Unwissend auf den Spuren von Adolf

Nachstehende Dokumentation hat der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB), eine von ehemaligen politischen Häftlingen gegründete Vereinigung, welche für die Selbstbestimmung Südtirols eintritt, auf der Internetseite von „Unser Tirol 24“ veröffentlicht.

Mit freundlicher Genehmigung gibt auch der SID nachstehend die Dokumentation wieder.

Die „Brückenfunktion“ Südtirols

 von Roland Lang
Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB)

 Diese Dokumentation wurde von befreundeten Historikern zusammengestellt

 Eine absurde Darbietung: Das Raubgut Südtirol soll als freundschaftliche „Brücke“ zwischen dem beraubten Österreich und dem damaligen Italien als Räuber dienen

Ursula Plassnik (Bild: Von Asurnipal, Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, Link)

Am 21. Oktober 2004 erklärte die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten, Ursula Plassnik, anlässlich Ihres Amtsantrittes:

„Ich werde alles tun, um weiter sicherzustellen, dass die Südtiroler eine Brücke zwischen Österreich und Italien sind …“

Dieser Linie folgt der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher (SVP). Wann immer es dienlich erscheint, holt er ein Schlagwort aus der Mottenkiste der Geschichte hervor: Die „Brückenfunktion“ Südtirols“. Dieses Schlagwort ist Politikern behilflich, sich um das Eintreten für Recht und Gerechtigkeit in Sachen Südtirols zu drücken.

Am 17. August 2015 traf sich Kompatscher auf der Mailänder EXPO-Messe auf dem dortigen Südtiroler Stand mit dem italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi und der deutschen Kanzlerin Angela Merkel. Die Tageszeitung „Dolomiten“ berichtete darüber:

Aus „Dolomiten“ vom 18. August 2015.
Aus „Dolomiten“ vom 18. August 2015.

„Der Brenner sei heute mehr eine Brücke als eine Grenze“, erklärte Landeshauptmann Kompatscher in einem Rückblick auf das Jahr 2016 gegenüber der „Tiroler Tageszeitung“ (Ausgabe vom 19. Jänner 2017)

„Wir sind die Brücke zwischen Nord- und Südeuropa, erklärte Kompatscher gegenüber den „Salzburger Nachrichten“ (Ausgabe vom 17. Dezember 2017)

Die jüdische Kulturzeitschrift „DAVID“ veröffentlichte im März 2021 (Ausgabe Nr. 128) folgende Wortmeldung von Kompatscher:

Aus „Dolomiten“ vom 18. August 2015.
Aus „Dolomiten“ vom 18. August 2015.

Im Dezember 2021 und am 18. Jänner 2024 sprach Kompatscher wieder von der „Brückenfunktion“:

Kompatscher und anderen Politikern scheint nicht bewusst zu sein, dass sie mit dieser Diktion auf den Spuren von Adolf Hitler wandeln. Dieser war nämlich der Erfinder der Darstellung Südtirols als freundschaftliche „Brücke“ zwischen dem beraubten Österreich und dem damaligen Italien als Räuber.

1927 und 1928: Adolf Hitler erklärte, Südtiroler müssten eine „Brücke“ zwischen Italien und Deutschland bilden

Bereits 1927 erklärte Adolf Hitler auf einer öffentlichen Versammlung, dass die Südtiroler „hinter dem Schicksal des Gesamtvolkes zurückstehen und die Brücke zwischen Deutschland und Italien bilden müssten.“ Dies berichtete der „Tiroler Anzeiger“ am 17. Mai 1927.

Am 13. Juli 1928 hielt Adolf Hitler auf einer Parteiveranstaltung der NSDAP in Berlin eine sodann im Parteiorgan „Völkischer Beobachter“ veröffentlichte Rede zur Außenpolitik, in welcher er über die Freunde Südtirols herzog.

Südtirol hat das Geschrei nichts genutzt, betrachten wir es lieber als Brücke zwischen Deutschland und Italien, das wird den Tirolern mehr nutzen. Das Eintreten für das Deutschtum in Südtirol auch der Juden entspricht nur dem Hasse gegen den Faschismus.“ (Zitiert aus dem Abdruck in: „Völkischer Beobachter“ vom 18. Juli 1928)

Im gleichen Jahr diktierte Hitler das Manuskript eines Erweiterungsbandes zu „Mein Kampf“, in welchem er wortreich seine Annäherungspolitik an das faschistische Italien verteidigte.

Dieses Manuskript wurde nach dem Krieg von dem Münchner Institut für Zeitgeschichte veröffentlicht: „Hitlers zweites Buch“, Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart 1961.

Hitler erklärte in nahezu schon salbungsvollem Ton: Südtirol wird damit dereinst eine hohe Mission im Dienste beider Völker zu erfüllen haben… eine Brücke aufrichtiger gegenseitiger Verständigung zu bilden.“ („Hitlers zweites Buch“, a.a.O., S. 216)

Der praktische Hintergrund der großen Freundschaft

Die große Freundschaft Hitlers zu dem faschistischen Italien hatte auch einen sehr praktischen Hintergrund. Seit 1924 wurde Hitler von Mussolini mit der Hilfe von Göring hinter den Kulissen mit namhaften Geldbeträgen versorgt und damit politisch eingekauft. (Siehe: Günther Rauch: „Der Marsch auf Bozen. Wie der Fall Südtirol Mussolini und Hitler Lust auf Mehr machte“, Effekt-Verlag Neumarkt 2022. Sowie: David Irving: „Göring – Eine Biographie“, Kiel 1986)

1930: Das „Alto Adige“ wurde zur „Brücke“ zwischen Österreich und Italien erklärt

Die zur Belehrung der einheimischen Bevölkerung Südtirols in deutscher Sprache herausgegebene faschistische „Alpenzeitung“ verkündete am 9. Februar 1930 nach einem Besuch des österreichischen Bundeskanzlers in Rom und dem dortigen Abschluss eines Freundschaftsvertrages: Das „Alto Adige“ sei keine „Kluft“ mehr, sondern sei zur „Brücke“ zwischen Österreich und Italien geworden.

Aus „Alpenzeitung“, Bozen-Meran 9. Februar 1930.

Die „Alpenzeitung“ begründete das Zustandekommen dieser freundschaftlichen „Brücke“ damit, dass sich das „Alto Adige“ der „liebevollen Fürsorgetätigkeit der faschistischen Regierung, zu Nutz und Frommen und zur Zufriedenheit aller Oberetscher“ erfreue. Es herrsche „Friede, Eintracht und Zufriedenheit.“

Der gemeinsame Weg ins Verderben

Am 30 Januar 1933 war Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt worden. Am 3. Februar 1933 versicherte er dem italienischen Generalkonsul in München, er könne „voll und ganz die strategischen Notwendigkeiten verstehen, die Italien die Aufrechterhaltung der Brennergrenze als unerlässlich erscheinen ließen.“ Jedenfalls dürfe das Schicksal einiger Tausend früherer österreichischer Bürger die Beziehungen zwischen Italien und Deutschland nicht beeinflussen. (Renzo De Felice: „I rapporti tra fascismo e nazionalsocialismo fino all’andata al potere di Hitler (1922 – 1933). Appunti e documenti., Napoli 1971, S. 206f. Wiedergegeben in: Jens Petersen: „Hitler – Mussolini. Die Entstehung der Achse Berlin-Rom 1933 – 1936“, Tübingen 1973, S. 68)

Am 14. und 15. Juni 1934 kam es in Venedig zu einer ersten persönlichen Aussprache Hitlers mit Mussolini. Bei diesem Treffen war die Südtirolfrage kein Thema, sie war nicht mehr existent.

1934 erschien zur Untermauerung der innigen Freundschaft ein Huldigungsbuch, in welchem die faschistischen Leitfiguren neben den nationalsozialistischen „Führern“ in den höchsten Tönen gepriesen wurden. Dem „vielfältigen Genie“ Benito Mussolini wurde die „ungewöhnliche Größe eines Zyklopen“ bescheinigt und es wurde seine „Genialität“ ebenso wie seine „Menschlichkeit“ hervorgehoben. (Dr. R. O. Stahn und Filippo Bojano (Hrsg.): „Wir haben’s gewagt! Weg und Wollen der Führer in Deutschland und Italien.“, Stuttgart-Berlin 1934, S. 161)

Nun begann der gemeinsame Weg ins Verderben, der ganz Europa in tiefstes Unglück stürzen sollte.

Mussolini und Hitler im März 1940 am Brenner, den sie im Gegensatz zur einheimischen Bevölkerung als „Brücke“ der Freundschaft betrachteten.
Mussolini und Hitler im März 1940 am Brenner, den sie im Gegensatz zur einheimischen Bevölkerung als „Brücke“ der Freundschaft betrachteten.




Andreas Hofers alte Garde

In diesem Beitrag wird im Rückblick auf den Todestag Andreas Hofers am 20. Februar 1810 eine Reihe bislang wenig bekannter Mitkämpfer des Tiroler Freiheitshelden näher vorgestellt, unter denen sich zahlreiche Priester befanden.

Hierbei wird auf die Forschungen von Prof. Dr. Rudolf v. Granichstaedten-Czerva zurückgegriffen, die er in den 30er Jahren sowohl in Buchform („Andreas Hofers alte Garde“, Innsbruck 1932), als auch in vielen Ausgaben der christlichen Tageszeitung „Tiroler Anzeiger“ veröffentlichte.

Teil I
Priester im Freiheitskampf

Ein Beitrag zur Geschichte – zusammengestellt von Georg Dattenböck

Der Freiheitskampf der Tiroler von 1809 war kein Glaubenskrieg, er war auch kein nationaler Krieg, er war vielmehr ein Kampf um die überlieferte, jahrhundertealte Verfassung und Freiheit Tirols.

Andreas Hofer war seit 11.2.1806 bayerischer Staatsbürger. Als solcher erhob er sich gegen den durch den Frieden von Preßburg vom 26.12.1805 zum rechtmäßigen Herrscher des Landes gewordenen bayerischen König Max Josef aus dem Geschlecht Wittelsbach (*27.5.1756 in Mannheim; †13.10. 1825 auf Schloss Nymphenburg).

Zu dieser organisierten Erhebung der Tiroler wurde Hofer nicht direkt von Österreich aus beauftragt, aber seine Pläne wurden wegen der Nichteinhaltung verschiedener Bestimmungen des Friedensvertrages von Kaiser Franz I. in Wien gebilligt.

Hofers kriegerische Tätigkeit setzte erst mit der offiziellen Kriegserklärung Österreichs (9.4.1809) an Frankreich ein. Somit war Hofer während des ersten Kriegszustandes ein legitimer Führer des Tiroler Landsturmes, wie auch Feldmarschall-Leutnant Marquis Chasteler ein legitimer Anführer des österr. Heeres war.

Völkerrechtlich war das Tiroler Volk 1809 als „kriegsführende Partei“ anzusehen, da es organisiert war, die Waffen offen führte und die Gesetze und Gebräuche des Krieges beobachtete.

Andreas Hofer – zeitgenössischer Stich aus dem Jahre 1809 von Franz Altmutter, Mitkämpfer in der Schlacht am Bergisel in Innsbruck.
Andreas Hofer – zeitgenössischer Stich aus dem Jahre 1809 von Franz Altmutter, Mitkämpfer in der Schlacht am Bergisel in Innsbruck.

Andreas Hofer als Haupt der organisierten Volkserhebung war bis zum Waffenstillstand der völkerrechtlich anerkannte Führer eines Volksheeres. Er war kein Staatsbeamter oder Offizier, er hatte die Funktion eines Landesverwesers und regierte durch die Verhinderung des Kaisers Franz I. in seinem Namen in Tirol.

Mit dem Friedensschluss von Wien am 14.10.1809 änderte sich die Sachlage. Der Kaiser verzichtete offiziell auf die Regierung über Tirol. Da jedoch Hofer das Land Tirol weiterhin mit Waffen verteidigte, verlor er den Status des kaiserlichen Landesverwesers und wurde ein Rebell gegenüber dem König von Bayern.

Andreas Hofers alte Garde von anno 1809 (Postkarte aus dem Gedenkjahr 1909).
Andreas Hofers alte Garde von anno 1809 (Postkarte aus dem Gedenkjahr 1909).

Erzherzog Johann, der Bruder des Kaisers, unterstützte die Tiroler sehr massiv. Zur ersten Besprechung des Aufstandsplanes reiste am 16.1.1809 Hofer mit seinen Vertrauten Franz Anton Nössing und Peter Huber auf verschiedenen Wegen nach Wien. Hofer wohnte in Wien bei dem aus dem heimatlichen Passeiertal stammenden Weinhändler und Wirt Andreas Duschel in dessen Haus in einer Dachstube in Gumpendorf.

Hofer mit seinen Begleitern auf der Freiung in Wien (Bild aus: Granichstaedten-Czerva)
Hofer mit seinen Begleitern auf der Freiung in Wien (Bild aus: Granichstaedten-Czerva)

Erzherzog Johann (Zeitgenössisches Gemälde von einem unbekannten Maler).
Erzherzog Johann (Zeitgenössisches Gemälde von einem unbekannten Maler).

In drei geheimen, nächtlichen Treffen mit Erzherzog Johann, sowie auch mit dem kaiserlichen Hofrat Josef Freiherr v. Hormayr in dessen Büro im Wiener Staatsarchiv, wurden die Aufstandspläne im Detail besprochen. Nach sechstägigem Aufenthalt in Wien reisten Hofer und seine Begleiter ab. Hofer ging, zu Hause angekommen, sofort an die Organisation des Aufstandes.

Der Geheimsekretär des Erzherzogs Johann: Anton Binner

Anton Binner war eine hinter den Kulissen wirkende, aber für die Geschichte Tirols sehr wichtige Persönlichkeit in der schicksalsschweren Zeit zwischen 1809 und 1814. In den großen Geschichtswerken über den Aufstand wird sein Name nicht erwähnt. Binner wurde 1767 in Graden bei Köflach (Steiermark) geboren, trat 1803 als Praktikant beim Hofkriegsrat in Wien ein und stieg bis zum Jahre 1808 in seiner Laufbahn zum Konzipisten auf. Um 1804 kam er „in Verwendung“ zum Erzherzog Johann und diente in dessen Kanzlei bis kurz vor seinem Tod am 12.1.1836.

Der Steiermärker Binner und der erzherzogliche Hof-Büchsenspanner, der Tiroler Anton Steger (* 1768 in Bruneck, †1832 in Wien), waren die engsten Vertrauten des damals 26jährigen Prinzen und stellten schon Ende 1808, also zur Zeit, als Tirol noch besetzt war, die geheime Korrespondenz zwischen den aufständischen Tirolern und dem Prinzen her.

Erzherzog Johann mit seinem Sohn Franz auf der Böckfeldalm bei Bad Gastein. Nach einem Ölgemälde von Johann Fischbach 1847.
Erzherzog Johann mit seinem Sohn Franz auf der Böckfeldalm bei Bad Gastein. Nach einem Ölgemälde von Johann Fischbach 1847.

Der Erzherzog schrieb in seinen Tagebüchern über seinen Getreuen Binner: „…sehr in der klassischen Spezialliteratur unterrichtet, sehr gutes Konzept, schöne Schrift, ordnungsliebend, Deutsch, Böhmisch, Latein, Italienisch gut sprechend, dabei fröhlich und voll Sonderbarkeiten.“

Und über Andreas Hofer schrieb der Erzherzog: „Hofer war der treue, edle Mann, voll Einfalt und Uneigennützigkeit, er war der Blutzeuge von Tirol.“

In Wien wohnte Anton Binner in Auf der Wieden 537, nicht weit von Hofers Quartier in Gumpendorf. Binner war der stille Organisator des gesamten Aufenthaltes der Tiroler in Wien. Nach deren Abreise besorgte Binner den geheimen Briefwechsel mit dem Erzherzog. Alle an die Tiroler „Bauern-Könige“ gerichteten Briefe Erzherzogs Johanns gingen durch Binners Hand, der Prinz hörte gern den Rat des um 20 Jahre älteren Sekretärs. Nach dem Abgang Anton Stegers im Juni 1809 in das Pustertal hatte Binner allein die Fäden in der Hand. Hunderte Briefe „flogen“ ins treue Tirol. Jeder auch noch so ungelenk geschriebene Zettel eines Tiroler Patrioten wurde von Binner dem Erzherzog persönlich vorgelegt. Als dann nach Kriegsende die Tiroler in großer Zahl nach Wien flohen, nahm sie Binner gastfreundlich in seiner Privatwohnung auf und verpflegte sie um Gottes Lohn.

Als Ende 1815 die Kämpfe der Tiroler um die Wiederherstellung ihrer alten Verfassung wieder begannen, stellte sich Binner auf ihre Seite und ebnete den verschiedenen nach Wien reisenden Tiroler Abordnungen den Weg zu den Ministern und zum Kaiser. Ihre zahlreichen Denkschriften ließ er durch ein eigenes Konzipistenbüro vervielfältigen.

Anton Binner hatte sich unter den besonders harten und schwierigen Verhältnissen um Tirol und um Andreas Hofer und seine Mitstreiter sehr große Verdienste erworben! Dr. Franz Ritter v. Krones nennt Binner in seinen Werken „…des Prinzen verlässlichster Wachtposten, treuester unermüdlichster Sekretarius, für die Tiroler ein unwandelbarer Freund und Nothelfer.“

Tiroler Feldkapläne 1809

In Vergessenheit geraten sind viele Tiroler Priester des Jahres 1809, die Widerstand gegen die Fremdherrschaft leisteten oder sogar an Gefechten teilnahmen. Durch die massiven Verbote und Eingriffe königlich-bayerischer Beamter in die religiösen Gebräuche und Sitten und durch diese überaus harte Behandlung, hatte sich die tiefgehende Empörung des Tiroler Volkes auch auf die Priester übertragen.

Steckbrief (Proklamation) des bayerischen Generals Bernhard Erasmus Deroy für die Ergreifung zweier unliebsamer Priester (Stiftsarchiv Fiecht).
Steckbrief (Proklamation) des bayerischen Generals Bernhard Erasmus Deroy für die Ergreifung zweier unliebsamer Priester (Stiftsarchiv Fiecht).

Diese folgten freiwillig dem Tiroler Landsturm auf die Kampfstätten. Es ist geschichtlich nicht zu bestreiten, dass diese Feldkuraten und Feldkapläne sich manchmal, einer augenblicklichen Situation gehorchend, zu Kommandanten und Hauptleuten der Schützenkompagnien entwickelten, wenn ihnen die Schützen in der Stunde der Gefahr das Kommando aufdrängten. Dies geschah aber nur ausnahmsweise, in der Regel standen diese Priester mit Todesverachtung mitten im tobenden Kampfgeschehen, indem sie den Sterbenden beistanden, die Verwundeten pflegten und sich an deren Bergung beteiligten.

Die noch vorhandenen Standeslisten der Tiroler Schützenkompanien verzeichnen neben dem Hauptmann, Ober- und Unterleutnant, Leutnant, Fähnrich, Feldwebel, Furier (Verpflegungs- und Quartiermeister), Feldchirurgen, Zimmermann, Büchsenmacher, Spielleuten (Tambour, Pfeifer und Trompeter), auch den Feldkaplan.

Es finden sich bei den Kämpfen am Bergisel 1809 bei den Schützenkompagnien folgende Namen von Priestern (Aus: „Tiroler Anzeiger“ vom 23. August 1935):

Latzfons: P. Joachim Haspinger (*28.10.1776 in St. Martin-Gsies, †12.1.1858 in Salzburg);

Kriegsrat Andreas Hofers mit seinen Mitstreitern Kajetan Sweth (links im Vordergrund), Josef Speckbacher und Pater Joachim Haspinger (Gemälde von Franz von Defregger).
Kriegsrat Andreas Hofers mit seinen Mitstreitern Kajetan Sweth (links im Vordergrund), Josef Speckbacher und Pater Joachim Haspinger (Gemälde von Franz von Defregger).

