daß Österreich nicht eigene Staatsbürger ohne ein Wort des Protestes den grausamsten Foltermethoden ausgesetzt sein lässt.“

Wien schwieg jedoch und duldete die Folterung eigener Staatsbürger. Weder der Bundeskanzler noch der Außenminister hatten den Anstand, zu antworteten. Sie bestätigten nicht einmal den Erhalt der ihnen übermittelten Unterlagen.

Es erfolgte kein Protest gegenüber Italien. Weder an Frau Humer, noch an die in Lienz lebende Mutter von Egger trat irgendeine österreichische Dienststelle heran, um die Mitteilungen des Bergisel-Bundes zu verifizieren.

Die Revanche der Bundesregierung wurde zum Eigentor

Auf die Folterungen österreichischer Staatsbürger hinaus hatte die allerchristlichste und Rom sehr ergebene österreichische Bundesregierung unter Bundeskanzler Dr. Josef Klaus (ÖVP) nicht im Geringsten reagiert. Sehr wohl aber reagierte sie zum passenden Zeitpunkt gegenüber dem in der Südtirol-Frage so lästigen Bergisel-Bund-Obmann Richard von Helly.

Eine Gruppe von Südtirol-Freunden hatte in Feldkirch (Vorarlberg) eine Kundgebung für die Freilassung der beiden nach Österreich geflüchteten Südtiroler Freiheitskämpfer Sepp Forer und Heinrich Oberlechner geplant. Diese wurden in Feldkirch auf Wunsch Roms und auf Geheiß der österreichischen Bundesregierung in rechtswidriger Auslieferungshaft gehalten. Nach der österreichischen Rechtsordnung war allerdings in politischen Fällen eine Auslieferung nicht möglich.

Auf Wunsch der Vorarlberger Freunde wollte der oberösterreichische Bergisel-Bund-Obmann Richard von Helly zusammen mit einigen Freunden nach Vorarlberg fahren, um an der dortigen Demonstration teilzunehmen.

Am 11. Mai 1968 nahm die Staatspolizei auf Weisung des Innenministeriums in Linz den Obmann des Bergisel-Bundes Ing. Richard Helly und vier seiner Mitarbeiter unter dem Vorwand fest, diese hätten eine gewaltsame Befreiung der in Vorarlberg inhaftierten Südtiroler aus dem Gefängnis in Feldkirch geplant gehabt. Auch der Öffentlichkeit wurde dies weisgemacht. Entsprechend war das Presseecho.

Am 13. Mai 1968 berichteten die „Oberösterreichischen Nachrichten“ über die Verhaftung des Bergisel-Bund-Obmannes Richard von Helly und gaben in der Überschrift den absurden Vorwurf der Staatspolizei wieder.Die Anschuldigung war so lächerlich, dass das Landesgericht in Linz bereits nach wenigen Tagen wieder die Entlassung verfügte. Die Staatspolizei hatte keine Beweise für ihre Behauptung beibringen können. Das Verfahren wurde still und leise eingestellt.

Am 18. Mai 1968 musste das ÖVP-Organ „Linzer Volksblatt“ berichten, dass das Landesgericht Feldkirch bereits die Enthaftung der Linzer Bergisel-Bund-Leute angeordnet hatte. Man hatte in Feldkirch die Absurdität und Unhaltbarkeit der staatspolizeilichen Vorwürfe erkannt.

Mit ihrer Revanche gegen den lästigen Richard von Helly hatte sich die Wiener Bundesregierung ein Eigentor geschossen. Angesichts der medialen Aufmerksamkeit mussten auch die beiden rechtswidrig inhaftierten Südtiroler enthaftet werden. Auch der Tiroler Landeshauptmann Wallnöfer hatte nun öffentlich ihre Freilassung gefordert. Die Verhaftungen, die Proteste und die Zeitungs- und Fernsehberichte hatten einen so großen Wirbel in der Öffentlichkeit ausgelöst, daß an eine schnelle rechtswidrige Auslieferung der beiden Südtiroler an Italien nicht mehr zu denken gewesen war.

Richard von Helly hatte sich nicht einschüchtern lassen

Richard von Helly hatte damals die Vorgangsweise der Staatspolizei mit Gelassenheit und Ironie hingenommen. Er setzte seine karitative und politische Tätigkeit für Südtirol ungebrochen fort. Ihn hatte die Rom-hörige Bundesregierung unter dem Kanzler Dr. Josef Klaus (ÖVP) durch eine solche Vorgangsweise nicht einschüchtern können.

Am 22. März 1970 setzte ein schwerer Autounfall seinem Leben ein Ende.

Seine Freunde, die ihn näher gekannt haben, gedenken dieses selbstlosen Idealisten heute noch in Trauer!




Abschied von Winfried Matuella

Dankbare Erinnerung an einen selbstlosen Patrioten:

Winfried Matuella, ehemaliger Obmann des Andreas Hofer-Bundes Tirol

An dem Begräbnis von Winfried Matuella am 29. Februar 2020 in Hötting-Innsbruck nahm der Herausgeber des SID, Georg Dattenböck, teil.

Dattenböck berichtet:

Im Befreiungskrieg von 1809 war Hötting schwer umkämpft und war bis zum Jahre 1938 eine selbständige und auch die größte Flächengemeinde Österreichs. Seit 1938 ist nun Hötting der nördliche Stadtteil von Innsbruck. An der Außenmauer der gotischen Pfarrkirche, die erstmals 1286 urkundlich erwähnt wurde, fand nun der unermüdliche christliche Kämpfer für das Menschenrecht und für die Einheit Tirols, der ehemalige Obmann und Ehrenobmann des Andreas Hofer-Bundes für Tirol, Ing. Winfried Matuella, seine letzte Ruhestätte. Um 11 Uhr am 29. Februar 2020, begannen die Glocken Alt-Höttings zu läuten.

Von weither kamen die vielen Trauernden angereist: eine Abordnung der „Unabhängigen Schützenkompanie Major Giuseppe de Debetta“ aus Trient, Schützen aus der Valsugana, die „Sängervereinigung Wolkensteiner“ aus dem Grödnertal, die zu Ehren Matuellas in der Kirche herrlich auch in ladinischer Sprache sang, sowie politische Vertreter aus Südtirol: Eva und Barbara Klotz, Sven Knoll, Bernhard Zimmerhofer, Roland Lang, Meinrad Berger u.v.a. Weggefährten.

Auch der Südtirolsprecher der Freiheitlichen Partei (FPÖ), Nationalratsabgeordneter Peter Wurm, erwies dem Verstorbenen die letzte Ehre.

Der neue Südtirol-Sprecher der FPÖ im Nationalrat, Peter Wurm und der Ex-Nationalratsabgeordnete und Südtirol-Sprecher Werner Neubauer waren ebenfalls gekommen. Fahnenabordnungen der für Gesamttirol stehenden „Alt Tyroler Schützen“ und viele weitere Freunde und Weggefährten aus Österreich, aus Bayern eine Abordnung des „Andreas-Hofer-Bundes“ mit dem Obmann Hermann Unterkircher, sowie eine Fahnenabordnung der Gruppe Saar-Pfalz, begleiteten den Pfarrer Hermann Röck von Hötting und die trauernde Familie Matuella zum Grab.

Am 15.8.2019 war Ing. Winfried Matuella von den Landeshauptmännern Arno Kompatscher und Günter Platter die „Goldene Verdienstmedaille des Landes Tirol“ feierlich überreicht worden.

Verständnislos und betroffen mussten alle Freunde des Toten zur Kenntnis nehmen, daß kein Vertreter des offiziellen Süd- und Nord-Tirols und auch der „Österreichischen Volkspartei“, der Matuella Jahrzehnte lang angehört hatte, zum Abschiednehmen die Zeit fanden.

Ehrender Nachruf von Hermann Unterkircher,
Bundesvorsitzender Andreas Hofer Bund e.V. Deutschland

Unter großer Anteilnahme wurde der Ehrenobmann und Träger des Tiroler Verdienstordens Ing. Winfried Matuella im Höttinger Friedhof zu Grabe getragen.

Zahlreiche Politiker, unter anderem von der „Südtiroler Freiheit“ Sven Knoll vom Südtiroler Landtag, Peter Wurm, Südtirolsprecher der FPÖ und Nationalratsabgeordneter vom österreichischen Parlament, Nationalrat a.D. Werner Neubauer, Obmann Roland Lang und Vizeobmann Meinrad Berger vom Südtiroler Heimatbund, Frau Dr. Eva Klotz, ehemalige Abgeordnete vom Südtiroler Landtag, Oberst a.D. Dr. Peter Aumüller, und Bernhard Zimmerhofer begleiteten den lieben Verstorbenen auf seinen letzten Weg.

Dr. Herlinde Molling, ehemalige Freiheitskämpferin, Georg Dattenböck vom Forum „Tiroler Informationsdienst“ und auch Barbara Klotz, die Geschäftsführerin der „Südtiroler Freiheit und der Landeskommandant der Welschtiroler Schützen, Enzo Cestari, ließen es sich nicht nehmen, sich zu den Trauergästen einzureihen.

Die Trauergemeinde in der Kirche

Familienmitglieder, Vereinsvorstände und Freunde, Fahnenabordnungen und Bekannte begleiteten ihn auf seinem letzten Weg. Sieghard Matuella, der Bruder des Verstorbenen, verlas in der vollbesetzten alten Höttinger Kirche einen Abriss seines Lebens. Anschließend hielt Pfarrer Hermann Röck den Trauergottesdienst. Musikalisch umrahmt vom Männerchor Sängervereinigung „Die Wolkensteiner“.

Bei der Aussegnung am Familiengrab, intonierte die Sängervereinigung den „Guten Kameraden“ und die Tiroler Landeshymne, bevor 3 Schützen der Schützenkompanie „Major Guiseppe de Betta“ aus Trient eine Ehrensalve schossen.

Mitglieder der Schützenkompanie Major Guiseppe de Betta Trient schossen einen Ehrensalut

Nachdem die Fahnenabordnungen vom AHB Tirol, AHB e.V. Deutschland, Schützenkompanie „Alt Tyroler Schützen Andreas Hofer“ und die Schützenkompanie Major Guiseppe de Betta Trient zur Ehrerbietung die Fahnen über den Sarg senkten, würdigte der Obmann des AHB Tirol Alois Wechselberger den Verstorbenen als Tiroler Patrioten, als Kenner der Geschichte Südtirols, über die Tätigkeit im und für den AHB Tirol, und vorbildlichen Obmann, dessen schwere Aufgabe er letztes Jahr gerne übernommen hat und im Sinne des Verstorbenen weiterführen wird.

Der Obmann des AHB Tirol, Alois Wechselberger, würdigte in seiner Rede den Verstorbenen

Der Bundesvorsitzende des AHB e.V. Deutschland Hermann Unterkircher machte einen kurzen Abriss über die hervorragende Zusammenarbeit der beiden Bünde, hob die hohe Kenntnis der Lage in Südtirol hervor und berichtete über die gemeinsamen Besuche im österreichischen Parlament in Wien, im Rathaus Linz mit Nationalrat Werner Neubauer und an den verschiedenen Versammlungen und Schützentreffen.

Der Bundesvorsitzende des AHB e.V. Deutschland Hermann Unterkircher bei seiner Grabrede

Pfarrer Hermann Röck nahm die Segnung vor.

Nach der Kranzniederlegung und einen Marienlied, gesungen von der Sängervereinigung „Die Wolkensteiner“, beendete Pfarrer Hermann Röck mit dem Segen die ergreifende Trauerfeier.

Möge er ruhen in Frieden.

Ehrender Nachruf von Roland Lang,
Obmann des Südtiroler Heimatbundes (SHB)

Roland Lang, Obmann des SHB

Am 16. Februar ist der Ehrenobmann des Andreas Hofer Bundes für Tirol, Winfried Matuella nach längerer Krankheit verstorben. Zeit seines Lebens setzte sich der Innsbrucker für die Tiroler Landeseinheit ein und arbeitete dazu eng mit den patriotischen Kräften im südlichen Tirol zusammen, so Heimatbund-Obmann Roland Lang.

Nach der Pflichtschule besuchte Matuella in seiner Vaterstadt die fünfjährige Höhere Technische Lehranstalt, Abteilung Hochbau. Nach dem Militärdienst, zu dem er im Oktober 1956 einberufen wurde, bildete er sich ab Jänner 1962 ein Vierteljahrhundert lang beim Bundesheer (Grenzschutzkompanie Süd) weiter.

Beruflich hatte Matuella längst schon Fuß gefasst und war als Bauleiter im Hoch-, Tief- und Tunnelbau bei verschiedenen Auftraggebern und -nehmern tätig.

Der überzeugte Tiroler war seit dem 7. Februar 2003 beim Andreas-Hofer-Bund Tirol aktiv. Durch seine Gewissenhaftigkeit konnte er dort sein Wissen als stellvertretender Schriftführer und später als Schriftführer einsetzen. Im April 2010 wurde er zum Geschäftsführer ernannt, ehe er im 15. Oktober 2012 die Obmannschaft übernahm. Im Jahre 2019 gab er diese an Alois Wechselberger ab und wurde daraufhin zum Ehrenobmann des Andreas Hofer Bundes ernannt.

Als einer der Höhepunkt seiner fast eineinhalb Jahrzehnte langen Tätigkeit für den Andreas-Hofer-Bund Tirol kann die Teilnahme am Tiroler Landesfestumzug 2009 angesehen werden. Das Motto „Geschichte trifft Zukunft“ kann richtungsweisend sein, wenn eines Tages Tirol wieder vereint wird und damit vielleicht der Herzenswunsch des Verstorbenen in Erfüllung geht.

Einladungsplakat für die Bozener Dauerausstellung über den „Befreiungsausschuss Südtirol“ (BAS) und den Freiheitskampf der 1960er Jahre in Südtirol. Winfried Matuella hatte an der Ausstellung mitgearbeitet und hatte einige Jahre auch als Verantwortlicher dafür gezeichnet. (Klicken Sie bitte auf das Bild um nähere Informationen zur Ausstellung zu erhalten.)

Im Jahre 2019 wurde Matuella für seinen selbstlosen Einsatz für die Heimat mit der Verdienstmedaille des Landes Tirol geehrt. Nicht vergessen werden darf auch die Mitarbeit des Verstorbenen beim Aufbau der Ausstellung BAS- Opfer für die Freiheit, für die er einige Jahre auch verantwortlich war.

Der Südtiroler Heimatbund nimmt aufrichtig Anteil am Schmerz der Familienangehörigen, den diese durch den Tod von Winfried erlitten haben. Möge sein Einsatz für die Stärkung der Tiroler Identität und Kultur reife Früchte tragen!

Die Fahnen senkten sich vor dem Sarg

Der ehemalige Südtirolsprecher der FPÖ, Nationalratsabgeordneter a.D. Werner Neubauer, in stillem Gedenken an den Toten

Die ehemalige Südtiroler Landtagsabgeordnete Dr. Eva Klotz, Tochter des Freiheitskämpfers Georg Klotz, am Sarg des Verstorbenen.

Der Südtiroler Landtagsabgeordnete Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) am Sarg des Verstorbenen.

Die Abschiedsrede im Namen der Familie hielt der Bruder des Verstorbenen, Sieghard Matuella

Liebe Rita, liebe Verena, liebe Uli und lieber Roland!
Liebe trauernde Enkelkinder und liebe Familie!
Geschätzte in Trauer versammelte Freunde aus allen Teilen Tirols!

Als ich meinen Bruder Winfried zum letzten Mal besuchte, haben wir, wie könnte es anders sein, auch über einen Mann gesprochen, dessen Leben und Wirken er wie kaum ein anderer kannte und über den er in seinen unzähligen Sandwirtsbriefen begeistert und überzeugend berichtet hat, über Andreas Hofer.

