Auf zum Schwur, Tiroler Land…

Die Botschaft von hunderten Fackelträgern auf den Bergen Südtirols fordert: FREIHEIT. Das Landes-Wappen, der Tiroler Adler, symbolisiert diese Freiheit. Foto: Glasfenster im Schloss Tirol. Foto Verfasser.

Trotz widrigen Wetters konnten tausende Südtirol-Urlauber miterleben, wie am Sonntag, 9. Juni 2024, auf vielen Berggipfel und Berghängen an das feierliche Gelöbnis des Landes Tirol vom 1. Juni 1796 erinnert wurde: damals gelobten die Tiroler Landstände, angesichts der schweren Bedrohung durch Napoleon, ihr Land dem „Heiligsten Herz Jesu“ anzuvertrauen, um den göttlichen Beistand gegen den Eroberer zu erhalten.

Bericht von Georg Dattenböck

 

Die tiefe Religiosität der großen Volksmehrheit in Tirol blieb bis heute erhalten, wie man beim Eintritt in die Häuser und Höfe Tirols feststellen kann. (Foto. Verfasser)
Die tiefe Religiosität der großen Volksmehrheit in Tirol blieb bis heute erhalten, wie man beim Eintritt in die Häuser und Höfe Tirols feststellen kann. (Foto. Verfasser)

Heute ist das Erinnerungsfest für die Süd-Tiroler aus allen Volksschichten der Anlass, ihre Identität, die sprachlich-kulturelle und geistige Landeseinheit, trotz 100jähriger Herrschaft Italiens, zu bewahren.

Angesichts der Besorgnis erregenden politischen Lage Südtirols sind diese Botschaften aus den Bergen Süd-Tirols für jeden Besucher sofort verständlich. Vor sehr vielen Höfen und Häusern wurde im gesamten Land ebenfalls die Tiroler Fahne aufgezogen.

Bilder von „Herz-Jesu-Feuern“ in Südtirol. (Quelle: „Feuerherz“ der Alpenvereinsjugend, Jungschützen, Bauern- und Katholischen Jugend)
Bilder von „Herz-Jesu-Feuern“ in Südtirol. (Quelle: „Feuerherz“ der Alpenvereinsjugend, Jungschützen, Bauern- und Katholischen Jugend)

Bergfeuer wurden unter der Zeit des „Duce“ Mussolini wie ein Verbrechen verfolgt, wie man aus den Meldungen der damaligen Tageszeitungen entnehmen kann. Hier ein Originalartikel aus dem „Tiroler Anzeiger“ vom 5. 3. 1935 mit dem Titel „Konfinierungen in Südtirol“ (von lateinisch: confinium = Grenze, Grenzgebiet und bezeichnet eine Form der Verbannung).

Aus: „Tiroler Anzeiger“ vom 5. März. 1935.
Aus: „Tiroler Anzeiger“ vom 5. März. 1935.

12 Südtiroler wurden wegen des Anzündens von Freudenfeuer bzw. Veranstaltung einer Weihnachtsfeier „zu insgesamt 27 Jahren Verbannung verurteilt“, darunter der Pfarrer von Sulden mit einer Strafe von 3 Jahren.

Weil sie Hausunterricht erteilten, wurden bei deutschen Lehrkräften in Kaltern, Tschengls, Villanders und anderen Orten Hausdurchsuchungen durchgeführt und sie wurden zu hohen Geldstrafen verurteilt.

Der Faschismus lebt

Nun mag dazu eingewendet werden, dass dies unter der Zeit des „Duce“ vor 90 Jahren geschehen war und heute nicht mehr möglich sei.

Der Aufmarsch faschistischer Fanatiker in Rom. (Foto: Schweizer Radio und Fernsehen SRF)
Der Aufmarsch faschistischer Fanatiker in Rom. (Foto: Schweizer Radio und Fernsehen SRF)

Bei einem Aufmarsch der neofaschistischen Organisation „Casapound“ im römischen Stadtteil Tuscolano im Jänner 2024, zeigten jedoch hunderte Fanatiker den faschistischen Gruß. Italiens Ministerpräsidentin, Giorgia Meloni, schwieg dazu beharrlich und wurde deswegen in Italien und Europa sehr scharf kritisiert. Eine bekannte Italienerin urteilte:

„Hunderte, meist junge Männer in faschistisches Schwarz gekleidet, militärisch aufgereiht, riefen „presente“ (anwesend), wie es unter Mussolini üblich gewesen war. Aufgestellt wie in einer Schlachtenreihe. Das seien Bilder, wie man sie 1924 sah.“

Die Staatsanwaltschaft Rom leitete wegen dieses militanten Aufmarsches ein Ermittlungsverfahren ein. Der römische Kassationsgerichtshof, die dritte und höchste Instanz der italienischen Gerichtsbarkeit, entschied im Jänner 2024: Der Faschistengruß sei nicht als Straftat zu werten. Der „römische Gruß“, die italienische Variante des „Hitlergrußes“, ist nunmehr in Italien weitgehend legitim.

Die „Salonfähigkeit“ des Faschismus in alter und neuer Form

In Italien wird der Faschismus zunehmend wieder salonfähig gemacht. In Südtirol aber weiß man, welches Unheil diese Ideologie in der Vergangenheit über das Land gebracht hat.