Schöneck-Bruneck:, 4. Kompagnie: Josef Matthias v. Sammern-Frankenegg (†24.6. in Kiens-Bruneck);
Michaelsburg, 2. Kompagnie: Josef Fasser (St. Lorenzen);
Layen-Klausen: Anton Ueberbacher (*in Layen);
Sarntal: Paufler (Kooperator von Pens);
Wildschönau: Anton Maller;
Achental, 2. Kompagnie: Josef Schweigl (*2.5.1761 in Rattenberg, †18.3.1834 in Fiecht);
Ischgl, 6. Kompagnie: Johann Zaengerl (Verwandter des Fürstbischofs v. Seckau, Roman Sebastian Zaengerl);
Scharnitz: Andreas Ennemoser (*in Flaurling 29.11.1781, †Haßlach, Niederösterreich 21.4.1834);
Hörtenberg, 4. Kompagnie: Franz Hupfauf;
Hörtenberg, 13. Kompagnie: Peter Greiter (*6.6.1784 in Serfaus, †24.8.1850 in Mühlau);
Meran, 1. Kompagnie: Johann Degeser (*11.10.1775 in Meran, †daselbst 16.6.1848);
Algund, 2. Kompagnie: Andreas Stecher (*29.11.1781 in St. Valentin a. d. Haide, †19.1.1866 Algund);
Mauls-Sterzing: Josef v. Zieglauer-Blumenthal (*17.4.1775 in Bruneck, †8.11.1886 Milland);
St. Leonhard im Passeier: Jakob Hofer (*7.3.1774 in Stuls, †daselbst 25.4.1827);
St. Valentin auf der Haide: Peter Dintl;
Pfunds: Josef Stillebacher;
Agums (Bezirk Glurns): Johann Poeder;
Stein am Ritten: Simon Wiedenhofer (*5.5.1783 in Lengmoos, †1.6.1837 als Pfarrer von Tisens);
Heiligenkreuz-Mils: Simon Pult O.F.M. (*15.4.1740 in Fendels, †1.5.1823 in Hall);
Inzing: Alois H. Kuen (*14.7.1779 in Längenfeld; †11.8.1831 in Wiesing);
Schenna: Josef Alder (*2.6.1777 in Hafling, †3.12.1809 in Schenna);
Villanders: Johann Gruber (*16.1.1781 in Villanders, †26.8.1841 in Terlan);
Brixentaler Landsturm: Johann Moellinger (Hopfgarten);
Weitental: Georg Lantschner (*9.4.1772 in Steinegg, †15.4.1823 in Predig);
Paznaun: Stephan Krimser (*26.12.1777 in Karres-Imst, †8.11.1869 Kronburg);
Zillertal: Siard Hofer (*19.11.1775 in Innsbruck, †16.12.1821 in Sellrain);
Wörgl: Benedikt Georg Haas (*16.10.1783 in Innsbruck, †daselbst am 2.11.1829);
Schlanders: Josef Daney (*9.5.1782 in Schlanders, †19.5.1826 in St. Pauls-Eppan);
Wenns: Johann M. Perthold (*29.9.1781 in Pfunds, †21.5.1843 in Wiener Neudorf);
Brixenthal: Kaspar Benedikt Hagleitner (*5.1.1779 in Bockern-Brixenthal, †12.8.1836 in Kalksburg);
Kitzbühel: Vinzenz Steinberger (*28.3.1781 in Kitzbühel, † 27.3.1837 in Going);
Sarnthein: Johann Matthias Stuefer (*20.9.1776 in Sarnthein, †8.1.1866 in Temesvar);
Pustertaler Landsturm: Johann Wolfsgruber (*1780 in Aufhofen, †9.12.1809 an einer schweren Kriegsverletzung in Aufhofen).

Noch vor ihrer Weihe finden wir nicht selten Tiroler Priester, die als Scharfschützen oder Offiziere ins Feld zogen, z.B. den Kaplan Johann Baptist Baldauf. Als die Burgeiser Schützen unter ihrem Hauptmann Josef Jakob Moriggl anfangs August 1809 nach Nordtirol zogen, um die dort eingenisteten napoleonischen Truppen aus dem Land zu jagen, schloss sich ihnen auch der junge Johann Baptist Baldauf an und wurde zum Leutnant gewählt. Johann Baptist Baldauf wurde am 29.5.1788 in Burgeis geboren, er beteiligte sich wacker an der Erstürmung des heiß umstrittenen Della-Torre-Hofes oberhalb von Hötting, mit dessen Besitznahme auch die Eroberung Höttings am 11.8.1809 erleichtert war. Er nahm weiter an verschiedenen Aufstandsaktionen teil. Dann studierte er Theologie  und wurde im Jahre 1813 zum Priester geweiht.

Nach verschiedenen Seelsorge-Stationen kam er nach Fügen im Zillertal und zog 1848, schon 60jährig, mit der Fügener Scharfschützenkompagnie unter dem Hauptmann Franz Rainer gegen Süden, wo er am 8.5.1848 in Rovereto anlangte und an der Erstürmung des verschanzten Lagers und Blockhauses in San Pietro teilnahm. Unter Baldaufs Leitung übten die Fügener das Scheibenschießen am Roveretaner Schießstand. 1848 war Baldauf als pensionierter Pfarrvikar auch Präfekt der Bürger-kongregation in Innsbruck.

In Anerkennung seiner Verdienste verlieh ihm der Kaiser am 17.8.1849 das goldene geistliche Verdienstkreuz „pro piis meritis“ und die Landesverteidigungsmedaille 1848, nachdem er schon früher das Kanonenkreuz 1813 erhalten hatte. Das Jahr 1859 rief ihn wieder als Feldkurat ins Feld. Er zog damals mit der Kitzbühler Schützenkompanie an die Front.

Zum Tiroler Landesfest 1863 in Innsbruck zog der nun 75jährige Priester mit der Kitzbühler Kompanie aus und diente am 29.9.1863 bei der großen, in Anwesenheit des Kaisers gehaltenen Feldmesse im Hof der Innsbrucker Klosterkaserne dem 86jährigen Zelebranten Stefan Krismer (*1777, †1869 in Kronburg bei Zams) als Ministrant. Baldauf war zuletzt Vikar in Ellmau , resignierte wegen hohen Alters auf diese Stelle und ließ sich als Pensionist in Kitzbühel nieder, wo er im Haus Nr. 35 am 24.7.1866 starb.

Der Priester Stefan Krismer wirkte in seiner Heimatgemeinde Karres und als Kooperator in Arzl im Pitztal. 1809 zog er als Feldkurat der Oberinntaler Schützen ins Feld und war Berater Andreas Hofers (Zeitgenössisches Bild, welches auch auf der Jubiläumspostkarte von 1909 wiedergegeben ist).
Der Priester Stefan Krismer wirkte in seiner Heimatgemeinde Karres und als Kooperator in Arzl im Pitztal. 1809 zog er als Feldkurat der Oberinntaler Schützen ins Feld und war Berater Andreas Hofers (Zeitgenössisches Bild, welches auch auf der Jubiläumspostkarte von 1909 wiedergegeben ist).

Johann Baptist Baldauf war verwandt mit Josef Baldauf (*1791 in Graun, †31.8.1876), Landesverteidiger 1809, und mit Christoph Baldauf, der 1809 die 109 Mann starke Landesschützenkompanie in Graun aufstellte und mit ihr als Hauptmann die Gefechte bei Mittenwald (2.6.1809) und am 13.8. am Bergisel mitmachte. Zwei im Besitz des Postmeisters Kassian Baldauf in St. Valentin auf der Haide befindliche Zeugnisse, ausgestellt für Christian Baldauf von Martin Firler (Hall, 17.8.1809) und Josef Marberger (Mals, 25.8.1809) bestätigen den Patriotismus des Christian Baldauf, dessen Porträt in der Speckbacher Galerie des Bergisel -Museums hängt.

Die Baldauf sind ein altes Vinschgauer Geschlecht, aus dem Ambros Baldauf, Bürger der Stadt Glurns, am 27.3.1576 vom Erzherzog Ferdinand einen Wappenbrief erhielt und damit geadelt wurde.

Auch in den Feldzügen vor 1809, also 1796 bis 1799, ragten viele Tiroler Feldkapläne durch Mut hervor:

Padoeller als Feldpater der Imster Schützen (*17.1.1764 in Graun, †26.3.1799 in Nauders);
Pirmin v. Perkhofer zu Moos und Taufers (*3.5.1752 in Lienz, †Sterzing 30.10.1801 als Feldkurat der Nauderser 1797);
Ubaldus Christandl bei den Meraner Schützen (*in Taufers, Vintschgau);
Josua Poell (*1756 in Sterzing, †in Brixen a. E.).

Manche Feldkuraten zogen mehrmals ins Feld, und mussten, da sie vom Feind als Kombattanten behandelt wurden, bei Friedensschluss nach Wien flüchten, wo sie dann Anstellungen in der Wiener Erzdiözese erhielten.

Außer den genannten Feldkaplänen, deren Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit macht, haben sich im Jahre 1809 zahlreiche Tiroler Priester durch die Organisierung von Schützenkompagnien, als Parlamentäre, Vertrauensmänner usw. um die Heimat sehr verdient gemacht.

Der erste Priester, dem wir in Hofers Begleitung 1809 begegnen, ist Josef Alber. Er war Feldpater der Schützen von Schenna (s. oben). Alber war auch Kooperator von Schenna, hielt an jenem gewitterschwülen Abend des 24.5.1809, vor der Schlacht bei Matrei, über Ersuchen von Andreas Hofer den Kämpfern eine feurige Anrede und erteilte ihnen die Generalabsolution.

Auf einer historischen Postkarte ist Feldpater Josef Alber bei seiner Ansprache auf dem Bergisel dargestellt.
Auf einer historischen Postkarte ist Feldpater Josef Alber bei seiner Ansprache auf dem Bergisel dargestellt.

Alber wurde vor der Schlacht auf dem Küchelberge (16.11.1809) bei Meran, in der sogenannten „Lazag“ (Gemeinde Obermais) verwundet, musste am 24.11. von Schenna nach Verdins (bei Schenna) getragen werden, wo er am 3.12.1809 an den Folgen der Verwundung starb. Er ruht in der Pfarrkirche zu Schenna, wo auch ein einfaches Gedenktäfelchen an der Kirchenmauer an ihn erinnert.

Die Pfarrkirche von Schenna, in welcher Feldpater Josef Alber begraben liegt (Historische Postkarte).
Die Pfarrkirche von Schenna, in welcher Feldpater Josef Alber begraben liegt (Historische Postkarte).

Nach seinem Einzug in Innsbruck am 15.8.1809 lud Hofer den Provinzial der Kapuziner, Pater Jakob Gepp (*5.7.1753 in Kitzbühel), zum Mittagsmahl. Gepp hatte schon, allerdings mit wenig Erfolg, am 12.4.1809 in Innsbruck die Aufständischen zur Einstellung der Feindseligkeiten bewegen wollen. Im August durfte Gepp bei Hofer in der Hofburg stets unangemeldet eintreten, während andere sich melden und warten mussten. Auch im Dezember-Aufstand 1813 trat Gepp als Friedensapostel auf und erhielt bei einem Tumult einen Messerstich. Er starb am 23.3.1832 in Innsbruck.

Der Priester Franz Xaver Köck (*6.8.1765 Innsbruck, †daselbst 15.3.1814) saß ab August 1809 an der Tafelrunde der Freunde Hofers. Er inspirierte Hofer zu dessen Verfügung über die Innsbrucker Universität, wo Köck provisorisch die Lehrkanzel für Moral übertragen erhielt.

Der Hofprediger Hofers war der Ex-Jesuit Karl von Tschiderer-Gleifhelm (*24.5.1746 in Innsbruck, †daselbst 20.11.1820), der am 4.10.1809, am Namenstag von Kaiser Franz und Hofers höchstem Ehrentag, die Festpredigt hielt.

Zu den Geistlichen in Hofers Rat zählten auch Andreas Stecher und Johannn Degeser (s. oben).

Stecher zeichnete sich als Feldkaplan der 2. Kompagnie von Algund unter Peter Thalguter in der Schlacht am Bergisel am 13.8.1809 aus und hielt sich folgend in der nächsten Umgebung Hofers auf.

Er hatte auf den Sandwirt großen Einfluss. Am 29.11.1809 begleitete Stecher den Kompaniekommandanten Peter Thalguter zur Laviser Brücke, um dort mit dem Parlamentär des französischen Generals Honorè Vial einen Waffenstillstand abzuschließen.

Auch der Priester Josef Daney (s. oben) wurde von Hofer wiederholt für administrative Regierungsgeschäfte zu Rate gezogen.

Ein verwundeter Offizier der Napoleonischen Truppen übergibt seinen Degen einem grüßenden Tiroler Freiheitskämpfer und verlässt mit seinen Soldaten einen ummauerten Kirchhof (Lithographie von J. M. Benz 1835 (Archiv des Verfassers).
Ein verwundeter Offizier der Napoleonischen Truppen übergibt seinen Degen einem grüßenden Tiroler Freiheitskämpfer und verlässt mit seinen Soldaten einen ummauerten Kirchhof (Lithographie von J. M. Benz 1835 (Archiv des Verfassers).

Der berühmte Prediger Benitius Mayr wurde von Hofer für die Abhaltung besonderer Predigten und Festreden verwendet. Als Mitglied der Generaladministration fungierte bei deren Sitzungen auch der von Hofer sehr geschätzte Abt von Wilten, Markus Egle (*26.6.1736 Innsbruck, †daselbst 24.1.1820), als einziger Vertreter des Klerus.

Diese historische Postkarte zeigt Andreas Hofer bei der Schlacht auf dem Bergisel zusammen mit dem Grafen Hendl von Goldrain im Vinschgau und Mönchen vom Stift Wilten.
Diese historische Postkarte zeigt Andreas Hofer bei der Schlacht auf dem Bergisel zusammen mit dem Grafen Hendl von Goldrain im Vinschgau und Mönchen vom Stift Wilten.

Als der Aufstand verloren war, begaben sich am 10.12.1809 drei Priester aus Hofers engerer Heimat: Hofers Beichtvater, der greise Leonhard Rempp aus St. Leonhard/Passeier, der Kurat von Platt/Passeier, Magnus Prieth und der bayerische Staatspfarrer von St. Martin/Passeier Vinzenz von Ampach-Grienfeld, zu Hofers Versteck auf den Pfandlerhof in Ober-Prantach, um ihm mit ihrem Rat beizustehen. Sie wollten ihn zur Flucht nach Österreich bewegen. Hofer achtete jedoch nicht auf den Rat der Seelsorger und ließ sie unverrichteter Dinge abziehen.

Protest des Volkes gegen einen aufgezwungenen Geistlichen

Wie weit und tief der Widerstand des Volkes ging, zeigt folgender Vorfall: als die bayerische Regierung den ihr ergebenen Kooperator von St. Leonhard, Matthias Hermeter (*29.6.1780 in Wangen, †16.2.1834 zu Lajen), als Pfarrer nach St. Martin/Passeier versetzte, protestierten die Gläubigen dagegen.

Den Protest der Gläubigen in St. Martin verewigte Wilhelm von Wörndle in einem Gemälde, welches auf einer historischen Postkarte wiedergegeben wurde.
Den Protest der Gläubigen in St. Martin verewigte Wilhelm von Wörndle in einem Gemälde, welches auf einer historischen Postkarte wiedergegeben wurde.

Franz Raffl wurde als Verräter enttarnt

Der Priester Josef Daney wurde zuerst verdächtigt, den Sandwirt an die Franzosen verraten zu haben, und zwar aus Rache, weil ihn Hofer am 21.11.1809 in Saltaus einsperren ließ, weil Daney zu den Friedensfreunden zählte und dadurch bei den Passeirern in den Verdacht franzosenfreundlicher Gesinnung geriet. Daney konnte sich aber gegen diese ihm zuerst vom Historiker Joseph v. Hormayr zugefügte Verleumdung vollkommen reinwaschen, hauptsächlich gestützt auf das offizielle Dementi des Grafen Alois Baraguey d’Hilliers in der „Innsbrucker Zeitung“ vom Februar 1810 Nr. 36.

Als Verräter Hofers wurde dann einwandfrei Franz Raffl (*10.10.1775 in Prenn bei Schenna, †13.2.1830 in Reichertshofen bei Ingolstadt) festgestellt und diese Tatsache durch Hofrat Klaar auf Grund archivalischer Studien veröffentlicht.

Franz Raffl verrät das Versteck des Andreas Hofer (historische Darstellung von Leopold Puellacher 1820).
Franz Raffl verrät das Versteck des Andreas Hofer (historische Darstellung von Leopold Puellacher 1820).

Nun geht aus der Aussage Raffls vor dem französischen Auditor in Meran am 31.3.1810 nicht hervor, auf welche Weise Raffl Hofers Versteck auf der Pfandler-Alpe erfahren hatte. In dem alten, wenig bekannten Buch „Geschichte Tirols“ (Verlag Wagner, Innsbruck 1854) von Josef Thaler, Pfarrer in Kuens (*15.10.1798 in Mannereck auf dem Staffelsberg in Ulten, †27.12.1876 in Kuens) findet sich im Anhang unter „Berichtigungen“ (S. 477) folgende Notiz:

„Ueber den Verräter Andreas Hofers, Franz Raffl, gab ein Passeirer jüngst (1854) einen neuen Aufschluss, indem er einen Seelsorgspriester in Passeier weinend entdeckte, dass er an dem Verrat des Sandwirtes Mitursache gewesen sei. Er sei nämlich, damals noch als Geißbube, von dem genannten Raffl gefragt worden, ob er den Aufenthalt des Sandwirtes wisse, worauf er ihm mit „Ja“ geantwortet habe und ihm denselben auch nannte, ohne jedoch im mindesten zu vermuten, dass Raffl etwas Böses im Sinne haben könne. Bald hernach sei dann der Sandwirt gefangen worden.

Aus dieser Angabe geht hervor, dass Raffl Hofers Aufenthalt in der Prantacher Alpenhütte des Pfandlers wohl nicht zufällig entdeckte, sondern den Gang zu seinem Heugader eben schon in der Absicht unternommen habe, um sich, ohne Verdacht zu erregen,  von der wirklichen Anwesenheit Hofers in der benachbarten Hütte und von der Richtigkeit der Aussage des Geißbuben zu überzeugen.“

Die Pfandlerhütte, in der Andreas Hofer gefangen genommen wurde (Bild aus Postkarte).
Die Pfandlerhütte, in der Andreas Hofer gefangen genommen wurde (Bild aus Postkarte).

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Ehrende Erinnerung an die mutigen Freiheitskämpfer Elisabeth und Kurt Welser

Am 27. Jänner 2024 sandte der Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB), Roland Lang, eine Pressemitteilung aus, in der es hieß:

„Letzter Abschied von Elisabeth Welser – Es hat uns die traurige Nachricht erreicht, dass Elisabeth Welser am 23. Jänner 2024 in Mieders verstorben ist. Die 1930 Geborene war die Frau von Kurt Welser, des bereits im Jahre 1965 einem Bergunfall am Zinalrothorn in der Schweiz zum Opfer gefallenen Nordtiroler Freiheitskämpfers für Südtirol.“

Seit 1959 habe der Nordtiroler Kaufmann Kurt Welser zusammen mit anderen Mitstreitern den österreichischen Zweig des Befreiungsausschusses Südtirol (BAS) organisiert. Ihm sei seine Frau als Mitverschworene und Helferin stets zur Seite gestanden.

Kurt Welser habe zahlreiche Südtiroler in der Sprengtechnik ausgebildet und aktiv an Sprengungen teilgenommen. In zahlreichen gefährlichen Autofahrten lieferte er zusammen mit seiner Frau Elisabeth große Mengen Sprengstoff nach Südtirol.

„Es war wichtig, dass Elisabeth Welser an diesen Aktionen teilnahm, denn die Carabinieri kontrollierten an der Grenze nicht so genau, wenn eine Frau zusammen mit ihrem Mann offenbar auf Urlaub in den sonnigen Süden reiste. Elisabeth Welser riskierte damit natürlich Verhaftung und langjährige Kerkerhaft in Italien.

Zu ihrer Verfolgung kam es jedoch in Österreich. In einem Prozess in Graz wurden am 7. Dezember 1961 Elisabeth Welser zu 6 Monaten Kerker und ihr Mann Kurt zu einem Jahr Kerker verurteilt. Nach der Urteilsverkündung stimmten Elisabeth und Kurt Welser sowie die anderen Verurteilten die Tiroler Landeshymne „Zu Mantua in Banden“ an und das anwesende Publikum fiel ein.

Gegen diese Anklageerhebung hatte die Nordtiroler Landesregierung vergeblich protestiert und für die Enthaftung von Kurt Welser sogar eine Kaution angeboten. Er und seine Frau Elisabeth mussten in der Folge aber aufgrund einer von der Nordtiroler Landesregierung geforderten und erreichten Begnadigung die Strafe nicht verbüßen.

Elisabeth Welser hat ihre Haltung auch in späteren Jahren nie verleugnet und aus Südtirol geflüchteten Freiheitskämpfern Aufenthalt und jegliche mögliche Unterstützung gewährt.

Wir nehmen mit Trauer und Dankbarkeit von dieser mutigen Patriotin Abschied und sprechen ihrer Familie, besonders den Töchtern Katharina, Verena und Cordula unser Beileid aus.

 Roland Lang
Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB)“

Dokumentation des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB):

Elisabeth und Kurt Welser – mutige Streiter für die Freiheit Südtirols

1953: Eine verzweifelte Warnung – Der „Todesmarsch“ der Deutschen und Ladiner Südtirols

Kanonikus Michael Gamper und sein Warnruf in den „Dolomiten“ vom 28. Oktober 1953.
Kanonikus Michael Gamper und sein Warnruf in den „Dolomiten“ vom 28. Oktober 1953.

Am 28. Oktober 1953 sah sich Kanonikus Michael Gamper, der große Vorkämpfer für die Rechte seiner Volksgruppe, veranlasst, in den „Dolomiten“ warnend zu schreiben: „Die gewollte Unterwanderung unseres Volkes geht unaufhaltsam weiter. … Es ist ein Todesmarsch, auf dem wir Südtiroler seit 1945 uns befinden, wenn nicht noch in letzter Stunde Rettung kommt.

Ab 1956: Das Entstehen des „Befreiungsausschusses Südtirol“ BAS

Ab 1956 hatte sich unter der Leitung des Frangarter SVP-Ortsobmannes, Kleinbauern und Gemischtwarenhändlers Sepp Kerschbaumer der „Beratungsausschuss Südtirol“ (BAS) gebildet, der entschlossen war, notfalls durch demonstrative Anschläge die internationale Öffentlichkeit aufzurütteln.

Der damalige SVP-Ortsobmann Sepp Kerschbaumer versuchte zunächst mit friedlichen Mitteln eine Wende herbeizuführen. Er hisste demonstrativ Tiroler Fahnen an und vor der Frangarter Ortskirche. Daraufhin erschienen die Carabinieri und beschlagnahmten die Fahnen.