Dessen letzten Brief aus Mantua, dieses ergreifende Zeugnis eines dem Tod Geweihten, konnte er fast zur Gänze auswendig zitieren, auch den letzten Satz: „Ade, meine schnöde Welt, so leicht kommt mir das Sterben vor, dass mir nicht die Augen nass werden“. Ich hatte das Gefühl. Winfried wusste um seinen nahen Tod, er hat ihm gefasst ins Auge gesehen und gläubig, so wie Andreas Hofer im gleichen Brief schreibt, wohl auch gedacht: „In der Welt lebet alle wohl, bis wir im Himmel zusammenkommen“.

Andreas Hofers letzter Gang. Gemälde von Karl Karger.

Wir haben uns heute in dieser schönen Alten Höttinger Kirche, die so viele Verbindungen zu unserer Familie birgt, versammelt, um von Winfried Abschied zu nehmen. Dabei gehen unsere Gedanken zurück auf sein reiches, erfülltes und buntes Leben mit allen seinen Höhen und Tiefen.

Seine Tochter Uli hat es aufgezeichnet und mich als Bruder und Chronist der Familie gebeten, es zu ergänzen und hier vorzutragen.

Winfried Karl Adolf wurde als zweites von vier Kindern von Alfred und Herta Matuella am 19. Februar 1937 in Innsbruck geboren. Sein zweiter und dritter Vorname weisen auf seine Großväter Karl Matuella und Adolf Giersig hin.

Seine Verbundenheit mit Südtirol wurde ihm wohl schon in die Wiege gelegt. Unsere Vorfahren stammen aus dem Bozner Unterland, wo Urgroßvater Simon Mesner in Vill bei Neumarkt und Zimmermann war und Großvater Karl seinen Dienst bei der Post in Bozen begann und dort ein Standardwerk für den Postdienst, das zweisprachige Postlexikon für Tirol, Vorarlberg und Liechtenstein verfasste.

Als die ersten Bomben auf Innsbruck fielen, zog die Familie nach Umhausen im Ötztal und Winfried besuchte dort die ersten zwei Klassen der Volksschule.

Einmal bin ich dort als vierjähriger Knirps leichtsinnig in einen Bach gerodelt – aber mein großer Bruder hatte aufgepasst und hat mich beherzt aus dem kalten Wasser gezogen. Danke Winni, eine Lebensrettungsmedaille hat es damals noch nicht gegeben.

Zurück in Innsbruck setzte er seinen Bildungsweg an der Volksschule Mariahilf, an der Hauptschule Hötting und an der Höheren Technischen Lehranstalt für Bauwesen in der Anichstraße fort. Als Praktikant im Architekturbüro unseres Vaters wirkte er an der Umgestaltung des Sandhofes zu einem Andreas-Hofer-Museum und an der Renovierung der Andreas-Hofer-Kapelle beim Sandhof in St. Leonhard im Passeier mit.

Dass das Andenken an Andreas Hofer im Lande hochgehalten werde, war Winfried Matuella stets ein Anliegen

Unbeschwerte Ferienwochen durften wir bei Freunden unseres Vaters am Ritten verbringen. Dass wir dafür eine Zeit lang um ein Visum im italienischen Konsulat ansuchen mussten und dass es am Ritten auch in den 50er Jahren noch hitzige Debatten zwischen den Optanten und den Dableibern gab, hat uns schon als Kinder und Jugendliche mit der Südtirol Problematik hautnah vertraut gemacht.

In Innsbruck war er ein aktives Mitglied der Pfarre Mariahilf Er war Ministrant, spielte Theater, war Gruppenführer in der katholischen Jugend und stieg bis zum Dekanatsführer- Stellvertreter auf.

Während dieser Zeit in Mariahilf entstanden Freundschaften, die ein Leben lang hielten und viel Geselligkeit mit sich brachten. Ein fixer Bestandteil war der alljährliche Maiausflug nach Südtirol, den Winfried organisierte und mit seinem reichen Wissen über das Land bereicherte. So war für das geistige aber auch das körperliche Wohl immer bestens gesorgt.

Am 14 Oktober 1955 rückte er zum Militärdienst beim wiederhergestellten Österreichischen Bundesheer ein. Sein Jahrgang 1937 war der erste, der gemäß der allgemeinen Wehrpflicht eingezogen wurde. Winfried diente freiwillig 15 Monate und rüstete als Zugsführer ab. In der Folge wurde er wieder zur neu gegründeten „Grenzschutzkompanie Süd“ gerufen und mußte bis zu seinem 52sten Lebensjahr jährlich 8 Tage als Kommandant eines der 4 Züge fungieren

In dieser Zeit lernte er auch seine spätere Frau Rita Widmoser kennen und lieben, sie verlobten sich im September 1960 und heirateten am 19. August 1961 in der Mariahilfer Kirche. Früchte dieser Verbindung waren die zwei Töchter Verena 1964 und Ulrike 1973. …

Als fürsorglicher Vater und Großvater verfolgte er die Familiengründungen seiner Töchter und die Geburt und den Werdegang seiner Enkelkinder mit wärmsten Interesse, es sind, so wie bei ihm, alles Mädchen: 1994 Julia, 1996 Lisa, 1999 Sophie und 2007 Viktoria.

Beruflich blieb er dem Erlernten immer treu, er arbeitete als umsichtiger Bauleiter bei namhaften Tiroler Firmen im Hoch- und Tiefbau und versuchte sich auch als selbständiger Unternehmer in baulichen Fachgebieten und später im Immobilien-Geschäft seiner Frau Rita. Im Jahr 2002 trat er mit 65 Jahren in den Ruhestand.

Neben seinem Beruf erfüllte er viele ehrenamtliche Funktionen in Politik und Gesellschaft. Er war „Alter Herr“ bei der Akademisch Musischen Verbindung in Innsbruck und investierte viel Arbeit in den Ausbau deren Heimstätte in der Kirschentalgasse. Weiters war er Mitglied der Österreichischen Volkspartei, der Arbeitsgruppe für Selbstbestimmung in Bozen, des Südtiroler Heimatbundes und der Gesamt Tiroler Bewegung Südtiroler Freiheit.

Publikation der „Arbeitsgruppe für Selbstbestimmung“ in Bozen, deren tätiges Mitglied Winfried Matuella war.

Im Jahre 2003 trat er dem Andreas Hofer Bund bei; wirkte zunächst als Schriftführer und übernahm im Oktober 2012 das Amt des Obmannes. Diese seine Tätigkeit wird nach dem Gottesdienst von berufener Seite noch gewürdigt werden.

Im Dezember 2018 änderte sich schlagartig alles, Winfried bekam die Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs. Es folgte ein längerer Klinikaufenthalt mit Chemotherapie, sie musste wegen eines Infektes abgebrochen werden. Er wurde in die häusliche Pflege entlassen und man sprach nur noch von Wochen an verbleibender Lebenszeit.

Aber da zeigte sich Winfried als Kämpfer und gab nichts auf diese Prognosen.  … Er begann seine Beine zu trainieren und schon bald konnte er sich ohne Gehhilfe wieder durch die Wohnung bewegen.

Körperlich stärker und begleitetet von seinen beiden Töchtern konnte er am Hohen Frauentag 2019 aus den Händen beider Landeshauptleute im Landhaus die ihm verliehene Verdienstmedaille des Landes Tirol entgegennehmen. Sicherlich ein Höhepunkt in seinem Leben.

Die Verdienstmedaille des Landes Tirol

Es folgten vier gute Monate, in denen er schmerzfrei und gut umsorgt von seiner Frau Rita und seiner Tochter Uli, unterstützt vom Netzwerk Tirol und vom Mobilen Hospizteam, den Alltag genießen konnte. Zu Weihnachten schmückte er noch wie gewohnt den großen Christbaum, stellte die Krippe auf und las das Weihnachtsevangelium vor.

Das neue Jahr brachte leider wieder eine Verschlechterung seines Zustandes und die wiedergewonnene Kraft schwand erschreckend schnell. In seiner letzten Woche hatte man den Eindruck, dass sein Geist bereit war zu gehen, in seinem Körper aber noch zu viel Leben steckte.

Am 16. Februar konnte er dann friedlich im Beisein seiner Frau eingeschlafen.

Winfried konnte das Leben genießen. Er haderte nicht mit Dingen, die ihm nicht mehr möglich waren, sondern er freute sich über alles, was er wieder schaffte. Die Krankheit hat auch nie seinen Geist gebrochen, er war bis zum Schluss klar und bei vollem Verstand und behielt allen Problemen zum Trotz seinen Humor.

Seine Fürsorge, Hilfsbereitschaft und Tatkraft, seine Geselligkeit und Menschlichkeit, sein Patriotismus und sein geschichtliches Wissen, seine bemerkenswerte Rhetorik und sein kluges Taktieren bleiben unvergesslich.

Jeder von uns hat seine eigene Erinnerung an unseren lieben Verstorbenen.

Betet für ihn und bewahrt ihn in euren Herzen!

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Die Familie des Verstorbenen auf dem Friedhof. Im Vordergrund links sein Bruder Sieghard Matuella.

Schließen wir dieses Gedenken mit einigen Worten, die Winfried Matuella am 22. November 2014 auf der Jahreshauptversammlung der „Europa-Union Tirol“ in Brixen sprach:

„Keine Macht der Erde kann einem Volk das Menschenrecht der Selbstbestimmung, darüber wohin es gehören möchte, auf die Dauer vorenthalten, auch Italien und schon gar nicht die SVP den Südtirolern, aber wollen und verlangen muss man dieses Recht.

 Zugegeben, einiges mag wie ein Traum bzw. wie eine Vision erscheinen. Aber Träume und Visionen kann man, wenn man den nötigen Willen und die nötige Kraft dazu besitzt, verwirklichen.“




Golowitschs „Südtirol – Opfer politischer Erpressung“ vorgestellt

Unter diesem Titel veröffentlichte das Internet-Nachrichtenportal „unser Tirol 24“ am 12. Februar 2020 einen Bericht über die Buchvorstellung des Historikers Dr. Helmut Golowitsch über sein neues zeitgeschichtliches Werk „SÜDTIROL – OPFER POLITISCHER ERPRESSUNG“. 

Mit einem Vorwort von SVP-Landesrat a.D. Dr. Bruno Hosp!

Die Präsentation hatte am 8. Februar 2020 auf Einladung des Andreas-Hofer-Bundes Tirol und des Südtiroler Heimatbundes unter der Schirmherrschaft von AHBT-Ehrenobmann Ing. Winfried Matuella im Hotel Sailer in Innsbruck stattgefunden.

Bild links: Der AHB-Obmann Alois Wechselberger begrüßte die Anwesenden. Links von ihm hier im Bild (v.l.n.r.): Dr. Eva Klotz, Zeitzeugin, Tochter des legendären Freiheitskämpfers Georg Klotz, ehem. Gemeinderätin in Bozen und Landtagsabgeordnete; Dr. Bruno Hosp, Zeitzeuge, ehem. Landeskommandant des „Südtiroler Schützenbundes“, Bürgermeister von Ritten, SVP-Landessekretär, Landesrat und Vizepräsident der „Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen“; Roland Lang, Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB) und Mitveranstalter dieser Buchpräsentation. Bild rechts: Aus der Bundesrepublik Deutschland war der Bundesvorsitzende des deutschen Andreas-Hofer-Bundes e.V., Hermann Unterkircher, gekommen und begrüßte ebenfalls die Gäste.

Nachstehend nun der Bericht von „unser Tirol 24“:

 „Man muss die italienische Mentalität kennen, wenn man mit Italien verhandeln will! Gibt man zu schnell nach, glauben die italienischen Verhandlungspartner, sie wären übers Ohr gehauen worden und fordern weitere Zugeständnisse.“ Dr. Helmut Golowitsch ließ bei der Vorstellung seines jüngsten Werkes „Südtirol – Opfer politischer Erpressung“ im Hotel Sailer in Innsbruck keinen Zweifel: Österreich ließ sich in Sachen Südtirol oft über den Tisch ziehen. Und im Angesicht der unverbrüchlichen Freundschaft zwischen der ÖVP und der einstigen Democrazia Cristiana (DC) nahm man dies viel zu oft sogar gerne in Kauf.

Der Autor bei der Buchpräsentation

Eine besondere Rolle in den unrühmlichen Südtirol-Verhandlungen nach dem Zweiten Weltkrieg spielte der aus Wien stammende Kartonagenfabrikant Rudolf Moser. Ansässig im kärntnerischen Sachsenburg, war der einstige Gauführer der Ostmärkischen Sturmscharen zum Vertrauensmann der ÖVP avanciert. Er war es, der unter anderem dem italienischen Ministerpräsidenten Alcide De Gasperi bereits frühzeitig signalisierte: Die österreichische Forderung nach Rückgabe Südtirols sei nicht ernst zu nehmen – mit einer wie auch immer gearteten Autonomie könne man die Verhandlungspartner zufriedenstellen. Golowitsch beweist mit seinem Buch unter anderem, dass die die Übergabe der 155.000 Südtiroler Unterschriften für die Rückkehr Südtirols zu Österreich an Bundeskanzler Leopold Figl lediglich eine gut inszenierte PR-Aktion war.

Dass die Würfel diesbezüglich bereits gefallen waren, belegt Golowitsch anhand der Auswertung einer Reihe von hochbrisanten Unterlagen, die dem Autor durch Zufall in die Hände gefallen waren. Sie stammen aus dem direkten privaten Nachlass des damaligen Unterhändlers Rudolph Moser und geben einen tiefen Einblick in die diplomatischen Vorgänge der damaligen Zeit.

Golowitsch betonte, dass nicht alle ÖVP-Politiker Südtirol verraten hätten. Aber auch die nachmalige Regierung Josef Klaus spielte in Sachen Südtirol eine denkbar unrühmliche Rolle. Das Südtirol-Problem sollte so schnell als möglich vom Tisch. Italien hatte spätestens 1969 von Österreich nachhaltige Maßnahmen gegen die Südtiroler Freiheitskämpfer gefordert – unter anderem eine Änderung der österreichischen Rechtsordnung, Vorbeugehaft gegen Südtirolaktivisten und das Verbot weiterer Pro-Südtirol-Kundgebungen.

Da dies alles eng mit der italienischen Zustimmung für einen österreichischen Beitritt zur EWG verknüpft war, waren im Besonderen die Regierung Klaus und darin Staatssekretär Franz Hetzenauer (ÖVP) bemüht, diesen Forderungen uneingeschränkt und auf Kosten Südtirols nachzukommen. Wie sehr man vor einer Aufdeckung dieser schmutzigen Vorgangsweise auf österreichischer Seite und dem damit aufkommenden Druck aus der Bevölkerung Angst hatte, legt Golowitsch in seinem Werk ebenso dar.

Die Zeitzeugen am Podium bestätigten mit ihren persönlichen Erfahrungen die Erkenntnisse Golowitschs. Unter anderen bereicherten Oberst Dr. Hubert Speckner und der Südtirolaktivist Egon Kufner mit ihren Ausführungen zum Fall Porzescharte den Abend. Langjährigen Protagonisten spannten den Bogen indes bis in die heutige Zeit, darunter Eva Klotz, Bruno Hosp und Franz Pahl. Letzterer meinte abschließend: Die SVP hat in entscheidenden Phasen der Südtiroler Geschichte nicht nur, aber doch auch versagt.

Dr. Golowitschs Werk „Südtirol – Opfer politischer Erpressung“ wurde durch den ehemaligen Österreich-Korrespondenten der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) und heutigen Historiker und Publizisten Prof. Dr. Reinhard Olt rezensiert.

Soweit der Bericht von „Unser Tirol“.

Die Einführungsrede von Prof. Dr. Reinhard Olt

Die Einführungsrede hatte Prof. Dr. Reinhard Olt, ehemaliger Österreich-Korrespondent der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ und heutiger Historiker und Publizist, gehalten. Er sagte unter anderem:

„Ob unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg tatsächlich die Chance für das in vielfachen eindrücklichen Willensbekundungen der Bevölkerung zum Ausdruck gebrachte Verlangen nach Wiedervereinigung des 1918/19 geteilten Tirols bestand, ist umstritten. Allem Anschein nach fügte sich der österreichische Außenminister Karl Gruber 1946 in Paris (Abkommen vom 5. September) ebenso seinem italienischen Gegenüber Alcide De Gasperi wie den drängenden Siegermächten. Es waren jedoch nicht allein die damaligen Unzulänglichkeiten, die  schließlich ein anderes als das von den (Süd-)Tirolern erhoffte Ergebnis zeitigten. Die abgeschlossene, aus drei voluminösen Bänden bestehende Dokumentation Helmut Golowitschs zeigt, dass auch hinter den Kulissen Akteure emsig und weitgehend inkognito am Geschehen beteiligt waren.