Das Buch „Der Marsch auf Bozen“ (Effekt-Verlag in Neumarkt in Südtirol – https://www.effekt.it/produkt/der-marsch-auf-bozen/ ) entlarvt die verbrecherischen Machenschaften Mussolinis und Hitlers betreffend Südtirol und ist jedem Interessierten zu empfehlen.

Mit welch brutalem Zynismus der „Duce“ Benito Mussolini gegenüber der damaligen österreichischen Regierung in den Jahren seiner Diktatur gelogen hatte, dokumentiert sich in seiner Aussage, dass er die Sache mit der Italianisierung der Ortsnamen schon abgestellt habe: „Finito con quella cosa“. (Quelle: Außenpolitische Dokumente der Republik Österreich 1918-1938 (ADÖ 10/1516)).

Die historische Wahrheit ist diametral entgegengesetzt: Mit immer größerem Fanatismus wurde die „Italianatà“ Südtirols, der gewollte und geplante Ethnozid an den Süd-Tirolern, vom Staat Italien vorangetrieben, wie die Meldung im „Tiroler Anzeiger“ vom 31. Mai 1935 mit dem Titel „Umbenennungen der Straßen und Hotels in Meran“ beweist.

Aus: „Tiroler Anzeiger“ vom 31. Mai 1935.
Aus: „Tiroler Anzeiger“ vom 31. Mai 1935.

Wäre es nicht mitten in Europa so endlos entwürdigend, beschämend und traurig, müsste man lachen bei den Versuchen der Faschisten, dem kleinsten Ort in Tirol, der entlegensten Flur in den Bergen und z. B. der urtirolerischen Keschtngasse in Dorf Tirol einen „italienischen Anstrich“ zu geben.

Der „Südtiroler Heimatbund (SHB)“ gab 2023 die Schrift: „Rechtliche und linguistische Aspekte der Ortsnamengebung in Südtirol“ heraus, wo auf 38 Seiten sachlich und klar die Lage geschildert wird

Bezug über: https://www.effekt.it/shop

Bezug über: https://www.effekt.it/shop

Bereits vor einem Jahr, am 3.4.2023, schrieb der „Südtiroler Heimatbund“ einen „eindringlichen Appell“ an die Abgeordneten des Südtiroler Landtages:

Die politische Lage im Jahr 2024 stellt sich so dar: Die nahtlos in der Tradition des Faschismus stehende Partei „Fratelli d’Italia“ (FdI) und deren derzeitige Spitzenrepräsentantin, Giorgia Meloni, sehen im provokativen Zeigen des Faschistengrußes, vor allem in Süd-Tirol, kein Problem. Das ist ein äußerliches Zeichen der Gesinnung. Einer Gesinnung, die auf die weitere Aushöhlung autonomer Rechte zugunsten einer immer stärkeren Zentralisierung der Staates abzielt.

Wessen Geistes Kind Frau Meloni ist, dokumentiert folgendes Zitat: „Die Süd-Tiroler sollen nach Österreich auswandern, wenn ihnen die italienische Trikolore nicht passt“.

Giorgia Meloni bei einer Ansprache.
Giorgia Meloni bei einer Ansprache.

Nach seiner schwerer Niederlage bei den Landtagswahlen 2023 umwarb Südtirols Landeshauptmann Kompatscher die Frau Meloni und ihre neofaschistische Partei „Fratelli d’Italia“. Das über 70 Jahre lang im gesamten Tiroler Volk und auch in der Südtiroler Volkspartei (SVP) völlig Unvorstellbare wurde Wirklichkeit: Der Landeshauptmann der politisch geknebelten Süd-Tiroler legte sich freiwillig in das politische Bett des Faschismus.

Am 2. Dezember 2023 sprach sich der Parteiausschuss der SVP für eine Koalition mit Melonis „Fratelli d’Italia“, der „Lega“, „La Civica“ und den ihre frühere Gesinnung preisgebenden Südtiroler „Freiheitlichen“ aus. Diese 5 Parteien verfügen zusammen über 19 der 35 Sitze im Landtag.

Als Dank wählten die fünf Parteien im Landtag am 18. Januar 2024 Arno Kompatscher mit 19 zu 16 Stimmen wieder zum Landeshauptmann, er trat sein Amt am 1. Februar 2024 an.

Kompatscher kündigt dauernd Dinge an, die er dann nicht umsetzt. Dabei wäre eine Sanierung der schwer beschädigten Autonomie dringend nötig: In fast 50 Prozent der autonomen Kompetenzen gab es in den letzten 30 Jahren Aushöhlungen durch den italienischen Staat. Bisher ist Kompatscher aber untätig geblieben. Er fällt durch Zugeständnisse und Ausreden auf, anstatt durch Ergebnisse.

Das Gedenken an das Bündnis mit dem Herzen Jesu steht der Gesinnung des Verzichtes entgegen. In diesem Sinne dürfen wir sagen:

Süd-Tirol bräuchte endlich einen Landeshauptmann, der ein Garant für den Schutz der Autonomie ist und der für das eigene Volk arbeitet. Und nicht einen Landeshauptmann, der ständig auf den Knien nach Rom rutscht!