Der Frangarter Kaufmann Josef Kerschbaumer und seine „aufrührerische“ Straftat: Eine Tiroler Fahne, die Kerschbaumer zu Andreas Hofers Gedenken an dem Kirchturm in Frangart gehisst hatte.
Der Frangarter Kaufmann Josef Kerschbaumer und seine „aufrührerische“ Straftat: Eine Tiroler Fahne, die Kerschbaumer zu Andreas Hofers Gedenken an dem Kirchturm in Frangart gehisst hatte.

Kerschbaumer wurde wegen „aufrührerischer Kundgebung“ zu 10 Tagen Haft verurteilt. (Bericht der SVP-Wochenzeitung „Der Volksbote“ am 20. Juli 1957)

 1958 sprach der SVP-Ortsobmann Kerschbaumer bei seinem Parteiobmann Silvius Magnago vor und beklagte die Ergebnislosigkeit der Verhandlungen mit den Italienern. Er erklärte, dass Anschläge „auf Objekte, nicht auf Menschen“ durchgeführt werden müssten. Magnago erklärte, dass er Kerschbaumer nicht die Hände zubinden könne.

(Siehe: Josef Fontana / Hans Mayr: „Sepp Kerschbaumer“, Bozen 2000, S. 102f)

Sepp Kerschbaumer war mit dem Nordtiroler Landtagsabgeordneten und späteren Landesrat Rupert Zechtl (SPÖ) befreundet, der voll in die Pläne des BAS eingeweiht wurde und darüber brieflich an Außenminister Bruno Kreisky (SPÖ) nach Wien berichtete. Diese Briefe sind im Kreisky-Archiv in Wien erhalten und dokumentieren die Mitwisserschaft der „hohen Politik“.

Ab 1957: Der Nordtiroler Zweig des BAS

In Nordtirol hatte der aus einer der bekanntesten alteingesessenen Tiroler Familien stammende Wolfgang von Pfaundler seit 1957 den Nordtiroler Zweig des BAS aufgebaut. Zu Kriegsende im Jahre 1945 hatten Wolfgang von Pfaundler und seine Freunde Dr. Helmut Heuberger und Fritz Molden Innsbruck vor der Zerstörung gerettet. Ihre bewaffnete Widerstandsgruppe gegen das NS-Regime hatte den Abzug der letzten Wehrmachtstruppen erzwungen und damit eine sinnlose Verteidigung Innsbrucks verhindert, welche mit großer Sicherheit zu einer verheerenden amerikanischen Bombardierung der Stadt geführt hätte.

Wolfgang von Pfaundler war Journalist, Volkskundler, Schriftsteller und Fotograf. 1958 veröffentlichte er in Abstimmung mit der Nordtiroler Landesregierung und der Südtiroler Volkspartei als Herausgeber ein halbamtliches Weißbuch zur Südtirolfrage: „Südtirol“ mit dem treffenden Untertitel „Versprechen und Wirklichkeit“, mit Beiträgen namhafter Fachleute und Politiker.

Pfaundler (Hrsg.): „Südtirol“ mit dem Untertitel „Versprechen und Wirklichkeit“, Wien 1958.
Pfaundler (Hrsg.): „Südtirol“ mit dem Untertitel „Versprechen und Wirklichkeit“, Wien 1958.

Zu Pfaundlers Mitstreitern gehörte das Innsbrucker Künstlerehepaar Klaudius und Herlinde Molling. Am 13. September 1959 fand in Innsbruck die große „Tiroler Landesfeier 1809 – 1959“ statt. Als sich der Landesfestzug an der Ehrentribüne vorbeibewegte, ertönte von einem gegenüber liegenden Gebäude ein lauter Böllerknall und ein großes Transparent mit einer klaren Forderung an die Politik wurde entrollt – von Kurt Welser und dem Ehepaar Molling.

Im Anschluss an eine 1809-Feier in Sterzing trafen sich am 27. September 1959 die Männer des BAS-Südtirol mit der Nordtiroler BAS-Gruppe. Sie vereinbarten eine enge Zusammenarbeit.

Dem Nordtiroler BAS gehörten neben Wolfgang Pfaundler auch der Universitätsassistent Helmut Heuberger, der Landesrat Aloys Oberhammer (ÖVP), der Kaufmann Kurt Welser, der Schriftsteller Heinrich Klier, das Ehepaar Klaudius und Herlinde Molling und weitere Mitstreiter an. Ihnen standen in Wien der mächtige Zeitungsverleger Fritz Molden, ebenfalls ein ehemaliger Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime, und der spätere ORF-Chef Gerd Bacher als Mitverschworene zur Seite.

Mitverschworene: Helmut Heuberger und Wolfgang Pfaundler sowie die Brüder Otto und Fritz Molden (hier im Gespräch mit Außenminister Dr. Kreisky).
Mitverschworene: Helmut Heuberger und Wolfgang Pfaundler sowie die Brüder Otto und Fritz Molden (hier im Gespräch mit Außenminister Dr. Kreisky).

Es kam auch zu Treffen mit dem Landtagsabgeordneten und späteren Landesrat Rupert Zechtl (SPÖ), der Kontakte und Gespräche mit Außenminister Kreisky (SPÖ) vermittelte. Bezeugt sind auch Äußerungen von Kreisky, wonach es „auf ein paar Masten mehr oder weniger“ nicht ankommen solle.

Ab 1960: Geheime Sprengstofftransporte nach Südtirol – zur Vorbereitung des großen Schlages der „Feuernacht“

Kurt Welser wurde zur treibenden Kraft des BAS in Nordtirol
Kurt Welser wurde zur treibenden Kraft des BAS in Nordtirol

Der Nordtiroler Kaufmann Kurt Welser, dessen Mutter aus Südtirol stammte, wurde zur treibenden Kraft des BAS in Nordtirol. Er hatte 1957 auf der Großkundgebung von Sigmundskron die späteren Freiheitskämpfer Sepp Kerschbaumer und Luis Amplatz kennengelernt, erinnerte sich später Elisabeth Welser. Zu Hause berichtete er: „Dann hat es geheißen, in Südtirol brauchen sie Unterstützung. Sie wollen, dass wir ihnen helfen.“ (Gesprächsprotokoll Elisabeth Welser vom 13. November 2009. Wiedergegeben in: Birgit Mosser-Schuöcker/Gerhard Jelinek: „Herz Jesu Feuernacht – Südtirol 1961“, Innsbruck-Wien 2011, S. 50)

Auf dem Plumeshof in Natters oberhalb von Innsbruck, dem Hof der Mutter von Kurt Welser, wurden künftige Anschläge beraten und Südtiroler im Sprengen ausgebildet. Kurt Welser beschaffte Sprengstoff in großen Mengen und brachte bereits am 15. Juni 1960 zusammen mit Klaudius Molling die erste Fracht nach Südtirol. Zusammen mit seiner Frau Elisabeth, die er liebevoll „Lilo“ nannte, sowie mit Herlinde Molling führte Kurt Welser per PKW zahlreiche weitere Sprengstofftransporte durch. Nahezu wöchentlich wurde eine Lieferung durchgeführt.

Dieses Bild ist eine absolute Rarität. Es wurde von Kurt Welser aufgenommen und zeigt Herlinde Molling und ihren Sportwagen Karmann-Ghia mit Münchner Kennzeichen bei einem Sprengstofftransport nach Südtirol im Raume Mühlbach. (Aus dem Ausstellungskatalog der Bozner Dauerausstellung „BAS – Opfer für die Freiheit“, www.bas.tirol, Neumarkt 2022)
Dieses Bild ist eine absolute Rarität. Es wurde von Kurt Welser aufgenommen und zeigt Herlinde Molling und ihren Sportwagen Karmann-Ghia mit Münchner Kennzeichen bei einem Sprengstofftransport nach Südtirol im Raume Mühlbach. (Aus dem Ausstellungskatalog der Bozner Dauerausstellung „BAS – Opfer für die Freiheit“, www.bas.tirol, Neumarkt 2022)

 Bei den Transporten wurden jeweils bis zu 300 kg befördert. (Näheres in: Hans Karl Peterlini: „Südtiroler Bombenjahre“, Bozen 2005, S. 81ff)

Die Carabinieri hielten Kurt Welser und seine jeweilige Begleiterin lediglich für Italien-Urlauber oder für ein verliebtes Paar. Sie kontrollierten daher das Auto nicht gründlich, unter dessen Motorhaube oder in einem versteckten Innenraum der Sprengstoff verborgen war. Trotzdem war das Risiko enorm hoch.

Die Familie Molling war von Kurt Welser auch in die Planungen des BAS eingebunden. Darüber berichtet Herlinde Molling ausführlich in ihrem Dokumentarwerk „So planten wir die Feuernacht“ (Bozen 2011).

Herlinde Molling (hier auf einem damaligen Bild) berichtete 2011 in einem umfangreichen Dokumentarwerk über die Planung, Vorbereitung und Durchführung der Anschläge der „Feuernacht“ sowie über weitere Aktionen.
Herlinde Molling (hier auf einem damaligen Bild) berichtete 2011 in einem umfangreichen Dokumentarwerk über die Planung, Vorbereitung und Durchführung der Anschläge der „Feuernacht“ sowie über weitere Aktionen.

1961: Kurt Welser und seine Freunde sprengten ein Mussolini-Denkmal

Um die Weltöffentlichkeit auf das seit mehr als 40 Jahre andauernde Unrecht aufmerksam zu machen, sprengte ein Kommando des BAS am 30. Jänner 1961 den ,,Aluminium-Duce“ bei Waidbruck. Das metallene Reiterstandbild mit den Zügen des italienischen Diktators Mussolini war am 18. November 1938 dem ,,Genius des Faschismus“ gewidmet worden und blieb seit diesem Zeitpunkt ein Symbol faschistischer Unterdrückung und Unduldsamkeit.

Zusammen mit dem Bozener Kaufmann und Bergsteiger Martl Koch und mit der Hilfe von vier jungen Nord- und Südtirolern führten der Innsbrucker Alpinist und Schriftsteller Heinrich Klier und der Nordtiroler Kaufmann Kurt Welser trotz scharfer Bewachung die Sprengung durch.

In der Zeit des Faschismus hatte das Denkmal die Aufschrift getragen: „Al GENIO del FASCISMO“ („Dem Genius des Faschismus“). Im „demokratischen Italien“ war nur die Aufschrift entfernt worden. Der Duce saß weiterhin mit faschistischem Gruß hoch zu Ross, bis ihn Kurt Welser und seine Freunde herunter holten.
In der Zeit des Faschismus hatte das Denkmal die Aufschrift getragen: „Al GENIO del FASCISMO“ („Dem Genius des Faschismus“). Im „demokratischen Italien“ war nur die Aufschrift entfernt worden. Der Duce saß weiterhin mit faschistischem Gruß hoch zu Ross, bis ihn Kurt Welser und seine Freunde herunter holten.

Am 30. Jänner 1961 lag der Duce am Boden. Man wagte in der Folge nicht, das Denkmal wieder aufzustellen.
Am 30. Jänner 1961 lag der Duce am Boden. Man wagte in der Folge nicht, das Denkmal wieder aufzustellen.

In Südtirol wurde ein Flugblatt der Südtiroler Freiheitskämpfer verbreitet. Das „T“ im Kreis sollte das vereinte Tirol symbolisieren.

Aus „Dolomiten“ vom 3. Februar 1961.
Aus „Dolomiten“ vom 3. Februar 1961.

1961: Ein Vertreibungsgesetz drohte – Der große Schlag der „Herz-Jesu-Nacht“ vom 12. auf den 13. Juni

Bericht in den „Dolomiten“ vom 6. Mai 1961 über das geplante Vertreibungsgesetz.
Bericht in den „Dolomiten“ vom 6. Mai 1961 über das geplante Vertreibungsgesetz.

Am 27. April 1961 trieb die römische Politik die Unterdrückung der Südtiroler auf die Spitze. Ein von den Senatoren der „Democrazia Cristiana“ (DC) eingebrachter Antrag zur Novellierung des italienischen Staatsbürgerschaftsgesetzes wurde im Senat mit einer großen Mehrheit angenommen. Dieser Gesetzesentwurf trug den Titel „Zur Ausbürgerung italienischer Staatsbürger, die sich der Republik gegenüber untreu verhalten“.

Dieses Gesetz sollte den Entzug der Staatsbürgerschaft von ehemaligen Südtiroler Optanten auf dem Verwaltungsweg ermöglichen. Das betraf die überwiegende Mehrheit der erwachsenen Bevölkerung deutscher und ladinischer Sprache. Es fehlte nur noch die Bestätigung durch die Abgeordnetenkammer.

Am 1. Juni 1961 traf sich Kurt Welser mit den Kameraden des Südtiroler BAS in Zernez in der Schweiz. Dort wurde die Durchführung der „Feuernacht“ beschlossen, die im Juni 1961 dieses schändliche Projekt auf den Müllhaufen der Geschichte werfen sollte.

In der Nacht vom 12. auf den 13. Juni 1961 sprengte der BAS 37 Hochspannungsmasten und beschädigte einige weitere schwer. Als Zeitpunkt war die „Herz-Jesu-Nacht“ gewählt worden, die an das Gelöbnis der Tiroler Landstände vom 1. Juni 1796 erinnerte, fortan das Fest des Herzen Jesu feierlich begehen zu wollen, wenn Tirol von drohender Feindesgefahr befreit werden sollte.

Das Ziel der BAS-Anschläge war, unter Schonung von Menschen und Privateigentum die Weltöffent1ichkeit auf das ungelöste Südtirolproblem aufmerksam zu machen und dadurch auf Italien Druck auszuüben.

Der Südtiroler BAS hatte Unterstützung aus Nordtirol gehabt. Am Morgen des 11. Juni war in Innsbruck ein Autobus, voll mit Frauen und Männern die wie gewöhnliche Sonntagsausflügler aussahen, nach Südtirol losgefahren. Unter ihnen waren Waffenstudenten und katholische Verbindungsstudenten aus Innsbruck. In Bozen trafen sie sich mit Mitgliedern der Bozener BAS-Gruppe und halfen, insgesamt etwa zwei Dutzend Hochspannungsmasten zu „laden“.

Kurt Welser und Heinrich Klier waren mit dem PKW nach Südtirol gekommen und hatten eigenhändig Sprengladungen gelegt. Herlinde und Klaudius Molling sprengten einen Mast zwischen Terlan und Gargazon. (Hans Karl Peterlini: „Südtiroler Bombenjahre“, Bozen 2005, S. 122ff)

1961: Die Antwort Roms – Verhaftungswelle und schreckliche Folterungen

Über Südtirol rollte nun eine Verhaftungswelle. Mehr als 100 patriotische Südtiroler, darunter SVP-Ortsobmänner, Schützenoffiziere und Feuerwehrleute, wurden in die Carabinierikasernen verschleppt. Dort fanden schreckliche Folterungen statt, um den Misshandelten die Namen von „Komplizen“ zu entreißen.

Dies ist aufgrund authentischer Berichte der Gefolterten und anhand weiterer Unterlagen eingehend in einer Dokumentation beschrieben.

Helmut Golowitsch: „Für die Heimat kein Opfer zu schwer – Folter Tod Erniedrigung: Südtirol 1961-1969“, Edition Südtiroler Zeitgeschichte 2012.
Helmut Golowitsch: „Für die Heimat kein Opfer zu schwer – Folter Tod Erniedrigung: Südtirol 1961-1969“, Edition Südtiroler Zeitgeschichte 2012.

Nur wenige Zellen des BAS hatten die Verfolgungswelle überstanden, einigen Freiheitskämpfern war es jedoch gelungen, in den Untergrund zu verschwinden oder nach Österreich zu flüchten.

1961: Das letzte Aufgebot: Studenten aus Österreich und Deutschland

In dieser schlimmen Situation entschloss sich Kurt Welser, auf die Hilfe deutscher und österreichischer Studenten zurückzugreifen, unter denen die Empörung über die öffentlich gewordenen Folterungen groß war. In seinem Auftrag wurden am 10. September 1961 Brandflaschen gegen Sachwerte ohne Gefährdung von Menschenleben eingesetzt. Es kam aufgrund technischer Defekte zu Verhaftungen durch die Carabinieri.

Die in Trient verhafteten Studenten Helmut Golowitsch (links) und Johannes Klein.
Die in Trient verhafteten Studenten Helmut Golowitsch (links) und Johannes Klein.

Auch der österreichische Student Helmut Golowitsch wurde in Trient festgenommen und verbrachte 2 Jahre und 3 Monate hinter römischen Gittern, bis er mit den anderen verhafteten Studenten aufgrund einer allgemeinen Amnestie vorzeitig freigelassen wurde. In der Haft hatte er gefolterte Südtiroler kennen gelernt, die ihm ihre Folterspuren an Armen und Beinen gezeigt hatten.

1961: Haftbefehle und Prozess gegen Freiheitskämpfer in Österreich

Die von Italien an Österreich übergebenen Unterlagen zu den Brandanschlägen vom 10.September 1961 führten zu Haftbefehlen in Österreich. Auch Kurt Welser wurde am 9. Oktober 1961 von der Staatspolizei festgenommen. Gegen ihn und seine Frau Elisabeth („Lilo“) sowie gegen weitere drei Angeklagte wurde am 6. und 7. Dezember 1961 in Graz ein Prozess wegen Beschaffung und Lieferung von Sprengstoff nach Südtirol durchgeführt.

Auszüge aus der Anklageschrift gegen Kurt und Elisabeth Welser (TLA Tiroler Landesarchiv, Amt der Tiroler Landesregierung, Referat Südtirol, Jahr ca. 1957-1990, Karton 26 Mappe 16d/3-7, D3 Kundgebungen).
Auszüge aus der Anklageschrift gegen Kurt und Elisabeth Welser (TLA Tiroler Landesarchiv, Amt der Tiroler Landesregierung, Referat Südtirol, Jahr ca. 1957-1990, Karton 26 Mappe 16d/3-7, D3 Kundgebungen).

Die Bank der Angeklagten im Grazer Südtirol-Prozess. Von links nach rechts: Kurt Welser, Otto Destaller, Ludwig Messerklinger. Hubert Thumer, Elisabeth („Lilo“) Welser.
Die Bank der Angeklagten im Grazer Südtirol-Prozess. Von links nach rechts: Kurt Welser, Otto Destaller, Ludwig Messerklinger. Hubert Thumer, Elisabeth („Lilo“) Welser.

Kurt Welser wurde zu 1 Jahr „schweren und verschärften Kerkers“ verurteilt, Elisabeth Welser zu 6 Monaten. Die Strafe musste aufgrund ihrer Berufung bis zu dem Obersten Gerichtshof nicht angetreten werden und wurde in der Folge durch eine Amnestie getilgt.

Für eine Begnadigung hatte sich auch der Nordtiroler Landeshauptmann Eduard Wallnöfer in einem Brief an den österreichischen Bundespräsidenten eingesetzt.

Auszug aus dem Gnadengesuch von Landeshauptmann Eduard Wallnöfer.
Auszug aus dem Gnadengesuch von Landeshauptmann Eduard Wallnöfer.

Der Plumeshof wurde zur Zufluchtsstätte für geflüchtete Südtiroler

Kurt Welser und seine Frau Elisabeth unterstützten weiterhin den Südtiroler Freiheitskampf. Kurt Welser hielt engen Kontakt zu den nach Österreich geflohenen Freiheitskämpfern, wie zum Beispiel Luis Amplatz, Weinbauer aus Bozen, und Georg Klotz, Schmied aus dem Passeier. Diese gingen über die „grüne Grenze“ wiederholt in den Einsatz nach Südtirol und die Familie Welser unterstützte sie.

Links Jörg Klotz, in der Mitte Luis Amplatz und rechts Kurt Welser im Jahr 1963 in Innsbruck.
Links Jörg Klotz, in der Mitte Luis Amplatz und rechts Kurt Welser im Jahr 1963 in Innsbruck.

Die Welser-Mutter Hedwig besaß oberhalb von Innsbruck in Natters ein schönes Gut, den Plumeshof. Dort nahm sie geflüchtete Südtiroler Freiheitskämpfer auf und bot ihnen eine „zweite Heimat“. Auf dem Gelände dieses Hofes bildete Kurt Welser auch zahlreiche Südtiroler für den Freiheitskampf aus.

Das nachstehende Bild zeigt die Familie Welser mit den von den italienischen Besatzern gefürchteten „Pusterer Buam“ auf dem Plumeshof.

Freiheitskämpfer auf dem „Plumeshof“. Von links nach rechts: Kurt Welser, Sepp Forer („Pusterer Bua“), dahinter Tochter Katharina Welser, Schwester Gertrud Welser mit Welsers Tochter Verena, Siegfried Steger („Pusterer Bua“), Mutter Hedwig Welser, Heinrich Oberlechner („Pusterer Bua“), dahinter Ehefrau Elisabeth Welser mit ihrer Tochter Cordula. (Bild aus dem Familienbesitz von Verena Welser)
Freiheitskämpfer auf dem „Plumeshof“. Von links nach rechts: Kurt Welser, Sepp Forer („Pusterer Bua“), dahinter Tochter Katharina Welser, Schwester Gertrud Welser mit Welsers Tochter Verena, Siegfried Steger („Pusterer Bua“), Mutter Hedwig Welser, Heinrich Oberlechner („Pusterer Bua“), dahinter Ehefrau Elisabeth Welser mit ihrer Tochter Cordula. (Bild aus dem Familienbesitz von Verena Welser)

Viele geflüchtete Südtiroler fanden in  der Innsbrucker Wohnung der Familie Welser Zuflucht. Die Tochter Verena Welser erinnert sich: „Was mir noch einfällt zu unserer Mutter ist, dass sie mir oft erzählt hat (die Feuernacht war nämlich nur ein Monat nachdem ich geboren worden bin und deshalb habe ich sie öfter diesbezüglich befragt), dass sie in dieser Zeit sehr viele geflüchtete Südtiroler in der Innsbrucker Wohnung beherbergt haben. Wir waren zu dieser Zeit am Plumes bei unserer Oma und die Wohnung in Innsbruck war sozusagen nur für die geflüchteten Südtiroler zur Verfügung. Zudem waren auch am Plumes geflüchtete Männer aus Südtirol. Mama hat oft darüber geredet, wie viel Bettwäsche sie damals zu waschen hatte und welch ein intensives Kommen und Gehen das damals war, welches sie alles mit einem Neugeborenen managen musste!“ (Mitteilung von Verena Welser vom 14. Februar 2024 an Roland Lang, den Obmann des „Südtiroler Heimatbundes“)

1964: Verurteilung im großen Mailänder Südtirol-Prozess

Am 9. Dezember 1963 begann in Mailand ein großer Südtirol-Prozess gegen 94 Angeklagte – 87 Südtiroler, 6 Österreicher und ein Bundesdeutscher.