Alle Bücher sind im Stocker-Verlag erhältlich.

So übte der Kärntner Unternehmer Rudolf Moser, enger Freund Kanzler Leopold Figls, einen  fatalen Einfluss aus. Der absolut diskret agierende Moser eignete sich mit seinen vielfältigen Italien-Beziehungen nach 1945 geradezu ideal für die Aufnahme, Pflege und Aufrechterhaltung einer trotz Südtirol-Unbill dennoch äußerst belastbaren Verbindung zwischen ÖVP und Democrazia Cristiana (DC), die sich weltanschaulich ohnedies nahestanden. Dazu passte, dass er sich der Rolle des (partei)politischen Postillons und verdeckt arbeitenden Unterhändlers mit geradezu missionarischem Eifer hingab. Während nämlich die österreichische Bundesregierung offiziell – besonders Kanzler Figl – die Selbstbestimmungslösung mittels Volksabstimmung verlangte, was Außenminister Gruber gegenüber den Siegermächten und dem Vertreter Italiens in Paris bis dahin einigermaßen aufrecht erhalten hatte, wurde Rom auf der Ebene parteipolitischer Beziehungen via Moser vertraulich darüber in Kenntnis gesetzt, dass sich Wien gegebenenfalls auch mit einer Autonomielösung anstelle eines Plebiszits einverstanden erklären könne.

Dieses widersprüchliche politische Gebaren sollte sich, wie Golowitsch zeigt, bis in die für das österreichisch-italienische Verhältnis äußerst schwierigen 1960er Jahre fortsetzen, unter der ÖVP-Alleinregierung unter Josef Klaus ihren Kulminationspunkt erreichen  und darüber hinaus gleichsam eine politische Konstante bilden, der in aller Regel die beanspruchte Schutz(macht)funktion Österreichs für Südtirol untergeordnet worden ist. Allen damals führenden ÖVP-Granden stand Moser als emsig bemühtes, lautlos wirkendes Faktotum zur Seite. Sein Engagement ging so weit, dass er sich nicht scheute, daran mitzuwirken, hinter dem Rücken des damaligen Außenministers Bruno Kreisky (SPÖ) sozusagen „christdemokratische Geheimdiplomatie“ zu betreiben. Während des gesamten Zeitraums, für die Golowitschs Dokumentation steht, agierten ÖVP-Kanzler und ÖVP-Parteiführung unter gänzlichem Umgehen der dem südlichen Landesteil naturgemäß zugetanen Tiroler ÖVP. Der legendäre Landeshauptmann Eduard Wallnöfer zog deshalb ernsthaft eine „Unabhängige Tiroler Volkspartei“ nach CSU-Muster in Bayern in Erwägung.

Ging es Golowitsch in Band 1 („Südtirol – Opfer für das westliche Bündnis. Wie sich die österreichische Politik ein unliebsames Problem vom Hals schaffte“) darum, aufzuzeigen wie es Rom gewissermaßen unter Mithilfe aus Wien ermöglicht wurde, die betrügerische Scheinautonomie von 1948 zu verfügen und wie das „demokratische Italien“ unter Führung der DC skrupellos die faschistische Politik der Entnationalisierung der Südtiroler fortsetzte, so steht in den Bänden 2 ( „Südtirol – Opfer geheimer Parteipolitik“)  und 3 („Südtirol – Opfer politischer Erpressung“ ) das geheime Zusammenspiel zwischen ÖVP und DC sozusagen en Detail im Mittelpunkt. Dies insbesondere während der für den hauptsächlich vom „Befreiungsausschuß Südtirol“ (BAS) mit anderen als „nur“ politischen Mitteln von Mitte der 1950er bis Ende der 1960er Jahre und gelegentlich darüber hinaus getragenen Freiheitskampf. Hierin zeigt Golowitsch Punkt für Punkt die – ja, man muss es in aller Deutlichkeit  vermerken – Ergebenheitspolitik der ÖVP(-geführten respektive Allein-)Regierung(en) gegenüber Italien anhand getroffener geheimer Absprachen zwischen ÖVP- und DC-Politikern auf.

Dies zeigte sich insbesondere zufolge des sogenannten „Porzescharten-Attentats“, bei dem angeblich vier italienische Militärs zu Tode gekommen sein sollen. Aufgrund überzeugender Archivstudien und Analysen des (Militär-)Historikers Hubert Speckner sowie dreier Gutachten öffentlich bestellter und vereidigter Spreng(mittel)sachverständiger besteht indes heute kein ernstzunehmender Zweifel mehr daran, dass die offizielle Geschehensdarstellung für dieses „Attentat, das keines war“, wie ich es stets nenne, als Konstrukt italienischer Dienste gelten muss. Golowitsch breitet Speckners Erkenntnisse in seiner eingängigen Dokumentation noch einmal minutiös und detailreich vor uns aus.

Was folgt aus all dem? Der BAS hat 1967 auf der Porzescharte kein Attentat verübt. Die dafür verantwortlich gemachten Personen (Prof. Dr. med. Erhard Hartung, Egon Kufner sowie der bereits verstorbene Peter Kienesberger) sind in dieser Sache zu Unrecht verfolgt und von Italien zu gewissenlosen Terroristen gestempelt worden. Mehr als ein halbes Jahrhundert nach dem Geschehen, das sich offenkundig anders denn offiziell dargestellt abspielte, wäre es an der Zeit, das florentinische Schandurteil aus der Welt zu schaffen, mit denen sie gänzlich wahrheits- und rechtswidrig für eine offenkundig nicht begangene Tat verurteilt und damit zu blutrünstigen Mördern gestempelt worden sind. Es versteht sich daher eigentlich von selbst, dass die trotz Freispruchs (in Österreich) nach wie vor mit dem Makel der Täterschaft behafteten und in ihrer persönlichen (Reise-)Freiheit eingeschränkten Personen endlich offiziell und überdies öffentlich vernehmlich zu rehabilitieren sind.

Doch mehrere aus der FPÖ-Nationalratsfraktion heraus an den damaligen Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) sowie den vormaligen Bundespräsidenten Heinz Fischer gerichtete Versuche erwiesen sich als ergebnislos. Fischer verwies die „Betroffenen“, deren Taten – seien sie bewiesen oder unbewiesen; seien sie begangen oder nichtbegangen; seien sie von BAS-Aktivisten verübt oder diesen durch italienische Manipulationen unterschoben worden – bereits ein halbes Jahrhundert und länger zurückliegen, darauf, sie sollten doch bitteschön Gnadengesuche einreichen. Mit Verlaub – das ist Chuzpe, wie mein jüdischer Freund, der Hitoriker Michael Wolffsohn sagen würde. Die zu Unrecht  beschuldigten und zudem menschenrechtswidrig – wie österreichische und deutsche Höchstgerichte feststellten – in Florenz Verurteilten der „Causa Porzescharte“ wären doch von allen guten Geistern verlassen, so sie um Gnade bettelten für eine Tat, die sie nicht begangen haben. Dass indes maßgebliche Organe der Republik Österreich, die sich damals schon hasenfüßig und Italien gegenüber unterwürfig verhielten, auch mehr als 50 Jahre danach noch ihrer Fürsorgepflicht für zwei ihrer jahrelang politisch und justitiell verfolgten Staatsbürger (offenkundig) nicht nachkommen (wollen), darf man mit Fug und Recht eine Schande nennen.

Unschöne  Vorgehensweisen stehen im Zentrum von Helmut Golowitschs Dokumentation zur Südtiroler Zeitgeschichte, welche  den Maximen von Wahrheit und Gerechtigkeit verpflichtet ist. Seine Tatsachenschilderung und Beschreibung der Zusammenhänge in einer quellengesättigten, dreibändigen historisch-politischen Darstellung führt zu einer notwendigen vertieften, korrigierenden Sicht auf die österreichische  Südtirolpolitik, der weite Verbreitung zu wünschen ist.“

Die Podiumsdiskussion

Dr. Franz Pahl

In der Podiumsdiskussion erklärte der Zeitzeuge, ehemalige SVP-Landesjugendsekretär, Landtags- und Regionalratsabgeordneter und  Präsident des Regionalrats Trentino-Südtirol, Dr. Franz Pahl, Folgendes:

„Der Autor Dr. Helmut Golowitsch hat mit seinem Werk „Südtirol, Opfer politischer Erpressung“ erneut ein außerordentlich tiefschürfendes Werk wissenschaftlicher Unbestechlichkeit vorgelegt. Wieder ist es sein großes Verdienst, für die Erforschung der Südtirolpolitik in ihrem Zusammenhang mit der österreichischen Staatspolitik, viele bisher in der Forschung nicht bekannte Dokumente auszuwerten, die andere Historiker, oft aus ideologischen Vorbehalten oder akademischer Ängstlichkeit, außer Acht ließen oder gar nicht sehen wollten, obwohl sehr viele davon im Tiroler Landesarchiv und im österreichischen Staatsarchiv zur Verfügung stünden.

Der Autor zeichnet detailliert nach, wie sich der nationalistisch-faschistische Geist in der italienischen Nachkriegspolitik gegenüber Südtirol weiter austobte und in einer Repression ohnegleichen fortsetzte. Mit gutem Grund macht er deutlich, wie fatal sich die österreichische Haltung der unterwürfigen Nachgiebigkeit zu Lasten der Südtiroler auswirkte.

Auf der italienischen Seite blieb die Grundlage des faschistischen Denkens trotz offizieller Ablehnung des Faschismus lebendig. Das „Manifesto della Razza“, das Rassemanifest des Faschismus, das namhafte italienische Wissenschaftler unterzeichneten, blieb als Denkvorstellung erhalten. Im Manifest war die „razza italiana“, die „italienische Rasse“ als eigenständige Rasse mit „edlen Merkmalen“ innerhalb der „europäischen Rassen“ hervorgehoben worden. Auf dem „Boden des heiligen Vaterlandes“ Italien duldete dieses Denken keine Minderheit, die nicht bereit war, sich an die „italienische Rasse“ anzupassen. Darum wurden die Südtiroler bekämpft und sollten durch Überfremdung in die Ecke gedrängt und langfristig als Minderheit assimiliert werden.

Das faschistische Rassenmanifest wurde unter der Schlagzeile „Il fascismo e i problemi della razza” („Der Faschismus und die Probleme der Rasse”) im „Il Giornale d’Italia” vom 14 Juli 1938 veröffentlicht.

Dieses Staatsziel ist in allen politischen Handlungen sichtbar. Polizeigewalt, administrative Zwangsmaßnahmen, volle Refaschstisierung in der Verwaltung durch die Wiedereinsetzung der faschistischen Beamten war nur die konsequente Folge. Wer sich dagegen offen wehrte, in den Sechzigerjahren ab der „Feuernacht“ – vereinzelt gab es Aktionen schon vorher -war als „Terrorist“ ein Staatsfeind, den man nach Belieben foltern und nach den Gepflogenheiten des „Codice Rocco“ (faschistisches Strafgesetzbuch) in Schauprozessen aburteilen konnte.

Von vorneherein war der „Pariser Vertrag“ mit seiner Autonomieverpflichtung nur ein lästiges Hindernis, dessen man sich 1948 mit einer Scheinautonomie in der Großregion „Trentino-Tiroler Etschland“ bei wenigen Kompetenzen für den Südtiroler Landtag zu entledigen versuchte.

Das alles wäre nicht so leicht möglich gewesen, wenn nicht der Staat Österreich dieser Politik durch Nachgeben, Verzicht und Anbiederung entgegengekommen wäre.

In der österreichischen Politik ragt nur die Person des Sozialisten Bruno Kreisky hervor, der als Außenminister in der Regierung Klaus eine entschiedene Haltung einnahm und das Südtirolproblem gegen den Willen von Klaus vor die Vereinten Nationen brachte.

Der SVP-Politiker Dr. Franz Pahl bescheinigt dem ehemaligen österreichischen Außenminister Dr. Bruno Kreisky – zu Recht – eine herausragende Gestalt in der österreichischen Südtirol-Politik gewesen zu sein.

In der ÖVP wurde von allem Anfang eine grundlegend andere Politik vertreten. Der anfänglichen Forderung nach Rückkehr Südtirols zu Österreich folgte schon unter Bundeskanzler Figl der heimliche Verzicht auf Südtirol, und Klaus setzte diese Politik noch dezidierter fort. Mit Hilfe seines Vertrauten Moser, der sich mit der DC gemein machte, wurde Südtirol und die Tiroler Landesregierung hintergangen, ausgespielt und betrogen.

Diese Haltung der Bundes-ÖVP beschränkte sich nicht auf eine einzelne kurze Epoche, sie ist vielmehr ein bedenkliches Charakteristikum, eine Denklinie, die die ÖVP ab 1946 beherrschte. Diese Linie wurde nie selbstkritisch durchleuchtet und setzt sich bis heute fort.

Das erfuhren die Südtiroler, als nach dem kurzen Intermezzo der ÖVP-FPÖ-Koalition 2017-19 die Bereitschaft zur Wiederverleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an die Südtiroler sofort von der politischen Agenda verschwand, als die Koalition mit den Grünen geschlossen wurde. Die ÖVP ließ den Punkt einfach fallen, obwohl es ja leicht gewesen wäre, diese Frage nicht an die Koalition zu binden, sondern sie als koalitionsfreies Anliegen weiterzuverfolgen. Doch Kanzler Kurz hatte bereits auf die erste Kritik des nationalistischen Präsidenten des Europaparlaments, des Italieners Antonio Tajani, bei einem beschwichtigenden Besuch versichert, Österreich werde dieses Anliegen natürlich nur in Absprache mit Italien Gesetz werden lassen. Tajani war kein Vertreter der italienischen Regierung und hatte darum ohnehin kein Recht, sich in die österreichische Souveränität einzumischen. Was Kurz einräumte, war im Klartext ein Bruch der Vereinbarung im Koalitionsprogramm. Innenminister Kickl hätte das Anliegen trotzdem durchgesetzt, wenn nicht andere Ereignisse die Koalition 2019 beendet hätten. Doch auch die gegenwärtige SVP-Führung unternahm und unternimmt nur wenig, um das Anliegen, das sie 2012 auf dem Landesparteitag reklamierte, offensiv zu vertreten.

Das angebliche „Herzensanliegen Südtirol“, das so oft im Munde geführt wird, war in der Geschichte der ÖVP-Staatspolitik, wenn es darauf ankam, meist eine politische Lebenslüge.

Doch auch die SVP war unter dem ersten Obmann Erich Amonn von gleichem Geist des Nachgebens, der Anpassung und feigen Aufgabe der Grundziele der Südtirolpolitik gekennzeichnet. Amonn unterzeichnete eine Vereinbarung mit dem Präfekten De Angelis, worin er sich für die SVP zur Kooperation mit dem CLN, dem „Comitato de Liberazione Nazionale“, gefügig bereiterklärte. Das führte zum Verzicht auf eine ernsthafte Forderungspolitik. Der damalige SVP-Obmann Erich Amonn und noch mehr sein Generalsekretär Raffeiner kritisierten sogar rückhaltlos jeden Protest gegen die italienische Südtirolpolitik, verhinderten Protestkundgebungen und suchten alle Kräfte, die eine offensive Südtirolpolitik wollten, zu sabotieren. Das gelang nicht durchgehend. Parteisekretär Toni Ebner und der aus Dachau heimgekehrte Organisationsleiter der SVP, Friedl Volgger, widersetzten sich, konnten sich aber aufgrund ihrer untergeordneten Ämter nicht durchsetzen.

Italienische „Nachkriegspartisanen“ in Bozen.

Als sich unter den Augen der amerikanischen Besatzungsmacht die Nachkriegspartisanen, die es zuvor in Südtirols unter der deutschen Besatzung gar nicht gegeben hatte, als blindwütige Rächer  auf Südtirol stürzten (Brigade Val Cordevole), in über fünfzig Südtiroler Dörfer raubend, gewalttägig und sogar mordend einbrachen, blieb der Protest der SVP aus. Sogar als der Wolkensteiner Bürgermeister Adols Senoner und weitere vier Grödner, der Lehrer Engelbert Ploner, Gabriel Rifesser, Kosman Demetz und Josef Pitscheider, verschleppt, gefoltert und im Walde von Pescul auf bellunesischer Seite ermordet wurden, gab es ebenso wenig einen harten, offenen Protest. Bis heute wird, wohl aus einem unterschwellig schlechten Gewissen heraus, nirgendwo in Südtirol jener unschuldigen Opfer der postfaschistischen Terrors gedacht, obwohl die SVP jährlich Andreas Hofers gedenkt, des Tiroler Helden, der den Italienern nicht wehtut und längst Geschichte ist.

Es gab zuvor auch schon Opfer des Nationalsozialismus, an die wiederum nur sehr selektiv erinnert wird. Josef Noldin und Angela Nicoletti und das Opfer des nationalsozialistischen Terrors, Josef Mayr-Nusser, sind in der Erinnerung geblieben, andere Opfer, wie die Südtiroler Wehrmachtssoldaten Markus Dapunt und Alois Alfreider (beide Ladiner), die standrechtlich erschossen wurden, werden als Opfer ausgeblendet. Die bedenklichen Lücken in der politischen Erinnerungskultur zeigen eine Linie der politisch-moralischen Schwäche auf, die nie bewusst gemacht und darum auch nie korrigiert wurde. Die Opfer jener Ereignisse haben keine Denkmäler, nicht einmal Erinnerungstafeln, und keinen Platz im südtirolhistorischen Gedenken der SVP und damit auch nicht in der Bevölkerung.

Doch der SVP-Obmann Amonn war Bozner Kaufmann mit geschäftlichen Interessen, und angesichts der italienischen Praxis willkürlicher Schließungen deutscher Unternehmen setzte er seine Familieninteressen über seine politischen Grundverpflichtungen. Die eigenen Interessen hätte er ruhig verfolgen dürfen, sie aber nicht mit dem Amt des Obmannes der SVP verquicken und das Amt damit auszuhöhlen. Die jüngste Biografie der Historiker Hans Heiss und Stefan Lechner über Amonn lassen seine Haltung zwar durchaus erkennbar werden, verteidigen sie aber indirekt. Die politische Haltung Amonns wird nicht hinreichend kritisch durchleuchtet. Amonn trat, wie auch Heiss anführt, sogar ganz vehement gegen jede Politik der Lostrennung Südtirols von Italien auf. Wer dies wolle, habe „keinen Platz“ in der SVP. Besser konnte man die nationalistischen Interessen Italiens gar nicht vertreten.

Auch in der SVP-Politik herrschte weitgehend eine Denklinie vor, die nicht annähernd ihre demokratischen Protestmittel ausschöpfte. Verständlicherweise konnte sich die SVP nur legaler Mittel bedienen und musste angesichts italienischer Drohungen auch den „Terrorismus“, der ein Freiheitskampf war, verurteilen. Als aber die Nachrichten von den Folterungen der Häftlinge nicht nur durchsickerten, sondern der Parteiführung unter Magnago auch offiziell durch Häftlingsbriefe bekanntgemacht wurden, gab es kein zweites Sigmundskron, keine einzige öffentliche Protestkundgebung, keinen Versuch, mit allen legalen Mitteln zu protestieren. Das war ein großes moralisches und politisches Versagen der SVP.

Nicht anders in Österreich unter der Alleinregierung Klaus. Deren Konsulate nahmen ihre Schutzpflicht nicht wahr und verhielten sich anbiedernd. Menschenrechte waren Nebensache, wenn sie durch Italien verletzt wurden.

Bis heute sind diese verhängnisvollen Denkstrukturen nie beim Namen genannt, in den betroffenen Parteien selbst nie offen durchleuchtet, und, seltsamerweise, auch nicht von der sonst so moralisch-eifrigen veröffentlichten Meinung durchleuchtet worden. Es gibt einzelne Historiker, die Teile der politischen Nachkriegsgeschichte Südtirols, die immer SVP- und österreichische Staatsgeschichte ist, durchleuchtet haben. Stellvertretend sei der Name des Historikers Michael Gehler genannt.

Doch der Autor Helmut Golowitsch erweist sich erneut als unerschrockener Erforscher der unbequemen historischen Wahrheit, ungeachtet des sich zu oft anpassenden akademischen Meinungsbildes. Sein großes Verdienst, auch die bittersten Vorkommnisse der Südtirolgeschichte zu beleuchten, die immer wirksamen, anbiedernden Denkstrukturen in Parteien zu erhellen, ist Merkmal seiner Forschungen. Dafür mögen ihm unsere und die kommenden Generationen dankbar sein.“

Georg Dattenböck

Der Herausgeber des „Südtirol Informationsdienstes“ (SID), Georg Dattenböck, berichtete im Anschluss an den Vortrag des Buchautors, wie er vergeblich versucht hatte, bezahlte Werbung für das Buch in bedeutenden österreichischen Tageszeitungen unterzubringen.

Er war auf eine Mauer des Schweigens und Verschweigens gestoßen, die offenbar von oben her von politischer Seite verordnet worden war. Eine bedeutende österreichische Tageszeitung hatte bereits das Inserat akzeptiert, dann jedoch die Annahme auf direkte Weisung des Chefredakteurs widerrufen. Andere Zeitungen hatten einfach nicht geantwortet. In der Folge sei es jedoch gelungen in „alternativen Medien“ im Internet diese Schweigespirale zu durchbrechen. Hier dankte Dattenböck vor allem dem Historiker und Publizisten Prof. Dr. Reinhard Olt.

Dr. Bruno Hosp

Der ehemalige Abgeordnete zum Südtiroler Landtag und Regionalratsabgeordnete, Landeskommandant des „Südtiroler Schützenbundes“, Bürgermeister von Ritten, SVP-Landessekretär, Landesrat und Vizepräsident der „Föderalistischen Union Europäischer Volksgruppen“, Dr. Bruno Hosp, berichtet in einem Vorwort zu dem vorliegenden Dokumentarwerk unter anderem, wie er als junger Student die nach Österreich geflüchteten Freiheitskämpfer Luis Amplatz und Georg Klotz unterstützte und deren Behandlung durch die österreichischen Behörden kennenlernen musste. In der Diskussion stellte die Bedeutung des vorliegenden beweiskräftigen Originalmaterials heraus und verwies auch auf seinen eigenen zeitgeschichtlichen Beitrag in dem Buch.

Dieses Bild zeigt den damaligen Studenten Bruno Hosp, wie er seinen Freund Georg Klotz im österreichischen Exil besuchte.

Dr. Eva Klotz

Die Tochter des legendären Freiheitskämpfers Georg Klotz und ehemalige Gemeinderätin in Bozen sowie Südtiroler Landtagsabgeordnete Dr. Eva Klotz, berichtete als Zeitzeugin, wie sie bei Besuchen in Österreich das Elend ihres Vaters im Exil und dessen Behandlung durch die Behörden hatte sehen müssen.

Roland Lang

Der Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB), Roland Lang, stellte als Mitveranstalter der Buchpräsentation die Bedeutung dieser Dokumentation heraus. Die künftige Geschichtsschreibung werde an diesen dokumentarisch untermauerten Forschungsergebnissen nicht vorbei gehen können. Daher sei diese Arbeit so wertvoll und er müsse als Südtiroler dem Autor hierfür danken.

Egon Kufner

Der ehemalige Freiheitskämpfer und betroffene Zeitzeuge Egon Kufner berichtete über die menschenrechtswidrigen Haftbedingungen, denen er als Untersuchungshäftling im „Porzescharte“-Prozess in Österreich hilflos ausgeliefert war. Er schilderte dann die Unterschlagung von Beweismitteln in dem durch das Innenministerium und andere Rechtsverletzungen. Letztendlich wurden er und seine Mitangeklagten in einem wiederholten Verfahren dann endgültig freigesprochen, weil Sachverständigengutachten bewiesen hatten, dass sie nicht als „Täter“ in Frage kamen.

Univ.-Prof. Dr. Erhard Hartung

Im Publikum saß Universitätsprofessor Dr. Erhard Hartung, der von zahlreichen Besuchern auf seine Erlebnisse angesprochen wurde. Er war ebenso wie Egon Kufner im „Porzescharte“-Prozess in Österreich den geschilderten Rechtsverletzungen ausgeliefert gewesen. Auch er wurde im wiederholten Prozess in Österreich dann rechtsgültig freigesprochen und durch die späteren Untersuchungen des Historikers Oberst. Mag. Dr. Speckner und die Gutachten der Sprengsachverständigen nochmals vollständig rehabilitiert, weil auch er aufgrund der materiellen Sachlage als „Täter“ auszuschließen war.

Oberst Mag. Dr. Hubert Speckner

Bereits am 2013 hatte der österreichische Historiker Oberst Mag. Dr. Hubert Speckner einem interessierten Fachpublikum in Wien ein neues Buch brisanten Inhalts vorgestellt.

In der Dokumentation „Zwischen Porze und Roßkarspitz …“ hatte Speckner anhand bislang verborgener sicherheitsdienstlicher österreichischer Archivalien und mithilfe persönlicher „Tatort“-Begehungen und der Beiziehung von Sprengsachverständigen und anhand von deren Gutachten nachweisen können, dass ein angeblicher Anschlag österreichischer Täter auf der Porzescharte mit vier italienischen Opfern am 25. Juni 1967 nicht so stattgefunden haben konnte, wie es die offiziellen italienischen Darstellungen behaupteten.

Zudem konnten die von Italien beschuldigten und in der Folge in Italien in Abwesenheit verurteilten Österreicher Speckners Untersuchungen zufolge auf keinen Fall die „Täter“ gewesen sein. Alles sprach vielmehr für ein Konstrukt italienischer Geheimdienste.

Speckners mittlerweile durch Sprengsachverständige bestätigten Erkenntnisse bilden eine wesentliche Grundlage für die Dokumentation des Autors Dr. Golowitsch und werden in dessen Werk nochmals akribisch dem Leser unterbreitet.

In der Podiumsdiskussion nahm Dr. Speckner nur bescheiden und sehr kurz zu seinen eigenen Verdiensten Stellung. Andere Diskussionsteilnehmer und auch der Buchautor Dr. Golowitsch unterstrichen jedoch die Bedeutung seiner Forschungsergebnisse und dankten ihm dafür.

Bestellung des Buches

Das Helmut Golowitschs Werk „Südtirol – Opfer politischer Erpressung“ kann im gutem Buchhandel und über den Stocker-Verlag bezogen werden.




Des Sandwirts letzte Heimkehr

Die Zitadelle in Mantua war der Endpunkt im Lebensweg des Passeier Sandwirts Andreas Hofer: er wurde dort am Montag, 20.2.1810 erschossen und im Friedhof von St. Michael begraben. Die Vorgänge nach der Exhumierung seiner Gebeine und deren Überführung nach Innsbruck, sind bekannt, doch heute weitgehend vergessen – zu Unrecht! Erstaunen löst heute noch die Behandlung jener fünf patriotischen österreichischen Kaiserjägeroffiziere durch den „Wiener Hof“ aus, die aus uneigennützigen, edlen Motiven Hofers Gebeine in die Heimat zurückbringen wollten. Der Kaiser selbst besuchte bereits 1816 das Grab des Sandwirts.

Von Georg Dattenböck

Das Schicksal für Andreas Hofer und Tirol hat einen Namen: Napoleon! Bereits General, wurde Napoleon am 9.11.1799 erster Konsul der Französischen Republik. In Gegenwart von Papst Pius VII. krönte er sich selbst am 2.12.1804 in der Kathedrale Notre Dame de Paris zum Kaiser der Franzosen und errichtete ein brutales Regime, welches in den unterworfenen Völkern Europas verhasst war. Sein Größenwahn forderte „etwa 4,7 Millionen Kriegstote und mehr als eine Million zivile Opfer“ (Bernhard Mertelseder/Brigitte Mazohl/Johannes Weber: „1809 – und danach? Über die Allgegenwart der Vergangenheit in Tirol“; S. 9, Bozen 2009). Jedoch noch heute wird der mit diesem Blut von Unschuldigen befleckte Mann von vielen unkritisch und tief verehrt.

Einige Verzweifelte wollten den Tyrannen persönlich beseitigen: Am 2.5.1809, als Napoleon in das Kloster Lambach (Oberösterreich) mit seinem Gefolge in bester Stimmung einreiten wollte, verhinderte der Priester Koloman Fellner in letzter Sekunde ein Attentat durch den Scharfschützen und Büchsenmacher Scherhauf, der vom Torturm des Stiftes aus Napoleon erschießen wollte. (Friedrich Ilk: „Stift und Markt Lambach während der französischen Einfälle 1800-1809; in: „Euro-Journal“, S. 31ff, Puchenau 1996).

Während einer Siegesparade der Franzosen in Schönbrunn versuchte am 12.10.1809 der junge Friedrich Gottlieb Staps aus Naumburg/Saale den Korsen mit einem Messer zu töten. Sein Plan mißlang, Staps wurde festgenommen und, nach einem persönlichen Verhör durch Napoleon, in Wien erschossen. Er starb angeblich mit dem Ruf: „Es lebe die Freiheit! Es lebe Deutschland! Tod seinem Tyrannen!“ (Wikipedia > Friedrich Gottlieb Staps).

Die Hinrichtung von Johann Philipp Palm in Braunau/I. in einer zeitgenössischen Darstellung.

Johann Philipp Palm war Buchhändler in Nürnberg. Er veröffentlichte eine gegen Napoleon gerichtete 144-seitige Schrift „Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung“ und wurde dafür durch ein französisches Militärgericht zum Tode verurteilt. Palm verschwieg bis zu seinem Ende den wahren Verfasser der Schrift. Bei seiner Erschießung am 26.8.1806 in Braunau/Inn wurde er zweimal durch Schüsse nur verwundet, erst im dritten Versuch wurde er durch einen „Gnadenschuss“ getötet. Sein Tod löste in Deutschland große Erschütterung aus.

Die nötigen Geldmittel zum Führen seiner Kriege beschaffte sich Napoleon u.a. im Frühjahr 1798 durch den Überfall auf die Schweizer Eidgenossenschaft mit deren Unterwerfung und Ausplünderung. In all seinen folgenden Angriffskriegen in Europa ging er mit gleicher Brutalität gegen die jeweiligen Länder und Völker vor – siehe dazu z.B. das erste Auftreten der raubenden und mordenden Scharen Napoleons bei deren Angriff auf Welschtirol 1796 (Meinrad Pizzini: „Andreas Hofer“, S. 43ff, Wien 1984).

Nach seinem „Blitzkrieg“ gegen Frankreich stand am Sonntag, 23. Juni 1940, ein geistesverwandter Diktator an Napoleons Sarkophag in Paris und erwies ihm die Ehre. Sowohl Napoleon, als auch Hitler, scheiterten in ihrer grenzenlosen Hybris vor bzw. in Moskau. Beiden war auch gemeinsam, daß sie das Land Tirol vernichten wollten: Napoleon durch mehrere brutale Angriffskriege und die erstmals erfolgte territoriale Zerstückelung, Hitler durch den mit Mussolini abgeschlossenen Vertrag über die Aussiedelung der Südtiroler und mit der Anerkennung der Teilung Tirols. Beide Verbrechen scheiterten und jeweils unter schwersten Opfern der Tiroler.