Die verhafteten Südtiroler Angeklagten wurden dem Gericht in Ketten vorgeführt.
Die verhafteten Südtiroler Angeklagten wurden dem Gericht in Ketten vorgeführt.

Nicht alle Angeklagten waren bei dem Prozess anwesend. Es wurden einige Österreicher und nach Österreich geflüchtete Südtiroler in Abwesenheit angeklagt und verurteilt. Sie hatten zumeist nie eine Vorladung erhalten und von dem Verfahren gegen sie nur aus den Zeitungen erfahren. In der Nacht vom 16. Auf den 17 Juli 1964 fällte das Schwurgericht das Urteil. Insgesamt wurden 431 Jahre Haft verhängt. Kurt Welser wurde in Abwesenheit zu 23 Jahren und 10 Monaten Kerker verurteilt.

Blick in den Verhandlungssaal des Mailänder Prozesses
Blick in den Verhandlungssaal des Mailänder Prozesses

Nordtirols Landeshauptmann Eduard Wallnöfer erklärte zu dem Urteil von Mailand: die Angeklagten hätten „aus lauteren Motiven“ gehandelt. Letztlich habe das Vorgehen Italiens zu den Sprengstoffattentaten geführt. „In Mailand ist das italienische System in Südtirol unter Anklage gestanden.“ („Wochenpresse“).

1965: Anklage in Österreich

Am 10. Mai 1965 stand Kurt Welser zusammen mit weiteren 21 angeklagten Österreichern in Graz vor einem Schöffengericht, um sich wegen Vergehens gegen das Sprengstoffgesetz zu verantworten.

Die in Bozen von dem SVP-Landtagsabgeordneten Hans Dietl herausgegebenen „Südtiroler Nachrichten“ berichteten am 26. Mai 1965 über das Auftreten von Kurt Welser vor Gericht:

Im Namen aller Angeklagten sprach Kurt Welser auch das Schlusswort. Er sagte, wenn er in seinen Bergen sei und hinübersehe ins südliche Tirol, dann tue dies im Herzen immer tief weh. „Tirol isch lei oans“, heiße es in einem alten Lied – das Land sei aber immer nur dann „Eins“, wenn es nicht durch eine Unrechtsgrenze zerrissen ist. „Unsere Kraftquelle aber und unser Herz ist Südtirol, dort sind wir daheim und dort gehören wir hin“, rief Welser aus. Er schloss mit dem Appell an das Gericht: „Urteilen sie für Österreich!“

Am 21. Mai 1965 erklärte sich das Schöffengericht für unzuständig, da es sich bei den angeklagten Taten um politische Delikte handle, für die das Schwurgericht zuständig sei.

Der Prozess vor den Geschworenen begann in Graz am 20. September 1965. Kurt Welser konnte an diesem Verfahren nicht mehr teilnehmen, er war bei einem Bergunfall tödlich verunglückt. Auf seinem leeren Platz lag ein in den Tiroler Farben gehaltener Nelkenstrauß mit einer schwarzen Schleife.

Links der Mitangeklagte Günther Schweinberger, in der Mitte der Nelkenstrauß und rechts der Mitangeklagte Heinrich Klier.
Links der Mitangeklagte Günther Schweinberger, in der Mitte der Nelkenstrauß und rechts der Mitangeklagte Heinrich Klier.

Die Angeklagten beriefen sich auf das Widerstandsrecht gegen staatliche Unrechtshandlungen. Der Schwurgerichtsprozess endete am 14. Oktober 1965 mit einem sensationellen rechtskräftigen Freispruch für alle Angeklagten.

Die Verlesung des Freispruchs im Grazer Schwurgerichtsprozess am 14. Oktober 1965.
Die Verlesung des Freispruchs im Grazer Schwurgerichtsprozess am 14. Oktober 1965.

Sämtliche Angeklagten, die Verteidiger und die Geschworenen sangen nach der Urteilsverkündung das „Andreas-Hofer-Lied“. (Bergisel-Bund (Hrsg.):„Südtirol – Berichte und Dokumente. Der große Grazer Südtirolprozess vor Schöffen und Geschworenen“, Folge 2-3/ Innsbruck 1965, S.67)

1965: Kurt Welser fand den Bergtod

Kurt Welser war ein begeisterter Bergsteiger. Am 15. August 1965 fand er am Zinalrothorn in der Schweiz den Bergtod.

Bild links: Bergsteiger Kurt Welser. Bild rechts: Heinrich Klier hielt bei Welsers Begräbnis die Abschiedsrede.
Bild links: Bergsteiger Kurt Welser. Bild rechts: Heinrich Klier hielt bei Welsers Begräbnis die Abschiedsrede.

21. August 1965 wurde Kurt Welser auf dem Wiltener Friedhof in Innsbruck zu Grabe getragen. Mehr als 1.500 Freunde gaben ihm die letzte Ehre. Sein Bergkamerad und Mitstreiter Heinrich Klier nahm von ihm mit den Worten Abschied: „Kurt Welser hat die beiden Begriffe, Freiheit und Rechtlichkeit, mit Leben und Wärme erfüllt, und er hat sich mutig für ihre Durchsetzung im Süden Tirols eingesetzt.“

Auch aus Südtirol waren viele Freunde gekommen, um Kurt Welser bei seinem Begräbnis die letzte Ehre zu erweisen. (Bild aus dem Familienbesitz von Verena Welser)
Auch aus Südtirol waren viele Freunde gekommen, um Kurt Welser bei seinem Begräbnis die letzte Ehre zu erweisen. (Bild aus dem Familienbesitz von Verena Welser)

Der Friedhof konnte nicht alle Kränze fassen, so dass viele auf der Mauer aufgelegt werden mussten. Kranzschleifen trugen folgende Aufschriften:

 „In treuem Angedenken – die politischen Gefangenen Südtirols”,

 „Wir führen es zu Ende. BAS”,

 „Grüß mir meinen Luis! Anna Amplatz”,

 „Deine Liebe zur Heimat lebt in uns weiter – Deine Pusterer Buben”,

 „Dem Streiter für die Einheit Tirols. Die Südtiroler Freiheitskämpfer.”




Verzicht auf freudige Gedenkfeier

Der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB) gedachte seiner Gründung vor 50 Jahren mit einer Presseaussendung. Nachstehend bringen wir diese zusammen mit Bildern aus der Geschichte des Heimatbundes.

Der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB) wurde am 9. Februar 1974 in St. Pauls/Eppan als Vereinigung der Südtiroler politischen Häftlinge gegründet. Maßgeblich dazu beigetragen hat dazu der ehemalige SVP-Landesrat Sepp Mayr, dem wir auch heute noch dafür großen Dank schulden. Unter den wachsamen Augen von Carabinieri, DIGOS und Staatanwaltschaft begann der SHB seinen Einsatz für die Heimat.

Die Satzungen erklärten zum Ziel „die Durchsetzung des seit 1919 verwehrten Selbstbestimmungsrechtes, das die Entscheidung über die Wiedervereinigung des geteilten Tirol zum Gegenstand hat. Die angestrebte Wiedervereinigung soll entweder durch einen einzigen Volksentscheid oder durch schrittweisen Vollzug verwirklicht werden.“

In der Satzung heißt es weiter: „Der Südtiroler Heimatbund gründet seine Ideale auf die freiheitlichen Grundsätze des alten Tirol, auf die Opfer und Leiden der Tiroler bis in die jüngste Zeit und auf den unerschütterlichen Glauben an die unveräußerlichen Rechte unserer Heimat Tirol.“

Der erste Obmann war von 1974 bis 1990 Hans Stieler aus Bozen-Gries, ein Freiheitskämpfer, der bereits 1957 verhaftet und von den Carabinieri schwer gefoltert worden war.

Bereits 1956 hatten Hans Stieler und seine Freunde aus Protest gegen die Unterdrückung und Italianisierung Südtirols Masten gesprengt.
Bereits 1956 hatten Hans Stieler und seine Freunde aus Protest gegen die Unterdrückung und Italianisierung Südtirols Masten gesprengt.

Dann übernahm der ebenfalls schwergefolterte Freiheitskämpfer Sepp Mitterhofer aus Meran-Obermais die Obmannschaft.

Sepp Mitterhofer in Haft und als Vortragender im „Südtiroler Heimatbund“ in späteren Jahren.
Sepp Mitterhofer in Haft und als Vortragender im „Südtiroler Heimatbund“ in späteren Jahren.

Er leitete den Heimatbund 21 Jahre lang, bis er im Mai 2011 die Obmannschaft an seinen langjährigen Mitarbeiter Roland Lang, Obstbauer in Siebeneich bei Terlan, übergab.

Roland Lang (links) übernahm die Obmannschaft im SHB von Sepp Mitterhofer (rechts)
Roland Lang (links) übernahm die Obmannschaft im SHB von Sepp Mitterhofer (rechts)

In all diesen Jahren betreute der SHB die Familien ehemaliger Freiheitskämpfer, organisierte zahlreiche Veranstaltungen zur Stärkung des Tirol-Bewusstseins, gestaltete gemeinsam mit dem Südtiroler Schützenbund die alljährlichen Kerschbaumer-Gedenkfeiern in St. Pauls, hielt Kontakt zu führenden Politikern auf beiden Seiten des Brenners und nahm an Fernsehdiskussionen teil. Das Recht auf Selbstbestimmung war immer der Leitgedanke der Vereinigung.

Gedenkfeier zu Ehren der verstorbenen Freiheitskämpfer auf dem Friedhof in St. Pauls
Gedenkfeier zu Ehren der verstorbenen Freiheitskämpfer auf dem Friedhof in St. Pauls

Gedenkmesse für die verstorbenen Freiheitskämpfer in St. Pauls
Gedenkmesse für die verstorbenen Freiheitskämpfer in St. Pauls

Der SHB gab zahlreiche Pressedienste und Publikationen heraus und war an der Gründung und Gestaltung der ständigen Ausstellung „BAS – Opfer für die Freiheit“ in Bozen federführend beteiligt. Sehr viel werden auch die Nachrufe für verstorbene Freiheitskämpfer gelesen.

Publikationen des SHB
Publikationen des SHB

SHB-Anzeige in der Tageszeitung „Dolomiten“
SHB-Anzeige in der Tageszeitung „Dolomiten“

SHB-Postkarte zum Gedenken an den von einem italienischen Auftragsmörder im Schlaf erschossenen Freiheitskämpfer Luis Amplatz aus Bozen-Gries.
SHB-Postkarte zum Gedenken an den von einem italienischen Auftragsmörder im Schlaf erschossenen Freiheitskämpfer Luis Amplatz aus Bozen-Gries.

Es hätte sich angeboten, im Februar 2024 das 50jährige Jubiläum der Gründung feierlich zu begehen. Dort wollten wir uns bei vielen Landsleuten und zahlreichen Organisationen wie dem Schützenbund und dem Andreas Hofer Bund für die Unterstützung und der guten Zusammenarbeit bedanken. Das möchte der SHB an dieser Stelle tun.

100 Jahre nach den Vernichtungsmaßnahmen des Faschismus gegen die deutsche und ladinische Kultur des Landes sehen wir uns jedoch damit konfrontiert, dass ein Südtiroler Landeshauptmann mit der neofaschistischen Partei „Fratelli d’Italia“ eine Koalition eingeht und diesem verderblichen Bündnis die bisherigen autonomiepolitischen Zielsetzungen opfert.

Angesichts dieser traurigen Lage wird der SHB auf jegliche Freudenfeier verzichten, gelobt jedoch, mit allen Kräften weiterhin für die volkstumspolitischen Belange der Heimat einzutreten.

Durchgeführt wurde nur die vorgesehene Ehrung der Freiheitskämpfer durch die drei Obmänner. Roland Lang und die beiden Stellvertreter Meinrad Berger und Luis Pixner legten an der Ehrentafel für Kerschbaumer und seine Mitstreiter im Friedhof von St. Pauls ein Blumengesteck nieder. Ob der Einsatz dieser Männer und Frauen für ein freies Tirol umsonst war? „Nie wieder Faschismus“ steht auf der Schleife.

Kranzniederlegung in St. Pauls. Von links nach rechts: Meinrad Berger, Luis Pixner und SHB-Obmann Roland Lang
Kranzniederlegung in St. Pauls. Von links nach rechts: Meinrad Berger, Luis Pixner und SHB-Obmann Roland Lang

Es werden wieder bessere Tage kommen, dann können wir wieder feiern, so Obmann Roland Lang und die beiden Obmann-Stellvertreter Luis Pixner und Meinrad Berger.

Roland Lang
Obmann des Südtiroler Heimatbundes (SHB)




Der Wahlverlierer Arno Kompatscher wird sein Land an die Wand fahren

Bild: Der bei vielen Südtirolern als Gefolgsmann italienischer Interessen geltende Landeshauptmann Arno Kompatscher wirbt im Wahlkampf auch um italienische Stimmen: „Gemeinsam dem Morgen entgegen. Arno Kompatscher“ (Plakat aus dem Wahlkampf von 2018)

Absturz der konturlos gewordenen SVP bei den Landtagswahlen im Oktober 2023

Ergebnisse der deutschen Parteien

In den Landtagswahlen vom Oktober 2023 hatten der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher und seine „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) ein verheerendes Ergebnis eingefahren. Die volkstumspolitisch völlig konturlos gewordene SVP stürzte um 7,5 Prozent auf 34,4 Prozent der Wählerstimmen ab und erlangte 13 Sitze im Landtag.

Aus „Dolomiten“ vom 23. Oktober 2023.
Aus „Dolomiten“ vom 23. Oktober 2023.

Viele Südtiroler erklären diesen Absturz damit, dass LH Kompatscher im Lande zunehmend als treuer Diener Roms und nicht mehr als Diener seiner Heimat angesehen werde.

Die volkstumspolitisch, in Autonomiefragen und in Bezug auf das Selbstbestimmungsrecht klar positionierte „Südtiroler Freiheit“ (STF) legte mit 4,7 Prozent auf 10,7 Prozent zu und gewann 4 Sitze im Landtag.

Das deutsche „Team K“ mit dem Spitzenkandidaten Paul Köllensperger errang immerhin 11,1 Prozent der Stimmen und 4 Landtagssitze.

Die Liste „Südtirol mit Widmann“ kam auf 3,4 Prozent der Stimmen und errang 1 Landtagssitz.

Die deutsche Liste „JWA“ mit dem Spitzenkandidaten Jürgen Wirth Anderlan kam auf 5,9 Prozent der Stimmen und errang auf Anhieb 2 Sitze.

Die Südtiroler „Freiheitlichen“ erhielten 4,9 Prozent der Stimmen und verteidigten ihre bisherigen 2 Landtagssitze.

Ergebnisse der italienischen Parteien und der „Grünen“

Auf der italienischen Seite gewann die neofaschistische Partei „Fratelli d’Italia“ („Brüder Italiens“ an Stimmen und Sitzen.

Das italienische Wahlbündnis „Lega-Uniti per l’Alto Adige“ errang nur 3,2 Prozent der Stimmen (1 Landtagssitz) und die kleine italienische Bürgerliste „La Civica“ kam auf 2,7 Prozent (1 Landtagssitz). Die Liste „Vita“ erhielt 2,6 Prozent der Stimmen und 1 Landtagssitz. Die „Partito Democratico“ (PD) errang 3,5 Prozent der Stimmen und 1 Landtagssitz. Die Partei „grüne verdi verc“ erreichte 8,7 Prozent der Stimmenn und erlangte 3 Sitze im Landtag.

Eine Rom gefällige Koalition der Wahlverlierer

Landeshauptmann Kompatscher hätte unschwer eine Regierungskoalition bilden können, ohne Neofaschisten und Autonomiefeinde einbeziehen zu müssen. Offenbar kam es ihm aber darauf an, die volkstumspolitischen Kräfte auszugrenzen und eine Koalition zu bilden, welche der in Rom als Ministerpräsidentin regierenden „Fratelli“-Vorsitzenden Giorgia Meloni angenehm ist.

Bild: 2014 war im Internet ein Video über ein Interview aufgetaucht, welches Meloni einem französischen Fernsehsender gegeben hatte. In diesem Video hatte man von ihr hören können: „Ich denke, dass Mussolini ein guter Politiker war“. In einem anderen Video hatte Meloni verkündet, „dass die Südtiroler nach Österreich auswandern sollen, wenn ihnen die italienische Trikolore nicht passt“. („Die neue Südtiroler Tageszeitung“ online, 19. 8. 2022)
Bild: 2014 war im Internet ein Video über ein Interview aufgetaucht, welches Meloni einem französischen Fernsehsender gegeben hatte. In diesem Video hatte man von ihr hören können: „Ich denke, dass Mussolini ein guter Politiker war“. In einem anderen Video hatte Meloni verkündet, „dass die Südtiroler nach Österreich auswandern sollen, wenn ihnen die italienische Trikolore nicht passt“. („Die neue Südtiroler Tageszeitung“ online, 19. 8. 2022)

Am Abend des 16. Jänner 2024 einigte sich Arno Kompatscher daher mit den Vertretern der „Fratelli d’Italia“, der „Lega-Uniti“, der Bürgerliste „La Civica“ und der deutschen Südtiroler „Freiheitlichen“ auf die Bildung einer aus 11 Personen einschließlich des Landeshauptmannes bestehenden Landesregierung, der 2 Italiener der Parteien „Fratelli d’Italia“ und „Lega-Uniti“ angehören würden.

Der Form halber wurde ein 54 Seiten umfassendes Koalitionsabkommen unterzeichnet, welches überwiegend aus wohlklingenden Phrasen und allgemein gehaltenen Absichtserklärungen besteht, aus denen sich wenig Verpflichtungen zu konkretem Handeln erwachsen.

Bild: Schwulstige und unverbindliche Erklärungen aus dem vorläufigen Regierungsprogrammentwurf, Seite 2.
Bild: Schwulstige und unverbindliche Erklärungen aus dem vorläufigen Regierungsprogrammentwurf, Seite 2.

Selbstverständlich fehlen in diesem „Regierungsprogramm“ Bekenntnisse zur Schutzmachtrolle Österreichs, zu dem Recht auf Selbstbestimmung und zu dem Recht auf doppelte Staatsbürgerschaft. Es fehlen Zielvorgaben und Terminsetzungen.

Ursprung und Wesen des Kompatscher Koalitionspartners „Fratelli d’Italia“

Vorläufer der Partei „Fratelli d’Italia“ war die neofaschistische Partei „Movimento Sociale Italiano“ (MSI), welche ihren Namen in Anlehnung an die faschistische „Repubblica Sociale Italiana“ von Benito Mussolini gewählt hatte.

Bilder: Auf MSI-Versammlungen wurde gerne mit dem faschistischen „Saluto Romano“ gegrüßt.
Bilder: Auf MSI-Versammlungen wurde gerne mit dem faschistischen „Saluto Romano“ gegrüßt.

Deren Nachfolger war die „Alleanza Nazionale“ (AN), aus der 2014 wiederum die Partei „Fratelli d’Italia“ entstand. Diese nahm die grün-weiß-rote Flamme („fiamma tricolore“), einst Symbol des MSI und der AN, in ihr Logo auf. Diese Flamme züngelt über einem schwarzen Strich, der nach Überzeugung von Fratelli-Anhängern den Sarg des Diktators Benito Mussolini symbolisieren soll.

Als die Parteichefin Giorgia Meloni 2022 aufgefordert wurde, auf diese Flamme im Parteilogo zu verzichten, weigerte sie sich mit den Worten: „Wir sind stolz darauf.“[

Logo auf der Internetseite der „Fratelli“: „Wir verteidigen Italien“
Logo auf der Internetseite der „Fratelli“: „Wir verteidigen Italien“

Am 21. Dezember 2023 nahm der STF-Landtagsabgeordnete Sven Knoll in einer Presseaussendung Stellung zu „Fratelli“-Äußerungen.

Er schrieb: „Der designierte Landesrat von Fratelli d’Italia, Marco Galateo, lässt in Medieninterviews schon einmal durchklingen, welche autonomiefeindliche Position die neue Landesregierung einnehmen wird. Laut seinen Aussagen muss der Proporz aufgeweicht werden, die faschistische Ortsnamengebung findet er super und die Süd-Tiroler Freiheitskämpfer bezeichnete er als Terroristen.

Bild: Marco Galateo von den „Fratelli d’Italia“ – ein Verbündeter zur Wiederherstellung der Autonomie?
Bild: Marco Galateo von den „Fratelli d’Italia“ – ein Verbündeter zur Wiederherstellung der Autonomie?

Das sind also die neuen ‚Autonomiefreunde‘ von Arno Kompatscher, die er und die SVP in die Landesregierung holen,“ schrieb Sven Knoll weiter. „Das Schweigen der SVP und der Freiheitlichen zu diesen ungeheuerlichen Aussagen von Fratelli d’Italia ist beschämend.“ (Quelle: Internetseite der „Süd-Tiroler Freiheit“)

Die Legalisierung des Faschistengrußes

Am 7. Jänner 2024 grüßten in Rom auf einer Versammlung hunderte Neofaschisten mit dem von Benito Mussolini eingeführten „Saluto Romano“ und grölten wie in der alten Faschistenzeit: „Presente!“ („anwesend).

Aufnahme eines Fernsehsenders
Aufnahme eines Fernsehsenders

Wenige Tage später zeigte ein Urteil des italienischen Kassationsgerichtshofes, wiesehr sich der politische Wird in Italien bereits gedreht hat. Dieser oberste Gerichtshof hob eine seinerzeitige Verurteilung von Neofaschisten auf, welche den „Saluto Romano“ gezeigt hatten. Der Kassationsgerichtshof begründete sein Urteil damit, dass der Faschistengruß nur dann strafbar sei, „wenn er mit der konkreten Gefahr einer Reorganisation der aufgelösten faschistischen Partei verbunden ist.“

Mit diesem unglaublichen Urteil wurde eine gesetzliche Bestimmung aus dem Jahre 1952 völlig ausgehebelt, welche den Faschistengruß grundsätzlich und ohne relativierende Einschränkungen unter Strafe gestellt hatte. (Siehe: „Dolomiten“ vom 19. und vom 23. Jänner 2024)

Protest gegen diese Freigabe des Faschistengrußes kam in Südtirol von der „Süd-Tiroler Freiheit“. Der Landeshauptmann Arno Kompatscher hüllte sich in Schweigen. Natürlich schwieg in Rom auch die Ministerpräsidentin und „Fratelli“-Vorsitzende Giorgia Meloni zu diesen Vorkommnissen. Man kann sich nun unschwer vorstellen, welche Rolle die „Fratelli“ in Hinkunft in Bezug auf die Südtiroler Autonomie spielen werden.

Kompatscher wieder Landeshauptmann – herbe Kritik

„Diese Landesregierung ist zum Scheitern verurteilt!“

V.l. n. r.: Die Landtagsabgeordneten der „Süd-Tiroler Freiheit“ Bernhard Zimmerhofer, Hannes Rabensteiner, Sven Knoll, Myriam Tatz-Ammerle auf der Pressekonferenz. (Bild STF)
V.l. n. r.: Die Landtagsabgeordneten der „Süd-Tiroler Freiheit“ Bernhard Zimmerhofer, Hannes Rabensteiner, Sven Knoll, Myriam Tatz-Ammerle auf der Pressekonferenz. (Bild STF)

Auf einer Pressekonferenz vor der Angelobung des Landeshauptmannes nahm die „Süd-Tiroler Freiheit“ am 17. Jänner 2024 Stellung zur neuen Landesregierung. Sie warf der SVP Betrug am Wähler vor, da sie das Wahlergebnis ignoriere und an einer Koalition der Wahlverlierer bastele, nur um selbst an der Macht zu bleiben.

Dafür sei Kompatscher sogar bereit, Faschisten und Autonomiefeinde in die Regierung zu holen. Der Fraktionsobmann Landtagsabgeordneter Sven Knoll kritisierte, dass essenzielle Fragen zur Wiederherstellung der Autonomie, wie kriminelle Ausländer abgeschoben werden sollen oder wie das Leben wieder leistbar gemacht werden soll, im Regierungsprogramm nicht beantwortet werden.

Konkrete Schritte zur Stärkung der autonomen Rechte der Südtiroler Bevölkerung fehlten im Koalitionsprogramm, darunter die Stärkung der Muttersprache, die Wahrung des Proporzes, die Begnadigung der im Exil lebendenden Freiheitskämpfer sowie die dringend notwendige Umsetzung der Ergebnisse des Autonomie-Konvents. Besonders enttäuschend sei das Schweigen zum Selbstbestimmungsrecht, das eigentlich auch in den Statuten der SVP verankert sei.

Arno Kompatscher beschädige mit dieser Koalition die politische Glaubwürdigkeit Südtirols und werde zunehmend zum Autonomiegefährder. Er mache die Entwicklungen in Südtirol vom Wohlwollen Roms abhängig und sei sogar bereit, die Autonomie immer weiter auszuhöhlen. (Siehe: „Unser Tirol24“ vom 17. Jänner 2024)

Kopfwäsche im Landtag

Bild: Arno Kompatscher wurde wieder zum Landeshauptmann gewählt
Bild: Arno Kompatscher wurde wieder zum Landeshauptmann gewählt

Am 18. Jänner 2024 wurde Arno Kompatscher mit 19 Ja- und 16 Nein-Stimmen wieder zum Landeshauptmann gewählt. Vor seiner Wahl musste sich Kompatscher herbe Kritik seitens der Opposition anhören

Paul Köllensperger („Team K“) erklärte, dass es der SVP nur um die Machterhaltung gehe. Hier wurden nur die Beziehungen nach Rom zählen. Wer aber mit dem Teufel paktiere, müsse seine Seele verkaufen. Kompatscher habe sich von Rom erpressen lassen.

Bernhard Zimmerhofer („Süd-Tiroler Freiheit“) erklärte, dass über Kompatschers Ankündigung, mithilfe von Ultranationalisten die Autonomie ausbauen zu wollen, in Südtirol „die Hühner lachen“. Sein Parteikollege Hannes Rabensteiner („Süd-Tiroler Freiheit“) nahm Stellung gegen einen Landeshauptmann, der sich von Rom erpressen lasse, der die Italianisierung zulasse, die Zuwanderung fördere, keinerlei volkstumspolitische Akzente setze und nur an Posten und Ämter denke.

„Keine weitere Legislatur unter Kompatscher verkraftbar“

Landtagsabgeordnete Myriam Atz-Tammerle (Bild STF)
Landtagsabgeordnete Myriam Atz-Tammerle (Bild STF)

Am 21. Jänner 2024 gab die Landtagsabgeordnete der „Süd-Tiroler Freiheit“, Myriam Atz-Tammerle dem Internet-Portal „Unser Tirol24“ ein Interview.

Frage: Frau Atz-Tammerle, fünf weitere Jahre Landeshauptmann Arno Kompatscher. Was erwartet Südtirol Ihrer Meinung nach in den kommenden fünf Jahren?

Antwort: „Mit der Italianisierung Südtirols wird es noch schlimmer. Auch mit der Fremdbestimmung Roms wird es schlimmer werden. Rom bestimmt und Südtirol gehorcht unter diesem Landeshauptmann wohlwollend. Als Volksvertreterin teile ich die Meinung vieler Südtiroler, dass das Land keine weitere Legislaturperiode unter Kompatscher verkraften kann.“

Frage: Wie gedenkt die Süd-Tiroler Freiheit in den kommenden fünf Jahren mit dieser Landesregierung zusammenzuarbeiten?

Antwort: „Überhaupt nicht. Wir schließen uns Altlandeshauptmann Luis Durnwalder an, der folgendes gesagt hat: „Wir können aufgrund unserer historischen Erfahrungen mit dem Faschismus niemals mit einer Bewegung marschieren, in der eine Partei vertreten ist, die aus dem MSI hervorgegangen ist.“

Scharfe Kritik eines erfahrenen Südtirol-Sprechers:

Der ehemalige langjährige Südtirol-Sprecher der „Freiheitlichen Partei Österreichs“ (FPÖ), Werner Neubauer, hat zur aktuellen Situation in Südtirol eine Stellungnahme abgegeben, aus der wir gerne zitieren:

Landeshauptmann Arno Kompatscher öffnet die Büchse der Pandora!

Faschistische Parteien und Autonomiefeinde Südtirols in der künftigen Regierung

Mit dieser 5-Parteien-Koalition, inkl. 3 italienischer Parteien, bestehend aus Faschisten und Autonomiefeinden, hat LH Kompatscher das Land Südtirol an Italien verkauft und somit die Büchse der Pandora geöffnet. Dem schlechtesten italienischen Wahlergebnis aus dem Vorjahr folgen – entgegen dem Wählerwillen – 2 italienische Landesräte und andere Posten und Ämter für Italiener.

Dies alles auch im Widerspruch zum Autonomiestatut und einem Gutachten des Südtiroler Verfassungsamtes, aus dem eindeutig hervorgeht, dass den italienischen -Wahlwerbern nur ein (1) Landesrat zustehen würde.

Kompatscher, der ja eigentlich nach zwei Legislaturperioden aus der Politik aussteigen wollte, ließ sich also – wie einstens der österreichische Minister Gruber von Degasperi – schandhaft über den Tisch ziehen.

 Rom siegt über Südtirol

Grundlage dafür waren offenkundig die infamen Machtworte und Einflussnahme in Südtirol durch Regionen-Minister Roberto Calderoli („Lega“) sowie der „Fratelli d’Italia“ und deren Landwirtschaftsminister Francesco Lollobrigida, denen sich der Landeshauptmann letztendlich zu beugen hatte. Der Landeshauptmann hat es nun mit der Vorstellung dieser Regierungsmannschaft etwas geschafft, was er so eigentlich immer zu vermeiden suchte: Die Aufwertung rechtsextremer, faschistischer, autonomiefeindlicher Parteien!

Es ist auch fatal anzunehmen, Kompatscher hätte diesen Schritt unternehmen müssen, um Autonomierechte mit Stand von 1992 von Rom nach Südtirol zurückholen zu können.

Es darf an eine Resolution des Schützenbundes aus dem Mai 1992 erinnert werden, aus der zu entnehmen ist, dass bereits im Jahr 1992 die Einschränkung der Autonomie durch Italien gegeben war. Es kann also nur darum gehen, selbstbewusst und selbstbestimmt im Sinne des Gutachten des Prof. Hallers und seiner Feststellungen zur Autonomie, einen befriedigenden Autonomie-Zustand für 2024 herzustellen!

Mit dieser Arbeit hatte der an der Universität in Innsbruck lehrende Prof. Dr. Matthias Haller nachgewiesen, dass weite Bereiche der Südtirol-Autonomie ausgehöhlt oder beseitigt worden sind.
Mit dieser Arbeit hatte der an der Universität in Innsbruck lehrende Prof. Dr. Matthias Haller nachgewiesen, dass weite Bereiche der Südtirol-Autonomie ausgehöhlt oder beseitigt worden sind.

Es ist zu begrüßen, dass nicht alle Parteien des Südtiroler Landtages in  eine Art Lähmung vor dieser unerfreulichen Situation verfallen, sondern die rechtliche Frage einer Zusammensetzung der künftigen Landesregierung vor Gericht bringen werden.

Darüber muss sich die Zivilgesellschaft Südtirols, vor allem der Schützenbund, hinkünftig die Frage stellen, in welcher Form mit Faschisten und Autonomiefeinden überhaupt zusammengearbeitet werden kann bzw. soll.

Mit dieser Arbeit hatte der an der Universität in Innsbruck lehrende Prof. Dr. Matthias Haller nachgewiesen, dass weite Bereiche der Südtirol-Autonomie ausgehöhlt oder beseitigt worden sind.

Werner Neubauer BA MA
Abgeordneter zum Nationalrat a.D.
Ehemaliger Südtirol Sprecher der FPÖ




Besinnliche Weihnachten und ein glückliches 2024!

Bild: Krippe von Konsulent Prof. Fritz Strohbach, Atzbach im Hausruckviertel

Ein friedliches, besinnliches Weihnachtsfest und ein glückliches Neues Jahr 2024, Erfolg und Gesundheit wünschen allen treuen Lesern die Mitarbeiter und Schriftleitung!




Ein würdiges Gedenken an die Südtiroler Freiheitskämpfer und die unwürdige Reaktion der neofaschistischen „Fratelli d’Italia“

Bild: Südtiroler Schützenbund

Am Freitag, den 8. Dezember, hatten in St. Pauls im Rahmen der Sepp-Kerschbaumer-Gedenkfeier zahlreiche Landsleute der verstorbenen und lebenden Tiroler Freiheitskämpfer der 1960er Jahre gedacht.

Der Kaufmann Sepp Kerschbaumer aus Frangart war der Begründer des „Befreiungsausschusses Südtirol“ (BAS) gewesen. Er war nach seiner Verhaftung im Jahre 1961 schwer gefoltert worden und hatte die Haft nicht überlebt.

Der Einladung des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB) und des „Südtiroler Schützenbundes“ zu dieser Gedenkfeier waren an die 2.000 Marketenderinnen, Schützen und Tiroler Landsleute gefolgt.

Nach dem Kirchgang begrüßte der SHB-Obmann Roland Lang die Teilnehmer auf dem Friedhof. Bemerkenswert war auch hier die starke Teilnahme breiter Bevölkerungsschichten. Dies unterstrich, dass die Verdienste von Sepp Kerschbaumer und seiner Mitstreiter für unser heutiges Südtirol und die Autonomie breite Anerkennung finden.

In Erinnerung gerufen wurden auf dieser Kerschbaumer-Gedenkfeier auch die Verdienste und die erlittenen Leiden der Mitstreiter Sepp Kerschbaumers, zu denen Franz Höfler, Anton Gostner, Luis Amplatz, Jörg Klotz, Kurt Welser und viele andere Kameraden zählten.

Mahnende Worte

Die Landtagsabgeordnete Gudrun Kofler bei ihrer Ansprache. Links von ihr der SHB-Obmann Roland Lang, rechts von ihr der Südtiroler Landesschützenkommandant Roland Seppi sowie die Landesschützenkommandanten von Nordtirol, Thomas Saurer, und Welschtirol, Enzo Cestari. (Bild: Südtiroler Schützenbund)
Die Landtagsabgeordnete Gudrun Kofler bei ihrer Ansprache. Links von ihr der SHB-Obmann Roland Lang, rechts von ihr der Südtiroler Landesschützenkommandant Roland Seppi sowie die Landesschützenkommandanten von Nordtirol, Thomas Saurer, und Welschtirol, Enzo Cestari. (Bild: Südtiroler Schützenbund)

Die Gedenkrednerin Gudrun Kofler, Abgeordnete zum Tiroler Landtag, die eine Enkelin des Freiheitskämpfers Jörg Klotz ist, sprach kritische und mahnende Worte:

„Die Geschichte unserer Landes und Volkes ist nichts, was wir bei Bedarf herausholen und nachschlagen können, sie ist in uns. Sie bewegt uns, sie erzürnt uns, sie enttäuscht uns, sie bekümmert uns – und manchmal lässt sie uns auch hoffnungslos zurück. Aber: Schaut euch hier um. Schaut in diese Reihen junger und alter Männer und Frauen, Kinder, schaut in die Augen eures Kameraden und ihr werdet in jedem von ihnen auch ganz andere Dinge sehen: Entschlossenheit, Mut, Hoffnung, Stolz. Und ungebrochener Wille, sich nicht geschlagen zu geben – ganz egal, wie die Gefahr, die in diesen Zeiten aus Rom und aus weniger geschichts- und pflichtbewussten Reihen innerhalb der eigenen Landsleute – auch lauten mag“.

Musik und Ehrensalve

Bild: Südtiroler Schützenbund
Bild: Südtiroler Schützenbund

Im Anschluss der Gedenkrede spielte die Bürgerkapelle St. Michael am ehemaligen Grab von Sepp Kerschbaumers das Lied vom „Guten Kameraden“. Die Ehrensalve feuerte die Schützenkompanie „Sepp Kerschbaumer“ Eppan unter Hauptmann Maximilian Schmid ab. Abgeschlossen wurde die sehr würdige Gedenkfeier mit der Tiroler Landeshymne und der Österreichischen Bundeshymne.

Worte des Südtiroler Schützenkommandanten

Der Südtiroler Landeskommandant Roland Seppi nahm kritisch zu den derzeitigen Koalitionsgesprächen des SVP-Landeshauptmannes Arno Kompatscher Stellung und mahnte, nicht den Minderheitenschutz und die volkstumspolitische Anliegen zu vergessen:

„Wie will die SVP an einer modernen Region Tirol in Europa mitgestalten, wenn sie sich immer wieder ängstlich duckt, sobald der politische Wind aus dem Süden rauer wird? Wo bleibt das Selbstbewusstsein, wo bleibt das Aufbegehren, wo bleibt der klare Blick in die Zukunft? Es braucht nur irgendein unbedeutender Benito – Enkel das Wort zu ergreifen, und schon duckt sich die einst selbstbewusste Volkspartei weg. Wird dieses ängstliche Verhalten in der Sechser Kommission und in der neuen Landesregierung so weitergehen? Die nächsten Jahre werden es zeigen. Sie sind richtungsweisend.“

Im Anschluss an diese Feier kam es zu Protesten der neofaschistischen „Fratelli d’Italia“. Der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB) nahm dazu in nachstehender Pressemitteilung Stellung:

Die Freiheitskämpfer traten für die Menschenrechte ein

Am 8. Dezember hatte in St. Pauls eine „Kerschbaumer-Gedenkfeier“ zum Andenken an die verstorbenen und noch lebenden Tiroler Freiheitskämpfer der 1960er Jahre stattgefunden. Daran hatten von der SVP neben L. Abg. Franz Locher, L. Abg. Luis Walcher und L. Abg. Rosmarie Pamer auch die Meraner Vizebürgermeisterin Katharina Zeller und der Meraner Gemeinderatspräsident Christoph Mitterhofer, ein Enkel des 1961 schwergefolterten Freiheitskämpfers Sepp Mitterhofer, teilgenommen.

Von links nach rechts: Südtiroler Schütze, L. Abg. a. D. Martha Stocker, L. Abg. Rosmarie Pamer, BM von Hafling Sonja Anna Plank, Vizebürgermeisterin von Meran Katharina Zeller, L. Abg. Franz Locher und L. Abg. Luis Walcher in der Pfarrkirche von St. Pauls (Bild: Dolomiten/ F. Brugger)
Von links nach rechts: Südtiroler Schütze, L. Abg. a. D. Martha Stocker, L. Abg. Rosmarie Pamer, BM von Hafling Sonja Anna Plank, Vizebürgermeisterin von Meran Katharina Zeller, L. Abg. Franz Locher und L. Abg. Luis Walcher in der Pfarrkirche von St. Pauls (Bild: Dolomiten/ F. Brugger)

Dagegen protestierte nun die Meraner Gemeinderätin Paola Zampieri, Vertreterin der „postfaschistischen“ Partei „Fratelli d’Italia“ – der „Brüder Italiens“. Kerschbaumer, der Gründer des „Befreiungsausschusses Südtirol“ (BAS) sei ein vom Staat Italiens verurteilter  „Irredentist und Sezessionist“ gewesen. Zampieri forderte den Rücktritt von Zeller und Mitterhofer.

Leuten wie Zampieri muss man ins Stammbuch schreiben: Wenn die Rede von italienischen „Irredentisten“ ist, welche seinerzeit die Lostrennung Welschtirols – des heutigen „Trentino“ – von Österreich anstrebten, so werden diese von italienischer Seite stets als Helden betrachtet.

Natürlich waren auch die Südtiroler Freiheitskämpfer der 1960er Jahre Irredentisten. Sie hatten in ihrer Jugend die schreckliche faschistische Unterdrückungspolitik einschließlich brutaler Gewalttaten, Mord und Totschlag, miterlebt. Nach Kriegsende hatten sie feststellen müssen, dass die faschistische Entnationalisierungspolitik durch forcierte Zuwanderung ungebremst fortgesetzt wurde.

Die Freiheitskämpfer wollten das Menschenrecht der Selbstbestimmung verwirklich sehen. Zu demonstrativen Widerstandshandlungen, die keine Menschenleben fordern sollten, griffen sie 1961, als der Staat Italien daran ging, im Parlament ein Vertreibungsgesetz gegen unliebsame Südtiroler zu beschließen.

Über ihr Vorhaben waren die führenden politischen Kreise in Österreich und in Südtirol informiert, billigten das Vorgehen und unterstützten es. Dies ist dokumentiert in einer Veröffentlichung des „Südtiroler Heimatbundes“ (SHB) und kann im Effekt-Verlag bestellt werden:

https://www.effekt.it/produkt/bas-die-geheimen-mitwisser-und-foerderer/

Rom antwortete damals auf den Südtiroler Protest mit massenhaften Verhaftungen und grausamen Folterungen in den Carabinieri-Kasernen. Die Folterknechte wurden ausgezeichnet und belobigt. Auch mit diesem Thema sollten sich die „Fratelli“ einmal kritisch befassen.

Unser Landeshauptmann Arno Kompatscher aber sollte sich überlegen, mit wem er sich hier in das gemeinsame politische Bett legt.

Die Mehrzahl unserer Landsleute wird aber wissen, was von den heutigen „Fratelli“ des verblichenen Benito zu halten ist und von jenen, die sich mit ihnen verbünden.