Der Hass Napoleons auf die Tiroler wegen deren zähen Widerstandes war groß: nach der Niederlage des österreichischen Heeres bei Wagram wurde am 12.7.1809 ein Waffenstillstand vereinbart, wo im Punkt vier bestimmt wurde, Tirol von österr. Truppen zu räumen. Karl Paulin schrieb dazu („Das Leben Andreas Hofers“ S. 70ff, 2. Aufl., Innsbruck 1952):

„In der Härte dieses Vertragspunktes spiegelte sich der Haß Napoleons gegen Tirol (…). Wie tief den Stolz des sieggewohnten Schlachtenlenkers das zweimalige erfolgreiche Aufbäumen des kleinen Bergvolkes gegen die Große Armee und ihre Verbündeten getroffen hatte, bewies sein von brutalem Vernichtungswillen diktierter Befehl an den Ende Juli wieder in Tirol einrückenden Marschall Lefebvre: ‚Meine Absicht ist, daß Sie (…) in den tirolischen Bezirken 150 Geiseln fordern und wenigstens sechs große Dörfer sowie Häuser der Führer plündern und niederbrennen lassen und daß Sie erklären, das Land würde in Blut und Eisen aufgehen, wenn nicht alle Gewehre, wenigstens 18.000, abgeliefert würden. Sie haben die Macht in Händen, seien Sie schrecklich und handeln Sie so, daß man einen Teil der Truppen aus dem Land ziehen kann, ohne fürchten zu müssen, daß die Tiroler wieder anfangen‘ (…) Nach diesem Blutbefehl muß man es geradezu als ein Glück betrachten, daß die ausführenden Persönlichkeiten menschlicher dachten und handelten als ihr Gebieter (…)“.

Der berühmte spanische Maler Francisco de Goya malte 1814 aus seiner Erinnerung das Bild „Erschießung der Aufständischen“. Es wurde zu einem Symbolbild für Napoleons Terrorherrschaft. Man sieht bereits Erschossene in ihrem Blut liegen, der Mann im weißen Hemd streckt verzweifelt und flehentlich die Arme aus, er wird in der nächsten Sekunde ebenfalls tot sein.

Kurzdarstellung von Hofers Lebensweg im Rahmen der Geschichte

 Napoleon schien unbesiegbar zu sein: immer wieder schlugen seine mit hervorragender Taktik, überlegener Militärstrategie und großem Elan geführten Armeen die Österreicher ab 1792 in den sogenannten „Koalitionskriegen“.

Die ebenfalls unterworfenen deutschen Fürsten wurden willige Vasallen, deren Territorien umfassten den größten Teil der heutigen BRD. Sie stellten Napoleon auch die unfreiwilligen Massen an deutschen Soldaten zur Verfügung. Besonders schicksalshaft für Tirol war die Herrschaft Napoleons über die unterworfenen Bayern.

1796 rückte Napoleon von Italien aus gegen Tirol vor. Andreas Hofer „stand als Korporal in einer Meraner Kompanie“ im Mai 1796 am Tonalepaß, um den Angriff abzuwehren (Andreas Oberhofer: „Der ‚Andere‘ Hofer. Der Mensch hinter dem Mythos“; S. 253, Innsbruck 2009).

1797 führte Hofer als Hauptmann 129 Passeirer Schützen in General Laudons Lager bei Meran, die Franzosen wurden zur Räumung Bozens gezwungen, setzten jedoch ihren Angriff auf Österreich mit dem Vormarsch bis in die Steiermark fort. Der folgende „Frieden von Campoformio“ beendete für kurze Zeit den Krieg.

Im „2. Koalitionskrieg“ (1799-1802) stürmten Napoleons Truppen bis nach Niederösterreich: der Fluß Erlauf wurde Demarkationslinie, der „Friede von Lunéville“ beendete diesen Kampf.

Im „3. Koalitionskrieg“ (1805) kapitulierten Österreichs Armeen bei Ulm, Napoleon zog weiter nach Wien und besetzte die Hauptstadt.

Erneut siegte Napoleon am 2.12.1805 in der „Dreikaiserschlacht“ bei Austerlitz in Böhmen. Mit dem für Österreich folgenden katastrophalen „Frieden von Preßburg“, wo drei Millionen Staatsbürger, sowie Venetien an Italien, Tirol und Vorarlberg an Bayern verloren gingen, wurde dieser Krieg beendet. Kaiser Franz I. schrieb, durchwegs glaubwürdig, an Tirols Landesgouverneur Graf v. Brandis (Paulin, w.o., S. 22):

„Gebieterische Umstände machten es mir zur Notwendigkeit, der Beherrschung des Landes Tirol zu entsagen. Wie schwer dieses Opfer meinem Herzen gefallen ist, wissen die biederen Tiroler ohnehin. Ich verliere keine Worte darüber, sie würden die Wunden nur aufreißen, welche die durch eine Reihe unglücklicher Ereignisse mir abgenötigte Trennung so wertgeschätzten Untertanen mir und ihnen schlug.“

Als Napoleon versuchte, Spanien und Portugal seiner Herrschaft zu unterwerfen, brachen in Katalonien, Navarra, dem Baskenland und in Kastilien Volksaufstände und ein Guerillakrieg aus, dem er militärisch vorerst kaum gewachsen war. Man sah diese Entwicklung in Österreich mit Rachegefühlen und mit großer Hoffnung und begann, wieder zu rüsten.

Auf starkes Betreiben von Erzherzog Johann wurde eine Landwehr aufgestellt. Erzherzog Karl wollte, nach französischem Vorbild, eine neue Armeeorganisation schaffen. Seine Generäle vermochten nicht, innerhalb kurzer Zeit umzudenken, ihren Kadavergehorsam abzulegen und selbständig zu handeln. Auch durch das Fehlen von Übungen war das Ergebnis, noch zusätzlich gelähmt durch Kompetenzstreitigkeiten, daß die österr. Armee, anstatt beweglicher zu werden, in eine Starrheit glitt, die ein Disponieren kaum ermöglichte (Militärhistoriker Prof. Rudolf W. Litschel: „Der Feldzug in Süddeutschland im April 1809“ in: „DSJ“1979, S. 374ff).

Der Kriegspartei am „Wiener Hof“ gehörte u.a. Graf Klemens Wenzel Lothar v. Metternich an, der als österr. Gesandter in Paris auch beim Kaiser in Wien immer einflussreicher wurde. Den Krieg gegen Napoleon finanzierten für Österreich die Bankiers Nathan Adam v. Arnstein, Bernhard Eskeles d. Jüngere, Moritz Fries, Johann Jakob Geymüller und das Bankhaus Rothschild, u.a. mit Lieferungen von Weizen, Pferden und Ausrüstungen.

Als der Krieg 1809 ausbrach, kam Metternich als 36-jähriger von Paris nach Wien zurück und löste den leitenden Minister Johann v. Stadion ab. Nur aus taktischen Motiven spielte Metternich mit den durch Napoleons Aggressionen ausgelösten nationalen Gedanken und Gefühlen in den europäischen Völkern. Nicht die kaiserliche Familie selbst, sondern Metternich und sein Gefolge am „Wiener Hof“ waren die Meister der Doppelzüngigkeit gegenüber den Tirolern mit sehr fatalen Folgen, vor allem für den Sandwirt. Die naiv-kindliche, absolute Treue Hofers zum Kaiserhaus schildert Paulin (w.o., s. 18):

„Wenn in seiner Gegenwart ein Wort über Kaiser Franz oder dessen Bruder, den hochverehrten Erzherzog Johann fiel, konnte Hofer bis zu Tränen gerührt werden. Aus dieser unbedingten Treue erwuchs auch das unerschütterliche Vertrauen des Sandwirts auf den Kaiser und sein Wort, das, als es getäuscht wurde, das Verhängnis des Landes und seines Oberkommandanten mit verursachte“.

Was der treue Hofer nicht wissen konnte und später auch nie wissen wollte war, daß der Kaiser als unpolitischer Mann fest von Metternich abhängig war, ihm das politische Agieren überließ. Der Kaiser war von Natur aus an der Pflanzenzucht und Planzenkunde und nicht an der Politik interessiert. Auch von Militär, Strategie und Taktik verstand er wenig, dies überließ er seinen Brüdern Johann und Karl. Der Kaiser war jedoch vom „Gottesgnadentum“ seiner alten Familie zutiefst überzeugt und wie Metternich lehnte er den Gedanken an Volksrechte entschieden ab. Nicht geheuchelt war jedoch seine tiefe Zuneigung zu den Tirolern, die sich in seinen Briefen niederschlug, wie z.B. der Brief v. 18.4.1809:

„Unter den Opfern, welche die widrigen Ereignisse im Jahre 1805 Mir abgenötiget haben, war, wie Ich es auch laut verkündiget habe, jenes, Mich von euch zu trennen, Meinem Herzen das empfindlichste; denn stets habe Ich an Euch gute, biedere, Meinem Hause innigst ergebene Kinder, sowie Ihr an Mir einen euch liebenden und Euch Wohl wünschenden Vater erkannt. (…) Ich zähle auf Euch, Ihr könnt auf mich zählen, und mit göttlichem Beistande soll Österreich und Tirol immer so vereinigt bleiben, wie es eine lange Reihe von Jahren hindurch vereiniget war“.

Der Vertraute Erzherzogs Johann, der junge Josef Freiherr v. Hormayr, ein gebürtiger Tiroler, organisierte von Wien aus den Tiroler Aufstand. Erzherzog Johann unterschrieb in Villach in Kärnten, wo er 1809 mit der Armee vor dem Einfall nach Tirol stand, ein von Hormayr verfertigtes Dokument, in dem er Tirol wieder zum österreichischen Territorium erklärte und jeden bewaffneten Tiroler als einen Angehörigen des österr. Aufgebotes und nicht als Rebell bezeichnete. Das hatte seine tiefere Ursache in der uralten Wehrverfassung Tirols:

 „Die Eigenart der Tiroler Wehrverfassung bestand bekanntlich darin, daß, während anderswo die altgermanische Landwehrpflicht nach dem Ende des 17. Jahrhunderts kaum mehr in Erscheinung trat, sie sich in Tirol ebenso wie in Vorarlberg bis ins 19. Jahrhundert hinein erhalten hat. Wenn dem Lande Tirol Feindesgefahr drohte, dann waren alle wehrfähigen männlichen Einwohner zum ‚Auszug‘ verpflichtet. Damit hing zusammen ihr Recht, Waffen zu tragen, in deren Gebrauch sie sich in Friedenszeiten auf den Schießständen übten. Dieses Aufgebot der Landstände, die Landmiliz, wie sie seit 1632 genannt wurde, durfte aber nicht außerhalb des Landes verwendet werden“ (Oswald v. Gschließer: „Zur Geschichte des stehenden Heeres in Tirol bis zur bayrischen Besetzung (1805)“; S. 1, Innsbruck).

In ganz Tirol erhoben sich 1809 die Schützen und verjagten die bayerischen Beamten und Militäreinheiten unter schweren Kämpfen und mit wechselndem Erfolg, wieder tat sich Andreas Hofer mit der Eroberung von Sterzing hervor. Napoleon holte zum Gegenschlag aus: er schickte Marschall Lefebvre mit zehntausend Mann nach Tirol. Es folgte am 25.5.1809 die zweite Berg-Isel-Schlacht, die Franzosen mussten Tirol wieder räumen. Ein mit schweren Opfern errungener Sieg der Tiroler Freiwilligenarmee!

Napoleon selbst stieß mit großer Heeresmacht nach Wien vor, wurde jedoch am 21./22.Mai 1809 bei Aspern, nördlich von Wien, von Erzherzog Karl besiegt. Der Kaiser schrieb begeistert nach diesem Sieg u.a. an die Tiroler:

 „Im Vertrauen auf Gott und Meine gerechte Sache, erkläre ich hiermit Meiner treuen Grafschaft Tyrol, mit Einschluß des Vorarlbergs, daß sie nie mehr von dem Körper des Österreichischen Kaiserstaates getrennt werden und daß Ich keinen anderen Frieden unterzeichnen werde als den, der dieses Land an Meine Monarchie unauslöslich knüpft (…)“

Anton Ritter v. Perger (1845): Napoleons Flucht über die Donau nach seiner Niederlage bei Aspern.

Dieses, mit Metternich nicht abgesprochene, briefliche und feierliche Versprechen des Kaisers, das er aufrichtig meinte, hatte psychologisch bei Hofer und seinen Tirolern weitreichende Folgen: Zweifel waren zukünftig ausgeräumt, denn ein Kaiser lügt nicht!

Doch Metternich dachte und handelte eiskalt: nach der von Erzherzog Karl wieder verlorenen Schlacht am 5./6. Juli 1809 bei Deutsch-Wagram (im Marchfeld bei Wien) und noch vor dem mit Napoleon vereinbarten „Frieden v. Schönbrunn“ (14.10.1809), schrieb er:

  „Welches immer die Bedingungen des Friedens sein werden, das Resultat wird immer darauf hinauslaufen, daß wir unsere Sicherheit nur in unserer Anschmiegung an das triumphierende französische System suchen können. Wir müssen also vom Tage des Friedens an unser System auf ausschließliches Lavieren, auf Ausweichen, auf Schmeicheln beschränken“.

Mit dieser Strategie Metternichs wurden Andreas Hofer mit seinen ahnungslosen Tirolern an die Wand gedrückt. Hofer konnte sich dieses Verhalten des „Wiener Hofes“ nie erklären und er akzeptierte auch nie die Wahrheit, daß das Land Tirol wieder aufgegeben wurde.

Noch im August 1809 fielen 20.000 Soldaten unter Lefebvre nach Tirol ein und besetzten wiederum Tirol. Nur noch in Südtirol kämpfte der Sandwirt tapfer weiter. Napoleon sandte Marschall Lefebvre mit starken Einheiten zu Hofers Vernichtung über den Reschen- und Brennerpaß, wo sie sich mit Truppen aus Italien und dem Pustertal vereinigen wollten.

An der Lienzer und Ehrenberger Klause, in der Schlucht des Eisacktales, an der Pontlatzer Brücke und in der dritten Schlacht am Berg Isel (12./13.8.1809) wurden die Truppen Napoleons nochmals geschlagen. Es war der letzte große Sieg der Tiroler Volksarmee über ein reguläres, sehr gut gedrilltes und viel besser bewaffnetes Militär.

Steinlawinen als Waffe der Tiroler

Bereits am Tag des Friedensschlusses in Schönbrunn, am 14.10.1809, wurde von dem mit Hass erfüllten Napoleon der Befehl erteilt, die Tiroler endgültig zu unterwerfen – s. oben sein Brief an Lefebvre. Vorwiegend bayerische Söldnertruppen marschierten für Napoleon wieder nach Tirol: am 24.10.1809 standen sie bereits vor Innsbruck und am 1.11.1809 fand die vierte und letzte Berg-Isel-Schlacht, nur zwei Stunden lang, gegen das letzte Tiroler Aufgebot statt, dann waren Kampf und Freiheit verloren.

 „Der Kaiser richtete mehrere Handschreiben an seinen Bruder, den Generalissimus, worin er die tiefe Enttäuschung des Monarchen, der sich seiner moralischen Verpflichtung gegen Tirol sehr wohl bewußt war, deutlichen Ausdruck fand. So schriebt der Kaiser in seibnem Brief v. 19. Juli betreffend Tirol an Karl: ‚Das Schmerzlichste dabei ist die Kompromittierung meiner Ehre, da ich die wackeren Tiroler und Vorarlberger, die alles aufgeopfert haben, fast im nämlichen Augenblick ihrem Schicksal hingebe, als ich ihnen kaum die Zusicherung meiner kräftigsten Unterstützung gab.“

Auch der größte Teil des österreichischen Hochadels empfand die Preisgabe von Tirol „schmachvoll und erniedrigend für Österreichs Ehre. (…) Damit begann gegen Tirol eine in solchen Zeiten doppelt gefährliche Zauderpolitik, ein verstecktes Spiel von Andeutungen, Ableugnungen und Verschleierungen, durch das man das Land lange Zeit über den vollen Umfang der Tatsaschen im ungewissen ließ. (…) Hofer konnte es nicht glauben, daß Tirol von Österreich verlassen sei; wohl unter dem Einfluß des fanatischen Kolb erließ der Sandwirt am 22. Juli einen leidenschaftlichen Aufruf, worin er die Nachricht vom Waffenstillstand als feindliche List erklärte… (Paulin, w.o., S. 72ff)

„Das letzte Aufgebot“. Gemälde von Franz v. Defregger.