Roland Lang
Obmann des Südtiroler Heimatbundes

Seriöse Bewertungen des Freiheitskampfes zeigt die nachstehende Dokumentation:

Bewertungen des Freiheitskampfes

Südtiroler Landesregierung

Anschläge rückten Südtirol in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit
„Die Anschläge, bei welchen man peinlichst auf Schonung von Menschenleben bedacht ist, rücken Südtirol in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit der europäischen Öffentlichkeit, der Italien Rechnung tragen muss.“ („Südtirol-Handbuch 1997“. herausgegeben von der Südtiroler Landesregierung in Bozen 1997)

Anthony Evelyn Alcock
Professor an der New University of Ulster, der bedeutendste englischsprachige Südtirolfachmann

Die Bomben zerschmetterten diese Politik
„Zwar war die Südtirolpolitik der italienischen Regierungen der Fünfzigerjahre sicher klar und beständig gewesen – nämlich in der Einengung der Südtiroler Minderheit, um die von ihr ausgehende Gefahr für die italienischen Bevölkerung der Provinz und für die Sicherheit des Staates zu beseitigen. Aber die Bomben der Herz-Jesu-Nacht zerschmetterten diese Politik …“ (Anthony Evelyn Alcock: „Geschichte der Südtirolfrage. Südtirol seit dem Paket 1970 bis 1980, Wien 1982, S. 200)

Dr. Luis Durnwalder
Landeshauptmann von Südtirol

Die heutige Situation ist den Freiheitskämpfern zu verdanken
„Für Südtirol habe es seit dem Landlibell oft schon schwere Zeiten gegeben. Durnwalder erinnerte an Faschismus, Nationalsozialismus und die schweren Nachkriegsjahre. Auch in den Sechzigerjahren habe es Leute gegeben, die dieser Idee (der Freiheitsidee Andreas Hofers; Anm. d. Red.) gefolgt seien. Die heutige Situation im Lande sei auch ihnen zu verdanken, betonte der Landeshauptmann.“ (Luis Durnwalder in seiner Ansprache auf der Andreas Hofer Gedenkfeier am 17. Februar 2002 in Meran. Bericht in den „Dolomiten“ vom 18. Februar 2002)

Der Einsatz der Freiheitskämpfer
Anlässlich der Feier „60 Jahre SVP“ erklärte Landeshauptmann Durnwalder: „…die Unterstützung der Schutzmacht Österreich und der Einsatz der Freiheitskämpfer hätten dazu beigetragen, dass die Verhandlungen über eine Selbstverwaltung, eine Autonomie, in so kurzer Zeit zu einem Ergebnis kamen.“ (Zitiert nach: „Tiroler Anzeiger“, 2. April 2005)

Umberto Gandini
Von 1952 bis 1996 Journalist der Bozner italienischen Tageszeitung „Alto Adige“.

Ohne die Attentate wäre es noch Jahre verschleppt worden
„Es wäre nie zur 19er-Kommission gekommen, wenn in Südtirol nicht eine extraordinäre (Anm.: außergewöhnliche) Situation gewesen wäre. Ohne die Attentate hätte die Bürokratie das noch Jahre verschleppt.“ (Gandini in einem am 24. Juni 2009 von Birgit Mosser-Schuöcker und Gerhard Jelinek aufgenommenen Gesprächsprotokoll, wiedergegeben in deren Buch „Herz Jesu Feuernacht Südtirol 1961“, Innsbruck-Wien 2011, S. 216)

Dr. Bruno Hosp
Landessekretär der SVP, Südtiroler Landtagsabgeordneter, Bürgermeister von Ritten, Landesrat für Kultur, Bundesmajor und später Landeskommandant des Südtiroler Schützenbundes

Ohne Attentäter keine Schubkraft für die Paketverhandlungen
„Erst viel, viel später hat man die Attentäter zu Ehren kommen lassen, indem man sie respektvoll genannt hat und anerkannt hat, dass ohne sie diese Schubkraft für die Paketverhandlungen gefehlt hätte.“ (Dr. Hosp in einem am 25. Juni 2009 von Birgit Mosser-Schuöcker und Gerhard Jelinek aufgenommenen Gesprächsprotokoll, wiedergegeben in deren Buch „Herz Jesu Feuernacht Südtirol 1961“, Innsbruck-Wien 2011, S. 215f)

Einen wesentlichen Beitrag geleistet
„Wer die geschilderten schweren, ja turbulenten Zeiten hautnah miterlebt hat, hegt keinen Zweifel darüber, dass die Aktivisten der 60er-Jahre durch ihren beherzten Einsatz und ihr großes Opfer einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der neuen, qualitativ unvergleichlich besseren Autonomie Südtirols, geleistet haben.“ (Dr. Bruno Hosp: „50 Jahre „Feuernacht“ – Wendepunkt für Südtirol“, in: „Tiroler Schützenkalender“ 2011)

Dr. Peter Jankowitsch
Jurist, Botschafter, Bürochef des SPÖ-Vorsitzenden Dr. Bruno Kreisky, Kabinettchef des Bundeskanzlers Dr. Kreisky, Chefdelegierter Österreich bei den Vereinten Nationen, österreichischer Außenminister, Staatssekretär, Abgeordneter zum Österreichischen Nationalrat.

Die Anschläge haben eine Tür geöffnet
Dr. Peter Jankowitsch erklärte anlässlich einer Buchvorstellung in Wien (Hubert Speckner: „Von der ,Feuernacht‘ zur ,Porzescharte‘. Das ,Südtirol-Problem‘ der 1960er Jahre in den österreichischen sicherheitsdienstlichen Akten“):Die Anschläge seien „Verzweiflungsschreie der Südtiroler“ gewesen. „Die Anschläge haben das internationale Interesse geweckt und auch in Italien zu einem Durchbruch geführt.“ Alles, was die internationale Aufmerksamkeit erregt habe, sei für die Weiterentwicklung der Südtirol-Frage von größtem Wert gewesen. Beweis dafür sei, dass während der Anschläge die Verhandlungen weitergegangen seien. „Die Anschläge haben dem Südtirol-Problem sicherlich nicht geschadet, sondern sie haben vielmehr eine Tür geöffnet.“ (Quelle: suedtirol-info.at/)

Univ. Prof. Dr. Andreas Khol
Universitätsassistent, Beamter, Nordtiroler ÖVP-Politiker, aus Südtiroler Familie stammend, Abgeordneter zum Österreichischen Nationalrat, Nationalratspräsident, a. o. Univ. Prof.

Ohne Freiheitskampf keine Autonomie
Andreas Khol am 10. Oktober 2020 über den Freiheitskampf der 1960er Jahre in der ORF-Dokumentarsendung „100 Jahre Südtirol – Zerrissen zwischen den Mächten“ von Brigit Mosser-Schuöcker: „Ich bin heute noch überzeugt, auch wenn manche es anders sehen, dass wir die Südtirol-Autonomie und die Verhandlungen ohne dieses kräftige Lebenszeichen des vereinten Tirols nie bekommen hätten.“

Univ. Prof. Dr. Rudolf Lill
Leiter der „Forschungsstelle Widerstand gegen den Nationalsozialismus“ am Institut für Geschichte an der Universität Karlsruhe.

Attentate haben Demokratisierungsprozess voran gebracht
„Wir verdanken diese Lösung (der Südtirolfrage; Anm. d. Red.) aber gerade auch den Attentätern der 60er Jahre. Im ganzen Prozess der Demokratisierung hatten die Attentate eine positive Wirkung. Durch diese Aktionen wurde der führenden Klasse Italiens deutlich gemacht, dass mit faschistischem Geist und ihrem Gedanken der Italianisierung das Südtirolproblem nicht gelöst werden kann. Die Attentate haben diesen Umdenk- und Demokratisierungsprozess entscheidend vorangebracht.“ (Univ. Prof. Dr. Lill im Interview in der Südtiroler „ Z – Zeitung am Sonntag“ am 27. Jänner 2002 über sein neues Buch „Geschichte Südtirols 1918 bis 1948. Nationalismus, Faschismus, Demokratie“)

Dr. Silvius Magnago
Landeshauptmann von Südtirol und Parteiobmann der Südtiroler Volkspartei

Bedeutender Beitrag zur Erlangung der Autonomie
„Die Anschlage von damals und die darauffolgenden Prozesse gehören, genau, wie vieles andere, zur Nachkriegsgeschichte Südtirols und stellen einen bedeutenden Beitrag zu dieser Geschichte und zur Erreichung einer besseren Autonomie für Südtirol dar.“ (Dr. Silvius Magnago im Südtiroler SVP-Parteiorgan „Volksbote“ am 8. April 1976.)

Menschlich gerechtfertigt – guter und notwendiger Dienst für die Heimat
„Die Einsetzung der 19er-Kommission ist sicher unter dem Eindruck des damals Geschehenen erfolgt; es ist nur traurig, feststellen zu müssen, wie so oft auf dieser Welt, Staaten sich erst dann rühren, nachdem Gewalt angewendet wurde, anstatt dass diese zeitgerecht und in Ausübung ihrer demokratischen Befugnisse und Pflichten zum Rechten sehen.“ (Dr. Silvius Magnago. am 24. März 1976 auf der Landesversammlung der SVP in Meran. Quelle: ,,30 Jahre Pariser Vertrag“, herausgegeben von der Parteileitung der Südtiroler Volkspartei (SVP)

Die 19er Kommission wurde aufgrund der Anschläge gegründet
„Diese Kommission wurde nicht infolge der Proteste Österreichs oder unseres Zutuns gegründet, sondern weil Gewalttaten in Südtirol passiert sind.“ (Magnago im Interview mit der Tageszeitung „KURIER“ vom 6. 12. 1990)

Anschläge waren bedeutender Schritt zur Erreichung einer besseren Autonomie
„Und dann kam es zur Feuernacht. Ich muss hier ganz klar sagen, dass diese Sprengstoffanschläge zu friedlichen Verhandlungen geführt haben und letztendlich zum neuen Autonomiestatut. Hätte es diese Anschläge nicht gegeben, wäre keine 19er Kommission gebildet worden, die die Aufgabe bekommen hat, sich mit der ganzen Autonomieproblematik, sagen wir, zu befassen und der Regierung neue Vorschläge zu unterbreiten.“ (Magnago im Interview in „Dolomiten“ vom 7. August 1991)

Ohne diese Taten keine „19er Kommission“
„Ich gebe auch zu: Wenn diese Taten nicht passiert wären, hätte es keine 19er Kommission gegeben.“ (Magnago am 30. August 1994 in einer „Club 2“-Diskussion im ORF über das Entstehen der vom italienischen Innenminister Scelba ins Leben gerufenen „19er Kommission“, welche sich mit der Ausarbeitung des 2. Autonomiestatutes befasste.)

DDr. Franz Matscher
Jurist, Universitätsprofessor in Salzburg, Richter des Europäischen Gerichtshofes in Den Haag, Vorstand des Institutes für Menschenrechte in Salzburg, Experte und Gutachter der Österreichischen Bundesregierung in Südtirolfragen, Träger des Ehrenzeichens des Landes Tirol

Aktionen haben Bewegung in die italienische Südtirolpolitik gebracht
Auf die Fragen der österreichischen Zeitschrift „Aula“ (Nr. 6/2001) „Haben die Widerstandshandlungen der sechziger Jahre den Durchbruch zu ernsten Autonomieverhandlungen geschaffen? Werden Sie sich für die Amnestie und die Rückkehr der verbannten Südtiroler einsetzen?“, antwortete DDr. Matscher:

„Ich bin weiterhin davon überzeugt, dass die Aktionen der Südtiroler Freiheitskämpfer – neben anderem – wesentlich dazu beigetragen haben, dass in die italienische Südtirolpolitik Bewegung gekommen ist.“

Elmar Pichler-Rolle
SVP-Obmann

Loszuschlagen war „richtige Entscheidung“ – „entscheidenden Beitrag geleistet“
Im Dezember 2005 nahm der Obmann der Südtiroler Volkspartei (SVP), Elmar Pichler-Rolle an der Sepp Kerschbaumer-Gedenkfeier in St. Pauls teil. Die „Dolomiten“ berichteten am 10. Dezember 2005 darüber, was Pichler-Rolle dort sagte: „Ich empfinde es als richtig, dass man diesen Männern gebührenden Respekt zollt‘, so Pichler-Rolle. Die Männer rund um Sepp Kerschbaumer hätten laut Pichler-Rolle ‚einen entscheidenden Beitrag dafür geleistet, dass unsere Heimat heute so dasteht.“

Die von Magnago und den Freiheitskämpfern hart erarbeitete Autonomie
In ihrer Ausgabe Nr. 14/2009 berichtete das „FF“-Magazin über die Landesversammlung 2009 der „Südtiroler Volkspartei“: „Der Obmann (Pichler-Rolle) gab sich als überzeugter Verfechter ‚unserer von Silvius Magnago und den Freiheitskämpfern hart erarbeiteten Autonomie.“

Günther Platter
Landeshauptmann von Nordtirol

„Respekt zollen, für das, was sie damals getan haben“
„Man wolle aufmerksam machen, dass diese Unterdrückung nicht in Ordnung ist. Man wollte aufmerksam machen, dass es einen Versuch Italiens gegeben hat, durch einen gezielten Zuzug und andere politische Maßnahmen die Identität zu untergraben. Und es war letztlich eines festzustellen, dass die Weltöffentlichkeit durch diese und natürlich auch andere Maßnahmen informiert wurde … Wenn wir von der derzeitigen Situation ausgehen, können wir mit der Entwicklung ja durchaus zufrieden sein. Die Autonomie hat Südtirol den notwendigen Spielraum gebracht … Aus meiner Sicht möchte ich diesen Menschen Respekt zollen für das, was sie damals getan haben.“ (Der Nordtiroler LH Günther Platter am 14. Juni 2011 in seiner Eröffnungsrede zu der Podiumsdiskussion „50 Jahre Feuernacht“ im „Tirol-Panorama“ auf dem Bergisel)

Dr. Friedl Volgger
KZ-Häftling in Dachau, SVP-Abg. zur Römischen Kammer, Senator in Rom, Landtagsabgeordneter in Südtirol, Fraktionssprecher im Regionalrat Trentino-Südtirol, Redakteur der Zeitung ,,Dolomiten“:

Die Bezeichnung ,Terror‘ ist fehl am Platz
„Ohne Anschläge hätte sich die Regierung nie zur Einsetzung einer Kommission aufgerafft, welche den Auftrag bekam, ‚,die Südtirol-Frage unter all ihren Gesichtspunkten zu studieren und der Regierung Vorschläge zu unterbreiten’. Die Arbeiten dieser Kommission, nach der Zahl der Mitglieder ‚19er Kommission’ genannt, bildeten den Startschub zum neuen Autonomiestatut. Sepp Kerschbaumer, der 1964 im Gefängnis starb, und seine Kameraden haben einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der neuen Autonomie geleistet…“ (Dr. Friedl Volgger. in seinem Beitrag ,,Die Bezeichnung ,Terror‘ ist fehl am Platz“ in dem Buch ,,Feuernacht“, herausgegeben und teilweise verfasst von Baumgartner-Mayr-Mumelter, Bozen 1992, S. 152)

Eduard Wallnöfer
Landesrat (ÖVP), Landeshauptmann von Nordtirol.

Ohne Euch hätten wir nicht einmal ein „Paket“
Der Nordtiroler Landeshauptmann Eduard Wallnöfer hat wörtlich zu dem Freiheitskämpfer und zeitweiligen BAS-Chef Prof. Dr. Günther Andergassen nach dessen Heimkehr aus italienischer Haft gesagt: „Vergelt’s Gott! Wenn ös net gwesen wart’s, hättn mer net amol a Paket!“ Mit dem „Paket“ hat Wallnöfer das Autonomie-Paket, die Summe der ausgehandelten Autonomiebestimmungen gemeint. (Günther Andergassen: „Ohne Opfer keine Freiheit“, Neumarkt 2010, S. 131)

Dr. Wendelin Weingartner
Landeshauptmann von Nordtirol

Den Todesmarsch aufgehalten
„Weingartner lobte die Freiheitskämpfer der 1960er Jahre, „die, um den Todesmarsch der Südtiroler aufzuhalten, agiert haben und so wesentlich zum heutigen Wohlstand Südtirols – unserer Heimat – beigetragen haben“, sagte Weingartner.“ (Bericht der Tageszeitung „Dolomiten“ über die Festrede Weingartners auf der Andreas Hofer Gedenkfeier in Terlan am 22. Februar 2012)

DDr. Karl Zeller
Völkerrechtsexperte, Südtiroler SVP-Abgeordneter zur römischen Kammer

Attentate waren Ausgang für italienische Verhandlungsbereitschaft
„Auch Kammerabgeordneter Zeller sah die Attentate der ‚Bumser’ als Ausgang für eine neue Verhandlungsbereitschaft des italienischen Staates.“ (Bericht von Peter Seebacher in der Südtiroler „Tageszeitung“ vom 18. September 1999 über eine Podiumsdiskussion in Kurtatsch vom 16. September 1999)

Aus „Dolomiten“ vom 12. 12. 2023
Aus „Dolomiten“ vom 12. 12. 2023




Warum verleugnete der EU-Abgeordnete Herbert Dorfmann (SVP) die Geschichte seiner eigenen Partei?

Internetseite des EU-Parlamentariers Herbert Dorfmann www.herbert-dorfmann.eu

Am 22. November 2023 richtete der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB) folgendes Schreiben an den EU-Parlamentarier Herbert Dorfmann (SVP):

„Sehr geehrter Herr Herbert Dorfmann,

 am 20. November 2023 wurde auf der Internetseite der „Neuen Südtiroler Tagezeitung“ ein Artikel mit dem Titel „Großzügige Autonomie“ (https://www.tageszeitung.it/2023/11/20/grosszuegige-autonomie/) veröffentlicht, in welchem eine Wortmeldung von Ihnen, dem EU-Abgeordneten der „Südtiroler Volkspartei“ (SVP), wiedergegeben ist:

„Wir als SVP sehen es als unser primäres Ziel an, die Südtiroler Autonomie auszubauen. Wir haben nie Unabhängigkeitsbestrebungen gehabt.“

Als ehemaligem Lehrer und Bürgermeister ist Ihnen mit Sicherheit bekannt, dass Ihre Partei seit der Gründung im Jahre 1945 Jahrzehnte lang die Rückkehr nach Österreich und die Selbstbestimmung gefordert hat.

Als die Lage in Südtirol unerträglich wurde, bat der SVP-Obmann Dr. Silvius Magnago am 1. August 1959 den österreichischen Außenminister Dr. Kreisky, vor der UNO das Selbstbestimmungsrecht für Südtirol einzufordern.

Es kam 1961 zu der berühmten „Feuernacht“. Es wird Ihnen wohl bekannt sein, dass der Gründer des Befreiungsausschusses (BAS), Sepp Kerschbaumer, SVP-Ortsobmann von Frangart gewesen war. Er war 1961 verhaftet worden und nach erlittener Folter 1964 in der Haft verstorben. Kerschbaumer hatte so wie seine Mitstreiter und wie führende SVP-Politiker die Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechtes zum Ziel gehabt.

Der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB) hat kein Verständnis dafür, dass man die Geschichte durch Leugnung erwiesener Tatsachen verdreht.

Wir bitten Sie im Andenken an erbrachte Opfer mutiger Landsleute daher, dass Sie Ihre zitierte Behauptung der Wahrheit zuliebe öffentlich zurücknehmen.

 Roland Lang
Obmann des Südtiroler Heimatbundes“

Einen Tag später antwortete Dorfmann auf dieses Mail und relativierte seine vorherige Behauptung. Er schrieb:

„Sehr geehrter Herr Lang,

 herzlichen Dank für Ihre Rückmeldung.

Ich weiß natürlich, dass das Recht auf Selbstbestimmung in unserem Parteistatut festgeschrieben ist und wir dieses Grundrecht der Völker auch immer verteidigt haben.

Spätestens seit der Zustimmung der Südtiroler Volkspartei zum zweiten Autonomiestatut im Jahr 1969 hat meine Partei eine klare Entscheidung getroffen, wir arbeiten für den Ausbau der Autonomie in unserem Land. Wir haben gegenüber dem Staat Italien auch immer klargestellt, dass dies für uns nicht eine Zwischenlösung ist, sondern dass wir in einer starken Region Südtirol im Rahmen eines europäischen Einigungsprozesses arbeiten und dass das Selbstbestimmungsrecht für uns dann greifen würde, wenn der Staat Italien seine völkerrechtlichen Auflagen nicht nachkommt.

Diese Position hat uns erlaubt Südtirols Autonomie dorthin zu bringen wo sie ist

Mit freundlichen Grüßen,
Herbert Dorfmann“

Man darf natürlich fragen: Wenn Herr Dorfmann „natürlich“ weiß, dass das Recht auf Selbstbestimmung in dem Statut seiner Partei festgeschrieben ist, warum hatte er dann eine falsche Erklärung abgegeben?

Hatte dies etwa mit weiteren Karrierewünschen im Rahmen der von Arno Kompatscher bestimmten SVP-Politik zu tun?

 Die öffentliche Zurücknahme seiner Falschbehauptung hat Dorfmann bis jetzt jedenfalls nicht vorgenommen.

 Der „Südtirol-Informationsdienst“ (SID) erledigt dies daher an seiner Stelle durch die obige Veröffentlichung der Emails.

Zudem teilen wir unseren Lesern und auch Herrn Dorfmann mit, wie oft und in welchem Ausmaß die „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) immer wieder die Landeseinheit Tirols gefordert und das Recht auf Selbstbestimmung bekräftigt hat.

Dokumentation: SVP – Landeseinheit – Selbstbestimmung

1945: Programm der neugegründeten SVP
Am 19. Mai 1945 veröffentlichten die „Dolomiten“ das Programm der SVP:

1945: Petition der SVP an den österreichischen Bundeskanzler
Am 15. August 1945 richteten der Obmann der neu gegründeten „Südtiroler Volkspartei“ (SVP), Erich Amonn, und sein Generalsekretär Dr. Josef Raffeiner ein Schreiben an den österreichischen Bundeskanzler Dr. Karl Renner, in welchem sie in baten, sich für die Wiedervereinigung Tirols einzusetzen.