 „Da kommen sie schon angefahren im Sturmschritt, die alten Racker und Lotter mit den krummen Rücken, Knien und Ellebögen, mit den weißen Haarstränen und den Stoppelbärten, auf den Achseln die Spieße und Sensen und Morgensterne und Stallgabeln und Hacken, gezähnte Messer auch und rostige Lanzen und Flinten. Alle in mausgrauen, abgenützten Lederhosen, alten Joppen und breiten Filzhüten. Voran marschiert der stolze Bauer, das Brennscheit umgekehrt auf der Schulter tragend und unterwegs die Weisung schnaufend – wohin und wie anpacken, zu seiner rechten trabt der Zimmermann mit einem eisenzähnigen, stahlbespitzten Schlagprügel, der vor Zeiten schon auf die Türkenschädel niedergesaust sein soll. Ihm daneben der Richter von Villanders, dem das Recht in diesen Tagen zum Messer geworden ist. Links vom Bauer der weißbärtige Feldkaplan Gruber, in seinem mächtigen Joppensack nicht die geringste der Waffen, schleppend einen wuchtigen Brotlaib und einen Rosenkranz. Und hinter alle anderen, Wäldler und Bergler, Hirten und Holzerer, Handwerker, Knechte und Bauern, Zündler und Bergknappen. Sogar der alte Vogelhändler aus Kollman und ein Herrgöttler aus Barbian reihen sich in den Villanderer Sturmhaufen ein; jetzt brauchen die Leute keine Kanarienvögel, jetzt pfeifen die Kugeln, und keine Christusle, jetzt bluten die Tiroler. Zuschlagen heist`s jetzt. Im finsteren Ernst schreiten sie fürbaß, ihren Söhnen und Enkeln nach, die zweimal schon das Tiroler Land befreit haben, das dritte Mal aber der Übermacht und List der Feinde zu unterliegen drohen.“ (Text von der Internetseite der Schützenkompanie ‚Anton v. Gasteiger‘, Villanders).

(Karte aus: Andreas Raffeiner, Sven Knoll, Martin Sendor: „Andreas Hofer. Sein Erbe – 200 Jahre später“. Eckartschrift 194).

Unter Napoleon wurde das Land Tirol erstmals geteilt und auch der Begriff „Alto Adige“ erstmals verwendet, Ettore Tolomei und die italienischen Faschisten griffen darauf zurück.

Napoleon ließ sich am 26. Mai 1805 im Mailänder Dom mit der Eisernen Krone der Langobarden (!!!) zum König von Italien krönen, seine Hybris kannte keine Grenzen mehr.

Über 200.000 Italiener wurden in seine Armeen gepresst, 80.000 mussten ihm nach Russland folgen, die meisten starben dort.

Andreas Hofer wird von Kaiser Franz geehrt

Die Ehrungen Hofers waren von Seite des Kaisers und seiner Brüder Johann und Karl ehrlich und ohne Hintergedanken gemeint. Metternichs „große Politik“ hingegen verfolgte andere Ziele und war durch diese offiziellen kaiserlichen Ehren für Hofer nicht gefährdet und: Hofer und das Tiroler Volk waren zunächst ruhiggestellt.

„Einen Höhepunkt während der ‚Interimsregierung‘ von Andreas Hofer in der Innsbrucker Hofburg bildete wohl die Botschaft Kaiser Franz‘, die am 29. September 1809 eintraf: Neben der Zusicherung, die Tiroler zu unterstützen, schickte der Kaiser auch 3.000 Golddukaten und eine große goldene Medaille mit seinem Brustbild an einer Kette als Ehrengeschenk für Hofer und erhob ihn in den Adelsstand. Daraufhin wurde der Namenstag des Kaisers (4. Oktober) zum ‚Nationalfeiertag‘ erklärt und ein großes Fest gefeiert: Nachdem alle Honoratioren mit Andreas Hofer an der Spitze in die Hofkirche eingezogen waren, fand eine Messe statt. Am Schluß trat Hofer vor den Hochaltar und Abt Markus von Wilten legte ihm die geweihte Ehrenkette um (Pizzinini, 160f) (Text und Bilder: „Sammelllust, Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum“, Claudia Sporer-Heis)

Die Beschreibung des an Andreas Edler v.  Hofer verliehenen Wappens lautet:

„Wappen viergeteilt;  1: in Gold ein roter Adler einwärts; 2: in Rot ein unten golden gebundener grüner Kranz;  3: in Rot auf grünem Boden ein schroffer Felsen, davor  ein Tiroler  Schütze mit schwarzem Hut, schwarzen  Hosen und Schuhen, braunem Rock, rotem Hosenträger und weißen Strümpfen, seine Büchse links auf den Boden  stützend; 4: in Gold auf grünem Boden ein natürlicher, runder  Zinnenturm mit geschlossenem Tor und zwei Fensteröffnungen nebeneinander und beiderseits anschließend Zinnenmauern. Helm: ein wachsender, schwarzer Doppeladler“.

Andreas Hofer erhält am 4. Oktober 1809 die Ehrenkette des Kaisers. Medaille von Johann Nepomuk Wirt. Vorderseite: Porträt Kaiser Franz‘ I. von rechts, Umschrift: FRANZISCVS AVSTRIAE IMPERATOR; unter der Büste sign.: I. N. Wirt. F. Rückseite: Fassade eines antiken Tempels mit Kaiserthron; am Architrav über dem Thron Inschrift: AVSTRIA AD IMPERII DIGNITATEM EVECTA; Mi. u.: MDCCCIV (Gold, Dm 50 mm, Wert: 40 Dukaten).

Des Sandwirts Verhaftung auf der Pfandleralm

Nach einigen letzten, verzweifelten Scharmützel in Südtirol, flüchtete Hofer mit Adjudant Kajetan Sweth am 11.12. auf den Pfandlerhof in Oberprantach und dann weiter in die Mähderhütte auf der Pfandleralm, die für Viehunterstand und Futterlagerung gebaut war. Zu Weihnachten kam Hofers Frau Anna und Sohn Hans dazu. Im eisigen Bergwinter verbrachte hier Hofer, ständig die kaiserliche Ehrenkette tragend, die letzten Wochen seines Lebens.

Zu Hofer drangen „Nachrichten von den letzten Zuckungen des Freiheitskampfes und ihren Folgen für das unglückliche Land. Die Burggräfler hatten sich in der letzten Novemberwoche auf dem Salten noch einmal den Franzosen, freilich vergebens, entgegengestellt. In Brixens Umgebung hatte der unbelehrbare Kolb mit dem Mahrwirt Ende November den Landsturm aufgeboten; der französische General Severoli erstickte am 6. Dezember diesen Aufstand in einem Flammenmeer von 200 Gehöften und 28 Edelsitzen. Das Pustertal büßte seinen letzten Heldenkampf am schwersten. Der Bauernsturm auf Bruneck am 2. Dezember zerstob im Geschützfeuer der Franzosen, und das trotzige Aufbegehren des Iseltales forderte eine Reihe von Blutzeugen, die der unerbitterlichen Strenge des Generals Broussier zum Opfer fielen. Am 9. Dezember, neun Monate nach dem ersten hellen Aufflammen, erlosch der letzte Funke des Tiroler Freiheitskampfes in Blut und Tränen. (…) Nun lastete die ungeheure Verantwortung für alles Elend, für das vergossene Blut und den Niederbruch der letzten Kämpfe auf der Seele des Sandwirts“ (Paulin, w.o., S. 141/42).

Am 26. Jänner 1810, kurz vor seiner Verhaftung,  schrieb Hofer den verzweifelten, letzten Brief an seinen Freund, Erzherzog Johann, worin er ihn bat, „uns eine kleine Hilfe an Truppen zu senden, und ich werde nach Kräften meine gutgesinnten Mitbrüder in Waffen haben, und vereint mit Österreichs Heer zu streiten, den Feind zu schlagen…  (Paulin, w.o., S. 146)

Postkarte mit der Mähderhütte auf der Pfandleralm.

 Ein heruntergekommener Mann namens Franz Raffl (*1775), Sohn des Mesners in Schenna bei Meran, der oberhalb der Pfandleralm einen eigenen Heuschupfen besaß und durch den Rauch auf das Versteck Hofers aufmerksam wurde, verriet  dem Ortsaufseher von St. Martin, Peter Illmer, den Aufenthaltsort des gesuchten Oberkommandanten. Illmer weigerte sich jedoch, Hofer zu verraten, ging zum Richter Andreas Auer nach St. Leonhard und erzählte diesem von Raffls Absichten. Raffl kam ebenfalls zum Richter und dieser war gezwungen, um nicht selbst verstrickt zu werden, ein Protokoll zu schreiben, das Raffl persönlich dem Platzkommandanten von Meran, General Huard übergab. Aufgrund dieses Verrates kündigten die Bürgen Raffls ihre Bürgschaften für dessen Anwesen, wodurch Raffls Familie in Not geriet. Er war gezwungen, seinen Gruebhof zu verkaufen und das Tal zu verlassen, weil er auch seines Lebens nicht mehr sicher war. 1811 wurde er mit königlichem Dekret Hallknecht in München, 1820 wurde er pensioniert und starb 1830 in Ingolstadt, er hinterließ seine Frau und sieben Kinder.

General Léonard Huard de St-Aubin wurde der Platzkommandant der französisch-italienischen Truppen in Meran und im Burggrafenamt (er starb 1812 beim Angriffskrieg Napoleons in Rußland). Nach Raffls Verrat sandte Huard sofort 600 Mann unter dem Befehl des Kapitäns Renouard in das Passeiertal.

Andreas Hofer. Porträt durch Johann Georg Schedler, Heeresgeschichtliches Museum Wien.

Die Truppe kam um 23 Uhr nach St. Martin in Passeier und eine Abteilung von 70 französischen Soldaten und 30 italienischen Gendarmen stiegen, unter Führung des Raffl, zur Pfandleralm auf. In den frühen Morgenstunden des Sonntags, 28.1.1810, wurden dort Hofer und alle anderen Anwesenden verhaftet. Kajetan Sweth berichtete darüber u.a. (Paulin, w.o. S. 150/51):

„Während man mich band wurde ich mit derben Stößen, Schlägen und unzähligen Ohrfeigen grob mißhandelt und sodann führte man mich und den Sohn vor die Hüttentüre (…) Hofer trat freimütig heraus und fragte, ob jemand unter den Herren deutsch verstehe, und als ein Adjudant des Generals  Baraguay d’Hillers hervortrat und ihm sagte, daß er deutsch verstehe, so sprach Hofer: ‚Sie sind gekommen, um mich gefangen zu nehmen; mit mir tun Sie, was sie wollen, denn ich bin schuldig, für mein Weib und mein Kind und diesen jungen Menschen bitte ich aber um Gnade, denn sie sind wahrhaft ganz schuldlos!‘ Wie mir, banden sie auch dem Hofer die Hände auf dem Rücken, um den Hals einen Riemen und um die Lenden einen Strick“.

Sweth berichtete weiter, daß der nun wehrlose Hofer von vielen Soldaten schwer mißhandelt wurde, indem sie ihm Bart- und Kopfhaare ausrissen, um diese als Siegesbeute mit nach Hause zu nehmen. Hofers Gesicht war dadurch voll von Blut, der Bart blutvereist. Hofers Sohn und Gattin wurde um die Lenden ein Strick gelegt.

Sweth: „Hofer und ich gingen voraus, Gattin und Sohn hintendrein, und so führte man uns über das mit Schnee und Eis bedeckte steile Gebirge unweit St. Martin der Ebene zu. Kaum eine Viertelstunde von der Hütte entfernt, ließen wir, der Sohn Hofers und ich, schon den blutigen Pfad hinter uns, denn man ließ uns keine Stiefel oder Schuhe oder sonstige Kleidungsstücke anziehen.

Von St. Martin im Passeier brachte man die Gefangenen nach Meran, wo die französische Generalität, sowie alle Stabs- und Oberoffiziere, unter triumphierender türkischer Musik (!), auf sie warteten, jedoch unter vielen Tränen der Bürger Merans.

Im Gasthof „Zum Grafen von Meran“ wurde Hofer von Huard verhört. Er bekannte offen seine Führerschaft in der Tiroler Volkserhebung. Huard missbilligte die brutale Behandlung Hofers, ließ die Gefangenen verköstigen und „ordnete für Sweth, dem die Schuhe von den wunden Füßen geschnitten werden mußten, und den jungen Hofer ärztliche Hilfe an.“

Am nächsten Tag wurden die Gefangenen auf einem Leiterwagen in Begleitung von 450 Mann nach Bozen gebracht, wo sie um 9 Uhr ankamen und im Gefängnis landeten.

Anna Hofer (*1765 als Anna Ladurner, aus Algund bei Meran stammend, † St. Leonhard in Passeier 1836) und Sohn Hans wurden, auf Fürsprache der deutschen Gattin des Generals Baraguay, in Bozen  frei gelassen.

Anna gelang es nicht mehr, die Geschäfte ihres Gatten weiterzuführen, sie meldete Konkurs an. Sie fuhr nach Wien, um beim Kaiser die von ihm zugesicherte Jahrespension einzuklagen. Der Kaiser gewährte ihr zunächst nur eine einmalige finanzielle Unterstützung.  Sie wurde in Wien außerdem der freundlichen Betreuung und Aufsicht des Vizepräsidenten der obersten k.k. Polizei- und Censur-Hofstelle, in Person des Kämmerers Sr. Majestät und wirklichen Hofrat, Franz Freiherr v. Hager unterstellt, der früher auch für die Erziehung von Erzherzog Johann und dessen vier jüngeren Brüdern die Verantwortung trug. „Bereits“ 8 Jahre später, 1818, erhielt Anna Hofer und ihre vier noch lebenden Töchter eine Jahrespension zugesprochen. Hofers Sohn Hans, „geboren 1794, litt noch als Erwachsener an gefrorenen Zehen. (…) 1819 heiratete er Clara Weickmann, und sie hatten 14 Kinder. (…) Hans starb 1855 an einer Lungenkrankheit“ (Winfried Hofinger: Andreas Hofer – Nachkommen wie Sand am Meer“, in: „Tiroler Bauernzeitung“, 20. Februar 2009).

Hofer und Sweth wurden am 30.1.1810 nach Neumarkt gebracht, nächsten Tag nach Trient, wo er im Gefängnis von einem Offizier mit 24 Mann bewacht wurde. Die nächsten Aufenthaltsorte der beiden Gefangenen waren Rovereto und folgend der Grenzort Ala.

Die Stadt und Zitadelle von Mantua, am 75 km langen Fluß Mincio gelegen. Napoleon konnte Mantua Anfang 1797 nach einer monatelangen Belagerung erstmals erobern, 1799 kam die Stadt wieder an die Österreicher, war jedoch von 1805 bis 1814 erneut unter französischer Herrschaft.

Am 5.2. kamen sie in Mantua an und wurden in der Zitadelle, im Al Vaso-Turm, eingesperrt, wo sich bereits viele andere Mitkämpfer Hofers befanden. Vizekönig Eugene Beauharnais meldete dies alles Napoleon und trat gleichzeitig für das Leben des sehr religiösen Sandwirts ein, weil dieser, seiner Ansicht nach, ein Menschenfreund sei und viel Unglück verhindert habe. Napoleon teilte daraufhin am 11.2. dem Vizekönig folgendes mit:

„An den Vizekönig von Italien! Mein Sohn, ich habe Ihnen befohlen, Hofer nach Paris kommen zu lassen. Aber da er in Mantua ist, geben Sie Befehl, sofort eine Militärkommission zu bilden, um über Hofer zu richten und ihn erschießen zu lassen, und zwar an dem Ort, wo Ihr Befehl hinkommt. Und alles dies hat eine Sache von 24 Stunden zu sein!“

Dieser Befehl war in sich widersprüchlich und eine Verhöhnung des Rechtes! Napoleon war in großer Eile: er war im Begriff, die von Metternich miteingefädelte Hochzeit mit der Tochter von Kaiser Franz I., Erzherzogin Marie Louise, einzugehen und die Vorbereitungen dazu liefen bereits. Vor dieser Hochzeit sollte, nach Napoleons Willen, der Sandwirt bereits tot sein, noch bevor der Kaiser zu Gunsten Hofers reagieren konnte. Metternichs Plan, mit dieser Hochzeit Napoleon zu zügeln, war, wie viele andere seiner Ideen, ein krasser Fehlschlag. Die junge Erzherzogin Marie-Louise hasste Napoleon und besaß „sogar eine nach Napoleon benannte Puppe, an der sie ihren Zorn über den Antichrist, wie sie ihn nannte, abreagierte“ (Wikipedia > Erzherzogin Marie-Louise).

Aus dieser angeblich trotzdem glücklichen Ehe entstand Napoleon II., der spätere Herzog von Reichstadt: geboren am 20.3.1811 in Paris, gestorben an Tuberkulose am 22.7.1832 im Schloss Schönbrunn in Wien. Wegen seiner tiefen Verehrung für Napoleon ließ Hitler den Leichnam des Herzogs, in einer Nacht- und Nebel-Aktion, aus Wien an die Seite seines Vaters nach Paris überführen, völlig ignoriert von den Franzosen.

Vizepolizeipräsident Freiherr Franz v. Hager meldete Hofers Gefangennahme am 9.2.1810 dem Kaiser. Dieser gab an Staatskanzler Metternich folgende Weisung:

„Der bekannte Sandwirt Andreas Hofer ist dem sicheren Vernehmen nach von den Franzosen gefangengenommen und abgeführt worden. Sie werden zu seiner Befreiung und Rettung vom Tode alle tunliche Verwendung eintreten lassen und solche als ein Merkmal der freundlichen Verhältnisse mit Frankreich ansprechen und geltend zu machen suchen“ (Paulin, w.o., S. 161).

Metternich schrieb daher am 14.2. dem österreichischen Botschafter in Paris, Fürst Schwarzenberg, der am 22.2., viel zu spät, den Brief erhielt: Hofer war seit zwei Tagen tot.

Andreas Oberhofer (w.o., S. 356) berichtete über den militärischen Scheinprozess: der Festungskommandant Mantuas, Divisionsgeneral Bisson, fungierte als Vorsitzender, er gehörte einer Freimaurerloge an. Hofers Verteidiger war der Mantuaner Anwalt Dr. Joachim Basevi („Handbuch österr. Autorinnen und Autoren jüdischer Herkunft. 18. bis 20. Jhdt“; S. 72, München 2002). Dr. Basevi gehörte, wie General Bisson, der gleichen Loge an. Die Verhandlung wurde in Französisch mit Übersetzung geführt und dauerte zweieinhalb Stunden. Hofer erklärte sich als nicht schuldig, Zeugen wurden nicht vorgeladen. Hofer wurde zum Tode verurteilt und am Montag, dem 20.2.1810 gegen 11 Uhr, von zwölf Soldaten, unter dem Befehl des aus Luxemburg stammenden Feldwebels Michael Eiffes, alle Angehörige des 2. Bataillons des 13e régiment d’infanterie de ligne, erschossen. Anwalt Dr. Basevi sah aus der Distanz der Erschießung zu und erlebte eine echte Erregung und tiefe Entrüstung der anwesenden Italiener gegen das Urteil und die Franzosen. Am gleichen Tag wurde Hofers Waffenbruder, Peter Mayr, Wirt an der Mahr, in Bozen erschossen. Kajetan Sweth wurde ebenfalls zum Tod verurteilt, dann begnadigt, jedoch zwangsweise zur französischen Fremdenlegion in Korsika eingezogen, wo ihm nach drei Jahren die Flucht zurück in die Heimat gelang.

Frühe Forderungen nach einem heimatlichen Grab für Hofer

Der als Aufstandsplaner 1809 bekannte Franz Freiherr v. Hormayr forderte in seinem 1816 erschienen Buch „Geschichte Andre Hofer“, dem Sandwirt eine würdige Ruhestätte in Innsbruck zu bereiten, auch die Tiroler Landstände äußerten diesen Wunsch. Das Fenner-Jägerkorps hatte bereits 1814, auf Anregung von Hofers Mitstreiter Josef Gänsbacher, während eines Aufenthaltes in Mantua im Dienstweg um Erlaubnis für eine Exhumierung angesucht, die Antwort verwies jedoch auf etwaige günstigere Zeiten. Das absolute System Metternichs ließ solche Bitten allein aus politischem Opportunismus nicht zu, im Gegenteil: Metternich verbot sogar das Singen von Liedern, die zu Hofer in einem Bezug standen, auch die Oper „Andreas Hofer“ von Gustav Albert Lortzing fiel seiner Zensur zum Opfer.

 „Alle Bitten um Rückführung der Gebeine Hofers nach Tirol, in die Hauptstadt Innsbruck, in den Jahren 1814 und 1816, anläßlich der Erbhuldigung für Kaiser Franz I., blieben ungehört berichtete Ilse Wolfram (in: „200 Jahre Volksheld Andreas Hofer auf der Bühne und im Film“ S. 42; Hg. Prof. Dr. Michael Gissenwehrer und Prof. Dr. Jürgen Schläder, Theaterwissenschaft Band 16, München 2009).

Weiter schrieb Frau Wolfram: „Der Kaiser und sein Kanzler Klemens Wenzel Fürst Metternich wollten wohl das Tirol gegebene Versprechen totschweigen. Der Sandwirt wurde als ‚gefährlicher Rebell‘ bezeichnet. Nach Rückkehr Tirols zu Österreich wurde alle Literatur über den Aufstand und Andreas Hofer von der Zensur verboten. Die Landstände in Tirol erhielten keine legislativen oder exekutiven Rechte mehr, die sie sich vom Haus Habsburg erhofft hatten. Unter Metternich durften sie nur Petitionen einreichen, die gehört wurden. Viele Teilnehmer des Aufstands gingen ins Exil, hatten oftmals ihren gesamten Besitz verloren oder standen unter Beobachtung des Metternichschen Spitzelsystems.“

 

1816: Kaiser Franz I. besucht Andreas Hofers Grab. (Zeitgenössischer Kupferstich, entnommen aus Meinrad Pizzini: „Andreas Hofer. Seine Zeit. Sein Leben. Sein Mythos“, Wien 1984). Die fünf Kaiserjäger nahmen 1823 ernsthaft an, daß dem Kaiser und Wiener Hofstaat die Heimbringung des Sandwirts nach Tirol ein Anliegen war.

 Mertelseder/Mazohl/Weber (w.o., S. 121) schrieben über die generelle Haltung des „Wiener Hofes“ zum Gedenken an Hofer und den Aufstand:

„Der Aufstand von 1809, der gegen die damals rechtmäßige politische Autorität gerichtet gewesen war, und die Person Andreas Hofers paßten nicht in das geforderte Bild von Ordnung und Staatstreue. (…) Jeden Ruf nach ‚Freiheit‘, ‚Mitspracherecht‘ und Ähnlichem versuchte man staatlicherseits bereits präventiv zu verhindern. Aber nicht nur Andreas Hofer sollte aus dem Gedächtnis der Bevölkerung gelöscht werden, auch eine Förderung des Andenkens an den Aufstand bedeutete in den Augen der politischen Führung eine mögliche Keimzelle für neuerliche Revolten. Es wurde daher verhindert, daß sich ‚revolutionäre Energie‘ bei entsprechenden Gelegenheiten sammeln konnte, dies betraf Veteranenfeiern ebenso wie die mögliche Schaffung von Denkmälern“.

 

1860 wurde am Ort der Hinrichtung ein Denkmal errichtet. 1984 wurde dieses durch einen Monolithen aus Pontiveser Porphyr ersetzt. Gleichzeitig errichtete die Stadtverwaltung einen Andreas-Hofer-Park und ein Andreas-Hofer-Museum. Jedes Jahr wird am Todestag von einer Tiroler Schützenabordnung an der Porta Nuova das Gedenken an den Sandwirt feierlich abgehalten.

Die Aufstellung der Tiroler Kaiserjäger

Als der in mörderischen Kämpfen zunächst besiegte Napoleon sehr rasch von seiner Verbannungsinsel Elba am 1. März 1815 nach Frankreich zurückgekehrt war, befahl Kaiser Franz am 17. Mai 1815 die rasche Aufstellung eines Jägerregimentes von 5.000 Mann in Tirol.

„Zum zweiten Inhaber des Tiroler Kaiserjägerregimentes ernannte der Kaiser, der ja dessen erster Inhaber war, mit Dekret vom 8. November 1815 den Feldmarschallleutnant Franz Philipp Freiherrn Fenner v. Fenneberg (der wegen seines lauteren Charakters und seiner Fähigkeiten auch an die Spitze des Militärkommandos in Innsbruck gestellt wurde) und zum Regimentskommandanten den Kommandanten des Fenner-Jägerkorps Obersten Karl Schneider Freiherrn v. Arno. (…)  Als Ende Mai 1816 Kaiser Franz I. die Erbhuldigung Tirols in Innsbruck entgegennahm, defilierte die neue Truppe zum ersten Mal vor ihrem obersten kaiserlichen Regimentsinhaber“. (Oswald Gschließer: „Zur Geschichte des stehenden Heeres in Tirol. II. Die Zeit von 1813 bis 1848“ in: „Veröffentlichungen des Museums Ferdinandeum“, Innsbruck. Foto: Tiroler Kaiserjägermuseum, Berg Isel. Siehe dazu auch: L. Potschka: „Geschichte des Tiroler Jägerregiments Kaiser Franz Joseph“, S. 318, Innsbruck 1885).

Nach Ende des Feldzuges lag das 1. Bataillon im Piemont. Der Kaiser verfügte am 18.12.1822, daß die Kaiserjägerbataillone in die Heimat zurückzukehren haben. Anfang 1823 trat das 1. Bataillon von Cremona aus den Rückzug nach Tirol an und rastete in Mantua“. (Oswald Gschließer, w.o. S. 139).

Die Exhumierung des Sandwirts durch patriotische Kaiserjägeroffiziere und die Folgen

Den nachfolgenden Darstellungen über die Exhumierung der Gebeine Hofers auf Grund von Paulins Bericht, steht eine andere Version in Form eines Briefes eines Pfarrers entgegen, der auf Aussagen des angeblichen Tiroler Totengräbers basiert und auf die der Korrektheit wegen verwiesen werden muß: Die Familie Andreas Hofers

Paulin berichtete ausführlich, was weiter geschah (S. 172ff): „Im Jahre 1821 wollten Offiziere des 1816 errichteten Tiroler Kaiserjägerregimentes auf dem Durchmarsch nach dem Süden in Mantua die längst geplante Absicht durchführen. Der Tag der Ausführung kam aber erst auf dem Rückmarsch des 1. Kaiserjägerbataillons (…). Am Abend des 9. Jänner, den die Kaiserjäger als Rasttag in Mantua verbracht hatten, wollte Leutnant Georg Hauger, der tagsüber den Kasern-Inspektionsdienst versehen, das Grab Andreas Hofers besuchen.

Leutnant Georg Hauger, (*23.1.1792 in Freiburg im Breisgau; †13.1.1859 in Wien; er wurde auf dem Sankt Marxer Friedhof in Wien beigesetzt, seine Gebeine wurden 1935 in die Innsbrucker Hofkirche überführt und neben dem Grab Andreas Hofers bestattet). Bild aus: Wikipedia > ‚Georg Hauger (Militärperson)‘.

Eine Verspätung des ablösenden Inspektionsoffiziers schien Hauger aber diese Möglichkeit zu nehmen. Der Enttäuschte besprach sich mit mehreren Kameraden, den Hauptleuten Eduard Freiherrn von Sternbach, Johann v. Rumpelmayer, Alexander Chevalier de Rocqueville und Oberleutnant Josef Schön, die gerade im Begriff waren, nach dem Abendessen im Gasthaus ‚Igel‘ die Vorstellung in der Oper zu besuchen. Der Zufall führte an diesem Abend die rechten Männer zusammen. Georg Hauger hatte als junger Freiburger Student den Tiroler Freiheitskrieg mitgemacht und sich am 8.8. 1809 unter Anton Steger beim Kampf um die Lienzer Klause rühmlich hervorgetan.

Hauptmann v. Sternbach, ein gebürtiger Sterzinger, erstritt sich in der Leipziger Völkerschlacht 1813 durch eine Reitertat das Ritterkreuz des Maria-Theresien-Ordens, Rumpelmayer und der Innsbrucker Schön dienten schon längere Zeit im Fenner-Jägerkorps und seit 1816 als Kaiserjäger. Alle diese Offiziere waren teilnehmende Zeitgenossen des Jahres 1809“.

Für nächsten Morgen 6.00 Uhr, war der Abmarsch aus Mantua befohlen. Die fünf Offiziere berieten sich kurz und schritten zur Tat, indem sie um 21.30 Uhr den Pfarrer Anton Bianchi aufsuchten und mit diesem dann Hofers Grab im Garten des Pfarrhofes bei Fackelschein besuchten. Ein einfacher Stein bedeckte das Grab. Die Darstellungen Haugers und jene von Rumpelmayer, wie sie des Pfarrers Einwilligung zur Exhumierung erlangten, unterscheiden sich, jedenfalls war Bianchi am Schluß dazu bereit. Mit Hilfe von Soldaten und dem Knecht, der Hofer begraben hatte, versehen mit Fackeln Schaufeln und Spitzhacken, wurde in der sternenhellen Winternacht die hartgefrorene Erde mühsam durchbrochen.

Die Ausgrabung von Andreas Hofers Gebeinen in der Nacht auf den 10.1.1823 in Mantua. Im Grabe stehend: Leutnant Georg Hauger (Originalzeichnung im Berg-Isel-Museum Innsbruck).

 Auf Hinweise des Totengräbers stieß der grabende Jäger endlich auf die Knochen des Sandwirts. Leutnant Georg Hauger, welcher anatomische Kenntnisse besaß, stieg in die Grube und in kurzer Zeit war das gesamte Skelett freigelegt. In tiefer Ergriffenheit sahen die Offiziere, daß das Haupt und die Rippen Hofers Spuren der tödlichen Kugeln aufwiesen. Hauger stellte die Gebeine sachkundig zusammen und dann wurde alles in einem Sack und dieser in einer Truhe verwahrt. Um 01.30 verließen Offiziere und Soldaten den Garten.

Vor dem Abmarsch des Regiments stellte der Pfarrer den Offizieren ein Zeugnis über die Echtheit der Gebeine aus. Auf dem Marsch und auch in Trient blieb das Skelett unter Obhut Rumpelmayers, der vom Bataillonstischler einen Sarg anfertigen ließ. Regimentsoberarzt Dr. Murko setzte in Trient das Gerippe mit Draht zusammen. Bereits in Verona meldeten die 5 Offiziere zuerst mündlich und dann schriftlich ihre Tat an den Bataillonskommandanten, von dort gelangte die Meldung an das Regimentskommando, an das Landespräsidium und weiter an den Hofkriegsrat und an Kaiser Franz in Wien.

„Am 31.1.1823 erließ Kaiser Franz ein Handbillet an den Präsidenten des Hofkriegsrates, Feldmarschall Graf Bellegarde, in dem er ‚das eigenmächtige und ohne allen Befehl und höherem Vorwissen‘ erfolgte Vorgehen der fünf Offiziere ausdrücklich mißbilligte und den Befehl beifügte, gegen diese Offiziere, ‚um auch künftig allen Willkürlichkeiten kräftig vorzubeugen‘, nach den Gesetzen vorzugehen. Der Hofkriegsrat führte eine langwierige strenge Untersuchung gegen die ‚Sandwirtsgräber‘, die zur persönlichen Einvernahme nach Innsbruck zitiert wurden. Das Ergebnis der Untersuchung wurde dem Kaiser in einer ausführlichen Denkschrift vorgelegt, die auch die Rechtfertigung der Offizier enthielt. Der zweite Regimentsinhaber, Feldmarschallleutnant  Baron Fenner, begleitete den Untersuchungsakt mit der schriftlichen Bitte um Rücksichtnahme auf die edlen patriotischen Beweggründe der Beschuldigten.