Auszüge aus dem Schreiben der SVP vom 19. August 1945 (Österreichisches Staatsarchiv, BMfAA II-pol Südtirol 1945, Karton 1, GZl 478-pol)
Auszüge aus dem Schreiben der SVP vom 19. August 1945 (Österreichisches Staatsarchiv, BMfAA II-pol Südtirol 1945, Karton 1, GZl 478-pol)

1945: Erklärung der „Südtiroler Volkspartei“ (SVP)
Am 29. November 1945 veröffentlichte das Organ der SVP, der „Volksbote“, einen Beschluss des Zentralkomitees der SVP, in dem es hieß, dass die Gewährung des Selbstbestimmungsrechtes „die einzig mögliche Lösung der Südtiroler Frage“ sei.:

1946: Selbstbestimmung – „einhelliger Wunsch des Südtiroler Volkes“
Am 1. Juni 1946 veröffentlichten die „Dolomiten“ auch im Namen der SVP eine dringende Bitte der Südtiroler an die Alliierten. In diesem Schreiben bezeichnete der SVP-Obmann Erich Amonn das Verlangen nach Selbstbestimmung als „einhelligen Wunsch des Südtiroler Volkes“.

1946: Appell der SVP an die alliierte Friedenskonferenz
Am 8. August 1946 veröffentlichten die „Dolomiten“ einen Appell der SVP an die Friedenskonferenz der alliierten Siegermächte:

1953: SVP-Angeordneter Dr. Otto von Guggenberg: Selbstbestimmung „heiliges Recht“ und „keinem Verzicht unterworfen“
Am 7. Oktober 1953 berichteten die „Dolomiten“ über eine sehr deutliche Erklärung des SVP-Parlamentsabgeordneten Dr. Otto von Guggenberg in der Abgeordnetenkammer des italienischen Parlaments.

1953: Beschluss des SVP-Parteiausschusses
Am 16. Oktober 1953 veröffentlichten die „Dolomiten“ einen „Beschluss des Parteiausschusses der SVP“, in welchem das Selbstbestimmungsrecht als „heiliges Grundrecht“ bezeichnet wurde.

1957: Forderung nach Selbstbestimmung
Am 28. Mai 1957 beschloss der Jahreskongress der „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) eine Resolution, in welcher sie die Forderung nach Selbstbestimmung erhob, „falls eine angemessene Lösung der Probleme dieser Volksgruppe nicht erreicht werde.“

1960: Entschließung der SVP-Landesversammlung: Drängen des Volkes auf Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes

Am 7. Mai 1960 verabschiedete die außerordentliche Landesversammlung der „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) folgende Entschließung:

,,Trotz aller bitteren Enttäuschungen richtet die Landesversammlung nochmals den eindringlichen Appell an Parlament und Regierung des italienischen Staates, endlich für das Land Südtirol allein, losgelöst vom Trentino, eine echte Landesautonomie … zu gewähren … Falls Italien diese europäische Haltung der Südtiroler nicht zu würdigen wissen sollte, und falls alle Bemühungen auf innerstaatlicher und internationaler Ebene um eine echte Landesautonomie scheitern würden, erklärt sich die Landesversammlung außerstande, das Drängen des Volkes auf Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes aufzuhalten!

1961: Selbstbestimmung, falls keine Verhandlungslösung

Am 25. März 1961 stellte die Landesversammlung der „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) die Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes in den Raum, für den Fall, dass keine Verhandlungslösung in der Südtirolfrage gefunden werde.

1972 und 1975: Recht auf Selbstbestimmung unverzichtbar

Am 2. Dezember 1972 fand in Meran die 23. ordentliche Landesversammlung der „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) statt. In einem neuen Grundsatzprogramm wurde das Selbstbestimmungsrecht für unverzichtbar erklärt:

„Das in der UNO-Charta verankerte Recht auf Selbstbestimmung bleibt unverzichtbar. Die SVP betrachtet jedoch das Pariser Abkommen vom 5. September 1946 als Grundlage für die natürliche Entwicklung der Tiroler Minderheit im italienischen Staat.“

Am 5. August 1975 verlangte der SVP-Senator Dr. Peter Brugger die Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes für den Fall, dass Italien kommunistisch werden sollte. Und am 18. September 1975 gab die Parteileitung der Südtiroler Volkspartei folgende Stellungnahme ab: „Die Parteileitung bekennt sich zu dem am 2. Dezember 1972 von der Landesversammlung genehmigten Programm, wonach das in der UNO-Charta verankerte Recht auf Selbstbestimmung unverzichtbar bleibt.“

1980: Landesversammlung der Südtiroler Volkspartei (SVP) – Selbstbestimmung unverzichtbar
Die Landesversammlung der Südtiroler Volkspartei (SVP) nahm am 22.3.1980 mit nur einer Gegenstimme und 5 Enthaltungen eine von dem Südtiroler Heimatbund (Organisation ehemaliger politischer Häftlinge) und einer Kommission der SVP-Leitung eingebrachte Entschließung an, in welcher gefordert wurde, „den unverzichtbaren Anspruch auf Selbstbestimmung wachzuhalten.“ Das Autonomie-Paket, so hieß es weiter in der Resolution, könne den ethnisch-kulturellen und wirtschaftlichen Bestand der Südtiroler alleine nicht gewährleisten. Die SVP möge an die Schutzmacht Österreich den Antrag stellen, „die zuständigen internationalen Instanzen von dieser Sachlage zu verständigen.“

(Die SVP unternahm allerdings nichts dergleichen.)

1983: Landesversammlung der Südtiroler Volkspartei (SVP) – Selbstbestimmung unverzichtbar
SVP-Parteiobmann Silvius Magnago brachte am 17.12.1983 auf der Landesversammlung der SVP folgenden Antrag ein, der mit überwältigender Mehrheit angenommen wurde:

„Die Landesversammlung bekräftigt erneut, dass das Selbstbestimmungsrecht für Südtirol im Sinne aller einschlägigen internationalen Bestimmungen einschließlich der UN-Menschenrechtspakte von 1966 unverzichtbar bleibt und verweist diesbezüglich auf ihre Resolution vom 22. März 1980. Die Landesversammlung ist jedoch gleichzeitig überzeugt, dass die konkrete Anrufung des Selbstbestimmungsrechtes  zum jetzigen Zeitpunkt nicht realistisch ist.

Die Art und Weise und der Zeitpunkt der Inanspruchnahme des Selbstbestimmungsrechtes hängen von Bedingungen ab, die sich aus historisch-politischen Möglichkeiten ergeben können. Sollte sich in Zukunft eine reelle Möglichkeit bieten, eine Änderung herbeizuführen, auch eine Grenzänderung, so wird es die Südtiroler Volkspartei sein, ohne sich dabei von anderen Kräften treiben zu lassen, die von sich aus die Initiative dazu ergreifen wird; dies ganz unabhängig davon, ob wir uns als ein Volk oder eine Volksgruppe bzw. Sprachminderheit bezeichnen können.

Die Landesversammlung erklärt in Anlehnung an die Aussage des außenpolitischen Ausschusses des österreichischen Nationalrates vom 1. 10. 1946, dass der Pariser Vertrag keinen Verzicht auf das Selbstbestimmungsrecht bedeutet.

An der Haltung der SVP wird sich diesbezüglich nichts ändern.“

1984: SVP-Landessekretär: Selbstbestimmungsrecht ist unverzichtbar
Unter diesem Titel brachten die „BIB Mitteilungen des Bergisel-Bundes“ von Wien-Niederösterreich-Burgenland in ihrer Ausgabe Nr. 2 vom Juni 1984 ein Interview mit dem Landessekretär der Südtiroler Volkspartei, Dr. Bruno Hosp, in welchem dieser sagte:

„Selbstbestimmung über das politische Schicksal ist ein immerwährendes Recht und steht jeder Generation zu, vor allem dann, wenn eine vorausgehende Generation unter Zwang auf dieses Recht verzichtet haben sollte. Ein solcher Verzicht mag noch so verständlich sein, moralisch Dauergeltung besitzt er nicht. Eine Anerkennung der Brennergrenze, die Tirol noch heute gewaltsam durchschneidet und darum im moralischen Sinne ein seit 1919 bestehendes Verbrechen an den Deutschosterreichern im heutigen italienischen Staatsgebiet darstellt, kommt nie in Frage. Eine volle Paketverwirklichung ändert dies nicht, auch wenn Italien es noch so gerne möchte.

1991: SVP-Parlamentsabgeordneter forderte Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes
Am 1.9.1991 veröffentlichte die italienische Presse in Bozen einen ihr durch Indiskretion zugegangenen vertraulichen Brief des SVP-Kammerabgeordneten Dr. Ferdinand Willeit an die SVP-Parteileitung. Darin erklärte Willeit, dass seiner Meinung nach der Zeitpunkt dafür gekommen sei, dass die SVP-Parlamentarier in Rom einen Begehrensantrag für die Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes in Südtirol einbrächten.

Der Brief schlug hohe Wellen in der Öffentlichkeit. Die SVP-Spitze lehnte jedoch den Willeit-Vorschlag ab.

1992: Landeshauptmann Durnwalder (SVP) – Mehrheit wäre für Rückkehr nach Österreich
Am 12. 6. 1992 brachte das österreichische ÖVP-Parteiorgan „Neues Volksblatt“ ein Interview mit dem Südtiroler Landeshauptmann Dr. Durnwalder, in welchem dieser erklärte:

„Wenn man den Südtirolern das Selbstbestimmungsrecht gewährte und sie abstimmen ließe, dann garantiere ich, dass eine Mehrheit für eine Rückkehr nach Österreich zustande kommen würde. Es ist das Natürlichste, dass zusammengehört, was Jahrhunderte zusammengewachsen ist, und der Landeshauptmann von Südtirol sicherlich für Tirol stimmen würde.“

1992: SVP-Parteiausschuss – Unabhängigkeit Südtirols in den Raum gestellt
Am 9. November 1992 beschloss der Parteiausschuss der „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) in einer Resolution an die SVP-Landesversammlung die Forderung, dass die Südtirol-Autonomie zu einer „Europaregion Tirol“ weiterentwickelt werde. Gleichzeitig wurde auf die „Unverzichtbarkeit des Selbstbestimmungsrechtes“ hingewiesen.

Am 21. November 1992 wurde diese Resolution von der SVP-Landesversammlung mit überwältigender Mehrheit angenommen.

Der SVP-Parteiobmann Dr. Roland Riz richtete in seiner Rede hinsichtlich der mangelnden Umsetzung von „Paket“-Bestimmungen mahnende Worte an die italienische Regierung und drohte „als letzte Konsequenz mit der Ausrufung der Unabhängigkeit Südtirols, wenn sich Rom nicht unzweideutig zu einer internationalen Absicherung der Südtirol-Autonomie bekenne.“ (APA 22. 11. 92)

Am 22. November 1992 berichtete die Südtiroler „Zeitung am Sonntag“ unter dem Titel „Riz: Bei Wortbruch für Unabhängigkeit“ über die SVP-Landesversammlung von Vortag. In dem Artikel hieß es: „Riz wörtlich: ‚Dann verlangen wir unsere Unabhängigkeit und werden diese auch ausrufen!’

1994: SVP-Obmann – Selbstbestimmung, wenn Autonomieverletzungen
Im Dezember 1994 erklärte der Obmann der Südtiroler Volkspartei (SVP), Dr. Siegfried Brugger, gegenüber den Medien: Sollte es unter einer neuen Rechtsregierung neuerlich Autonomieverletzungen geben, wäre Selbstbestimmung „die weitere Entwicklung.“ Man werde dann die Südtirolfrage internationalisieren und „die Selbstbestimmung ausrufen.“

1999: Altlandeshauptmann DR. Magnago – Mehrheit würde für Österreich stimmen
Am 23. November 1999 erschien in der „Neuen Südtiroler Tageszeitung“ ein Interview mit dem Südtiroler Altlandeshauptmann Dr. Silvius Magnago unter dem Titel „Noch sind wir nicht so verdorben“:

Magnago sagte: „Wenn es zu einer Abstimmung kommen würde, würde die Südtiroler Volkspartei die Zeit nutzen, eine Überzeugungskampagne zu führen. Diese würde immer dazu führen, dass die Mehrheit der Südtiroler für die Zugehörigkeit zu Österreich stimmen würde. Darüber habe ich keinen Zweifel. Die Selbstbestimmungsgegner würden dann sicher das Geld als Argument anführen. Aber noch hat uns das viele Geld nicht so sehr verdorben, dass wir nur daran denken.“

2006: SVP strebt laut ihrem Parteiprogramm die Selbstbestimmung an
Am 24. Juni 2006 veröffentlichten die „Dolomiten“ ein Interview mit dem SVP-Obmann Elmar Pichler-Rolle, in welchem dieser darauf verwies, dass die „Südtiroler Volkspartei“ (SVP) gemäß ihrem Parteiprogramm die Selbstbestimmung anstrebe.

2007: Südtiroler Landtag lehnte italienischen Grundsatzantrag für Verbleib bei Italien ab
Am 7. Februar 2007 lehnte der Südtiroler Landtag einen Grundsatzantrag des Abgeordneten Alberto Pasquali von der „Forza Italia“ ab. In dem Antrag war die Einbindung Südtirols in die Republik Italien als definitiv und unwiderruflich bezeichnet worden.

Landeshauptmann Luis Durnwalder erklärte dazu in der Debatte, dass man auf das Selbstbestimmungsrecht nie verzichtet habe, denn es bleibe „ein Grundrecht eines jeden Volkes“. Mit dem anschließenden Beschluss sprach sich der Südtiroler Landtag gegen einen definitiven Verbleib Südtirols bei Italien aus.

2008: Landeshauptmann Durnwalder – Selbstbestimmung, wenn Autonomieaushöhlung
Am, 13. August 2008 brachte „Südtirol Online“ (Dolomiten“) einen Bericht, in dem es hieß:

„Eine deutliche Warnung richtete der Landeshauptmann an all jene, ‚die unsere besondere Autonomie, die von mehreren Staatspräsidenten als solche anerkannt worden ist, beschneiden oder aushöhlen wollen.  … Jenen, die uns auf das Niveau der Regionen mit Normalstatut bringen möchten, sage ich: Wir lassen nicht mit uns spaßen. Wenn das passiert, werden wir die Selbstbestimmung verlangen‘, unterstrich Durnwalder.“

2009: SVP-Politiker Richard Theiner – Das Ziel der Selbstbestimmung nicht aus den Augen verlieren
Am 25. März 2009 brachte „Südtirol Online“ („Dolomiten“) folgendes Interview mit dem SVP-Obmann-Kandidaten und späteren SVP-Obmann Richard Theiner. Dieser erklärte zur Frage der Selbstbestimmung, „dass die SVP dieses wichtige Thema angehen muss und es nicht anderen Parteien überlassen kann. … Die Selbstbestimmung ist ein Ziel, welches nur erreicht werden kann, wenn sich Deutsche, Italiener und Ladiner gemeinsam dafür einsetzen und zusammen an einem Strang ziehen. … Wir brauchen uns … nicht auf dem bisher Erreichtem, der Autonomie, wie wir sie zurzeit haben, ausruhen. Ich sehe es als eine der wichtigsten Aufgaben der Volkspartei, alles für die Stärkung und den Ausbau der Autonomie zu tun und dabei das Ziel der Selbstbestimmung nicht aus den Augen zu verlieren.  „

2009: SVP-Obmann Theiner – So viel wie möglich an Selbstbestimmung erlangen
Am 16. April 2009 erklärte der neue SVP-Obmann Richard Theiner gegenüber „Südtirol Online“ („Dolomiten“):

„Es wäre töricht, die Autonomie in Frage zu stellen. Trotzdem: Die Autonomie muss nicht Endstation sein. Das heißt: wir können und sollten die Autonomie weiterentwickeln. Unser Ziel sollte es dabei immer sein, soviel wie möglich an Selbstbestimmung und Selbstverantwortung zu erlangen.“

2016: SVP-Parteistatut – Unverzichtbarkeit des Selbstbestimmungsrechtes

2020: Chefredakteur Dr. Toni Ebner – Bei Drangsalierung Mehrheit für Rückkehr nach Österreich
Dr. Toni Ebner, Chefredakteur der Tageszeitung „Dolomiten“, erklärte am 10. Oktober 2020 in der ORF-Dokumentarsendung „100 Jahre Südtirol – Zerrissen zwischen den Mächten“ von Brigit Mosser-Schuöcker:

„Die klassische Frage ‚Selbstbestimmung für Südtirol – wollt ihr zurück zu Österreich‘, hängt von den Umständen ab. Wenn die Umstände so sind, dass die italienische Regierung die Südtiroler drangsaliert, das hat es ja immer wieder gegeben, und Probleme schafft, dann glaube ich, dass eine Mehrheit in Südtirol für eine Rückkehr nach Österreich zustande kommt.




So wurden die Südtiroler Freiheitskämpfer gefoltert

Der verstorbene Freiheitskämpfer Hermann Anrather aus Kurtatsch

Bericht aus Anlass des Todes von Hermann Anrather

Wie der „Südtiroler Heimatbund“ (SHB) in einer Aussendung mitteilte, ist der ehemalige Freiheitskämpfer Hermann Anrather, Schneidermeister aus Kurtatsch, in der Nacht auf den 10. November verstorben.

Bereits in den 1950er Jahren hatte er zusammen mit anderen späteren Freiheitskämpfern spektakuläre Protestaktionen gegen die Fortsetzung der faschistischen Entnationalisierungspolitik in Südtirol durchgeführt. Eine besonders Aufsehen erregende Aktion war das Abbrennen eines großen Feuerkreuzes in den Herz-Jesu-Nächten in den Grauner Wänden oberhalb des Dorfes.

Die Treue zur Heimat hatte ihm nach der „Feuernacht“ des 11. auf den 12. Juni 1961 Folter und Gefängnis beschert. Er war ebenso wie viele andere „amtsbekannten“ heimattreuen Südtiroler verhaftet und dann in der Carabinieri-Kaserne in Kurtatsch schrecklich gefoltert worden.

Aus einem Bericht in einer deutschen Illustrierten
Aus einem Bericht in einer deutschen Illustrierten

Ein Anwalt und Regionalratsabgeordneter brachte die Folterungen an die Öffentlichkeit

Was Hermann Anrather nach seiner Verhaftung widerfahren war, gelangte erstmals an das Licht der Öffentlichkeit, als der aus Rovereto stammende Trentiner Abgeordnete Dr. Sandro Canestrini am 18. Jänner 1962 im Regionalrat in Trient Folterberichte zweier verhafteter Südtiroler Freiheitskämpfer verlas. Diese Briefe waren ihm in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt und Strafverteidiger zugekommen. In der Folge sollte sich Canestrini in den Strafprozessen gegen Südtiroler Freiheitskämpfer als mutiger Verteidiger erweisen.

Dr. Sandro Canestrini im Kreise von Angehöriger der verhafteten Südtiroler
Dr. Sandro Canestrini im Kreise von Angehöriger der verhafteten Südtiroler

Über die von Canestrini öffentlich gemachten Folterungen berichteten die „Dolomiten“ und die „Tiroler Tageszeitung“ am 20. Jänner 1962:

In seinem Brief aus dem Gefängnis schilderte Anrather die erlittene Folter: „Ich musste mit der linken Hand oben stehen, und man hatte mir dauernd mit der Hand und Faust ins Gesicht geschlagen u. ins Gesicht gespien. Mit einen vierkantigen Stock schlug man mir auf den Händen, Unterarm und am Oberschenkel weil ich nicht imstande war gerade zu stehen….Wurde zirka eine Stunde lang ohne Rücksicht geschlagen wie am Vortage. Zusezlich gab man mir Fustritte und schlug man mir mit der Faust an dem Geschlechtsteil“, so Anrather in seinem Brief.

Faksimile in: Sepp Mitterhofer / Günther Obwegs: „...Es blieb kein anderer Weg“, Meran 2000, S.94 f
Faksimile in: Sepp Mitterhofer / Günther Obwegs: „…Es blieb kein anderer Weg“, Meran 2000, S.94 f

Weiter heißt es: „Mit einer Zange hate man mir die Finger gequetscht, sowie bei den Haaren gezogen das dem Carabiniere ein Handvoll Haare in die Hand gebliben ist. Als ich vertig und erschöpft war, wurde mir mein erstes Protokol geschrieben, wo ich auch zugegeben hätte das ich meine Mutter umgebracht habe, wen sie mich danach gefragt hätten.“

Haft für Anrather

Anrather erstattete Anzeige gegen seine Folterer. Er wurde trotz des erfolterten „Geständnisses“ am 16. Juli 1964 in Mailand zu 2 Jahren und 8 Monaten Kerker verurteilt, in der Berufungsinstanz wurde die Strafe am 30. Juni 1966 auf 7 Jahre und 4 Monate angehoben. Am 2. Juni 1969 begnadigte der italienische Staatspräsident unter dem Vorzeichen der gewünschten Annahme des „Südtirolpakets“ durch die Südtiroler Volkspartei eine Reihe von Häftlingen, darunter Hermann Anrather.

Hermann Anrather (X) auf der Anklagebank im Mailänder Prozess 1964
Hermann Anrather (X) auf der Anklagebank im Mailänder Prozess 1964

Freiheit für die Folterknechte

1963 hatte Dr. Sandro Canestrini als Anwalt der gefolterten Südtiroler Häftlinge im Trienter Carabinieriprozess die Vertuschungs-Praktiken des Staates, der Carabinieri und der Gerichtsbehörden an den Pranger gestellt und im Gerichtssaal erklärt, dass das Dulden der Tortur jenem rassistischen Denken entspringe, aus welchem einst der Faschismus und der Nationalsozialismus entstanden seien.