Nach dem Schiedsspruch der Gerichtskommission, deren Vorstand für die Hauptleute dreimonatigen, für den Oberleutnant zweimonatigen und für den Leutnant einmonatigen Profosenarrest (Militärarrest) beantragt hatte, stellte der Appellationsreferent mit Rücksicht auf verschiedene ‚lindernde Umstände‘ den Antrag, im Wege der Gnade die drei Hauptleute mit sechstägigem, Schön und Hauger mit dreitägigem Hausarrest unter strenger Verweisung ihrer Eigenmächtigkeit zu bestrafen. Diesem Antrag trat das Obergericht bei, der Hofkriegsrat empfahl in seinem Vortrag an den Kaiser mit Rücksicht auf die besten Gesinnungen und den Patriotismus der Angeklagten, denen eine eigentliche Subordinationsverletzung nicht nachzuweisen sei, daß den Offizieren ‚die ihnen zur Last fallende Unterlassung nachdrücklich verhoben und die Unzufriedenheit ihrer Vorgesetzten zu erkennen gegeben würde‘. Nach diesem Antrag überließ Erzherzog Ludwig am 2.9.1823 auf kaiserlichen Befehl dem Hofkriegsrat ‚die angemessene Zurechtweisung dieser Offiziere‘. (Paulin, w.o., S. 175/76).

1831, acht Jahre später, fand sich von den fünf Offizieren keiner mehr im Armeedienst, der Geist des „Wiener Hofes“ wird deren, nun aussichtlose, Karriere rasch beendet haben!

Kein Wort der Anerkennung, kein, wenigstens geheimer, Dank des Kaisers an die Offiziere. Dieser bürokratisch-eiskalte Geist, das diktatorische Denken, speziell in der Ära Metternich, das den österr. Völkern nicht den geringsten Freiraum ließ, verbunden mit der seelischen Versteinerung durch das „spanische Hofzeremoniell“, sehr krass erkennbar u.v.a. auch im Verhalten des „Wiener Hofes“ bei der Beisetzung des in Sarajevo 1914 erschossenen Thronfolgerpaares, feierte wieder einmal einen unsäglichen Einstand! Diese menschliche Negativhaltung der Führungsebene, welche die natürlichen Rechte und Wünsche der Völker der Monarchie nicht beachtete, war eine der maßgeblichen Ursachen für den inneren Zusammenbruch der Monarchie 1918, als die Völker diese Monarchie beerdigten.

Der Sarg des Sandwirts blieb in Bozens Probsteikapelle vom 1. bis 16.2.1823 aufgebahrt.

Der Kaiser ordnete am 28.1. an, daß „für die Bestattung der Überreste des Edlen v. Hofer in der Hofkirche zu Innsbruck auf eine anständige Art zu sorgen, jedoch dabei mit der nötigen Klugheit vorzugehen sei. Die näheren Bestimmungen waren dem Ermessen des Grafen Chotek anheimgestelt“.

Karl Graf Chotek v. Chotkow und Wognin, eine äußerst starke, patriotische und freimütige Persönlichkeit, erkannte die Bedeutung der Heimkehr Hofers und übernahm persönlich die Verantwortung für ein großes, feierliches Begräbnis. In einem ‚sehr dringenden Bericht‘ an den Minister des Innern, Graf Sarau, betonte Chotek, daß Hofers Überführung nach Tirol ‚allgemeine freudige Teilnahme“ erregt habe und es von den Tirolern ‚sicher übel aufgenommen würde, wenn aus diesem Anlaß nichts geschehe oder man diesfalls Hindernisse in den Weg legen wolle‘.

Choteks Bericht schloß mit der Anregung, ein Denkmal zu Ehren des Sandwirts zu errichten. Am 6.2. wurde Befehl erteilt, Hofer nach Innsbruck zu überführen.

Der Transport durfte allerdings nicht vor der ersten Fastenwoche in der Landeshauptstadt eintreffen und mußte ‚zur Wahrung des Stillen Ernstes‘ heimlich erfolgen“ (Paulin, w.o., S. 177)

Der „Wiener Hof“ wollte, wohl aus systembedingtem politischem Argwohn, aus Vorsichts- und Rücksichtsgründen, jeden Auflauf und die massenhafte Begleitung von Hofers Sarg durch das Volk verhindern. Man war im „Wiener Hof“ über diese ungewollte Heimkehr des Sandwirts äußerst peinlich berührt, doch die Realität der gegebenen Lage konnte nicht mehr rückgängig gemacht werden. Aber man wollte Hofer unbedingt unter „Decke und Stroh halten“:

„In der Nacht des 17. Februar, 2 Uhr früh, wurde der Sarg aus der Bozner Probsteikapelle erhoben, unter Stroh und einer Decke versteckt, auf einem Leiterwagen verladen und durch den Bozner Müllermeister Malfertheiner in Begleitung eines Kreisamtsdieners nach Innsbruck überführt“. (Paulin, w.o., S.178).

Innsbruck wurde am 19.2. zwischen 5 und 6 Uhr früh erreicht, der Sarg von einer Einheit der Innsbrucker Polizei übernommen und in das Servitenkloster verbracht.

„Es war dank der vorsichtigen behördlichen Überwachung gelungen, den Transport der Gebeine Hofers von Bozen nach Innsbruck ‚vorschriftsmäßig und ohne jedes Aufsehen‘ durchzuführen“ (Paulin, w.o., S.178).

 „Erst am 24. Februar wurde bekannt gegeben, daß sich die sterblichen Überreste Hofers in Innsbruck befänden, ein Bericht über die Bestattung des Tiroler ‚Hauptmanns‘ erschien erst einen Monat später“. (Alexander Erhard: „Das ‚Andreas Hofer Grabmal‘ in der Innsbrucker Hofkirche. Die Rolle des österr. Kaisers bei Planung und Rückführung der Gebeine“ Innsbruck 2011).

Trotz alledem: Des Sandwirts feierliches Begräbnis in Innsbruck

Karl Paulin berichtete (S. 178ff): „In Innsbruck hatte inzwischen Graf Chotek mit der ihm eigenen Energie doch alles Vorbereitet, um wenigstens die Bestattung Andreas Hofers, trotz der von der Regierung anbefohlenen Vorsicht, zu einer Landes-Trauerfeier zu gestalten. Graf Chotek berichtete noch am 19. Februar das Eintreffen der Leiche nach Wien und betonte bezeichnenderweise, ‚daß über diese Ereignisse auch in der Zeitung – dem damaligen ‚Bote für Tirol und Vorarlberg‘ – berichtet werden müsse‘. Der fürsorgliche Landesgouverneur legte gleichzeitig einen Artikelentwurf zur Genehmigung bei. Um aber die Beteiligung am Leichenbegängnis trotz der noch immer ‚gebotenen Vorsicht‘ zu einer großartigen zu gestalten, sandte Graf Chotek persönliche Einladungsschreiben an alle Behörden und Honoratioren der Landeshauptstadt.

Am 21. Februar erklangen um 2 Uhr nachmittags von Wilten herab die Trauerglocken. Gegen 3 Uhr wurde der Sarg mit den Gebeinen Hofers aus der Zelle Nr. 14 des Servitenklosters in die Innsbrucker Hofkirche übertragen. Verdienstvolle Landesverteidiger von 1809 – Matthias Hell und Josef Nagele von Völs, Josef Mayr von Mutters, Josef Abenthung von Götzens, Josef Patsch von Wilten, der Bärenwirt Josef Natterer von Hötting und Johann Etschmann von Mutters – trugen den Sarg, auf dem Hofers Hut und Säbel, sowie die goldenen Ehrenkette des Kaisers und sein Wappenschild lag. Dicht hinter dem Sarg schritten Hofers Waffengefährten, der Landesschützenmajor Josef Ignaz Straub, Kronenwirt von Hall und Kajetan Sweth. (…)

Hofers Begräbnis in Innsbruck. Zeichnung in: Tiroler Landesmuseen Innsbruck.

Den feierlichen Trauerzug eröffnete die Wiltener Schützenkompanie mit umflorter Fahne, es folgten Zünfte, die Vertreter der Landes- und Stadtbehörden, die Gymnasialjugend und die Lyzealstudenten. In Vertretung der Regierung nahm Landesgouverneur Graf Chotek mit seinen Beamten teil, dann der Stadtklerus unter Führung des Abtes von Wilten, Alois Röggl. Weiters beteiligten sich der Stadtkommandant General Lussem, das Offizierskorps der Tiroler Kaiserjäger und eine Abteilung Jäger ‚ohne Armatur‘. Erst gegen 4 Uhr erreichte der Trauerzug die Hofkirche, wo die Leiche Andreas Hofers an der Stelle des ersten Seitenaltars links neben dem Eingang in die bereitgehaltene Grabstätte versenkt wurde (…)“.

Weder Anna Hofer, noch Hofers Kinder nahmen an der Beisetzung in Innsbruck teil. Ob hier wiederum „höhere Rücksichten“ des „Wiener Hofes“ wirksam wurden oder persönliche Gründe für das Fernbleiben der Familie vorlagen, bleibt unbekannt. Bis an ihr Lebensende lebte Anna Hofer zurückgezogen im Passeiertal.

Andreas Hofers Grab in der Hofkirche in Innsbruck. Seit der Losreißung Südtirols nach dem 1. WK ist sein Denkmal mit einem Trauerflor versehen.

„Über die ‚Gründe zur Wahl der Hofkirche als Bestattungsort kann nur spekuliert werden. Aus den Akten ist diesbezüglich nichts zu entnehmen. Allerdings liegt der Schluß nahe, daß nicht zu Unrecht befürchtet wurde, an der Grabstätte könnte ein Wallfahrtsort für revolutionäres Gedankengut entstehen. Da die Hofkirche im Eigentum des Staates stand, hatte dieser als Eigentümer volle Durchgriffsrechte und hätte sie im Notfall auch leicht sperren lassen können.  (…) Die Wahl der Hofkirche als Bestattungsort war für den Staat sicherlich ein Zugeständnis, das aber aus Sicht der höchsten politischen Führungsebene notwendig schien, um weiterhin die Kontrolle über alle Ereignisse und Eventualitäten behalten zu können“ (Mertelseder/Mazohl/Weber, w.o. S.152).

Die Gestaltung von Hofers Grab wollte ebenfalls der „Wiener Hof“ allein bestimmen, man wollte, sich selbst immer treu, ein Standbild eines ‚demütigen Hofer‘ haben.

Unter vielen Einreichungen wurde der Entwurf des Malers Johann Martin Schärmer genehmigt, es zeigt jedoch einen durchaus selbstbewußten Hofer. Am 5. Mai 1834 wurde das Denkmal enthüllt. Es besteht aus Laaser Marmor und wurde von den Professoren der Wiener Akademie Johann Schaller und Josef Klieber angefertigt.

An der Seite des Sandwirts ruhen seine später beigesetzten Waffengefährten: Josef Speckbacher und Pater Joachim Haspinger, sowie seit 1935 auch der aus Wien überführte Ausgräber des Sandwirts, Leutnant Georg Hauger.

 

Ein Bergfeuer in Virgen (Bezirk Lienz) zum 200. Todestag von Andreas Hofer im Jahre 2010. Eine Mahnung an die Wiener und Bozener Politik, die sich betreff der Politik zur Landeseinheit Tirols bis zum heutigen Tag kaum änderte: schamlose Doppelzüngigkeit und politischer Betrug heißen die jahrzehntelangen, systemimmanenten Wesensmerkmale (s. dazu die mit hunderten Original-Dokumenten belegten Bücher von Dr. Helmut Golowitsch: „Für die Heimat kein Opfer zu schwer. Folter, Tod, Erniedrigung: Südtirol 1961-1969“, 2009; ders.: „Südtirol – Opfer für das westliche Bündnis. Wie sich die österreichische Politik ein unliebsames Problem vom Hals schaffte“; Graz 2017; ders.: „Südtirol – Opfer geheimer Parteipolitik. Wie sich die österreichische Politik ein unliebsames Problem vom Hals schaffte“, Graz 2019.)

Hofers Heimkehr in damaliger offizieller Berichterstattung

„Der Kaiserlich Königlich privilegierte Bothe von und für Tirol und Vorarlberg“ berichtete am 24. Februar 1823 in lediglich 15 Zeilen kurz darüber, dass die Gebeine Andreas Hofers in Innsbruck „feierlich zur Erde bestattet“ worden seien. Angekündigt worden war diese Bestattung in dieser Wochenzeitung vorher nicht.

 

Erst am 13. März 1823 veröffentlichte die dem Hofe in Wien nahestehende Zeitung auf Betreiben des Landesgouverneurs Graf Chotek dann doch einen umfangreicheren Bericht über das Begräbnis Hofers, welches zu einem Großereignis geworden war.

In dem Bericht hieß es:

„Schon um 2 Uhr mahnten dumpfe Glockenschläge vom Kloster Wiltau herab die nahe Stunde der Feier. Die Vorstadt füllte sich mit Menschen von allen Ständen, und um 3 Uhr waren bereits sämmtliche Behörden in der Klosterhalle  der P. P. Cerviten um Hofers Sarg versammelt.

Ein schwarzsammtenes Tuch, Hut und Säbel, Hofers Verdienstmedaille mit der goldenen Kette, und – als die bedeutendste Insignie – vier Wappenschilder zierten den Sarg. Nach 3 Uhr hoben sechs seiner Kampfgefährten den Sarg auf ihre Schultern, und der Zug begann in folgender Ordnung: Die Wiltauer Landes-Schützen-Kompagnie mit dem Trauerflor auf der Fahne. Die Zünfte. Die Gymnasial-Jugend. Die Lyceal-Schüler. Die P. P. Kapuziner und Serviten. Der gesammte Lehrkörper, dann die Behörden. Der Stadtklerus, geführt vom hochwürdigen Herrn Prälaten von Wiltau und k. k. Hofkaplan Aloys Nöggl. Die Bahre. Unmittelbar hinter ihr der Herr Schützenmajor Straub von Hall, und Hofers bis zur Todesangst unzertrennlich treue Adjutant Sweth.

Die Stände, in ihrer Spitze der Herr Landeshauptmann, Herr Graf von Chotek, an seiner Seite der kommandierende General v. Luxem. Das Offizierskorps des k . k. hier garnisonnierenden Jäger-Regiments und der städtischen Scharfschützen-Kompagnie. Eine Abteilung Jäger ohne Armatur. Hinter ihnen das übrige Volk.

Alle Fenster waren geöffnet, und so lang auch der Zug war, so konnte er doch die andächtige Menge nicht fassen.

Durch gedrängte Volksreihen, in feierlicher Stille, nur durch ferne Pöllerschüsse, durch dumpfe Posaunentöne und halblaute Gebethe unterbrochen, bewegte sich der Zug.

Gegen 4 Uhr langte die Bahre in der k. k. Hofkapelle an. In derselben Kirche, in welcher Se. Excell. der vorige Prälat, Markus Egle, dem Oberkommandanten Hofer die ihm von Sr. Majestät verliehene goldene Kette umhing, in derselben Kirche begleiteten die frommen Gebethe des nunmehrigen Herrn Prälaten Hofers Gebeine unmittelbar nach dem Jahrestag seines Todes in das Grab, das ihm der beste Fürst mitten unter den Denkmälern seiner Ahnen mauern ließ.“

Der Wiener Hof „ehrte“ Hofers Mitstreiter Kajetan Sweth

Auf welche Weise der Wiener Hof den treuen Adjutanten Hofers, Kajatan Sweth, damals „ehrte“, berichtete „Der Kaiserlich Königlich privilegierte Bothe von und für Tirol und Vorarlberg“ in seiner Ausgabe vom 6. März 1823.

 

Sweth erhielt „die kleine goldene Civil-Ehren-Medaille“. Der „Bothe“ durfte darüber in 7 Zeilen berichten. Das muss nicht weiter kommentiert werden.