Die Folterknechte waren freigesprochen und anschließend staatlich geehrt und ausgezeichnet worden.

Bericht aus den „Dolomiten“
Bericht aus den „Dolomiten“

Dokumentation: Der vollständige Bericht von Hermann Anrather

Wiedergegeben in: Sepp Mitterhofer / Günther Obwegs: „...Es blieb kein anderer Weg“, Meran 2000, S.94 f
Wiedergegeben in: Sepp Mitterhofer / Günther Obwegs: „…Es blieb kein anderer Weg“, Meran 2000, S.94 f




Landtagswahlen 2023 – Eine Analyse des Ergebnisses von Cristian Kollmann

Bild Cristian Kollmann: Süd-Tiroler Freiheit; Bildkomposition: SID

Am 28.11.1948 hatte die Südtiroler Volkspartei (SVP) mit 67,6% der Stimmen einen überragenden Erfolg errungen. Mit Recht wurde sie als Sammelpartei der Südtiroler angesehen.

Die Südtiroler Landtagswahlen brachten am 22. Oktober 2023 ein dramatisches Ergebnis. Nach 75 Jahren, am 22.9.2023, endete mit nur mehr 34,5% der Stimmen der bisherige Siegeslauf der SVP innerhalb der Volksgruppe, sie wurde im Vergleich zu 1948 halbiert. Viele Wähler hatten offenbar nicht mehr erkennen können, ob die SVP unter der Führung des Landeshauptmannes Arno Kompatscher (SVP) noch für andere Ziele als die Sicherung gut dotierter Mandate und Posten eintrete.

Landeshauptmann Arno Kompatscher hat stets seine Verbundenheit mit Rom und den Italienern betont. Hier sieht man ihn auf einem Alpini-Treffen in Bozen. Seinen deutschen und ladinischen Landsleute hat dies vielfach nicht so gut gefallen.
Landeshauptmann Arno Kompatscher hat stets seine Verbundenheit mit Rom und den Italienern betont. Hier sieht man ihn auf einem Alpini-Treffen in Bozen. Seinen deutschen und ladinischen Landsleute hat dies vielfach nicht so gut gefallen.

Der bekannte Südtiroler Toponomastik-Experte und Sprachhistoriker Cristian Kollmann hat über die derzeitige Situation in Südtirol nachstehende Analyse zur Verfügung gestellt. Er zeigt die Varianten der noch möglichen Koalitionen auf, die dem geschlagenen LH Arno Kompatscher (SVP) verbleiben.

Neuer Landtag in Südtirol – Kommt die Wende?

von Cristian Kollmann

Am 22. Oktober 2023 fanden in Südtirol Landtagswahlen statt. 16 Parteien waren angetreten und zwölf haben es in den Landtag geschafft. Nachstehend das Ergebnis für sie im Detail:

Die Sitzverteilung im Landtag grafisch dargestellt:

Das Ergebnis dieser Landtagswahl brachte ein Novum in der Geschichte Südtirols: Die regierende Südtiroler Volkspartei hat zum ersten Mal so viele Stimmen verloren, dass sie zum Regieren einen deutschen Koalitionspartner benötigt.

Dieses Novum war wohl der Hauptgrund dafür, dass über den Ausgang einer Südtiroler Landtagswahl, anders als in der Vergangenheit, in ganz Italien, aber auch in Österreich und Deutschland ausführlich berichtet wurde.

Ganz richtig ist überall davon die Rede, dass schwierige Koalitionsgespräche anstehen. Die potentiellen interethnischen Koalitionspartner (Team K, Grüne) haben nämlich keinen Italiener zu bieten.

Mindestens ein italienisches Regierungsmitglied ist aber erforderlich, weil laut Südtiroler Autonomiestatut die Sprachgruppen in der Landesregierung im selben Verhältnis wie im Landtag vertreten sein müssen.

Die Zahl der italienischen Kandidaten, die es bei dieser Wahl in den Landtag geschafft haben, beläuft sich auf fünf und ist damit vergleichsweise niedrig. Bei der letzten Landtagswahl waren es acht. Fünf Abgeordnete von insgesamt 35 machen in Prozent 14,29 aus. Wenn man davon ausgeht, dass die künftige Südtiroler Landesregierung so wie bisher aus neun Mitgliedern besteht, geht sich bei 14,29 Prozent ein italienischer Abgeordneter aus (mathematisch exakt wären dies 1,29).

Portal des Südtiroler Landtages in Bozen
Portal des Südtiroler Landtages in Bozen

Welche Koalitionen sind möglich?

Umgehend nach dem Wahlergebnis wurden medial alle möglichen Koalitionsszenarien durchgespielt. Da der Südtiroler Landtag 35 Abgeordnete stellt, braucht es für eine Regierungsmehrheit mindestens 18 Simmen. Für die Südtiroler Volkspartei hat es nur für 13 Mandate gereicht, zwei weniger als bisher.

Eine einzige italienische Partei als Partner für eine mehrheitsfähige Regierung reicht aber nicht, weil die stärkste italienische Partei, die Fratelli d’Italia, nur zwei Stimmen beisteuern kann.

Mit nationalistischen Aktionen gegen Südtirol hat sich die Fratelli-Vorsitzende und jetzige Ministerpräsidentin Giorgia Meloni in Südtirol allerdings nicht besonders beliebt gemacht
Mit nationalistischen Aktionen gegen Südtirol hat sich die Fratelli-Vorsitzende und jetzige Ministerpräsidentin Giorgia Meloni in Südtirol allerdings nicht besonders beliebt gemacht

Mögliche, jedoch wenig realistische Dreierkoalitionen

Zum ersten Mal in der Geschichte Südtirols ist eine Zweierkoalition nicht mehr möglich. Rein technisch möglich wären dagegen folgende Dreierkoalitionen:

  • Südtiroler Volkspartei (13), Team K (4), Fratelli d’Italia (2): 19 Simmen;
  • Südtiroler Volkspartei (13), Süd-Tiroler Freiheit (4), Fratelli d’Italia (2): 19 Stimmen.

Allerdings sind beide Koalitionsvarianten wenig realistisch. Zu groß sind nämlich die ideologischen Differenzen zwischen den faschistischen Fratelli d’Italia und dem Team K bzw. der Süd-Tiroler Freiheit. Andererseits stünde diese Koalition zahlenmäßig auf einigermaßen stabilen Beinen, denn die Regierungsparteien hätten immerhin um zwei Stimmen die Mehrheit.

Mit solchen Plakaten hat sich die Süd-Tiroler Freiheit bei den neofaschistischen Fratelli d’Italia nicht sonderlich beliebt gemacht
Mit solchen Plakaten hat sich die Süd-Tiroler Freiheit bei den neofaschistischen Fratelli d’Italia nicht sonderlich beliebt gemacht

Viererkoalition unumgänglich

Um eine stabile Mehrheit zu bekommen, ist eine Viererkoalition unumgänglich. Die Konstellationen, aus denen sich eine Viererkoalition ergeben könnte, sind, rein technisch betrachtet, vielfältig und folglich politisch komplizierter. Jedem der Koalitionspartner müsste die Südtiroler Volkspartei mindestens einen Landesregierungssitz zugestehen, was letztlich für die Volkspartei selbst weniger Sitze bedeuten würde. Nachstehend werden vier Szenarien einer Viererkoalition durchgespielt.

Viererkoalition, Szenario 1: Südtiroler Volkspartei, Grüne, Partito Democratico, La Civica

Grundsätzlich muss sich die Südtiroler Volkspartei entscheiden, ob sie eine Koalition nach links oder nach rechts will. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Landeshauptmann Arno Kompatscher immer schon mit den Grünen sympathisierte. Doch um mit den Grünen zumindest hauchdünn regieren zu können, werden zwei weitere Sitze benötigt, die nur die beiden linken Parteien Partito Democratico und La Civica beisteuern können, demnach: Südtiroler Volkspartei (13), Grüne (3), Partito Democratico (1), La Civica (1).

Viererkoalition, Szenario 1: Südtiroler Volkspartei, Grüne, Partito Democratico, La Civica
Viererkoalition, Szenario 1: Südtiroler Volkspartei, Grüne, Partito Democratico, La Civica

Gemeinsam hätte man dann eine hauchdünne Regierungsmehrheit von 18 Stimmen. Von den neun Sitzen in der Landesregierung würden dann aller Wahrscheinlichkeit zwei die Grünen und je einen die beiden italienischen Parteien für sich reklamieren. Für die Südtiroler Volkspartei blieben dann nur noch fünf Regierungssitze übrig, während es in der bisherigen Koalition mit der Lega, die zwei Landesräte stellte, noch sieben waren.

Viererkoalition, Szenario 2: Südtiroler Volkspartei, Team K, Partito Democratico, La Civica

Eine stabilere Mitte-links-Regierung ergäbe sich, wenn die Südtiroler Volkspartei statt den Grünen das um einen Sitz stärkere Team K ins Boot holen würde, weil sich dann mit 19 Stimmen eine Regierungsmehrheit ergäbe.

Demnach: Südtiroler Volkspartei (13), Team K (4), Partito Democratico (1), La Civica (1)

Viererkoalition, Szenario 2: Südtiroler Volkspartei, Team K, Partito Democratico, La Civica
Viererkoalition, Szenario 2: Südtiroler Volkspartei, Team K, Partito Democratico, La Civica

Viererkoalition, Szenario 3: Südtiroler Volkspartei, Fratelli d’Italia, die Freiheitlichen, Lega

So sehr sich Arno Kompatscher eine Mitte-links-gerichtete Landesregierung wünschen würde, so sehr beschäftigt ihn gewiss auch der Gedanke, dass eine solche Regierung mit jener in Rom nicht kompatibel wäre.

Wenn Arno Kompatscher eines ist, dann romgefällig – egal, wer gerade dort am Ruder ist.

Und das ist aktuell nun einmal ganz klar eine Rechtsregierung. Gerade die in Rom regierenden und nach wie vor faschismusaffinen Fratelli d’Italia haben sich im Landtagswahl besonders interessiert an einer Koalition mit der Südtiroler Volkspartei gezeigt.

Auch die Südtiroler Tageszeitung „Dolomiten“ publizierte noch am Tag vor der Landtagswahl ein Propagandainterview mit der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Kritische Fragen – etwa warum sie im Jahr 2014 den Südtirolern nahelegte, sie mögen doch nach Österreich auswandern, wenn sie sich mit der italienischen Trikolore nicht identifizieren wollen – bekam die Ministerpräsidentin freilich nicht gestellt.

Im August 2022 war ein Video im Internet aufgetaucht, in welchem Giorgia Meloni erklärte, dass Mussolini ein guter Politiker gewesen sei.
Im August 2022 war ein Video im Internet aufgetaucht, in welchem Giorgia Meloni erklärte, dass Mussolini ein guter Politiker gewesen sei.

Mittlerweile ist Frau Meloni ja angeblich staatstragend und gemäßigt. Dieses Bild wollen zumindest die etablierten Medien vermitteln. Ob dies das Südtiroler Volk und vor allem die Wähler der Südtiroler Volkspartei tatsächlich auch so sehen, ist fraglich. Und genau das bringt Arno Kompatscher in die Zwickmühle. Um seine neuen römischen „Freunde“ in Rom nicht vor den Kopf zu stoßen, täte er aus seiner Sicht gut daran, die Fratelli d’Italia in die Südtiroler Landesregierung zu holen.

Doch um eine Regierungsmehrheit zu erreichen, benötigt er weitere rechte Partner, von denen auf deutscher Seite die Freiheitlichen (die mit zwei Sitzen konstant geblieben sind) und auf italienischer Seite sowohl die Fratelli d’Italia (die von einem Sitz auf zwei Sitze zugelegt haben) als auch die Lega (die von vier Sitzen auf einen Sitz geschrumpft ist) die meisten Synergien hätten.

Eine derartige Mitte-rechts-gerichtete Regierung hätte dann die denkbar knappste Mehrheit von 18 Stimmen, demnach:

Südtiroler Volkspartei (13), Fratelli d’Italia (2), Freiheitliche (2), Lega (1).

Viererkoalition, Szenario 3: Südtiroler Volkspartei, Fratelli d’Italia, die Freiheitlichen, Lega
Viererkoalition, Szenario 3: Südtiroler Volkspartei, Fratelli d’Italia, die Freiheitlichen, Lega

Wie eine Regierung mit den Grünen wäre auch diese Regierung auf Grund der Mehrheit von lediglich einer Stimme höchst instabil.

Daher ist es fraglich, ob Arno Kompatscher dieses Risiko eingehen möchte. Und zudem: Wie groß wäre der Rückhalt in der Bevölkerung für eine Südtiroler Landesregierung, in der, genau nach 100 Jahren seit der Machtergreifung der Faschisten, ausgerechnet deren ideologische Enkel sitzen?

Viererkoalition, Szenario 4: Südtiroler Volkspartei, Süd-Tiroler Freiheit, die Freiheitlichen, Lega

Man kann es drehen und wenden, wie man will: eine tragfähige Regierung in Südtirol scheint außer Reichweite – so zumindest für Arno Kompatscher. Doch bei genauerem Hinschauen stellt man fest, dass das eigentliche Problem nicht beim Wahlergebnis liegt, sondern woanders: bei Kompatscher selbst. Wenn er weniger romgefällig wäre und dafür aber mehr Patriotismus für (Süd-)Tirol empfinden würde, sähe Kompatscher auch die naheliegendste Lösung: eine Koalition seiner Partei mit der Süd-Tiroler Freiheit, den Freiheitlichen und der Lega, demnach:

Südtiroler Volkspartei (13), Süd-Tiroler Freiheit (4), Freiheitliche (2), Lega (1).

Viererkoalition, Szenario 4: Südtiroler Volkspartei, Süd-Tiroler Freiheit, die Freiheitlichen, Lega
Viererkoalition, Szenario 4: Südtiroler Volkspartei, Süd-Tiroler Freiheit, die Freiheitlichen, Lega

Mit insgesamt 20 Stimmen hätte diese Regierung eine Mehrheit um sogar 2 Stimmen, wobei allein schon die deutschen Parteien, da mit 19 Stimmen ausgestattet, bereits von sich aus eine Mehrheit ausmachen würden und de facto auf die Stimme des laut Autonomiestatut zwingend vorgesehenen italienischen Landesrats gar nicht angewiesen wären.

Kompatscher könnte argumentieren: Mit der Lega als italienischen Partner bliebe sein direkter Draht zur italienischen Regierung aufrecht. Vor seinen Wählern würde er glaubwürdig erscheinen, weil er die nach wie vor faschistischen Fratelli d’Italia außen vor lässt. Zentrale Anliegen der Regierung könnten dann sein:

  • die Rückholung und der Ausbau der Autonomie;
  • die Forderung an Rom nach der Zuständigkeit für die Einwanderung;
  • umfassende Maßnahmen zum Heimatschutz, d.h. der deutschen und ladinischen Sprache, der muttersprachlichen Schulen, der historisch fundierten Ortsnamen;
  • die Forderung an Wien nach der doppelten Staatsbürgerschaft für die Südtiroler;
  • Maßnahmen für den Umweltschutz auf der Grundlage des gesunden Menschenverstandes.

Auf der Agenda des Regierungsprogramms mit dem unpatriotischen Team K und den antipatriotischen Grünen als Regierungspartner wären die genannten Programmpunkte wohl nicht zu finden, stattdessen regelrecht die gegenteiligen, die da wären:

  • weitere Aushöhlung der Autonomie durch Abschaffung des ethnischen Proporzes;
  • die Fortsetzung einer unkontrollierten Einwanderung und der Nicht-Abschiebung von kriminellen Ausländern;
  • die Ausweitung von gemischtsprachigen Schulen und damit langfristig die Abschaffung der muttersprachlichen Schulen;
  • die schnelle Vergabe der italienischen Staatsbürgerschaft an Ausländer (wofür allerdings der Staat zuständig wäre), aber die Verweigerung der doppelten Staatsbürgerschaft für die Südtiroler;
  • Maßnahmen gegen den Klimawandel, die zwar nicht effizient sind, dafür aber zu einer noch drastischeren Bevormundung, Verarmung und Überwachung der Bürger führen – siehe Beispiel Deutschland.

Bei einer Viererkoalition mit der Süd-Tiroler Freiheit als größter Juniorpartner läge der Fokus eindeutig auf den patriotischen Themen und somit auf der Stärkung der Identität der Südtiroler.

Doch kann dies im Sinne der Lega sein? Zustimmung wäre sicher zu erwarten, wenn es darum geht, das Migrationsproblem und die damit einhergehende hohe Kriminalitätsrate in den Griff zu kriegen.

Die Leidtragenden dieses Problems sind ja nicht ausschließlich die Südtiroler, sondern alle redlichen Bürger, unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit. Und was ist mit der Rückholung der verloren gegangenen autonomen Kompetenzen bzw. dem Ausbau der Autonomie? Wäre dafür die Lega zu gewinnen? Es sei daran erinnert, dass die Lega ursprünglich den Föderalismus hochhielt und sich sogar für die Selbstbestimmung der Völker aussprach. Das ist lange her, und die Lega ist zu einer gewöhnlichen zentralistischen und mitunter auch nationalistischen Partei geworden.

Andererseits behaupten, wenn es um Südtirol geht, nicht nur die Lega, sondern auch die Fratelli d’Italia autonomiefreundlich zu sein. Was konkret damit gemeint ist, könnte die Lega in einer Regierung, wo sie von den deutschen Parteien jederzeit überstimmt werden könnte, unter Beweis stellen. Dasselbe gilt für die patriotischen Kernthemen der Süd-Tiroler Freiheit. Als zweitstärkster Koalitionspartner könnte sie klare Forderungen stellen, und es wäre interessant zu sehen, wie weit die Lega, damit sie mitregieren kann, zu einem Entgegenkommen bereit wäre.

Sven Knoll, Landtagsabgeordneter und Mitglied der Landesparteileitung der Süd-Tiroler Freiheit
Sven Knoll, Landtagsabgeordneter und Mitglied der Landesparteileitung der Süd-Tiroler Freiheit

Sven Knoll, die Gallionsfigur der Süd-Tiroler Freiheit, der als Landeshauptmann-Kandidat angetreten war, hat von allen Kandidaten südtirolweit am drittmeisten Vorzugsstimmen erhalten (25.290, zum Vergleich zu 2018: 9.118) – nach Arno Kompatscher (58.771; zum Vergleich 2018: 68.210) und dem neuen Kandidaten der Südtiroler Volkspartei, Hubert Messner (30.605).

Auf Grund nicht nur des sehr guten Wahlergebnisses für die Süd-Tiroler Freiheit (die von 2 Sitzen auf 4 Sitzen zugelegt hat), sondern auch auf Grund des sehr guten Wahlergebnisses für Sven Knoll persönlich, würde ihm, demokratiepolitisch betrachtet, das Amt eines Landesrates eindeutig zustehen. Doch spielen demokratiepolitische Faktoren gerade bei der Ernennung von Koalitionspartnern und der Zuweisung von Regierungsämtern bekanntlich sehr selten eine Rolle.

Fünferkoalition, nur zum Machterhalt?

So wird auch Arno Kompatscher sich von strategischen Überlegungen leiten lassen. Aus seiner Sicht mag es auch verständlich sein, dass er möglichst wenig von seiner Macht abgeben und sich in Rom bloß keine Feinde schaffen will. Genau genommen kann er dies nur dadurch erreichen, indem er sowohl die Fratelli d’Italia als auch die Lega ins Boot holt.

 

Von deutscher Seite könnte er die Freiheitlichen hinzuziehen, und damit seine Regierung auf eine Mehrheit von 19 Stimmen kommt, zusätzlich von italienischer Seite La Civica, demnach:

Südtiroler Volkspartei (13), Fratelli d’Italia (2), die Freiheitlichen (2), Lega (1), La Civica (1).

Fünferkoalition: Südtiroler Volkspartei, Fratelli d’Italia, die Freiheitlichen, Lega, La Civica.
Fünferkoalition: Südtiroler Volkspartei, Fratelli d’Italia, die Freiheitlichen, Lega, La Civica.

Neben den Freiheitlichen müssten dann natürlich auch alle drei italienischen Partner in der Landesregierung mit einem Posten versorgt werden, obwohl es für die Landesregierung nur einen Italiener benötigen würde. Für die Südtiroler Volkspartei blieben dann um so weniger Posten übrig, und die Italiener wären in der Landesregierung überproportional zum Landtag vertreten. Eine Fünferkoalition ist zudem freilich noch schwerer regierbar als eine Dreierkoalition, und die überproportionale Vertretung der Italiener könnte viele Südtiroler vor den Kopf stoßen.

Alles ist möglich, sicher ist nur eines

Zum jetzigen Zeitpunkt scheint noch alles möglich zu sein. Egal, welche Regierung Südtirol bekommen wird, sicher ist nur eines: Die Südtiroler Volkspartei muss zum ersten Mal in ihrer Geschichte auf die anderen deutschen Parteien zugehen.

Das ist schon einmal ein Anfang der Wende. Wenn Arno Kompatscher stattdessen es vorzieht, die deutschen Parteien hintanzustellen und sich noch mehr als bisher mit seinen italienischen „Freunden“ anzubiedern, dann wird seine Partei noch weiter abstürzen und die Süd-Tiroler Freiheit wird noch weiter zulegen.

Aus dem Anfang vom Ende der Südtiroler Volkspartei würde dann die Fortsetzung. Und aus dem Anfang der Wende für die patriotischen Kräfte würde dann ebenso die Fortsetzung.